Gebiet der Erfindung
[0001] Die Erfindung betrifft eine Strahlenschutzkammer mit einer mehrschichtigen Strahlenschutzwand
zur Abschirmung von Gamma- und/oder Teilchenstrahlung, insbesondere zur Strahlungsabschirmung
eines Reaktionsplatzes an einer Hochenergie-Beschleunigeranlage.
Hintergrund der Erfindung
[0002] Hochenergiebeschleuniger für Teilchenstrahlen werden weltweit immer häufiger verwendet.
Dabei werden die Intensität und Energie ständig erhöht. So sind zurzeit Protonen-Beschleuniger
mit Energien bis in den Bereich Tera-Elektronvolt (TeV) geplant, und es sind Protonen-Beschleuniger
mit Energien bis zu einigen Giga-Elektronvolt (GeV) und Intensitäten von bis zu 10
16 Protonen/sec z.B. für Spallationsquellen geplant.
[0003] Letztere Beschleuniger werden nicht nur für die Grundlagenforschung als Neutronenquelle
geplant, sondern auch als kerntechnische Anlagen zur Energieerzeugung diskutiert,
mit denen unterkritische Anordnungen mit einem zusätzlichen Neutronenfluss in einen
kritischen Zustand gebracht werden können. Weiterhin können diese Anlagen auch zur
sogenannten Inzineration verwendet werden, bei denen langlebige radioaktive Stoffe
in kurzlebige umgewandelt werden.
[0004] Ein Problem beim Betrieb von Hochenergiebeschleunigern ist die Produktion von hochenergetischer
Sekundärstrahlung in den Targetbereichen (Ziel des Teilchenstrahls, in dem er deponiert
wird) oder bei Strahlverlusten während des Transports auf der Strecke der Strahlführungen
des Hochenergie- oder Primärstrahls zum Target hin.
[0005] Während die in Kernreaktionen erzeugten geladenen Teilchen oft in der Struktur des
Beschleunigers gestoppt werden, hat die erzeugte Neutronen- und Gammastrahlung ein
hohes Durchdringungsvermögen selbst durch Meter-dicke Abschirmungen. Bei sehr hohen
Energien werden ferner unter anderem Pionen erzeugt, die in Myonen zerfallen. Letztere
haben ebenfalls sehr hohe Reichweiten und müssen in speziellen Strahlvernichtern gestoppt
werden.
[0006] Bei Schwerionenbeschleunigern ist die Situation noch schwieriger, da schon bei kleineren
Intensitäten ähnliche Produktionsraten für Sekundärstrahlung entstehen verglichen
mit Protonenbeschleunigern.
[0007] Die Produktion von Strahlung an derartigen Beschleunigeranlagen führte bislang zur
Installation von zumeist sehr massiven Abschirmungen an den Strahlverluststellen.
Als Abschirmmaterial wurde dabei wie in der Kerntechnik häufig Beton oder Eisen verwendet.
Derartige Betonabschirmungen bestehen aus fest gegossenen Wänden und Decken, aber
auch einzelne Abschirmmodule können als Einzelteile zusammengesetzt eine Gesamtabschirmung
bilden.
[0008] Für spezielle Anforderungen an die Abschirmung können neben Normalbeton mit typischen
Dichten im Bereich von 2,3 g/cm
3 auch schwere Betonsorten mit entsprechenden Zuschlägen wie z.B. Magnetit-, Limonit-
oder Barytbeton mit Dichten bis zu 3,6 g/cm
3 verwendet werden (siehe auch DIN25413). In der Praxis wird jedoch im Sinne der Optimierung
von Kosten und dem erzieltem Abschirmergebnis zu meist Normalbeton verwendet.
[0009] Die Produktion der Strahlung ist abhängig von der Strahlenart, der Energie, der Intensität
und der Verlustrate. Die Abschirmdicke ist ferner von den einzuhaltenden Grenzwerten
der zu beachtenden nationalen Gesetzgebungen abhängig. Die Grenzwerte werden als Jahresdosisgrenzwerte
definiert oder auf die Dosisleistung in µSv/h bezogen.
[0010] In jüngster Zeit gab es Vorschläge, Abschirmanordnungen mit Schüttgut zu verwenden.
Als Schüttgut wurde z.B. Gips vorgeschlagen. Natürliche vorkommende Materialien wurden
zwar bisher um diese Anlagen herum als Erde aufgeschüttet, jedoch nicht direkt in
die Abschirmung mit einbezogen. Auf der anderen Seite ergibt sich durch die Verwendung
von natürlichen Stoffen in der Abschirmanordnung das Problem der Aufaktivierung, da
diese Stoffe relativ nahe an den Quellen sind.
[0011] Aus den Patentanmeldungen
DE 103 27 466 (Forster) und
DE 103 12 271 A1 (Brüchle et al.) ist Gips als alternatives Material für Baukörper für Strahlenschutzbauwerke bzw.
Abschirmungen von Hochenergiebeschleunigern bekannt, die sich ebenfalls als gut geeignete
Abschirmmaterialien erwiesen haben.
[0012] Die Verwendung derartiger Abschirmungen, die Schüttgut als Abschirmmaterial nutzen,
bringt eine Reihe von Verbesserungen mit sich, die bisherigen Entwicklungen und Vorschläge
zum Aufbau von Abschirmungen für Beschleunigeranlagen sind jedoch zumeist unter besonderer
Berücksichtigung der Abschirmwirkung konzipiert worden.
[0013] Ein weiterer durch die vorliegende Erfindung adressierter, wichtiger und nach der
Erkenntnis der Erfinder bisher zum Teil unzureichend beachteter Effekt ist aber die
Aktivierung der Strahlenschutzmaterialien, insbesondere die Erzeugung von Radioaktivität
durch die Sekundärstrahlung, die in den Abschirmungen Kernreaktionen auslöst. Bei
diesem unerwünschten Nebeneffekt wird die Erzeugung von Radionukliden vor allem in
Spallationsreaktionen durch Protonen und Neutronen in den Abschirmschichten verursacht.
Durch Abdampfen von Nukleonen und Clustern kann eine Vielzahl an Radionukliden erzeugt
werden. Dieses Problem wird dadurch noch verschlimmert, dass je schwerer der Targetkern
des verwendeten Abschirmmaterials ist, umso größer die Variabilität der erzeugten
Radionuklide wird.
