[0001] Die vorliegende Erfindung betrifft einen Rollator oder einen Rollstuhl für gehbehinderte
Personen.
[0002] Rollatoren und Rollstühle sind aus dem Stand der Technik hinreichend bekannt. Derartige
Rollatoren oder Rollstühle sind als kleine Wagen ausgebildet, die vier Räder aufweisen,
wobei die vorderen Räder, also die in Fahrtrichtung ausgerichteten Räder, um eine
Hochachse drehbar gelagert sind. Durch diese Räder erfolgt die Lenkung des Rollators
oder Rollstuhls. Im Weiteren wird die Problematik am Beispiel des Rollators beschrieben;
dies gilt in gleicher Weise auch für einen Rollstuhl. Am hinteren Ende befinden sich
zwei Griffe, auf denen sich die Person zum einen abstützen kann und zum anderen den
Rollator schiebt. Der Rollator selbst kann darüber hinaus einen Sitz und eine kleine
Aufnahme für Handgepäck aufweisen. Darüber hinaus sind derartige Rollatoren häufig
mit einer Bremse versehen. Zum Transport und zur Lagerung können solche Rollatoren
auch zusammenklappbar sein.
[0003] Personen, die auf Rollatoren zur Fortbewegung angewiesen sind, sind nur sehr eingeschränkt
in der Lage, selbstständig das Gleichgewicht zu halten. Insofern stützen sich die
Personen bei der Bewegung des Rollators auf dem Rollator ab. Hierbei wird eine Kraft
in Richtung auf den Gehweg ausgeübt, d. h. eine Kraft mit einer vertikalen Komponente.
Die Folge hiervon ist, dass selbst die Überwindung kleiner Absätze von 2 bis 3 cm
zu einem schier unüberwindlichen Hindernis für solche Personen wird, da diese - wenn
sie den Rollator über einen solchen Absatz bewegen wollen - den Rollator vorne zumindest
etwas entlasten müssen. Hierbei können dann häufig genug Probleme mit der Aufrechterhaltung
des Gleichgewichts auftreten. Das heißt, es besteht ein Interesse daran, solchen Personen
das Überwinden von Absätzen oder kleineren Stufen zu ermöglichen, ohne dass hierzu
die Belastung auf den Rollator von den Personen nicht oder zumindest nicht wesentlich
verändert werden muss.
[0004] Insofern sind aus dem Stand der Technik auch bereits Rollatoren bekannt, die bei
der Überwindung von Absätzen und kleinen Stufen helfen sollen. So ist aus der
WO 2005/107678 A2 ein Rollator bekannt, der im Bereich der vorderen Räder zwischen den Vorderrädern
eine Aufstiegshilfe aufweist. Die Aufstiegshilfe umfasst eine nach vorne aufgebogene
Leiste, die durch ein geschlossenes Gelenkviereck mit dem Rahmen des Rollators verbunden
ist. Bei Auftreffen der gebogenen Leiste auf eine Stufe soll nun durch das Gelenkviereck
das vordere Radpaar angehoben werden und durch Schieben der gebogenen Leiste über
die Stufenkante bzw. durch ein Verschieben der gebogenen Leiste auch über die Oberseite
der Stufe der Rollator mit den Vorderrädern auf die Stufe gelangen. Problematisch
hierbei ist, dass die gehbehinderte Person immer noch eine relativ hohe Kraft aufbringen
muss, um dafür zu sorgen, dass der Rollator mit dem vorderen Radpaar auf die Stufe
gelangt, um dann immer noch die Reibkräfte zu überwinden, die auftreten, wenn die
aufgebogene Leiste über die Kante der Stufe schleift.
[0005] Aus der
DE 602 11 439 T2 ist eine weitere Aufstiegshilfe für Rollatoren bekannt, bei der zwischen den beiden
vorderen Rädern eine Vorrichtung vorgesehen ist, die beim Anlegen an ein Hindernis
zwischen die Räder einschwenkt und hierdurch den Rollator quasi aufbockt. Im aufgebockten
Zustand soll dann die Handbremse angezogen werden, um dann die vorderen Räder des
Rollators auf dem Hindernis absenken zu können. Problematisch ist, dass hierbei der
Rollator selbst nach hinten kippt, was das Gleichgewicht der gehbehinderten Person
beeinträchtigt. Auch ist zu bemerken, dass hiermit nur Hindernisse überwunden werden
können, die sich tatsächlich über die gesamte Breite des Rollators vor dem Rollator
befinden. Steine und Unebenheiten, die sich nur im Weg des einen Rades befinden, können
hiermit nicht überwunden werden. Auch eine weitere Ausführungsform einer Steighilfe
aus dieser Literaturstelle ist nicht geeignet, einer gehbehinderten Person mit Hilfe
eines solchen Rollators das Überwinden von Hindernissen zu erleichtern. Bei der Ausführungsform
gemäß Figur 3 müssen zum Überwinden des Hindernisses nicht unerhebliche Reibungskräfte
überwunden werden, was für diese Menschen nicht einfach ist. Darüber hinaus wird auch
hier der Rollator im Moment des Aufsteigens nach hinten geschwenkt, was das Gleichgewicht
der gehbehinderten Person negativ beeinträchtigt.
