[0001] Die Erfindung betrifft ein Verfahren zur Diagnose einer mehrere Komponenten umfassenden
Gasturbine, bei dem die Zusatzleistung, um welche sich die Betriebsleistung der Gasturbine
im Falle einer Reinigung einer der Komponenten erhöhen würde, automatisch prognostiziert
wird.
[0002] Bei einer Gasturbine vermindern sich während der Laufzeit ihre Leistung und ihr Wirkungsgrad
durch Verschmutzung, Ablagerung, Abtragung und Korrosion, wodurch der gesamte Kraftwerksprozess
negativ beeinflusst wird. Besonders die aerodynamischen Teile des Verdichters am Eintritt
der Gasturbine sind dabei betroffen.
[0003] Die Verschmutzung der Gasturbine wird durch das Anhaften von Teilchen an den Oberflächen
hervorgerufen. Öl- und Wassernebel tragen dazu bei, dass sich Staub und Aerosole an
den Schaufeln festsetzen können. Die am häufigsten auftretenden Verschmutzungen und
Ablagerungen sind Mischungen aus Wasserbenetzungen, wasserlöslichen und wasserunlöslichen
Materialien. In der Gasturbine können Verschmutzungen durch Ascheablagerungen und
unverbrannte, feste Reinigungspräparate auftreten. Derartige Luftschadstoffe haften
wie Schuppen an den Komponenten des Strömungsweges der Gasturbine und reagieren mit
ihnen. Weiter kommt es zu Abschürfungen durch Partikelschlag und Abrieb, die im Allgemeinen
als Erosion bezeichnet werden.
[0004] Weiterhin können sich Eisstückchen, die sich am Eintritt der Gasturbine bilden, lösen
und auf die Komponenten im Strömungsweg der Gasturbine schlagen. Um dies zu verhindern,
kommt ein so genanntes Antivereisungssystem zum Einsatz. Hier wird durch Luftvorwärmung
verhindert, dass die Temperatur der Luft beim Eintritt in die Gasturbine nicht unter
den Gefrierpunkt sinkt und somit das Wasser nicht gefriert.
[0005] Durch die beschriebenen Alterungsprozesse wird eine erhöhte Oberflächenrauhigkeit
der Schaufeln verursacht. Dies führt zu vergleichsweise großen Reibungsverlusten in
der Gasturbine, da laminare Grenzschichtströmungen in eine turbulente Strömung umschlagen
können und es so zu einem wachsenden Strömungswiderstandes kommt. Weiterhin vergrößern
sich Spalte der Gasturbine durch Abrieb und Korrosion. Die Verluste durch die erhöhte
Spaltströmung nehmen zu und die Performance der Anlage verringert sich.
[0006] Der Einfluss von Alterungserscheinungen ist am Eintritt der Gasturbine, d. h. am
Verdichter besonders groß. Geometrische Veränderungen der Schaufeln durch Erosion,
Ablagerungen und Schädigungen, bewirken eine verringerte Leistungsfähigkeit der Gasturbine.
Auftretende Ablagerungen, Erosion und Korrosion am Eintritt führen zu veränderten
Eintrittswinkeln, die sich sehr stark auf die thermodynamische Performance auswirken.
Ein gealterter Verdichter kann unter Umständen zum Strömungsabriss führen.
[0007] Die Alterung des Verdichters wirkt sich negativ auf den Gasturbinenwirkungsgrad,
die Gasturbinenleistung und den Gasturbinenaustrittsmassenstrom aus. Um dem Leistungsabbau
der Turbinenanlage entgegenzuwirken, werden regelmäßige Verdichterwäschen durchgeführt.
Verdichterschaufeln können dabei im Online- und Offline-Modus gewaschen werden. Beim
Online-Modus wird die Turbinenanlage während der Reinigung weiter betrieben, die Gasturbinenlast
wird nur geringfügig abgesenkt. Online-Wäschen werden hauptsächlich zur Vermeidung
des Aufbaus der Schmutzschicht angewendet. Üblicherweise wird eine Online-Wäsche einmal
täglich mit voll entsalztem Wasser und jeden dritten Tag mit Reinigungsmitteln durchgeführt.
[0008] Für eine Offline-Wäsche wird die Anlage hingegen stillgesetzt. Um thermische Spannungen
zu vermeiden, wird sie sechs Stunden mit Hilfe einer Wellendreheinrichtung abgekühlt.
Eine Offline-Wäsche wird üblicherweise etwa einmal im Monat durchgeführt. Wurde die
Turbinenanlage für einen vergleichsweise langen Zeitraum nicht gereinigt, muss für
typische Anlagen in der Regel eine Offline-Wäsche durchgeführt werden, da die Methode
der Online-Reinigung die Verschmutzungen nicht mehr entfernen kann.