[0014] Werden bei den Abschirmungen natürliche Materialien eingesetzt, die nach Beendigung
der Nutzung der Anlage wieder einer natürlichen Nutzung zugeführt werden sollen, so
muss das Niveau der erzeugten Radioaktivität gewisse Grenzwerte unterschreiten, um
die Vorgaben der nationalen Gesetzgebungen zu erfüllen. So ist z.B. für die uneingeschränkte
Freigabe von Stoffen nach deutschem Strahlenschutzrecht ein nuklidspezifischer Freigabewert
A
i in Bq/g zu unterschreiten. Bei mehreren Radionukliden muss die Gesamt-Ausschöpfung
nach Anwendung der Summenregel kleiner als eins sein. Die Gesamtausschöpfung G ist
definiert als:

wobei F
i die tatsächliche Aktivität pro Masse und Radionuklid ist und über alle Radionuklide
(i) summiert wird.
[0015] Zwar existiert nach deutschen Recht neben der uneingeschränkten Freigabe noch ein
weiterer Grenzwert zur eingeschränkten Freigabe (freigabefähig zur Beseitigung), jedoch
ist losgelöst von eventuellen gesetzlichen Grenzwerten eine möglichst geringe Aktivierung
wünschenswert.
[0016] Berechnungen der Erfinder haben jedoch ergeben, dass beim Betrieb einer Hochenergie-Beschleunigeranlage
bei sehr hohen Intensitäten über mehrere Jahrzehnte die eingesetzten Abschirmmaterialien
so stark aufaktiviert werden, dass sie nach Abschalten der Anlage und in der Rückbauphase
nicht, ggf. nicht einmal eingeschränkt freigabefähig sind und unter Umständen erst
einige Jahre oder Jahrzehnte gelagert werden müssen, bevor sie freigegeben werden
können. Dies gilt auch für natürliche Füllstoffe (Erde, Sand, Wasser etc.), welche
gerade deshalb eingesetzt werden, um nach Beendigung der Nutzung der Anlage möglichst
schnell einer natürlichen Nutzung wieder zugeführt werden sollen. Liegt deren Ausschöpfung
jedoch über den gesetzlichen Grenzwerten kann dieses Ziel nicht erreicht werden, da
die Materialien entweder über lange Zeit zwischengelagert oder unter enormem Kostenaufwand
als radioaktiver Abfall entsorgt werden müssten.
[0017] Aus der Patentanmeldung
DE 103 27 466 A1 ist ein in Sandwich-Bauweise hergestellter Baukörper für ein Strahlenschutzbauwerk
bekannt. Dieser geht jedoch von Protonenbehandlungsräumen für den medizinischen Bereich
aus, deren Anforderungen aufgrund der wesentlich niedrigeren Energien nicht vergleichbar
sind.
[0018] Aus der
JP 62032395 A ist eine Strahlungsabschirmung mit zwei Strahlenschilden bekannt. Diese Druckschrift
behandelt jedoch im Wesentlichen eine Befestigungseinrichtung mit einer Gewindestange,
einer Edelstahlmutter und einer versenkten Keramikmutter, mittels welchen die beiden
Strahlenschilde verschraubt werden.
[0019] Zusammenfassend sind insbesondere Mehrschicht-Strahlenschutzanordnungen oder -wände
für Hochenergiebeschleunigeranlagen in Hinblick auf die radioaktive Aktivierung der
Materialien und deren Abklingverhalten weiter verbesserungsbedürftig, bezogen auf
den Betrieb von mehreren Jahren oder Jahrzehnten mit hohen Strahlenergien und -intensitäten
und die nachfolgende Entsorgung. Dieser Aspekt ist insbesondere dann von besonderer
Wichtigkeit, wenn natürliche Abschirmmaterialien verwendet werden, die einerseits
nach der Nutzung der Anlage als radioaktiv aktiviert vorliegen und anderseits aber
wenig Erfahrungen im Umgang mit größeren Mengen von diesen Stoffen vorliegen.
Allgemeine Beschreibung der Erfindung
[0020] Die Erfindung hat sich daher die Aufgabe gestellt, eine Strahlenschutzkammer mit
einer mehrschichtigen Strahlenschutzwand, insbesondere zur Abschirmung von hochenergetischer
Gamma- und/oder Teilchenstrahlung aus Hochenergie- und/oder Kernreaktionen bereit
zu stellen, welche auch nach langer Betriebsdauer und hohen Strahlenergien und -intensitäten
eine in Bezug auf die spätere Entsorgung der verwendeten Materialien gut handhabbare
radioaktive Aktivierung aufweist und deren Bestandteile zumindest teilweise wieder
zu verwerten sind.
[0021] Noch eine Aufgabe ist es, eine derartige Strahlenschutzkammer für eine Hochenergiebeschleunigeranlage
bereit zu stellen, bei welcher beim Rückbau möglichst wenig als verstrahlt zu entsorgendes
Material anfällt und möglichst viel Material unter den vorbestimmten Grenzwerten liegt
und wiederverwendet werden kann.
[0022] Insbesondere ist es eine Aufgabe der Erfindung, eine Strahlenschutzkammer bereit
zu stellen, welche kostengünstig und mit geringem Aufwand herzustellen, aufzubauen,
rückzubauen und zu entsorgen sind.
[0023] Eine weitere Aufgabe ist es, eine derartige Strahlenschutzkammer bereit zu stellen,
welche die Nachteile bekannter Abschirmungen vermeidet oder zumindest mindert.
[0024] Die Aufgabe wird in überraschend einfacher Weise bereits durch den Gegenstand des
Patentanspruchs 1 gelöst. Vorteilhafte Weiterbildungen der Erfindung sind in den Unteransprüchen
definiert.
[0025] Erfindungsgemäß wird eine Strahlenschutzkammer mit einer strahlabwärts positionierten
mehrschichtigen Strahlenschutzwand zur Abschirmung von hochenergetischer Gamma- und/oder
Teilchenstrahlung, insbesondere aus Hochenergie- und/oder Kernreaktionen, erzeugt
durch Primärstrahlung im Bereich über 1 GeV, insbesondere über 10 GeV oder noch höher
bereit gestellt. Hiermit wird vorzugsweise die Strahlung von einem Reaktionsplatz
an einer Hochenergie-Teilchenbeschleunigeranlage abgeschirmt oder abgeschwächt. Die
abzuschirmende Strahlung ist in den meisten Anwendungsfällen Sekundärstrahlung, welche
aus einer Reaktion des Primärstrahls mit einem Target entsteht, kann aber auch ein
Rest oder Teil des Primärstrahles selbst sein.
