[0001] Die Erfindung betrifft eine verbesserte Röhre, insbesondere eine Elektronenröhre,
und ein verbessertes System zur Ansteuerung der Elektroden und/oder der Heizung einer
Röhre sowie zur Bestimmung der Lebensdauer einer Röhre.
[0002] Elektronische Röhren, insbesondere Vakuum-Elektronenröhren, haben, wie allgemein
bekannt, eine begrenzte Lebensdauer. Ein wichtiger, die Lebensdauer beeinflussende
Faktor ist die Emissionsfähigkeit der Kathode. Die Emissionsfähigkeit der Kathode
verschlechtert sich im Betrieb einer Röhre mit direkt oder indirekt geheizter Kathode
stetig durch Abdampfung des elektronenemittierenden Materials. Diese Verschlechterung
kann beispielsweise durch die Heizdrahtabdampfungsrate oder die Bariumabdampfungsrate
(Barium Evaporation Rate) ausgedrückt werden.
[0003] Insbesondere für Röhren, die in hochzuverlässigen Systemen (z.B. in medizintechnischen
Geräten) eingesetzt werden sollen, ist es von Interesse, das Ende der Lebensdauer
präzise vorherzusagen und ggf. auch die Lebensdauer durch gezielte Ansteuerung zu
verlängern. Dabei spielt die Bestimmung der Abdampfungsrate eine besondere Rolle,
da neben der Verschlechterung der Emissionsfähigkeit der Kathode unerwünschte Sekundäreffekte
auftreten, etwa eine durch die Ablagerung des abgedampften Materials verringerte Spannungsfestigkeit.
[0004] Für die Bestimmung der Abdampfungsrate wiederum ist es notwendig, die Temperatur
der Kathode zu ermitteln. In der Veröffentlichung
EP 0 339 714 A1 wird vorgeschlagen, den Wert einer temperaturabhängigen physikalischen Größe zu messen,
um einen Leistungspuls zu beenden, wenn dieser Wert im Vergleich mit einem Referenzwert
anzeigt, daß die Temperatur einer linienförmigen Kathode einen Grenzwert überschritten
hat. Als infragekommende physikalische Größen werden in
[0005] EP 0 339 714 A1 genannt: Zugbeanspruchung des Kathodendrahtes, Länge des Kathodendrahtes, Spektrum
und Intensität der emittierten elektromagnetischen Strahlung, Zahl der pro Zeiteinheit
emittierten Elektronen und deren Geschwindigkeitsverteilung sowie der elektrische
Widerstand des Kathodendrahtes.
[0006] In Offenlegungsschrift
DE 199 56 391 A1 wird vorgeschlagen, die Kathodentemperatur einer Leuchtstofflampe aus dem elektrischen
Widerstand zu ermitteln, und
JP 09245712 A schlägt zur Vermeidung von durchgebrannten Kathodendrähten vor, den Spannungsabfall
über der Kathode zu überwachen und die Ansteuerspannung entsprechend zu regeln.
[0007] Problematisch an diesen Lösungen ist, daß die Ermittlung der Temperatur des Kathodendrahtes
nur indirekt über den Umweg einer Messung einer anderen physikalischen Größe erfolgt.
Dabei treten - wie bei jeder Messung - spezifische Ungenauigkeiten der jeweiligen
Messung auf. Hinzu treten noch Modellierungsungenauigkeiten, beispielsweise kann auch
aus einem mit geringem relativem Fehler bestimmten elektrischen Widerstand eines Kathodendrahtes
nur fehlerbehaftet auf dessen Temperatur geschlossen werden. Dies folgt schon allein
daraus, daß Röhren Fertigungstoleranzen aufweisen, betreffend beispielsweise den Durchmesser
oder die Länge des Kathodendrahts. Bei indirekt geheizten Kathoden tritt hinzu, daß
aus der Widerstandsmessung zunächst die Temperatur des Heizdrahtes ermittelt wird
und dann die (fehlerbehaftete) Annahme gemacht wird, daß die Kathodentemperatur identisch
ist oder um einen empirisch ermittelten Wert abweicht. Ferner wirken sich Umgebungseinflüsse
sowie Alterungserscheinungen negativ auf die Präzision der indirekten Temperaturermittlung
aus.
[0008] In der Patentschrift
US 4,708,677 wird vorgeschlagen, die Temperatur eines Halbleiter-Wafers, der sich in einer Heat
Cleaning Kammer befindet, von außen (durch ein Fenster in der Kammerwandung) mittels
eines Pyrometers vorzunehmen. Eine solche Anordnung erscheint für Elektronenröhren
jedoch nicht praktikabel, weil in einem entsprechenden Gerät bereits die exakte Ausrichtung
des externen Pyrometers auf die Kathode mit Schwierigkeiten verbunden ist und außerdem
die kompakte Bauweise des solchen Gerätes erschwert.