[0009] Eine Offline-Wäsche bewirkt dabei eine größere Leistungsrückgewinnung als eine Online-Wäsche.
Mit Hilfe einer Offline-Wäsche können Leistungsrückgewinne von mehreren Prozent erzielt
werden. Eine Online-Wäsche bewirkt eine geringere Leistungsrückgewinnung. Die effektivste
Schaufelreinigung kann mit einer Kombination aus Online- und Offline-Wäschen erreicht
werden. Eine regelmäßige Online-Wäsche erweitert die Zeitintervalle zwischen den erforderlichen
Offline-Wäschen.
[0010] Der optimale Zeitpunkt für eine Offline-Wäsche wird häufig durch den Betreiber nach
rein wirtschaftlichen Betriebsgesichtspunkten bestimmt, z. B. in Schwachlastzeiten.
Dies bedeutet, dass die Entscheidung über den Zeitpunkt einer Beseitigung einer Verschmutzung
einer der Komponenten der Turbinenanlage, z. B. durch eine Wäsche des Verdichters
lediglich auf Erfahrungswerten unter wirtschaftlichen Aspekten oder unter Vorabstudien
mit festen Randbedingungen beruht.
[0011] Alternativ kann die Bestimmung des Zeitpunkts der Offline-Wäsche anhand einer aktuellen
Prognose des durch die Offline-Wäsche erwarteten Leistungsgewinns der Gasturbine erfolgen.
Dabei wird eine derartige Prognose üblicherweise anhand der Entwicklung des Verdichterwirkungsgrads
der Gasturbine erstellt, der als Kenngröße für die Stärke der Verschmutzung des Verdichters
dient.
[0012] Die Messdaten, die zur Bestimmung des Verdichterwirkungsgrades benutzt werden, können
jedoch mit vergleichsweise hohen Datenunsicherheiten versehen sein, was eine genaue
Prognose des zu erwartenden Leistungsgewinns durch eine Offline-Wäsche und damit eine
Bestimmung des für den Betrieb der Gasturbine kostenoptimalen Zeitpunkts für eine
solche Offline-Wäsche erschwert.
[0013] Der Erfindung liegt daher die Aufgabe zugrunde, ein Verfahren der oben genannten
Art anzugeben, welches eine besonders zuverlässige Prognose des zu erwartenden Leistungsgewinns
bei einer Reinigung ermöglicht.
[0014] Diese Aufgabe wird erfindungsgemäß gelöst, indem bei der Prognose der Zusatzleistung
der Ansaugmassenstrom der Gasturbine als Kenngröße verwendet wird.
[0015] Die Erfindung geht dabei von der Überlegung aus, dass die Auswahl des Zeitpunkts
einer zum Erhalt einer hohen Betriebsleistung der Gasturbine notwendigen Offline-Wäsche
unter besonders geringen Kosten durch eine möglichst exakte Prognose des Leistungsgewinns
durch eine solche Offline-Wäsche der Gasturbine erreichbar ist. Mit anderen Worten:
Um festzustellen, ob sich eine Offline-Wäsche zum aktuellen Zeitpunkt hinsichtlich
des Produktionsausfalls durch den Stillstand der Gasturbine wirtschaftlich lohnt,
sollte jederzeit so genau wie möglich bekannt sein, wie hoch der erwartete Leistungsrückgewinn
durch die Offline-Wäsche ist.
[0016] Zur Erhöhung der Genauigkeit einer derartigen Prognose sollten dabei die statistischen
Unsicherheiten minimiert werden. Dies kann beispielsweise durch eine Verbesserung
der Messapparaturen oder eine Erhöhung der Anzahl von Messungen geschehen. Dabei führt
eine derartige Erhöhung jedoch nur zu einer Verringerung des statistischen Fehlers,
jedoch sollten auch systematische Fehler bei der Prognose der Zusatzleistung weit
gehend minimiert werden. Dies kann erreicht werden, indem zusätzlich weitere Kenngrößen
zur Prognose der Zusatzleistung herangezogen werden. Eine derartige Größe, die für
die Leistung der Gasturbine charakteristisch ist, ist der Ansaugmassenstrom der Gasturbine.