[0026] Die Strahlenschutzwand weist einen sandwichartigen Aufbau aus zumindest einer ersten
und zweiten Schichtanordnung auf, wobei die erste Schichtanordnung zumindest eine
primäre Abschirmschicht und die zweite Schichtanordnung zumindest eine sekundäre Abschirmschicht,
welche insbesondere aus unterschiedlichem Material bestehen und funktionell unterschiedlich
sind, umfasst.
[0027] Um die hochenergetische Strahlung wirkungsvoll abschirmen zu können, ist die primäre
Abschirmschicht vorzugsweise als Spallationsschicht und die sekundäre Abschirmchicht
vorzugsweise als Moderationsschicht ausgebildet.
[0028] Erfindungsgemäß sind die erste oder zweite Schichtanordnung, besonders bevorzugt
beide, mehrteilig ausgebildet oder in eine Mehrzahl von benachbarten und bereits beim
Aufbau vordefiniert trennbaren Teilabschnitten unterteilt, so dass ein einfacher,
getrennter Rückbau und eine separate und selektierte Wiederverwertung oder Entsorgung
der Teilabschnitte ermöglicht sind. Die Aufteilung in Teilabschnitte kann durch Aufteilung
in mehrere benachbarte getrennte Moderationsschichten und/oder Spallationsschichten
und/oder durch laterale (quer zur Schichtebene) Aufteilung der Moderationschicht(en)
und/oder der Spallationsschicht(en) realisiert sein.
[0029] Dies hat den enormen Vorteil, dass bei der Planung der Strahlenschutzwand, bzw. einer
Strahlenschutzkammer, sogenanntes "Cave", welches zumindest teilweise aus derartigen
Strahlenschutzwänden aufgebaut wird, bereits nach Teilabschnitten mit vorhersehbar
hoher Strahlenbelastung und solchen mit vorhersehbar niedriger Strahlenbelastung unterschieden
werden kann und diese Teilabschnitte trennbar oder separierbar aufgebaut werden, um
beim Rückbau die höher und weniger hoch verstrahlten Teilabschnitte getrennt entsorgen
und/oder wieder verwerten zu können. Dadurch können die Entsorgungskosten erheblich
reduziert werden.
[0030] Mit anderen Worten werden erfindungsgemäß die Teilabschnitte, die durch den Betrieb
eine hohe Aktivierung erfahren, von den Teilabschnitten, die zwar eine Abschirmwirkung
und in kleinerem Umfang eine Aufaktivierung erfahren, also in ihrem Aktivitätsniveau
niedriger liegen, getrennt. Diese Schichten, die z.B. natürliche Stoffe enthalten
können und nur gering aktiviert werden, sind bald nach Beendigung der Nutzung wieder
uneingeschränkt oder zumindest zur Beseitigung freigabefähig und stehen dann wieder
für eine natürliche Nutzung zur Verfügung. Es ist jedoch ersichtlich, dass die Erfindung
nicht auf die Erfüllung irgendwelcher nationaler Grenzwertvorschriften beschränkt
ist.
[0031] Die stärker aufaktivierten Teilabschnitte werden nach Stilllegung der Anlage entweder
zwischengelagert oder werden in anderen ähnlichen kerntechnischen Einrichtungen weiter
verwendet.
[0032] Vorzugsweise sind die erste und/oder zweite Schichtanordnung ihrerseits trennbar
mehrschichtig ausgebildet. Mit anderen Worten umfasst die erste Schichtanordnung eine
Mehrzahl von 2, 3 oder mehr Spallationsschichten und/oder die zweite Schichtanordnung
eine Mehrzahl von 2, 3 oder mehr Moderationsschichten um zusätzlich zur lateralen
Trennbarkeit noch eine Trennbarkeit entlang der Schichtnormalen zu erreichen. Dadurch
kann die Rückbauplanung bei der Konzipierung in zwei Dimensionen - in Polarkoordinaten
azimuthal und radial - auf die zu erwartende Strahlenbelastung angepasst werden, so
dass ein zweidimensional modularer oder differenzierter Rückbau ermöglicht ist.
[0033] Diese Vorteile kommen besonders zum Tragen, wenn die Moderationsschicht(en) und/oder
die Spallationsschicht(en) als Schüttgutschicht(en) ausgebildet sind, da hier ein
getrennter Rückbau besonders einfach zu bewerkstelligen ist.
[0034] Um die Schüttgutschichten einzugrenzen, besitzt die Strahlenschutzwand beidseits
der Spallationsschicht(en) und der Moderationschicht(en) eine feste statikgebende
Beton-Tragschicht. Ferner sind zwischen den Spallations- und Moderationsschichten
oder Schüttgutschichten (dünne) Trennwände, z.B. aus Beton, vorgesehen, um die getrennte
Entsorgung zu gewährleisten. Stirnseitig sind lateral benachbarte Abschnitte von Schüttgutschichten
durch Trennelemente voneinander getrennt. Mit anderen Worten bilden die Trennschichten
und Trennelemente aneinander angrenzende Behälter oder Füllräume in die das Spallationsmaterial
bzw. das Moderationsmaterial eingefüllt wird, um so die zweidimensional sektionierte
Strahlenschutzwand mit unter anderem voneinander getrenntem Spallationsmaterial und
Moderationsmaterial zu bilden.
[0035] Gemäß einer besonders bevorzugten Ausführungform der Erfindung weist die Strahlenschutzwand
an zumindest einer lateralen Position, insbesondere in einem zentralen Bereich zumindest
folgenden Schichtaufbau strahlabwärts in folgender Reihenfolge auf:
- eine erste feste (Beton-)Tragschicht,
- eine Spallationsschicht
- eine erste Trennwand
- eine erste Moderationschicht
- eine zweite Trennwand
- eine zweite Moderationschicht
- eine zweite feste (Beton-)Tragschicht.
[0036] Vorzugsweise enthalten mehrere oder alle Moderationschichten oder -sektionen hauptsächlich
(zu mehr als 50%) Elemente mit einer Kernladungszahl von kleiner als 30 oder bestehen
aus solchen. Diese Elemente sind insbesondere zur Moderation von leichten Kernfragmenten
und Nukleonen geeignet. Zur Moderation, insbesondere von Neutronen, haben sich Moderationsschichten
aus Gips oder anderen Materialien mit gebundenem Wasser, als besonders geeignet erwiesen.
