[0001] Die Erfindung betrifft ein Verfahren und eine Vorrichtung zum Richten von Rohren
mit einem in das Rohr eintauchenden, radial aufweitbaren, von einer Zugstange mit
Holm getragenen Expanderwerkzeug und von außen auf das Rohr in radialer Richtung einwirkenden
Richtkraftmitteln.
[0002] Bei der Fertigung von Rohren aus Blechtafeln, die nach dem U-O-E-Verfahren, dem Formpressverfahren,
dem 3-Walzenbiegeverfahren oder dergleichen zu einem runden Schlitzrohr eingeformt
und dann verschweißt werden, wird das Rohrmaterial beim kontinuierlichen Längsnaht-Schweißen
einer sehr hohen thermischen Belastung unterzogen. Ein solchermaßen hergestelltes
Rohr, das bei der Einformung krumm geworden ist und insbesondere aufgrund des Schweißprozesses
einem erheblichen Verzug unterliegt, ist in aller Regel ungerade (Bananenform), so
dass es zur Erzielung der benötigten Geradheit gerichtet werden muss. Wie sich bei
der Großrohrfertigung gezeigt hat, tritt das Problem der Geradheit besonders augenscheinlich
bei im Durchmesser kleinen (unter 30 Zoll) und dickwandigen (oberhalb 15 mm) Rohren
auf.
[0003] Die Rohre werden deshalb mit Expanderköpfen bzw. -werkzeugen gerichtet, wie durch
die
DE-PS 2 264 207 bekannt geworden. Das eigentliche Expanderwerkzeug besteht aus einem pyramidischen
Vielkant, auf dessen Mantelfläche einzelne Segmente angeordnet sind. Durch Verschieben
des Vielkantes relativ zu den Segmenten werden diese radial bewegt, so dass sich dabei
der Durchmesser des Expanderkopfes vergrößert und das Rohr aufweitet. Die bis zu 18
m langen Rohre werden auf diese Weise schrittweise aufgeweitet und kalibriert.
[0004] Beim Expandieren des Rohres kommt es allerdings zu Asymmetrie (Verkantung) am Expanderwerkzeug,
wodurch zwar ein gewisser Richteffekt eintritt, zumal das Material beim Aufweiten
fließt, jedoch ist dieser gering und beschränkt reproduzierbar. Es kommen daher in
der Praxis zusammen mit dem Expanderwerkzeug Vorrichtungen zum Einsatz, die hinter
dem Expanderkopf bzw. -werkzeug von außen an das Rohr angesetzte Richtsättel oder
Rollen aufweisen, die das Rohr in radialer Richtung mit einer Kraft beaufschlagen
und in dem Rohr ein Biegemoment einleiten, mit dem ergänzend zu der Einwirkung des
Expanderwerkzeugs die Ungeradheit beseitigt werden soll. Hierbei tritt aber unvermeidbar
auch ein Moment auf den Holm und die Zugstange auf, über die das Expanderwerkzeug
mit einer dem Einschieben in das Rohr dienenden Verschiebevorrichtung verbunden ist.
Das bringt nachteilige Auswirkungen auf die Lebensdauer der Komponenten des Expanders
mit sich, wobei außerdem noch hinzukommt, dass der insbesondere bei kleineren Durchmessern
dünne Holm wie eine weiche Feder wirkt, was sich negativ beim Richtergebnis niederschlägt.
[0005] Der Erfindung liegt daher die Aufgabe zugrunde, ein Verfahren und eine Vorrichtung
der gattungsgemäßen Art ohne die beschriebenen Nachteile zu schaffen, insbesondere
zum Richten von Rohren mit dickeren Wandstärken und höheren Materialfestigkeiten und
dabei kleinen Durchmesserbereichen.
[0006] Diese Aufgabe wird für ein Verfahren erfindungsgemäß dadurch gelöst, dass der Expander
bzw. das Expanderwerkzeug das Rohr nur zum Fließen des Materials aufweitet und die
von außen eingeleiteten Richtkräfte als Richtdreieck auf das Rohr aufgebracht werden.
