[0001] Die Erfindung betrifft einen gegossenen Stahlkolben für Verbrennungsmotoren, aus
einer Edelstahllegierung mit den Merkmalen des Anspruchs 1 oder einen teilweise aus
einer Edelstahllegierung gebildeten Stahlkolben mit den Merkmalen des Anspruchs 11,
sowie ein Verfahren zur Herstellung eines einstückigen und materialeinheiltlichen
Stahlkolbens mit den Merkmalen des Anspruchs 14.
[0002] Aufgrund der zunehmenden Anforderungen möglichst hoher Spitzendrücke in Hubkolben-Verbrennungsmotoren
die bei bis zu 250 bar liegen, sind die Leichtbau-Aluminiumkolben zunehmend an ihre
Leistungsgrenze gestoßen. Daher werden für den LKWaber auch den PKW-Bereich zunehmend
wieder Stahlkolben gefordert. Die hohen Anforderungen an Lebensdauer und Zuverlässigkeit
machen dabei insbesondere vollständig aus Stahl gefertigte Kolben erforderlich, welche
die derzeit noch häufig eingesetzten Kolben aus Stahl und Aluminium ersetzen sollen.
[0003] Gegenüber den Aluminium-Kolben haben die Stahlkolben aber den Nachteil eines höheren
Gewichts.
Die Herstellung von vollständig aus Stahl gefertigten Kolben ist aufgrund der schwierigen
Verarbeitbarkeit von Stahl für filigrane Bauteile häufig aufwändig und kostspielig.
[0004] So ist es beispielsweise üblich, die Herstellung des Kolbens durch Verschweißung
zweier Schmiedeteile vorzunehmen.
[0005] Hierdurch ist auch den Einsatz unterschiedlicher Werkstoffe für Ober- und Unterteil
möglich.
[0006] Die
DE 102 44 513 A1 offenbart ein Verfahren zur Herstellung eines mehrteiligen gekühlten Kolbens. Das
Kolbenoberteil ist aus warmfestem Stahl und das Kolbenunterteil aus geschmiedetem
AFP-Stahl gefertigt. Das nachfolgende Fügen bzw. Verbinden der Ringrippe des Kolbenoberteils
mit der Tragrippe des Kolbenunterteils erfolgt mittels eines Schweiß- oder Lötverfahrens.
Die Vorbereitung der Teile zum Fügen und das Fügeverfahren selbst stellen kostenintensive
Verfahrensschritte dar.
[0007] In der
EP 1612 395 A1 wird vorgeschlagen, den gesamten Kolben aus Stahl zu gießen. Es wird vorgeschlagen
eine der beiden folgenden Stahlzusammensetzungen (in Massenprozent) als Gusslegierung
zu verwenden:
C ≤ 0.8%, Si ≤ 3%, Mn ≤ 3%, S ≤ 0.2%, Ni ≤ 3%, Cr ≤ 6%,
Cu ≤ 6%, Nb 0.01-3%, Rest Fe mit unvermeidbaren
Verunreinigungen
oder C ≤ 0.1-0.8%, S ≤ 3%, Si ≤ 3%, Mn ≤ 3%, S ≤ 0.2%, Ni ≤ 10%, Cr ≤ 30%, Cu ≤ 6%,
Nb ≤ 0.05-8% und Rest Fe mit unvermeidbaren Verunreinigungen. Dabei spielen insbesondere
die gute Raumtemperatur Streckgrenze sowie eine hohe Hochtemperatur-Zugfestigkeit
und Bruchfestigkeit einer Rolle.
[0008] Aufgrund der filigranen Bauweise eines Kolbens werden besonders hohe Ansprüche an
die Fließfähigkeit des Gießmetalls, sowie an das Gießverfahren gestellt. Das Gießverfahren
und die Fließfähigkeit des Metalls sind von entscheidender Bedeutung für die Erzielung
eines geeigneten und fehlerfreien Gefüges, welches für die hohen Festigkeitsanforderungen
der gegossenen Bauteile unerlässlich ist. Bereits kleinste Gefügefehler und Lunker
im Gussteil können in den dünnen Wandungen des Kolbens zu einem katastrophalen Werkstoffversagen
führen.
[0009] Es ist daher Aufgabe der Erfindung, Kolben aus mechanisch hochbelastbaren und kostengünstig
zu formenden Stählen bereit zu stellen. Eine weitere erfindungsgemäße Aufgabe ist
es, kostengünstiges und einfaches Verfahren zur Herstellung dieser Stahlkolben aufzuzeigen.