[0006] Wie bereits ausgeführt, sind die Probleme bei dem Überwinden eines Hindernisses für
Rollstühle im Wesentlichen die gleichen wie für einen Rollator; auch mit Rollstühlen
ist die Überwindung von Hindernissen schwierig.
[0007] Der Erfindung liegt daher die Aufgabe zugrunde, einen Rollator oder einen Rollstuhl
für gehbehinderte Personen bereitzustellen, mit dem im Wesentlichen ohne zusätzlichen
Kraftaufwand und, insbesondere für einen Rollator, ohne dass das Gleichgewicht der
gehbehinderten Person am Rollator wesentlich beeinträchtigt wird, zumindest niedrige
Hindernisse im Bereich von 1,5 bis 6 cm überwunden werden können.
[0008] Die Aufgabe wird erfindungsgemäß dadurch gelöst, dass der Rollator oder der Rollstuhl
vorne, also in Fahrtrichtung gesehen, um eine vertikale Achse schwenkbar mindestens
einen drehbaren Halter aufweist, wobei der Halter eine Schwinge aufnimmt, wobei die
Schwinge zwei drehbare Räder unterschiedlichen Durchmessers aufweist, wobei die beiden
Räder einer Schwinge durch einen Riemen- oder Kettentrieb verbunden sind, wobei das
kleinere Rad der beiden Räder einen Abstand zum Boden aufweist. Hierdurch wird Folgendes
erreicht:
Bei Anlaufen des Rollators oder Rollstuhls auf ein Hindernis, das beispielsweise eine
Höhe zwischen 1,5 und 6 cm aufweist, läuft zunächst das vordere kleine Rad auf das
Hindernis auf, eben weil es sich in einer Höhe von ca. 1,5 cm beabstandet zum Boden
befindet. Es hat sich herausgestellt, dass die Steigfähigkeit bei gleichem Abstand
des Rades zum Boden noch größer ist, wenn das Hindernis eine gewölbte aufsteigende
Kurvenform aufweist.
[0009] Wie bereits erläutert, sind die beiden Räder durch einen Riemen- oder Kettentrieb
miteinander verbunden, wobei vorzugsweise ein Riementrieb zum Einsatz gelangt. In
dem Moment, wo das kleinere Rad der beiden Räder auf oder über das Hindernis läuft,
wird der Riemen- oder Kettentrieb zumindest durch das hintere, also das größere Rad
der beiden Räder, weiter bewegt. Der Ketten- oder Riementrieb dient somit als aktive
Steighilfe auf das Hindernis; irgendwelche Reibkräfte brauchen nicht überwunden zu
werden. Sonst steigt das Räderpaar durch den Riemen-oder Kettentrieb auf; dieser sorgt
für das Aufklettern. Das heißt, durch den Riemen- oder Kettentrieb wird die Bewegung
des vorderen Rades auf das hintere Rad und umgekehrt übertragen, so dass der Riemen-
oder Kettentrieb den Abstand zwischen vorderem und hinterem Rad ohne das Auftreten
von Reibkräften bei Aufstieg überwindet. Wesentlich hierbei ist, dass keinerlei Reibkräfte
entstehen, die beim Aufstieg sowohl des vorderen kleineren Rades als auch des hinteren
größeren Rades eine größere Kraftanstrengung bedingen.
[0010] Erläuternd wird hierbei auf Folgendes hingewiesen:
Die Steigfähigkeit eines Rades steigt mit der Zunahme des Durchmessers. Allerdings
verändert sich der Winkel zwischen der Achse des Rades und dem Scheitelpunkt oder
der Kante des Hindernisses nur verhältnismäßig wenig. Durch den Riemen- oder Kettentrieb
wird nun eine schiefe Ebene geschaffen, die für Winkelverhältnisse sorgt, die die
beschriebene Steigfähigkeit ermöglichen.
[0011] In diesem Zusammenhang ist vorgesehen, dass der Halter einen Anschlag aufweist, wobei
an der Schwinge ein Mittel, z. B. eine Schraube, vorgesehen ist, die mit dem Anschlag
zusammenwirkt. Wie bereits an anderer Stelle erläutert, ist der Abstand des vorderen
Rades zum Boden einstellbar. Dies erfolgt mit Hilfe der Schraube und des Anschlages.
