(19)
(11) EP 2 136 032 A2

(12) EUROPÄISCHE PATENTANMELDUNG

(43) Veröffentlichungstag:
23.12.2009  Patentblatt  2009/52

(21) Anmeldenummer: 09005734.0

(22) Anmeldetag:  23.04.2009
(51) Internationale Patentklassifikation (IPC): 
F01D 5/06(2006.01)
F04D 29/054(2006.01)
(84) Benannte Vertragsstaaten:
AT BE BG CH CY CZ DE DK EE ES FI FR GB GR HR HU IE IS IT LI LT LU LV MC MK MT NL NO PL PT RO SE SI SK TR

(30) Priorität: 18.06.2008 DE 102008028883

(71) Anmelder: Rolls-Royce Deutschland Ltd & Co KG
15827 Blankenfelde-Mahlow (DE)

(72) Erfinder:
  • Talan, Metin Dr.
    10967 Berlin (DE)

(74) Vertreter: Weber, Joachim 
Hoefer & Partner Patentanwälte Pilgersheimer Strasse 20
81543 München
81543 München (DE)

   


(54) Gasturbine mit zumindest einer mehrstufigen, mehrere Verdichtermodule umfassenden Verdichtereinheit


(57) Die Erfindung bezieht sich auf eine Gasturbine mit zumindest einer mehrstufigen Verdichtereinheit 2, wobei die Verdichtereinheit 2 aus einzelnen, unabhängigen Verdichtermodulen 3-5 aufgebaut sind, welche unabhängig voneinander drehbar auf einer Antriebswelle 1 gelagert und jeweils mittels zumindest einer Kupplungseinheit 9-11 mit der Antriebswelle 1 verbindbar sind.




Beschreibung


[0001] Die Erfindung bezieht sich auf eine Gasturbine mit zumindest einer mehrstufigen Verdichtereinheit.

[0002] Bei mehrstufigen Verdichtern, z.B. mehrstufigen Hochdruckverdichtem von Flugtriebwerken, werden alle Verdichterstufen zusammengehörend für die Hochlast ausgelegt. Beim Betrieb dieser Verdichter ist neben der Hochlast jedoch auch Teillast bzw. Leerlaufbetrieb verlangt, die durch deutlich niedrigere Verdichtungsverhältnisse gekennzeichnet sind.

[0003] Die mehreren Verdichterstufen werden nur für hohe Verdichtungsverhältnisse bei Hochlasten zusammengehörend ausgelegt und sind untrennbar.

[0004] Der Teillast- bzw. der Leerlaufbetrieb wird somit sehr eingeschränkt:

[0005] Das geforderte, niedrige Verdichtungsverhältnis bei Teillast bzw. Leerlauf wird auf alle Stufen verteilt. Jede Stufe selbst muss daher ein sehr geringes Verdichtungsverhältnis leisten. Dies kann im Betrieb nicht realisiert werden, weil einige Stufen sehr nahe an ihre eigenen, kritischen und zu vermeidenden Pumpgrenzen kommen und somit den ganzen Verdichter und folglich z.B. das ganze Triebwerk gefährden.

[0006] Als Gegenmaßnahme dazu wird der Verdichter im Teillast bzw. Leerlauf zwangsweise bei höheren Verdichtungsverhältnissen betrieben. Dadurch wird unnötig Leistung und damit z.B. auch unnötig Treibstoff verbraucht. Folglich ist der Verdichter im Teillast- bzw. Leerlaufbetrieb, die z.B. bei einem Triebwerk einen hohen zeitlichen Anteil an der Gesamtbetriebsdauer bilden können, wesentlich unwirtschaftlich.

[0007] Der Erfindung liegt die Aufgabe zugrunde, eine Gasturbine mit zumindest einer mehrstufigen Verdichtereinheit zu schaffen, welche bei einfachem Aufbau und einfacher, betriebssicherer Wirkungsweise unterschiedlichen Lastbedingungen angepasst werden kann.

[0008] Erfindungsgemäß wird die Aufgabe durch die Merkmalskombination des Anspruchs 1 gelöst, die Unteransprüche zeigen weitere vorteilhafte Ausgestaltungen der Erfindung.

