[0001] Die vorliegende Erfindung betrifft ein Hörsystem zur binauralen Versorgung eines
Nutzers mit einer ersten Hörvorrichtung und einer zweiten Hörvorrichtung. Die erste
Hörvorrichtung besitzt eine erste Signaleingangseinrichtung zum Liefern eines ersten
Eingangssignals und eine erste Kommunikationseinrichtung. Die zweite Hörvorrichtung
besitzt eine zweite Signaleingangseinrichtung zum Liefern eines zweiten Eingangssignals,
eine zweite Kommunikationseinrichtung zum Empfangen eines Signals von der ersten Kommunikationseinrichtung
und eine zweite Signalverarbeitungseinrichtung zum Verarbeiten von Signalen der zweiten
Signaleingangseinrichtung und der zweiten Kommunikationseinrichtung zu einem gemeinsamen
Ausgangssignal. Darüber hinaus betrifft die vorliegende Erfindung ein Verfahren zum
Verarbeiten von Signalen für eine binaurale Versorgung mit einer ersten und einer
zweiten Hörvorrichtung. Unter dem Begriff "Hörvorrichtung" wird hier jedes im oder
am Ohr tragbare, schallausgebende Gerät, insbesondere ein Hörgerät, ein Headset, Kopfhörer
und dergleichen verstanden.
[0002] Hörgeräte sind tragbare Hörvorrichtungen, die zur Versorgung von Schwerhörenden dienen.
Um den zahlreichen individuellen Bedürfnissen entgegenzukommen, werden unterschiedliche
Bauformen von Hörgeräten wie Hinter-dem-Ohr-Hörgeräte (HdO), Hörgerät mit externem
Hörer (RIC: receiver in the canal) und In-dem-Ohr-Hörgeräte (IdO), z.B. auch Concha-Hörgeräte
oder Kanal-Hörgeräte (ITE, CIC), bereitgestellt. Die beispielhaft aufgeführten Hörgeräte
werden am Außenohr oder im Gehörgang getragen. Darüber hinaus stehen auf dem Markt
aber auch Knochenleitungshörhilfen, implantierbare oder vibrotaktile Hörhilfen zur
Verfügung. Dabei erfolgt die Stimulation des geschädigten Gehörs entweder mechanisch
oder elektrisch.
[0003] Hörgeräte besitzen prinzipiell als wesentliche Komponenten einen Eingangswandler,
einen Verstärker und einen Ausgangswandler. Der Eingangswandler ist in der Regel ein
Schallempfänger, z. B. ein Mikrofon, und/oder ein elektromagnetischer Empfänger, z.
B. eine Induktionsspule. Der Ausgangswandler ist meist als elektroakustischer Wandler,
z. B. Miniaturlautsprecher, oder als elektromechanischer Wandler, z. B. Knochenleitungshörer,
realisiert. Der Verstärker ist üblicherweise in eine Signalverarbeitungseinheit integriert.
Dieser prinzipielle Aufbau ist in FIG 1 am Beispiel eines Hinter-dem-Ohr-Hörgeräts
dargestellt. In ein Hörgerätegehäuse 1 zum Tragen hinter dem Ohr sind ein oder mehrere
Mikrofone 2 zur Aufnahme des Schalls aus der Umgebung eingebaut. Eine Signalverarbeitungseinheit
3, die ebenfalls in das Hörgerätegehäuse 1 integriert ist, verarbeitet die Mikrofonsignale
und verstärkt sie. Das Ausgangssignal der Signalverarbeitungseinheit 3 wird an einen
Lautsprecher bzw. Hörer 4 übertragen, der ein akustisches Signal ausgibt. Der Schall
wird gegebenenfalls über einen Schallschlauch, der mit einer Otoplastik im Gehörgang
fixiert ist, zum Trommelfell des Geräteträgers übertragen. Die Energieversorgung des
Hörgeräts und insbesondere die der Signalverarbeitungseinheit 3 erfolgt durch eine
ebenfalls ins Hörgerätegehäuse 1 integrierte Batterie 5.
[0004] Ein Hörgerätesystem zur binauralen Versorgung eines Schwerhörenden umfasst zwei Hörgeräte,
von denen eines am linken und das andere am rechten Ohr getragen wird. Wenn die beiden
Hörgeräte auf irgendeine Art und Weise miteinander kommunizieren (z. B. über eine
Drahtlos-Verbindung), nennt man dies "binaural gekoppeltes Hörsystem". Ein derartiges
binaural gekoppeltes Hörsystem bietet Möglichkeiten der räumlichen Signalverarbeitung,
die mit einem monauralen System nicht möglich sind, da bei diesem System Signale von
einer Seite auf die andere übertragen werden können.