Aber auch flüssige Sektionen oder Schichten, z.B. aus Wasser sind denkbar. Darüber
hinaus hat sich gezeigt, dass als Moderationsschicht(en) auch gewöhnlicher Erdaushub,
Sand, Kies, Feldspat, Kalkfeldspat, Kalifeldspat oder ähnliche natürliche Rohmaterialien
verwendet werden können.
[0037] Die auf der strahlaufwärts der Moderationsschicht(en) angeordnete(n) Spallationsschicht(en)
hingegen enthält bzw. enthalten hauptsächlich (zu mehr als 50%) Elemente mit einer
Kernladungszahl von größer als 20 oder 25 oder bestehen aus solchen. Als Spallationsmaterial
hat sich z.B. ein eisenhaltiges Material besonders bewährt. Dieses Material ist kostengünstig
zu beschaffen und vorteilhaft zu entsorgen oder gegebenenfalls wieder zu verwerten.
[0038] Vorzugsweise weist bzw. weisen die Moderationsschicht(en) eine Dichte von kleiner
oder gleich 3,5 g/cm
3 und die Spallationsschicht(en) eine Dichte von größer oder gleich 3,0 g/cm
3 auf.
[0039] Die erfindungsgemäße Strahlenschutzwand bildet die strahlabwärts gelegene Wand der
Strahlenschutzkammer in die ein primärer Hochenergiestrahl aus einem Teilchenbeschleuniger
auf einen Reaktionsplatz oder ein Target gerichtet wird.
[0040] Die Strahlenschutzkammer weist also zumindest folgende Bestandteile auf:
eine strahlabwärts positionierte erste Strahlenschutzwand mit dem vorstehend beschriebenen
sektionierten Aufbau,
eine strahlaufwärts positionierte zweite Strahlenschutzwand mit einem Eintrittsbereich
für den Hochenergiestrahl,
seitliche Strahlenschutzwände sowie
einen Boden und eine Decke,
wobei die Strahlenschutzwände, der Boden und die Decke gemeinsam einen um den Reaktionsplatz
im Wesentlichen geschlossenen Strahlenschutzkäfig bilden.
[0041] Dabei weist die erste Strahlenschutzwand also einen zentralen Bereich zum Abschwächen
der von dem Reaktionsplatz in einem vorbestimmten Raumwinkel um die Vorwärtsrichtung
des Hochenergiestrahls austretenden Strahlung und einen peripheren Bereich um den
zentralen Bereich auf und ist derart aus getrennten Teilabschnitten aufgebaut, dass
beim Rückbau Teilabschnitte aus dem zentralen Bereich und Teilabschnitte aus dem peripheren
Bereich getrennt voneinander ab- oder rückbaubar und widerverwertbar oder entsorgbar
sind.
[0042] Die seitlichen Strahlenschutzwände können einen hiervon unterschiedlichen Schichtaufbau
aufweisen.
[0043] Bei besonders hohen Strahlenergien kann es vorteilhaft sein, wenn in Vorwärtsrichtung
des primären Hochenergiestrahls oder strahlabwärts des Reaktionsplatzes ein zusätzlicher
Strahlvernichter, sogenannter "Beamdump" angeordnet ist. Der Strahlvernichter schließt
sich vorzugsweise außerhalb der Strahlenschutzkammer strahlabwärts an die erste Strahlenschutzwand
an oder ist zumindest teilweise in diese integriert.
[0044] Im Folgenden wird die Erfindung anhand von Ausführungsbeispielen und unter Bezugnahme
auf die Zeichnungen näher erläutert, wobei gleiche und ähnliche Elemente teilweise
mit gleichen Bezugszeichen versehen sind und die Merkmale der verschiedenen Ausführungsbeispiele
miteinander kombiniert werden können.
Kurzbeschreibung der Figuren
[0045] Es zeigen:
- Fig. 1
- einen schematischen Querschnitt durch eine Strahlenschutzkammer gemäß einer ersten
Ausführungsform der Erfindung von oben,
- Fig. 2
- den Ausschnitt A aus Fig. 1,
- Fig. 3
- ein berechnetes Dosisprofil an der Strahlenschutzkammer nach Fig. 1,
- Fig. 4
- eine berechnete Radioaktivität aufgeteilt nach Isotopen des Abschnitts 8 in Fig. 1,
- Fig. 5
- einen schematischen Querschnitt durch eine Strahlenschutzkammer gemäß einer zweiten
Ausführungsform der Erfindung von oben.
Detaillierte Beschreibung der Erfindung
[0046] Als Beispiel für die erfindungsgemäße Strahlenschutzwand, bzw. -kammer dient hier
die Bestrahlungskammer für Kernkollisionen, die zurzeit bei der Anmelderin im Rahmen
des Projekts FAIR (=Facility for Antiproton and Ion Research) geplant wird.
[0047] Fig. 1 zeigt diese Strahlenschutzkammer 1 aufgebaut aus einer ersten strahlabwärts
positionierten (vorderen) Strahlenschutzwand 110, einer zweiten strahlaufwärts positionierten
(hinteren) Strahlenschutzwand 210 und zwei seitlichen Strahlenschutzwänden 310, 410,
welche zusammen mit nicht dargestellten Boden und Decke einen im Wesentlichen geschlossen
Käfig als Reationscave um ein Target 50 bilden. Die Kammer 1 weist einen labyrinthförmigen
Eingangsbereich 60 auf.
[0048] Der Hochenergie-Primärstrahl 70 tritt durch einen Strahleintrittsbereich 80 in die
Kammer 1 ein und trifft auf das Target 50. Dabei erzeugt der Primärstrahl 70, in diesem
Beispiel 10
12 Protonen/sec bei einer Energie von 30 GeV Sekundärstrahlung 90, welche zwar in alle
Richtungen emittiert wird, aber dennoch ein Maximum in Vorwärtsrichtung aufweist.
Insbesondere diese Sekundärstrahlung 90 soll effektiv abgeschirmt werden.
[0049] Die Strahlenschutzwände 110, 210, 310, 410 weisen jeweils eine innere feste Tragschicht
oder tragende Betonschicht 140, 240, 340, 440 und jeweils eine äußere feste Tragschicht
oder tragende Betonschicht 150, 250, 350, 450 auf. Die vordere und seitlichen äußeren
Betonschichten 150, 350 und 450 sind ihrerseits zweischichtig in Schichten 152, 154;
352, 354 bzw. 452, 454 ausgebildet.
