Sachgebiet der Erfindung
[0001] Die vorliegende Erfindung betrifft ein neuartiges hochpräzises und reibungsoptimiertes
mikromechanisches Bauteil, insbesondere im Räderwerk eines mechanischen Zeitmessers,
nach dem Oberbegriff des Patentanspruchs 1. Die vorliegende Erfindung betrifft insbesondere
ein solches mikromechanisches Bauteil, welches Teil einer Ankerhemmung eines mechanischen
Zeitmessers ist. Ausserdem betrifft die Erfindung einen Zeitmesser, in welchen ein
solches mikromechanisches Bauteil eingebaut ist.
Technische Grundlagen
[0002] Ein mechanischer Zeitmesser, wie er als Taschenuhr oder Armbanduhr allgemein bekannt
ist, umfasst üblicherweise mindestens ein Räderwerk. Ausserdem bildet in einem herkömmlichen
mechanischen Zeitmesser das Antriebsverteilungsorgan, die Hemmung, den Übergang zwischen
dem Räderwerk und dem Oszillator (Schwingungs- oder Zeitteilungsorgan).
[0003] Aufgabe der Hemmung ist es, das Schwingungsorgan, die Unruh, jedesmal mit einer winzigen
Energiemenge zu versorgen, wenn sie den "toten Punkt" passiert. Als "toten Punkt"
bezeichnet man die Position der Unruh bei der sie sich nominell in Ruhelage befindet,
bzw. die Amplitude der Unruh nominell 0° beträgt (Nulldurchgang). Die Unruh schwingt
gleichmässig beiderseits des toten Punkts mit einer Amplitude  aus und gibt bei jedem
Nulldurchgang einen Zahn des Hemmungsrads frei. Das erlaubt dem Räderwerk und den
Zeigern, sich in kleinen Sprüngen mit einer regelmässigen Frequenz zu drehen, die
von der Unruh gesteuert wird.
[0004] Zwischen den kurzen Augenblicken, in denen die Hemmung das Räderwerk freigibt, ruht
dieses, während die Unruh jedoch ständig in Bewegung bleibt, bis die in der Zugfeder
gespeicherte Energie abgegeben ist. Nur während des kurzen Augenblicks, während der
sogenannten Hebung, wird über die Hemmung eine winzige Energiemenge an die Unruh zurückgeführt.
Die resultierenden ruckartigen Bewegungen des Räderwerks sind z.B. am Vorrücken des
Sekundenzeigers zu beobachten
[0005] Für die möglichst gleichmässige Abgabe der Energie wurden bereits Dutzende von verschiedenen
Hemmungen vorgeschlagen. Heute sind praktisch alle mechanischen Uhren mit dem gleichen
Typ ausgerüstet, nämlich mit der "Schweizer Ankerhemmung". In einer "Schweizer Ankerhemmung"
umfassen die beiden Arme des Ankers je einen Ankerstein ("Palette"), die meist aus
Rubin, Saphir oder Granat bestehen. Diese Ankersteine sind in die beiden Arme des
Ankers entweder eingesetzt, oder werden aus einem Stück zusammen mit dem Anker angefertigt.
Die Ankersteine greifen abwechselnd in je einen Zahn des Hemmungsrads und halten es
so fest. Jedesmal, wenn die Unruh den toten Punkt in der einen oder anderen Richtung
passiert, greift sie über den sogenannten Hebelstein (Ellipse) in die Ankergabel ein.
Dadurch gibt der Anker über seine jeweilige Palette je einen Zahn des Hemmungsrades
frei, das damit kurz vorrückt und einen winzigen Energiebruchteil über den Anker an
den Hebelstein und damit die Unruh zurückführt.
[0006] Abgesehen von dem kurzen Augenblick, in dem das Hemmungsrad über die Ankergabel mit
der Unruh verbunden ist, schwingt diese als Oszillationsorgan völlig frei und unabhängig
von ihrem Antriebsmechanismus. Das ist eine grundlegende Bedingung für den regelmässigen
Gang der Uhr. Die wenigen Hemmungstypen, die diesen Vorteil besitzen, werden als "freie
Hemmungen" bezeichnet. Die Ankerhemmung ist also eine freie Hemmung. Solche Hemmungskonstruktionen
sind erst gegen Mitte des 18. Jahrhunderts entwickelt worden.
[0007] Bei der Kraftübertragung zwischen den Zähnen des Ankerrades und den Paletten des
Ankers bewegen sich diese beiden Teile unter Druck gegeneinander. Zu Beginn der Bewegung
liegt eine Palette an einer Fläche eines Ankerradzahns, der so genannten Ruhefläche,
an. Bei der Bewegung der Palette gegen das Ankerrad tritt eine Reibungskraft auf.
[0008] Um zwei Körper, die mit planparallelen ebenen Flächen aneinander liegen und bei denen
die beiden Körper durch eine Kraft gegeneinander gedrückt sind, relativ zueinander
zu bewegen, muss eine Kraft in Bewegungsrichtung angelegt werden. Zunächst ist die
Haftreibung der beiden Körper zu überwinden; wenn die Kraft zur Überwindung der Haftreibung
ausreicht, beginnen sich die Körper gegeneinander zu bewegen, und zur Aufrechterhaltung
einer gleichförmigen Bewegung reicht eine geringere Kraft aus. Diese Kraft gehorcht
der Beziehung

worin F
R die Reibungskraft, F
N die senkrecht zur Ebene der beiden Kontaktflächen auf die Körper wirkende Normalkraft
und µ der Reibungskoeffizient (der Gleitreibung) ist. Dieser Koeffizient ist eine
dimensionslose Zahl und bestimmt also, wie gross die Reibungskraft im Verhältnis zur
Normalkraft ist.
[0010] Bei der Ankerhemmung werden die Reib- und Normalkraft im Wesentlichen durch das Drehmoment
des Ankerradtriebes übertragen. Dieses Drehmoment wird letztendlich von der Zugfeder
erzeugt und über das Räderwerk und den Ankerradtrieb übertragen.
[0011] Wie weiter unten noch beschrieben wird, stellt die Reibung zwischen den Paletten
und dem Ankerrad ein Problem dar, welches die Genauigkeit und die Lebensdauer des
Uhrwerks beeinflusst. Eine hohe Reibung verkleinert den Energiebetrag, der an die
Unruh weitergegeben wird; die Ganggenauigkeit und die verfügbare Gangreserve sind
kleiner als bei geringer Reibung. Zusätzlich führt die erwähnte Reibung in der Regel
zu einem Materialabtrag, also Verschleiss, an den Kontaktflächen von Paletten und
am Ankerrad, wodurch die Ganggenauigkeit reduziert werden kann und die betreffenden
Teile von Zeit zu Zeit ersetzt werden müssen.
