Stand der Technik
[0001] Die vorliegende Erfindung betrifft ein Werkzeug, insbesondere ein rotationssymmetrisches
Schleifwerkzeug, sowie ein Verfahren zur simultanen Erzeugung zweier Funktionsflächen
an einem Werkstück.
[0002] Bei der Bauteilherstellung sind sehr oft mehrere Funktionsflächen durch Schleifen
zu bearbeiten. Lässt es die Kontur zu, können mehrer Funktionsflächen mit nur einem
Werkzeug bearbeitet werden - an rotationssymmetrischen Bauteilen beispielsweise auch
Außen- und Stirnfläche. Dies geschieht nach Möglichkeit in nur einer Prozessstufe.
Bei verschiedenen Erzeugnissen, die in Systemen mit höheren Drücken - z.B. Diesel-Einspritztechnik
- zum Einsatz kommen, sind zudem häufig Vorzugsformen an stirnseitigen Flächen gefordert,
beispielsweise um Dichtfunktionen zu gewährleisten.
[0003] Bei speziellen Funktionsanforderungen des Bauteiles besteht zudem häufig die Forderung,
dass am Übergang zwischen zwei aneinandergrenzenden Funktionsflächen kein Grat entsteht.
Ist eine Verrundung zulässig, kann diese Forderung erfüllt werden, indem die Kontur
des Werkstückes über das Schleifwerkzeug abgebildet wird. Ist jedoch zusätzlich ein
scharfkantiger Übergang zwischen zwei Funktionsflächen gefordert (z.B. Dichtkante)
und somit keine Verrundung durch den Werkzeugradius zulässig, werden in der Regel
zwei Werkzeuge eingesetzt, die simultan die Funktionsflächen bearbeiten. Allerdings
ist hierzu ein entsprechendes Maschinenkonzept vorzusehen, das, z.B. über zwei Kreuzschlitten,
die simultane Bearbeitung zweier Flächen ermöglicht.
[0004] In Abhängigkeit der Bauteilgestalt besteht eine weitere Möglichkeit darin, die Flächen
mit einem Werkzeug gleichzeitig zu bearbeiten. Ein typischer Anwendungsfall ist ein
äußerer Konus (Sitz), der in eine Stirnfläche übergeht, die zudem - beispielsweise
als Hochdruck-Dichtfläche - konvex oder konkav sphärisch ausgeführt sein muss. Der
Übergang zwischen Konus und Stirnfläche kann hierbei als Dichtkante ausgeführt sein.
Mit konventionellen Verfahren wird die Schleifspindel ca. 30-45° zur Werkstückspindel
geschwenkt, wodurch sich für die Schleifmaschine ein erhöhter Bedarf an Bauraum ergibt,
was u. a. weitere Bearbeitungsmöglichkeit auf der Maschine einschränkt.
Vorteile der Erfindung
[0005] Das erfindungsgemäße Werkzeug sowie das erfindungsgemäße Verfahren weisen demgegenüber
den Vorteil auf, dass damit beispielsweise Dichtflächen mit Vorzugsform in Verbindung
mit scharfkantiger, gratfreier Dichtkante erzeugt werden können. Dank dieser gratfreien
und scharfkantigen Dichtkante ist eine hohe Bauteilqualität sowie Funktionalität gewährleistet.
Gleichzeitig kann eine kostengünstige und einfache Maschinentechnologie mit geringem
Bauraum und optimierter Taktzeit verwendet werden. Durch die erfindungsgemäße gleichzeitige
Bearbeitung zweier Funktionsflächen ergibt sich eine hohe Prozesssicherheit für die
Maßhaltigkeit der Dichtkantendurchmesser. Durch die fixe geometrische Einstellung
des Werkzeugs ist die Maßhaltigkeit kaum durch den Prozess beeinflusst. Somit ergibt
sich eine hohe Prozesssicherheit für konvexe oder konkave Vorzugsformen. Folglich
ist somit auch eine einfache Korrekturstrategie für die Prozesssicherheit bzw. Maßhaltigkeit
gegeben. Dies wird erfindungsgemäß durch ein Werkzeug, insbesondere rotationssymmetrisches
Schleifwerkzeug, zur simultanen Erzeugung einer ersten Funktionsfläche und einer zweiten
Funktionsfläche an einem Werkstück erreicht. Das Werkzeug umfasst dabei einen Grundkörper
mit einer ringförmigen Werkzeugstirnfläche, wobei die Werkzeugstirnfläche eine kreisförmige
Bearbeitungskante bzw. Schneidekante aufweist, um die erste Funktionsfläche, insbesondere
Werkstückstirnfläche, zu erzeugen. Des Weiteren umfasst das erfindungsgemäße Werkzeug
einen kegelförmigen Fortsatz der an der Werkzeugstirnfläche angeordnet ist, um die
zweite Funktionsfläche, insbesondere Fase am Werkstück, zu erzeugen. Die Geometrie
des erfindungsgemäßen Werkzeugs lässt sich auch beschreiben, in dem man die Grundfläche
des kegelförmigen Fortsatzes kleiner als die Werkzeugstirnfläche definiert. Des Weiteren
weist die Mantelfläche des kegelförmigen Fortsatzes an einer dem Grundkörper zugewandten
Seite den größten Umfang auf.