[0017] In einer Gasturbine ist der Verdichter strömungsmediumsseitig allen anderen Bauteilen
wie z. B. der Brennkammer vorgelagert. Entsprechend ist der Verdichter das den Umwelteinflüssen
wie einströmendem Staub und Schmutzpartikeln am meisten ausgesetzte Bauteil. Vorteilhafterweise
wird daher insbesondere eine Reinigung des Verdichters durchgeführt, da dieser den
höchsten Verschmutzungsgrad aufweist und somit eine entsprechende Reinigung einen
besonders positiven Einfluss auf den Rückgewinn an Betriebsleistung der Gasturbine
hat.
[0018] Der Ansaugmassenstrom als Kenngröße für die Betriebsleistung der Gasturbine wird
üblicherweise wegen des hohen Aufwandes, der großen Messunsicherheit und der Schadensgefahr
nicht direkt gemessen, sondern anhand von Bilanzierungen indirekt bestimmt. Für eine
direkte Messung müssten sehr aufwendige Instrumente eingesetzt werden, denn erstens
liegen sehr hohe Temperaturen vor, und zweitens ist ein Abbrechen der Sensoren wegen
der wahrscheinlich hohen Folgeschäden an der Turbinenbeschaufelung unbedingt zu vermeiden.
[0019] Für eine Energiebilanz der gesamten Gasturbine einerseits und der Brennkammer andererseits
werden als Eingangsgrößen u. a. die Betriebsleistung, der Brennstoffmassenstrom und
der Brennstoffheizwert benötigt. Diese Werte sind jedoch vergleichsweise schwer bestimmbar
und mit einem sehr hohen Fehler behaftet. In einem Kombikraftwerk, in dem eine Gasturbine
zusammen mit einer Dampfturbine auf einer Welle betrieben wird, lässt sich die Leistung
der Gasturbine als Einzelwert zudem nur vergleichsweise aufwändig und ungenau bestimmen,
da stets nur die Gesamtleistung des gesamten Kombikraftwerks verfügbar ist. Daher
werden zur Bestimmung des Ansaugmassenstroms vorteilhafterweise der Turbineneintrittsdruck,
der Brennkammerdruckverlust und/oder der Druckverlust zwischen Umgebung und Verdichtereintritt
als Eintrittskenngrößen ermittelt.
[0020] Dabei lässt sich der Turbineneintrittsdruck mit Hilfe der Mengendruckgleichung nach
Stodola in einen Wert für den Ansaugmassenstrom überführen, während sich aus dem Brennkammerdruckverlust
bzw. dem Druckverlust zwischen Umgebung und Verdichtereintritt jeweils Widerstandsbeiwerte
ermitteln lassen, die zur Bestimmung des Ansaugmassenstroms herangezogen werden können.
Eine derartige Ermittlung des Ansaugmassenstroms ohne Lösung einer Energiebilanz ist
mit wesentlich geringerem statistischen Fehlern behaftet und ermöglicht daher eine
noch genauere Prognose der Zusatzleistung, um welche sich die Betriebsleistung der
Gasturbine im Fall einer Reinigung einer der Komponenten erhöhen würde.
[0021] Um die statistischen Fehler bei der Bestimmung des Ansaugmassenstroms weiter zu minimieren,
wird zur Bestimmung des Ansaugmassenstroms vorteilhafterweise aus einer Anzahl von
Eingangskenngrößen jeweils ein vorläufiger Wert für den Ansaugmassenstrom ermittelt,
wobei für jeden vorläufigen Wert durch Querabgleich mit den jeweils anderen vorläufigen
Werten jeweils ein validierter Wert ermittelt wird. Ein derartiger Querabgleich kann
beispielsweise in Anlehnung an die VDI2048 erfolgen. Diese beruht im Wesentlichen
auf dem Ausgleichsprinzip nach Gauß, dessen Grundgedanke es ist, nicht nur die für
eine Lösung benötigte Mindestmenge an Messgrößen zu verwenden, sondern darüber hinaus
alle erreichbaren Messgrößen samt den zugehörigen Varianzen und Kovarianzen zu erfassen.
Für das vorliegende Verfahren bedeutet dies, dass alle erreichbaren Eingangskenngrößen
benutzt werden, um jeweils einen vorläufigen Wert für den Ansaugmassenstrom zu ermitteln.
[0022] Da es sich stets um denselben physischen Ansaugmassenstrom handelt, sollten die wahren
Werte der Eingangskenngrößen derart sein, dass alle entstehenden vorläufigen Werte
gleich sind. Auf Basis dieser Annahme erhält man mit Hilfe des Gauß-Verfahrens widerspruchsfreie
Schätzwerte für die tatsächlichen Werte der Messgrößen und validierte Werte für den
Ansaugmassenstrom. Die auf diese Weise erzeugten validierten Werte für den Ansaugmassenstrom
werden dann gemittelt und bilden somit eine mit einem besonders geringen statistischen
Fehler versehene Kenngröße zur Bestimmung der Betriebsleistung der Gasturbine.