Denn hierdurch kann die Winkellage der Schwinge und mithin der Abstand zum vorderen
Rades zum Boden verändert werden.
[0012] Nach einem weiteren Merkmal der Erfindung ist vorgesehen, dass die Räder eine umlaufende
Nut für den Riemen- oder Kettentrieb aufweisen, wobei der Riemen vorteilhaft in der
Nut der Räder so einliegt, dass der Riemen über der Mantelfläche des Rades übersteht,
was schlussendlich bedeutet, dass das Rad auf dem Riemen abläuft. Es hat sich allerdings
gezeigt, dass sich dennoch der Verschleiß des Riemens in Grenzen hält, da Riemen,
beispielsweise in Form von Keilriemen, äußerst stabil sind.
[0013] Nach einem weiteren Merkmal der Erfindung ist die Schwinge als Doppelschwinge mit
zwei Schwingenblättern ausgebildet, wobei die Räder zwischen den beiden Schwingenblättern
drehbar gelagert sind. Hierdurch ergibt sich eine erhöhte Stabilität der Vorrichtung
insgesamt.
[0014] Anhand der Zeichnungen wird die Erfindung anhand eines Rollators nachstehend beispielhaft
näher erläutert, ohne dass die Erfindung auf einen Rollator begrenzt ist.
- Figur 1
- zeigt schematisch den Rollator in einer Seitenansicht;
- Figur 2
- zeigt schematisch eine Ansicht von vorne;
- Figur 3
- zeigt die Einzelheit X aus Figur 1 in vergrößerter Darstellung;
- Figur 4
- zeigt die Einzelheit gemäß Figur 3 in einer Ansicht von vorne.
[0015] Der insgesamt mit 1 bezeichnete Rollator umfasst das Gestell 2, wobei das Gestell
2 ein hinteres Räderpaar 3 und zwei vordere Radeinrichtungen 4 aufweist, die durch
eine Traverse 5 verbunden sind. Das Gestell 1 besitzt darüber hinaus eine Bremseinrichtung
7, die auf das hintere Räderpaar 3 wirkt.
[0016] Gegenstand der Erfindung ist die Radeinrichtung 4, so wie sie in Figur 3 dargestellt
ist. Das Gestell 2 nimmt den Halter 10 auf, wobei der Halter 10 um eine Hochachse
11 drehbar an dem Gestell des Rollators befestigt ist. Der Halter 10 umfasst eine
Doppelschwinge 12, wobei sich die Doppelschwinge 12 aus zwei parallel zueinander verlaufenden
Schwingenblättern 12a zusammensetzt, zwischen denen die beiden Räder 15 und 16 drehbar
an der Doppelschwinge gelagert sind. Hierbei weist das größere Rad 15 der beiden Räder
die Radachse 15a auf, während das vordere kleinere Rad 16 die Radachse 16a besitzt.
Die Doppelschwinge 12 ist um die Schwingachse 12b mit dem U-förmig ausgebildeten Halter
10 verbunden.
[0017] Die beiden Räder 15, 16 weisen auf ihrem äußeren Mantelumfang eine Nut 19, 20 auf,
in der der Riemen 25 geführt ist. Hierbei steht der Riementrieb vorteilhaft etwas
über die Umfangsmantelfläche des Rades, so dass der Riementrieb sowohl bei dem vorderen
als auch bei dem hinteren Rad 15, 16 immer Bodenkontakt hat.
[0018] Darüber hinaus zeigt der eine Schenkel 10a der U-förmigen Halterung einen Anschlag
27, wobei an dem einen Schwingenblatt eine verstellbare Schraube 30 vorgesehen ist,
die mit dem Anschlag 27 derart zusammenwirkt, dass hierdurch die Winkellage der Schwinge
einstellbar ist. Das bedeutet, dass hierdurch der Abstand des kleineren vorderen Rades
16 zum Boden veränderbar ist. Dies insofern, als dass durch Betätigung der Schraube
das vordere kleinere Rad in Richtung des Doppelpfeils 35 verschwenkt.