[0006] Das erfindungsgemäße Werkzeug bzw. das zugehörige Verfahren dient z.B. zur Herstellung
eines Bauteils mit einer Stirnfläche mit konkaver oder konvexer Vorzugsform (z.B.
mit Dichtfunktion) in Verbindung mit gratfreier und scharfkantiger Dichtkante am Übergang
zur einer weiteren Funktionsfläche durch Schleifbearbeitung mit nur einem Werkzeug
in einem Bearbeitungsschritt. Neben der Taktzeit wird mit diesem Konzept auch die
Anzahl der Maschinenkomponenten, insbesondere Maschinenachsen und Schleifspindeln,
reduziert. Da die Schleifspindel erfindungsgemäß nur um einen geringen Betrag zur
Werkstückspindel geschwenkt wird, ist nur wenig Bauraum erforderlich. Zudem lässt
sich das erfindungsgemäße Werkzeug auch in konventionellen Schleifmaschinen einsetzen.
[0007] Die Unteransprüche zeigen bevorzugte Weiterbildungen der Erfindung.
[0008] In vorteilhafter Ausgestaltung ist vorgesehen, dass die Werkzeugstirnfläche zu einer
Werkzeugrotationsachse um einen Freiwinkel γ einfällt und somit trichterförmig gestaltet
ist. Dieser Freiwinkel bzw. dieses trichterförmige Einfallen ist besonders wichtig,
wenn zusätzlich zu der zweiten Funktionsfläche eine konvexe erste Funktionsfläche
bearbeitet wird. Es ist zu beachten, dass hierbei die Werkzeugstirnfläche nicht nur
eben, sondern auch eine konkave oder konvexe Oberfläche aufweisen kann. Ferner ist
es für konkave erste Funktionsflächen ausreichend und vorteilhaft die Werkzeugstirnfläche
eben und somit senkrecht zur Werkzeugrotationsachse zu gestallten.
[0009] Bei Verwendung des Freiwinkels ist es bei Erzeugung einer konvexen ersten Funktionsfläche
notwendig, dass der Freiwinkel γ größer oder gleich α ist. Somit kann mit einer innen
liegenden Bearbeitungskante der ringförmigen Werkzeugstirnfläche eine konvexe erste
Funktionsfläche erzeugt werden.
[0010] Ferner vorteilhaft ist eine kreisförmig verrundete Bearbeitungskante. Zur Beeinflussung
der Rauheit der ersten Funktionsfläche kann ein Radius der Bearbeitungskante am erfindungsgemäßen
Werkzeug verändert werden. Je größer der Radius gewählt wird, desto größer ist die
Eingriffsbreite des Werkzeugs und desto kleiner wird die Rauheit am Werkstück. Diese
Verrundung verbessert außerdem die Kantenstabilität des erfindungsgemäßen Werkzeugs.
Ferner ist es auch von Vorteil, die Rauhigkeit der ersten wie auch der zweiten Funktionsflächen
durch die Wahl von Schleifparametern und/oder Scheibenspezifikation des Werkzeugs
und/oder durch die Werkstückdrehzahl und/oder die Werkzeugdrehzahl optimal einzustellen.
Die Bearbeitungskante muss jedoch nicht zwingend definiert sein. So ist es auch vorteilhaft
mit einer undefinierte Bearbeitungskante die erste Funktionsfläche zu bearbeiten.
