(19)
(11) EP 2 204 820 A1

(12) EUROPÄISCHE PATENTANMELDUNG

(43) Veröffentlichungstag:
07.07.2010  Patentblatt  2010/27

(21) Anmeldenummer: 10003355.4

(22) Anmeldetag:  19.11.2005
(51) Internationale Patentklassifikation (IPC): 
G21F 3/00(2006.01)
G21F 7/00(2006.01)
G21F 3/04(2006.01)
(84) Benannte Vertragsstaaten:
AT BE BG CH CY CZ DE DK EE ES FI FR GB GR HU IE IS IT LI LT LU LV MC NL PL PT RO SE SI SK TR
Benannte Erstreckungsstaaten:
AL BA HR MK YU

(30) Priorität: 29.12.2004 DE 102004063732

(62) Anmeldenummer der früheren Anmeldung nach Art. 76 EPÜ:
05819499.4 / 1831896

(71) Anmelder: GSI Helmholtzzentrum für Schwerionenforschung GmbH
64291 Darmstadt (DE)

(72) Erfinder:
  • Fehrenbacher, Georg
    64367 Mühltahl (DE)
  • Radon, Torsten
    61239 Ober-Mörlen (DE)

(74) Vertreter: Mergel, Volker 
Blumbach - Zinngrebe Patentanwälte Alexandrastrasse 5
65187 Wiesbaden
65187 Wiesbaden (DE)

 
Bemerkungen:
Diese Anmeldung ist am 29-03-2010 als Teilanmeldung zu der unter INID-Code 62 erwähnten Anmeldung eingereicht worden.
 


(54) Strahlenschutzkammer


(57) Die Erfindung betrifft eine Strahlenschutzkammer mit einer strahlabwärts positionierten mehrschichtigen Strahlenschutzwand zur Abschirmung von Gamma- und/oder Teilchenstrahlung eines Reaktionsplatzes an einer Beschleunigeranlage, wobei die Strahlenschutzwand einen sandwichartigen Aufbau aus zumindest einer ersten und zweiten Schichtanordnung umfasst, wobei die erste Schichtanordnung zumindest eine primäre Abschirmschicht und die zweite Schichtanordnung zumindest eine sekundäre Abschirmschicht umfasst.
Dabei ist zumindest eine der ersten und zweiten Schichtanordnungen in eine Mehrzahl von lateralen Teilabschnitten unterteilt, wodurch eine selektierte Entsorgung ermöglicht wird. Dadurch werden eine gesteigerte Kosteneffizienz erreicht und die Umweltbelastung verringert.




Beschreibung

Gebiet der Erfindung



[0001] Die Erfindung betrifft eine Strahlenschutzkammer mit einer mehrschichtigen Strahlenschutzwand zur Abschirmung von Gamma- und/oder Teilchenstrahlung, insbesondere zur Strahlungsabschirmung eines Reaktionsplatzes an einer Hochenergie-Beschleunigeranlage.

Hintergrund der Erfindung



[0002] Hochenergiebeschleuniger für Teilchenstrahlen werden weltweit immer häufiger verwendet. Dabei werden die Intensität und Energie ständig erhöht. So sind zurzeit Protonen-Beschleuniger mit Energien bis in den Bereich Tera-Elektronvolt (TeV) geplant, und es sind Protonen-Beschleuniger mit Energien bis zu einigen Giga-Elektronvolt (GeV) und Intensitäten von bis zu 1016 Protonen/sec z.B. für Spallationsquellen geplant.

[0003] Letztere Beschleuniger werden nicht nur für die Grundlagenforschung als Neutronenquelle geplant, sondern auch als kerntechnische Anlagen zur Energieerzeugung diskutiert, mit denen unterkritische Anordnungen mit einem zusätzlichen Neutronenfluss in einen kritischen Zustand gebracht werden können. Weiterhin können diese Anlagen auch zur sogenannten Inzineration verwendet werden, bei denen langlebige radioaktive Stoffe in kurzlebige umgewandelt werden.

[0004] Ein Problem beim Betrieb von Hochenergiebeschleunigern ist die Produktion von hochenergetischer Sekundärstrahlung in den Targetbereichen (Ziel des Teilchenstrahls, in dem er deponiert wird) oder bei Strahlverlusten während des Transports auf der Strecke der Strahlführungen des Hochenergie- oder Primärstrahls zum Target hin.

[0005] Während die in Kernreaktionen erzeugten geladenen Teilchen oft in der Struktur des Beschleunigers gestoppt werden, hat die erzeugte Neutronen- und Gammastrahlung ein hohes Durchdringungsvermögen selbst durch Meter-dicke Abschirmungen. Bei sehr hohen Energien werden ferner unter anderem Pionen erzeugt, die in Myonen zerfallen. Letztere haben ebenfalls sehr hohe Reichweiten und müssen in speziellen Strahlvernichtern gestoppt werden.

[0006] Bei Schwerionenbeschleunigern ist die Situation noch schwieriger, da schon bei kleineren Intensitäten ähnliche Produktionsraten für Sekundärstrahlung entstehen verglichen mit Protonenbeschleunigern.

[0007] Die Produktion von Strahlung an derartigen Beschleunigeranlagen führte bislang zur Installation von zumeist sehr massiven Abschirmungen an den Strahlverluststellen. Als Abschirmmaterial wurde dabei wie in der Kerntechnik häufig Beton oder Eisen verwendet. Derartige Betonabschirmungen bestehen aus fest gegossenen Wänden und Decken, aber auch einzelne Abschirmmodule können als Einzelteile zusammengesetzt eine Gesamtabschirmung bilden.

[0008] Für spezielle Anforderungen an die Abschirmung können neben Normalbeton mit typischen Dichten im Bereich von 2,3 g/cm3 auch schwere Betonsorten mit entsprechenden Zuschlägen wie z.B. Magnetit-, Limonit- oder Barytbeton mit Dichten bis zu 3,6 g/cm3 verwendet werden (siehe auch DIN25413). In der Praxis wird jedoch im Sinne der Optimierung von Kosten und dem erzieltem Abschirmergebnis zu meist Normalbeton verwendet.

[0009] Die Produktion der Strahlung ist abhängig von der Strahlenart, der Energie, der Intensität und der Verlustrate. Die Abschirmdicke ist ferner von den einzuhaltenden Grenzwerten der zu beachtenden nationalen Gesetzgebungen abhängig. Die Grenzwerte werden als Jahresdosisgrenzwerte definiert oder auf die Dosisleistung in µSv/h bezogen.