[0010] Die Aufgabe wird erfindungsgemäß gelöst, durch einen Stahlkolben für Verbrennungsmotoren,
der zumindest ein Kolbenoberteil mit Verbrennungsmulde und eine Ringwand sowie ein
Kolbenunterteil mit Pleuellager umfasst, welcher aus einer Edelstahllegierung gegossen
ist, mit den Merkmalen des Anspruchs 1 sowie durch einen Stahlkolben der nur teilweise
aus einer Edelstahllegierung gegossen ist, mit den Merkmalen des Anspruchs 11. Eine
weitere erfindungsgemäße Lösung ist durch ein Verfahren zur Herstellung eines einstückigen
und materialeinheiltlichen Stahlkolbens durch ein Niederdruckgießverfahren mit den
Merkmalen Anspruchs 14 gegeben.
[0011] Weitere vorteilhafte Ausgestaltungen sind Gegenstand der Unteransprüche.
[0012] Erfindungsgemäß wird der Stahlkolben somit einstückig und materialeinheitlich gegossen.
Hierdurch wird eine wesentliche Vereinfachung des Herstellungsverfahrens erreicht.
Für die Erfindung ist es damit von wesentlicher Bedeutung, Stahllegierungen zu verwenden,
die gießtechnisch gut verarbeitbar sind, eine hohe Festigkeit, beziehungsweise Streckgrenze
bei den hohen Einsatztemperaturen aufzuweisen und eine möglichst geringe Materialdichte
zu besitzen.
[0013] Die erfindungsgemäß eingesetzte Stahllegierung ist eine Edelstahllegierung sehr guter
Fließfähigkeit mit der folgenden Zusammensetzung in Gew.%:
Mn: 3-9
Si: 0,3-1
C: 0,01-0,03
Cr: 15-27
Ni: 1-3
Cu: 0,2-1
N: 0,05-0,17
Rest Fe sowie unvermeidliche Stahlbegleitelemente.
[0014] Bevorzugt liegt der Anteil von Mn und Cr im Bereich von Mn 4-6% und Cr 19-22%.
[0015] Ein weiterer Vorteil dieser Legierung ist eine hervorragende Korrosionsbeständigkeit
bei den hohen im Brennraum von Verbrennungsmotoren herrschenden Temperaturen. Aufgrund
der hohen Festigkeit und guten Fließfähigkeit sind besonders dünne beziehungsweise
filigrane Strukturen des Kolbens möglich.
[0016] Es ist vorgesehen, den Stahlkolben einstückig und materialeinheitlich zu gießen.
Darunter ist zu verstehen, dass Kolbenoberteil mit Verbrennungsmulde und Ringwand
sowie ein Kolbenunterteil mit Pleuellager aus einem Guss hervorgehen und aus dem gleichen
Material bestehen. Hierunter sind aber auch Stahlkolben zu verstehen die weitere An-
oder Einbauteile enthalten, die sich hinsichtlich des Materials vom gegossenen Kolben
unterscheiden können, oder die nicht während des Gussvorgangs des Kolbens gebildet
werden. Unter diesen weiteren Teilen sind beispielsweise Einlegeteile zu verstehen,
die an- oder eingegossen werden. Je nach Material und Qualität des Ein- oder Angusses
können die An- oder Einlegeteile vom Stahlkolben nicht mehr unterschieden werden,
so dass auch Stahlkolben und An- oder Einlegeteile als einstückig und materialeinheitlich
gegossen erscheinen.
[0017] Zur Erläuterung der Erfindung werden schematische Zeichnungen herangezogen.