[0011] Weiterhin vorteilhaft ist es, den kegelförmigen Fortsatz als Stumpfkegel auszubilden.
Das obere Ende des kegelförmigen Fortsatzes wird zur Bearbeitung der zweiten Funktionsfläche
nicht benötigt und somit ist es ausreichend, einen stumpfkegeligen Fortsatz vorzusehen.
[0012] In weiterer vorteilhafter Ausgestaltung ist eine Mantelfläche des kegelförmigen Fortsatzes
eben oder konkav oder konvex ausgebildet. Dadurch kann die zweite Funktionsfläche
bzw. Fase in ihrer Form beeinflusst werden.
[0013] Des Weiteren umfasst die Erfindung ein Verfahren, insbesondere Schleifverfahren,
zur simultanen Erzeugung einer ersten Funktionsfläche und einer zweiten Funktionsfläche
an einem Werkstück mit einem Werkzeug, insbesondere rotationssymmetrischen Schleifwerkzeug.
Durch die gleichzeitige erfindungsgemäße Bearbeitung beider Flächen in einer Aufspannung
mit nur einem Werkzeug wird die Anzahl der Bearbeitungsstationen reduziert, darüber
hinaus lässt sich mit dem erfindungsgemäßen Verfahren aufgrund des einfachen Aufbaus
- kompakte Schleifspindel mit geringem Schwenkwinkel gegenüber der Werkstückspindel
- ein einfaches, konventionelles Maschinenkonzept nutzen und es verbleibt weiterer
Raum für zusätzliche Bearbeitungsstationen. Wird wie im Stand der Technik mit zwei
Werkzeugen geschliffen, besteht bei Abweichung einer der Werkzeuge vom Sollmaß zudem
die Gefahr, dass der Dichtkantendurchmesser abweicht. Bei Bearbeitung mit nur einem
Werkzeug kommt es selbst bei axialem Versatz von Werkstück oder Werkzeug zu keiner
negativen Beeinflussung des Dichtkantendurchmessers. Es können hochgenaue Dichtflächen
und Dichtkanten mit sehr hoher Funktionalität prozesssicher und kostengünstig gefertigt
werden. Die weiteren Vorteile des erfindungsgemäßen Verfahrens wurden bereits in Verbindung
mit dem erfindungsgemäßen Werkzeug ausführlich diskutiert. Das erfindungsgemäße Verfahren
umfasst die folgenden Schritte:
[0014] Das Werkstück wird um eine Werkstückrotationsachse und/oder das Werkzeug um eine
Werkzeugrotationsachse in Rotation versetzt. Ferner wird die Werkzeugrotationsachse
und/oder die Werkstückrotationsachse um einen Anstellwinkel α angestellt. Daraufhin
wird das Werkstück und/oder das Werkzeug zueinander verfahren. Hier ist zu beachten,
dass unter dem Begriff "Verfahren des Werkstücks und/oder des Werkzeugs" ein "Bewegen
des Werkstücks und/oder des Werkzeugs" zu verstehen ist. Des Weiteren wird bei dem
erfindungsgemäßen Verfahren mit einer kreisförmigen Bearbeitungskante einer ringförmigen
Werkzeugstirnfläche eines Grundkörpers des Werkzeugs die erste Funktionsfläche, insbesondere
Werkstückstirnfläche, des Werkstücks bearbeitet. Zum Teil gleichzeitig dazu wird mit
einem kegelförmigen Fortsatz auf der Werkzeugstirnfläche die zweite Funktionsfläche,
insbesondere eine Fase, des Werkstücks bearbeitet.
[0015] Vorteilhafterweise wird das Werkstück und/oder das Werkzeug entlang der Werkstückrotationsachse
oder leicht schräg dazu verfahren.
[0016] In vorteilhafter Ausgestaltung wird für eine sphärisch konkave Ausbildung der ersten
Funktionsfläche der Anstellwinkel α so gewählt, dass sich die Werkstückrotationsachse
und die Werkzeugrotationsachse auf einer werkzeugzugewandten Seite der ersten Funktionsfläche
schneiden.