[0019] Die Funktionsweise stellt sich kurz wie folgt dar:
Wird sich mit dem Rollator in einer Wohnung bewegt, so sind die gegebenenfalls zu
überwindenden Bodenkanten lediglich 1 bis 2 cm hoch. Durch die Schraube 30 in Verbindung
mit dem Anschlag 27 kann das vordere Rad 16 insofern auf den entsprechenden Abstand
zum Boden eingestellt werden. Erreicht nunmehr das vordere Rad 16 ein Hindernis, so
läuft das kleinere Rad 16 zunächst einmal auf das Hindernis auf. In dem Moment, wo
der Riementrieb 25 in den Zwischenbereich zwischen den beiden Rädern 15, 16 gelangt,
wird hierbei der Riementrieb über den Absatz bewegt, ohne dass irgendwelche Reibung
im Spiel ist. Der Riemen wird in jedem Fall entweder durch das vordere Rad 16 oder
durch das hintere Rad 15 angetrieben, selbst wenn sich eines der beiden Räder in der
Luft befinden sollte, weshalb der Riementrieb 25 immer an der Vorwärtsbewegung aktiv
beteiligt ist. Des Weiteren gilt Folgendes:
[0020] Nach Auflaufen des vorderen kleineren Rades wird dann, wenn die Radeinrichtung mit
der Schwingachse 12b in den Bereich der Kante des Hindernisses gelangt, das hintere
Rad hochklappen. Dies dann, wenn der Abstand x zwischen der Achse 15a und der Achse
12b kleiner ist als der Abstand y zwischen 15a und 12b, und sofern die Achse 12b einen
Abstand h zur Achse 15a aufweist. Die Folge hiervon ist, dass der Kraftaufwand zum
Überwinden des Hindernisses wesentlich vermindert ist. Dies stellt eine erhebliche
Erleichterung für gehbehinderte Personen bei der Überwindung selbst kleinerer Hindernisse
dar.
[0021] Sollte ein Hindernis etwas höher sein als der Abstand, den das vordere Rad zum Boden
aufweist, so ist aufgrund der schwenkbaren Anordnung der Schwinge 12 an dem Halter
das vordere Rad 16 in der Lage, in Richtung des Pfeiles 35 nach oben zu verschwenken.
Das heißt, ein Übersteigen von Hindernissen ist selbst dann möglich, wenn der Abstand
nicht genau auf die Höhe des zu erwartenden Hindernisses eingestellt ist. Auch in
diesem Fall gilt, dass dann, wenn ein solches etwas höheres Hindernis überwunden werden
soll, in jedem Fall das Auftreten von Reibungskräften vermieden wird, da der Riementrieb
25 immer an der Vorwärtsbewegung teilnimmt.
1. Rollator oder Rollstuhl für gehbehinderte Personen,
dadurch gekennzeichnet,
dass der Rollator (1) vorne um eine vertikale Achse mindestens einen drehbaren Halter
(10) aufweist, wobei der Halter (10) eine Schwinge (12) aufnimmt, wobei die Schwinge
(12) zwei drehbare Räder (15, 16) unterschiedlichen Durchmessers aufweist, wobei die
beiden Räder (15, 16) der Schwinge (12) durch einen Riemen-oder Kettentrieb (25) verbunden
sind, wobei das kleinere Rad (16) der beiden Räder (15, 16) einen Abstand zum Boden
aufweist.
2. Rollator oder Rollstuhl nach Anspruch 1,
dadurch gekennzeichnet,
dass der Abstand einstellbar ist.
3. Rollator oder Rollstuhl nach einem der voranstehenden Ansprüche,
dadurch gekennzeichnet,
dass die Räder (15, 16) eine umlaufende Nut (19, 20) für den Riemen-oder Kettentrieb (25)
aufweisen.
4. Rollator oder Rollstuhl nach einem der voranstehenden Ansprüche,
dadurch gekennzeichnet,
dass der Riemen- oder Kettentrieb (25) über die Nut (19, 20) übersteht.
5. Rollator oder Rollstuhl nach einem der voranstehenden Ansprüche,
dadurch gekennzeichnet,
dass die Schwinge (12) als Doppelschwinge mit zwei Schwingenblättern (12a) ausgebildet
ist, wobei die Räder (15, 16) zwischen den beiden Schwingenblättern (12a) drehbar
gelagert sind.
6. Rollator oder Rollstuhl nach einem der voranstehenden Ansprüche,
dadurch gekennzeichnet,
dass der Halter (10) U-förmig ausgebildet ist.
7. Rollator oder Rollstuhl nach einem der voranstehenden Ansprüche,
dadurch gekennzeichnet,
dass der Halter (10) einen Anschlag (27) aufweist, wobei an der Schwinge (12) ein Mittel
(30) zum Einstellen, z. B. eine Schraube, vorgesehen ist, die mit dem Anschlag (27)
zusammenwirkt.
8. Rollator oder Rollstuhl nach einem der voranstehenden Ansprüche,
dadurch gekennzeichnet,
dass der Abstand x zwischen der Schwingachse (12b) und der Achse (15a) kleiner ist als
der Abstand y zwischen der Achse (16a) und der Schwingachse (12b).
9. Rollator oder Rollstuhl nach einem der voranstehenden Ansprüche,
dadurch gekennzeichnet,
dass zwischen der Achse (15a) und der Achse (12b) ein Abstand h vorgesehen ist.