[0001] Die Erfindung betrifft ein Verfahren zur Herstellung eines komplexen Blechformteils,
sowie ein nach diesem Verfahren hergestelltes komplexes Blechformteil.
[0002] Unter einem komplexen Blechformteil wird im Rahmen dieser Erfindung ein aufgrund
seiner räumlichen Form bzw. Gestalt nur aufwändig beschreibbares Blechformteil verstanden.
Ein komplexes Blechformteil kann bspw. aus vielen einzelnen, auch gekrümmten, Flächenabschnitten
zusammengesetzt bzw. gebildet sein. Aufgrund seiner komplexen Gestalt lässt sich ein
solches komplexes Blechformteil nach heutigem Stand der Technik nur aufwändig herstellen.
Den komplexen Blechformteilen stehen einfach gestaltete Blechformteile gegenüber,
welche sich einfach beschreiben und auf einfache Weise, bspw. mittels einfacher Biegeoperationen
oder dergleichen, herstellen lassen.
[0003] Karosserieteile für Kraftfahrzeuge, wie insbesondere Außenhautteile und Strukturteile,
sind häufig komplexe Blechformteile.
[0004] Komplexe Blechformteile, wie insbesondere Karosserieteile, werden nach heutigem Stand
der Technik typischerweise in mehrstufigen Umformprozessen und insbesondere Tiefziehprozessen
hergestellt. Hierzu sind aus dem Stand der Technik bspw. Pressenstraßen oder Transferstufenpressen
bekannt, bei denen das umzuformende Blechmaterial von einer Umformstufe zur nächsten
gereicht und abschließend im fertig geformten Zustand gelocht und/oder beschnitten
wird.
[0005] Hieran nachteilig sind die hohen Investitionskosten für die Anlagen und Werkzeuge,
die zu kleinen Stückzahlen in einem ungünstigen Verhältnis stehen. Zur Behebung dieses
Nachteils wurden diverse Vorschläge gemacht. Die
US 4,212,188 schlägt ein einstellbares Umformwerkzeug vor, bei dem sowohl im Unterwerkzeug als
auch im Oberwerkzeug eine Vielzahl von höhenverstellbaren Druckstempeln matrixartig
angeordnet ist, mit denen eine formgebende Kontur veränderbar eingestellt werden kann.
Ein ähnliches Verfahren unter Zuhilfenahme eines CAD-Programms ist aus der jüngeren
DE 100 65 142 A1 bekannt. In der aktuellen
GB 2 444 574 A wird ein Verfahren vorgeschlagen, bei dem ein Blechmaterial mit Hilfe von aufgesetzten
Klötzen entlang definierter Biegelinien zu einem komplexen Blechformteil umgeformt
wird. Die Klötze werden bspw. durch Roboterarme bewegt. Nachteilig an diesen Verfahren
ist jedoch, dass ein hohes Qualitätsniveau der Blechformteile, wie insbesondere für
Außenhautteile, nicht erreicht wird.
[0006] Eine Aufgabe der Erfindung ist es, eine vergleichsweise günstige Möglichkeit aufzuzeigen,
komplexe Blechformteile mit einem hohen Qualitätsniveau bereitstellen zu können.
[0007] Diese Aufgabe wird gelöst durch ein erfindungsgemäßes Verfahren mit den Merkmalen
des Anspruchs 1. Diese Aufgabe wird ferner gelöst durch ein erfindungsgemäßes komplexes
Blechformteil mit den Merkmalen des ersten nebengeordneten Anspruchs. Vorteilhafte
und bevorzugte Weiterbildungen sind Gegenstand der jeweils abhängigen Ansprüche. Die
Verwendung eines erfindungsgemäßen komplexen Blechformteils als Karosserieteil für
ein Kraftfahrzeug ist Gegenstand des zweiten nebengeordneten Anspruchs.
[0008] Das erfindungsgemäße Verfahren dient der Herstellung eines komplexen und im Wesentlichen
nach der Formgebung einbaufertigen Blechformteils aus einem Blechmaterial. Es umfasst
die folgenden Schritte:
- Zuschneiden einer ebenen Ausgangsplatine, deren Kontur im Wesentlichen einer exakten
Abwicklung des einbaufertigen Blechformteils in der Ebene entspricht;
- Positionieren der Ausgangsplatine in einem Umformwerkzeug, das wenigstens zwei axial
zueinander bewegbare Werkzeugteile umfasst; und
- axiales Bewegen dieser Werkzeugteile zueinander, wobei ein Umformen der Ausgangsplatine
zu einem einbaufertigen Blechformteil derart erfolgt, dass wenigstens zwei Regelflächen
und/oder Freiformflächen ausgebildet werden, welche durch wenigstens eine Konturlinie
zumindest abschnittsweise voneinander abgegrenzt sind.