[0012] Zur Verschleiss- und Reibungsminimierung werden bei konventionellen Hemmungen mit
Stahl-Ankerrad und Rubinpaletten obligatorisch Öle eingesetzt. Der Einsatz von Schmierstoffen
bedingt wiederum, dass das Uhrwerk in regelmässigen Zeitabständen gewartet werden
muss, da die Schmierstoffe erneuert und/ oder die Hemmung und das Räderwerk gereinigt
werden müssen. Schliesslich kann sich auf den Kontaktflächen Staub, aber auch Feuchtigkeit
absetzen, wodurch sich der Reibungskoeffizient ändern und damit auch die Ganggenauigkeit
des Zeitmessers beeinflusst werden kann.
[0013] Daher versucht man schon seit Langem, die Reibungsverhältnisse zwischen dem Ankerrad
und den Paletten zu stabilisieren und insbesondere die Reibung selbst zu vermindern.
So wurde es beispielsweise bereits vorgeschlagen, am Ende der Paletten kleine Behälter
für Öl anzubringen, das sich dann langsam auf den Reibflächen verteilt. Diese und
andere Massnahmen haben jedoch nicht eine abschliessende Verbesserung gebracht, so
dass die oben genannten Nachteile des Standes der Technik bis heute nur in unbefriedigendem
Masse gelöst sind.
Offenbarung der Erfindung
[0014] Die Erfindung hat sich daher zur Aufgabe gestellt, die Lebensdauer und auch die Präzision
mechanischer Uhrwerke durch eine Überarbeitung der mechanischen Bauteile, und insbesondere
die Überarbeitung der Ankerhemmung von Grund auf zu verbessern. Insbesondere ist es
ein Ziel der Erfindung, die Reibung der Paletten gegen das Ankerrad deutlich zu verringern,
jedoch gleichzeitig die Abnutzung dieser Teile auf einem tolerablen Mass zu halten.
Zudem sollte auf den Einsatz von Schmierstoffen, wenn möglich, vollständig verzichtet
werden. Schliesslich sollen die Aufgaben der Erfindung mit geringen Kosten, reproduzierbar
und fertigungstechnisch einfach gelöst werden.
[0015] Die vorliegende Erfindung ist im ersten unabhängigen Patentanspruch definiert, und
ein Zeitmesser, der mit dem neuen mikromechanischen Bauteil ausgerüstet ist, bildet
den Gegenstand des zweiten unabhängigen Patentanspruchs. Besondere oder bevorzugte
Ausführungsformen sind den abhängigen Ansprüchen zu entnehmen.
[0016] Die Erfindung beruht auf dem Grundgedanken, zunächst einmal die Reibung zwischen
den einzelnen mikromechanischen Bauteilen so gering wie möglich zu machen. Dieses
Prinzip führt insbesondere bei einem mikromechanischen Bauteil, welches Teil der Ankerhemmung
ist, zur Verlängerung der Lebensdauer und einer einfacheren Wartung des Zeitmessers.
Insbesondere werden gemäss diesem Erfindungsgedanken die Kontaktflächen der beiden
Körper (der beiden mikromechanischen Bauteile) in eine Kontaktlinie oder einen Kontaktpunkt
überführt. Bei der Ankerhemmung werden die Paletten gegen die Kontaktfläche des Ankerradzahns
schräg gestellt, so dass nicht die ebene seitliche Endfläche des Ankerradzahns, sondern
nur die obere achsparallele Kante des Zahns an der Palette anliegt und quer zur Richtung
der Kante über diese Fläche gleitet. Damit wird die Gleitreibung zweier Flächen bei
der Bewegung des Zeitmessers möglichst durch die Reibung einer Kante, d.h. einer (zweidimensionalen)
Geraden, gegen eine ebene Fläche ersetzt. Gemäss Gleichung 1 sind Reibkräfte flächenunabhängig.
Dies gilt jedoch nur in einem makroskopischen Massstab. Für sehr kleine, insbesondere
raue Kontaktflächen kann hingegen sehr wohl eine direkte Abhängigkeit des Reibkoeffizienten
von der Grösse der Kontaktfläche beobachtet werden. Dies wird wissenschaftlich durch
eine Mikroverzahnung der beiden Kontaktflächen erklärt.
[0017] Im Folgenden wird die Erfindung auf dem Beispiel einer Ankerhemmung erläutert. An
dieser Stelle wird jedoch explizit darauf hingewiesen, dass sich diese Erfindung auch
auf ein mikromechanisches Bauteil im Allgemeinen bezieht.
[0018] Erfindungsgemäss wird zunächst die Grösse der Kontaktfläche zwischen Paletten und
Ankerradzahn (oder allgemein die Grösse der Kontaktfläche zwischen einem ersten und
einem zweiten mikromechanischen Bauteil) stark verringert. Aus Verschleissgründen
muss gleichzeitig auch das Material des metallischen Ankerrads durch ein härteres
Material ersetzt werden. Dies betrifft zunächst nur die Kontaktflächen an den Zähnen
des Ankerrades. Bei der Verkleinerung der Kontaktfläche verändert sich bei konstantem
Drehmoment des Ankerradtriebs die Zahnkraft nicht. Jedoch steigt der "Flächen"-Druck
zwischen den beiden Teilen sehr stark an, und damit besteht die Gefahr erhöhter Abnutzung
an den Kontaktflächen. Um diesem voraussehbaren Effekt zuvorzukommen, sieht die Erfindung
in einer bevorzugten Ausführungsform vor, die Kontaktflächen auf den Zähnen des Ankerrads
durch ein extrem hartes Material auszuführen. Hierzu bietet sich eine Hartstoffbeschichtung
mit Diamant, insbesondere mit nanokristallinem Diamant, an. Entsprechende Techniken
zur Bildung solcher extrem harter Überzüge sind in letzter Zeit bekannt geworden.
[0019] Ein nächster Schritt zur weiteren Verminderung der Reibung in der Ankerhemmung ist
der komplette Ersatz des bisher aus Metall bestehenden Ankerrades durch ein solches
aus einem anderen Material wie Silizium, wobei die Verschleissfestigkeit der erwähnten
Kontaktflächen noch weiter erhöht werden kann, beispielsweise wiederum durch eine
geeignete Beschichtung. Auch in diesem Fall kann eine Hartstoffbeschichtung verwendet
werden, wobei sich ein Siliziumoxid wie SiO
2 oder ein nichtstöchiometrisches Oxid mit der Formel Si
xO
y, wobei x und y ganze Zahlen sind, sowie Siliziumcarbide, Siliziumnitride oder ebenfalls
Diamant besonders gut eignen. Besonders sei hervorgehoben, dass feinkristalline bzw.
nanokristalline und auch amorphe Beschichtungen sich besonders als Verschleißschutzschicht
bewähren. Angestrebt werden deshalb Materialien, die entweder amorph abgeschieden
werden können oder eine mittlere Korngröße von weniger als 50nm aufweisen. Dabei wird
ferner ein Gleitreibkoeffizient von unter 0,2, ohne den Einsatz von Schmierstoffen
angestrebt. Mit einer Diamantbeschichtung der Zähne eines aus Silizium bestehenden
Ankerrads im Kontakt mit Diamantpaletten erzielt man bereits einen Gleitreibungskoeffizienten
in der Grössenordnung von 0,05 bis 0,1; Im Vergleich dazu beträgt der Gleitreibkoeffizient
von hochpoliertem Saphir gegen Stahl unter Zuhilfenahme von Schmierstoffen etwa 0,15,
also etwa 50%-300% mehr. Dabei ist zu berücksichtigen, dass die Gleitreibzahl von
der Rauheit der jeweiligen Oberflächen abhängt. Ferner ist bekannt, dass die Gleitreibzahl
bei vielen Oberflächen (beispielsweise bei Oberflächen aus Siliziumoxid und/oder DLC-Schichten
(Diamond Like Carbon) stark von der Luftfeuchtigkeit abhängig, bei Diamant dieser
Effekt jedoch vernachlässigbar ist.