Dabei zeigen:
- Fig. 1
- einen Kolben (1) im Querschnitt, mit Schmelzezufluss (2), eingegossenem Stahlrohr
(3), Kühlkanal (4), Ringwand (5), Öffnungen des Kühlkanals zur Ringwand (7') und Ringnuten
(10),
- Fig. 2
- einen Kolben (1) im Querschnitt, mit Oberteil (12) und Unterteil (13), Ringwand (5),
Kühlkanal (4), Öffnung des Kühlkanals (7), Pleuellager (8), Pleuellagerwand (9) und
Verbrennungsmulde (11)
- Fig. 3
- einen Kolben (1) im Schnitt, mit Oberteil (12) und Unterteil (13), Ringwand (5), Kühlkanal
(4), Verschlussteil (6), Pleuellager (8), Pleuellagerwand (9) und Verbrennungsmulde
(11)
[0018] In einer bevorzugten Ausführung weist der Kolben im Kolbenoberteil (12) einen oder
mehrere Kühlkanäle (4) auf. Der Kühlkanal kann dabei durchgängig, oder in mehrere
Segmente aufgeteilt sein. Im Letzteren Fall kann auch von mehreren Kühlkanälen gesprochen
werden. Der zumindest eine Kühlkanal weist Durchbrüche oder Öffnungen (7, 7') zum
Kolbeninneren und/oder zur Ringwand (5) aufweisen.
[0019] Die Durchbrüche oder Öffnungen zum Kolbeninneren (7) dienen zum Austausch von Kühlmittel
bzw. Öl. Typischerweise handelt es sich hierbei um runde Öffnungen oder um Bohrungen.
Es können aber je nach Erfordernis auch andere Geometrien realisiert werden. Dies
ist insbesondere durch das erfindungsgemäß gewählte Herstellungsverfahren des Gießens
einfach zu bewerkstelligen, beispielsweise indem geeignet geformte Gießkerne oder
Einlegeteile verwendet werden. In diesem Fall kann das Bohren von Öffnungen eingespart
werden.
[0020] Des Weiteren kann der Kühlkanal (4) auch zur Ringwand hin unterbrochen sein, so dass
eine Öffnung (7') entsteht. Damit der Kühlkanal (4) mit Öffnungen zur Ringwand (5)
nicht nach außen geöffnet bleibt, ist er durch mindestens ein Verschlussteil (6) nach
außen abgeschlossen. Das Kühlrohrsystem ist somit mehrteilig aufgebaut. Das Verschlussteil
(6) ist bevorzugt durch einen Blech oder Verschlussblech oder einen Stahlring gebildet.
Zur Verklammerung kann das Verschlussteil dabei in den Kühlkanal hineinragen. Das
Verschlussteil ist typischerweise angeschweißt oder angelötet. Durchbruch bzw. Öffnung
(7') und Verschlussteil (6) sind bevorzugt im Bereich oder innerhalb einer Ringnut
(10) angeordnet.
[0021] In einer weiteren bevorzugten Ausgestaltung der Erfindung ist der mindestens eine
Kühlkanal (4) durch ein eingegossenes Stahlrohr (3) ausgebildet. In der Regel ist
das Stahlrohr auch im gegossenen Stahlkolben aufgrund der im Grenzbereich bzw. Angussbereich
herrschenden Unregelmäßigkeiten des Gefüges noch identifizierbar. Ist das Stahlrohr
vor dem Eingießen zum Besseren Verbinden beschichtet, beispielsweise mit Sn, so bildet
sich ein Grenzbereich aus Mischlegierung um den Kühlkanal (4) herum aus.
[0022] In einer weiteren erfindungsgemäßen Variante ist der, beziehungsweise sind die Kühlkanäle
(4) vollständig durch eingegossene Stahlrohre (3) gebildet und die Kühlkanäle (4)
weisen keine Öffnung (7') zur Ringwand hin auf. Sie sind nach außen geschlossen und
erfordern kein Verschlussteil (6). Bevorzugt sind auch hier Öffnungen (7) nach innen
vorhanden. Das Kühlrohrsystem ist somit einteilig aufgebaut.
[0023] Es ist möglich, dass der Stahl des Kolbens und der Stahl des eingegossenen Stahlrohrs
(3) eine unterschiedliche Zusammensetzung aufweisen. Ebenso kann zwischen Kolben und
eingegossenem Stahlrohr eine Zwischenschicht gebildet sein, die eine vom Stahl des
Kolbens unterschiedliche Zusammensetzung aufweist. Bevorzugt werden die Stahlrohre
aus hochschmelzenden Stählen oder hochwarmfesten Stählen gebildet. Die Verwendung
der gut gießfähigen Stähle ist nicht erforderlich.
Bei dem Material des eingegossenen Stahlrohrs kann es sich auch um die bewährten Stähle
aus der Gruppe MoCr4, 42CrMo4, CrMo4 oder 31CrMoV6 handeln.