[0009] Hierbei ist bevorzugt, dass mehr als zwei Regelflächen und/oder Freiformflächen und
eine Vielzahl von Konturlinien ausgebildet werden. Besonders bevorzugt wird eine Vielzahl
von Freiformflächen ausgebildet. Insbesondere wird jedoch wenigstens eine Freiformfläche
ausgebildet, die zumindest abschnittsweise von wenigstens einer Konturlinie begrenzt
ist.
[0010] Unter dem Begriff "Regelfläche" kann im Rahmen der Erfindung eine Fläche oder ein
Flächenabschnitt verstanden werden, der sich mathematisch einfach beschreiben lässt.
Regelflächen können insbesondere Ebenen, eindimensional gekrümmte Flächen mit konstanten
Krümmungsradien, Mantelflächen von Zylindern, Kegeln und dergleichen sein.
[0011] Unter dem Begriff "Freiformfläche" kann im Rahmen der Erfindung eine komplexe, bevorzugt
mehrfach gekrümmte Fläche verstanden werden, welche sich insbesondere nicht durch
einfache geometrische Grundformen wie Gerade, Kreis und Kegelschnitt mathematisch
beschreiben lässt. Eine Freiformfläche kann bspw. komplexe konkave und/oder konvexe
Abschnitte aufweisen.
[0012] Eine Regelfläche und eine Freiformfläche zeichnen sich im Rahmen der Erfindung insbesondere
dadurch aus, dass diese eine nur geringe Formänderung (Vergleichsformänderung) aufweisen.
Bei kaltverfestigenden Blechmaterialien ist diese Formänderung insbesondere so gering,
dass beim Umformen keine nennenswerte Kaltverfestigung eintritt.
[0013] Unter einer "Konturlinie" wird im Rahmen der Erfindung eine Biegelinie oder eine
Biegekante verstanden. Eine solche Konturlinie ist im Wesentlichen durch ihren räumlichen
Verlauf, ihren Biegewinkel und/oder ihren Biegeradius definiert. Eine Konturlinie
weist bevorzugt einen gekrümmten und insbesondere einen räumlich mehrfach gekrümmten
Verlauf auf. Der Biegeradius und/oder der Biegewinkel können entlang des Verlaufs
variieren. Die Biegekontur kann von einem Kreissegment abweichen. Der Biegewinkel
ist so gewählt, dass ein rissfreies Umformen gewährleistet ist. Bevorzugt ist der
Biegeradius zumindest abschnittsweise so gewählt, dass beim Umformen eines kaltverfestigenden
Blechmaterials eine Kaltverfestigung eintritt.
[0014] Die Ausgangsplatine entspricht im Wesentlichen einer exakten Abwicklung des einbaufertigen
Blechformteils. Dies impliziert, dass beim Umformen keine Streckung oder Stauchung
des Blechmaterials erfolgt, so dass die Ausgangsblechdicke in vorteilhafter Weise
über das gesamte Blechformteil erhalten bleibt. Eine Ausnahme bilden die Bereiche
der Konturlinien, in denen insbesondere eine Biegeverkürzung eintreten kann, welche
bei der Abwicklung des Blechformteils durchaus berücksichtig werden kann, was durch
die Formulierung ,;im Wesentlichen" angezeigt ist. Die Zuschnittsbestimmung erfolgt
bevorzugt mittels von CAD-Systemen.
[0015] Die Erfindung basiert auf der Idee, ein komplexes Blechformteil so zu gestalten,
dass dieses Regelflächen und/oder Freiformflächen umfasst, welche mittels wenigstens
einer Konturlinie voneinander getrennt bzw. mittels dieser Konturlinie unterteilt
sind. Die Regelflächen und/oder Freiformflächen sind hierbei durch den räumlichen
Verlauf einer angrenzenden Konturlinie oder aller angrenzenden Konturlinien definiert.
