[0001] Die Erfindung bezieht sich auf Maschinenkomponenten oder Bauteile mit einer Zugfestigkeit
von größer 2000 [MPa] für wechselnde, mechanische Belastungen bis zu einer Temperatur
von 160°C, gebildet aus einer thermisch vergüteten Stahllegierung. Insbesondere bezieht
sich die Erfindung auf Motor- und/oder Antriebskomponenten von Fahrzeugen.
[0002] Maschinenkomponenten mit wechselnder, mechanischer Beanspruchung werden in der modernen
Technik in zunehmendem Maße höher, bis an die Grenzen des jeweiligen Materialwiderstandes,
belastet. Insbesondere trifft dies für Komponenten in Fahrzeugen zu, weil die dadurch
erreichten Gewichtsverminderungen auch für Einsparungen von Treibstoffen und dgl.
nutzbar sind.
[0003] Von den Werkstoffen, aus welchen die Komponenten gebildet sind, werden im thermisch
vergüteten Zustand hohe Werte für das Eigenschaftsprofil Zähigkeit, Festigkeit und
Duktilität verlangt, weil diese Eigenschaftswerte für eine dimensionale Auslegung
der Teile von entscheidender Bedeutung sind.
[0004] Begründet durch Versagen von Teilen im Langzeitbetrieb sind, wie evident wurde, auch
die Eigenschaften der Materialermüdung zu berücksichtigen, um eine hohe Betriebssicherheit
zu erreichen.
[0005] Für Teile mit bedeutender, mechanischer Wechselbelastung im Bahn-, Automobil- und
Luftfahrtbereich werden derzeit nach dem Stand der Technik zumeist legierte, gegebenenfalls
niedrig legierte Vergütungsstähle verwendet. Ein bevorzugter Vertreter dieser Stähle
ist die Legierung gemäß DIN der Werkstoff Nr. 1.6928. Dieser eher niedrig legierte
Werkstoff enthält 1.40 bis 1.90 Gew.-% Silicium, um eine hohe Zeitstandfestigkeit
weitgehend sicherzustellen. Es wurde auch mit Vorteil versucht, den Siliciumgehalt
dieser Legierung auf bis zu 3.0 Gew.-% zu erhöhen, um beste Ermüdungseigenschaften
des Werkstoffes bei Beanspruchung der Teile zu erzielen.
[0006] Eine Verwendung von Stahllegierungen mit einer Zusammensetzung entsprechend jener
von Vergütungsstählen der vorher genannten Art hat sich für eine Herstellung von hochbeanspruchten
Maschinenkomponenten gemäß dem Stand der Technik durchaus bewährt, allerdings sind
deren Ermüdungseigenschaften oft nicht ausreichend für eine mechanische Wechselbelastung
im Grenzwertbereich eingesetzten Werkstoffes.
[0007] Es ist nun Ziel der Erfindung, Maschinenkomponenten oder Bauteile mit einer Zugfestigkeit
von größer 2000 [MPa] anzugeben, welche im thermisch vergüteten Zustand wechselnden,
mechanischen Belastungen bis zu einer Temperatur von 160°C ausgesetzt sind und wesentlich
verbesserte Langzeiteigenschaften und einen hohen E-Modul aufweisen.
[0008] Dieses Ziel wird mit einer thermisch vergüteten Stahllegierung für Maschinenkomponenten
und/oder Bauteile der eingangs genannten Art erreicht, welche eine chemische Zusammensetzung
in Gew.-% von
Kohlenstoff (C) |
0.48 |
bis |
0.55 |
Silicium (Si) |
0.18 |
bis |
0.25 |
Mangan (Mn) |
0.35 |
bis |
0.45 |
Chrom (Cr) |
4.40 |
bis |
4.70 |
Molybdän (Mo) |
2.90 |
bis |
3.10 |
Vanadin (V) |
0.72 |
bis |
0.77 |
Eisen (Fe) und erschmelzungsbedingte Begleitelemente und Verunreinigungen als Rest
besitzt.
[0009] Die mit der Verwendung eines erfindungsgemäßen Werkstoffs erreichten Vorteile sind
im Wesentlichen darin zu sehen, dass die Maschinenkomponenten der genannten Art bei
gleichen oder verbesserten, mechanischen Festigkeitseigenschaften eine wesentlich
höhere Ermüdungssicherheit bei hohen Belastungen aufweisen. Weiters hat der Werkstoff
bzw. das Bauteil nach der Erfindung einen wesentlich höheren E-Modul, was bei gleicher
spezifischer, mechanischer Beanspruchung zu geringeren Dehnwerten im elastischen Bereich
und somit zu höherer Lebensdauer der Teile führt.