[0005] Aus der Literatur sind beispielsweise Ansätze zu binauralen Beamforming-Algorithmen
(Strahlformung) oder Blind-Source-Seperation-Algorithmen (Blinde-Quellen-Trennung)
bekannt.
[0006] Diesen bekannten Algorithmen ist gemeinsam, dass die notwendige Übertragungskapazität
der Verbindung zwischen den Geräten vergleichsweise hoch sein muss, da zur Berechnung
des Ausgangssignals auf einer Seite sowohl das gesamte Eingangssignal derselben als
auch der anderen Seite benötigt wird. Es ist also eine entsprechend hohe Datenübertragungsrate
für breitbandige Kommunikation notwendig, was hinsichtlich des damit verbundenen hohen
Energieverbrauchs gerade bei Hörgeräten nachteilig ist. Als Alternativen sind lediglich
monaurale Verfahren bekannt, die jedoch wegen sehr geringer Mikrofonabstände vor allem
bei tiefen Frequenzen an ihre Grenzen stoßen. Betroffen sind beispielsweise Verfahren
zur Realisierung eines Richtmikrofons, einer Blinden-Quellen-Trennung, einer Rückkopplungsreduktion
usw.
[0007] Derartige monaurale Verfahren mit einem, zwei oder mehr Mikrofonen pro Seite zeigen
bei höheren Frequenzen (> 2 kHz) sehr gute Eigenschaften hinsichtlich ihrer Leistungsfähigkeit
wie Störgeräuschunterdrückung und Rauschverhalten. Bei tiefen Frequenzen stoßen sie
durch das (wegen des physikalisch stets vorhandenen Eigenrauschens der Mikrofone in
Verbindung mit dem geringen Mikrofonabstand) prinzipbedingt auftretende Rauschprobleme
jedoch an ihre Grenzen.
[0008] Aus der Druckschrift
WO 99/431185 A1 ist ein binaurales, digitales Hörhilfesystem bekannt, bei dem Daten kreuzweise vom
rechten zum linken und vom linken zum rechten Hörgerät übertragen werden. Die vom
jeweils anderen Hörgerät empfangenen Daten werden mit den eigenen Daten des Hörgeräts
binaural verarbeitet. Gegebenenfalls werden die Daten vor der Übertragung komprimiert.
[0009] Weiterhin offenbart die Druckschrift
EP 1 771 038 A2 ein Verfahren zum Betrieb eines Hörhilfegerätesystems zur binauralen Versorgung eines
Benutzers. In Frequenzbereichen, in denen problematische Rückkopplungen zu erwarten
sind, werden die Eingangssignale kreuzweise jeweils zum anderen Hörgerät übertragen,
so dass ein von dem Mikrofon eines Hörhilfegeräts aufgenommenes Schallsignal nach
der Signalverarbeitung und Verstärkung über den Hörer des jeweils anderen Hörhilfegeräts
ausgegeben werden kann. Dadurch wird für die betreffenden Audiosignale die Entfernung
zwischen jeweils einem Hörer und einem Mikrofon, zwischen denen ein Rückkopplungspfad
besteht, wesentlich vergrößert.
[0010] Weiterhin beschreibt die Druckschrift
WO 2004/114722 A1 ein binaurales Hörhilfesystem mit koordinierter Schallverarbeitung. Dabei werden
Daten bezüglich der Klassifikation der Schallumgebung zwischen beiden Hörgeräten ausgetauscht.
[0011] Die Aufgabe der vorliegenden Erfindung besteht somit darin, ein Hörsystem zur binauralen
Versorgung eines Nutzers bereitzustellen, bei dem Daten zwischen zwei Hörvorrichtungen
übertragen werden können, bei dem jedoch der Energie- bzw. Rechenaufwand für den Datenaustausch
bzw. die Verarbeitung der ausgetauschten Daten möglichst gering ist. Darüber hinaus
soll ein entsprechendes Verfahren zum Verarbeiten von Signalen bereitgestellt werden.