Indem erfindungsgemäß das Aufweiten und Richten funktional getrennt sind, lassen sich
Asymmetrien am Expanderwerkzeug und an dessen Holm sowie an der Zugstange auftretende
Momente vermeiden. Dadurch wird die Lebensdauer der Komponenten nicht negativ beeinflusst.
Desweiteren können Richtkraft und -weg kontrolliert eingeleitet werden, so dass ein
Rohr gezielt und reproduzierbar gerichtet werden kann.
[0007] Die Vorrichtung kann so ausgeführt werden, dass entweder nur in einer Ebene (da das
Rohr meistens über der Schweißnaht hohl liegt) oder aber auch räumlich gerichtet werden.
[0008] Wenn vorzugsweise drei Richtkraftmittel miteinander verbunden sind, können die Richtkräfte
von nur einem Kraftbeaufschlagungsmittel erzeugt werden, d.h. mit Kraftbeaufschlagung
an nur einer Stelle des Rohres, wobei die Verbindung der Richtkraftmittel zur Bildung
des Richtdreieckes führt.
[0009] Eine Ausgestaltung der Erfindung sieht vor, dass die Geradheit des Rohres gemessen
und der Richtprozess abhängig von den Messergebnissen korrigiert wird. Das kann sofort
manuell oder zumindest teilweise automatisiert erfolgen.
[0010] Die der Erfindung zugrunde liegende Aufgabe wird mit einer Vorrichtung erfindungsgemäß
dadurch gelöst, dass dem Expanderwerkzeug drei axial voneinander beabstandete Richtkraftmittel
zugeordnet sind, von denen das mittlere Richtkraftmittel im Bereich des Expanderwerkzeugs
vorgesehen ist.
[0011] Die Richtkraftmittel können nach einem Vorschlag der Erfindung als sich an das Rohr
anlegende Sättel oder Rollen ausgebildet sein, wobei das mittlere Richtkraftmittel
zudem das Rohr mit dem Expanderwerkzeug im Inneren in Position hält.
[0012] Eine Ausführung der Erfindung sieht vor, dass die Rollen oder Sättel einander paarweise
gegenüberliegend in Gerüsten angeordnet sind, wobei zur Aufbringung der Richtkraft
vorzugsweise die Rollen bzw. Sättel nur der beiden äußeren Gerüste gegen das Rohr
anstellbar sind.
[0013] Wenn die Gerüste vorteilhaft miteinander verbunden sind, lassen sich die Kräfte kurzschließen
und werden nicht in das Fundament oder den Expanderrahmen geleitet.
[0014] Eine andere Ausführung der Erfindung sieht vor, dass in einem gemeinsamen Tragrahmen
ein mittlerer Sattel oder eine mittlere Rolle und von diesem bzw. dieser vertikal
beabstandet jeweils an den äußeren Enden des Tragrahmens ein Sattel bzw. eine Rolle
angeordnet ist, wobei die Sättel bzw. Rollen vorzugsweise gelenkig in dem Tragrahmen
gelagert sind. Das solchermaßen von den drei Richtkraftmitteln in einer Ebene gegenüberliegend
an drei Stellen eingespannte Rohr unterliegt aufgrund des gemeinsamen Tragrahmens
dem Einfluss des sich ausbildenden Richtdreiecks.
[0015] Das lässt sich hierbei vorteilhaft bereits dann erreichen, wenn nur einer der drei
Sättel bzw. eine der Rollen mit einem Kraftbeaufschlagungsmittel, z.B. ein Hydraulikzylinder,
ausgebildet ist, vorzugsweise einer der äußeren Sättel bzw. eine der äußeren Rollen.
[0016] Weitere Einzelheiten und Merkmale ergeben sich aus den Ansprüchen und der nachfolgenden
Beschreibung von in den Zeichnungen dargestellten Ausführungsbeispielen der Erfindung.