[0020] Eine Möglichkeit der Abscheidung solcher Beschichtungen ist im Dokument
EP 1 622 826 der Anmelderin beschrieben.
[0021] Eine weitere Reduktion der Reibung erzielt die Erfindung dadurch, dass die Kontaktfläche
auf dem Ankerradhaken, d.h. dem abgebogenen freien Endbereich jedes Ankerradzahns,
oder auf der Palette durch einen linienförmigen Absatz ersetzt wird. Eine solche "Linien"-Reibung
kann mit der eines Schlittschuhs verglichen werden. Hier gilt, wie oben beschrieben,
nicht mehr die Bedingung bei einer gleitenden Reibung zweier Flächen aneinander, dass
die Reibungskraft von der Flächengrösse der in Berührung stehenden Körper unabhängig
ist. Dies beruht darauf, dass im streng mathematischen Sinn nicht mehr von einer Fläche
gesprochen werden kann, wenn sich nur eine Kante, also ein zweidimensionales Gebilde,
auf einer Fläche verschiebt. Dabei kann sich die Kontaktlinie, also eine Kontaktgerade,
die sich in Bewegungsrichtung erstrecken muss, an einer beliebigen Stelle der bisherigen
Kontaktfläche befinden, also mittig, seitlich versetzt oder auch am Rande. Die Breite
der zu erzeugenden Kontaktgerade richtet sich im Allgemeinen nach den Fertigungsmöglichkeiten;
eine Breite von ca. 50 µm wird als ausreichend für die Verminderung der Reibung angesehen.
Auch hier ist es wegen der auftretenden hohen mechanischen Druckspannung σ
D:

mit F
N: auf die Fläche A wirkende Normalkraft
erforderlich, Hartstoffe einzusetzen, um dem erhöhten Verschleiss der Kontaktzonen
entgegenzuwirken.
[0022] Eine weitere Steigerung des Wirkungsgrads, d.h. eine weitere Verminderung der Reibung,
kommt zustande, wenn erfindungsgemäss die genannte Kontaktgerade zunächst durch Punkte
ersetzt wird, und wenn schliesslich alle Punkte bis auf einen weggelassen werden.
Es versteht sich, dass dann der resultierende Kontaktdruck unzulässig hohe Werte annehmen
kann, so dass es zuweilen erforderlich ist, anstelle einer punktförmigen Spitze über
der Kontaktfläche eher eine Erhebung mit einer definierten kleinen Fläche vorzusehen,
beispielsweise eine kegelförmige Erhebung mit einem Verrundungsradius von etwa 100
bis 20 µm, vorzugsweise zwischen 80 und 50 µm an der Spitze des Kegels. Insbesondere
bei punktförmigen Kontaktpunkten kann sich leicht ein Anpressdruck (Pressung) p ergeben,
der oberhalb der kritischen Bruchspannung der Hartstoffschicht liegt, die Hartstoffschicht
somit bricht und das Bauteil katastrophal versagt. Aus diesem Grund muss die Hartstoffschicht
neben Ihrer verschleißreduzierenden Härte auch eine sehr hohe mechanische Bruchspannung
aufweisen, welche oberhalb der tatsächlich auftretenden Druckspannung liegt. Hierbei
haben sich insbesondere Materialien bewährt, die eine kritische Druckspannung von
mehr als 0,5 GPa aufweisen. Besonders bevorzugt lassen sich Materialien einsetzen,
die eine kritische Druckspannung von mehr als 2 GPa aufweisen und bei denen die Bruchspannung
zusätzlich isotrop, also nicht richtungsabhängig ist. Insbesondere bei einkristallinen
Festkörpern wie z.B. Silizium ist bekannt, dass die kritischen Belastungsgrenzen und
damit auch die kritische Druckspannung stark von der Kristallorientierung abhängig
sind. Dieser Effekt ist unerwünscht und kann unter anderem dadurch vermieden werden,
dass die Kristallite der Hartstoffschicht statistisch orientiert sind.
[0023] Bekanntlich können sich während der Verwendung eines Zeitmessers kleine Staubpartikel
und ähnliche andere Verunreinigungen in das Innere des Uhrwerks einschleichen. Diese
Staubpartikel können die Bewegungen der einzelnen mikromechanischen Bauteile im Uhrwerk
(insbesondere in der Hemmung) negativ beeinflussen. Erfindungsgemäss kann jedoch auch
dieses Problem gelöst werden, da sich durch die erwähnte extrem hohemechanische Druckspannung
an den Kontaktstellen zwischen Ankerzahnrad und Palette vorteilhafterweise ein Selbstreinigungseffekt
ergibt. Dieser liegt darin begründet, dass der Druck der Bauteile in der Kontaktzone
nun so gross ist, dass die Kontaktflächen quasi als Schabwerkzeuge fungieren und somit
Verunreinigungen aus der Kontaktzone schieben können. Voraussetzung ist allerdings,
dass trotz des hohen Drucks der Verschleiss auf der Kontaktfläche tolerabel bleibt.
Dies kann durch die Ausrüstung der in Kontakt befindlichen Teile mit verschiedenen
Beschichtungen erreicht werden, wie es im Vorstehenden bereits erwähnt wurde.
[0024] Die Herstellung des Ankerrads aus Silizium oder auch aus Diamant kann nach den bekannten
modernen Verfahren geschehen. Die besondere Form auf den Kontaktflächen des Ankerrads,
nämlich eine in Bewegungsrichtung der Paletten verlaufende Kante, eine Punktreihe
oder auch einzelne Punkte lassen sich mit photolithographischen Arbeitsweisen und
Strukturierungstechnologien der Halbleitertechnologie, wie z.B. tiefes reaktives Ionenätzen
(so genanntes DRIE-Verfahren) erzeugen.
