(19)
(11) EP 2 175 042 A1

(12) EUROPÄISCHE PATENTANMELDUNG

(43) Veröffentlichungstag:
14.04.2010  Patentblatt  2010/15

(21) Anmeldenummer: 09011984.3

(22) Anmeldetag:  21.09.2009
(51) Internationale Patentklassifikation (IPC): 
C22C 21/08(2006.01)
C22F 1/047(2006.01)
(84) Benannte Vertragsstaaten:
AT BE BG CH CY CZ DE DK EE ES FI FR GB GR HR HU IE IS IT LI LT LU LV MC MK MT NL NO PL PT RO SE SI SK SM TR
Benannte Erstreckungsstaaten:
AL BA RS

(30) Priorität: 22.09.2008 DE 102008048374

(71) Anmelder:
  • Trimet Aluminium AG
    45356 Essen (DE)
  • Honsel AG
    59494 Soest (DE)

(72) Erfinder:
  • Koch, Hubert, Dr.
    46282 Dorsten (DE)
  • Ehrke, Jana, Dipl.-Ing.
    58239 Schwerte (DE)
  • Rosefort, Marcel, Dr.
    47051 Duisburg (DE)
  • Bramhoff, Dieter, Dr.
    46147 Oberhausen (DE)
  • Gers, Horst
    59872 Meschede (DE)
  • Schnapp, Dirk
    59929 Brilon (DE)
  • Köhler, Thomas, Dipl.-Ing.
    45357 Essen (DE)

(74) Vertreter: Flaccus, Rolf-Dieter 
Flaccus · Müller-Wolff Patentanwälte Bussardweg 10
50389 Wesseling
50389 Wesseling (DE)

   


(54) Korrosionsbeständiges Aluminiumstrangpressprofil und Verfahren zur Herstellung eines Strukturbauteils


(57) Die Erfindung betrifft ein korrosionsbeständiges Aluminiumstrangpressprofil aus einer ALSiMg-Legierung, vorzugsweise ein Mehrkammerhohlprofil und Verfahren zur Herstellung eines Strangpressprofils durch Stranggießen, Homogenisierung und eine dem Strangpressen unmittelbar anschließenden Wärmebehandlung.




Beschreibung


[0001] Die Erfindung betrifft ein korrosionsbeständiges Aluminiumstrangpressprofil aus einer ALSiMg-Legierung, vorzugsweise ein Mehrkammerhohlprofil und Verfahren zur

[0002] Herstellung eines Strangpressprofils.

Stand der Technik:



[0003] Die Festigkeit bei Aluminium-Knetlegierungen vom Typ AlMgSi (6xxxx-Legierungen) wird im Wesentlichen durch die Legierungsverfestigung eingestellt (D. Altenpohl: "Aluminium von innen betrachtet", Aluminium-Verlag). Dabei wirken Fremdatome oder Ausscheidungen wie Störstellen im Gitter des Al-Gefüges. Bei dem Legierungstyp AlMgSi ist es die intermetallische Verbindung Mg2Si, die festigkeitssteigernd wirkt.

[0004] Viele der derzeit in Europa etablierten Al-Mg-Si-Knetlegierungen orientieren sich daher an der Mg2Si-Gleichgewichtsphase, besitzen aber zusätzlich einen Si-Überschuss. Das frei verfügbare Si bewirkt durch die Mischkristallbildung eine weitere Festigkeitssteigerung. Diese ist mit einem Si-Überschuss effektiver als bei einem gleichgroßen Mg-Überschuss (F. Ostermann: "Anwendungstechnologie Aluminium", Springer-Verlag).

[0005] Ein Si-Überschuss erhöht jedoch die Abschreckempfindlichkeit der Legierung. Weiterhin neigen diese Legierungen zur Bildung von Korngrenzenausscheidungen, die die Duktilität negativ beeinflussen (F. Ostermann: "Anwendungstechnologie Aluminium", Springer-Verlag). Das Si/Mg-Verhältnis besitzt ferner einen Einfluss auf das Verformungsverhalten (J. Roysted et. al.: "AIMgSi-alloys with improved Crush Properties", Extrusion Technologie 2008, Orlando). Mit steigendem Si/Mg-Verhältnis bis 1,1 verbessert sich auch das Verformungsverhalten. Zugaben von Cu als Legierungselement erhöhen ebenfalls die Festigkeit, allerdings auf Kosten der

[0006] Duktilität (J. Roysted et. al.: "AIMgSi-alloys with improved Crush Properties", Extrusion Technologie 2008, Orlando).