D.h. durch den räumlichen Verlauf einer Konturlinie wird die räumliche Form bzw. die
Gestalt der angrenzenden Flächen oder Flächenabschnitte vorgegeben bzw. bestimmt.
Im vorausgehenden Gestaltungsprozess und insbesondere in der 3D-Geometriefindung für
das Blechformteil geht es darum, die Gesamtgeometrie in einzelne Regelflächen und/oder
Freiformflächen einzuteilen und ausgehend von der räumlichen Form dieser einzelnen
Flächen oder auch Flächenabschnitte geeignete Verläufe für die Konturlinien, sowie
geeignete Biegewinkel und/oder Biegeradien zu definieren, wobei auch die umgekehrte
Abfolge möglich ist. Die Gestalt des Blechformteils muss zudem in der Ebene abwickelbar
sein, wie zuvor erläutert.
[0016] Die Erfindung hat viele Vorteile. Das Umformen vollzieht sich im Wesentlichen in
nur einer Hauptumformstufe, wozu nur ein Umformwerkzeug und nur eine Umformpresse
erforderlich sind. Aufgrund der resultierenden geringen Investitionskosten ist die
Erfindung daher insbesondere auch für kleine Stückzahlen und Kleinserien geeignet.
Dem steht es jedoch nicht entgegen, dass der Hauptumformstufe weitere Umformstufen
nachfolgen oder vorgelagert sein können. Andererseits weisen die nach dem erfindungsgemäßen
Verfahren hergestellten Blechformteile ein hohes Qualitätsniveau auf, das durchaus
an die Qualität tiefgezogener Umformteile heranreicht, obwohl bei der Herstellung
der erfindungsgemäßen Blechformteile explizit kein Tiefziehprozess durchgeführt wird.
Dem steht es jedoch nicht entgegen, dass das erfindungsgemäße Verfahren mit einem
Tiefziehprozess kombiniert werden kann. Weiterhin ergeben sich für den Gestaltungsprozess
des Blechformteils neue Freiheitsgrade. So ist z.B. die Herstellung einstückiger Großbauteile
möglich, wie bspw. einer Frontklappe mit integrierten Seitenwänden oder einer vollständigen
Bodengruppe für ein Kraftfahrzeug, was im Stand der Technik meist durch mehrere miteinander
gefügte Blechformteile realisiert wird und somit entsprechend aufwändig und kostenintensiv
ist.
[0017] Gemäß einer bevorzugen Weiterbildung ist vorgesehen, dass das Umformen zwischen einem
im Wesentlichen starren unteren und einem im Wesentlichen starren oberen Werkzeugteil
erfolgt, die in einer Umformpresse angeordnet sind, wobei wenigstens eines dieser
Werkzeugteile wenigstens eine geschlossene formgebende Werkzeugkontur aufweist. Bevorzugt
weisen alle unmittelbar am Umformen beteiligten Werkzeugteile eine geschlossene formgebende
Werkzeugkontur auf. Gemäß ihrer Anordnung können die Werkzeugteile auch als Oberwerkzeug
und Unterwerkzeug bezeichnet werden. Diese können jeweils auch mehrteilig aufgebaut
sein. Durch die Verwendung starrer Werkzeugteile kann die Qualität der hergestellten
Blechformteile verbessert werden.
[0018] Gemäß einer bevorzugen Weiterbildung ist vorgesehen, dass beim Umformen entlang einer
Konturlinie zumindest abschnittsweise eine Biegung (des Blechmaterials) mit einem
kleinen Biegeradius erfolgt. Der Begriff "klein" bezieht sich hierbei insbesondere
auf das Verhältnis zwischen Biegeradius und Ausgangsblechdicke. Bevorzugt liegt dieses
Verhältnis im Bereich zwischen 5 und 10 und insbesondere im Bereich zwischen 2 und
5. Des Weiteren gelten die obigen Ausführungen zur Konturlinie. Das erfindungsgemäße
Verfahren bietet in vorteilhafter Weise die Möglichkeit zur definierten Ausbildung
kleiner Radien und sehr kleiner Radien trotz großer Formtiefen, und dies insbesondere
auch bei hohen Umformgeschwindigkeiten.