[0050] Die Strahlenschutzwände 110, 210, 310, 410 weisen ferner jeweils eine innere Schichtanordnung
120, 220, 320, 420 aus einem Spallationsmaterial wie z.B. Eisen, Eisengranulat oder
Eisenerz auf. Die vordere Spallations-Schichtanordnung 120 ist ihrerseits zweischichtig
in Spallationsschichten 122, 124 aufgebaut. Die seitlichen Spallations-Schichtanordnungen
320, 420 weisen nur jeweils eine Spallationsschicht 322, 422 auf.
[0051] Außen angrenzend an die Spallations-Schichtanordnungen 120, 220, 320, 420 befinden
sich jeweils Moderations-Schichtanordnungen 130, 230, 330, 430 aus Erde. Die vordere
Moderations-Schichtanordnung 130 ist ihrerseits dreischichtig in Moderationsschichten
132, 134, 136 aufgebaut. Die seitlichen Moderations-Schichtanordnungen 330, 430 weisen
jeweils zwei Moderationschichten 332, 334 bzw. 432, 434 auf.
[0052] Die Betonschichten 140, 152 dienen als innere und äußere tragende Wand zur Auffüllung
mit Eisenerz-Schüttgut für die Spallationsschichten bzw. schüttbare Erde für die Moderationschichten.
Die Erde hat eine Zusammensetzung, wie sie am Standort der Forschungseinrichtung üblich
ist. Zwischenschichten und Zuganker (in Fig. 1 nicht dargestellt) werden eingebaut
um den statischen Erfordernissen zu genügen.
[0053] Die Spallationsschichten bestehen aus Materialien mit höherer Kernladungszahl als
die Moderationschichten. In den Spallationsschichten werden vor allem durch hochenergetische
Neutronen Spallationsreaktionen ausgelöst, die u.a. die Produktion von Verdampfungsneutronen
zur Folge haben. Die Verdampfungsneutronen haben kleinere Energien als die Neutronen
der Sekundärstrahlung, die Erzeugung von weiteren Radionukliden erfolgt mit geringerer
Wahrscheinlichkeit. Ist die Schichtdicke ausreichend groß, so wird ein Großteil der
Neutronen der Sekundärstrahlung in Neutronen der Verdampfungskerne umgesetzt. Ist
diese Schichtdicke dem Primärstrahl (Ionenart, Energie, Intensität) und dem Target
(Element, Dicke) so angepasst, dass die im Target erzeugte Sekundärstrahlung stark
gestreut und geschwächt wird, so sind die strahlabwärts folgenden Schichten nur schwach
aktiviert, das Niveau der erzeugten Radioaktivität ist niedrig.
[0054] Insbesondere die vordere Strahlenschutzwand 110 bzw. deren Schichten sind einerseits
lateral, d.h. quer zur jeweiligen Schichtebene und andererseits durch Aufteilung der
Schichtanordnungen 120, 130 in weiter getrennte Schichten 122, 124, bzw. 132, 134,
136 in Teilabschnitte unterteilt. Die Unterteilung ist in diesem Beispiel von innen
nach außen gesehen wie folgt ausgeführt:
- Die innere Betonschicht 140 weist einen zentralen Teilabschnitt 21 und zwei periphere
Teilabschnitte 20 auf.
- Die erste Spallationsschicht 122 weist einen zentralen Teilabschnitt 15 und zwei periphere
Teilabschnitte 13 auf.
- Die zweite Spallationsschicht 124 weist einen zentralen Teilabschnitt 16 und zwei
periphere Teilabschnitte 14 auf.
- Die erste Moderationsschicht 132 weist einen zentralen Teilabschnitt 10 und zwei periphere
Teilabschnitte 7 auf.
- Die zweite Moderationsschicht 134 weist einen zentralen Teilabschnitt 11 und zwei
periphere Teilabschnitte 8 auf.
- Die dritte Moderationsschicht 136 weist einen zentralen Teilabschnitt 12 und zwei
periphere Teilabschnitte 9 auf.
- Die äußeren Betonschichten 152, 154 sind jeweils einteilig ausgebildet.
[0055] Auch die seitlichen Strahlenschutzwände 310 und 410 sind wie folgt in Teilabschnitte
unterteilt:
- Die innere Betonschicht 340 weist einen ersten Teilabschnitt 22 und einen zweiten
Teilabschnitt 23 auf.
- Die einzige Spallationsschicht 322 weist einen ersten Teilabschnitt 17 und einen zweiten
Teilabschnitt 18 auf.
- Die erste Moderationsschicht 332 weist einen ersten Teilabschnitt 2 und einen zweiten
Teilabschnitt 4 auf.
- Die zweite Moderationsschicht 334 weist nur einen Abschnitt 3 auf.
- Die innere Betonschicht 440 weist nur einen Abschnitt 441 auf.
- Die Spallationsschicht 422 weist nur einen Abschnitt 443 auf.
- Die erste Moderationsschicht 432 weist einen ersten Teilabschnitt 6 und einen zweiten
Teilabschnitt 433 auf.
- Die zweite Moderationsschicht 434 weist nur einen Abschnitt 5 auf.
[0056] Weiter gilt bezüglich der hinteren Strahlenschutzwand 210:
- Die innere hintere Betonschicht 240 einteilig ausgebildet (Abschnitt 24).
- Die Spallationsschicht 222 weist nur einen Abschnitt 19 auf.
- Die Moderationsschicht 232 weist nur einen Abschnitt 1 auf.
- Die äußere Betonschicht 250 ist einteilig ausgebildet.
[0057] Zwischen den Spallationsschichten und Moderationsschichten sind in der Fig. 1 nicht
dargestellte Trennwände vorgesehen. Ferner sind stirnseitig aneinander grenzende Teilabschnitte,
z.B. die Abschnitte 13 und 15, an deren Stirnseiten durch Trennelemente voneinander
separiert.
[0058] Fig. 2 zeigt eine Ausschnittvergrößerung der Teilabschnitte 15, 16 der Spallationsschicht
und 10, 11, 12 der Moderationsschicht sowie die äußeren tragenden Betonschichten 152,
154 und den Teilabschnitt 21 der inneren tragende Betonschicht 140. Die Teilabschnitte
der Spallationsschicht und der Moderationschicht werden von Trennwänden 92 und Trennelementen
94 sowie den angrenzenden tragenden Betonschichten begrenzt.