[0010] In jüngster Zeit gab es Vorschläge, Abschirmanordnungen mit Schüttgut zu verwenden. Als Schüttgut wurde z.B. Gips vorgeschlagen. Natürliche vorkommende Materialien wurden zwar bisher um diese Anlagen herum als Erde aufgeschüttet, jedoch nicht direkt in die Abschirmung mit einbezogen. Auf der anderen Seite ergibt sich durch die Verwendung von natürlichen Stoffen in der Abschirmanordnung das Problem der Aufaktivierung, da diese Stoffe relativ nahe an den Quellen sind.

[0011] Aus den Patentanmeldungen DE 103 27 466 (Forster) und DE 103 12 271 A1 (Brüchle et al.) ist Gips als alternatives Material für Baukörper für Strahlenschutzbauwerke bzw. Abschirmungen von Hochenergiebeschleunigern bekannt, die sich ebenfalls als gut geeignete Abschirmmaterialien erwiesen haben.

[0012] Die Verwendung derartiger Abschirmungen, die Schüttgut als Abschirmmaterial nutzen, bringt eine Reihe von Verbesserungen mit sich, die bisherigen Entwicklungen und Vorschläge zum Aufbau von Abschirmungen für Beschleunigeranlagen sind jedoch zumeist unter besonderer Berücksichtigung der Abschirmwirkung konzipiert worden.

[0013] Ein weiterer durch die vorliegende Erfindung adressierter, wichtiger und nach der Erkenntnis der Erfinder bisher zum Teil unzureichend beachteter Effekt ist aber die Aktivierung der Strahlenschutzmaterialien, insbesondere die Erzeugung von Radioaktivität durch die Sekundärstrahlung, die in den Abschirmungen Kernreaktionen auslöst. Bei diesem unerwünschten Nebeneffekt wird die Erzeugung von Radionukliden vor allem in Spallationsreaktionen durch Protonen und Neutronen in den Abschirmschichten verursacht. Durch Abdampfen von Nukleonen und Clustern kann eine Vielzahl an Radionukliden erzeugt werden. Dieses Problem wird dadurch noch verschlimmert, dass je schwerer der Targetkern des verwendeten Abschirmmaterials ist, umso größer die Variabilität der erzeugten Radionuklide wird.

[0014] Werden bei den Abschirmungen natürliche Materialien eingesetzt, die nach Beendigung der Nutzung der Anlage wieder einer natürlichen Nutzung zugeführt werden sollen, so muss das Niveau der erzeugten Radioaktivität gewisse Grenzwerte unterschreiten, um die Vorgaben der nationalen Gesetzgebungen zu erfüllen. So ist z.B. für die uneingeschränkte Freigabe von Stoffen nach deutschem Strahlenschutzrecht ein nuklidspezifischer Freigabewert Ai in Bq/g zu unterschreiten. Bei mehreren Radionukliden muss die Gesamt-Ausschöpfung nach Anwendung der Summenregel kleiner als eins sein. Die Gesamtausschöpfung G ist definiert als:

wobei Fi die tatsächliche Aktivität pro Masse und Radionuklid ist und über alle Radionuklide (i) summiert wird.

[0015] Zwar existiert nach deutschen Recht neben der uneingeschränkten Freigabe noch ein weiterer Grenzwert zur eingeschränkten Freigabe (freigabefähig zur Beseitigung), jedoch ist losgelöst von eventuellen gesetzlichen Grenzwerten eine möglichst geringe Aktivierung wünschenswert.

[0016] Berechnungen der Erfinder haben jedoch ergeben, dass beim Betrieb einer Hochenergie-Beschleunigeranlage bei sehr hohen Intensitäten über mehrere Jahrzehnte die eingesetzten Abschirmmaterialien so stark aufaktiviert werden, dass sie nach Abschalten der Anlage und in der Rückbauphase nicht, ggf. nicht einmal eingeschränkt freigabefähig sind und unter Umständen erst einige Jahre oder Jahrzehnte gelagert werden müssen, bevor sie freigegeben werden können. Dies gilt auch für natürliche Füllstoffe (Erde, Sand, Wasser etc.), welche gerade deshalb eingesetzt werden, um nach Beendigung der Nutzung der Anlage möglichst schnell einer natürlichen Nutzung wieder zugeführt werden sollen. Liegt deren Ausschöpfung jedoch über den gesetzlichen Grenzwerten kann dieses Ziel nicht erreicht werden, da die Materialien entweder über lange Zeit zwischengelagert oder unter enormem Kostenaufwand als radioaktiver Abfall entsorgt werden müssten.

[0017] Aus der Patentanmeldung DE 103 27 466 A1 ist ein in Sandwich-Bauweise hergestellter Baukörper für ein Strahlenschutzbauwerk bekannt. Dieser geht jedoch von Protonenbehandlungsräumen für den medizinischen Bereich aus, deren Anforderungen aufgrund der wesentlich niedrigeren Energien nicht vergleichbar sind.

[0018] Aus der JP 62032395 A ist eine Strahlungsabschirmung mit zwei Strahlenschilden bekannt. Diese Druckschrift behandelt jedoch im Wesentlichen eine Befestigungseinrichtung mit einer Gewindestange, einer Edelstahlmutter und einer versenkten Keramikmutter, mittels welchen die beiden Strahlenschilde verschraubt werden.

[0019] Zusammenfassend sind insbesondere Mehrschicht-Strahlenschutzanordnungen oder -wände für Hochenergiebeschleunigeranlagen in Hinblick auf die radioaktive Aktivierung der Materialien und deren Abklingverhalten weiter verbesserungsbedürftig, bezogen auf den Betrieb von mehreren Jahren oder Jahrzehnten mit hohen Strahlenergien und -intensitäten und die nachfolgende Entsorgung. Dieser Aspekt ist insbesondere dann von besonderer Wichtigkeit, wenn natürliche Abschirmmaterialien verwendet werden, die einerseits nach der Nutzung der Anlage als radioaktiv aktiviert vorliegen und anderseits aber wenig Erfahrungen im Umgang mit größeren Mengen von diesen Stoffen vorliegen.

Allgemeine Beschreibung der Erfindung



[0020] Die Erfindung hat sich daher die Aufgabe gestellt, eine Strahlenschutzkammer mit einer mehrschichtigen Strahlenschutzwand, insbesondere zur Abschirmung von hochenergetischer Gamma- und/oder Teilchenstrahlung aus Hochenergie- und/oder Kernreaktionen bereit zu stellen, welche auch nach langer Betriebsdauer und hohen Strahlenergien und -intensitäten eine in Bezug auf die spätere Entsorgung der verwendeten Materialien gut handhabbare radioaktive Aktivierung aufweist und deren Bestandteile zumindest teilweise wieder zu verwerten sind.

