[0001] Die Erfindung bezieht sich auf ein Verfahren zum Bereitstellen eines getrockneten
Reagenz in einem mikrofluidischen System sowie ein mikrofluidisclies System.
Hintergrund der Erfindung
[0002] Mikrofluidische Systeme weisen wenigstens abschnittsweise eine mikrofluidische Struktur
auf, in der ein oder mehrere Mikrokammern und / oder Mikrokanäle gebildet sind. Beispielsweise
werden solche mikrofluidischen Systeme als mikrofluidische Testelemente oder Test-Systeme
zur Verfügung gestellt, mit denen ein oder mehrere Analyte analysiert werden können,
zum Beispiel in einer Probe einer Körperflüssigkeit. Für diesen Anwendungszweck werden
dann in der mikrofluidischen Struktur ein oder mehrere Reagenzien bereitgestellt,
insbesondere für eine Nachweisreaktion mit dem zu analysierenden Analyten. Das eine
oder die mehreren Reagenzien sind in den Mikrokanälen und / oder den Mikrokammern
der mikrofluidischen Struktur angeordnet, so dass sie beim Auftragen der zu untersuchenden
Probe auf das mikrofluidische Testelement mit der Probenflüssigkeit in Kontakt kommen,
worauf üblicherweise eine Nachweisreaktion stattfindet.
[0003] In dem Dokument
WO 93/04195 wurde vorgeschlagen, Kugeln mit einem Reagenz für eine Analyse einer biologischen
Probe herzustellen, indem eine wässrige Lösung des Reagenz hergestellt, Tropfen der
wässrigen Lösung zum Gefrieren in eine Kälteflüssigkeit gegeben und die gefrorenen
Tropfen lyophilisiert werden.
[0004] Beim Lyophilisieren handelt es sich um eine Gefriertrocknung, die zu einem Flüssigkeitsentzug
aus dem tiefgefrorenen Material im Vakuum führt. Bei diesem Ausfrieren des Lösungsmittels,
bei dem es sich meistens um Wasser handelt, verdampft das Lösungsmittel im gefrorenen
Zustand (Sublimationstrocknung). Auf diese Weise ist eine schonende Trocknung und
Konservierung eines oder mehrerer Reagenzien möglich. Das Endprodukt einer Lyophilisierung
ist eine gefrorene Masse (Lyophilisat), die auch als ein poröser, stabiler und trockner
"Lyo-Kuchen" bezeichnet werden kann.
[0005] In dem Dokument
US 2007/0259348 A1 wurde vorgeschlagen, lyophilisierte Pellets hierzustellen, die für eine Nutzung in
einem mikrofluidischen System geeignet sind. Die lyophilisierten Pellets können verschiedene
biologische Reagenzien oder Mikropartikel enthalten. Die Pellets werden hergestellt,
indem Tropfen einer Reagenzlösung auf eine gekühlte Platte gegeben und dort gefroren
werden, woraufhin eine Vakuumbehandlung erfolgt.
Zusammenfassung der Erfindung
[0006] Aufgabe der Erfindung ist es, ein Verfahren zum Bereitstellen eines getrockneten
Reagenz in einem mikrofluidischen System sowie ein mikrofluidisches System bereitzustellen,
bei denen auf flexible und an eine jeweilige Anwendung anpassbare Art und Weise wenigstens
ein getrocknetes Reagenz in das mikrofluidische System zum Verbleib hierin eingebracht
werden kann.
[0007] Diese Aufgabe wird erfindungsgemäß durch ein Verfahren nach dem unabhängigen Anspruch
1 sowie ein mikrofluidisches System nach dem unabhängigen Anspruch 9 gelöst.