[0025] Die Erfindung schafft ausserdem auch einen weiteren Vorteil. Durch den Ersatz mindestens
des Ankerrads, aber auch des Ankers durch Werkstücke aus einem Material wie Silizium
oder Diamant geht der thermische Ausdehnungskoeffizient stark zurück. Wenn dieser
bei Stahl 10 bis 20·10
-6K
-1 und bei Messing 18·10
-6K
-1 beträgt, so hat er bei Diamant nur einen Wert von etwa 1,1·10
-6K
-1 und für SiO
2 noch 0,5 bis 0,9·10
-6K
-1 (Silizium: 2,6·10
-6K
-1). Auf Grund dieser niedrigen Werte behalten die Teile der Hemmung der vorliegenden
Erfindung ihre Dimensionen bei nicht zu grossen Temperaturschwankungen bedeutend besser
bei als die bekannten Hemmungen. Somit wird die allgemeine Funktionalität des Zeitmessers
weiter entscheidend verbessert.
Beschreibung von Ausführungsbeispielen
[0026] Weitere bevorzugte Ausgestaltungen, Vorteile und Eigenschaften des Erfindungsgegenstandes
gehen aus der folgenden Beschreibung von Ausführungsbeispielen hervor, die nun unter
Bezugnahme auf die Figuren der Zeichnung näher erläutert werden. Diese Erläuterungen
und die dazu herangezogenen Zeichnungen schränken die Erfindung nicht ein, sondern
geben lediglich Hinweise auf mögliche Ausführungen.
Kurzbeschreibung der Zeichnungen
[0027] In den Zeichnungen stellen dar:
Fig. 1 eine schematische Draufsicht einer Ankerhemmung,
Fig. 2A-2C drei Phasen beim Betrieb der Ankerhemmung gemäss Fig. 1,
Fig. 3A-3C eine erste Ausführungsform eines Ankerrades in perspektivischer Darstellung
(Fig. 3A), eine perspektivische Detailzeichnung eines Radzahns (Fig. 3B) und einen
Schnitt in der Ebene III-III in Fig. 3B (Fig. 3C),
Fig. 4A-4C eine zweite Ausführungsform eines Ankerrades in perspektivischer Darstellung
(Fig. 4A), eine perspektivische Detailzeichnung (Fig. 4B) eines Radzahns und einen
Schnitt in der Ebene IV-IV in Fig. 4B (Fig. 4C),
Fig. 5A-5C eine dritte Ausführungsform eines Ankerrades in perspektivischer Darstellung
(Fig. 5A), eine perspektivische Detailzeichnung (Fig. 5B) eines Radzahns und einen
Schnitt in der Ebene V-V in Fig. 5B (Fig. 5C),
Fig. 6A-6C eine vierte Ausführungsform eines Ankerrades in perspektivischer Darstellung
(Fig. 6A), eine perspektivische Detailzeichnung (Fig. 6B) eines Radzahns und einen
Schnitt in der Ebene VI-VI in Fig. 6B (Fig. 6C),
Fig. 7A-7D die Schnittansicht einer fünften, einer sechsten, einer siebten und einer
achten Ausführungsform eines Ankerradzahns, wobei der Schnitt analog Fig. 6C gelegt
ist,
Fig. 8A und 8B eine perspektivische Ansicht bzw. einen Seitenansicht eines Ankerradzahns
mit punktförmiger Kontaktkonfiguration zwischen Palette und Ankerradzahn, und
Fig. 9A und 9B eine Seitenansicht und eine Unteransicht einer Palette mit vorspringender
Kontaktkante.
Detaillierte Beschreibung der Ausführungsformen der Erfindung
[0028] Die Erfindung soll am Beispiel der Schweizer Ankerhemmung erläutert werden. Es soll
aber gleich darauf hingewiesen werden, dass sich die Erfindung auf alle mechanischen
Hemmungen in Uhrwerken und anderen zeithaltenden Geräten (z.B. Zeitgebern) anwenden
lässt, bei denen ein reibungsbehafteter Kontakt in der Hemmung stattfindet, sowie
allgemein auf sämtliche mikromechanische Bauteile, bei welchen eine Relativbewegung
zu anderen Bauteilen über die Kontaktflächen entsteht.
[0029] Dabei zeigt Fig. 1 schematisch diese Hemmung mit einer Unruh 10, einem Anker 12 und
einem Ankerrad 14. Der Anker 12 weist eine Eingangspalette 16 und eine Ausgangspalette
18 auf, die abwechselnd an je einem Ankerzahn 30 zur Anlage kommen; das Ankerrad wird
von der (nicht dargestellten) Aufzugsfeder über das (ebenfalls nicht dargestellte)
Räderwerk im Drehsinn D vorgespannt. Die Ruheflächen der Ankerpaletten 16, 18 zeigen
nicht auf das Zentrum des Ankerrads, sondern stehen in einem Winkel Z von 12° bis
15° dazu. Dieser Winkel wird Zugwinkel genannt. Dadurch wird der Anker 12 in Ruheposition)
sicher vom Ankerrad 14 an einen der Begrenzungsstifte 22 gedrückt. Sonst würde das
Ankerhorn in der Ankergabel bei jeder Erschütterung an der Sicherheitsrolle 24 der
Unruh 10 streifen.
[0030] Die Funktionsweise dieser Hemmung gemäss Fig. 1 soll hier nicht in allen Einzelheiten
beschrieben werden; sie ist dem Fachmann zur Genüge bekannt. Es soll nur eine grobe
Zusammenfassung gegeben werden.
[0031] In den Fig. 2A bis 2C ist der Ablauf der Ankerhemmung in drei Phasen dargestellt.
Aus Fig. 2A ist ersichtlich, dass bei einer einsetzenden Schwenkbewegung des Ankers
in Richtung des Pfeils E um die Achse 26 eine Kantenbewegung zwischen der Palette
16 und der vorderen Flanke des anliegenden Zahns 30A des Ankerrads 14 eingeleitet
wird. Wenn die Palette, welche sich gegenüber dem Zahn 30A nach oben bewegt, den Zahn
freigibt (Fig. 2B), gleitet die untere Fläche der Palette 16 über die obere, vordere
Kante des Zahns 30A und anschliessend über dessen hintere Kante (Fig. 2C). Bei allen
diesen Bewegungen tritt eine merkliche Reibung auf. Die Erfindung hat sich zum Ziel
gesetzt, diese Reibung zu vermindern und auf einen kleinen, möglichst konstanten,
reproduzierbaren Wert zurückzuführen.
[0032] In Fig. 3A bis 3C ist eine erste Ausführungsform des erfindungsgemässen Ankerrads
dargestellt. Das Rad 14-3 besitzt die äussere klassische Form eines Ankerrads und
weist Zähne 30-3 auf, von denen einer als vergrösserte Detailansicht B in Fig. 3B
gezeigt ist. Anstelle von zwei glatten Flächen, die in Kontakt mit den Paletten kommen,
sind am Ankerradzahn 30 erhöhte, dachförmige Kontaktflächen 36-3 mit je einem mittigen
Grat 32-3 und 34-3 vorgesehen. Dieser Grat, der auch ohne weiteres aussermittig angeordnet
sein kann, aber in Bewegungsrichtung der (nicht gezeichneten) Paletten verlaufen muss,
ist bevorzugt aus einem ultraharten Material erzeugt oder mit einer geeigneten Beschichtung
(z.B. mit einer Hartstoffschicht) überzogen. Der Verrundungsradius der freien Kante
des Grats beträgt weniger als 25 µm.