[0021] Noch eine Aufgabe ist es, eine derartige Strahlenschutzkammer für eine Hochenergiebeschleunigeranlage bereit zu stellen, bei welcher beim Rückbau möglichst wenig als verstrahlt zu entsorgendes Material anfällt und möglichst viel Material unter den vorbestimmten Grenzwerten liegt und wiederverwendet werden kann.

[0022] Insbesondere ist es eine Aufgabe der Erfindung, eine Strahlenschutzkammer bereit zu stellen, welche kostengünstig und mit geringem Aufwand herzustellen, aufzubauen, rückzubauen und zu entsorgen sind.

[0023] Eine weitere Aufgabe ist es, eine derartige Strahlenschutzkammer bereit zu stellen, welche die Nachteile bekannter Abschirmungen vermeidet oder zumindest mindert.

[0024] Die Aufgabe wird in überraschend einfacher Weise bereits durch den Gegenstand des Patentanspruchs 1 gelöst. Vorteilhafte Weiterbildungen der Erfindung sind in den Unteransprüchen definiert.

[0025] Erfindungsgemäß wird eine Strahlenschutzkammer mit einer strahlabwärts positionierten mehrschichtigen Strahlenschutzwand zur Abschirmung von hochenergetischer Gamma- und/oder Teilchenstrahlung, insbesondere aus Hochenergie- und/oder Kernreaktionen, erzeugt durch Primärstrahlung im Bereich über 1 GeV, insbesondere über 10 GeV oder noch höher bereit gestellt. Hiermit wird vorzugsweise die Strahlung von einem Reaktionsplatz an einer Hochenergie-Teilchenbeschleunigeranlage abgeschirmt oder abgeschwächt. Die abzuschirmende Strahlung ist in den meisten Anwendungsfällen Sekundärstrahlung, welche aus einer Reaktion des Primärstrahls mit einem Target entsteht, kann aber auch ein Rest oder Teil des Primärstrahles selbst sein.

[0026] Die Strahlenschutzwand weist einen sandwichartigen Aufbau aus zumindest einer ersten und zweiten Schichtanordnung auf, wobei die erste Schichtanordnung zumindest eine primäre Abschirmschicht und die zweite Schichtanordnung zumindest eine sekundäre Abschirmschicht, welche insbesondere aus unterschiedlichem Material bestehen und funktionell unterschiedlich sind, umfasst.

[0027] Um die hochenergetische Strahlung wirkungsvoll abschirmen zu können, ist die primäre Abschirmschicht vorzugsweise als Spallationsschicht und die sekundäre Abschirmchicht vorzugsweise als Moderationsschicht ausgebildet.

[0028] Erfindungsgemäß sind die erste oder zweite Schichtanordnung, besonders bevorzugt beide, mehrteilig ausgebildet oder in eine Mehrzahl von benachbarten und bereits beim Aufbau vordefiniert trennbaren Teilabschnitten unterteilt, so dass ein einfacher, getrennter Rückbau und eine separate und selektierte Wiederverwertung oder Entsorgung der Teilabschnitte ermöglicht sind. Die Aufteilung in Teilabschnitte kann durch Aufteilung in mehrere benachbarte getrennte Moderationsschichten und/oder Spallationsschichten und/oder durch laterale (quer zur Schichtebene) Aufteilung der Moderationschicht(en) und/oder der Spallationsschicht(en) realisiert sein.

[0029] Dies hat den enormen Vorteil, dass bei der Planung der Strahlenschutzwand, bzw. einer Strahlenschutzkammer, sogenanntes "Cave", welches zumindest teilweise aus derartigen Strahlenschutzwänden aufgebaut wird, bereits nach Teilabschnitten mit vorhersehbar hoher Strahlenbelastung und solchen mit vorhersehbar niedriger Strahlenbelastung unterschieden werden kann und diese Teilabschnitte trennbar oder separierbar aufgebaut werden, um beim Rückbau die höher und weniger hoch verstrahlten Teilabschnitte getrennt entsorgen und/oder wieder verwerten zu können. Dadurch können die Entsorgungskosten erheblich reduziert werden.

[0030] Mit anderen Worten werden erfindungsgemäß die Teilabschnitte, die durch den Betrieb eine hohe Aktivierung erfahren, von den Teilabschnitten, die zwar eine Abschirmwirkung und in kleinerem Umfang eine Aufaktivierung erfahren, also in ihrem Aktivitätsniveau niedriger liegen, getrennt. Diese Schichten, die z.B. natürliche Stoffe enthalten können und nur gering aktiviert werden, sind bald nach Beendigung der Nutzung wieder uneingeschränkt oder zumindest zur Beseitigung freigabefähig und stehen dann wieder für eine natürliche Nutzung zur Verfügung. Es ist jedoch ersichtlich, dass die Erfindung nicht auf die Erfüllung irgendwelcher nationaler Grenzwertvorschriften beschränkt ist.

[0031] Die stärker aufaktivierten Teilabschnitte werden nach Stilllegung der Anlage entweder zwischengelagert oder werden in anderen ähnlichen kerntechnischen Einrichtungen weiter verwendet.

[0032] Vorzugsweise sind die erste und/oder zweite Schichtanordnung ihrerseits trennbar mehrschichtig ausgebildet. Mit anderen Worten umfasst die erste Schichtanordnung eine Mehrzahl von 2, 3 oder mehr Spallationsschichten und/oder die zweite Schichtanordnung eine Mehrzahl von 2, 3 oder mehr Moderationsschichten um zusätzlich zur lateralen Trennbarkeit noch eine Trennbarkeit entlang der Schichtnormalen zu erreichen. Dadurch kann die Rückbauplanung bei der Konzipierung in zwei Dimensionen - in Polarkoordinaten azimuthal und radial - auf die zu erwartende Strahlenbelastung angepasst werden, so dass ein zweidimensional modularer oder differenzierter Rückbau ermöglicht ist.

[0033] Diese Vorteile kommen besonders zum Tragen, wenn die Moderationsschicht(en) und/oder die Spallationsschicht(en) als Schüttgutschicht(en) ausgebildet sind, da hier ein getrennter Rückbau besonders einfach zu bewerkstelligen ist.

[0034] Um die Schüttgutschichten einzugrenzen, besitzt die Strahlenschutzwand beidseits der Spallationsschicht(en) und der Moderationschicht(en) eine feste statikgebende Beton-Tragschicht. Ferner sind zwischen den Spallations- und Moderationsschichten oder Schüttgutschichten (dünne) Trennwände, z.B. aus Beton, vorgesehen, um die getrennte Entsorgung zu gewährleisten. Stirnseitig sind lateral benachbarte Abschnitte von Schüttgutschichten durch Trennelemente voneinander getrennt. Mit anderen Worten bilden die Trennschichten und Trennelemente aneinander angrenzende Behälter oder Füllräume in die das Spallationsmaterial bzw. das Moderationsmaterial eingefüllt wird, um so die zweidimensional sektionierte Strahlenschutzwand mit unter anderem voneinander getrenntem Spallationsmaterial und Moderationsmaterial zu bilden.