[0019] Gemäß einer bevorzugen Weiterbildung ist vorgesehen, dass sich das Blechmaterial
beim Umformen sukzessive und/oder abschnittsweise an die geschlossene formgebende
Werkzeugkontur wenigstens eines Werkzeugteils anlegt und in der Folge eine Relativbewegung
zwischen dem anliegenden Blechmaterial und dem Werkzeugteil weitgehend vermieden wird.
Das Anlegen kann bspw. mittels des Oberwerkzeugs an eine formgebende Werkzeugkontur
im Unterwerkzeug erfolgen, oder auch umgekehrt. Eine Bewegung des anliegenden Blechmaterials
relativ zu einem Werkzeugteil, wie dies bspw. in Tiefziehprozessen gegeben ist, ist
nicht vorgesehen. In vorteilhafter Weise kann damit auf den Einsatz von Schmierstoff
weitgehend verzichtet werden, zudem können Blechmaterialien mit beschichteten, vorbehandelten
und/oder einbaufertigen Oberflächen, wie insbesondere lackierten Oberflächen, verwendet
werden. Auch ein Niederhalter ist nicht erforderlich, so dass ein Ziehflansch entfällt
und Blechmaterial eingespart wird.
[0020] Gemäß einer bevorzugen Weiterbildung ist vorgesehen, dass zum Ende des Umformens
ein Pressvorgang ausgeführt wird, bei dem insbesondere wenigstens eine Konturlinie
(des Blechformteils) abschließend ausgebildet bzw. ausgeprägt wird. Hierdurch kann
sowohl der Verlauf der Konturlinie als auch deren Biegeradius und/oder der Biegewinkel
exakt ausgebildet werden. Dieser Pressvorgang erfolgt bevorzugt im selben Umformwerkzeug
und mit hohen Presskräften, die ein Vielfaches der vorausgehenden Umformkräfte betragen.
[0021] Gemäß einer bevorzugten Weiterbildung ist vorgesehen, dass wenigstens eine Regelfläche
und/oder Freiformfläche des Blechformteils bei einem Pressvorgang zumindest abschnittsweise
mit einer steifigkeitserhöhenden Strukturierung versehen wird. Eine solche Strukturierung
kann bspw. eine eingeprägte Wabenstruktur oder dergleichen sein.
[0022] Gemäß einer bevorzugen Weiterbildung ist vorgesehen, dass die Positionierung der
Ausgangsplatine im Umformwerkzeug mittels wenigstens einer Arretiereinrichtung erfolgt.
Eine solche Arretiereinrichtung kann bspw. ein einfacher Arretierstift oder Arretierbolzen
sein. Alternativ und/oder ergänzend kann auch eine Ansaugeinrichtung im Umformwerkzeug
umfasst sein.
[0023] Gemäß einer bevorzugen Weiterbildung ist vorgesehen, dass Öffnungen im Blechformteil
durch vorgelochte Öffnungen in der Ausgangsplatine gebildet werden. Solche Öffnungen
können Bohrungen, konturierte Ausnehmungen und dergleichen sein. Ausgehend von deren
Position im Blechformteil erfolgt durch die ebene Abwicklung deren Positionierung
auf der Ausgangsplatine. Hierdurch kann auf nachfolgende aufwändige Schneidwerkzeuge
verzichtet werden.
[0024] Gemäß einer bevorzugen Weiterbildung ist vorgesehen, dass das abschließende Ausbilden
wenigstens einer Konturlinie (des Blechformteils) oder ein Abkanten bzw. Umkanten
mittels eines separat bewegbaren Werkzeugteils desselben Umformwerkzeugs erfolgt.
In ähnlicher Weise lassen sich auch Hinterschnitte am Blechformteil herstellen. Hierdurch
kann die Komplexität des Blechformteils erhöht werden, ohne dass eine weitere Umformstufe
erforderlich ist. Das separate Werkzeugteil kann bspw. mittels eines Hilfsstößels
oder eines Ziehkissens der Umformpresse betätigt werden.
[0025] Ein erfindungsgemäßes komplexes Blechformteil ist nach dem erfindungsgemäßen Verfahren
hergestellt. Dieses umfasst wenigstens zwei Regelflächen und/oder Freiformflächen,
welche durch wenigstens eine Konturlinie zumindest abschnittsweise voneinander abgegrenzt
sind, wobei die Regelflächen und/oder Freiformflächen über ihre gesamte Ausdehnung
eine verhältnismäßig geringe Formänderung aufweisen und eine Steifigkeit des Blechformteils
zu einem wesentlichen Anteil aus der wenigstens einen Konturlinie resultiert.