[0059] Durch die erfindungsgemäße abschnittsweise Untergliederung ist insbesondere die vordere
Strahlenschutzwand an die Anisotropie der Sekundärstrahlung 90 angepasst.
[0060] Die inneren, d.h. dem Target 50 zugewandten, zentralen Schichtabschnitte 21, 15 und
16 haben die stärkste Abschirmwirkung zu leisten und weisen daher auch die stärksten
Aktivierungen auf. Die übrigen Abschnitte werden aufgrund ihrer peripheren Anordnung
oder ihrer weiter außen liegenden Position weniger stark aktiviert. Die meisten der
übrigen Teilabschnitte sind daher sofort nach Nutzung der Anlage oder nach einer kurzen
Wartezeit uneingeschränkt freigabefähig. Vorteilhafter Weise kann also einerseits
so wenig Material mit der notwendigen Schichtdicke und unvermeidbarer erhöhter Aufaktivierung
und andererseits soviel natürliches Material wie notwendig eingebaut werden, um die
Dosisleistung außerhalb der Kammer 1 oder des Gebäudes unter einem bestimmten Wert
zu erhalten.
[0061] Die hier beschriebene Erfindung optimiert demnach zwei Größen:
- 1. Die Verteilung von Radioaktivität innerhalb der verschiedenen Teilabschnitte 1-24
der Strahlenschutzwand 110, 210, 310, 410 und
- 2. die zu unterschreitende Dosisleistung außerhalb der Kammer 1.
[0062] Insbesondere bei der erfindungsgemäßen vorderen Strahlenschutzwand 110 sind ferner
- die Spallationsschichten 122,124 von den Moderationschichten 132, 134, 136 getrennt,
- mehrere Spallationsschichten 122, 124 voneinander getrennt,
- mehrere Moderationsschichten 132, 134, 136 voneinander getrennt und
- die Spallationsschichten 122, 124 und die Moderationsschichten 132, 134, 136 jeweils
lateral in Teilabschnitte 13-16 bzw. 7-12 unterteilt.
[0063] Die verschiedenen Schichten können als feste Schichten (Betontragschichten) oder
als Schüttgutschichten (Spallationsschichten, Moderationsschichten) oder sogar als
flüssige Schichten (Moderationsschichten) vorgesehen sein. Genauer enthalten die Moderationsschichten
Schüttgut als Abschirmmaterialien z.B. natürliche Stoffe wie Gips, Erde, Sand etc.
und die inneren und äußeren Tragschichten 140, 152, 154 sind Stahlbetonschichten die
zur statischen Strukturierung der Kammer dienen.
[0064] Fig. 3 zeigt ein berechnetes Dosisprofil für den Betrieb mit dem Protonenstrahl 70
der Energie 30 GeV und der Intensität 10
12 Protonen/sec. Die Dosisleistung ist in der Einheit µSv/h angegeben.
[0065] Die Bestrahlungskammer wurde in doppelter Hinsicht optimiert:
- 1. Es werden niedrige Strahlenpegel außerhalb des Gebäudes während des Strahlbetriebs
erzielt.
- 2. Die räumliche Aktivierung innerhalb der Strahlenschutzwände ist auf das natürliche
Abschirmmedium Erde angepasst.
[0066] In Fig. 3 ist zu erkennen, dass unter Nutzung von natürlichen Abschirmmaterialien,
in diesem Beispiel Eisenerz als Spallationsmaterial und Erde als Moderationsmaterial,
die erzeugte Strahlung wirksam geschwächt wird. In der Nähe des Targets 50 ist die
Dosisleistung sehr hoch (1 Sv/h und höher), außerhalb der Strahlenschutzkammer 1 (außer
unmittelbar in Vorwärtsrichtung) liegt sie auf einem Niveau zwischen 0,1 und 1 µSv/h.
Die Vorgaben der nationalen gesetzlichen Grenzwerte können somit erfüllt werden.
[0068] In der Tabelle 1 ist die Aktivierung in den verschiedenen Teilabschnitten 1 bis 24
für eine Strahlzeit von 30 Jahren und einer mittleren Intensität von 1.00E+12 Protonen/sec
bei 30 GeV berechnet. Das Target verursacht eine Reaktionsrate der Protonen von ca.
1%. Es wird dadurch eine intensive hochenergetische Sekundärstrahlung erzeugt (Neutronen,
Protonen, Pionen, Myonen). Diese erzeugt wiederum in den Abschirmschichten Radioaktivität
wie folgt.
[0069] Die Abschnitte 1 bis 12 bestehen dabei aus Erde, die Abschnitte 13 bis 19 aus Eisenerz
und die Abschnitte 20 bis 24 aus Beton. Die Aktivierung ist in Einheiten der Gesamtausschöpfung
für die uneingeschränkte Freigabe für drei unterschiedliche Abklingzeiten, nämlich
5 Jahre, 1 Jahr und 1 Monat angegeben. Werte kleiner als 1 bedeuten darin uneingeschränkte
Freigabe.
Tabelle 1:
Abklingzeit |
5 Jahre |
1 Jahr |
1 Monat |
Abschnitt |
|
|
|
1 |
4.00E-04 |
9.40E-04 |
1.28E-03 |
2 |
1.10E-04 |
2.66E-04 |
3.71E-04 |
3 |
4.60E-04 |
1.26E-03 |
1.80E-03 |
4 |
4.30E-03 |
1.04E-02 |
1.43E-02 |
5 |
4.50E-04 |
1.24E-03 |
1.78E-03 |
6 |
4.00E-03 |
9.89E-03 |
1.37E-02 |
7 |
5.80E-03 |
1.49E-02 |
2.09E-02 |
8 |
1.00E-03 |
2.88E-03 |
4.21E-03 |
9 |
3.40E-04 |
9.76E-04 |
1.43E-03 |
10 |
1.05E+00 |
2.73E+00 |
3.83E+00 |
11 |
2.61E-01 |
7.18E-01 |
1.02E+00 |
12 |
7.15E-02 |
2.01E-01 |
2.88E-01 |
|
|
|
|
13 |
8.33E-02 |
1.84E+00 |
4.95E+00 |
14 |
8.54E-03 |
1.87E-01 |
5.00E-01 |
15 |
4.62E+00 |
9.77E+01 |
2.75E+02 |
16 |
9.62E-01 |
2.07E+01 |
5.71E+01 |
17 |
9.15E-03 |
2.01E-01 |
5.14E-01 |
18 |
5.00E-04 |
1.08E-02 |
2.67E-02 |
19 |
9.67E-04 |
2.20E-02 |
5.40E-02 |
|
|
|
|
20 |
1.91E+00 |
5.65E+00 |
7.54E+00 |
21 |
3.63E+01 |
1.07E+02 |
1.42E+02 |
22 |
6.69E-01 |
2.00E+00 |
2.68E+00 |
23 |
4.88E-02 |
1.49E-01 |
2.05E-01 |
24 |
4.84E-02 |
1.49E-01 |
2.06E-01 |
[0070] Es ist ersichtlich, dass fast alle Abschnitte, die Erde enthalten, nach einem Monat
Abklingzeit bereits uneingeschränkt freigabefähig sind. Lediglich der Abschnitt 10
liegt nach einem Monat mit einem Ausschöpfungsgrad von 3,83 deutlich über dem Freigabewert.