[0007] Aufgabe der vorliegenden Erfindung war es, ein Strangpressprofil zu erzeugen, mit dem zumindest die bisher bekannten Verformungs- und Korrosionseigenschaften erreicht werden, jedoch bei höheren Festigkeitseigenschaften und zwar Rp 0,2 > 280

[0008] MPa, Rm ≥ 300MPa und A ≥ 10%.

[0009] Die Aufgabe wird erfindungsgemäß gelöst durch ein Strangpressprofil aus der Aluminiumlegierung:
Si
0,3 - 0,6%
Mg
0,8-1,2%
Mn
0,03-0,1%
Fe
0,1-0,3%
Cu
0,1-0,3%


[0010] Rest Reinaluminium mit den üblichen Verunreinigungen, dem wahlweise ein Gehalt an
Ti
0,01-0,12%
Cr
0,01-0,12%


[0011] zugesetzt werden kann.

[0012] Vorzugsweise beträgt der H2-Gehalt der Schmelze <=0,15ccm/100gr. Al. Der H2-Gehalt der Schmelze wird in üblicher Weise durch Chlorieren, durch Stickstoff- oder Argon-Spülbehandlung eingestellt.

[0013] Die Legierung zeichnet sich durch einen Mg-Überschuss aus, wobei das bevorzugte Gew-Verhältnis von Magnesium zu Silizium in der Legierungszusammensetzung im Bereich von 1 bis 2 bei einem Legierungsgehalt von Si 0,30 - 0,60% liegt.

[0014] Neuere Untersuchungen zeigen, dass mit einem Mg/Si-Verhältnis von nahezu 1 gute Festigkeitsergebnisse erzielt werden können, wobei eine Steigerung der Produktivität dieser Legierungen z.B. durch höhere Pressgeschwindigkeit, niedrigerem Anpressdruck und besserer Oberflächenqualität besonders herausgestellt wird (Comalco Aluminium Ltd.: "6xxx series aluminium alloys", EP 1 840 234 A1).

[0015] Allerdings lassen sich die Verformungseigenschaften und die Duktivität wesentlich verbessern, wenn die Gehalte an Mn, Fe, Cu sowie ggf. Ti und Cr deutlich eingeschränkt werden (siehe Anspruch 1).

[0016] Es wurde beobachtet, dass Zusätze von Mn und Cr während der Homogenisierung Dispersoide bilden, die eine Rekristallisation des Gefüges verhindern können. Diese Dispersoide verringern die lokalen Spannungen im Gefüge und erhöhen dabei die Duktilität. Der optimale Gehalt für Mn liegt dabei zwischen 0,05 und 0,10 und bei Cr zwischen 0,01 und 0,12 %.

[0017] Titan erhöht auch die Duktilität, wobei der Gehalt zwischen 0,01 - 0,12 % liegt.

[0018] Die Legierung wird im Stranggussverfahren vergossen und anschließend homogenisiert im Temperaturbereich zwischen 450 und 600°C in 1-10h. Das Strangpressprofil wird einer sofortigen Wärmebehandlung im Temperaturbereich 160-250°C für 20-1800min unterzogen.

[0019] Im Folgenden wird die Erfindung anhand mehrerer Ausführungsbeispiele näher erläutert.

[0020] Es zeigen:
Tabelle 1: Wärmebehandlung und technologische Eigenschaften bei vier Legierungstypen nach der Erfindung und zwei Vergleichslegierungen
Tabelle 2: Legierungszusammensetzung der erfindungsgemäßen Legierungen und der Vergleichslegierungen in Gew. %
Bild 1: Gefügeaufnahme eines erfindungsgemäß hergestellten Strukturbauteils
Bild 2: Gefügeaufnahme eines Strukturbauteils nach dem Stand der Technik
Bild 3: Profilquerschnitt des untersuchten Strukturbauteils


[0021] Es wurden sechs verschiedene Hohlprofile (Versuchsnummer I bis VI) mit den in Tabelle 1 angegebenen Homogenisierungsbedingungen durch Strangpressen hergestellt und anschließend wärmebehandelt.