[0026] Die Steifigkeit kann bspw. die Gesamtsteifigkeit (bspw. relevant für den Crashfall),
die Verwindungssteifigkeit oder die gemittelte Beulsteifigkeit sein. Die Steifigkeit
des Blechformteils ergibt sich insbesondere aus den vorherrschenden Spannungen in
den Regelflächen und/oder den Freiformflächen, aus einer etwaigen Strukturierung dieser
Flächen, aus dem Biegewiderstandsmoment aller Konturlinien, aus der Spannungsverteilung
von Blechoberseite zu Blechunterseite insbesondere im Bereich dieser Konturlinien
und aus einer Kaltverfestigung entlang dieser Konturlinien. Erfindungsgemäß soll die
Steifigkeit des Blechformteils aber zu einem wesentlichen Anteil aus wenigstens einer
Konturlinien und bevorzugt aus der Gesamtheit aller Konturlinien resultieren, insofern
die Regelflächen und/oder Freiformflächen durch die angrenzenden Konturlinien stabilisiert
werden. Im Übrigen verhindert eine Konturlinie insbesondere auch eine elastische Rückstellung
einer angrenzenden Freiformfläche.
[0027] Für das erfindungsgemäße komplexe Blechformteil gelten sinngemäß die oben im Zusammenhang
mit dem erfindungsgemäßen Verfahren angegebenen Vorteile und Weiterbildungsmöglichkeiten.
[0028] Gemäß einer bevorzugen Weiterbildung ist vorgesehen, dass das erfindungsgemäße komplexe
Blechformteil im Bereich wenigstens einer Konturlinie zumindest abschnittsweise eine
lokal hohe Formänderung (Vergleichsformänderung) aufweist. Die Formänderung ist bevorzugt
so groß, dass eine deutliche Kaltverfestigung im Blechmaterial eintritt, wie bereits
oben im Zusammenhang mit dem Begriff der "Konturlinie" erläutert.
[0029] Nachfolgend wird die Erfindung anhand der Figuren näher erläutert. Es zeigen:
- Fig. 1
- das erfindungsgemäße Verfahren in einer schematischen Übersicht;
- Fig. 2
- das Umformen nach dem erfindungsgemäßen Verfahren in einer schematischen Ansicht;
- Fig. 3
- die beim Umformen nach der Fig. 2 verwendete Ausgangsplatine in einer Draufsicht und
das hieraus geformte Blechformteil in einer perspektivischen Ansicht;
- Fig. 4
- das beim Umformen nach den Fig. 2 und 3 verwendete Umformwerkzeug in einer perspektivischer
Ansicht; und
- Fig. 5
- einen zusätzlichen Verfahrensschritt beim Umformen nach dem erfindungsgemäßen Verfahren
in einer schematischen Ansicht.
[0030] Fig. 1 zeigt das erfindungsgemäße Verfahren zur Herstellung eines komplexen Blechformteils
in einer schematischen Übersicht. Die Abfolge des Verfahrens vollzieht sich gemäß
der Darstellung von links unten nach rechts oben, was durch die Pfeile symbolisiert
ist.
[0031] Das Verfahren umfasst zunächst das Bereitstellen einer fertig beschnittenen Ausgangsplatine
10 aus einem Blechmaterial. Die Kontur der Ausgangsplatine 10 entspricht im Wesentlichen
einer exakten Abwicklung des herzustellenden Blechformteils. Die Ausgangsplatine 10
umfasst vorgelochte Öffnungen in Form konturierter Ausnehmungen 12 und Bohrungen 14.
Die Ausgangsplatine 10 wird in einem Umformwerkzeug 20 mit einem Oberwerkzeug 22 und
einem Unterwerkzeug 25 positioniert. Das Umformwerkzeug 20 ist in einer nicht gezeigten
Umformpresse eingebaut.