[0024] In einer weiteren Ausgestaltung der Erfindung weist die Pleuellagerwand (9) eine
Lagerschale auf, beziehungsweise ist die Pleuellagerwand (9) zumindest teilweise durch
eine Lagerschale gebildet, die aus einem Eingussteil besteht. Das Eingussteil, beziehungsweise
die hierdurch gebildete Lagerschale besteht bevorzugt aus einem hochverschleißfesten
Stahl. Durch das erfindungsgemäß gewählte Gießen des Stahlkolbens kann in einfacher
Weise durch Anguss ein besonders geeignetes Material für eine Lagerschale eingebracht
werden. Als Material der Lagerschale wird insbesondere ein Stahl aus der Gruppe MoCr4,
42CrMo4, CrMo4 oder 31CrMoV6 gewählt. Die Lagerschale kann gegebenenfalls auch spezielle
Gleitbeschichtungen tragen.
[0025] In einer weiteren Variante der Erfindung wird nicht der gesamte Kolben einstückig
und Material einheitlich gegossen, sondern nur das Kolbenoberteil. Erfindungsgemäß
ist ein Kolben für Verbrennungsmotoren vorgesehen, der zumindest ein Kolbenoberteil
(12) mit Verbrennungsmulde (11) und Ringwand (5) sowie ein Kolbenunterteil (13) mit
Pleuellager (8) umfasst. Das Kolbenunterteil (13) ist dabei aus einer Edelstahllegierung
der Zusammensetzung Mn: 4-6, Si: 0,3-1, C: 0,01-0,03, Cr: 19-22, Ni: 1-3, Cu: 0,2-1,
N: 0,05-0,17, Rest Fe sowie unvermeidliche Stahlbegleitelemente einstückig und materialeinheitlich
gegossen und mit dem Kolbenoberteil (12) aus Stahl durch Schweißen verbunden ist.
[0026] Hierbei kann das Kolbenoberteil auf konventionelle Weise gefertigt sein. Bevorzugt
ist das Kolbenoberteil (13) ein Schmiedeteil.
[0027] Das Material des Kolbenoberteils ist nicht auf die Stähle des Unterteils beschränkt.
Vielmehr kann auf die bereits bewährte Stähle zurückgegriffen werden. Zu den geeigneten
Stählen zählen unter anderem MoCr4, 42CrMo4, CrMo4 oder 31CrMoV6.
[0028] Das Fügen von Kolbenoberteil (12) und Kolbenunterteil (13) erfolgt erfindungsgemäß
durch Schweißen. Besonders bevorzugt ist das Reibschweißen. Die Trennlinie zwischen
Ober- und Unterteil kann je nach Ausgestaltung des Kolbens in unterschiedlicher Höhe
des Kolbens verlaufen. Bevorzugt ist die Trennlinie in etwa am unteren Ende der Ringwand
(5) (vergleiche Fig. 3) angeordnet.
[0029] Ein weiterer Aspekt der Erfindung betrifft ein besonders geeignetes Verfahren zur
gießtechnischen Herstellung eines Stahlkolbens.
[0030] Das erfindungsgemäße Verfahren zur Herstellung eines einstückigenund materialeinheiltlichen
Stahlkolbens der zumindest ein Kolbenoberteil (12) mit Verbrennungsmulde (11) und
Ringwand (5) sowie ein Kolbenunterteil (13) mit Pleuellager (8) umfasst,
sieht vor, dass ein Niederdruckgießverfahren angewendet wird. Dabei wird die Stahlschmelze
mittels eines Steigrohrs kontrolliert von unten her in den Formhohlraum der
aufgesetzten Gießform, mit einem Überdruck von 0,3 bis 5 bar gedrückt wird, wobei
der Anguss des Kolbens von unten über den Bereich der Kolbenmulde (11) erfolgt. Fig.
1 zeigt schematisch den Zufluss (2) der Schmelze von unten in den Bereich der Kolbenmulde
(11).
[0031] Von wesentlicher Bedeutung ist dabei die erfindungsgemäße Anwendung des Nierdruckgussverfahrens
auf Stahlschmelzen.
[0032] Bei dem Niederdruckgießverfahren wird eine Gießanordnung, gewählt bei der die Metallschmelze
mittels eines Steigrohrs kontrolliert von unten her, also entgegen der Schwerkraft,
in den Formhohlraum der aufgesetzten Gießform eingedrückt wird. Als Gießform kann
eine Kokille oder auch Sandformen verwendet werden. Der komplexen Form des abzugießenden
Kolbens gemäß ist es zweckmäßig die Kokille mit Sandkernen zu kombinieren, beziehungsweise
Sandkerne oder Kernpakete in die Gießform einzulegen.