Ein fünf-jähriges Warten bringt diese Schicht auf einen Wert von etwa Eins. Alternativ
kann aber auch die Eisenerzschichtdicke der Abschnitte 15 und/oder 16 vergrößert werden,
um auch nach einer 1-monatigen Abklingzeit die Ausschöpfung der Erdaktivierung auf
einen Wert kleiner als Eins zu bringen.
[0071] Die Beton- und Eisenerzschichtabschnitte sind zum Teil stark aktiviert. So sind in
Vorwärtsrichtung die Eisenerzabschnitte 15 und 16 am stärksten aktiviert mit einem
Wert der Ausschöpfung der Freigabeaktivität von 275 (Abschnitt 15) nach einer 1-monatigen
Abklingphase. Entsprechend ist die davor liegende Betonschicht auch stark aktiviert
(Abschnitt 21) mit einem Wert von 142. Auch eine 5-jährige Wartezeit reicht nicht
aus die Ausschöpfungsgrade unter eins zu bringen. Diese Materialien sind nicht uneingeschränkt
freigabefähig, d.h. sie können wieder als Abschirmmaterial in anderen Anlagen eingesetzt
werden oder je nach nationaler strahlenschutzrechtlicher Regelung auch in Deponien
entsorgt werden.
[0072] Fig. 4 zeigt beispielhaft die Verteilung der erzeugten Radioaktivität für den aus
Erde bestehenden Teilabschnitt 8 aus Fig. 1.
[0073] Es sind die wichtigsten erzeugten Radionuklide angegeben. Der Grad der Ausschöpfung
des Freigabewerts (uneingeschränkte Freigabe) nach der deutschen Strahlenschutzverordnung
ist dargestellt für einen 30-jährigen Betrieb mit 10
12 Protonen/sec und einer 1-monatigen Abklingzeit.
[0074] Die höchste relative Ausschöpfung hat hier das Radionuklid Na-22 (Halbwertszeit 2,6
Jahre). Weitere Radionuklide die entstehen sind H-3, Be-7, Mn-52,54, Sc-46, V-48,
Cr-51, Fe-55,59 und die Kobaltisotope Co-56, 58, 60.
[0075] Fig. 5 zeigt eine Strahlenschutzkammer 1 entsprechend der in Fig. 1 gezeigten, aber
mit einem zusätzlichen Strahlvernichter 95 aus Eisen mit einer Betonummantelung 96.
Der Strahlvernichter 95 ist zentral in die Moderationsschichten 132, 134, 136, genauer
in die Abschnitte 10, 11, 12 eingelassen und bewirkt damit eine weiter verminderte
Aktivierung dieser Abschnitte. In den strahlaufwärts des Strahlvernichters angeordnete
Schichten und vorzugsweise im Eintrittsbereich des Strahlvernichters 95 ist ein Eintrittskanal
98 vorgesehen.
[0076] Zusammenfassend kann festgehalten werden, dass die Berücksichtigung der entstehenden
Radioaktivität bei der Konstruktion des Abschirmgebäudes in den verschiedenen Teilabschnitten
die folgenden Vorteile mit sich bringt:
- 1. Konzentration des radioaktiven Inventars auf Abschirmschichten, die später leichter
getrennt werden können von den Schichten, die nur leicht aktiviert sind.
- 2. Die Trennung von schwach und stärker aktivierten Schichten stellt eine Optimierung
hinsichtlich des Strahlenschutzes dar, da die Gesamtmasse der zu entsorgenden (oder
wieder zu verwendenden) Stoffe reduziert wird und damit die Entsorgung vereinfacht
wird.
- 3. Bei Verwendung von natürlichen Abschirmmaterialien (Erde, Sand, Schluf, Gips etc.),
die nur schwach aktiviert sind, besteht ein doppelter Vorteil: Diese Stoffe sind meist
einfach in der Beschaffung und im Transport zu organisieren und in der Abbauphase
sind sie aus den gleichen Gründen einfach zu entsorgen (unter der Voraussetzung, dass
sie nur schwach radioaktiv sind und zumindest unter den gesetzlichen Grenzwerten für
die Ausschöpfung liegen).
- 4. An- und Abtransport von Stoffen, die zum Teil notwendigerweise von weit her erfolgen
müssen (Eisenerz etc.) wird auf ein Minimum dessen reduziert was wirklich gebraucht
wird; die natürlichen Abschirmmaterialien können meist in der Nähe oder am gleichen
Ort der zu errichtenden Beschleunigeranlage besorgt werden. Somit werden der Transportaufwand
und die eingesetzte Energie reduziert.
- 5. Nach einem mehrjährigen Betrieb der Anlage, wenn die Entscheidung für den Rückbau
der Anlage zu treffen ist, wird oft so verfahren, dass unter Nutzung der Kenntnisse
des Betriebspersonals die Anlage möglichst schnell abgebaut werden soll. Dies wird
dadurch vereinfacht, dass eine klare Trennung zwischen den Abschnitten, die radioaktiv
belastet sind und denen die uneingeschränkt und/oder eingeschränkt freigabefähig sind,
existiert. Denn beim Rückbauverfahren können die Abbauphasen unter denen mit radioaktiver
Kontaminationsgefahr und direkter möglicher Strahlenexposition gearbeitet werden soll
und der Phase mit rein konventionellen Abbauverfahren besser getrennt werden. Der
Aufwand zur.Verhinderung von Kontaminationsausbreitungen und dem vorzunehmenden Arbeits-
und Strahlenschutzmaßnahmen des involvierten Personals kann besser auf die genannten
Abbauphasen angepasst werden.