[0012] Erfindungsgemäß wird diese Aufgabe gelöst durch ein Hörsystem zur binauralen Versorgung
eines Nutzers mit einer ersten Hörvorrichtung einschließlich einer ersten Signaleingangseinrichtung
zum Liefern eines ersten Eingangssignals und einer ersten Kommunikationseinrichtung,
sowie einer zweiten Hörvorrichtung einschließlich einer zweiten Signaleingangseinrichtung
zum Liefern eines zweiten Eingangssignals, einer zweiten Kommunikationseinrichtung
zum Empfangen eines Signals von der ersten Kommunikationseinrichtung und einer zweiten
Signalverarbeitungseinrichtung zum Verarbeiten von Signalen der zweiten Signaleingangseinrichtung
und der zweiten Kommunikationseinrichtung zu einem gemeinsamen Ausgangssignal, wobei
das von der ersten zu der zweiten Kommunikationseinrichtung übertragene Signal einem
echten spektralen Teil des Gesamtfrequenzspektrums des ersten Eingangssignals entspricht,
und wobei in dem spektralen Teil des Gesamtfrequenzspektrums das übertragene Signal
zusammen mit einem Signal der zweiten Signalverarbeitungseinrichtung von der zweiten
Signalverarbeitungseinrichtung binaural verarbeitet wird, während das Signal der zweiten
Signalverarbeitungseinrichtung im restlichen Teil des Gesamtfrequenzspektrums von
der zweiten Signalverarbeitungseinrichtung monaural verarbeitet wird.
[0013] Darüber hinaus wird erfindungsgemäß bereitgestellt ein Verfahren zum Verarbeiten
von Signalen für eine binaurale Versorgung mit einer ersten und einer zweiten Hörvorrichtung
durch Bereitstellen eines ersten Eingangssignals in der ersten Hörvorrichtung, Bereitstellen
eines zweiten Eingangssignals in der zweiten Hörvorrichtung, Übertragen eines Signals
von der ersten zu der zweiten Hörvorrichtung, Verarbeiten des zweiten Eingangssignals
zusammen mit dem Signal von der ersten Hörvorrichtung in der zweiten Hörvorrichtung
zu einem Ausgangssignal der zweiten Hörvorrichtung, wobei das von der ersten zu der
zweiten Hörvorrichtung übertragene Signal einem echten spektralen Teil des Gesamtfrequenzspektrums
des ersten Eingangssignals entspricht, und wobei in dem spektralen Teil des Gesamtfrequenzspektrums
das übertragene Signal zusammen mit einem entsprechenden Spektralteil des zweiten
Eingangssignals der zweiten Hörvorrichtung von der zweiten Hörvorrichtung binaural
verarbeitet wird, während das zweite Eingangssignal der zweiten Hörvorrichtung im
restlichen Teil des Gesamtfrequenzspektrums von der zweiten Hörvorrichtung monaural
verarbeitet wird.
[0014] In vorteilhafter Weise wird so vermieden, dass zwischen den beiden Hörvorrichtungen
eines Hörsystems Signale in der vollen Bandbreite ausgetauscht werden. Vielmehr werden
lediglich Teilbänder der relevanten Signale übertragen. Dadurch kann der Informationsfluss
und der damit verbundene Rechenaufwand auf ein Minimum reduziert werden.
[0015] Vorzugsweise besitzt die erste Hörvorrichtung eine erste Signalverarbeitungseinrichtung,
um Signale von der ersten Signaleingangseinrichtung zusammen mit Signalen von der
ersten Kommunikationseinrichtung, die von der zweiten Hörvorrichtung stammen, zu einem
gemeinsamen Ausgangssignal zu verarbeiten. Damit ist ein wechselseitiger Datenaustausch
zwischen den beiden Hörvorrichtungen gewährleistet. Gerade bei diesem intensiven Datenaustausch
kann von der Reduktion der Übertragungsbandbreite profitiert werden.
[0016] Die erste und die zweite Signaleingangseinrichtung können jeweils mindestens zwei
Mikrofone umfassen. Damit kann bereits in den einzelnen Hörvorrichtungen beispielsweise
ein Beamforming oder ein hochqualitatives Richtmikrofon bzw. eine hochqualitative
Binden-Quellen-Trennung realisiert werden. Um die Resultate dann für das räumliche
Hören auszunutzen, werden ausschließlich die relevanten Spektralanteile dieser Ergebnisse
zur jeweils anderen Hörvorrichtung übermittelt.