[0008] Ein Aspekt der Erfindung ist ein Verfahren zum Bereitstellen eines getrockneten Reagenz
in einem mikrofluidischen System, wobei das Verfahren die folgenden Schritte umfasst:
Bereitstellen eines mikrofluidischen Systems, welches eine mikrofluidische Struktur
aufweist, Einbringen eines ein Reagenz enthaltenden, fließfähigen Trägermediums in
der mikorfluidischen Struktur und Trocknen des Reagenz in der mikrofluidischen Struktur
mittels Lyophilisieren.
[0009] Weiterhin wird ein mikrofluidisches System bereit gestellt, bei dem in einer mikrofluidischen
Struktur ein mittels Lyophilisierung getrocknetes Reagenz angeordnet ist.
[0010] Mit der Erfindung wird die Möglichkeit geschaffen, zunächst das in der mikrofluidischen
Struktur einzulagernde Reagenz in gelöster oder suspendierter Form in die mikrofluidische
Struktur einzubringen, um anschließend eine Trocknung mittels Lyophilisierung durchzuführen.
Im Gegensatz zu den im Stand der Technik vorgesehenen Pellets lässt sich das Reagenz
mittels des fließfähigen Trägermediums, beispielsweise in Form einer Lösung oder einer
Suspension, einfacher in die Abschnitte der mikrofluidischen Struktur einbringen.
Es ist nicht notwendig, die Abschnitte der mikrofluidischen Struktur in geometrischer
Hinsicht für das Einbringen von Pellets oder Partikeln zu optimieren. Vielmehr fließt
das Trägermedium, bei dem es sich zum Beispiel um Wasser handeln kann, mit dem Reagenz
in die Abschnitte der mikrofluidischen Struktur in dem mikrofluidischen System. Darüber
hinaus wird eine möglichst homogene Verteilung des Reagenz in der mikrofluidischen
Struktur oder in Abschnitten hiervon erleichtert, soweit eine solche homogene Erteilung
im konkreten Anwendungsfall gewünscht ist. Die mikrofluidische Struktur kann hierbei
abschnittsweise in dem mikrofluidisehen System oder dieses im Wesentlichen ganz erfassend
gebildet sein.
[0011] Unabhängig von der konkreten Verteilung des getrockneten Reagenz in der mikrofluidischen
Struktur besteht der Vorteil darin, dass sich das getrocknete Reagenz schnell und
vollständig löst in einer Flüssigkeit. Zum Beispiel in einer wässrigen Lösung, die
bei der Nutzung des mikrofluidischen Systems in die mikrofluidische Struktur eingebracht
wird. Dies ist zum Beispiel bei kinetischen Messungen von besonderem Vorteil.
[0012] Mit Hilfe des Verfahrens können ein oder mehrere Reagenzien in die mikrofluidische
Struktur eingelagert werden. Die Einlagerung mehrerer Reagenzien kann beispielsweise
auch mittels mehrfacher Anwendung der Schritte zum Einbringen des Trägermediums und
anschließender Lyophilisierung erfolgen. Eine solche Mehrfachanwendung kann aber auch
im Zusammenhang mit dem Einbringen nur eines Reagenz in der mikrofluidischen Struktur
vorgesehen sein.
[0013] Eine bevorzugte Weiterbildung der Erfindung sieht vor, dass vor dem Einbringen des
fließfähigen Trägermediums die mikrofluidische Struktur thermisch behandelt wird.
Auf diese Weise kann die Einlagerung des oder der Reagenzien in der mikrofluidischen
Struktur gezielt beeinflusst werden.
[0014] Bei einer zweckmäßigen Ausgestaltung der Erfindung kann vorgesehen sein, dass beim
Einbringen des fließfähigen Trägermediums die mikrofluidische Struktur thermisch behandelt
wird.
[0015] Eine vorteilhafte Ausführungsform der Erfindung sieht vor, dass die mikrofluidische
Struktur bei der thermischen Behandlung gekühlt wird. Das Kühlen der mikrofluidischen
Struktur ist eine Form der thermischen Behandlung, bei der zum Beispiel die mikrofluidische
Struktur oder Teile hiervon oder das gesamte mikrofluidische System gekühlt werden.