[0022] Die technologischen Eigenschaften wurden an Probenstäben gemessen und in Tabelle 1 aufgelistet.

[0023] Die erfindungsgemäßen Hohlprofile (Versuchsnummern III, IV, V und VI) zeigten gute Verformungs- und Korrosionseigenschaften bei erhöhter Festigkeit und akzeptablen Dehnungswerten.

[0024] Die besonderen Eigenschaften beruhen darauf, dass während der Wärmebehandlung die intermetallischen Phasen des Typs Mg2Si, Al3Fe, Al2Cu eingeformt wurden, so dass globulitisch geformte Partikel ≤ 1µ in gleichmäßiger Verteilung vorlagen. Dies zeigt die Gefügeaufnahme Bild 1 für ein erfindungsgemäß hergestelltes Hohlprofil der Legierung V1 gemäß Tabelle 2.

[0025] Im Vergleich dazu wurde ein Hohlprofil nach dem Stand der Technik hergestellt, wobei die Legierung B1 einen Mg-Unterschuss aufwies. Die genaue Zusammensetzung der Legierungsbeispiele ist Tabelle 2 zu entnehmen.

[0026] Das nach dem Stand der Technik durch Wärmebehandlung auf den Zustand T6 hergestellte Hohlprofil mit Mg-Unterschuss nach Versuchsnummer I zeigt ein deutlich schlechteres Verformungsverhalten. Die Ursache hierfür liegt in den nadelförmigen bis plattenförmigen Strukturen der intermetallischen Verbindungen, wie die Gefügeaufnahme Bild 2 erkennen lässt.

[0027] Zusammenfassend lässt sich feststellen, dass nur durch die Kombination der erfindungsgemäßen Legierungsvarianten V1 - V4 mit den Verfahrensmaßnahmen gemäß Patentanspruch 4, die Lösung der vorliegenden Aufgabenstellung möglich ist. Wie die Versuchsauswertung zeigt, ist es gelungen, die Zugfestigkeiten oberhalb von 300 MPa einzustellen. Dies ist in erster Linie durch entsprechende Gehalte an den Legierungselementen Si, Mg und Cu zu erklären. Mit steigendem Si- und Mg-Gehalt verschlechtert sich das Verformungsverhalten. Durch die Zugabe von Cu und der Temperaturführung während des Fertigungsprozesses konnte gutes Stauchverhalten des Materials beibehalten werden.
Tabelle 1: Wärmebehandlung und technologische Eigenschaften
Hohlprofil Versuchs Nr. Legierung HO Wärme- behandlung Rm* [MPa] Rp0,2 [MPa] A [%] Stauchverhalten** Korrosions- verhalten***
I B1 **** **** 260 220 11 10 i.O.
II C1 580°C/3h 190°C/340min 280 270 14 10 i.O.
III Leg. V1 580°C/3h 160°C/1700min 318 286 14 6 i.O.
IV Leg. V2 560°C/10h 160°C/1700min 322 290 16 6 i.O.
V Leg. V3 580°C/3h 240°C/190min 320 290 12 9 i.O.
VI Leg. V4 560°C/10h 240°C/190min 310 305 10 9 i.O.
* Technologische Eigenschaften gemessen an Probenstäben entnommen aus Mehrkammerhohlprofilen gemäß Bild 4.
** Bewertung 1 bis 10 des Stauchverhaltens nach J. Roysted et. al.: "AIMgSi-alloys with improved Crush Properties", Extrusion Technologie 2008, Orlando.
1 : starke Rissbildung, Abfallen einzelner Profilteile 10: keine Risse, keine Orangenhaut
*** Korrosionstest analog zu DIN 50 905 (Prüfvorschrift nach Fa.Honsel)
**** wärmebehandelt auf den Zustand T6
Tabelle 2: Legierungszusammensetzung in Gew.%
  Si Mg Mn Fe Cu Ti Cr
B1 0,57 0,39 0,15 0,20 - 0,01 -
C1 0,48 0,47 0,03 0,19 0,20 0,013 -
Leg. V1 0,41 0,86 0,07 0,22 0,16 0,016 0,015
Leg. V2 0,48 0,81 0,06 0,27 0,22 0,015 -
Leg. V3 0,51 0,85 0,09 0,12 0,18 0,014 -
Leg. V4 0,45 0,84 0,07 0,21 0,24 0,06 -