[0033] Der beim Niederdruckgießen angewandte Druck ist üblicherweise relativ niedrig und
bewegt sich je nach notwendiger Steighöhe und der Dichte des Gusswerkstoffes zwischen
0,02 und 0,1 MPa.
[0034] Der Gießdruck liegt erfindungsgemäß bei einem Überdruck von ca. 0,3 bis 5 bar. Eine
präzise Regelung des Gießdrucks, sowie des Druckverlaufs (Druckaufbau, Haltephase
und Nachdruck) ist für eine gleichmäßige und lunkerfreie Formfüllung erforderlich.
Bevorzugt werden 0,5 bis 1,5 bar angewendet.
[0035] Der Gießofen und die Kokille bilden eine Kokillenguss-Einheit, welche durch das Steigrohr
verbunden sind. Der Gießofen ist insgesamt druckdicht abgeschlossen. Der Ofen dient
in der bevorzugt nur zum Warmhalten und nicht zum Erschmelzen des Metalls. Dabei wird
die Metallschmelze über die Druckbeaufschlagung des Warmhalteofens mit geregeltem
Gießdruck und gesteuerter Gießgeschwindigkeit turbulenzarm von unten in die Gießform
eingegossen. Anstelle von Druckluft kann auch ein inertes Gas verwendet werden. Bevorzugt
wird mit Stickstoff gearbeitet. Der entstehende Kolben wird über den anstehenden Gießdruck
bis zum Ende seiner Erstarrung nachgespeist. Hierdurch wird ein dichteres Gefüge als
beim Kokillenguss oder Schwerkraftguss erreicht wird.
[0036] Aufgrund der filigranen Form des Kolbens, insbesondere der dünnen Wände, ist ein
möglichst lunkerfreier Guss von entscheidender Bedeutung.
[0037] In einer ersten Ausgestaltung wird auf einen Speiser fast vollständig verzichtet,
da die Speisung durch das Steigrohr erfolgt. Um diesen Vorteil nutzen zu können, wird
in der das Verfahren so ausgelegt, dass die Erstarrung von oben her bis zu einer definierten
Stelle direkt über dem Steigrohr erfolgt und im Steigrohr flüssig bleibt. Das kann
beispielsweise erreicht werden, indem das Steigrohr beheizt wird oder eine besondere
Wärmeisolierung erhält. Des Weiteren ist es möglich alleine oder zusätzlich zum beheizten
Steigrohr die Form an speziellen Stellen zu kühlen. Dies ist besonders effektiv, wenn
es sich um eine Kokille aus Metall oder Graphit handelt.
[0038] Eine weitere Variante sieht die Verwendung von Sandformen vor und die Vorteile der
steigenden Formfüllung zu nutzen, aber auf die Speisung durch das Steigrohr zu verzichten.
Bevor der gegossene Kolben vollständig erstarrt ist, wird der Anschnitt der Form verschlossen.
Hierauf wird der Druck im Niederdruckgussofen gesenkt und die Schmelze läuft aus dem
Steigrohr in den Ofen zurück. Hierdurch lässt sich die Prozesszeit verkürzen.
[0039] Gegenüber den konventionellen Gießverfahren hat das Niederdruckgussverfahren auch
den Vorteil, dass die Temperatur der Schmelze kann genau eingestellt werden kann.
Hierdurch ist der Gießverlauf, beziehungsweise die exakte Formfüllung gut berechenbar.
[0040] Ein weiterer Vorteil des Niederdruckgusses ist es, dass Gießfehler, wie Gaseinschlüsse
durch turbulente Formfüllung oder Kaltlauf durch zu langsame Formfüllung, durch eine
genau gesteuerte Formfüllung, insbesondere genau gesteuerte Füllgeschwindigkeit verhindert
werden.
[0041] Beim erfindungsgemäßen Verfahren wird ein Gussteil gebildet, das einstückig und materialeinheitlich
ist. Weist der Stahlkolben weitere spezielle Bauteile auf, wie beispielsweise Kühlkanäle,
besteht die Möglichkeit, dass diese im fertigen Kolben einstückig und materialeinheitlich
mit dem Gussstück sind.