[0023] Zur weiteren Verminderung des statistischen und systematischen Fehlers der Gasturbine
sollte der Ansaugmassenstrom nicht als alleinige Kenngröße zur Bestimmung der Betriebsleistung
der Gasturbine vorgesehen sein. In vorteilhafter Ausgestaltung wird daher zusätzlich
der Verdichterwirkungsgrad der Gasturbine als Kenngröße verwendet.
[0024] Bei der Messung der Eingangskenngrößen sollte berücksichtigt werden, dass insbesondere
thermodynamische Parameter der Gasturbine abhängig von den jeweiligen Umgebungsbedingungen
wie Luftdruck und Außentemperatur sind. Um dennoch Messwerte zu verschiedenen Zeitpunkten
miteinander vergleichen zu können, sollten die jeweiligen Kenngrößen auf Referenzbedingungen
normiert werden. Als Norm bieten sich dabei die ISO-Bedingungen (Temperatur 15 °C,
Druck 1,013 bar, Luftfeuchtigkeit 60 %) an.
[0025] Um aus der berechneten momentanen Betriebsleistung der Gasturbine die Zusatzleistung
im Falle einer Reinigung einer der Komponenten der Gasturbine zu prognostizieren,
wird ein Referenzwert für die Betriebsleistung einer gerade gereinigten Gasturbine
benötigt. Dabei ist die Betriebsleistung der Gasturbine abgesehen von ihrem Verschmutzungszustand
auch von der verschmutzungsunabhängigen Erosion, und daher im Wesentlichen vom Betriebsalter
der Gasturbine abhängig. Um einen derartigen Referenzwert zu erhalten, werden bei
der Prognose der Zusatzleistung vorteilhafterweise Kenngrößen baugleicher und/oder
bauähnlicher Gasturbinen als Vergleichsgrößen verwendet. Dadurch kann insbesondere
die Betriebsleistung nach der Reinigung der Gasturbine besonders gut prognostiziert
werden und es ist insgesamt eine genauere Prognose der Zusatzleistung durch eine Reinigung
der Gasturbine erreichbar.
[0026] Die Zusatzleistung durch eine Reinigung einer der Komponenten der Gasturbine soll
häufig nicht nur bei einer sofort erfolgenden Reinigung ermittelt werden, sondern
auch für in der Zukunft liegende Zeiträume, um eine langfristige Planung der Reinigung
zu ermöglichen. Dazu wird in vorteilhafter Ausgestaltung eine Prognose der zeitlichen
Entwicklung der jeweiligen Kenngröße erstellt. Eine solche Prognose ist durch mehrere
Auswertungen der Eingangskenngrößen oder Messwerte zu verschiedenen Zeitpunkten möglich.
[0027] Ein besonders kostenoptimaler Betrieb der Gasturbine ist möglich, wenn eine Bestimmung
des Zeitpunkts einer Offline-Wäsche der Gasturbine nicht nur unter rein wirtschaftlichen
Gesichtspunkten getroffen wird, wie beispielsweise in Schwachlastzeiten, sondern anhand
einer genauen Prognose der Betriebsleistung der Gasturbine in der Zukunft erfolgt.
Dazu wird vorteilhafterweise in Abhängigkeit vom Wert der ermittelten Zusatzleistung
in Abwägung mit dem wirtschaftlichen Gesamtaufwand bestimmt, ob die Gasturbine zur
Beseitigung der Verschmutzung temporär stillgesetzt wird und gegebenenfalls ein optimaler
Zeitpunkt für die temporäre Stillsetzung ermittelt. Durch eine exakte Prognose der
durch eine Offline-Wäsche erreichten Zusatzleistung kann die Bestimmung eines Zeitpunkts
für eine derartige Offline-Wäsche anhand einer wesentlich präzisieren Analyse erfolgen,
bei der Kosten und Nutzen der Offline-Wäsche exakt gegeneinander abgewogen werden
können.
[0028] Vorteilhafterweise findet das Verfahren Anwendung in einer Gasturbinenanlage mit
einer mehrere Komponenten umfassenden Gasturbine und mit einem Steuerungssystem, das
dateneingangsseitig mit einer Anzahl von zur Ermittlung von Eingangskenngrößen in
der Gasturbine angeordneten Sensoren verbunden ist, wobei das Steuerungssystem ein
Prognosemodul umfasst.