[0017] Alternativ dazu ist vorteilhafterweise vorgesehen, dass für eine sphärisch konvexe
Ausbildung der ersten Funktionsfläche der Anstellwinkel α so gewählt wird, dass sich
die Werkstückrotationsachse und die Werkzeugrotationsachse auf einer werkzeugabgewandten
Seite der ersten Funktionsfläche schneiden.. Mit dem erfindungsgemäßen Verfahren können
somit Vorzugsformen auch mit sehr geringen Werten im Bereich von wenigen µm für sphärische
Konvexitäten oder Konkavitäten prozesssicher erzielt werden.
[0018] Ferner von Vorteil ist es, dass mit dem erfindungsgemäßen Verfahren zwischen der
ersten Funktionsfläche und der zweiten Funktionsfläche eine gratfreie Kante, insbesondere
Dichtkante, ausgebildet wird. Da bei dem erfindungsgemäßen Verfahren die beiden aneinandergrenzenden
Funktionsflächen in einem Bearbeitungsschritt und somit zumindest teilweise gleichzeitig
erzeugt werden, ist es möglich, diese gratfreie bzw. scharfe Kante herzustellen.
[0019] Weiterhin vorteilhaft ist es, dass ein Durchmesser der Kante, insbesondere Dichtkante,
durch einen radialen Versatz zwischen Werkzeug und Werkstück eingestellt werden kann.
Unter radialem Versatz ist hier das Versetzen beispielsweise des Werkstücks parallel
zur Werkstückrotationsachse gemeint. Jedoch kann auch in entsprechender Weise das
erfindungsgemäße Werkzeug versetzt werden. Zur stetigen Kontrolle und Verbesserung
der Maßhaltigkeit bzw. Prozesssicherheit wird der Dichtkantendurchmesser nicht nur
durch den radialen Versatz eingestellt, sondern kann durch diesen radialen Versatz
auch stetig korrigiert werden.
[0020] Ferner ist es von Vorteil, dass die Form, insbesondere die Konkavität oder Konvexität,
der ersten Funktionsfläche in Abhängigkeit des Anstellwinkels und/oder eines Durchmessers
der Bearbeitungskante und/oder des radialen Versatzes, ausgebildet bzw. hergestellt
wird. Ist beispielsweise der Durchmesser der Bearbeitungskante, einmal abgerichtet,
so muss nur noch die Stirnfläche in regelmäßigen Intervallen abgerichtet werden. Da
die erste Funktionsfläche, d.h., die Vorzugsform, im Wesentlichen durch den Durchmesser
der Bearbeitungskante und den Anstellwinkel bzw. die Veränderung des Anstellwinkels
bestimmt wird, bleibt die Qualität der ersten Funktionsfläche konstant.
[0021] In vorteilhafter Ausführung des Verfahrens wird zur Erzeugung einer konvexen ersten
Funktionsfläche der Freiwinkel γ größer als der Anstellwinkel α gewählt, so dass auch
bei γ < 90° eine konvexe erste Funktionsfläche mit scharfem Übergang zur zweiten Funktionsfläche
erzeugt werden kann.
[0022] Besonders vorteilhaft kommt das erfindungsgemäße Verfahren zum Einsatz, indem die
erste Funktionsfläche und die zweite Funktionsfläche an einem Teil eines Kraftstoffeinspritzsystems,
insbesondere einer Kopplerhülse, erzeugt werden. Die Erfindung kommt somit beispielsweise
bei der Feinbearbeitung verschiedener Produkte aus der Diesel-Einspritztechnik zum
Einsatz, an denen mehrere Funktionsflächen an Stirnflächen bearbeitet werden müssen.
Besondere Vorzüge ergeben sich durch das erfindungsgemäße Verfahren, sobald im Bereich
der Diesel-Einspritztechnik eine konvexe oder konkave Vorzugsform an einer Bauteil-Stirnfläche
zur Dichtfunktion in Kombination mit einer Dichtkante gefordert wird, die keine Gratbildung
aufweisen darf und annähernd ohne Verrundung (scharfkantig) ausgebildet sein muss.
Die Konkavität oder Konvexität kann hierbei auch nur wenige µm betragen. Beide Forderungen
gleichzeitig lassen sich nur erfüllen, indem entweder zwei Werkzeuge gleichzeitig
im Einsatz sind (Simultanschleifen mit zwei Schleifspindeln) oder ein Werkzeug beide
Flächen gleichzeitig bearbeitet. Auch ohne die Forderung nach gratfreien, scharfen
Kanten, ergibt sich ein wirtschaftlicher Vorteil durch das Schleifen mit reduzierter
Taktzeit.