[0035] Gemäß einer besonders bevorzugten Ausführungform der Erfindung weist die Strahlenschutzwand an zumindest einer lateralen Position, insbesondere in einem zentralen Bereich zumindest folgenden Schichtaufbau strahlabwärts in folgender Reihenfolge auf:
  • eine erste feste (Beton-)Tragschicht,
  • eine Spallationsschicht
  • eine erste Trennwand
  • eine erste Moderationschicht
  • eine zweite Trennwand
  • eine zweite Moderationschicht
  • eine zweite feste (Beton-)Tragschicht.


[0036] Vorzugsweise enthalten mehrere oder alle Moderationschichten oder -sektionen hauptsächlich (zu mehr als 50%) Elemente mit einer Kernladungszahl von kleiner als 30 oder bestehen aus solchen. Diese Elemente sind insbesondere zur Moderation von leichten Kernfragmenten und Nukleonen geeignet. Zur Moderation, insbesondere von Neutronen, haben sich Moderationsschichten aus Gips oder anderen Materialien mit gebundenem Wasser, als besonders geeignet erwiesen. Aber auch flüssige Sektionen oder Schichten, z.B. aus Wasser sind denkbar. Darüber hinaus hat sich gezeigt, dass als Moderationsschicht(en) auch gewöhnlicher Erdaushub, Sand, Kies, Feldspat, Kalkfeldspat, Kalifeldspat oder ähnliche natürliche Rohmaterialien verwendet werden können.

[0037] Die auf der strahlaufwärts der Moderationsschicht(en) angeordnete(n) Spallationsschicht(en) hingegen enthält bzw. enthalten hauptsächlich (zu mehr als 50%) Elemente mit einer Kernladungszahl von größer als 20 oder 25 oder bestehen aus solchen. Als Spallationsmaterial hat sich z.B. ein eisenhaltiges Material besonders bewährt. Dieses Material ist kostengünstig zu beschaffen und vorteilhaft zu entsorgen oder gegebenenfalls wieder zu verwerten.

[0038] Vorzugsweise weist bzw. weisen die Moderationsschicht(en) eine Dichte von kleiner oder gleich 3,5 g/cm3 und die Spallationsschicht(en) eine Dichte von größer oder gleich 3,0 g/cm3 auf.

[0039] Die erfindungsgemäße Strahlenschutzwand bildet die strahlabwärts gelegene Wand der Strahlenschutzkammer in die ein primärer Hochenergiestrahl aus einem Teilchenbeschleuniger auf einen Reaktionsplatz oder ein Target gerichtet wird.

[0040] Die Strahlenschutzkammer weist also zumindest folgende Bestandteile auf:

eine strahlabwärts positionierte erste Strahlenschutzwand mit dem vorstehend beschriebenen sektionierten Aufbau,

eine strahlaufwärts positionierte zweite Strahlenschutzwand mit einem Eintrittsbereich für den Hochenergiestrahl,

seitliche Strahlenschutzwände sowie

einen Boden und eine Decke,

wobei die Strahlenschutzwände, der Boden und die Decke gemeinsam einen um den Reaktionsplatz im Wesentlichen geschlossenen Strahlenschutzkäfig bilden.



[0041] Dabei weist die erste Strahlenschutzwand also einen zentralen Bereich zum Abschwächen der von dem Reaktionsplatz in einem vorbestimmten Raumwinkel um die Vorwärtsrichtung des Hochenergiestrahls austretenden Strahlung und einen peripheren Bereich um den zentralen Bereich auf und ist derart aus getrennten Teilabschnitten aufgebaut, dass beim Rückbau Teilabschnitte aus dem zentralen Bereich und Teilabschnitte aus dem peripheren Bereich getrennt voneinander ab- oder rückbaubar und widerverwertbar oder entsorgbar sind.

[0042] Die seitlichen Strahlenschutzwände können einen hiervon unterschiedlichen Schichtaufbau aufweisen.

[0043] Bei besonders hohen Strahlenergien kann es vorteilhaft sein, wenn in Vorwärtsrichtung des primären Hochenergiestrahls oder strahlabwärts des Reaktionsplatzes ein zusätzlicher Strahlvernichter, sogenannter "Beamdump" angeordnet ist. Der Strahlvernichter schließt sich vorzugsweise außerhalb der Strahlenschutzkammer strahlabwärts an die erste Strahlenschutzwand an oder ist zumindest teilweise in diese integriert.

[0044] Im Folgenden wird die Erfindung anhand von Ausführungsbeispielen und unter Bezugnahme auf die Zeichnungen näher erläutert, wobei gleiche und ähnliche Elemente teilweise mit gleichen Bezugszeichen versehen sind und die Merkmale der verschiedenen Ausführungsbeispiele miteinander kombiniert werden können.

Kurzbeschreibung der Figuren



[0045] Es zeigen:
Fig. 1
einen schematischen Querschnitt durch eine Strahlenschutzkammer gemäß einer ersten Ausführungsform der Erfindung von oben,
Fig. 2
den Ausschnitt A aus Fig. 1,
Fig. 3
ein berechnetes Dosisprofil an der Strahlenschutzkammer nach Fig. 1,
Fig. 4
eine berechnete Radioaktivität aufgeteilt nach Isotopen des Abschnitts 8 in Fig. 1,
Fig. 5
einen schematischen Querschnitt durch eine Strahlenschutzkammer gemäß einer zweiten Ausführungsform der Erfindung von oben.

Detaillierte Beschreibung der Erfindung



[0046] Als Beispiel für die erfindungsgemäße Strahlenschutzwand, bzw. -kammer dient hier die Bestrahlungskammer für Kernkollisionen, die zurzeit bei der Anmelderin im Rahmen des Projekts FAIR (=Facility for Antiproton and Ion Research) geplant wird.

[0047] Fig. 1 zeigt diese Strahlenschutzkammer 1 aufgebaut aus einer ersten strahlabwärts positionierten (vorderen) Strahlenschutzwand 110, einer zweiten strahlaufwärts positionierten (hinteren) Strahlenschutzwand 210 und zwei seitlichen Strahlenschutzwänden 310, 410, welche zusammen mit nicht dargestellten Boden und Decke einen im Wesentlichen geschlossen Käfig als Reationscave um ein Target 50 bilden. Die Kammer 1 weist einen labyrinthförmigen Eingangsbereich 60 auf.