[0042] Besonders bevorzugt wird die hinsichtlich Materialeigenschaften und Gießfähigkeit
besonders geeignete Edelstahllegierung mit der folgenden Zusammensetzung eingesetzt:
Mn: 4-6
Si: 0,3-1
C: 0,01-0,03
Cr: 19-22
Ni: 1-3
Cu: 0,2-1
N: 0,05-0,17
Rest Fe sowie unvermeidliche Stahlbegleitelemente.
[0043] In bevorzugter Ausgestaltung der Erfindung werden in die Gießform eines oder mehrere
Einlegeteile zur Bildung spezieller Bauteile des Kolbens eingelegt. Unter Einlegeteilen
sind dabei im Gegensatz zu den ebenso beim Guss verwendbaren Sandkernen Teile zu verstehen,
die im gegossenen Kolben verbleiben.
[0044] Die Einlegeteile sind dabei zweckmäßigerweise aus Stahl, da hier gute Materialkompatibilität
zum Stahl des Kolbens besteht. Mit den Einlegeteilen werden besonders bevorzugt mindestens
ein Kühlkanal (4) und/oder eine Pleuellagerwand (9) gebildet. Hierzu werden entsprechend
Stahlrohre (3) oder Stahlschalen in die Gießform eingelegt. Bevorzugt sind die Einlegeteile
Bestandteil von Sand-Kernpaketen.
[0045] Beim Stahlrohr kann sich auch um ein sandgefülltes Rohr handeln. Durch die Sandfüllung
des Rohrs ist ein gleichmäßiges Vorformen des Rohrs möglich. Beim Gießen verhindert
die Sandfüllung ein unbeabsichtigtes Durchbrechen der Schmelze durch partielles Aufschmelzen
des Rohrs.
[0046] Besonders bevorzugt ist das Stahlrohr dann mit Formsand gefüllt, wenn es eine Öffnung
(7') zur Ringwand (5) oder große Öffnungen (7) zum Kolbeninneren aufweist.
[0047] Die Öffnungen (7) zum Kolbeninneren können gießtechnisch und/oder durch spätere Bearbeitung
des Gussteils eingebracht werden. Dagegen wird die Öffnung (7') zur Ringwand (5) zweckmäßigerweise
beim Guss gebildet, da die große Öffnung ein leichtes und vollständiges Entfernen
von im Stahlrohr enthaltenen Kernsand ermöglicht.
1. Stahlkolben für Verbrennungsmotoren, der zumindest ein Kolbenoberteil (12) mit Verbrennungsmulde
(11) und Ringwand (5) sowie ein Kolbenunterteil (13) mit Pleuellager (8) umfasst,
dadurch gekennzeichnet, dass
der Stahlkoben aus einer Edelstahllegierung der Zusammensetzung in Gew.%
Mn: 3-9
Si: 0,3-1
C: 0,01-0,03
Cr: 15-27
Ni: 1-3
Cu: 0,2-1
N: 0,05-0,17
Rest Fe sowie unvermeidliche Stahlbegleitelemente einstückig und materialeinheitlich
gegossen ist.
2. Stahlkolben nach Anspruch 1,
dadurch gekennzeichnet, dass
der Kolben im Kolbenoberteil (12) einen oder mehrere Kühlkanäle (4) aufweist, die
zumindest teilweise Durchbrüche oder Öffnungen (7, 7') zum Kolbeninneren und/oder
zur Ringwand (5) aufweisen.
3. Stahlkolben nach Anspruch 2,
dadurch gekennzeichnet, dass
das mindestens ein Kühlkanal (4) durch ein eingegossenes Stahlrohr (3) gebildet ist.
4. Stahlkolben nach Anspruch 3,
dadurch gekennzeichnet, dass
der Stahl des Kolbens und der Stahl des eingegossenen Stahlrohrs (3) eine unterschiedliche
Zusammensetzung aufweisen und/oder zwischen Kolben und eingegossenem Stahlrohr eine
Zwischenschicht gebildet ist, die eine vom Stahl des Kolbens unterschiedliche Zusammensetzung
aufweist.
5. Stahlkolben einem der vorangegangenen Ansprüche,
dadurch gekennzeichnet, dass
die Kühlkanäle (4) mit Öffnungen zur Ringwand (5) durch mindestens ein Verschlussteil
(6) nach außen abgeschlossen sind.