[0032] Durch Schließen des Umformwerkzeugs 20, d.h. durch ein axiales Bewegen des Oberwerkzeugs
22 in Richtung des Unterwerkzeugs 25 (oder umgekehrt), erfolgt ein Umformen der Ausgangsplatine
10 zu einem Blechformteil 30 derart, dass hierbei Regelflächen und/oder Freiformflächen
32 ausgebildet werden, welche durch wenigstens eine Konturlinie 34 voneinander zumindest
abschnittsweise abgegrenzt, eingegrenzt oder begrenzt sind. Eine Konturlinie 34 ist
eine räumlich verlaufende Biegelinie oder Biegekante. Bei dem gezeigten Blechformteil
30 handelt es sich beispielhaft um eine Frontklappe eines Kraftfahrzeugs. Die Umformung
von der Ausgangsplatine 10 zum Blechformteil 30 erfolgt in nur eine Umformstufe (Hauptumformstufe).
Nach dieser Umformung ist kein Beschnitt des Blechformteils 30 erforderlich. Das Blechformteil
30 ist sozusagen einbaufertig, vorbehaltlich etwaiger Reinigungs- und/oder Lackierungsarbeiten
oder dergleichen.
[0033] Das Umformen der Ausgangsplatine 10 zum Blechformteil 30 durch das Umformwerkzeug
20 ist schematisch in den Fig. 2a und 2b gezeigt.
[0034] Fig. 2a zeigt die zwischen Oberwerkzeug 22 und Unterwerkzeug 25 eingelegte Ausgangsplatine
10. Diese ist in ihren Abmessungen kleiner als die formgebenden Werkzeugkonturen 23
und 26 des Oberwerkzeugs 22 und des Unterwerkzeugs 25. Durch Schließen des Umformwerkzeugs
20 wird die Ausgangsplatine 10 umgeformt. Das Umformen vollzieht sich derart, dass
sich das Blechmaterial der Ausgangsplatine 10 sukzessive und/oder abschnittsweise
ausgehend von wenigstens einem bspw. höchsten Kontaktpunkt an die geschlossenen formgebenden
Werkzeugkonturen 23 und/oder 26 anlegt, wobei im weiteren eine Relativbewegung zwischen
dem anliegenden Blechmaterial und dem Umformwerkzeug 20 weitgehend vermieden wird.
Hierdurch wird insbesondere eine Ausdünnung bzw. Streckung des Blechmaterials verhindert.
Die Ausgangsblechdicke der Ausgangsplatine 10 bleibt über das gesamte Blechformteil
30 erhalten. Somit haben auch die in die Ausgangsplatine 10 eingebrachten Öffnungen
12 und 14 im fertig geformten Blechformteil 30 ihre exakte Position und Geometrie,
wie in Fig. 1 angedeutet.
[0035] Fig. 2b zeigt das geschlossene Umformwerkzeug 20. Die Ausgangsplatine 10 ist hier
in der zuvor beschriebenen Art und Weise zu dem Blechformteil 30 umgeformt worden.
In dem dargestellten geschlossenen Zustand kann ein Pressvorgang mit hohen Presskräften
ausgeführt werden, um wenigstens eine Konturlinie 34 abschließend auszubilden und/oder
wenigstens eine Regelfläche und/oder Freiformfläche 32 mit einer stabilisierenden
und die Steifigkeit erhöhenden Strukturierung zu versehen. Diese Strukturierung wird
durch die formgebenden Werkzeugkonturen 23 und/oder 26 in das Blechformteil 30 eingebracht.
[0036] Fig. 3a zeigt die Ausgangsplatine 10 in einer Draufsicht, die beim Umformen nach
der Fig. 2 verwendet wird. Dargestellt sind hier die sich beim Umformen ausbildenden
Konturlinien 34. Fig. 3b zeigt das hergestellte Blechformteil 30 in einer perspektivischen
Ansicht mit den Regelflächen und/oder Freiformflächen 32, welche durch die Konturlinien
34 zueinander abgegrenzt sind.
[0037] Fig. 4a zeigt das Unterwerkzeug 25 des Umformwerkzeugs 20 in einer perspektivischen
Ansicht. Dieses umfasst eine geschlossene formgebende Werkzeugkontur 26 und drei Werkzeugführungen
27 für das Oberwerkzeug 22. Dargestellt ist ferner ein auf der Werkzeugkontur 26 aufliegendes
fertiggeformtes Blechformteil 30, welches in der oben beschriebenen Art und Weise
aus der Ausgangsplatine 10 durch sukzessives und/oder abschnittsweises Anlegen des
Blechmaterials an die formgebende Werkzeugkontur 26 hergestellt wurde und das in dem
gezeigten Zustand aus dem Umformwerkzeug 20 entnommen werden kann.
