(57) Erfindungsgemäss werden ein Verfahren und eine Vorrichtung zur Prüfung von Zugbeeinflussungseinheiten
mit Zustandsdaten von Streckensignalen bei Relaisstellwerken offenbart, umfassend:
a) einen Prüfsatz entsprechend der Prüfaufgabe einstellen (Grundstellung);
b) zugehörigen Relaissatz des betroffenen Streckensignals entfernen und den Prüfsatz
einsetzen;
c) gemäss einem Prüfprotokoll einen erstmöglichen Fahrbegriff am Prüfsatz simulieren;
d) Prüfung der Übereinstimmung an der Zugbeeinflussungseinheit in der Aussenanlage
bezüglich des den Fahrbegriff reflektierenden Telegramminhalts;
e) Prüfen der weiteren Fahrbegriffe der Signalfunktion des Standortes gemäss c) und
d) bis alle sicherheitsrelevanten Fahrbegriffe geprüft worden sind;
f) Zurücktauschen des Prüfsatzes gegen den entsprechenden Relaissatz nach Beenden
der Prüfung;
g) Prüfen, ob HALT-Rückmelder aktiv ist, das heisst, der zurückgetauschte Relaissatz
in Grundstellung ist, und
h) Freigabe des Streckensignals für eine Wiederaufnahme dessen Nutzung im normalen
Betriebsablauf.
[0001] Die vorliegende Erfindung betrifft ein Verfahren und eine Vorrichtung zum vollständigen
Prüfung von Zugbeeinflussungseinheiten mit Zustandsdaten von Streckensignalen bei
Relaisstellwerken.
[0002] Mit der Einführung einer neuen Zugbeeinflussungstechnologie, wie z.B. ETCS, ist es
je nach zugehörigem Level des Verfahrens erforderlich, an den Lichtsignalen der Sicherungsanlage
zur Anzeige der Fahrberechtigung für den voraus liegenden Abschnitt des im Streckennetzes
den jeweils angezeigten Begriff abzugreifen und der Telegrammaufbereitung der neuen
beizustellenden Zugbeeinflussungstechnologie zuzuführen.
[0003] Diese Fahrberechtigungssignale, es sind meist Rot / Orange / Grün - Signalsysteme
mit 3 Aspekten, verfügen teilweise zusätzlich über eine Anzeige für von der Streckengeschwindigkeit
nach unten abweichende einzuhaltende Geschwindigkeitslimiten für den nächsten Abschnitt.
[0004] Da heute die Netze der Bahnen sehr stark genutzt und bis an die Grenzen ausgelastet
werden, ist die vollständige Prüfung der Sicherungsanlagen zu Abnahmezwecken im Streckennetz
nach der Installation einer neuen Zugbeeinflussungstechnologie vor deren Nutzung ein
schwieriges Unterfangen. Die auf den Sicherheitslevel der neu eingebrachten Funktion
abgestimmte Prüfung muss nach Kriterien durchgeführt werden, welche den Richtlinien
der Zulassungsbehörden entsprechen.
[0005] Das verlangt, dass alle Zustände an den für den Fahrzeugführer zu beachtenden funktionalen
Elementen des Stellwerkes in der Aussenanlage einzustellen sind, in der Regel sind
das Signale, deren korrekte und vollständige Übereinstimmung auf die neu installierte
Zugbeeinflussungstechnologie zu prüfen und zu protokollieren ist.
[0006] Konkret heisst dies in der Regel, dass alle Signalbegriffe eines Signals einzustellen
sind und die Richtigkeit der Ausgabe an der ETCS Balise mittels Telegrammempfang und
Verifikation des gesendeten Inhalts zu prüfen ist.
[0007] Die Aufgabe der Prüfung ist bei Relaisstellwerken besonders schwierig, da diese als
Zustandsautomaten ausgebildet sind und dadurch über keine Datenschnittstellen verfügen,
über welche mittels Diagnoserechner einzelne funktionale Elemente ausserhalb des Fahrstrassen-Stellprozesses
beeinflusst werden können.
[0008] Eine der generellen Schwierigkeiten besteht darin, dass mittels der Einstellung von
Fahrstrassen teilweise nur mit grossem Aufwand oder gar nicht eine Einstellung von
bestimmten Fahrbegriffen an einem spezifischen Signal möglich ist. Diese Situation
besteht unter anderem bei der Rückfallebene der Signalisierung im Störungsfall, hier
ist das Herbeiführen der jeweiligen Störungen erforderlich um die Auswirkungen anzustossen.
[0009] Weiter kommt hinzu, dass das gesamte zu prüfende Spektrum der Signaltypen die Hauptsignale,
Vorsignale, Block- und Deckungssignale beinhaltet. Nachfolgend wird jedoch exemplarisch
nur vom Signal gesprochen, bevorzugt ein Hauptsignal.