[0010] Begleit- und Verunreinigungselemente stellen gegebenenfalls die Ursache für verminderte
Langzeiteigenschaften dar, weil diese Elemente an den Korngrenzen des Gefüges angereichert
vorliegen oder Verbindungen bilden können. Es wurde gefunden, dass die Werkstoffeigenschaften
bei Langzeit-Wechselbelastung nur geringfügig beeinträchtigt sind, wenn die höchsten
Gehalte eines oder mehrerer der folgenden Begleit- oder Verunreinigungselemente in
Gew.-%
Phosphor (P) |
0.005 |
Schwefel (S) |
0.001 |
Nickel (Ni) |
0.1 |
Kupfer (Cu) |
0.1 |
Cobalt (Co) |
0.1 |
Titan (Ti) |
0.005 |
Aluminium (Al) |
0.01 |
Stickstoff (N) |
0.003 |
Sauerstoff (O) |
0.002 |
Calcium (Ca) |
0.001 |
Magnesium (Mg) |
0.001 |
Zinn (Sn) |
0.005 |
betragen.
[0011] Mit Vorteil ist bei einer vorgenannten, chemischen Zusammensetzung durch thermisches
Vergüten eine homogene Verteilung und eine frei von Spitzenwerten gebildete Härte
von größer 54 HRC, insbesondere von größer 55 HRC, einstellbar, welche die Ermüdungssicherheit
steigert.
[0012] Von besonderer Bedeutung ist der Reinheitsgrad der Stahllegierung im Hinblick auf
eine Rissinitiation. Es wurde gefunden, dass in einem auf hohe Festigkeitswerte thermisch
vergüteten Werkstoff auch kleine, nichtmetallische Einschlüsse, auch mit etwas gerundeten
Kantenformen, sich höchst negativ auf die Ermüdungssicherheit, bei wechselnder, mechanischer
Belastung auswirken. Dieser Gegebenheit muss auch schmelztechnisch Rechnung getragen
werden, wobei nach einer reaktionskinetischen Flüssigstahlbehandlung in der Regel
noch ein zweimaliges Vakuum-Lichtbogen-Umschmelzen der Stahllegierung vorzusehen ist,
um einen Reinheitsgrad der erfindungsgemäßen Stahllegierung von kleiner/gleich D/0.5/DÜNN
1 (A-, B-, C-Typ Einschlüsse nicht vorhanden) nach ASTM E 45 einzustellen (Messfläche
160mm
2).
[0013] Wenn die Maschinenkomponenten bzw. das Bauteil einen Elastizitätsmodul des Werkstoffes
von größer 200 000 MPa besitzen (besitzt), weisen diese bzw. weist dieses im elastischen
Bereich der mechanischen Spannungen bei wechselnder Belastung geringere Dehn- und
Stauchwerte auf, wodurch eine höhere Lebensdauer erreicht wird bzw. bessere Ermüdungswerte
gegeben sind.
[0014] Besonders bewährt, hinsichtlich des gesamten Eigenschaftsprofiles, hat sich die vergütete
Stahllegierung bzw. der Werkstoff als Maschinenkomponente im Fahrzeugbau und zwar
insbesondere als Motor- und/oder Antriebs- und/oder Federteil.
[0015] Im Folgenden wird die Erfindung anhand von Untersuchungsergebnissen sowie vergleichenden
Diagrammen näher dargelegt.
Es zeigen:
Fig. 1 Zugfestigkeit
Fig. 2 Fließgrenze
Fig. 3 Bruchdehnung und Einschnürung
Fig. 4 E-Modul
Fig. 5 Bruchlastspielzahl
Fig. 6 Erprobungsanordnung
von Vergleichswerkstoffen und erfindungsgemäßen Maschinenkomponenten.
[0016] Stahllegierungen, enthaltend im Wesentlichen die Elemente in Gew.-% Kohlenstoff 0.49
bis 0.53, Silicium 0.20 bis 0.23, Mangan 0.36 bis 0.42, Chrom 4.50 bis 4.60, Molybdän
2.80 bis 3.00, Vanadin 0.70 bis 0.85, Rest Eisen und Verunreinigungen, wurden aufgrund
von Ergebnissen aus Vorversuchen als Werkstoffe mit einem erfindungsgemäßen Eigenschaftspotential
ermittelt und mit höchstmöglichem Reinheitsgrad hergestellt.
