[0001] Die Erfindung betrifft ein Antriebssystem für ein Walzwerk, insbesondere für ein
Kaltpilgerwalzwerk, mit mindestens einem hin- und her bewegbaren Walzgerüst, mindestens
einem Kurbeltrieb, der einem Kurbelarm mit Ausgleichsgewicht zum zumindest teilweisen
Ausgleich der vom Walzgerüst erzeugten Massenkräfte aufweist, mindestens einem Antrieb
und mindestens einer Schubstange, die das Walzgerüst und den Kurbelarm gelenkig miteinander
verbindet, wobei zwei Einheiten bestehend jeweils aus Kurbeltrieb, Kurbelarm, Ausgleichsgewicht
und Schubstange vorhanden sind, die beidseitig einer Mittenebene des Antriebssystems
angeordnet sind und die von dem mindestens einen Antrieb gegensinnig angetrieben werden.
[0002] Ein Antriebssystem dieser Art ist beispielsweise aus der
DE 43 36 422 C2 bekannt. Zur Durchführung des Kaltpilgerprozesses ist ein mit einem Kaltpilgerwalzenpaar
ausgestattetes Walzgerüst erforderlich, das oszillierend angetrieben wird. Hierzu
wird ein Kurbeltrieb eingesetzt, der von einem Motor angetrieben wird. Der Kurbeltrieb
ist zum Ausgleich der Massenkräfte des Walzgerüsts mit einem Ausgleichsgewicht versehen.
Allerdings reicht dieses Gewicht zumeist nicht für einen hinreichenden Ausgleich der
Massenkräfte aus
[0003] Die Produktivität eines Kaltpilgerwalzwerks ist direkt von der Hubzahl des Walzgerüsts
pro Zeiteinheit abhängig, weshalb aus Wirtschaftlichkeitsgründen eine möglichst große
Anzahl an Arbeitshüben pro Minute angestrebt werden muss. Dies bedeutet jedoch auch
große Massenkräfte, die sowohl das Antriebssystem und namentlich dessen Lager sowie
auch das Fundament und damit die Umgebung belasten. Bei der genannten vorbekannten
Lösung ist daher vorgesehen, dass der Kurbeltrieb über eine Verzahnung eine weitere
Welle antreibt, auf der eine Gegenmasse hinsichtlich des Schwerpunkts exzentrisch
angeordnet ist. Diese Gegenmasse läuft bei Drehung des Kurbeltriebs gegensinnig um
und ist so in der Lage, ausgleichende Massenkräfte bzw. Massenmomente zu erzeugen,
so dass sich insgesamt ein Massenkraftausgleich im gesamten Antriebssystem ergibt.
[0004] Nachteilig ist bei der bekannten Ausgestaltung, dass sich insgesamt eine recht aufwendige
Konstruktion des gesamten Antriebssystems ergibt, weil eine Vielzahl von Maschinenelementen
- über Verzahnungen ineinander eingreifend - erforderlich sind. Damit steigen auch
die Kosten des Antriebssystems und damit des Kaltpilgerwalzwerks, wobei hierunter
nicht nur die Investitionskosten für die Anlage selber zu verstehen sind, sondern
auch die Kosten für das Anlagenfundament, für Ersatz- und Verschleißteile und für
Wartung und Reparatur.
[0005] Aus der
DE-PS 962 062 ist ein Antriebssystem für ein Kaltpilgerwalzwerk bekannt, bei dem der Kurbelarm
zum Antrieb des Walzgerüsts mit Fliehgewichten und einem vertikal oszillierenden Ausgleichsgewicht
zum Ausgleich der Massenkräfte erster Ordnung sowie der Massenmomente im Antrieb ausgestattet
ist. Nachteilig ist bei dieser Lösung, dass das Fundament des Walzwerks sehr aufwendig
und damit teuer ausgestaltet ist, da für das vertikale Eintauchen des Ausgleichsgewichts
in das Fundament gesorgt werden muss. Es wird hierbei ein großer und tiefer Keller
benötigt, was die Kosten des Walzwerks entsprechend steigen lässt.
[0006] Die
DE 36 13 036 C1 offenbart einen Antrieb für das Walzgerüst eines Kaltpilgerwalzwerks, wobei ein Planetkurbeltrieb
zum Antrieb und Ausgleich von Massenkräften und Massenmomenten zum Einsatz kommt.
Wenngleich mit dieser Lösung ein optimaler Massenausgleich erfolgen kann, eignet sich
dieser Antrieb nur bei kleineren Kaltpilgerwalzwerken, weil bei größeren Anlagen die
Baugröße eines solchen Antriebsystems überproportional steigt und damit hohe Kosten
verursacht.