[0038] Fig. 4b zeigt das zur Fig. 4a korrespondierende, gewendete Oberwerkzeug 22 in einer
perspektivischen Ansicht. Dieses umfasst eine formgebende Werkzeugkontur 23, die als
Negativkontur zur formgebenden Werkzeugkontur 26 des Unterwerkzeugs 25 mit einem Offset
ausgebildet ist. Das Anlegen des Blechmaterials an die Werkzeugkontur 26 des Unterwerkzeugs
25 erfolgt mittels der formgebenden Werkzeugkontur 23 im Oberwerkzeug 22 (oder umgekehrt),
ohne dass eine Relativbewegung zwischen dem Blechmaterial und den formgebenden Werkzeugkonturen
23 und 26 gegeben ist. Zur Ausbildung der Konturlinien 34 umfassen die formgebenden
Werkzeugkonturen 23 und 26 entsprechende Formgebungsabschnitte, die in dem gezeigten
Oberwerkzeug 22 schematisch dargestellt und mit dem Bezugszeichen 24 bezeichnet sind
und welche das Blechmaterial beim Schließen und insbesondere Zusammenpressen des Umformwerkzeugs
20 gegen korrespondierende Formgebungsabschnitte der formgebenden Werkzeugkontur 26
im Unterwerkzeug 25 pressen (oder umgekehrt), um hierdurch eine Konturlinie 34 exakt
auszubilden.
[0039] Fig. 5 zeigt eine alternative oder ergänzende Möglichkeit zum Ausbilden wenigstens
einer Konturlinie. Gleiche Komponenten sind hier mit gleichen Bezugszeichen jedoch
mit dem Zusatz "a" bezeichnet. Das Umformwerkzeug 20a umfasst neben dem Oberwerkzeug
22a und dem Unterwerkzeug 25a ein separat und parallel zum Oberwerkzeug 22a bewegbares
Werkzeugteil 29a. Zunächst erfolgt eine Ausbildung von Regelflächen und/oder Freiformflächen
32a zwischen den formgebenden Werkzeugkonturen des Oberwerkzeugs 22a und des Unterwerkzeugs
25a. Anschließend erfolgt, bevorzugt während das Oberwerkzeug 22a in seiner gezeigten
Endposition verharrt, eine Ausbildung von Konturlinien 34a, indem das Werkzeugteil
29a gemäß der Darstellung nach unten bewegt wird, wobei zunächst ein Abkanten bzw.
Abstellen des Blechmaterials nach unten erfolgt. Das separate Werkzeugteil 29a kann
von dem Hilfsstößel einer Umformpresse bewegt werden. Alternativ und/oder ergänzend
kann ein separates Werkzeugteil auch von unten bewegt werden, bspw. mittels des Ziehkissens
der Umformpresse. In gleicher Art und Weise können auch Hinterschneidung am Blechformteil
30a hergestellt werden, bspw. mittels eines seitlich verschiebbaren separaten Werkzeugteils.
Bezugszeichenliste
[0040]
- 10 (a)
- Ausgangsplatine (Blechmaterial)
- 12
- konturierte Ausnehmung
- 14
- Bohrung
- 20 (a)
- Umformwerkzeug
- 22 (a)
- Oberwerkzeug; oberes Werkzeugteil
- 23
- formgebende Werkzeugkontur des Oberwerkzeugs
- 24
- Formgebungsabschnitt für eine Konturlinie im Oberwerkzeug
- 25 (a)
- Unterwerkzeug; unteres Werkzeugteil
- 26
- formgebende Werkzeugkontur des Unterwerkzeugs
- 27
- Werkzeugführung
- 29 (a)
- separat bewegbares Werkzeugteil
- 30 (a)
- komplexes, einbaufertiges Blechformteil
- 32 (a)
- Regelfläche oder Freiformfläche
- 34 (a)
- Konturlinie
1. Verfahren zur Herstellung eines komplexen und im Wesentlichen nach der Formgebung
einbaufertigen Blechformteils (30) aus einem Blechmaterial, umfassend die folgenden
Schritte:
- Zuschneiden einer ebenen Ausgangsplatine (10), deren Kontur im Wesentlichen einer
exakten Abwicklung des einbaufertigen Blechformteils (30) in der Ebene entspricht;
- Positionieren der Ausgangsplatine (10) in einem Umformwerkzeug (20), das wenigstens
zwei axial zueinander bewegbare Werkzeugteile umfasst; und
- axiales Bewegen dieser Werkzeugteile zueinander, wobei ein Umformen der Ausgangsplatine
(10) zu einem einbaufertigen Blechformteil (30) derart erfolgt, dass wenigstens zwei
Regelflächen und/oder Freiformflächen (32) ausgebildet werden, welche durch wenigstens
eine Konturlinie (34) zumindest abschnittsweise voneinander abgegrenzt sind.