[0017] Insbesondere ist es günstig, wenn bei der Signalübertragung zwischen den beiden Kommunikationseinrichtungen
ausschließlich ein tieffrequenter Anteil des jeweiligen Eingangssignals übertragen
wird. Hierbei ist es beispielsweise von Vorteil, wenn die Frequenzen des tieffrequenten
Anteils unter 1 kHz oder 2 kHz liegen. In der Regel genügt es nämlich, die tieffrequenten
Anteile zur Verbesserung der binauralen Versorgung zwischen den Hörvorrichtungen bzw.
Hörgeräten auszutauschen.
[0018] Wie bereits angedeutet wurde, kann in der ersten und/oder zweiten Signalverarbeitungseinrichtung
ein Rückkopplungsreduktions-Algorithmus, ein Beamforming-Algorithmus oder ein Blind-Source-Seperation-Algorithmus
(Blinde-Quellen-Trennung) implementiert sein, der Signale von der jeweils anderen
Hörvorrichtung nutzt. Damit kann speziell bei diesen Algorithmen, bei denen der Datenaustausch
zwischen den Hörvorrichtungen besondere Vorteile bringt, eine deutliche Einsparung
an Rechenaufwand bzw. Energieverbrauch erzielt werden.
[0019] Die vorliegende Erfindung ist anhand der beigefügten Zeichnungen näher erläutert,
in denen zeigen:
- FIG 1
- den prinzipiellen Aufbau eines Hörgeräts gemäß dem Stand der Technik, und
- FIG 2
- ein Blockschaltbild eines erfindungsgemäßen Hörgerätesystems zur binauralen Versorgung.
[0020] Das nachfolgend näher geschilderte Ausführungsbeispiel stellt eine bevorzugte Ausführungsform
der vorliegenden Erfindung dar.
[0021] In FIG 2 ist ein Hörgerätesystem mit einem linken Hörgerät 10 und einem rechten Hörgerät
20 zur binauralen Versorgung eines Hörgeräteträgers 30 schematisch dargestellt. Das
linke Hörgerät besitzt zur Realisierung eines Richtmikrofons oder zur Ausführung von
Beamforming, Blinde-Quellen-Trennung und dergleichen zwei Mikrofone 11 und 12. Die
Ausgangssignale der Mikrofone 11 und 12 werden jeweils einer Frequenzweiche 13, 14
zugeführt. Jede dieser beiden Frequenzweichen 13 und 14 besitzt einen Tiefpassausgang
TP und einen Hochpassausgang HP. Anstelle oder zusätzlich zu den Mikrofonen 11 und
12 können auch andere Signaleingangseinrichtungen, wie z. B. eine Telefonspule, eine
Funkantenne und dergleichen, eingesetzt werden.
[0022] Die tieffrequenten Anteile der Eingangssignale aus den Frequenzweichen 13 und 14
werden einer binauralen Verarbeitungseinheit 15 zugeführt. Gleichzeitig werden die
tieffrequenten Anteile einem in das Hörgerät integrierten Sender 16 zugeleitet, um
sie drahtlos an das rechte Hörgerät 20 zu übertragen. Umgekehrt empfängt ein Empfänger
17 den tieffrequenten Anteil von Eingangssignalen des rechten Hörgeräts und stellt
sie für die binaurale Verarbeitungseinheit 15 zur Verfügung. Dort werden also die
tieffrequenten Anteile der Eingangssignale des linken Hörgeräts und des rechten Hörgeräts
zusammen binaural verarbeitet und es wird ein tieffrequentes Ausgangssignal generiert.
[0023] Die hochfrequenten Anteile der Frequenzweichen 13 und 14 werden einer monauralen
Verarbeitungseinheit 18 zugeführt. Diese Einheit erzeugt ein hochfrequentes Ausgangssignal
und liefert es an einen Addierer bzw. eine Zusammenfassungseinheit 19. Sie verknüpft
das hochfrequente Ausgangssignal der monauralen Verarbeitungseinheit 18 mit dem tieffrequenten
Ausgangssignal der binauralen Verarbeitungseinheit 15 zu einem gemeinsamen Ausgangssignal
SAL des linken Hörgeräts 10. Dieses Ausgangssignal SAL wird gegebenenfalls weiterverarbeitet
bzw. einem Hörer (nicht dargestellt) zugeführt.