[0007] Aus der
DE 101 47 046 C2 ist ein Antriebssystem für ein Kaltpilgerwalzwerk bekannt, das zur Verbesserung des
Massenkraftausgleichs separate Wellen mit Ausgleichsgewichten einsetzt, wobei diese
Wellen von einem Antrieb angetrieben werden, die vom Antrieb des Kurbeltriebs unabhängig
sind. Die Synchronisation der Wellen im Betrieb des Walzwerks erfolgt auf elektronische
Weise. Der hierbei zu treibende Aufwand ist allerdings nicht unerheblich.
[0008] Bei bekannten Antriebssystemen für Kaltpilgerwalzwerke kommen also zumeist zweifach
gekröpfte, teure Kurbelwellen zum Einsatz, die über Schubstangen das Walzgerüst oszillierend
bewegen. Die Ausgleichsgewichte an der Kurbelwelle und an weiteren rotierenden Zusatzwellen
eliminieren die Massenkräfte, die durch die hin und hier gehende Bewegung des Walzgerüsts
entstehen.
[0009] Die Erfindung liegt daher die
Aufgabe zugrunde, ein gattungsgemäßes Antriebssystem insbesondere für ein Kaltpilgerwalzwerk
so zu gestalten, dass bei vereinfachtem und damit kostengünstigem Aufbau die Massenkräfte
- jedenfalls der ersten Ordnung - möglichst gering gehalten werden können.
[0010] Die
Lösung dieser Aufgabe ist erfindungsgemäß
dadurch gekennzeichnet, dass jede der beiden Einheiten einen eigenen Antrieb in Form eines Elektromotors aufweist,
mit denen die beiden Einheiten gegensinnig angetrieben werden, wobei zwischen dem
Elektromotor und dem Kurbeltrieb ein Getriebe in Form eines einstufigen Stirnradgetriebes
angeordnet ist oder der Elektromotor den Kurbeltrieb ohne Zwischenschaltung eines
Getriebes antreibt.
[0011] Die beiden Einheiten sind dabei bevorzugt zur Mittenebene spiegelbildlich ausgebildet.
[0012] Der Elektromotor ist bevorzugt als langsamlaufender, drehmomentstarker Motor ausgebildet.
[0013] Der Kurbeltrieb ist bevorzugt als nicht geschränkte Schubkurbel ausgebildet.
[0014] Das vorgeschlagene Antriebssystem ist vorzugsweise frei von weiteren Wellen mit Ausgleichsmassen.
[0015] Die Massen der Ausgleichsgewichte können so gewählt sein, dass die Gerüstmassenkräfte
erster Ordnung im Betrieb des Antriebssystems zumindest im wesentlichen, vorzugsweise
vollständig, ausgeglichen werden.
[0016] Von Vorteil ist, dass die benötigten Kurbeltriebe sehr einfach aufgebaut sind. Es
sind insbesondere nicht die speziellen Kurbeltriebe erforderlich, die typischerweise
bei den vorbekannten Antrieben für Kaltpilgerwalzwerke zum Einsatz kommen. Namentlich
kann auf zweifach gekröpfte Kurbelwellen verzichtet werden, die aufwendig und teuer
sind.
[0017] Ferner kann eine separate Ausgleichswelle entfallen, wie sie im Stand der Technik
bekannt ist.
[0018] Die gesamte Anlage kann durch den erfindungsgemäßen Vorschlag auch kürzer bauen.
[0019] Das erfindungsgemäße Antriebssystem macht die mechanische Verbindung der beiden Kurbelkröpfungen
der Kurbeltriebe entbehrlich. Die Kurbeltriebe werden als nicht geschränkte Schubkurbeln
ausgeführt; das Schubstangengelenk zum Walzgerüst bewegt sich somit auf einer Geraden,
die durch die Drehachse der Kurbel verläuft. Beide Kurbeln werden bevorzugt von separaten
Motoren angetrieben. Die Kurbeln haben einen einander entgegengesetzten Drehsinn,
weshalb alleine mit den Ausgleichsgewichten an den Kurbeln Massenkräfte erster Ordnung
vollständig ausgeglichen werden können. Eine zusätzliche Welle mit Ausgleichsgewichten
kann unter der Voraussetzung entgegengesetzten Drehsinns der Kurbeln entfallen.