[0009] Erfindungsgemäß ist somit eine Gasturbine mit zumindest einer mehrstufigen Verdichtereinheit geschaffen, bei welcher die Verdichtereinheit aus einzelnen, unabhängigen Verdichtermodulen aufgebaut ist, welche unabhängig voneinander drehbar auf einer Antriebswelle gelagert sind und jeweils mittels zumindest einer Kupplungseinheit mit der Antriebswelle verbindbar bzw. von dieser entkoppelbar sind.

[0010] Erfindungsgemäß ist ein mehrstufiger Verdichter (z.B. Niederdruck-, Mitteldruck- und Hochdruckverdichter) in modularer Bauweise gestaltet. Dies bedeutet, dass der Verdichter mit den zusammengehörenden, untrennbaren Stufen in geeignete, einzelne Verdichtermodule zerlegt wird. Jedes Verdichtermodule selbst besteht aus einem Teilverdichter mit geeigneter Stufenanzahl, einer geeigneten Lagerung und einer geeigneten Kupplung (z.B. mechanische, hydraulische, pneumatische, elektrische, magnetische Kupplung, Reibschlusskupplung, etc.), die den Teilverdichter je nach Bedarf mit der Antriebswelle zusammen- bzw. von ihr entkoppeln kann. Je nach Bedarf können beliebig viele Verdichtermodule (jedoch nicht mehr als die Stufenanzahl des Gesamtverdichters selbst) konzipiert werden.

[0011] Je nach Bedarf können alle Verdichtermodule mittels der Kupplungen an die Antriebswelle gekoppelt werden, um z.B. hohe Verdichtungsverhältnisse bei Hochlast zu gewährleisten, oder auch beliebige Verdichtermodule (wenn nötig auch alle) von der Verdichtung bzw. von der Antriebswelle entkoppelt werden, um z.B. geringe Verdichtungsverhältnisse bei Teillast oder Leerlauf zu gewährleisten. Bei einer Anzahl von X Modulen entstehen somit insgesamt zwei potenziert mit X Kombinationsmöglichkeiten. Mit steigender Modulanzahl vervielfältigen sich die Kombinationsmöglichkeiten entsprechend. Die Steuerung der individuellen Verdichtermodule bzw. derer Kupplungen kann z.B. durch die Triebwerksseitige elektronische Steuerung (EEC: Electric Engine Control) durchgeführt werden.

[0012] Beispiel der Funktionsweise des modularen Verdichters: z.B. bei Teillast:

[0013] Die Stufen, die im Teillast am frühesten an ihre Grenzen kommen, sind in einem Verdichtermodul eingruppiert. Dieses Verdichtermodul kann vor Erreichen der kritischen Grenze von der Antriebswelle entkoppelt werden. Es läuft jetzt auf einer eigenen Lagerung, nur durch den Luftzug angetrieben, mit. Folglich entfallen die kritischen Grenzen für diese Stufen auf diesem entkoppelten Verdichtermodul wodurch auch die Gefährdung des z.B. ganzen Triebwerks für diesen Betriebsfall entfällt. Die Verdichterleistung kann jetzt weiter angedrosselt werden, bis die nächsten Stufen auf dem nächsten Verdichtermodul (unabhängig davon, welches das nächste Verdichtermodul ist) an ihre Grenzen kommen. Auch dieses Verdichtermodul kann vor Erreichen der Grenze entkoppelt werden. Dieser Prozess kann je nach Bedarf beliebig fortgesetzt werden.

[0014] Die Erfindung zeichnet sich durch eine Reihe erheblicher Vorteile aus:

[0015] Die kritische Grenze des Gesamtverdichtersystems wird durch geeignete Entkopplungen von Verdichtermodulen bei Teillast zu wesentlich niedrigeren Verdichtungsverhältnissen verschoben. Dadurch kann der Verdichter im Teillast bei noch niedrigeren Verdichtungsverhältnissen betrieben werden als bei einer bisherigen Auslegung. Dadurch kann der Verdichter dann bei Teillast bzw. Leerlauf bei optimalen Verdichtungsverhältnissen betrieben werden (und nicht bei unnötig hohen Verdichtungsverhältnissen, bei denen Leistung und damit z.B. Treibstoff verschwendet werden). Mit der Optimierung im Teillast/Leerlauf, die z.B. bei einem Triebwerk einen hohen zeitlichen Anteil an der Gesamtbetriebsdauer bilden können, wird der Triebwerksbetrieb insgesamt deutlich wirtschaftlicher.