[0024] Das rechte Hörgerät 20 ist bezüglich des hier interessierenden Signalflusses symmetrisch
zu dem linken Hörgerät 10 aufgebaut. Es besitzt ebenso zwei Mikrofone 21 und 22, deren
Signale mit Frequenzweichen 23 und 24 in hochfrequente und tieffrequente Anteile aufgespalten
werden. Die tieffrequenten Anteile werden einerseits von einer binauralen Verarbeitungseinheit
25 weiterverarbeitet und andererseits von einem Sender 26 zu dem Empfänger 17 des
linken Hörgeräts übertragen. Ein Empfänger 27 empfängt die tieffrequenten Signale
des Senders 16 vom linken Hörgerät 10 und stellt sie für die gemeinsame Verarbeitung
mit den tieffrequenten Anteilen des rechten Hörgeräts 20 in der binauralen Verarbeitungseinheit
25 zur Verfügung.
[0025] Die hochfrequenten Anteile des Eingangssignals werden von den Frequenzweichen 23
und 24 einer monauralen Verarbeitungseinheit 28 zugeleitet. Ebenso wie im linken Hörgerät
10 werden dann auch hier das tieffrequente Ausgangssignal der binauralen Verarbeitungseinheit
25 und das hochfrequente Ausgangssignal der monauralen Verarbeitungseinheit 28 in
einer Zusammenfassungseinheit 29 zu einem gemeinsamen Ausgangssignal SAR des rechten
Hörgeräts zusammengefasst.
[0026] Die beiden Hörgeräte 10 und 20 besitzen somit jeweils eine Kommunikationseinrichtung,
nämlich einen Sender und einen Empfänger 16, 17 bzw. 26, 27 zur bidirektionalen Kommunikation.
Grundsätzlich bestünde natürlich auch die Möglichkeit, dass nur eine monodirektionale
Kommunikation mit einem Sender auf der einen Seite und einem Empfänger auf der anderen
Seite eingesetzt wird, wenn dies für die binaurale Versorgung von Vorteil ist. Entsprechend
wäre dann auch nur in einem Hörgerät eine Signalverarbeitungseinrichtung (z. B. binaurale
Versorgungseinheit 15 oder 25) von Nöten.
[0027] Hinsichtlich der Funktion des in FIG 2 dargestellten Hörgerätesystems ist es erfindungsgemäß
von Bedeutung, dass die Eingangssignale in zwei Frequenzbereiche, z. B. einen tieffrequenten
Bereich unterhalb von 1 bis 2 kHz und einen hochfrequenten Bereich oberhalb von etwa
1 bis 2 kHz, aufgespalten werden. Nur die tieffrequenten Anteile werden binaural verarbeitet
und zur jeweils anderen Seite übertragen, da die hohen Frequenzanteile zufriedenstellend
auch ausschließlich monaural verarbeitet werden können. Nachdem die jeweiligen Anteile
binaural oder monaural verarbeitet wurden, werden sie anschließend zu zwei monauralen
Ausgangssignalen SAL und SAR zusammengeführt.
[0028] Vorteilhaft an dieser Aufspaltung des zu verarbeitenden Signals ist, dass sowohl
für die Verarbeitung als auch für die Übertragung eine niedrigere Datenrate notwendig
ist als bei einer breitbandigen Übertragung bzw. Verarbeitung. Im konkreten Beispiel
müssen lediglich die tieffrequenten Signale unterhalb von ca. 1 bis 2 kHz übertragen
werden.
[0029] Ein weiterer Vorteil des binauralen Verarbeitungssystems besteht darin, dass sich
kaum Probleme mit dem Mikrofonrauschen bei tiefen Frequenzen ergeben. Der Grund liegt
darin, dass die Mikrofonsignale im tieffrequenten Bereich zwischen dem linken und
rechten Hörgerät ausgetauscht werden und somit ein großer Mikrofonabstand, nämlich
der Abstand von einer Kopfseite zur anderen, vorliegt. Dies ist insbesondere für differenzielle
Richtmikrofone von wesentlicher Bedeutung.
[0030] Ein anderer Vorteil des vorgestellten Systems besteht darin, dass für monaurale Verarbeitung
der hohen Frequenzen unter Umständen noch kleinere Mikrofonabstände als bisher möglich
sind, da monaural nur noch höhere Frequenzanteile verarbeitet werden. Die einzelnen
Hörgeräte können also gegebenenfalls kompakter gestaltet werden.