[0009] Es ist Aufgabe der vorliegenden Erfindung, eine verbesserte Röhre, insbesondere eine
Elektronenröhre, und ein verbessertes System zur Ansteuerung der Elektroden und/oder
der Heizung einer Röhre sowie zur Bestimmung der Lebensdauer einer elektronischen
Röhre anzugeben.
[0010] Diese Aufgabe wird gelöst durch eine Röhre, insbesondere eine Elektronenröhre, mit
einem evakuierten oder gasgefüllten Bereich, in welchem eine oder mehrere Elektroden
sowie Mittel zur Messung der Temperatur einer der Elektroden angeordnet sind.
[0011] Gemäß einer vorteilhaften Weiterbildung der Erfindung umfassen die im evakuierten
oder gasgefüllten Bereich der Röhre angeordneten Mittel zur Messung der Elektrodentemperatur
einen pyrometrischen Sensor.
[0012] Um zu vermeiden, daß die Leistungsfähigkeit des Sensors durch Ablagerungen der an
den Elektroden verdampfenden Materialien beeinträchtigt wird, kann vorgesehen werden,
daß der Sensor oder ein dem Sensor vorgelagertes optisches Element durch einen Verschluß
geschützt wird, der elektronisch oder elektromechanisch geöffnet und/oder geschlossen
werden kann.
[0013] Die Erfindung betrifft ferner ein System umfassend eine derartige Röhre, welches
eine Steuerung aufweist mit Mitteln zum Erfassen eines Elektrodentemperaturmeßwertes.
[0014] In einer Ausgestaltung eines solchen Systems kann eine Steuerung vorgesehen werden,
die durch kontinuierliche Auswertung der Elektrodentemperatur und einer der Röhre
zugeführten Heizleistung ein bevorstehendes Lebensdauerende der Röhre erkennt und
an einen Bediener und/oder ein Wartungszentrum signalisiert.
[0015] In einer weiteren Ausgestaltung kann eine Steuerung vorgesehen werden, welche zusätzlich
oder alternativ die Elektrodentemperatur kontinuierlich auswertet und Mittel zum Ansteuern
der Elektroden und/oder einer Elektrodenheizung aufweist, wobei die Ansteuerung der
Elektroden und/oder der Elektrodenheizung so erfolgt, daß die Elektrodentemperatur
einem Sollwert entspricht.
[0016] Der Vorteil der vorliegenden Erfindung ist darin zu sehen, daß mit verhältnismäßig
geringem Aufwand eine präzise Ermittlung der Elektrodentemperatur einer elektronischen
Röhre erfolgen kann. Dadurch kann zum einen die Lebensdauer der Röhre genauer vorhergesagt
werden. Andererseits ist es durch Überwachen der Elektrodentemperatur und entsprechendes
Ansteuern der Elektroden und/oder der Elektrodenheizung möglich, die Elektrodentemperatur
exakt auf einem gewünschten Wert (Sollwert) zu halten. Dies ist vorteilhaft, da beispielsweise
bei einem Klystron die Überschreitung der nominalen Oberflächentemperatur von 890°C
um nur 50K zu einer unerwünschten Verdopplung der Bariumabdampfungsrate führt.
[0017] Im folgenden werden Ausführungsbeispiele der Erfindung anhand von zwei Figuren näher
erläutert. Es zeigen:
Fig. 1 den Gun-Bereich einer speziellen, erfindungsgemäß ausgestalteten elektronischen
Röhre; und
Fig. 2 den Sensor des Pyrometers zur Temperaturerfassung zum Einsatz in der elektronischen
Röhre aus Fig. 1.
[0018] Fig. 1 zeigt den Gun-Bereich eines Klystrons 100. Ein Klystron ist eine Elektronenröhre,
die die Laufzeit der Elektronen zur Erzeugung oder Verstärkung von Hochfrequenzsignalen
ausnutzt. Ein Gehäuse 120 aus nichtleitendem, temperaturbeständigem Material, beispielsweise
Keramik oder Glas, umschließt einen evakuierten Bereich 110, in dem eine Kathode mit
einer Kathodenoberfläche 140 angeordnet ist, welche durch eine Heizung 130 beheizt
wird. In den evakuierten Bereich 110 hinein ragt ein Mittel 150 zur Temperaturmessung,
hier umfassend einen Sensorkörper 160 mit Verschluß 170 und elektrischen Anschlüssen
180. Ferner ist eine Anode 190 der Elektronenröhre 100 dargestellt.
[0019] Fig. 2 zeigt mit weiteren Details das Mittel 150 zur Temperaturmessung. Dieses ist
umfaßt vom Röhrengehäuse 120 und besteht aus dem Sensorkörper 160, dem optional ein
optisches Element 162, beispielsweise eine Linse, zugeordnet sein kann, um eine bessere
Fokussierung auf den zu erfassenden Bereich zu erreichen.