Es zeigen:
- Fig. 1
- in einer schematischen Längsansicht ein in ein Rohr eingefahrenes Expanderwerkzeug
mit von außen als Richtdreieck auf das Rohr aufgebrachten Richtkräften;
- Fig. 2
- in einer schematischen Längsansicht wie zuvor drei axial voneinander beabstandete
Gerüste mit darin angeordneten Richtkraftmitteln; und
- Fig. 3
- eine schematische Längsansicht wie zuvor in Fig. 1 mit drei in einem gemeinsamen Tragrahmen
angeordneten Richtkraftmitteln.
[0017] Wie in den Fig. 1 bis 3 dargestellt, befindet sich zum Richten eines gekrümmten,
nicht geraden, dickwandigen Rohres 1 ein durch eine nicht gezeigte Verschiebeeinrichtung
eingefahrenes Expanderwerkzeug 2 im Inneren des Rohres 1. Das Expanderwerkzeug 2 wird
von einer Zugstange 3 getragen, die koaxial von einem Holm 4 umfasst wird. Das Expanderwerkzeug
2 kann durch gegeneinander zu verschiebende Keilflächen in seinem Durchmesser verändert
werden und dient hier nur zum Aufweiten des Rohres 1, um das Material zum Fließen
zu bringen, wodurch die Kraft zum Biegen des Rohres erheblich kleiner wird, als bei
nicht fließendem Material.
[0018] Hiervon getrennt und ohne Einfluss bzw. Auswirkung auf das Expanderwerkzeug 2 einschließlich
dessen Zugstange 3 und Holm 4 wird das Rohr 1 zum Herstellen der Geradheit mit von
außen als Richtdreieck eingeleiteten bzw. aufgebrachten, durch Pfeile angedeuteten
Richtkräften F1, F2 und F3 beaufschlagt. Die Richtkräfte F1 bis F3 können durch Richtkraftmittel
in Form von Rollen 5 bzw. 5a, 5b oder Sätteln 6 bzw. 6a, 6b in das Rohr 1 eingeleitet
werden.
[0019] Bei der Ausführung nach Fig. 2 sind in drei axial voneinander beabstandeten Gerüsten
7 bzw. 7a, 7b einander paarweise gegenüberliegende Rollen 5 bzw. 5a, 5b angeordnet.
Das mittlere Gerüst 7 ist im Bereich des Expanderwerkzeugs 2 angeordnet und hält dieses
mit dem Rohr 1 in Position. Hingegen sind die Rollen 5a, 5b der beiden äußeren Gerüste
7a, 7b von einem Kraftbeaufschlagungsmittel 8, wie durch die Doppelpfeile angedeutet,
gegen das Rohr 1 anstellbar. Das rechte äußere Gerüst 7a ist hinter und das vordere
äußere Gerüst 7b ist vor dem Expanderwerkzeug 2 positioniert. Wenn die Gerüste 7,
7a, 7b miteinander verbunden sind (nicht dargestellt in Fig. 2), schließen sich die
eingeleiteten Richtkräfte F1 bis F3 kurz und werden nicht in das Fundament 9 eingeleitet.
[0020] Die Ausführung nach Fig. 3 besitzt für die Richtkraftmittel bzw. Sättel 6, 6a, 6b
einen gemeinsamen, hier dreieckförmigen Tragrahmen 10, in dem die Sättel 6, 6a, 6b
gelenkig gelagert sind. Die Richtkraft zur Bildung des Richtdreiecks, bestehend aus
den Richtkräften F1, F2 und F3 (vgl. Fig. 1), wird nur an einer Stelle erzeugt, und
zwar durch ein dem rechts äußeren Richtsattel 6a zugeordnetes Kraftbeaufschlagungsmittel
11.
[0021] In jedem Fall wird durch das Richtdreieck der Richtkräfte F1 bis F3 ausschließlich
die Richtarbeit zur Herstellung der Geradheit des Rohres 1 geleistet, während das
Expanderwerkzeug 2 ausschließlich nur das Rohr 1 aufweitet und selbst keine Richtarbeit
verrichtet.