[0017] Derartig chemisch zusammengesetzte Werkstoffe sind, wie dem Fachmann geläufig ist,
Warmarbeitsstähle für Verwendungstemperaturen bis 500°C. Überraschend war gefunden
worden, dass diese Legierungen im thermisch vergüteten Zustand für Maschinenkomponenten
oder Bauteile mit wechselnder, mechanischer Beanspruchung bei niedrigen Temperaturen
vorteilhaft anwendbar sind, wenn eine chemische Zusammensetzung in engen Grenzen der
Legierungselemente gemäß der Erfindung gegeben ist.
[0018] Von erfindungsgemäßen Stahllegierungen mit hohem Reinheitsgrad, die mit W366 gekennzeichnet
sind, waren verformte und thermisch vergütete Proben gefertigt worden, welche in Untersuchungen
zur Ermittlung der Werkstoffkennwerte geprüft wurden.
[0019] Vergleichend mit dem erfindungsgemäßen Material erfolgte eine Feststellung der Werkstoffkennwerte
von gleich behandelten Werkstoffen, die gemäß dem Stand der Technik bislang für Maschinenkomponenten
der genannten Art Verwendung fanden und gemäß einer US-Norm mit einer Bezeichnung
300 M, entsprechend DIN Werkstoff Nr. 1.6928, sowie 300 M "improved" mit höherem Si-Gehalt
in den Gegenüberstellungen gekennzeichnet sind.
[0020] In Fig. 1 ist vergleichend die Zugfestigkeit mit den höchsten Werten für den erfindungsgemäß
vorgeschlagenen Werkstoff wiedergegeben.
[0021] Fig. 2 zeigt in einem, wie in Fig. 1 veranschaulicht, gleichen Balkendiagramm die
0.2%-Dehngrenze der Werkstoffe, wobei die Werte der Proben aus Bauteilen mit einer
Zusammensetzung W366 auf höchstem Niveau liegen.
[0022] Fig. 3 vermittelt, dass sowohl die Werte für die Bruchdehnung als auch jene für die
Brucheinschnürung des Werkstoffes W366 im Vergleich mit 300 M und 300 M "improved"
wesentlich höher sind, was wesentliche Vorteile für dessen Verwendung für Maschinenkomponenten
mit wechselnder, mechanischer Beanspruchung offenbart.
[0023] Auch der Elastizitätsmodul von Werkstoff W366 ist, wie aus Fig. 4 ersichtlich, im
Vergleich mit den Materialien gemäß dem Stand der Technik höher, sodass im schweren
Einsatz geringere, elastische Verformungen bei einer mechanischen Belastung des Materials
gegeben sind, wodurch ein Ermüdungsversagen eines Teiles aus W366 wesentlich vermindert
ist.
[0024] Fig. 5 zeigt das Ermüdungsverhalten der thermisch vergüteten Proben aus den untersuchten
Legierungen im Vergleich.
Zum Ermüdungsverhalten:
[0025] Bei zyklisch wiederholter Beanspruchung kommt es in einem Werkstoff zum subkritischen
Risswachstum. Ursache sind mikroplastische Verformungen, die sich im Laufe der Wechselbeanspruchung
zu einer relativ hohen Gesamtverformung summieren. Diese Form der Werkstoffschädigung
wird als Ermüdung bezeichnet. Auch zyklische, mechanische Spannungen, die weit unter
der Dehngrenze liegen, können zu Rissbildung und Risswachstum oder sogar zum Bruch
des Werkstoffes führen. Die Dauerschwingfestigkeit (Dauerfestigkeit) ist der Grenzwert
der Beanspruchung, bei dem auch nach unendlich vielen Schwingspielen (Lastwechsel)
kein Bruch mehr auftritt. Für die Bestimmung der Dauerfestigkeit muss der Wöhlerversuch
bis zum Erreichen einer Grenzschwingspielzahl N
G durchgeführt werden.
[0026] Bei den Werkzeugstählen können Brüche bis 10
7 Lastwechsel auftreten. Bei dieser Untersuchung wurde jedoch eine Grenzspielzahl von
2 x 10
6 Lastwechsel gewählt.
[0027] Die Ermüdungsversuche wurden an einer Resonanzprüfmaschine des Typs "TESTRONIC" mittels
Vierpunkt-Biegeanordnung durchgeführt. Diese auch so genannte Dauerschwingprüfmaschine
ist eine dynamische Prüfmaschine, die bei Voll resonanz arbeitet.