Zeichnungen
[0023] Nachfolgend werden drei Ausführungsbeispiele der Erfindung unter Bezugnahme auf die
begleitende Zeichnung beschrieben. In der Zeichnung ist:
- Figur 1
- eine zum Teil aufgebrochene Darstellung des erfindungsgemäßen Werkzeugs nach einem
ersten Ausführungsbeispiel mit einem be- arbeiteten Werkstück,
- Figur 2
- eine stirnseitige Draufsicht auf das Werkstück, bearbeitet durch das Werkzeug nach
dem ersten Ausführungsbeispiel, mit Werk- zeugeingriffsbahnen,
- Figur 3
- eine zum Teil aufgebrochene Darstellung des erfindungsgemäßen Werkzeugs nach einem
zweiten Ausführungsbeispiel mit einem bearbeiteten Werkstück, und
- Figur 4
- eine zum Teil aufgebrochene Darstellung des erfindungsgemäßen Werkzeugs nach einem
dritten Ausführungsbeispiel mit einem be- arbeiteten Werkstück.
Beschreibung der Ausführungsbeispiele
[0024] Nachfolgend wird unter Bezugnahme auf Figur 1 ein Werkzeug 1 gemäß einem ersten Ausführungsbeispiel
der vorliegenden Erfindung beschrieben.
[0025] Figur 1 zeigt das Werkzeug, insbesondere rotierendes Schleifwerkzeug, bestehend aus
einem Grundkörper 2, einem kegelförmigen Fortsatz 3 und einem Schaft 24. Der Grundkörper
2 kann auch als Schleifscheibe bezeichnet werden. Des Weiteren zeigt Figur 1 ein bereits
bearbeitetes Werkstück 4.
[0026] Der Grundkörper 2 ist zylinderförmig ausgebildet und weist an seiner dem Werkstück
4 zugewandten Seite eine ringförmige Stirnfläche 22 mit einer runden Bearbeitungskante
21, ausgebildet als Außenkante, auf. Die ringförmige Stirnfläche 22 ist als Ring um
den kegelförmigen Fortsatz 3 ausgebildet. An seiner, einer Werkzeugmaschine zugewandten
Seite, geht der Grundkörper 2 in den ebenfalls zylinderförmigen, jedoch schmaleren
Schaft 24 über. Dieser Schaft 24 dient zum Einspannen des Werkzeugs 1 in die Werkzeugmaschine.
Des Weiteren ist eine Werkzeugrotationsachse 23 eingezeichnet. Um diese Werkzeugrotationsachse
23 dreht sich das Werkzeug 1 rotationssymmetrisch. Ferner bezeichnet ein Freiwinkel
γ ein trichterförmiges Einfallen der ringförmigen Stirnfläche 22.
[0027] Der kegelförmige Fortsatz 3 weist eine Mantelfläche 31 sowie eine Kegelstumpffläche
32 auf. Der kegelförmige Fortsatz 3 sitzt mittig und somit rotationssymmetrisch auf
dem Grundkörper 2 des Werkzeugs 1. Um diesen kegelförmigen Fortsatz 3 herum ist die
ringförmige Stirnfläche 22 ausgebildet.
[0028] Das Werkstück 4 weist eine erste Funktionsfläche 41, auch Werkstückstirnfläche oder
Vorzugsform genannt, auf. Seitlich an diese erste Funktionsfläche 41 ist auf dem Werkstück
4 eine zweite Funktionsfläche 42 in Form einer konischen Fase ausgebildet. Diese zweite
Funktionsfläche 42 bildet somit den Übergang von der ersten Funktionsfläche 41 zur
Mantelfläche des rotationssymmetrischen Werkstücks 4. Zwischen der ersten Funktionsfläche
41 und der zweiten Funktionsfläche 42 ist eine Dichtkante 43 ausgebildet. Diese Dichtkante
43 ist scharf und gratfrei. Das Werkstück 4 rotiert um eine Werkstückrotationsachse
44.