[0048] Der Hochenergie-Primärstrahl 70 tritt durch einen Strahleintrittsbereich 80 in die Kammer 1 ein und trifft auf das Target 50. Dabei erzeugt der Primärstrahl 70, in diesem Beispiel 1012 Protonen/sec bei einer Energie von 30 GeV Sekundärstrahlung 90, welche zwar in alle Richtungen emittiert wird, aber dennoch ein Maximum in Vorwärtsrichtung aufweist. Insbesondere diese Sekundärstrahlung 90 soll effektiv abgeschirmt werden.

[0049] Die Strahlenschutzwände 110, 210, 310, 410 weisen jeweils eine innere feste Tragschicht oder tragende Betonschicht 140, 240, 340, 440 und jeweils eine äußere feste Tragschicht oder tragende Betonschicht 150, 250, 350, 450 auf. Die vordere und seitlichen äußeren Betonschichten 150, 350 und 450 sind ihrerseits zweischichtig in Schichten 152, 154; 352, 354 bzw. 452, 454 ausgebildet.

[0050] Die Strahlenschutzwände 110, 210, 310, 410 weisen ferner jeweils eine innere Schichtanordnung 120, 220, 320, 420 aus einem Spallationsmaterial wie z.B. Eisen, Eisengranulat oder Eisenerz auf. Die vordere Spallations-Schichtanordnung 120 ist ihrerseits zweischichtig in Spallationsschichten 122, 124 aufgebaut. Die seitlichen Spallations-Schichtanordnungen 320, 420 weisen nur jeweils eine Spallationsschicht 322, 422 auf.

[0051] Außen angrenzend an die Spallations-Schichtanordnungen 120, 220, 320, 420 befinden sich jeweils Moderations-Schichtanordnungen 130, 230, 330, 430 aus Erde. Die vordere Moderations-Schichtanordnung 130 ist ihrerseits dreischichtig in Moderationsschichten 132, 134, 136 aufgebaut. Die seitlichen Moderations-Schichtanordnungen 330, 430 weisen jeweils zwei Moderationschichten 332, 334 bzw. 432, 434 auf.

[0052] Die Betonschichten 140, 152 dienen als innere und äußere tragende Wand zur Auffüllung mit Eisenerz-Schüttgut für die Spallationsschichten bzw. schüttbare Erde für die Moderationschichten. Die Erde hat eine Zusammensetzung, wie sie am Standort der Forschungseinrichtung üblich ist. Zwischenschichten und Zuganker (in Fig. 1 nicht dargestellt) werden eingebaut um den statischen Erfordernissen zu genügen.

[0053] Die Spallationsschichten bestehen aus Materialien mit höherer Kernladungszahl als die Moderationschichten. In den Spallationsschichten werden vor allem durch hochenergetische Neutronen Spallationsreaktionen ausgelöst, die u.a. die Produktion von Verdampfungsneutronen zur Folge haben. Die Verdampfungsneutronen haben kleinere Energien als die Neutronen der Sekundärstrahlung, die Erzeugung von weiteren Radionukliden erfolgt mit geringerer Wahrscheinlichkeit. Ist die Schichtdicke ausreichend groß, so wird ein Großteil der Neutronen der Sekundärstrahlung in Neutronen der Verdampfungskerne umgesetzt. Ist diese Schichtdicke dem Primärstrahl (Ionenart, Energie, Intensität) und dem Target (Element, Dicke) so angepasst, dass die im Target erzeugte Sekundärstrahlung stark gestreut und geschwächt wird, so sind die strahlabwärts folgenden Schichten nur schwach aktiviert, das Niveau der erzeugten Radioaktivität ist niedrig.

[0054] Insbesondere die vordere Strahlenschutzwand 110 bzw. deren Schichten sind einerseits lateral, d.h. quer zur jeweiligen Schichtebene und andererseits durch Aufteilung der Schichtanordnungen 120, 130 in weiter getrennte Schichten 122, 124, bzw. 132, 134, 136 in Teilabschnitte unterteilt. Die Unterteilung ist in diesem Beispiel von innen nach außen gesehen wie folgt ausgeführt:
  • Die innere Betonschicht 140 weist einen zentralen Teilabschnitt 21 und zwei periphere Teilabschnitte 20 auf.
  • Die erste Spallationsschicht 122 weist einen zentralen Teilabschnitt 15 und zwei periphere Teilabschnitte 13 auf.
  • Die zweite Spallationsschicht 124 weist einen zentralen Teilabschnitt 16 und zwei periphere Teilabschnitte 14 auf.
  • Die erste Moderationsschicht 132 weist einen zentralen Teilabschnitt 10 und zwei periphere Teilabschnitte 7 auf.
  • Die zweite Moderationsschicht 134 weist einen zentralen Teilabschnitt 11 und zwei periphere Teilabschnitte 8 auf.
  • Die dritte Moderationsschicht 136 weist einen zentralen Teilabschnitt 12 und zwei periphere Teilabschnitte 9 auf.
  • Die äußeren Betonschichten 152, 154 sind jeweils einteilig ausgebildet.


[0055] Auch die seitlichen Strahlenschutzwände 310 und 410 sind wie folgt in Teilabschnitte unterteilt:
  • Die innere Betonschicht 340 weist einen ersten Teilabschnitt 22 und einen zweiten Teilabschnitt 23 auf.
  • Die einzige Spallationsschicht 322 weist einen ersten Teilabschnitt 17 und einen zweiten Teilabschnitt 18 auf.
  • Die erste Moderationsschicht 332 weist einen ersten Teilabschnitt 2 und einen zweiten Teilabschnitt 4 auf.
  • Die zweite Moderationsschicht 334 weist nur einen Abschnitt 3 auf.
  • Die innere Betonschicht 440 weist nur einen Abschnitt 441 auf.
  • Die Spallationsschicht 422 weist nur einen Abschnitt 443 auf.
  • Die erste Moderationsschicht 432 weist einen ersten Teilabschnitt 6 und einen zweiten Teilabschnitt 433 auf.
  • Die zweite Moderationsschicht 434 weist nur einen Abschnitt 5 auf.


[0056] Weiter gilt bezüglich der hinteren Strahlenschutzwand 210:
  • Die innere hintere Betonschicht 240 einteilig ausgebildet (Abschnitt 24).
  • Die Spallationsschicht 222 weist nur einen Abschnitt 19 auf.
  • Die Moderationsschicht 232 weist nur einen Abschnitt 1 auf.
  • Die äußere Betonschicht 250 ist einteilig ausgebildet.