[0029] In vorteilhafter Ausgestaltung sind in das Prognosemodul Daten einer Datenbank mit
Vergleichsgrößen baugleicher und/oder bauähnlicher Gasturbinen einlesbar. Dazu sollte
das Prognosemodul eine entsprechend offene Architektur aufweisen, die ein derartiges
Einlesen ermöglicht. Dies kann beispielsweise mit Hilfe eines mobilen Datenträgers
geschehen oder über eine permanente Datenverbindung zur Datenbank, d. h. die Datenbank
kann auf einem beschreibbaren Speicher innerhalb des Steuerungssystems hinterlegt
sein oder auf einem externen Server gespeichert sein, der über eine Datenfernleitung
mit dem Steuerungssystem der Gasturbine verbunden ist.
[0030] Dies ermöglicht einen Abgleich zwischen den Daten baugleicher und/oder bauähnlicher
Gasturbinen, wodurch ein Rückgriff auf eine besonders große Erfahrungsbasis erfolgen
kann und damit ein geringerer statistischer Fehler erzielt wird. Umgekehrt können
die in der Gasturbine gewonnenen Daten auch zur Erweiterung der Datenbank genutzt
werden, indem diese der Datenbank zur Verfügung gestellt und dort gespeichert werden.
[0031] Vorteilhafterweise ist ein Prognosemodul zur Verwendung in einer Gasturbinenanlage
für die Durchführung des Verfahrens geeignet.
[0032] Die mit der Erfindung erzielten Vorteile bestehen insbesondere darin, dass durch
die zusätzliche Berücksichtigung des Ansaugmassenstroms der Gasturbine eine vergleichsweise
präzisere Analyse des Verschmutzungsgrades der Gasturbine, insbesondere ihres Verdichters
möglich ist. Dadurch ist eine vorausschauende, an die betrieblichen und wirtschaftlichen
Umstände angepasste Planung der Offline-Wäsche der Gasturbine möglich, wodurch ein
besonders hoher Wirkungsgrad der Gasturbine während ihrer Laufzeit erreicht werden
kann. Das hier beschriebene Verfahren erlaubt zudem die Bestimmung des Ansaugmassenstromes
ohne jede Kenntnis der Brennstoffdaten und ohne Lösung einer mit hohen Unsicherheiten
verbundenen Energiebilanz. Im Übrigen wird damit die Berücksichtigung des Ansaugmassenstroms
in Bezug auf die Betriebsleistung der Gasturbine für Einwellenanlagen, bei denen eine
Gasturbine und eine Dampfturbine auf einer gemeinsamen Welle angeordnet sind, überhaupt
erst möglich.
[0033] Ein Ausführungsbeispiel der Erfindung wird anhand einer Zeichnung näher erläutert.
Darin zeigen:
- FIG 1
- einen Längsschnitt durch eine Gasturbine,
- FIG 2
- ein Diagramm des zeitlichen Verlaufs der Betriebsleistung einer Gasturbine, und
- FIG 3
- eine schematische Darstellung eines Verfahrens zur Prognose der erzielten Zusatzleistung
im Falle einer Verdichterreinigung.
[0034] Gleiche Teile sind in allen Figuren mit denselben Bezugszeichen versehen.
[0035] Die Gasturbine 1 gemäß FIG 1 weist einen Verdichter 2 für Verbrennungsluft, eine
Brennkammer 4 sowie eine Turbine 6 zum Antrieb des Verdichters 2 und eines nicht näher
darstellten Generators oder eine Arbeitsmaschine auf. Dazu sind die Turbine 6 und
der Verdichter 2 auf einer gemeinsamen, auch als Turbinenläufer bezeichneten Turbinenwelle
8 angeordnet, mit der auch der Generator bzw. die Arbeitsmaschine verbunden ist und
die um ihre Mittelachse 9 drehbar gelagert ist.
[0036] Die Brennkammeranordnung 4 umfasst eine Anzahl von kranzförmig um die Turbinenwelle
8 herum angeordneten individuellen Brennern 10 zur Verbrennung eines flüssigen oder
gasförmigen Brennstoffs.
[0037] Die Turbine 6 weist eine Anzahl von mit der Turbinenwelle 8 verbundenen, rotierbaren
Laufschaufeln 12 auf. Die Laufschaufeln 12 sind kranzförmig an der Turbinenwelle 8
angeordnet und bilden somit eine Anzahl von Laufschaufelreihen. Weiterhin umfasst
die Turbine 6 eine Anzahl von feststehenden Leitschaufeln 14, die ebenfalls kranzförmig
unter der Bildung von Leitschaufelreihen im Inneren der Turbine 6 befestigt sind.