[0033] Dabei besteht das Ankerrad 14-3 zunächst beispielsweise aus Silizium oder einem siliziumbasierten
Material, und mindestens die schrägen Flächen 36-3 und auch der Grat 32-3 und 34-3
sind durch Abscheiden eines Hartbelags aus einem Siliziumoxid, -nitrid oder -carbid,
aus Diamant oder einem anderen Hartstoff veredelt, so dass sie äusserst glatt und
reibungsarm sind und infolge ihrer grossen Härte gegen Verschleiss weitgehend unempfindlich
sind. Beispielsweise trägt man eine Hartstoffbeschichtung auf, welche Werte der HIT-Härte
(DIN EN ISO 14577) von mindestens 5 GPa liefert, bevorzugt von mehr als 10 GPa, und
noch mehr bevorzugt von mehr als 50 GPa. Diese Härtewerte wurden bei Nanoindenterversuchen
bestimmt. Die Beschichtungen können nanokristallin oder amorph sein. Nanokristalline
Beschichtungen haben beispielsweise eine mittlere Korngrösse von weniger als 100 nm,
vorzugsweise von weniger als 20 nm. Die Dicke der Beschichtungen soll mindestens den
Wert des in dieser Beschreibung genannten Verrundungsdurchmessers von 20 µm erreichen
und auf ebenen Flächen mindestens 100 µm betragen.
[0034] In Fig. 4A bis 4C ist eine zweite Ausführungsform des erfindungsgemässen Ankerrads
dargestellt. Das Rad 14-4 besitzt die äussere klassische Form eines Ankerrads und
weist Zähne 30-4 auf, von denen einer als vergrösserte Detailansicht B in Fig. 4B
gezeigt ist. Hier ist im Unterschied zur Ausführung gemäss Fig. 3 auf den beiden Kontakt-Oberseiten
eines Zahns des Ankerrads keine scharfe Kante zwischen zwei dachartigen Flächen vorhanden,
sondern diese beiden Flächen sind zylindrisch nach aussen gewölbt, wobei die Zylinderachse
in Richtung der Relativbewegung zwischen den Paletten und dem Ankerradzahn verläuft.
Im Betrieb des Zeitmessers streicht nur die oberste und äusserste Schicht 32-4 des
Zahns, die auch hier nur eine geringe Breitenausdehnung hat, nämlich von weniger als
50 µm, wenn der Kontakt mit der Palette hergestellt ist, über letztere.
[0035] Fig. 5A bis 5C zeigen auf analoge Weise wie die Fig. 3 und 4 eine dritte Ausführungsform
des erfindungsgemässen Ankerrads. Das Ankerrad 14-5 ist bei diesem Ausführungsbeispiel
beispielsweise aus Silizium oder einem siliziumbasierten Material mit Hilfe eines
photolithographischen oder eines anderen geeigneten Verfahren hergestellt, wie es
zum Beispiel in ähnlicher Form in der Halbleitertechnologie zum Einsatz kommt. Die
Flächen 32-5 und 34-5, die in Kontakt mit den Paletten kommen, sind seitlich an einer
Trägerstruktur 36-5 befestigt oder mit ihr einstückig ausgebildet. Die Schnittzeichnung
Fig. 5C ist nicht massstabsgetreu; die Breite der vorstehenden Fläche 32-5 beträgt
nur etwa 15 bis 25 µm, um die Reibung an den Paletten sehr gering zu halten. Zudem
kann das Ankerrad 14-5 auch aus Vollmaterial hergestellt worden, wonach durch Ätzen
die Flächenteile 36-5 entfernt wurden, so dass der Grat 32-5 als Überstand verblieben
ist. Auch nach diesem Verfahren kann eine bevorzugte Breite dieses Grates von nur
etwa 15 bis 25 µm erreicht werden.
[0036] Bei der dritten Ausführungsform gemäss Fig. 5A-5C kann der Kontaktgrat 32-5 beispielsweise
auch einen dreieckigen Querschnitt anstelle des dargestellten rechteckigen Profils
haben, wodurch die Kontaktfläche auf den Zähnen des Ankerrads zu einer Kontaktlinie
(mit entsprechend verringerter Reibung) ausgeführt ist. Im Allgemeinen wird man jedoch
einen Kompromiss zwischen verringerter Reibung und drohendem Verschleiss durch Abtragung
anstreben.
[0037] Eine weitere Ausführungsform der erfindungsgemässen Präzisions-Ankerhemmung ist in
Fig. 6A bis 6C dargestellt. Es handelt sich um eine Ausführungsform, bei welcher die
obere Fläche 32-6 des Zahns 30-6 unter einem gewissen Winkel (beispielsweise einem
Winkel W zwischen 2° und 10°) gegenüber der Senkrechten auf die seitlichen Flächen
37-6 und 38-6 ausgebildet ist. Durch diese Ausbildung wird auch eine Kontaktlinie
und somit eine ganz kleine Kontaktfläche zwischen dem Ankerrad 14-6 und der Paletten
des Ankers erreicht.
[0038] Zur Ergänzung zeigen die Fig. 7A, 7B, 7C und 7D, deren Darstellung analog zu Fig.
5C ist, Querschnitte von möglichen Ausgestaltungen der Kontaktlinien auf den Kontaktflächen
des Ankerrads. In Fig. 7A ist eine Erhebung 40 mit dreieckigem Querschnitt auf der
Grundfläche 42 des Zahnes 30-7 angebracht, und zwar so, dass eine Seite des Dreiecks
die Fortsetzung einer Seitenfläche des Zahnes 30-7 bildet. Es ergibt sich also eine
asymmetrische Anordnung der Kontaktgeraden über der Breite des Zahnes. Anders in Fig.
7B: hier befindet sich eine Erhebung 44 mit dreieckigen Querschnitt auf der Grundfläche
46 des Zahnes 30-7", und die Spitze der Erhebung 44 (Verrundungsradius von beispielsweise
weniger als etwa 20 µm) kann eine beliebige Position über der Breite des Zahns 30-7"
einnehmen. Die Figuren 7C und 7D illustrieren noch zwei weitere Ausführungsformen
der Erfindung. In Fig. 7C entspricht die Erhebung 44' der Erhebung 44 aus Fig. 7B,
wobei sie an der Spitze abgestumpft ist. In Fig. 7D ist die Erhebung 49 an der Spitze
gewölbt ausgeführt mit einem gewissen Verrundungsradius. Auch in diesen beiden Fällen
sind die entsprechenden Kontaktflächen verhältnismässig klein.