[0016] Die einzelnen Verdichterstufen sind für hohe Stufenverdichtungsverhältnisse ausgelegt, um eine möglichst kompakte und leichte Bauweise zu gewährleisten.

[0017] Der modulare Verdichter bietet folgende Verbesserung im Betrieb an: Bei einer Anforderung eines beliebigen, moderaten Gesamtverdichtungsverhältnisses im Teillast können so viele, geeignete Verdichtermodule entkoppelt werden, bis die restlichen, gekoppelten Verdichtermodule ausreichen, dieser Anforderung zu genügen. Dadurch leisten die Stufen von gekoppelten Verdichtermodulen höhere Stufenverdichtungsverhältnisse als wenn alle Verdichtermodule aktiv wären (das geforderte Gesamtverdichtungsverhältnis wird auf wenige, "aktive" Stufen verteilt). Die jetzt bei vergleichsweise höheren Verdichtungsverhältnissen arbeitenden Stufen gekoppelter Verdichtermodule weisen insgesamt besseren Wirkungsgrad auf, weil alle Verdichterstufen auf höhere Verdichtungsverhältnisse ausgelegt sind. Dadurch kann z.B. das gesamte Triebwerk im Teillast effizienter betrieben werden, was zur Treibstoffeinsparung und damit zur besseren Wirtschaftlichkeit des Triebwerks führt.

[0018] Mit der vorgeschlagenen Anordnung wird auch der Startvorgang des Triebwerks wesentlich verbessert. Beim Start eines Triebwerks muss ein Motor ein geeignetes Wellensystem, bestehend aus einer Antriebswelle, einem dazugehörigen Verdichter und einer dazugehörigen Turbine, vom Stillstand aus auf eine Mindestdrehzahl beschleunigen. Ab dieser Drehzahl ist das Triebwerk fähig, sich selbst "am Leben" zu halten bzw. weiter zu beschleunigen.

[0019] Ist der Verdichter herkömmlich ausgelegt, muss der ganze Verdichter mitbeschleunigt werden, was zu einer Trägheitserhöhung des Wellensystems führt. Bei gleicher Motorleistung steigt dadurch die benötigte Zeit bis Erreichen der Mindestdrehzahl (bei sehr niedrigen Außentemperaturen, was zur Erhöhung der Ölzähigkeit führt, dauert das Erreichen der Mindestdrehzahl noch länger, wenn überhaupt erreichbar), was in einem realen Flugbetrieb nicht wünschenswert ist. Gleichzeitig werden Gebiete mit sehr niedrigen Verdichtungsverhältnissen beschritten, die sehr nahe den kritischen Grenzen liegen. Als Gefahrenmeidung beim Startvorgang wird deshalb Luft vom Verdichter abgezapft bzw. abgeführt, was ebenfalls unwirtschaftlich ist.

[0020] Bei der erfindungsgemäßen Anordnung können auch beim Startvorgang geeignete Verdichtermodule entkoppelt werden, deren Betriebspunkte sonst beim Startvorgang nahe den kritischen Grenzen liegen würden und damit eine Gefährdung des gesamten Triebwerks bilden würden. Mit der Entkopplung der Verdichtermodule weist das Wellensystem eine wesentlich geringere Trägheit auf, wodurch bei gegebener Motorleistung das Wellensystem deutlich schneller beschleunigt werden kann, ohne nahe an die kritischen Grenzen zu kommen. Ist die erforderliche Mindestdrehzahl erreicht und genügend Abstand von der kritischen Grenze gewährleistet, können bei Bedarf weitere Verdichtermodule mit der Antriebswelle zusammengekoppelt werden.

[0021] Im Folgenden wird die Erfindung anhand eines Ausführungsbeispiels in Verbindung mit der Zeichnung beschrieben. Dabei zeigt:
Fig. 1
eine Darstellung einer erfindungsgemäßen Ausgestaltung einer Verdichtereinheit, und
Fig. 2
eine schematische Darstellung eines erfindungsgemäßen Ausführungsbeispiels der Verdichtereinheit.


[0022] Die in Fig. 1 gezeigte Verdichtereinheit gemäß dem Stand der Technik umfasst eine Antriebswelle 1, welche in bekannter Weise von einer Turbine oder Turbineneinheit einer Gasturbine in Drehung versetzt wird und welche mit den einzelnen Rotoren der Verdichtereinheit 2 fest verbunden ist. Die Verdichtereinheit 2 umfasst mehrere Stufen, so wie dies schematisch in Fig. 1 dargestellt ist.