Die Kühlung kann soweit erfolgen, dass das fließfähige Trägermedium nach dem Auftragen
beim Kontakt mit der Oberfläche der mikrofluidischen Struktur gleich oder in zeitlicher
Nähe hierzu gefriert. Auf diese Weise ist eine gezielte Beeinflussung der Verteilung
des fließfähigen Trägermediums innerhalb der mikrofluidischen Struktur ermöglicht.
Eine Kühlung ist zum Beispiel dann von Vorteil, wenn das fließfähige Trägermedium
ein Tensid enthält, dessen Verteilung in der mikrofluidischen Struktur so gezielt
beeinflussbar ist.
[0016] Bevorzugt sieht eine Fortbildung der Erfindung vor, dass die mikrofluidische Struktur
bei der thermischen Behandlung beheizt wird. Das Beheizen ist eine weitere Form der
thermischen Behandlung des mikrofluidischen Systems oder von Teilen hiervon, insbesondere
der mikro-, fluidischen Struktur. Diese Art der thermischen Behandlung kann ebenfalls
dazu genutzt werden, die räumliche Verteilung der Reagenzsuspension oder -lösung innerhalb
der mikrofluidischen Struktur zu kontrollieren und zu regeln. Beispielsweise ist ein
Beheizen von Vorteil, wenn das fließfähige Trägermedium Tenside enthält, deren Verteilung
in mikrofluidischen Strukturen sonst schwierig zu steuern ist.
[0017] Eine zweckmäßige Ausführung der Erfindung kann vorsehen, dass das Reagenz in der
mikrofluidischen Struktur mit einer im Wesentlichen homogenen Verteilung eingelagert
wird.
[0018] In einer Ausgestaltung der Erfindung ist vorgesehen, dass das fließfähige Trägermedium
ein oder mehrere Tenside und / oder einen oder mehrere Füllstoffe enthält. Diese bilden
nach dem Trocknen eine Art chemisches Gitter für das oder die Reagenzien in der mikrofluidischen
Struktur, wodurch zum Beispiel eine homogene und schnelle Auflösung der Reagenzien
unterstützt wird.
[0019] Bei einer vorteilhafte Ausgestaltung der Erfindung kann vorgesehen sein, dass ein
mikrofluidisches System, ausgewählt aus der folgenden Gruppe von Systemen, bereitgestellt
wird: mikrofluidisches Testelement und mikrofluidischer Chip. Bevorzugt werden in
einer Ausführung Testelemente eingesetzt, wie sie als solche in dem Dokument
EP 1 916 524 A1 beschrieben sind. Es sind dort Analysesysteme offenbart, die mit Trockenreagenzien
beladen sind und im Wesentlichen scheibenförmig sind.
Beschreibung bevorzugter Ausführungsbeispiele der Erfindung
[0020] Die Erfindung wird im Folgenden anhand von Ausführungsbeispielen näher erläutert.
[0021] Um ein mikrofluidischen System, welches wenigstens abschnittsweise mit einer mikrofluidischen
Struktur in Form von Mikrokanälen und / oder Mikroräumen versehen ist, bereitzustellen,
wird zunächst eine Reagenzlösung oder -suspension hergestellt, in welcher ein oder
mehrere Reagenzien in gelöster oder suspendierter Form vorliegen. Sodann wird das
mikrofluidische System bereitgestellt, beispielsweise in Form eines mikrofluidischen
Testelementes oder eines mikrofluidischen Chips. Anschließend wird die Reagenzlösung
oder -suspension aufgetragen, zum Beispiel werden etwa 10 Mikroliter aufgegeben. Dieses
erfolgt wiederum bei Atmosphärendruck. Die aufgetragene Flüssigkeit dringt wenigstens
teilweise in die mikrofluidische Struktur des mikrofluidischen Systems ein. Hierbei
kann das mikrofluidische System vorgekühlt werden, zum Beispiel mittels Auflegen auf
eine gekühlte Ablagefläche, die ihrerseits beispielsweise bei etwa -50°C vorgekühlt
wurde.