[0028] In Fig. 6 ist die Vierpunkt-Biegeanordnung schematisch dargestellt. Die Belastung
der Proben erfolgte über Rollen mit einem Durchmesser von 5mm. Der Abstand der Rollen
zueinander betrug im oberen Bereich 15mm und im unteren 30mm. Für diese Prüfung wurden
Vierkantproben mit folgenden Abmessungen verwendet: Höhe h = 5mm; Breite b = 7mm;
Länge I = 55mm.
[0029] Die Randfaserspannung σ
b wurde bei der Annahme einer linear elastischen Spannungsverteilung entsprechend der
Gleichung bestimmt.

Dabei ist M
b = x' x F/2 das Biegemoment und W
b = b x h
2/6 das Widerstandsmoment der Probe. F ist die Kraft, die auf die Rollen wirkt und
x' (= 7.5mm) ist der Hebelarm, der zusammen mit der zeitabhängigen Belastung F das
Biegemoment bildet.
[0030] Aus Fig. 5 sind deutlich die Vorteile bezüglich eines verbesserten Ermüdungsverhaltens
von Maschinenkomponenten oder Bauteilen gemäß der Erfindung ersichtlich, wobei der
Wertbereich "Durchlaufniveau" diejenige Spannungsamplitude kennzeichnet, bis zu welcher
bei unendlichem Lastspiel kein Bruch der Probe eintritt.
[0031] Um die Wirkung von Begleit- und Verunreinigungselementen auf das Eigenschaftsprofil
festzustellen, wurde mit diesen Elementen mit unterschiedlichen Konzentrationen die
erfindungsgemäße Stahllegierung dotiert und vergütete Proben aus dieser untersucht.
Nachfolgend sind die Ergebnisse der Erprobungen und die daraus resultierenden Grenzwerte
angegeben.
[0032] Die Verunreinigungselemente Phosphor und Schwefel führen bei Festigkeitswerten des
Werkstoffes von über 53 HRC zu spröden Ausscheidungen, wobei ein signifikanter Anstieg
der Versprödung ab 0.005 Gew.-% P und 0.001 Gew.-% S festzustellen war.
[0033] Calcium, Magnesium, Aluminium sind Desoxidierungselemente und bilden mit Sauerstoff
oxidische Einschlüsse, die aufgrund der scharfkantigen Ausformung und bei verformten
Werkstoffen der zeilenförmigen Anordnung wegen Nachteile bezüglich der Ermüdungssicherheit
des Werkstoffes bewirken, welche auch gegebenenfalls von der Verformungsrichtung abhängt.
Trotz mehrmaligem Vakuum-Lichtbogen-Umschmelzen ergaben die Materialuntersuchungen
obere Grenzwerte, die bei den erfindungsgemäßen Werkstoffen nicht überschritten werden
sollen. Diese Grenzwerte sind 0.01 Gew.-% Al, 0.001 Gew.-% Ca, 0.001 Gew.-% Mg und
0.002 Gew.-% O.
[0034] Stickstoff kann, insbesondere mit Legierungselementen sowie Titan und Sauerstoff,
scharfkantige Nitride bilden, welche durch eine erhöhte Festigkeit Spannungsspitzen
im Mikrobereich und derart eine Rissinitiation bewirken. Die gefundenen oberen Grenzwerte
der Gehalte liegen bei 0.003 Gew.-% N und 0.005 Gew. % Ti.
[0035] Nickel, Kupfer und Cobalt in geringen Konzentrationen stellen Einlagerungselemente
in die Kristallformation der Legierung dar, sollten jedoch wegen einer nachteiligen
Wirkung von Gitterstörungen auf die Langzeiteigenschaften des Werkstoffes Gehalte
von jeweils 0.1 Gew.-% nicht überschreiten.
[0036] Zinn ist aufgrund der äußerst geringen Löslichkeit in Eisenbasiswerkstoffen als ein
die Korngrenzen belegende Element zu sehen und wirkt ab einer Konzentration von 0.005
Gew.-% äußerst negativ auf die Ermüdungs- und insbesondere Zähigkeitseigenschaften
eines Bauteils mit wechselnder, mechanischer Beanspruchung.