- 6. Ein Großteil der Abschirmungsmassen kann sofort nach einer langjährigen Nutzung
der Anlage uneingeschränkt freigegeben werden.
[0077] Die Erfindung ist jedoch nicht nur für HochenergieBeschleunigeranlagen anwendbar,
sondern z.B. auch auf Anlagen übertragbar, bei denen Neutronen mit kleineren Energien
oder thermalisierte Neutronen freigesetzt werden wie z.B. Kernreaktoren für die Energieerzeugung
oder Forschungsreaktoren (Aktivierung durch Neutroneneinfang mit n,γ-Reaktionen) oder
Spallationsneutronenquellen. Ganz allgemein ist die Erfindung auf Strahlenarten anzuwenden,
die eine Aktivierung im radioaktiven Sinne von Stoffen und Materialien bewirken.
[0078] Es ist dem Fachmann ersichtlich, dass die vorstehend beschriebenen Ausführungsformen
beispielhaft zu verstehen sind, und die Erfindung nicht auf diese beschränkt ist,
sondern in vielfältiger Weise variiert werden kann, ohne den Bereich und Geist der
Erfindung zu verlassen.
1. Strahlenschutzkammer (1) für einen Reaktionsplatz an einem Teilchenbeschleuniger aus
welchem ein primärer Hochenergiestrahl (70) in die Strahlenschutzkammer (1) richtbar
ist, wobei die Strahlenschutzkammer zumindest
eine strahlabwärts positionierte erste Strahlenschutzwand (110),
eine strahlaufwärts positionierte zweite Strahlenschutzwand (210) mit einem Eintrittsbereich
für den Hochenergiestrahl,
seitliche Strahlenschutzwände (310, 410) sowie einen Boden und eine Decke aufweist,
wobei die Strahlenschutzwände, der Boden und die Decke gemeinsam einen um den Reaktionsplatz
im Wesentlichen geschlossenen Strahlenschutzkäfig bilden,
wobei die strahlabwärts positionierte erste Strahlenschutzwand (110) mehrschichtig
ausgebildet ist und einen zentralen Bereich (10-12, 15, 16, 21) zum Abschwächen der
von dem Reaktionsplatz in einem vorbestimmten Raumwinkel um die Vorwärtsrichtung des
Hochenergiestrahls (70) austretenden Strahlung und einen peripheren Bereich (7-9,
13, 14, 20) um den zentralen Bereich aufweist,
wobei die strahlabwärts positionierte erste Strahlenschutzwand (110) aus lateral getrennten
Teilabschnitten (7-12, 13-16, 20, 21) aufgebaut ist, derart dass die Teilabschnitte
aus dem zentralen Bereich und dem peripheren Bereich beim Aufbau lateral trennbar
voneinander aufgebaut sind, um einen getrennten Rückbau der Teilabschnitte des zentralen
und peripheren Bereichs zu ermöglichen.
2. Strahlenschutzkammer (1) nach Anspruch 1,
wobei die erste Strahlenschutzwand (110) und die seitlichen Strahlenschutzwände (310,
410) einen unterschiedlichen Aufbau aufweisen.
3. Strahlenschutzkammer (1) nach einem der vorstehenden Ansprüche,
wobei in Vorwärtsrichtung ein Strahlvernichter (95) angeordnet ist.
4. Strahlenschutzkammer (1) nach einem der vorstehenden Ansprüche,
wobei die strahlabwärts positionierte erste Strahlenschutzwand (110) einen sandwichartigen
Aufbau aus zumindest einer ersten und zweiten Schichtanordnung (120, 130) umfasst,
wobei die erste Schichtanordnung (120) zumindest eine primäre Abschirmschicht (122,
124) und die zweite Schichtanordnung zumindest eine sekundäre Abschirmschicht (132,
134, 136) umfasst,
wobei die primäre Abschirmschicht als Spallationsschicht und die sekundäre Abschirmschirmschicht
als Moderationsschicht ausgebildet ist und
zwischen Spallationsschichten und Moderationsschichten Trennwände vorgesehen sind,
um eine getrennte Entsorgung der Teilabschnitte der primären und sekundären Abschirmschicht
zu gewährleisten.
5. Strahlenschutzkammer (1) nach Anspruch 4,
wobei die Moderationsschicht (132, 134, 136) hauptsächlich Elemente mit einer Kernladungszahl
von kleiner als 30 enthält.
6. Strahlenschutzkammer (1) nach einem der Ansprüche 4 oder 5,
wobei die Spallationsschicht (122, 124) hauptsächlich Elemente mit einer Kernladungszahl
von größer als 20 enthält.
7. Strahlenschutzkammer (1) nach einem der Ansprüche 4 bis 6,
wobei die Moderationsschicht (132, 134, 136) eine Dichte von kleiner oder gleich 3,5
g/cm3 aufweist.
8. Strahlenschutzkammer (1) nach einem der Ansprüche 4 bis 7,
wobei die Spallationsschicht (122, 124) eine Dichte von größer oder gleich 3,0 g/cm3 aufweist.
9. Strahlenschutzkammer (1) nach einem der Ansprüche 4 bis 8,
wobei die Moderationsschicht (132, 134, 136) Erdaushub, Sand, Kies, Feldspat, Kalkfeldspat,
Kalifeldspat und/oder Gips enthält.
10. Strahlenschutzkammer (1) nach einem der Ansprüche 4 bis 9,
wobei die erste Schichtanordnung mehrschichtig aufgebaut ist und mehrere voneinander
trennbare Spallationsschichten (122, 124) umfasst.
11. Strahlenschutzkammer (1) nach einem der vorstehenden Ansprüche,
wobei die strahlabwärts positionierte erste Strahlenschutzwand (110) zumindest folgenden
Schichtaufbau aufweist:
- eine erste feste Tragschicht (140),
- eine Spallationsschicht (122)
- eine erste Trennwand (92)
- eine erste Moderationschicht (132)
- eine zweite Trennwand (92)
- eine zweite Moderationschicht (134)
- eine zweite feste Tragschicht (152).
12. Strahlenschutzkammer (1) nach einem der vorstehenden Ansprüche,
wobei die strahlabwärts positionierte erste Strahlenschutzwand (110) in ihrer Betriebsposition
von oben gesehen einen zweidimensional modular unterteilten Aufbau aufweist.