[0020] Um Ablagerungen abdampfenden elektronenemittierenden Kathodenmaterials auf der kalten
Oberfläche des optischen Sensors 160 bzw. der Linse 162 zu verhindern, wird im bevorzugten
Ausführungsbeispiel ein so genannter Zentralverschluß 170 verwendet, um die Oberfläche
des optischen Sensors 160 bzw. der Linse 162 zu schützen. Der Zentralverschluß besteht
aus mehreren kurvenförmigen Stahllamellen, die um feste Drehpunkte aus dem Strahlengang
geschwenkt werden. Solche Zentralverschlüsse sind aus der Fotokameratechnik bekannt
und in hohen Stückzahlen zu niedrigen Preisen verfügbar. Der Verschluß (auch Shutter
genannt) schützt die Sensoroptik 162 in den Phasen, in denen nicht gemessen wird.
Zur Messung der Temperatur wird der Shutter, welcher sich im Vakuum befindet, elektromagnetisch
von außen über einen Medienspalt 164 (Barriere aus Glas oder Keramik zwischen dem
Vakuum der Röhre und dem Umgebungsdruck) betätigt und geöffnet. Nach erfolgter Messung
wird der Shutter 170 wieder geschlossen.
[0021] Als Verschluß 170 eignet sich auch eine Scheibe mit einer Öffnung, welche bei Betätigung
rotiert und den Strahlengang zum Sensor 160 freigibt.
[0022] Die Steuerung des Verschlusses 170 erfolgt elektromechanisch, wobei die notwendige
elektrische Energie über elektrische Anschlüsse 184 zugeführt wird. Das vom Sensor
160 erzeugte Signal wird an weiteren Anschlüssen 182 bereitgestellt.
[0023] Im Betrieb eines Systems, welches eine erfindungsgemäße elektronische Röhre 100 aufweist,
wird zur Ermittlung der Abdampfungsrate in der Röhre 100 die integrierte optische
Meßanordnung 150 verwendet, mittels welcher periodisch eine Oberflächentemperaturmessung
von Kathode oder Anode (z.B. bei Röntgenröhren ist die Anodentemperatur von großem
Interesse) durchgeführt wird. Über die direkte Messung der tatsächlichen Oberflächentemperatur
kann wirkungsvoll eine Heizungsregelung realisiert werden.
[0024] In einem Ausführungsbeispiel ist der Sensor 160 ein Fotohalbleiter. Temperaturen
ab etwa 700°C können pyrometrisch mit Fotodioden im sichtbaren Spektralbereich gemessen
werden. Pyrometer sind Einheiten, die den Sensor 160 und eine Auswerteeinheit - nicht
dargestellt - umfassen. Pyrometer dienen zur berührungslosen Temperaturmessung von
Temperaturen zwischen -50°C und +4000°C. Meistens wird der Empfangswellenlängenbereich
von Hochtemperatur-Pyrometern durch den verwendeten Fotoempfänger bestimmt: die unterste
Empfangswellenlänge von Silizium-Fotodioden ist z. B. etwa 1,1 µm. Ein Körper mit
einer Temperatur von 3000 K hat hier sein Strahlungsmaximum, es können jedoch Temperaturen
bereits ab etwa 700°C gemessen werden. Die Oberflächentemperaturen bei Klystron, Magnetron,
Thyratron und Accelerator liegen bei 890°C bis 1050°C, je nach verwendetem Kathodentyp
(oxide oder impregnated). Die Oberflächentemperatur des Wolframheizdrahtes bei Röntgenröhren
liegt bei etwa 2000°C.
[0025] Die vorliegende Erfindung ermöglicht einerseits eine zuverlässigere Lebensdauervorhersage
bei gleichzeitig minimal höheren Kosten für die integrierte optische Meßanordnung.
Sich langsam anbahnende Ausfälle können erkannt werden, da bei gleichbleibender zugeführter
Heizleistung die erreichte Temperatur abnimmt. Eine Integration der Auswertung in
die übergeordnete Steuerung des Gesamtsystems erlaubt ein Absetzen von Servicemeldungen,
bevor das System ausfällt und teure Ausfallzeiten produziert (sog. predictive maintenance).
Über die so ermittelte Abdampfungsrate und die in der Kathode von Anfang verfügbare
Menge an Barium kann eine Arcing-Wahrscheinlichkeit berechnet werden.