[0022] Bezugszeichenliste:
- 1
- Rohr
- 2
- Expanderwerkzeug / Expander
- 3
- Zugstange
- 4
- Holm
- 5; 5a, 5b
- Rolle/Richtkraftmittel
- 6; 6a, 6b
- Sattel; Richtkraftmittel
- 7; 7a, 7b
- Gerüst
- 8
- Kraftbeaufschlagungsmittel (Doppelpfeil)
- 9
- Fundament
- 10
- Tragrahmen
- 11
- Kraftbeaufschlagungsmittel
1. Verfahren zum Richten von Rohren mit einem in das Rohr (1) eintauchenden, radial aufweitbaren,
von einer Zugstange (3) mit Holm (4) getragenen Expanderwerkzeug (2) und von außen
auf das Rohr (1) in radialer Richtung einwirkenden Richtkraftmitteln,
dadurch gekennzeichnet,
dass das Expanderwerkzeug (2) das Rohr (1) zum Fließen des Materials nur aufweitet und
die von außen eingeleiteten Richtkräfte (F1, F2, F3) als Richtdreieck auf das Rohr
(1) aufgebracht werden.
2. Verfahren nach Anspruch 1,
dadurch gekennzeichnet,
dass die Richtkräfte in einer Ebene eingeleitet werden.
3. Verfahren nach Anspruch 1 oder 2,
dadurch gekennzeichnet,
dass bei drei miteinander verbundenen Richtkraftmitteln die Richtkräfte von mindestens
einem Kraftbeaufschlagungsmittel (11) erzeugt werden.
4. Verfahren nach einem der Ansprüche 1 bis 3,
dadurch gekennzeichnet,
dass die Geradheit des Rohres (1) gemessen und der Richtprozess abhängig von den Messergebnissen
korrigiert wird.
5. Vorrichtung zum Richten von Rohren mit einem in das Rohr eintauchenden, radial aufweitbaren,
von einer Zugstange mit Holm getragenen Expanderwerkzeug und von außen auf das Rohr
in radialer Richtung einwirkenden Richtkraftmitteln, insbesondere zum Durchführen
des Verfahrens nach Anspruch 1,
dadurch gekennzeichnet,
dass dem Expanderwerkzeug (2) drei axial voneinander beabstandete Richtkraftmittel zugeordnet
sind, von denen das mittlere Richtkraftmittel (5; 6) im Bereich des Expanderwerkzeugs
(2) vorgesehen ist.
6. Vorrichtung nach Anspruch 5,
dadurch gekennzeichnet,
dass die Richtkraftmittel als sich an das Rohr (1) anlegende Sättel (6; 6a, 6b) oder Rollen
(5; 5a, 5b) ausgebildet sind.
7. Vorrichtung nach Anspruch 5 oder 6,
dadurch gekennzeichnet,
dass die Rollen (5; 5a, 5b) oder Sättel (6; 6a, 6b) einander paarweise gegenüberliegend
in Gerüsten (7; 7a, 7b) angeordnet sind.
8. Vorrichtung nach Anspruch 7,
dadurch gekennzeichnet,
dass die Rollen (5a, 5b) oder Sättel (6a, 6b) der beiden äußeren Gerüste (7a, 7b) gegen
das Rohr (1) anstellbar sind.
9. Vorrichtung nach Anspruch 7 oder 8,
dadurch gekennzeichnet,
dass die Gerüste (7; 7a, 7b) miteinander verbunden sind.
10. Vorrichtung nach Anspruch 5 oder 6,
dadurch gekennzeichnet,
dass in einem gemeinsamen Tragrahmen (10) ein mittlerer Sattel (6) oder eine mittlere
Rolle (5) und von diesem bzw. dieser vertikal beabstandet jeweils an den äußeren Enden
des Tragrahmens (10) ein Sattel (6a, 6b) bzw. eine Rolle (5a, 5b) angeordnet ist.
11. Vorrichtung nach Anspruch 10,
dadurch gekennzeichnet,
dass die Sättel (6; 6a, 6b) bzw. Rollen (5; 5a, 5b) gelenkig in dem Tragrahmen (10) gelagert
sind.
12. Vorrichtung nach Anspruch 10 oder 11,
dadurch gekennzeichnet,
dass einer der Sättel (6a bzw. 6b) oder eine der Rollen (5a bzw. 5b) mit einem Kraftbeaufschlagungsmittel
(11) ausgebildet ist.