[0010] Um diese Fahrbegriffe prüfen zu können, müssen somit verschiedene Fahrwege eingestellt
werden (zum Teil quer über die gesamte Gleisanlage eines Bahnhofs), was mit der heutigen
Dichte des Zugverkehrs meist nicht mehr vertretbar durchführbar ist.
[0011] Die bisherige exemplarische Lösung wird anhand von Spurplan-Relaisstellwerken, wie
der Typ DOMINO 67 der Anmelderin, welcher verbreitet in der Schweiz im Einsatz steht,
beschrieben.
[0012] Die Betreiber von Relaisstellwerken lassen in der Regel Eingriffe für eine Funktionsbeeinflussung
nicht zu, verbieten sie jedoch auch nicht generell. In der Folge werden nach einem
bekannten Vorgehen zur Durchführung von Prüfungen im Relaisstellwerk in einer Systemeinheit,
das heisst dem einem Signal zugehörigen Relaissatz, alle in die Funktion involvierten
Sicherheitsrelais von Hand in die erforderliche Lage gebracht und mechanisch mittels
eines Keils in der Anzugslage arretiert. Mit der zwangsweise eingenommenen Stellung
der dem zu prüfenden Signals zugehörigen Sicherheitsrelais wird der gewünschte Signalbegriff
erzwungen.
[0013] Verkeilungen sind mechanische Eingriffe an Sicherheitsrelais und dadurch kann unbeabsichtigt
und unerkannt eine Beschädigung am Relais verursacht werden. Das kann gravierende
sicherheitsrelevante Auswirkungen haben.
[0014] Ein zweites Vorgehen besteht im Stellen des höchsten Fahrbegriffs und in der Folge
werden mittels Wegdrücken oder Abdrücken von angezogenen Relais alle tieferwertigen
Fahrbegriffe gebildet.
[0015] Verkeilen und Abdücken sind Vorgehen ohne einheitliche technische Basis und bergen
deshalb Gefahren. Solche Vorgehensweisen erfordern hohes Fachwissen sowie eine genaue
Anleitung und eine strenge Protokollierung. Es besteht jedoch infolge der an sich
unübersichtlichen Vorgehensweise die Schwierigkeit, die Regressionsfähigkeit der Tests
zu gewährleisten.
[0016] Generell ist festzuhalten, durch die manuellen Eingriffe im Relaissatz können folgende
Gefahren oder Behinderungen entstehen:
- Manipulation am "falschen" Relais. Dieser Erstfehler kann mit einem zweiten unabhängigen
Fehler zu einer Gefährdung führen (Mehrfehlerfall)
- Mechanische Beschädigung durch das Verkeilen oder Abdrücken der Relais
- Nach dem Beenden der Prüfung verkeiltes Relais nicht befreien
- Bei Ausfahrsignal wird Block angeschaltet, was zu betriebshemmenden Zuständen kann
und indirekt Risiken bewirken kann.
[0017] Es wird ein Verfahren und eine Vorrichtung vorgeschlagen, welches keine Eingriffe
an den Sicherheitsrelais der Systemeinheiten, der Relaissätze erfordert.
[0018] Es sind zwei Funktionsbereiche im Spurplan-Relaisstellwerk von Bedeutung, welche
auf eine neue Lösung für die Tests entscheidenden Einfluss haben.
- 1. Der Zentralverschluss mit seiner Relaissatzüberwachung, welcher das gesamte Stellwerk
sicherheitstechnisch kontrolliert (sozusagen die Achillesferse der Sicherheit).
- 2. Die Spurplantechnik mit der Fähigkeit, dass die spezifischen Relais(steuer)sätze
der Aussenanlageelemente diejenigen Eigenschaften besitzen, welche sie befähigen,
bei der Fahrstrasseneinstellung die Gleisbelegung (Stellen und Auflösung) zu verwalten.
Die Relais(steuer)sätze sind selbst Zustandsautomaten und somit deterministisch.
[0019] Es wird in der Grundsatzfunktion einheitlicher jedoch ein auf den Signaltyp optimierter
Prüfsatz verwendet anstelle des Signal-Relaissatzes.
Dieser Prüfsatz verfügt über die Eigenschaften zum Ansteuern der Signale in der Aussenanlage.
Er verfügt jedoch nicht über Funktionen zum Einstellen einer Fahrstrasse, aber zum
Einstellen des in Prüfung stehenden Hauptsignals (Ziel). Dadurch ist das Vordringen
eines Zuges in den Bereich des jeweils zu prüfenden Signals aus signaltechnischer-
wie auch aus der Forderung nach Prüfer-Personenschutz - nicht möglich. Gefahren durch
einen herannahenden Zuges bestehen somit nicht mehr.