[0057] Zwischen den Spallationsschichten und Moderationsschichten sind in der Fig. 1 nicht dargestellte Trennwände vorgesehen. Ferner sind stirnseitig aneinander grenzende Teilabschnitte, z.B. die Abschnitte 13 und 15, an deren Stirnseiten durch Trennelemente voneinander separiert.

[0058] Fig. 2 zeigt eine Ausschnittvergrößerung der Teilabschnitte 15, 16 der Spallationsschicht und 10, 11, 12 der Moderationsschicht sowie die äußeren tragenden Betonschichten 152, 154 und den Teilabschnitt 21 der inneren tragende Betonschicht 140. Die Teilabschnitte der Spallationsschicht und der Moderationschicht werden von Trennwänden 92 und Trennelementen 94 sowie den angrenzenden tragenden Betonschichten begrenzt.

[0059] Durch die erfindungsgemäße abschnittsweise Untergliederung ist insbesondere die vordere Strahlenschutzwand an die Anisotropie der Sekundärstrahlung 90 angepasst.

[0060] Die inneren, d.h. dem Target 50 zugewandten, zentralen Schichtabschnitte 21, 15 und 16 haben die stärkste Abschirmwirkung zu leisten und weisen daher auch die stärksten Aktivierungen auf. Die übrigen Abschnitte werden aufgrund ihrer peripheren Anordnung oder ihrer weiter außen liegenden Position weniger stark aktiviert. Die meisten der übrigen Teilabschnitte sind daher sofort nach Nutzung der Anlage oder nach einer kurzen Wartezeit uneingeschränkt freigabefähig. Vorteilhafter Weise kann also einerseits so wenig Material mit der notwendigen Schichtdicke und unvermeidbarer erhöhter Aufaktivierung und andererseits soviel natürliches Material wie notwendig eingebaut werden, um die Dosisleistung außerhalb der Kammer 1 oder des Gebäudes unter einem bestimmten Wert zu erhalten.

[0061] Die hier beschriebene Erfindung optimiert demnach zwei Größen:
  1. 1. Die Verteilung von Radioaktivität innerhalb der verschiedenen Teilabschnitte 1-24 der Strahlenschutzwand 110, 210, 310, 410 und
  2. 2. die zu unterschreitende Dosisleistung außerhalb der Kammer 1.


[0062] Insbesondere bei der erfindungsgemäßen vorderen Strahlenschutzwand 110 sind ferner
  • die Spallationsschichten 122,124 von den Moderationschichten 132, 134, 136 getrennt,
  • mehrere Spallationsschichten 122, 124 voneinander getrennt,
  • mehrere Moderationsschichten 132, 134, 136 voneinander getrennt und
  • die Spallationsschichten 122, 124 und die Moderationsschichten 132, 134, 136 jeweils lateral in Teilabschnitte 13-16 bzw. 7-12 unterteilt.


[0063] Die verschiedenen Schichten können als feste Schichten (Betontragschichten) oder als Schüttgutschichten (Spallationsschichten, Moderationsschichten) oder sogar als flüssige Schichten (Moderationsschichten) vorgesehen sein. Genauer enthalten die Moderationsschichten Schüttgut als Abschirmmaterialien z.B. natürliche Stoffe wie Gips, Erde, Sand etc. und die inneren und äußeren Tragschichten 140, 152, 154 sind Stahlbetonschichten die zur statischen Strukturierung der Kammer dienen.

[0064] Fig. 3 zeigt ein berechnetes Dosisprofil für den Betrieb mit dem Protonenstrahl 70 der Energie 30 GeV und der Intensität 1012 Protonen/sec. Die Dosisleistung ist in der Einheit µSv/h angegeben.

[0065] Die Bestrahlungskammer wurde in doppelter Hinsicht optimiert:
  1. 1. Es werden niedrige Strahlenpegel außerhalb des Gebäudes während des Strahlbetriebs erzielt.
  2. 2. Die räumliche Aktivierung innerhalb der Strahlenschutzwände ist auf das natürliche Abschirmmedium Erde angepasst.


[0066] In Fig. 3 ist zu erkennen, dass unter Nutzung von natürlichen Abschirmmaterialien, in diesem Beispiel Eisenerz als Spallationsmaterial und Erde als Moderationsmaterial, die erzeugte Strahlung wirksam geschwächt wird. In der Nähe des Targets 50 ist die Dosisleistung sehr hoch (1 Sv/h und höher), außerhalb der Strahlenschutzkammer 1 (außer unmittelbar in Vorwärtsrichtung) liegt sie auf einem Niveau zwischen 0,1 und 1 µSv/h. Die Vorgaben der nationalen gesetzlichen Grenzwerte können somit erfüllt werden.

[0067] Die Berechnungen wurden mit dem Strahlungstransportprogramm FLUKA (A. Fasso, A. Ferrari, J. Ranft, P.R. Sala: New developments in FLUKA, modelling hadronic and EM interactions Proc. 3rd Workshop on Simulating Accelerator Radiation Environments, KEK, Tsukuba (Japan) 7-9 May 1997. Ed. H. Hirayama, KEK Proceedings 97-5 (1997), p. 32-43) durchgeführt.

[0068] In der Tabelle 1 ist die Aktivierung in den verschiedenen Teilabschnitten 1 bis 24 für eine Strahlzeit von 30 Jahren und einer mittleren Intensität von 1.00E+12 Protonen/sec bei 30 GeV berechnet. Das Target verursacht eine Reaktionsrate der Protonen von ca. 1%. Es wird dadurch eine intensive hochenergetische Sekundärstrahlung erzeugt (Neutronen, Protonen, Pionen, Myonen). Diese erzeugt wiederum in den Abschirmschichten Radioaktivität wie folgt.

[0069] Die Abschnitte 1 bis 12 bestehen dabei aus Erde, die Abschnitte 13 bis 19 aus Eisenerz und die Abschnitte 20 bis 24 aus Beton. Die Aktivierung ist in Einheiten der Gesamtausschöpfung für die uneingeschränkte Freigabe für drei unterschiedliche Abklingzeiten, nämlich 5 Jahre, 1 Jahr und 1 Monat angegeben. Werte kleiner als 1 bedeuten darin uneingeschränkte Freigabe.
Tabelle 1:
Abklingzeit 5 Jahre 1 Jahr 1 Monat
Abschnitt      
1 4.00E-04 9.40E-04 1.28E-03
2 1.10E-04 2.66E-04 3.71E-04
3 4.60E-04 1.26E-03 1.80E-03
4 4.30E-03 1.04E-02 1.43E-02
5 4.50E-04 1.24E-03 1.78E-03
6 4.00E-03 9.89E-03 1.37E-02
7 5.80E-03 1.49E-02 2.09E-02
8 1.00E-03 2.88E-03 4.21E-03
9 3.40E-04 9.76E-04 1.43E-03
10 1.05E+00 2.73E+00 3.83E+00
11 2.61E-01 7.18E-01 1.02E+00
12 7.15E-02 2.01E-01 2.88E-01
       