[0029] Des Weiteren zeigt Figur 1 auch geometrische Größen des Werkzeugs 1 und des Werkstücks
4. Das Werkzeug 1 weist an seiner dicksten Stelle, dem Grundkörper 2, den Werkzeugdurchmesser
D
WZ auf. Die ringförmige Werkzeugstirnfläche 22 weist die Ringbreite b
r auf. Des Weiteren ist der Kegelstumpfdurchmesser D
f an der dünnsten Stelle des kegelförmigen Fortsatzes 3 eingezeichnet. Der Winkel zwischen
Werkzeugrotationsachse 23 und Werkstückrotationsachse 44 wird als Anstellwinkel α
bezeichnet. Die Mantelfläche 31 des kegelförmigen Fortsatzes 3 läuft mit dem Kegelwinkel
β zusammen.
[0030] Des Weiteren ist ein Werkstückdurchmesser D
WS und eine Tiefe t der konkaven ersten Funktionsfläche 41 eingezeichnet.
[0031] Bei Ausführung des erfindungsgemäßen Verfahrens rotiert das Werkstück 4 in einer
Werkstückspindel, während des rotierende Werkzeug 1 im Anstellwinkel α zum Werkstück
4 angestellt und entlang der Werkstückrotationsachse 44 auf das Werkstück 4 verfahren
wird. Alternativ kann selbstverständlich auch das Werkstück 4 in das Werkzeug 1 verfahren
bzw. bewegt werden. Mit der Bearbeitungskante 21 am Übergang zwischen Werkzeugdurchmesser
D
WZ und ringförmiger Stirnfläche 22 des Werkzeugs 1 wird die konvexe oder konkave sphärische
erste Funktionsfläche 41 erzeugt.
[0032] Erfolgt die Anstellung des Werkzeugs 1 um den Anstellwinkel α gemäß Figur 1, so schneidet
die Werkstückrotationsachse 44 die Werkzeugrotationsachse 23 auf einer werkzeugzugewandten
Seite z der ersten Funktionsfläche 41 und es ergibt sich eine konkav sphärische erste
Funktionsfläche 41. Wird das Werkzeug 1 alternativ mit negativem Anstellwinkel α angestellt,
so schneidet die Werkstückrotationsachse 44 die Werkzeugrotationsachse 23 auf einer
werkzeugabgewandten Seite a der ersten Funktionsfläche 41 und es wird eine sphärisch
konvexe erste Funktionsfläche 41 erzeugt. Dies wird sich an den Figuren 3 und 4 zeigen.
[0033] Die Mantelfläche 31 am Werkzeug 1 bzw. am kegelförmigen Fortsatz 3 erzeugt die zweite
Funktionsfläche 42 am Werkstück 4. Alternativ kann die Mantelfläche 31 auch konkav
oder konvex ausgebildet sein, um eine zweite Funktionsfläche 42 mit Radius zu erzeugen.
Um die bestimmte Kontur durch Abrichten in das Werkzeug 1 bzw. in eine Schleifscheibe
einbringen zu können, und zudem das Schleifen konvexer erster Funktionsflächen 41
zu ermöglichen, ist der Freiwinkel γ an der ringförmigen Stirnfläche 22 des Grundkörpers
2 eingebracht.
[0034] Durch den Schleifprozess entsteht am Werkstück 4 neben der sphärischen ersten Funktionsfläche
41 am Übergang zwischen der ersten Funktionsfläche 41 und der zweiten Funktionsfläche
42 die scharfkantige und gradfreie Dichtkante 43 mit dem Dichtkantendurchmesser D
K. Die Konvexität bzw. Konkavität der sphärischen ersten Funktionsfläche 41 entsteht
in Abhängigkeit des Verschwenkens des Anstellwinkels α, des Werkstückdurchmessers
D
WZ und eines radialen Versatzes e1, e2. Dieser radiale Versatz e1, e2 wird zwischen
der Bearbeitungskante 21 und der Werkstückrotationsachse 44 eingestellt. Somit ist
die Konvexität bzw. Konkavität der sphärischen ersten Funktionsfläche 41 auch im Bereich
von wenigen µm prozesssicher herstellbar.
[0035] Figur 2 zeigt das Werkstück 4 in Draufsicht auf seine Stirnfläche. Das Werkstück
4 ist dabei durch das erfindungsgemäße Werkzeug 1 nach dem ersten Ausführungsbeispiel
bearbeitet worden. Gezeigt ist die Dichtkante 43 mit einem Dichtkantendurchmesser
D
K sowie eine Bearbeitungskanteneingriffsbahn 5 und eine Fortsatzeingriffsbahn 6. Die
Bearbeitungskanteneingriffsbahn 5 entsteht durch den Eingriff der Bearbeitungskante
21 in das Werkstück 4. Die Fortsatzeingriffsbahn 6 resultiert aus dem Eingriff der
Mantelfläche 31 des kegelförmigen Fortsatzes 3 in das Werkstück 4.