[0039] Es besteht eine grosse Vielfalt möglicher Anordnungen der erfindungsgemässen Kontaktflächen
bzw. -linien, und man wird diejenigen Anordnungen auswählen, die sich am bequemsten
und preisgünstigsten erzeugen lassen.
[0040] Eine weitere Ausführungsform der Erfindung ist in Fig. 8A und 8B gezeigt. Hier ist
die Kontaktfläche (immer für einen Kontakt zwischen Palette und Ankerradzahn) nicht
durch eine Kontaktlinie, sondern durch Kontaktpunkte 50 ersetzt, auf denen die Palette
gleitet, solange sie in Berührung mit einem Zahn 30-8 des Ankerrades ist. Diese Kontaktpunkte
50 können kleine Kegel aus Diamant sein, die in das Material des Zahnes 30-8 - meist
Silizium oder ein siliziumbasiertes Material - eingesetzt sind oder nach anderen Techniken
erzeugt werden. Ferner können diese Kontaktpunkte auch so erzeugt werden, dass zunächst
aus beispielsweise Silizium eine Ankerradgeometrie mit Linienkontakt nach einer der
vorstehenden Figuren 3-7 erzeugt wird und anschliessend das Bauteil zumindest auf
seinen Kontaktflächen mit einer Hartstoffschicht beschichtet wird. Diese Hartstoffschicht
ist nun
dadurch gekennzeichnet, dass sie nach der Beschichtung eine grosse Oberflächenrauheit aufweist. Dies kann zum
Beispiel durch das Wachstum von einer CVD Diamantschicht mit großen Diamantkristallen,
z.B. polykristalliner Diamant mit mittleren Korngrößen von mehr als 2µm, erreicht
werden. Hierbei wirken die herausstehenden Kristallite wie Bergspitzen und wirken
somit als Kontaktpunkte entlang des hervorstehenden Grates, und die Kontaktpunkte
sind selbstjustierend definiert. Das Gegenstück zu dieser rauen Punktauflagefläche
sollte möglichst glatt sein, damit eine erhöhte Reibung durch Mikroverzahnung möglichst
ausgeschlossen ist. Hierbei bietet sich beispielsweise eine nanokristalline CVD (
CVD -
Chemical
Vapor
Deposition - Abscheidung aus der Gasphase) Diamantschicht mit einem mittleren Korndurchmesser
von weniger als 50nm an und einer entsprechend geringen Oberflächenrauheit (gemittelte
Rautiefe R
z) von weniger als 100nm.
[0041] Schliesslich ist in Fig. 9A eine Aufsicht und in Fig. 9B eine Seitenansicht einer
Palette 16-9 dargestellt. Auf der Vorderseite und der Unterseite der Palette sind
längliche Erhebungen 30-9 angebracht, welche in Grate 32-9 auslaufen; diese haben
einen Verrundungsradius an der Spitze von beispielsweise weniger als 50 µm. Diese
Grate kommen beim Laufen des Zeitmessers in Kontakt mit ebenen Gegenflächen auf den
Ankerradzähnen, die bevorzugt mit einem Hartstoff überzogen sind und eine Restrauigkeit
(gemittelte Rautiefe R
z) von unter etwa 2 µm aufweisen. Auch hier besteht das Ankerrad aus einem Material
wie Silizium oder Diamant, aber hier mit ebenen Kontaktflächen auf den Zähnen 30.
Die Palette 16-9 (ebenfalls die entsprechende Ausgangspalette 18-9 des Ankers; nicht
dargestellt) gemäss Fig. 9A und 9B kann aus einem beliebigen, dimensionsstabilen Werkstoff
bestehen, wobei die Erhebungen 30-9 wiederum aus hartem Material bestehen, insbesondere
aus Silizium oder Diamant, und wobei die Siliziumflächen mit einem der oben genannten
Hartstoffe beschichtet sein können.
[0042] Bei allen vorstehend beschriebenen Ausführungsformen besteht das Ankerrad 14 zunächst
aus Silizium oder einem siliziumbasierten Material, wobei auch andere Materialien
wie beispielsweise faserverstärkter Kohlenstoff, Kohlenstoff-Nanoröhrchen, Siliziumdioxid,
Siliziumnitrid, Siliziumcarbid, Diamant usw., möglich sind, und die schrägen Flächen
36 und auch die Grate 32 und 34 sind durch Abscheiden eines Hartbelags aus einem Siliziumoxid,
-nitrid oder -carbid, aus Diamant oder einem anderen Hartstoff veredelt, so dass sie
äusserst glatt und reibungsarm sind und infolge ihrer grossen Härte weitgehend verschleissresistent
sind.
[0043] Mit Ausnahme der in Fig. 8 beschriebenen Herstellung des selbstjustierenden Punktkontaktes
durch die Abscheidung einer rauen, kristallinen Hartstoffschicht ist die Qualität
der sich in Kontakt befindlichen Oberflächen bevorzugt durch entsprechende Verfahrensmassnahmen
beim Beschichten mit Hartmaterial und/oder bei einer anschliessenden Feinbearbeitung
derart einzustellen, dass eine Restrauigkeit (gemittelte Rautiefe R
z nach DIN EN ISO 4287) von unter etwa 2,0 µm erzielt wird. Dadurch wird die Reibung
stark abgesenkt. Allerdings ist stets zu beachten, dass die Kontaktfläche beider Oberflächen
nicht so gross sein darf, dass eine Adhäsion zwischen den beiden Flächen eintritt.
Bei einer Abmessung der Kontaktfläche unter etwa 200 µm quer zur Bewegungsrichtung
wird beispielsweise eine solche Adhäsionskraft vermieden.
[0044] Die vorstehend besprochenen Ausführungsformen sind lediglich Beispiele und schränken
die Erfindung nicht ein. Viele der genannten Merkmale können miteinander kombiniert
werden; die Erwähnung sämtlicher möglicher Merkmalkombinationen würde den Rahmen dieses
Dokumentes sprengen. So ist es möglich, um nur ein Beispiel zu nennen, dass das Ankerrad
aus Silizium gefertigt wird und die Kontaktflächen mit den Paletten zunächst mit Siliziumnitrid
beschichtet werden, auf dem dann eine Siliziumcarbidschicht abgelagert wird. Auch
kann für besonders wertvolle Zeitmesser nicht nur das Ankerrad, sondern auch der Anker
mit seinen Paletten aus Diamant gefertigt werden. Diamant ist in jeder Hinsicht ein
besonders wertvoller Werkstoff für diese Uhrenteile, da er nur geringe Reibungskräfte
erzeugt und ausserordentlich glatte, d.h. wenig raue, Flächen bietet und aufgrund
seiner Härte äusserst verschleissfest ist.