[0028] Überraschender Weise zeigten die nach dem erfindungsgemäßen Verfahren hergestellten Strukturbauteile eine Verbesserung der Kerbschlagzähigkeit. Dies wurde insbesondere an den Legierungen der Versuchs-Nr. V und VI festgestellt, deren Ergebnisse bei den Kerbschlagversuchen um mehr als 10% über den Vergleichswerten der Versuche III. und IV. und um mehr als 20% über den Werten der Versuche I. und II. lagen.


Ansprüche

1. Korrosionsbeständiges Strangpressprofil aus einer AISiMg-Legierung, vorzugsweise Mehrkammerhohlprofil, gekennzeichnet durch folgende Legierungszusammensetzung in Gew.%
Si 0,3 - 0,6%
Mg 0,8 - 1,2%
Mn 0,03 - 0,1%
Fe 0,1 - 0,3%
Cu 0,1 - 0,3%
sowie wahlweise
Ti 0,01 - 0,12%
Cr 0,01 - 0,12%
Rest Reinaluminium mit den herstellungsbedingten Verunreinigungen.
 
2. Strangpressprofil nach Anspruch 1, gekennzeichnet durch
Si 0,40 - 0,60%
Mg 0,82 - 0,90%
Cu 0,15 - 0,25%.

 
3. Strangpressprofil nach einem der vorhergehenden Ansprüche, gekennzeichnet durch eine Gefügestruktur mit eingeformten intermetallischen Phasen des Typs alpha-AlFeSi, beta-AlFeSi, Al15FeMn3Si2, Mg2Si, theta-AlCu, wobei die Partikel aus intermetallischen Phasen globulistisch geformt sind und einen Durchmesser ≤ 1µm aufweisen.
 
4. Strangpressprofil nach einem der vorhergehenden Ansprüche, dadurch gekennzeichnet, dass das Gew.-Verhältnis von Magnesium zu Silizium in der Legierungszusammensetzung im Bereich von 1 bis 2 liegt.
 
5. Verfahren zur Herstellung eines Strangpressprofils gemäß einem der vorhergehenden Ansprüche durch Stranggießen, Homogenisierung und einer dem Strangpressen unmittelbar anschließenden Wärmebehandlung, dadurch gekennzeichnet, dass die Homogenisierung zwischen 450°C und 600°C für 1 bis 10 Stunden durchgeführt wird und dann nach dem Strangpressen eine Wärmebehandlung im Bereich von 160°C bis 260°C für 20 bis 1800 Minuten erfolgt.
 
6. Verfahren nach den vorhergehenden Ansprüchen, dadurch gekennzeichnet, dass die Wärmebehandlung nach dem Strangpressen bei einer Temperatur von 180°C bis 250°C für 100 bis 1000 Minuten erfolgt.
 
7. Verfahren nach den vorhergehenden Ansprüchen, dadurch gekennzeichnet, dass vor dem Stranggießen die Schmelze einen H2-Gehalt < 0,15 ccm/100gr. AI aufweist.
 




Zeichnung










Recherchenbericht













Angeführte Verweise

IN DER BESCHREIBUNG AUFGEFÜHRTE DOKUMENTE



Diese Liste der vom Anmelder aufgeführten Dokumente wurde ausschließlich zur Information des Lesers aufgenommen und ist nicht Bestandteil des europäischen Patentdokumentes. Sie wurde mit größter Sorgfalt zusammengestellt; das EPA übernimmt jedoch keinerlei Haftung für etwaige Fehler oder Auslassungen.

In der Beschreibung aufgeführte Patentdokumente




In der Beschreibung aufgeführte Nicht-Patentliteratur