[0036] Figur 3 zeigt das erfindungsgemäße Werkzeug 1 nach einem zweiten Ausführungsbeispiel
sowie ein bearbeitetes Werkstück 4. Im zweiten Ausführungsbeispiel sind gleiche bzw.
funktional gleiche Teile mit den selben Bezugszeichen wie im ersten Ausführungsbeispiel
bezeichnet.
[0037] Das Werkzeug 1 in Figur 3 weist einen deutlich größeren Freiwinkel γ als das Werkzeug
1 nach dem ersten Ausführungsbeispiel auf. Ferner ist die erste Funktionsfläche 41
konvex.
[0038] Der Anstellwinkel α ist so gewählt, dass die Werkstückrotationsachse 44 die Werkzeugrotationsachse
23 auf einer werkzeugabgewandten Seite a der ersten Funktionsfläche 41 schneidet.
Ferner ist die Bearbeitungskante 21 um einen Abstand f von der Werkstückrotationsachse
44 versetzt.
[0039] Figur 4 zeigt das erfindungsgemäße Werkzeug 1 nach einem dritten Ausführungsbeispiel
sowie ein bearbeitetes Werkstück 4. Im dritten Ausführungsbeispiel sind gleiche bzw.
funktional gleiche Teile mit den selben Bezugszeichen wie im ersten oder zweiten Ausführungsbeispiel
bezeichnet.
[0040] Das Werkzeug 1 in Figur 4 weist einen Freiwinkel γ von 90° auf. Ferner ist die erste
Funktionsfläche 41 konvex. Der Anstellwinkel α entspricht dem Anstellwinkel α aus
dem zweiten Ausführungsbeispiel.
[0041] Durch den Freiwinkel γ von 90° teilt sich die Stirnfläche 22 in eine ringförmige
erste Ebene 22a und eine dem Schaft 24 nähere, ringförmige zweite Ebene 22b. Die Bearbeitungskante
21 zur Bearbeitung der ersten Funktionsfläche 41 sitzt auf einer Innenseite der ersten
Ebene 22a.
[0042] Der Einsatz des Werkzeugs 1 bzw. des erfindungsgemäßen Verfahrens erfolgt z.B. bei
der Bearbeitung von Bauteilen für Nutzfahrzeug-Injektoren. An den Bauteilen wird eine
Stirnfläche (erste Funktionsfläche 41) mit einer Konkavität von 5 µm (auf einer Messstrecke
von 0,45 mm) und eine Dichtkante mit einem Durchmesser D
k von 5,8 mm erzeugt, die am Übergang der konkaven Fläche (erste Funktionsfläche 41)
zu einer äußeren Fase (zweite Funktionsfläche 42) mit einem Winkel von 20° gebildet
wird. Erste rasterelektronische Untersuchungen haben bereits die Scharfkantigkeit
und Gratfreiheit am Bauteil bestätigt, die prozesssichere Herstellung der Konkavität
wurde mittels Weißlicht-Interferrometer nachgewiesen. Die Bauteile werden mit diesem
Verfahren für die Musterfertigung und auch schon für den Serienanlauf gefertigt, wodurch
eine Taktzeit- und Kostenreduzierung erzielt werden kann.
1. Werkzeug (1), insbesondere rotationssymmetrisches Schleifwerkzeug, zur simultanen
Erzeugung einer ersten Funktionsfläche (41) und einer zweiten Funktionsfläche (42)
an einem Werkstück (4), umfassend
- einen Grundkörper (2) mit einer ringförmigen Werkzeugstirnfläche (22), wobei die
Werkzeugstirnfläche (22) eine kreisförmige Bearbeitungskante (21) aufweist, um die
erste Funktionsfläche (41) zu erzeugen, und
- einen kegelförmigen Fortsatz (3), der an der Werkzeugstirnfläche (22) angeordnet
ist, um die zweite Funktionsfläche (42) zu erzeugen.