[0023] Bei dem Ausführungsbeispiel, welches in Fig. 2 gezeigt ist, ist die Verdichtereinheit 2 in einzelne Verdichtermodule 3, 4, 5 unterteilt. Diese umfassen jeweils unterschiedliche Verdichterstufen, die jeweils, analog zur Fig. 1, einen Rotor und einen Stator umfassen. Jeder Rotor und jeder Stator weist zumindest eine Reihe von Rotorschaufeln bzw. Statorschaufeln auf, so wie dies aus dem Stand der Technik ebenfalls bekannt ist.

[0024] Die Fig. 2 zeigt, dass die einzelnen Verdichtermodule 3, 4, 5 jeweils über Lagerelemente 12, 13, 14 mittels Lagern 6, 7, 8 an der Antriebswelle 1 drehbar gelagert sind. Unabhängig von der Drehung der Antriebswelle können somit die Verdichtermodule 3, 4, 5 in Drehung versetzt werden oder eine Relativgeschwindigkeit zu der Antriebswelle 1 aufweisen. Die Lagerung mittels der Lager 6, 7, 8 ist nur schematisch dargestellt, es versteht sich, dass diese Lager sowohl eine axiale, als auch eine radiale Lagerung umfassen.

[0025] Zwischen den Lagerelementen 12, 13, 14 und der Antriebswelle 1 ist jeweils eine Kupplung bzw. Kupplungseinheit 9, 10, 11 vorgesehen. Die Kupplungseinheiten 9-11 1 sind jeweils unabhängig voneinander betätigbar. So ist die Kupplung 10 im gelösten, entkoppelten Zustand dargestellt, während die Kupplungen 9 und 11 eingekuppelt sind, so dass die Verdichtermodule 3 und 5 drehfest mit der Antriebswelle 1 verbunden sind, während das Verdichtermodul 4 nicht drehfest mit der Antriebswelle 1 verbunden ist.

[0026] Die erfindungsgemäßen Kupplungen können mechanisch, hydraulisch, pneumatisch oder in anderer Weise ausgebildet sein. Die Betätigung der Kupplungseinheiten 9-11 kann mittels geeigneter Servoelemente, elektrisch oder hydraulisch erfolgen.

Bezugszeichenliste



[0027] 
1
Antriebswelle
2
VerdichterNerdichtereinheit
3-5
Verdichtermodul
6-8
Lager
9-11
Kupplung/Kupplungseinheit
12-14
Lagerelement



Ansprüche

1. Gasturbine mit zumindest einer mehrstufigen Verdichtereinheit (2), wobei die Verdichtereinheit (2) aus einzelnen, unabhängigen Verdichtermodulen (3-5) aufgebaut ist, welche unabhängig voneinander drehbar auf einer Antriebswelle (1) gelagert und jeweils mittels zumindest einer Kupplungseinheit (9-11) mit der Antriebswelle (1) verbindbar sind.
 
2. Gasturbine nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, dass das Verdichtermodul (3-5) eine Verdichterstufe mit einem mehrere Rotorschaufeln umfassenden Rotor und einem mehrere Statorschaufeln umfassenden Stator umfasst.
 
3. Gasturbine nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, dass das Verdichtermodul (3-5) mehrere Verdichterstufen mit jeweils einem mehrere Rotorschaufeln umfassenden Rotor und mehrere, jeweils mehrere Statorschaufeln umfassenden Statoren umfasst.
 
4. Gasturbine nach einem der Ansprüche 1 bis 3, dadurch gekennzeichnet, dass die Kupplungseinheit (9-11) unabhängig einkuppelbar und auskuppelbar ist.
 
5. Gasturbine nach einem der Ansprüche 1 bis 4, dadurch gekennzeichnet, dass alle Verdichtermodule (3-5) unabhängig von der Antriebswelle (1) entkoppelt oder mit dieser gekoppelt werden können.
 
6. Gasturbine nach einem der Ansprüche 1 bis 5, dadurch gekennzeichnet, dass die Verdichtereinheit (2) in Form eines Hochdruckverdichters ausgebildet ist.
 
7. Gasturbine nach einem der Ansprüche 1 bis 5, dadurch gekennzeichnet, dass die Verdichtereinheit (2) in Form eines Niederdruckverdichters ausgebildet ist.
 




Zeichnung