6. Stahlkolben Anspruch 5,
dadurch gekennzeichnet, dass
das Verschlussteil (6) durch ein Blech oder Stahlring gebildet ist.
7. Stahlkolben nach einem der Ansprüche 1 bis 4,
dadurch gekennzeichnet, dass
Kühlkanäle (4) keine Öffnung (7') zur Ringwand hin aufweisen und vollständig durch
eingegossene Stahlrohre (3) gebildet sind.
8. Stahlkolben nach einem der vorangegangenen Ansprüche,
dadurch gekennzeichnet, dass
die Pleuellagerwand (9) eine Lagerschale aufweist, die durch ein Eingussteil gebildet
ist.
9. Stahlkolben nach Anspruch 8,
dadurch gekennzeichnet, dass
das Eingussteil der Lagerschale durch einen hochverschleißfesten Stahl gebildet ist.
10. Stahlkolben nach einem der vorangegangenen Ansprüche,
dadurch gekennzeichnet, dass
das Eingussteil der Lagerschale oder das eingegossene Stahlrohr (3) aus einem Stahl
der Gruppe MoCr4, 42CrMo4, CrMo4 oder 31CrMoV6 gebildet ist.
11. Stahlkolben für Verbrennungsmotoren, der zumindest ein Kolbenoberteil (12) mit Verbrennungsmulde
(11) und Ringwand (5) sowie ein Kolbenunterteil (13) mit Pleuellager (8) umfasst,
dadurch gekennzeichnet, dass
das Kolbenunterteil (13) aus einer Edelstahllegierung der Zusammensetzung in Gew.%
Mn: 4-6
Si: 0,3-1
C: 0,01-0,03
Cr: 19-22
Ni: 1-3
Cu: 0,2-1
N: 0,05-0,17
Rest Fe sowie unvermeidliche Stahlbegleitelemente, einstückig und materialeinheitlich
gegossen ist
und mit dem Kolbenoberteil (12) aus Stahl durch Schweißen verbunden ist.
12. Stahlkolben nach Anspruch 11,
dadurch gekennzeichnet, dass
das Kolbenoberteil (13) ein Schmiedeteil ist.
13. Stahlkolben nach Anspruch 11 oder 12,
dadurch gekennzeichnet, dass
das Kolbenoberteil (13) und das Kolbenunterteil (13) durch Reibschweißen miteinander
verbunden sind.
14. Verfahren zur Herstellung eines einstückigen und materialeinheiltlichen Stahlkolbens
der zumindest ein Kolbenoberteil (12) mit Verbrennungsmulde (11) und Ringwand (5)
sowie ein Kolbenunterteil (13) mit Pleuellager (8) umfasst,
dadurch gekennzeichnet, dass
ein Niederdruckgießverfahren angewendet wird,
bei dem eine Stahlschmelze mittels eines Steigrohrs kontrolliert von unten her in
den Formhohlraum der aufgesetzten Gießform,
mit einem Überdruck von 0,3 bis 5 bar gedrückt wird, wobei der Anguss des Kolbens
von unten über den Bereich der Kolbenmulde (11) erfolgt, wobei.
der Stahl ausgewählt wird aus einer Edelstahllegierung der Zusammensetzung in Gew.%
Mn: 4-6
Si: 0,3-1
C: 0,01-0,03
Cr: 19-22
Ni: 1-3
Cu: 0,2-1
N: 0,05-0,17
Rest Fe sowie unvermeidliche Stahlbegleitelemente.
15. Verfahren nach Anspruch 14,
dadurch gekennzeichnet, dass
in die Gießform eines oder mehrere Einlegeteile aus Stahl zur Bildung von mindestens
einem Kühlkanal und/oder der Pleuellagerwand (9) eingelegt werden.
16. Verfahren nach Anspruch 15,
dadurch gekennzeichnet, dass
zur Bildung eines Kühlkanals (4) ein geschlossenes Stahlrohr (3) oder ein mit Kernsand
gefülltes teilweise geöffnetes Stahlrohr (3) eingelegt wird.
17. Verfahren nach einem der Ansprüche 15 oder 16,
dadurch gekennzeichnet, dass
in die Gießform mindestens ein Gießkern oder ein Kernpaket zur Bildung von Kühlkanälen
(4) eingelegt wird.
18. Verfahren nach Anspruch 17,
dadurch gekennzeichnet, dass
das Kernpaket Einlegeteile aus Stahl aufweist.