2. Werkzeug nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, dass die Werkzeugstirnfläche (22) zu einer Werkzeugrotationsachse (23) um einen Freiwinkel
(γ), einfällt oder die Werkzeugstirnfläche (22) senkrecht zur Werkzeugrotationsachse
(23) ist.
3. Werkzeug nach Anspruch 2 dadurch gekennzeichnet, dass der Freiwinkel (γ) 90° beträgt.
4. Werkzeug nach einem der vorhergehenden Ansprüche, dadurch gekennzeichnet, dass die kreisförmige Bearbeitungskante (21) verrundet ist.
5. Werkzeug nach einem der vorhergehenden Ansprüche, dadurch gekennzeichnet, dass der kegelförmige Fortsatz (3) als Stumpfkegel ausgebildet ist.
6. Werkzeug nach einem der vorhergehenden Ansprüche, dadurch gekennzeichnet, dass eine Mantelfläche (31) des kegelförmigen Fortsatzes (3) eben oder konkav oder konvex
ausgebildet ist.
7. Verfahren, insbesondere Schleifverfahren, zur simultanen Erzeugung einer ersten Funktionsfläche
(41) und einer zweiten Funktionsfläche (42) an einem Werkstück (4) mit einem Werkzeug
(1), insbesondere rotationssymmetrischem Schleifwerkzeug, umfassend die Schritte:
- Rotieren des Werkstücks (4) um eine Werkstückrotationsachse (44) und/oder Rotieren
des Werkzeugs (1) um eine Werkzeugrotationsachse (23),
- Anstellen der Werkzeugrotationsachse (23) und/oder der Werkstückrotationsachse (44)
um einen Anstellwinkel (α), und
- Verfahren des Werkstücks (4) und/oder des Werkzeugs (1) zueinander,
- wobei mit einer kreisförmigen Bearbeitungskante (21) einer ringförmigen Werkzeugstirnfläche
(22) eines Grundkörpers (2) des Werkzeugs (1) die erste Funktionsfläche (41), insbesondere
Werkstückstirnfläche, des Werkstücks (4) bearbeitet wird , und
- wobei mit einem kegelförmigen Fortsatz (3) auf der Werkzeugstirnfläche (22) die
zweite Funktionsfläche (42), insbesondere eine Fase, des Werkstücks (4) bearbeitet
wird.
8. Verfahren nach Anspruch 7, dadurch gekennzeichnet, dass für eine konkave Ausbildung der ersten Funktionsfläche (41) der Anstellwinkel (α)
so gewählt wird, dass sich die Werkstückrotationsachse (44) und die Werkzeugrotationsachse
(23) auf einer werkzeugzugewandten Seite der ersten Funktionsfläche (41) schneiden.
9. Verfahren nach Anspruch 7, dadurch gekennzeichnet, dass für eine konvexe Ausbildung der ersten Funktionsfläche (41) der Anstellwinkel (α)
so gewählt wird, dass sich die Werkstückrotationsachse (44) und die Werkzeugrotationsachse
(23) auf einer werkzeugabgewandten Seite der ersten Funktionsfläche (41) schneiden.
10. Verfahren nach einem der Ansprüche 7 bis9, dadurch gekennzeichnet, dass zwischen der ersten Funktionsfläche (41) und der zweiten Funktionsfläche (42) eine
gratfreie Kante (43), insbesondere Dichtkante, ausgebildet wird.
11. Verfahren nach Anspruch 10, dadurch gekennzeichnet, dass ein Durchmesser (DK) der Kante (43) durch einen radialen Versatz (e1, e2) zwischen Werkzeug (1) und Werkstück
(4) eingestellt wird.
12. Verfahren nach einem der Ansprüche 7 bis 11, dadurch gekennzeichnet, dass die Form der ersten Funktionsfläche (41) in Abhängigkeit des Anstellwinkels (α) und/oder
eines Außendurchmessers (DWZ) der Bearbeitungskante (21) und/oder des radialen Versatzes (e1, e2) ausgebildet
wird.
13. Verfahren nach einem der Ansprüche 7 bis 12, dadurch gekennzeichnet, dass mit dem Verfahren die erste Funktionsfläche (41) und die zweiten Funktionsfläche
(42) an einem Teil eines Kraftstoffeinspritzsystems, insbesondere einer Kopplerhülse,
erzeugt werden.