[0045] Die Erfindung kann auf alle bekannten Uhrwerkshemmungen angewandt werden, obschon
im Vorstehenden nur die Schweizer Ankerhemmung besprochen wurde.
[0046] Weitere Ausgestaltungen, Änderungen und Weiterentwicklungen, die im Wissen und Können
des Fachmanns liegen, werden vom Geltungsbereich der vorliegenden Erfindung umfasst.
1. Mikromechanisches Bauteil, insbesondere im Räderwerk eines mechanischen Zeitmessers,
welches derart in Berührung mit mindestens einem zweiten Bauteil steht, dass beim
Betrieb des Zeitmessers eine Relativbewegung zwischen den Kontaktflächen des ersten
mikromechanischen Bauteils und des zweiten mikromechanischen Bauteils eintritt,
dadurch gekennzeichnet, dass zumindest das erste mikromechanische Bauteil aus einem harten und dimensionsstabilen
Nichtmetall so gefertigt ist, dass die mindestens eine Kontaktfläche zwischen dem
ersten mikromechanischen Bauteil und dem zweiten mikromechanischen Bauteil eine Längendimension
von höchstens 200 µm senkrecht zur Richtung der genannten Relativbewegung aufweist,
und dass sich die genannte Kontaktfläche in Richtung dieser Relativbewegung erstreckt.
2. Mikromechanisches Bauteil nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, dass das genannte Nichtmetall Silizium oder ein siliziumbasiertes Material ist.
3. Mikromechanisches Bauteil nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, dass das genannte Nichtmetall Diamant ist.
4. Mikromechanisches Bauteil nach Anspruch 1 oder 2, dadurch gekennzeichnet, dass zumindest die Kontaktfläche mit der Längendimension von höchstens 200 µm senkrecht
zur Richtung der genannten Relativbewegung durch Aufbringen einer Beschichtung reibungs-
und verschleissmindernd ausgerüstet ist.
5. Mikromechanisches Bauteil nach Anspruch 1, 2 oder 4, dadurch gekennzeichnet, dass die Rauigkeit, definiert als gemittelte Rautiefe RZ,, der in Berührung befindlichen Kontaktflächen, die eine Relativbewegung ausführen,
unter 2 µm liegt.
6. Mikromechanisches Bauteil nach einem der vorstehenden Ansprüche, dadurch gekennzeichnet, dass die genannte mindestens eine Kontaktfläche mit der Längendimension von höchstens
200 µm quer zur Richtung der Relativbewegung durch einen Grat einer Erhebung über
die Grundfläche des mikromechanischen Bauteils gebildet wird, wobei sich dieser Grat
in Richtung der genannten Relativbewegung erstreckt und oben einen Verrundungsradius
im Bereich von 100 bis 50 µm aufweist.
7. Mikromechanisches Bauteil nach Anspruch 6, dadurch gekennzeichnet, dass der genannte Verrundungsradius im Bereich von 80 bis 20 µm liegt.
8. Mikromechanisches Bauteil nach Anspruch 4, dadurch gekennzeichnet, dass das Material der genannten Beschichtung nanokristallin oder amorph ist.
9. Mikromechanisches Bauteil nach Anspruch 4, dadurch gekennzeichnet, dass das Material der genannten Beschichtung ein Siliziumoxid wie SiO2 oder ein nichtstöchiometrisches Oxid der Formel SixOy, wobei x und y ganze Zahlen sind, ein Siliziumcarbid, ein Siliziumnitrid, Diamant,
DLC, synthetischer Rubin oder Saphir ist.
10. Mikromechanisches Bauteil nach Anspruch 4, dadurch gekennzeichnet, dass das Material der genannten Beschichtung nanokristallin ist und eine mittlere Korngröße
von weniger als 100 nm aufweist.
11. Mikromechanisches Bauteil nach Anspruch 4, dadurch gekennzeichnet, dass das Material der genannten Beschichtung nanokristallin ist und eine mittlere Korngröße
von weniger als 20 nm aufweist.
12. Mikromechanisches Bauteil nach Anspruch 4, dadurch gekennzeichnet, dass das Material der genannten Beschichtung nanokristallin ist und die Körner eine statistische
Orientierung aufweisen.
13. Mikromechanisches Bauteil nach Anspruch 4, dadurch gekennzeichnet, dass das Material der genannten Beschichtung eine HIT-Härte nach DIN EN ISO 14577 von
mindestens 5 GPa aufweist.
14. Mikromechanisches Bauteil nach Anspruch 12, dadurch gekennzeichnet, dass das Material der genannten Beschichtung eine HIT-Härte von mehr als 10 GPa aufweist,
besonders bevorzugt von mehr als 50 GPa.
15. Mikromechanisches Bauteil nach Anspruch 4, dadurch gekennzeichnet, dass das Material der genannten Beschichtung einer kritischen Druckspannung von mehr als
0,5 GPa, besonders bevorzugt von mehr als 2 GPa, zerstörungsfrei widerstehen kann.
16. Mikromechanisches Bauteil nach Anspruch 4, dadurch gekennzeichnet, dass die kritische Druckspannung des Materials der genannten Beschichtung richtungsunabhängig
ist.
17. Mikromechanisches Bauteil nach einem der vorangehenden Ansprüche, dadurch gekennzeichnet, dass es Teil einer Ankerhemmung für mechanische Zeitmesser ist, wobei die Ankerhemmung
einen schwenkbaren Anker (12) mit Ankerpaletten (16, 18), und
ein mit einem Drehmoment beaufschlagtes Ankerrad (14), das über seinem Umfang etwa
radial nach aussen abstehende Ankerradzähne (30, 30A) besitzt, umfasst,
wobei die genannten Paletten (16, 18) beim Betrieb der Hemmung nacheinander und abwechselnd
in Berührung mit Kontaktflächen an Flanken der Ankerradzähne (30, 30A) gelangen und
eine Relativbewegung zwischen je einem Ankerradzahn (30, 30A) und je einer Palette
(16, 18) eintritt, wenn der Anker seine Schwenkbewegung ausführt.
18. Ankerhemmung nach Anspruch 14, dadurch gekennzeichnet, dass sich die Kontaktfläche mit der Breitendimension von weniger als 200 µm auf den Zähnen
(30, 30A) des Ankerrads (14) befindet.
19. Ankerhemmung nach Anspruch 14 oder 15, dadurch gekennzeichnet, dass sich die Kontaktfläche mit der Breitendimension von weniger als 200 µm auf den Paletten
(16, 18) befindet.
20. Ankerhemmung nach einem der Ansprüche 14 bis 16, dadurch gekennzeichnet, dass die ebenen Kontaktflächen auf den Paletten bzw. auf den Zähnen des Ankerrads eine
Restrauigkeit, definiert als gemittelte Rautiefe Rz, von unter etwa 2 µm aufweisen.
21. Mechanischer Zeitmesser mit hochpräziser Hemmung, enthaltend mindestens ein mechanisches
Bauteil Ankerhemmung nach einem oder mehreren der vorstehenden Ansprüche.