Die Laufschaufeln 12 dienen dabei zum Antrieb der Turbinenwelle 8 durch Impulsübertrag
vom die Turbine 6 durchströmenden Arbeitsmedium M. Die Leitschaufeln 14 dienen hingegen
zur Strömungsführung des Arbeitsmediums M zwischen jeweils zwei in Strömungsrichtung
des Arbeitsmediums M gesehen aufeinander folgenden Laufschaufelreihen oder Laufschaufelkränzen.
[0038] Der Verdichter 2 ist das dem Lufteinlass 16 am nächsten liegende Bauteil der Gasturbine
1. Dementsprechend ist er Schmutzeinträgen und der daraus resultierenden Verschmutzung
der Gasturbine 1 am stärksten ausgesetzt. Um einer Reduzierung der Betriebsleistung
der Gasturbine 1 vorzubeugen, muss daher der Verdichter 2 regelmäßig gereinigt werden.
Dabei können relativ häufig, beispielsweise einmal täglich, so genannte Online-Wäschen
durchgeführt werden, für die kein Stillstand der Gasturbine 1 erforderlich ist. In
größeren Abständen sollte zur Entfernung von hartnäckigem Schmutz die Turbine stillgelegt
werden, um eine Offline-Wäsche durchzuführen.
[0039] Die Gasturbine 1 umfasst ein Steuerungssystem 18, welches über eine Datenleitung
20 mit verschiedenen, im Inneren der Gasturbine 1 angeordneten Sensoren 22 verbunden
ist. Zur Bestimmung des optimalen Offline-Waschzeitpunkts umfasst das Steuerungssystem
18 dabei ein Prognosemodul 24, welches die von den Sensoren 22 erfassten Eingangskenngrößen
verarbeitet und auf der Basis dieser Daten den Verschmutzungsgrad der Gasturbine und
den zu erwartenden Gewinn an Betriebsleistung bei einer durchgeführten Offline-Wäsche
ermittelt. Zur Verbesserung der Prognosequalität sind in das Prognosemodul Vergleichsdaten
baugleicher oder bauähnlicher Gasturbinen einlesbar. Dazu ist das Steuerungssystem
über eine weitere Datenleitung 20 mit einer Datenbank 26 verbunden, die derartige
Vergleichsdaten enthält. Die Datenbank 26 kann sich dabei auf einem nicht näher gezeigten
externen Datenbankserver befinden. Alternativ können die Vergleichsdaten auch ohne
permanente Datenverbindung zur Datenbank 26 über einen mobilen Datenträger eingelesen
werden.
[0040] FIG 2 zeigt eine grafische Darstellung des zeitlichen Verlaufes der Betriebsleistung
einer typischen Gasturbine 1. Die Linie L1 zeigt die Betriebsleistung der Gasturbine
1 zum Zeitpunkt der Inbetriebnahme 30. Die Linie L2 zeigt die theoretische maximale
Leistung der Gasturbine über ihre Laufzeit, deren Abfall lediglich durch Alterung
und irreversible Verschmutzung erzeugt wird.
[0041] Die Linie L3 zeigt den zusätzlichen Einfluss der reversiblen Verschmutzung auf die
Betriebsleistung der Gasturbine. Im Ausschnitt I ist dabei der Einfluss der regelmäßigen
Online-Wäsche auf die Betriebsleistung der Gasturbine gezeigt. In regelmäßigen Abständen
wird diese zu einer festgelegten Zeit 32, beispielsweise einmal täglich, durchgeführt.
Dies hat einen vergleichsweise geringen Leistungsanstieg zur Folge, der jedoch kumuliert
über die häufigen Online-Wäschen in nicht unerheblicher Weise zur Leistungserhaltung
der Gasturbine 1 beiträgt.
[0042] In größeren Zeitabständen werden zu zu bestimmenden Zeitpunkten 34 Offline-Wäschen
durchgeführt. Diese Offline-Wäschen haben einen wesentlich größeren Rückgewinn an
Leistung zur Folge, erfordern jedoch einen wesentlich größeren Aufwand, da die Gasturbine
1 stillgelegt werden muss, wobei auch ein nicht unerheblicher Kostenaufwand entsteht.
Daher sollten die Zeitpunkte 34 vorausschauend gewählt werden, wobei dies einerseits
anhand von wirtschaftlichen Kriterien wie beispielsweise Strompreis oder Brennstoffpreis
geschehen kann, andererseits auch anhand der betrieblichen Variablen der Gasturbine.
Insbesondere sollte der voraussichtliche Leistungsgewinn durch eine Offline-Wäsche
für eine optimale Bestimmung des Zeitpunkts 34 der Offline-Wäsche bekannt sein.