13 8.33E-02 1.84E+00 4.95E+00
14 8.54E-03 1.87E-01 5.00E-01
15 4.62E+00 9.77E+01 2.75E+02
16 9.62E-01 2.07E+01 5.71E+01
17 9.15E-03 2.01E-01 5.14E-01
18 5.00E-04 1.08E-02 2.67E-02
19 9.67E-04 2.20E-02 5.40E-02
       
20 1.91E+00 5.65E+00 7.54E+00
21 3.63E+01 1.07E+02 1.42E+02
22 6.69E-01 2.00E+00 2.68E+00
23 4.88E-02 1.49E-01 2.05E-01
24 4.84E-02 1.49E-01 2.06E-01


[0070] Es ist ersichtlich, dass fast alle Abschnitte, die Erde enthalten, nach einem Monat Abklingzeit bereits uneingeschränkt freigabefähig sind. Lediglich der Abschnitt 10 liegt nach einem Monat mit einem Ausschöpfungsgrad von 3,83 deutlich über dem Freigabewert. Ein fünf-jähriges Warten bringt diese Schicht auf einen Wert von etwa Eins. Alternativ kann aber auch die Eisenerzschichtdicke der Abschnitte 15 und/oder 16 vergrößert werden, um auch nach einer 1-monatigen Abklingzeit die Ausschöpfung der Erdaktivierung auf einen Wert kleiner als Eins zu bringen.

[0071] Die Beton- und Eisenerzschichtabschnitte sind zum Teil stark aktiviert. So sind in Vorwärtsrichtung die Eisenerzabschnitte 15 und 16 am stärksten aktiviert mit einem Wert der Ausschöpfung der Freigabeaktivität von 275 (Abschnitt 15) nach einer 1-monatigen Abklingphase. Entsprechend ist die davor liegende Betonschicht auch stark aktiviert (Abschnitt 21) mit einem Wert von 142. Auch eine 5-jährige Wartezeit reicht nicht aus die Ausschöpfungsgrade unter eins zu bringen. Diese Materialien sind nicht uneingeschränkt freigabefähig, d.h. sie können wieder als Abschirmmaterial in anderen Anlagen eingesetzt werden oder je nach nationaler strahlenschutzrechtlicher Regelung auch in Deponien entsorgt werden.

[0072] Fig. 4 zeigt beispielhaft die Verteilung der erzeugten Radioaktivität für den aus Erde bestehenden Teilabschnitt 8 aus Fig. 1.

[0073] Es sind die wichtigsten erzeugten Radionuklide angegeben. Der Grad der Ausschöpfung des Freigabewerts (uneingeschränkte Freigabe) nach der deutschen Strahlenschutzverordnung ist dargestellt für einen 30-jährigen Betrieb mit 1012 Protonen/sec und einer 1-monatigen Abklingzeit.

[0074] Die höchste relative Ausschöpfung hat hier das Radionuklid Na-22 (Halbwertszeit 2,6 Jahre). Weitere Radionuklide die entstehen sind H-3, Be-7, Mn-52,54, Sc-46, V-48, Cr-51, Fe-55,59 und die Kobaltisotope Co-56, 58, 60.

[0075] Fig. 5 zeigt eine Strahlenschutzkammer 1 entsprechend der in Fig. 1 gezeigten, aber mit einem zusätzlichen Strahlvernichter 95 aus Eisen mit einer Betonummantelung 96. Der Strahlvernichter 95 ist zentral in die Moderationsschichten 132, 134, 136, genauer in die Abschnitte 10, 11, 12 eingelassen und bewirkt damit eine weiter verminderte Aktivierung dieser Abschnitte. In den strahlaufwärts des Strahlvernichters angeordnete Schichten und vorzugsweise im Eintrittsbereich des Strahlvernichters 95 ist ein Eintrittskanal 98 vorgesehen.

[0076] Zusammenfassend kann festgehalten werden, dass die Berücksichtigung der entstehenden Radioaktivität bei der Konstruktion des Abschirmgebäudes in den verschiedenen Teilabschnitten die folgenden Vorteile mit sich bringt:
  1. 1. Konzentration des radioaktiven Inventars auf Abschirmschichten, die später leichter getrennt werden können von den Schichten, die nur leicht aktiviert sind.
  2. 2. Die Trennung von schwach und stärker aktivierten Schichten stellt eine Optimierung hinsichtlich des Strahlenschutzes dar, da die Gesamtmasse der zu entsorgenden (oder wieder zu verwendenden) Stoffe reduziert wird und damit die Entsorgung vereinfacht wird.
  3. 3. Bei Verwendung von natürlichen Abschirmmaterialien (Erde, Sand, Schluf, Gips etc.), die nur schwach aktiviert sind, besteht ein doppelter Vorteil: Diese Stoffe sind meist einfach in der Beschaffung und im Transport zu organisieren und in der Abbauphase sind sie aus den gleichen Gründen einfach zu entsorgen (unter der Voraussetzung, dass sie nur schwach radioaktiv sind und zumindest unter den gesetzlichen Grenzwerten für die Ausschöpfung liegen).
  4. 4. An- und Abtransport von Stoffen, die zum Teil notwendigerweise von weit her erfolgen müssen (Eisenerz etc.) wird auf ein Minimum dessen reduziert was wirklich gebraucht wird; die natürlichen Abschirmmaterialien können meist in der Nähe oder am gleichen Ort der zu errichtenden Beschleunigeranlage besorgt werden. Somit werden der Transportaufwand und die eingesetzte Energie reduziert.
  5. 5. Nach einem mehrjährigen Betrieb der Anlage, wenn die Entscheidung für den Rückbau der Anlage zu treffen ist, wird oft so verfahren, dass unter Nutzung der Kenntnisse des Betriebspersonals die Anlage möglichst schnell abgebaut werden soll. Dies wird dadurch vereinfacht, dass eine klare Trennung zwischen den Abschnitten, die radioaktiv belastet sind und denen die uneingeschränkt und/oder eingeschränkt freigabefähig sind, existiert. Denn beim Rückbauverfahren können die Abbauphasen unter denen mit radioaktiver Kontaminationsgefahr und direkter möglicher Strahlenexposition gearbeitet werden soll und der Phase mit rein konventionellen Abbauverfahren besser getrennt werden. Der Aufwand zur.Verhinderung von Kontaminationsausbreitungen und dem vorzunehmenden Arbeits- und Strahlenschutzmaßnahmen des involvierten Personals kann besser auf die genannten Abbauphasen angepasst werden.
  6. 6. Ein Großteil der Abschirmungsmassen kann sofort nach einer langjährigen Nutzung der Anlage uneingeschränkt freigegeben werden.