Geänderte Patentansprüche gemäss Regel 137(2) EPÜ.
1. Mikromechanische Vorrichtung, insbesondere im Räderwerk eines mechanischen Zeitmessers,
bei der ein erstes Bauteil derart in Berührung mit mindestens einem zweiten Bauteil
steht, dass beim Betrieb der Vorrichtung eine gleitende Relativbewegung zwischen mindestens
einer Kontaktfläche des ersten mikromechanischen Bauteils und einer Kontaktfläche
des zweiten mikromechanischen Bauteils eintritt,
dadurch gekennzeichnet, dass zumindest das erste mikromechanische Bauteil aus einem harten und dimensionsstabilen
Nichtmetall gefertigt ist, und dass die mindestens eine Kontaktfläche des ersten mikromechanischen
Bauteils mit der Kontaktfläche des zweiten mikromechanischen Bauteils die Form einer
Kante oder einer Punktreihe aufweist, die sich in der Richtung der genannten Relativbewegung
erstreckt und eine Breite von höchstens 200 µm senkrecht zur Richtung der genannten
Relativbewegung aufweist.
2. Mikromechanisches Bauteil nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, dass das genannte Nichtmetall Silizium oder ein siliziumbasiertes Material ist.
3. Mikromechanisches Bauteil nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, dass das genannte Nichtmetall Diamant ist.
4. Mikromechanisches Bauteil nach Anspruch 1 oder 2, dadurch gekennzeichnet, dass zumindest die Kontaktfläche mit der Breite von höchstens 200 µm senkrecht zur Richtung
der genannten Relativbewegung durch Aufbringen einer Beschichtung reibungs- und verschleissmindernd
ausgerüstet ist.
5. Mikromechanisches Bauteil nach Anspruch 1, 2 oder 4, dadurch gekennzeichnet, dass die Rauigkeit, definiert als gemittelte Rautiefe RZ,, der in Berührung befindlichen Kontaktflächen, die eine gleitende Relativbewegung
ausführen, unter 2 µm liegt.
6. Mikromechanisches Bauteil nach einem der vorstehenden Ansprüche, dadurch gekennzeichnet, dass die genannte mindestens eine Kontaktfläche mit der Breite von höchstens 200 µm quer
zur Richtung der Relativbewegung durch einen Grat einer Erhebung über die Grundfläche
des ersten mikromechanischen Bauteils gebildet wird, wobei sich dieser Grat in Richtung
der genannten Relativbewegung erstreckt und oben einen Verrundungsradius im Bereich
von 100 bis 50 µm aufweist.
7. Mikromechanisches Bauteil nach Anspruch 6, dadurch gekennzeichnet, dass der genannte Verrundungsradius im Bereich von 80 bis 20 µm liegt.
8. Mikromechanisches Bauteil nach Anspruch 4, dadurch gekennzeichnet, dass das Material der genannten Beschichtung nanokristallin oder amorph ist.
9. Mikromechanisches Bauteil nach Anspruch 4, dadurch gekennzeichnet, dass das Material der genannten Beschichtung ein Siliziumoxid wie SiO2 oder ein nichtstöchiometrisches Oxid der Formel SixOy, wobei x und y ganze Zahlen sind, ein Siliziumcarbid, ein Siliziumnitrid, Diamant,
DLC, synthetischer Rubin oder Saphir ist.
10. Mikromechanisches Bauteil nach Anspruch 4, dadurch gekennzeichnet, dass das Material der genannten Beschichtung nanokristallin ist und eine mittlere Korngröße
von weniger als 100 nm aufweist.
11. Mikromechanisches Bauteil nach Anspruch 4, dadurch gekennzeichnet, dass das Material der genannten Beschichtung nanokristallin ist und eine mittlere Korngröße
von weniger als 20 nm aufweist.
12. Mikromechanisches Bauteil nach Anspruch 4, dadurch gekennzeichnet, dass das Material der genannten Beschichtung nanokristallin ist und die Körner eine statistische
Orientierung aufweisen.
13. Mikromechanisches Bauteil nach Anspruch 4, dadurch gekennzeichnet, dass das Material der genannten Beschichtung eine HIT-Härte nach DIN EN ISO 14577 von
mindestens 5 GPa aufweist.
14. Mikromechanisches Bauteil nach Anspruch 12, dadurch gekennzeichnet, dass das Material der genannten Beschichtung eine HIT-Härte von mehr als 10 GPa aufweist,
besonders bevorzugt von mehr als 50 GPa.
15. Mikromechanisches Bauteil nach Anspruch 4, dadurch gekennzeichnet, dass das Material der genannten Beschichtung einer kritischen Druckspannung von mehr als
0,5 GPa, besonders bevorzugt von mehr als 2 GPa, zerstörungsfrei widerstehen kann.
16. Mikromechanisches Bauteil nach Anspruch 4, dadurch gekennzeichnet, dass die kritische Druckspannung des Materials der genannten Beschichtung richtungsunabhängig
ist.
17. Mikromechanisches Bauteil nach einem der vorangehenden Ansprüche, dadurch gekennzeichnet, dass es Teil einer Ankerhemmung für mechanische Zeitmesser ist, wobei die Ankerhemmung
einen schwenkbaren Anker (12) mit Ankerpaletten (16, 18), und
ein mit einem Drehmoment beaufschlagtes Ankerrad (14), das über seinem Umfang etwa
radial nach aussen abstehende Ankerradzähne (30, 30A) besitzt, umfasst,
wobei die genannten Paletten (16, 18) beim Betrieb der Hemmung nacheinander und abwechselnd
in Berührung mit Kontaktflächen an Flanken der Ankerradzähne (30, 30A) gelangen und
eine gleitende Relativbewegung zwischen je einem Ankerradzahn (30, 30A) und je einer
Palette (16, 18) eintritt, wenn der Anker seine Schwenkbewegung ausführt.
18. Ankerhemmung nach Anspruch 14, dadurch gekennzeichnet, dass sich die Kontaktfläche mit der Breitendimension von weniger als 200 µm auf den Zähnen
(30, 30A) des Ankerrads (14) befindet.
19. Ankerhemmung nach Anspruch 14 oder 15, dadurch gekennzeichnet, dass sich die Kontaktfläche mit der Breitendimension von weniger als 200 µm auf den Paletten
(16, 18) befindet.
20. Ankerhemmung nach einem der Ansprüche 14 bis 16, dadurch gekennzeichnet, dass die ebenen Kontaktflächen auf den Paletten bzw. auf den Zähnen des Ankerrads eine
Restrauigkeit, definiert als gemittelte Rautiefe Rz, von unter etwa 2 µm aufweisen.
21. Mechanischer Zeitmesser mit hochpräziser Hemmung, enthaltend mindestens ein mechanisches
Bauteil Ankerhemmung nach einem oder mehreren der vorstehenden Ansprüche.