[0043] FIG 3 zeigt schematisch den Ablauf des Verfahrens zur Bestimmung der Zusatzleistung,
um welche sich die Betriebsleistung der Gasturbine 1 im Fall einer Reinigung des Verdichters
erhöhen würde. Dazu werden zunächst als Eingangskenngrößen der Turbineneintrittsdruck
40a, der Brennkammerdruckverlust 40b und Druckverlust zwischen Umgebung und Verdichtereintritt
40c gemessen. Aus dem Turbineneintrittsdruck 40a wird auf Basis der Mengendruckgleichung
nach Stodola ein vorläufiger Wert für den Ansaugmassenstrom 42a bestimmt. Weiterhin
werden der Druckverlust in der Brennkammer 40b und der Druckverlust zwischen Umgebung
und Verdichtereintritt 40c über einen Ansatz mit einem konstanten Widerstandsbeiwert
in vorläufige Werte für den Ansaugmassenstrom 42b bzw. 42c überführt.
[0044] Die unterschiedlichen Ansätze liefern zunächst unterschiedliche vorläufige Werte
für den Ansaugmassenstrom 42a, 42b und 42c. Mit der Nebenbedingung, dass alle Ansaugmassenströme
gleich sein sollten, wird dann in Anlehnung an die VDI2048 eine Datenvalidierung durchgeführt.
Diese korrigiert die Messwerte anhand der spezifizierten Unsicherheiten so, dass die
vorläufigen Werte für den Ansaugmassenstrom praktisch gleich sind. Aus den derart
korrigierten Eingangskenngrößen entstehen so einerseits validierte Werte für den Ansaugmassenstrom
44, andererseits lassen sich die validierten Eingangskenngrößen als Basis für die
Berechnung des Verdichterwirkungsgrades 46 verwenden.
[0045] Durch Mittelung entstehen dann vergleichsweise genaue Werte für den Ansaugmassenstrom
48 und den Verdichterwirkungsgrad 50 zu einem bestimmten Zeitpunkt 52. Diese Messungen
werden zu mehreren Zeitpunkten 52 aufgenommen und gespeichert. Dabei werden die aufgenommenen
Messwerte jeweils mit Hilfe einer mathematischen Funktion, beispielsweise eines Polynoms,
auf ISO-Referenzbedingungen (Temperatur 15°C, Druck 1,013 bar, Luftfeuchtigkeit 60%)
umgerechnet, um die unter unterschiedlichen Umweltbedingungen aufgenommenen Werte
zueinander in Beziehung setzen zu können. Aus den so gewonnenen, normierten Werten
für Ansaugmassenstrom 54 und Verdichterwirkungsgrad 56 kann nun mittels Regressionsanalyse
ein zeitlicher Verlauf von Ansaugmassenstrom 58 und Verdichterwirkungsgrad 60 extrapoliert
werden. Um eine ausreichende Qualität der Regression zu gewährleisten, sollten dabei
nicht weniger als zehn Zeitpunkte 52 der Messung vorliegen.
[0046] Für beide Werte, Ansaugmassenstrom und Verdichterwirkungsgrade, wird jeweils die
Differenz 62 zwischen den Werten nach der letzten Offline-Wäsche und dem aktuellen
Zeitpunkt gebildet. Anschließend wird jedes der beiden Ergebnisse mit einem Faktor
multipliziert. Diese Faktoren sind Ergebnis einer Flottenanalyse, d. h. eines Vergleichs
mit baugleichen und/oder bauähnlichen Gasturbinen 1. Die entsprechenden Daten können
dabei von einer externen Datenbank 26 zugeführt werden. Auf Basis der jeweiligen statistischen
Unsicherheiten werden den Ergebniswerten Wahrscheinlichkeitsniveaus zugeordnet.
[0047] Die beiden Ergebnisse 62 werden anschließend mit Hilfe von gasturbinentypspezifischen
Kennzahlen 64 auf eine Gasturbinenleistung umgerechnet. Die so erhaltene Prognose
der Zusatzleistung im Falle einer Reinigung des Verdichters wird schließlich der Ausgabe
68 zugeführt.
[0048] Zu einer genaueren Prognose der Zusatzleistung im Falle einer Reinigung des Verdichters
wird somit der Ansaugmassenstrom der Gasturbine mitberücksichtigt, wobei zur Bestimmung
des Ansaugmassenstroms keine Energiebilanz gelöst wird und keine Angaben über die
Gasturbinenleistung und den Brennstoff erforderlich ist, insbesondere keine Angabe
über dessen Heizwert und dessen Massenstrom. Durch die somit mit einer vergleichsweise
geringen Unsicherheit behaftete Prognose kann der Turbinenbetreiber den Zeitpunkt
34 für eine Offline-Wäsche anhand betriebsspezifischer Daten genau bestimmen. Somit
ist insgesamt ein kostengünstigerer Betrieb der Gasturbine möglich.