1. Hörsystem zur binauralen Versorgung eines Nutzers mit
- einer ersten Hörvorrichtung (10) einschließlich
o einer ersten Signaleingangseinrichtung (11, 12) zum Liefern eines ersten Eingangssignals
und
o einer ersten Kommunikationseinrichtung (16, 17), sowie
- einer zweiten Hörvorrichtung (20) einschließlich
o einer zweiten Signaleingangseinrichtung (21, 22) zum Liefern eines zweiten Eingangssignals,
o einer zweiten Kommunikationseinrichtung (26, 27) zum Empfangen eines Signals von
der ersten Kommunikationseinrichtung (16, 17) und
o einer zweiten Signalverarbeitungseinrichtung (25) zum Verarbeiten von Signalen der
zweiten Signaleingangseinrichtung (21, 22) und der zweiten Kommunikationseinrichtung
(26, 27) zu einem gemeinsamen Ausgangssignal, wobei
- das von der ersten (16, 17) zu der zweiten Kommunikationseinrichtung (26, 27) übertragene
Signal einem echten spektralen Teil des Gesamtfrequenzspektrums des ersten Eingangssignals
entspricht,
dadurch gekennzeichnet, dass
- in dem spektralen Teil des Gesamtfrequenzspektrums das übertragene Signal zusammen
mit einem Signal der zweiten Signalverarbeitungseinrichtung von der zweiten Signalverarbeitungseinrichtung
von der zweiten Signalverarbeitungseinrichtung binaural verarbeitet wird, während
das Signal der zweiten Signalverarbeitungseinrichtung im restlichen Teil des Gesamtfrequenzspektrums
von der zweiten Hörvorrichtung monaural verarbeitet wird.
2. Hörsystem nach Anspruch 1, wobei die erste Hörvorrichtung (10) eine erste Signalverarbeitungseinrichtung
(15) aufweist, um Signale von der ersten Signaleingangseinrichtung (11, 12) zusammen
mit Signalen von der ersten Kommunikationseinrichtung (16, 17), die von der zweiten
Hörvorrichtung (20) stammen, zu einem gemeinsamen Ausgangssignal zu verarbeiten.
3. Hörsystem nach Anspruch 1 oder 2, wobei die erste und die zweite Signaleingangsrichtung
(11, 12; 21, 22) jeweils mindestens zwei Mikrofone umfassen.
4. Hörsystem nach einem der vorhergehenden Ansprüche, wobei bei der Signalübertragung
zwischen den beiden Kommunikationseinrichtungen (16, 17; 26, 27) ausschließlich ein
tieffrequenter Anteil des jeweiligen Eingangssignals übertragen wird.
5. Hörsystem nach Anspruch 4, wobei die Frequenzen des tieffrequenten Anteils unter 1
kHz oder 2 kHz liegen.
6. Hörsystem nach einem der Ansprüche 2 bis 5, wobei in der ersten und/oder in der zweiten
Signalverarbeitungseinrichtung (15, 25) ein Rückkopplungsreduktions-Algorithmus, ein
Beamforming-Algorithmus oder ein Blind-Source-Seperation-Algorithmus implementiert
ist, der Signale von der jeweils anderen Hörvorrichtung (10, 20) nutzt.
7. Verfahren zum Verarbeiten von Signalen für eine binaurale Versorgung mit einer ersten
und einer zweiten Hörvorrichtung (10, 20),
durch
- Bereitstellen eines ersten Eingangssignals in der ersten Hörvorrichtung (10),
- Bereitstellen eines zweiten Eingangssignals in der zweiten Hörvorrichtung (20),
- Übertragen eines Signals von der ersten (10) zu der zweiten Hörvorrichtung (20),
- Verarbeiten des zweiten Eingangssignals zusammen mit dem Signal von der ersten Hörvorrichtung
(10) in der zweiten Hörvorrichtung (20) zu einem Ausgangssignal der zweiten Hörvorrichtung
(20), wobei
- das von der ersten (10) zu der zweiten Hörvorrichtung (20) übertragene Signal einem
echten spektralen Teil des Gesamtfrequenzspektrums des ersten Eingangssignals entspricht,
dadurch gekennzeichnet, dass
- in dem spektralen Teil des Gesamtfrequenzspektrums das übertragene Signal zusammen
mit einem entsprechenden Spektralteil des zweiten Eingangssignals der zweiten Hörvorrichtung
(20) von der zweiten Hörvorrichtung (20) binaural verarbeitet wird, während das zweite
Eingangssignal der zweiten Hörvorrichtung (20) im restlichen Teil des Gesamtfrequenzspektrums
von der zweiten Hörvorrichtung (20) monaural verarbeitet wird.
8. Verfahren nach Anspruch 7, wobei das Signal, das übertragen wird, ausschließlich einen
tieffrequenten Anteil des ersten Eingangssignals darstellt.