[0022] Es schließt sich ein Einfrieren bei etwa -70°C und Atmosphärendruck an, zum Beispiel
für eine Dauer von drei bis vier Stunden. Bei einer anschließenden Trocknung im Vakuum
über mehrere Stunden, beispielsweise etwa 14 Stunden, wird die Umgebungstemperatur
erhöht, vorzugsweise in Schritte von etwa 0,1°C / Minute, bis eine Temperatur von
etwa 25°C erreicht wird, die dann konstant gehalten wird. Dieser Verfahrensschritt
wird bei einem Umgebungsdruck von etwa 0,4mbar ausgeführt. Das beschriebene Verfahren
kann beispielsweise mit einem Cholesterol-Reagenz durchgeführt werden, welches eine
oberflächenaktive Substanz enthält.
[0023] Mit Hilfe des beschriebenen Verfahrens ist es möglich, ein oder mehrere Reagenzien
in getrockneter Form innerhalb der mikrofluidischen Struktur des mikrofluidischen
Systems mit einer gewünschten Verteilung bereitzustellen, zum Beispiel einer im Wesentlichen
homogenen Verteilung. Das Aufgeben der Reagenzlösung oder -suspension ermöglicht ein
leichtes Eindringen des oder der Reagenzien in die Mikrostruktur. Anschließend wird
dann die Trocknung mittels Lyophilisierung durchgeführt.
1. Verfahren zum Bereitstellen eines getrockneten Reagenz in einem mikrofluidischen System,
wobei das Verfahren die folgenden Schritte umfasst:
- Bereitstellen eines mikrofluidischen Systems, welches eine mikrofluidische Struktur
aufweist,
- Einbringen eines ein Reagenz enthaltenen, fließfähigen Trägermediums in der mikrofluidischen
Struktur und
- Trocknen des Reagenz in der mikrofluidischen Struktur mittels Lyophilisieren.
2. Verfahren nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, dass vor dem Einbringen des fließfähigen Trägermediums die mikrofluidische Struktur thermisch
behandelt wird.
3. Verfahren nach Anspruch 1 oder 2, dadurch gekennzeichnet, dass beim Einbringen des fließfähigen Trägermediums die mikrofluidische Struktur thermisch
behandelt wird.
4. Verfahren nach Anspruch 2 oder 3, dadurch gekennzeichnet, dass die mikrofluidische Struktur bei der thermischen Behandlung gekühlt wird.
5. Verfahren nach mindestens einem der Ansprüche 2 bis 4, dadurch gekennzeichnet, dass die mikrofluidischen Struktur bei der thermischen Behandlung beheizt wird.
6. Verfahren nach mindestens einem der vorangehenden Ansprüche, dadurch gekennzeichnet, dass das Reagenz in der mikrofluidischen Struktur mit einer im Wesentlichen homogenen
Verteilung eingelagert wird.
7. Verfahren nach mindestens einem der vorangehenden Ansprüche, dadurch gekennzeichnet, dass das fließfähige Trägermedium ein oder mehrere Tenside und / oder einen oder mehrere
Füllstoffe enthält.
8. Verfahren nach mindestens einem der vorangehenden Ansprüche, dadurch gekennzeichnet, dass ein mikrofluidisches System ausgewählt aus der folgenden Gruppe von Systemen bereitgestellt
wird: mikrofluidisches Testelement und mikrofluidischer Chip.
9. Mibrofluidisches System, bereitgestellt gemäß eines Verfahrens nach mindestens einem
der vorangehenden Ansprüche, bei dem in einer mikrofluidischen Struktur ein mittels
Lyophilisierung getrocknetes Reagenz angeordnet ist.