1. Verfahren zur Diagnose einer mehrere Komponenten umfassenden Gasturbine (1), bei dem
die Zusatzleistung, um welche sich die Betriebsleistung der Gasturbine (1) im Fall
einer Reinigung einer der Komponenten erhöhen würde, automatisch prognostiziert wird,
wobei bei der Prognose der Zusatzleistung der Ansaugmassenstrom (48) der Gasturbine
(1) als Kenngröße verwendet wird.
2. Verfahren nach Anspruch 1, bei dem die Zusatzleistung im Fall einer Reinigung des
Verdichters (2) prognostiziert wird.
3. Verfahren nach Anspruch 1 oder 2, bei dem zur Bestimmung des Ansaugmassenstroms (48)
der Turbineneintrittsdruck (40a), der Brennkammerdruckverlust (40b) und/oder der Druckverlust
zwischen Umgebung und Verdichtereintritt (40c) als Eingangskenngrößen (40a, 40b, 40c)
ermittelt werden.
4. Verfahren nach einem der Ansprüche 1 bis 3, bei dem zur Bestimmung des Ansaugmassenstroms
(48) aus einer Anzahl von Eingangskenngrößen (40a, 40b, 40c) jeweils ein vorläufiger
Wert für den Ansaugmassenstrom (42a, 42b, 42c) ermittelt wird, wobei für jeden vorläufigen
Wert (42a, 42b, 42c) durch Querabgleich mit den jeweils anderen vorläufigen Werten
jeweils ein validierter Wert (44) ermittelt wird, und wobei die für den Ansaugmassenstrom
(48) der Gasturbine (1) charakteristische Kenngröße als Mittelwert aus den validierten
Werten (44) erzeugt wird.
5. Verfahren nach einem der Ansprüche 1 bis 4, bei dem bei der Prognose der Zusatzleistung
der Verdichterwirkungsgrad (50) der Gasturbine (1) als Kenngröße verwendet wird.
6. Verfahren nach einem der Ansprüche 1 bis 5, bei dem die jeweilige Kenngröße auf Referenzbedingungen
normiert wird.
7. Verfahren nach einem der Ansprüche 1 bis 6, bei dem bei der Prognose der Zusatzleistung
Kenngrößen baugleicher und/oder bauähnlicher Gasturbinen (64) als Vergleichsgrößen
verwendet werden.
8. Verfahren nach einem der Ansprüche 1 bis 7, bei dem eine Prognose der zeitlichen Entwicklung
(58,60) der jeweiligen Kenngröße erstellt wird.
9. Verfahren nach einem der Ansprüche 1 bis 8, bei dem in Abhängigkeit vom Wert der ermittelten
Zusatzleistung in Abwägung mit dem wirtschaftlichen Gesamtaufwand bestimmt wird, ob
die Gasturbine (1) zur Beseitigung der Verschmutzung temporär stillgesetzt wird und
gegebenenfalls ein optimaler Zeitpunkt (34) für die temporäre Stillsetzung ermittelt
wird.
10. Verfahren nach einem der Ansprüche 1 bis 9, bei dem die Bestimmung des Ansaugmassenstroms
(48) ohne Informationen über den Brennstoffheizwert und/oder Brennstoffmassenstrom
erfolgt.
11. Gasturbinenanlage mit einer mehrere Komponenten umfassenden Gasturbine (1) und mit
einem Steuerungssystem (18), das dateneingangsseitig mit einer Anzahl von zur Ermittlung
von Eingangskenngrößen (40a, 40b, 40c) in der Gasturbine (1) angeordneten Sensoren
(22) verbunden ist, wobei das Steuerungssystem (18) ein Prognosemodul (24) umfasst,
das für die Durchführung des Verfahrens nach einem der Ansprüche 1 bis 9 ausgelegt
ist.
12. Gasturbinenanlage nach Anspruch 11, bei dem in das Prognosemodul Daten einer Datenbank
(26) mit Vergleichsgrößen baugleicher und/oder bauähnlicher Gasturbinen (64) einlesbar
sind.
13. Prognosemodul (24) zur Verwendung in einer Gasturbinenanlage, wobei das Prognosemodul
(24) für die Durchführung des Verfahrens nach einem der Ansprüche 1 bis 9 ausgelegt
ist.