[0077] Die Erfindung ist jedoch nicht nur für HochenergieBeschleunigeranlagen anwendbar, sondern z.B. auch auf Anlagen übertragbar, bei denen Neutronen mit kleineren Energien oder thermalisierte Neutronen freigesetzt werden wie z.B. Kernreaktoren für die Energieerzeugung oder Forschungsreaktoren (Aktivierung durch Neutroneneinfang mit n,γ-Reaktionen) oder Spallationsneutronenquellen. Ganz allgemein ist die Erfindung auf Strahlenarten anzuwenden, die eine Aktivierung im radioaktiven Sinne von Stoffen und Materialien bewirken.

[0078] Es ist dem Fachmann ersichtlich, dass die vorstehend beschriebenen Ausführungsformen beispielhaft zu verstehen sind, und die Erfindung nicht auf diese beschränkt ist, sondern in vielfältiger Weise variiert werden kann, ohne den Bereich und Geist der Erfindung zu verlassen.


Ansprüche

1. Strahlenschutzkammer (1) für einen Reaktionsplatz an einem Teilchenbeschleuniger aus welchem ein primärer Hochenergiestrahl (70) in die Strahlenschutzkammer (1) richtbar ist, wobei die Strahlenschutzkammer zumindest
eine strahlabwärts positionierte erste Strahlenschutzwand (110),
eine strahlaufwärts positionierte zweite Strahlenschutzwand (210) mit einem Eintrittsbereich für den Hochenergiestrahl,
seitliche Strahlenschutzwände (310, 410) sowie einen Boden und eine Decke aufweist,
wobei die Strahlenschutzwände, der Boden und die Decke gemeinsam einen um den Reaktionsplatz im Wesentlichen geschlossenen Strahlenschutzkäfig bilden,
wobei die strahlabwärts positionierte erste Strahlenschutzwand (110) mehrschichtig ausgebildet ist und einen zentralen Bereich (10-12, 15, 16, 21) zum Abschwächen der von dem Reaktionsplatz in einem vorbestimmten Raumwinkel um die Vorwärtsrichtung des Hochenergiestrahls (70) austretenden Strahlung und einen peripheren Bereich (7-9, 13, 14, 20) um den zentralen Bereich aufweist,
wobei die strahlabwärts positionierte erste Strahlenschutzwand (110) aus lateral getrennten Teilabschnitten (7-12, 13-16, 20, 21) aufgebaut ist, derart dass die Teilabschnitte aus dem zentralen Bereich und dem peripheren Bereich beim Aufbau lateral trennbar voneinander aufgebaut sind, um einen getrennten Rückbau der Teilabschnitte des zentralen und peripheren Bereichs zu ermöglichen.
 
2. Strahlenschutzkammer (1) nach Anspruch 1,
wobei die erste Strahlenschutzwand (110) und die seitlichen Strahlenschutzwände (310, 410) einen unterschiedlichen Aufbau aufweisen.
 
3. Strahlenschutzkammer (1) nach einem der vorstehenden Ansprüche,
wobei in Vorwärtsrichtung ein Strahlvernichter (95) angeordnet ist.
 
4. Strahlenschutzkammer (1) nach einem der vorstehenden Ansprüche,
wobei die strahlabwärts positionierte erste Strahlenschutzwand (110) einen sandwichartigen Aufbau aus zumindest einer ersten und zweiten Schichtanordnung (120, 130) umfasst, wobei die erste Schichtanordnung (120) zumindest eine primäre Abschirmschicht (122, 124) und die zweite Schichtanordnung zumindest eine sekundäre Abschirmschicht (132, 134, 136) umfasst,
wobei die primäre Abschirmschicht als Spallationsschicht und die sekundäre Abschirmschirmschicht als Moderationsschicht ausgebildet ist und
zwischen Spallationsschichten und Moderationsschichten Trennwände vorgesehen sind, um eine getrennte Entsorgung der Teilabschnitte der primären und sekundären Abschirmschicht zu gewährleisten.
 
5. Strahlenschutzkammer (1) nach Anspruch 4,
wobei die Moderationsschicht (132, 134, 136) hauptsächlich Elemente mit einer Kernladungszahl von kleiner als 30 enthält.
 
6. Strahlenschutzkammer (1) nach einem der Ansprüche 4 oder 5,
wobei die Spallationsschicht (122, 124) hauptsächlich Elemente mit einer Kernladungszahl von größer als 20 enthält.
 
7. Strahlenschutzkammer (1) nach einem der Ansprüche 4 bis 6,
wobei die Moderationsschicht (132, 134, 136) eine Dichte von kleiner oder gleich 3,5 g/cm3 aufweist.
 
8. Strahlenschutzkammer (1) nach einem der Ansprüche 4 bis 7,
wobei die Spallationsschicht (122, 124) eine Dichte von größer oder gleich 3,0 g/cm3 aufweist.
 
9. Strahlenschutzkammer (1) nach einem der Ansprüche 4 bis 8,
wobei die Moderationsschicht (132, 134, 136) Erdaushub, Sand, Kies, Feldspat, Kalkfeldspat, Kalifeldspat und/oder Gips enthält.
 
10. Strahlenschutzkammer (1) nach einem der Ansprüche 4 bis 9,
wobei die erste Schichtanordnung mehrschichtig aufgebaut ist und mehrere voneinander trennbare Spallationsschichten (122, 124) umfasst.
 
11. Strahlenschutzkammer (1) nach einem der vorstehenden Ansprüche,
wobei die strahlabwärts positionierte erste Strahlenschutzwand (110) zumindest folgenden Schichtaufbau aufweist:

- eine erste feste Tragschicht (140),

- eine Spallationsschicht (122)

- eine erste Trennwand (92)

- eine erste Moderationschicht (132)

- eine zweite Trennwand (92)

- eine zweite Moderationschicht (134)

- eine zweite feste Tragschicht (152).


 
12. Strahlenschutzkammer (1) nach einem der vorstehenden Ansprüche,
wobei die strahlabwärts positionierte erste Strahlenschutzwand (110) in ihrer Betriebsposition von oben gesehen einen zweidimensional modular unterteilten Aufbau aufweist.
 




Zeichnung



















Recherchenbericht













Angeführte Verweise

IN DER BESCHREIBUNG AUFGEFÜHRTE DOKUMENTE



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In der Beschreibung aufgeführte Patentdokumente




In der Beschreibung aufgeführte Nicht-Patentliteratur