[0026] Andererseits ermöglicht die vorliegende Erfindung eine gezielte Lebensdauerverlängerung
der Elektronenröhre 100. Mit Hilfe der exakten Messung der Oberflächentemperatur kann
der Zustand (Elektronenemission bei aktuell zugeführter Heizleistung) der Kathode
ermittelt werden und daraus eine genaue Heizungsregelung abgeleitet werden. Die Folge
einer genauen Heizungsregelung ist die signifikante Verlängerung der Lebensdauer einer
Röhre.
[0027] Gegenüber einer ebenfalls möglichen Kontaktmessung mit Temperaturfühlern hat die
berührungslose Messung mittels optischem Sensor 160 gemäß dem bevorzugten Ausführungsbeispiel
folgende Vorteile:
- sehr schnelle Messung (< 1 ms bis zu 10 µs je nach Aufbau)
- sehr breite, durchgängige Meßbereiche möglich (z.B. 350°C bis 3500°C)
- abgesehen von der Mechanik des Verschlusses 170 tritt kein Verschleiß auf
- keine Temperatur-Beeinflussung des Meßobjekts sowie keine Fehler durch mangelhaften
Wärmekontakt
- Möglichkeit der Messung auch bei hohen Spannungen oder starken elektromagnetischen
Feldern
[0028] Abhängig davon, ob die Erfindung im Zusammenhang mit einer Heizungsregelung oder
im Zusammenhang mit der Lebensdauervorhersage oder für beide Zwecke angewendet werden
soll, kann die Periodendauer, d.h. die Häufigkeit, mit der der Shutter 170 geöffnet
und eine Temperaturmessung durchgeführt wird, eingestellt werden. Für die Anwendung
innerhalb eines Regelkreises wird die Periodendauer im Bereich von Sekunden oder kleiner
liegen, für die Lebensdauervorhersage hingegen dürfte eine Periodendauer im Minuten-
oder gar Stundenbereich ausreichend sein.
[0029] Die vorliegende Erfindung ist nicht auf die beschriebenen Ausführungsbeispiele beschränkt.
Sie ist vielmehr für alle Arten von Röhren anwendbar, bevorzugt für solche Röhren,
deren Ausfall - wie im medizinischen Bereich - hohe Kosten durch Stillstand eines
teuren Gesamtsystems verursachen, also beispielsweise Röntgenröhren oder Röhren vom
Typ Thyratron, Klystron, Magnetron, oder Accelerator. Insbesondere ist die vorliegende
Erfindung sowohl auf evakuierte als auch auf gasgefüllte Röhren anwendbar sowie auf
Röhren, die im strengen Sinne nicht als Elektronenröhren bezeichnet werden, etwa weil
- wie bei einem Thyratron - Ionen als Ladungsträger fungieren.
[0030] Natürlich ist auch denkbar, in einer gegebenen Röhre mehrere Elektroden mit jeweils
einer Sensorvorrichtung 150 zu überwachen. Überwacht werden können grundsätzlich alle
Arten von Elektroden, deren Temperatur für die Lebensdauer der Röhre ausschlaggebend
oder anderweitig von Interesse ist bzw. deren Temperatur auf einen Sollwert einzuregeln
ist, also beispielsweise direkt oder indirekt geheizte Kathoden, Anoden, Gitter usw.
1. Röhre (100), insbesondere Elektronenröhre, mit einem evakuierten oder gasgefüllten
Bereich (110), in welchem eine oder mehrere Elektroden (140, 190) sowie Mittel zur
Messung (150) der Temperatur einer der Elektroden (140, 190) angeordnet sind.
2. Röhre (100) nach Anspruch 1, bei welcher die Mittel (150) zu Messung der Elektrodentemperatur
einen pyrometrischen Sensor (160) umfassen.
3. Röhre (100) nach Anspruch 2, bei welcher der Sensor (160) oder ein dem Sensor (160)
vorgelagertes optisches Element (162) durch einen Verschluß (170) geschützt wird,
der elektronisch oder elektromechanisch geöffnet und/oder geschlossen werden kann.
4. System umfassend eine Röhre (100) nach einem der Ansprüche 1 bis 3, welches eine Steuerung
aufweist mit Mitteln zum Erfassen eines Elektrodentemperaturmeßwertes.
5. System nach Anspruch 4, dessen Steuerung durch kontinuierliche Auswertung der Elektrodentemperatur
und einer der Elektronenröhre (100) zugeführten Heizleistung ein bevorstehendes Lebensdauerende
der Röhre (100) erkennt und an einen Bediener und/oder ein Wartungszentrum signalisiert.
6. System nach Anspruch 4, dessen Steuerung die Elektrodentemperatur kontinuierlich auswertet
und Mittel zum Ansteuern der Elektroden (140, 190) und/oder einer Elektrodenheizung
aufweist (130), wobei die Ansteuerung der Elektroden (140, 190) und/oder der Elektrodenheizung
(130) so erfolgt, daß die Elektrodentemperatur einem Sollwert entspricht.