[0020] Die zu prüfenden Fahrbegriffe werden mittels des Prüfsatzes simuliert.Die Eingabe
im Prüfsatz kann manuell erfolgen oder es ist ein Interface zu einem Prüfrechner möglich,
über welchen die Prüfprozedur systematisiert werden kann.
Der Prüfsatz beschaltet jedoch die Ringleitung des Zentralverschlusses im Stellwerk,
so dass die Funktion des Stellwerkes gesamthaft nicht beeinträchtigt ist.
[0021] Eine Fahrstrasse mit einem Ziel-Prüfling kann daher erst wieder eingestellt werden,
wenn der Prüfsatz gegen den entsprechenden Relaissatz des Signals wieder zurück getauscht
worden ist.
[0022] Das Vorgehen in Einzelschritten bei der Prüfung eines Signals mit deren zusätzlich
installierten ETCS-Zugsicherungseinrichtungen ist vorzugsweise dargestellt.
[0023] Zugslagen in der Gleisanlage mit Fahrdienst feststellen und Prozedur Startzeitpunkt
festlegen
1. (Relais)-Prüfsatz entsprechend der Aufgabe einstellen (Grundstellung)
2. Betreffenden Relaissatz des betreffenden Signals entfernen
3. Prüfsatz einsetzen
4. Gemäss Prüfprotokoll den erstmöglichen Fahrbegriff am Prüfsatz simulieren
5. Prüfung der Übereinstimmung in der Aussenanlage bezüglich Telegramminhalt
6. Die weiteren Fahrbegriffe der Signalfunktion des Standortes gemäss Punkt 3 und
4 prüfen
7. Nach Beenden der Prüfung den Prüfsatz gegen entsprechenden Relaissatz zurücktauschen
8. Prüfen, ob HALT-Rückmelder aktiv ist, das heisst, der Satz ist in Grundstellung
9. Signalfreigabe an Fahrdienstleiter für die Nutzung im Betriebsablauf
[0024] Der erfinderische Schritt liegt darin, dass ein neues Verfahren und eine Einrichtung
festgelegt wird, welche die Nachteile der Verkeilmethode bezüglich Personensicherheit
sowie Regression und insbesondere Fehleranfälligkeit durch manuelle handwerklich anspruchsvolle
Handhabungen eliminiert.
1. Verfahren zur Prüfung von Zugbeeinflussungseinheiten mit Zustandsdaten von Streckensignalen
bei Relaisstellwerken, umfassend die Schritte:
a) einen Prüfsatz entsprechend der Prüfaufgabe einstellen (Grundstellung);
b) zugehörigen Relaissatz des betroffenen Streckensignals entfernen und den Prüfsatz
einsetzen;
c) gemäss einem Prüfprotokoll einen erstmöglichen Fahrbegriff am Prüfsatz simulieren;
d) Prüfung der Übereinstimmung an der Zugbeeinflussungseinheit in der Aussenanlage
bezüglich des den Fahrbegriff reflektierenden Telegramminhalts;
e) Prüfen der weiteren Fahrbegriffe der Signalfunktion des Standortes gemäss c) und
d) bis alle sicherheitsrelevanten Fahrbegriffe geprüft worden sind;
f) Zurücktauschen des Prüfsatzes gegen den entsprechenden Relaissatz nach Beenden
der Prüfung;
g) Prüfen, ob HALT-Rückmelder aktiv ist, das heisst, der zurückgetauschte Relaissatz
in Grundstellung ist, und
h) Freigabe des Streckensignals für eine Wiederaufnahme dessen Nutzung im normalen
Betriebsablauf.
2. Vorrichtung zur Prüfung von Zugbeeinflussungseinheiten mit Zustandsdaten von Streckensignalen
bei Relaisstellwerken, umfassend:
a) einen Prüfsatz entsprechend einer Prüfaufgabe einstellen (Grundstellung);
b) zugehörigen Relaissatz des betroffenen Streckensignals entfernen und den Prüfsatz
einsetzen;
c) gemäss einem Prüfprotokoll einen erstmöglichen Fahrbegriff am Prüfsatz simulieren;
d) Prüfung der Übereinstimmung an der Zugbeeinflussungseinheit in der Aussenanlage
bezüglich des den Fahrbegriff reflektierenden Telegramminhalts;
e) Prüfen der weiteren Fahrbegriffe der Signalfunktion des Standortes gemäss c) und
d) bis alle sicherheitsrelevanten Fahrbegriffe geprüft worden sind;
f) Zurücktauschen des Prüfsatzes gegen den entsprechenden Relaissatz nach Beenden
der Prüfung;
g) Prüfen, ob HALT-Rückmelder aktiv ist, das heisst, der zurückgetauschte Relaissatz
in Grundstellung ist, und
h) Freigabe des Streckensignals für eine Wiederaufnahme dessen Nutzung im normalen
Betriebsablauf.