2. Verfahren nach Anspruch 1,
dadurch gekennzeichnet, dass
das Umformen zwischen einem starren unteren (22) und einem starren oberen (25) Werkzeugteil
erfolgt, die in einer Umformpresse angeordnet sind, wobei wenigstens eines dieser
Werkzeugteile (22, 25) wenigstens eine geschlossene formgebende Werkzeugkontur (23,
26) aufweist.
3. Verfahren nach Anspruch 1 oder 2,
dadurch gekennzeichnet, dass
beim Umformen entlang einer Konturlinie (34) zumindest abschnittsweise eine Biegung
mit einem kleinen Biegeradius erfolgt.
4. Verfahren nach Anspruch 2 oder 3,
dadurch gekennzeichnet, dass
sich das Blechmaterial beim Umformen sukzessive und/oder abschnittsweise an die geschlossene
formgebende Werkzeugkontur (23, 26) wenigstens eines Werkzeugteils (22, 25) anlegt
und in der Folge eine Relativbewegung zwischen dem anliegenden Blechmaterial und dem
Werkzeugteil (22, 25) weitgehend vermieden wird.
5. Verfahren nach einem der vorausgehenden Ansprüche,
dadurch gekennzeichnet, dass
zum Ende des Umformens ein Pressvorgang ausgeführt wird, bei dem insbesondere wenigstens
eine Konturlinie (34) abschließend ausgebildet wird.
6. Verfahren nach Anspruch 5,
dadurch gekennzeichnet, dass
wenigstens eine Regelfläche und/oder Freiformfläche (32) beim Pressvorgang zumindest
abschnittsweise mit einer steifigkeitserhöhenden Strukturierung versehen wird.
7. Verfahren nach einem der vorausgehenden Ansprüche,
dadurch gekennzeichnet, dass
die Positionierung der Ausgangsplatine (10) im Umformwerkzeug (20) mittels wenigstens
einer Arretiereinrichtung erfolgt.
8. Verfahren nach einem der vorausgehenden Ansprüche,
dadurch gekennzeichnet, dass
Öffnungen im Blechformteil durch vorgelochte Öffnungen (12, 14) in der Ausgangsplatine
(10) gebildet werden.
9. Verfahren nach einem der vorausgehenden Ansprüche,
dadurch gekennzeichnet, dass
das abschließende Ausbilden wenigstens einer Konturlinie (34a) oder ein Abkanten mittels
eines separat bewegbaren Werkzeugteils (29a) desselben Umformwerkzeugs (20a) erfolgt.
10. Komplexes Blechformteil (30) hergestellt nach einem Verfahren gemäß einem der vorausgehenden
Ansprüche,
dadurch gekennzeichnet, dass
dieses wenigstens zwei Regelflächen und/oder Freiformflächen (32) umfasst, welche
durch wenigstens eine Konturlinie (34) zumindest abschnittsweise voneinander abgegrenzt
sind, wobei
die Regelflächen und/oder Freiformflächen (32) über ihre gesamte Ausdehnung eine verhältnismäßig
geringe Formänderung aufweisen und eine Steifigkeit des Blechformteils (30) zu einem
wesentlichen Anteil aus der wenigstens einen Konturlinie (34) resultiert.
11. Komplexes Blechformteil (30) nach Anspruch 10,
dadurch gekennzeichnet, dass
dieses im Bereich wenigstens einer Konturlinie (34) zumindest abschnittsweise eine
lokal hohe Formänderung aufweist.
12. Verwendung eines komplexen Blechformteils (30) gemäß einem der Ansprüche 10 oder 11
als Karosserieteil für ein Kraftfahrzeug.