[0020] In der Zeichnung sind zwei Ausführungsbeispiele der Erfindung dargestellt. Es zeigen:
- Fig. 1
- die Seitenansicht eines Antriebssystems für ein Kaltpilgerwalzwerk mit Walzgerüst
gemäß einer ersten Ausführungsform im Schnitt A-B gemäß Fig. 2;
- Fig. 2
- die zu Fig. 1 zugehörige Draufsicht auf das Antriebssystem;
- Fig. 3
- eine Seitenansicht eines Antriebssystems für ein Kaltpilgerwalzwerk mit Walzgerüst
gemäß einer zweiten Ausführungsform im Schnitt C-D ge- mäß Fig. 4; und
- Fig. 4
- die zu Fig. 3 zugehörige Draufsicht auf das Antriebssystem.
[0021] In den Figuren 1 und 2 ist eine erste Ausführungsform des erfindungsgemäßen Vorschlags
dargestellt. Ein Antriebssystem 1 dient zum Antrieb eines Kaltpilgerwalzwerks, von
dem ein Walzgerüst 2 dargestellt ist, das sich in horizontale Richtung oszillierend
hin und her bewegen muss, um den bekannten Kaltpilgerwalzprozess auszuführen.
[0022] Der oszillierende Antrieb des Walzgerüsts 2 erfolgt mit zwei spiegelbildlich zu einer
vertikal ausgerichteten Mittenebene 8 (s. Fig. 2) angeordneten Einheiten, die jeweils
aus einem Kurbeltrieb 3' bzw. 3", einem Kurbelarm 4' bzw. 4", einem Ausgleichsgewicht
5' bzw. 5" und einer Schubstange 7' bzw. 7" bestehen. Diese Einheiten sind als solche
für den Antrieb eines Kaltpilgerwalzwerks bekannt.
[0023] Im Unterschied dazu sind hier zwei dieser Einheiten spiegelbildlich angeordnet und
werden von je einem Antrieb 6', 6" in Form eines Elektromotors angetrieben, und zwar
gegensinnig. Während der Kurbeltrieb 3' der einen Einheit auf der einen Seite der
Mittenebene 8 beispielsweise im Uhrzeigersinn rotiert, bewegt sich der Kurbeltrieb
3" der anderen Einheit auf der gegenüberliegenden Seite der Mittenebene 8 im Gegenuhrzeigersinn.
[0024] Es kommen zwei Elektromotoren 6', 6" zum Einsatz, die über je ein einstufiges Stirnradgetriebe
9' bzw. 9" die Kurbeltriebe 3' bzw. 3" antreiben.
[0025] Das Walzgerüst 2 wird von zwei Schubstangen 7', 7" beaufschlagt, die wiederum über
die beiden Kurbeltriebe 3', 3" von den separaten Motoren 6', 6" gegensinnig angetrieben
werden. Der Massenausgleich ergibt sich dadurch, dass die Ausgleichsgewichte 5', 5"
der Kurbeltriebe 3', 3" gegenläufig umlaufen. Massenkräfte erster Ordnung können damit
vollständig ausgeglichen werden.
[0026] In den Figuren 3 und 4 ist eine alternative Ausführungsform dargestellt. Hier ist
auf Getriebe 9', 9" zwischen den Motoren 6', 6" und den Kurbeltrieben 3', 3" verzichtet
worden, d. h. der Antrieb der Kurbeltriebe 3', 3" erfolgt direkt von der Antriebswelle
der Motoren 6', 6" aus. Der Verzicht auf die Untersetzungsstufe der Getriebe 9', 9"
wird durch den Einsatz langsamlaufender und drehmomentstarker Motoren begünstigt bzw.
ermöglicht.
[0027] Hierdurch entfallen alle Zahnräder und das entsprechende Getriebegehäuse, so dass
ein noch einfacherer Aufbau des Antriebssystems erreicht wird.
Bezugszeichenliste:
[0028]
- 1
- Antriebssystem
- 2
- Walzgerüst
- 3
- Kurbeltrieb
- 3'
- Kurbeltrieb
- 3"
- Kurbeltrieb
- 4
- Kurbelarm
- 4'
- Kurbelarm
- 4'
- Kurbelarm
- 5
- Ausgleichsgewicht
- 5'
- Ausgleichsgewicht
- 5"
- Ausgleichsgewicht
- 6
- Antrieb
- 6'
- Antrieb
- 6"
- Antrieb
- 7
- Schubstange
- 7'
- Schubstange
- 7"
- Schubstange
- 8
- Mittenebene
- 9'
- Getriebe
- 9"
- Getriebe
1. Antriebssystem (1) für ein Walzwerk, insbesondere für ein Kaltpilgerwalzwerk, mit
- mindestens einem hin- und her bewegbaren Walzgerüst (2),
- mindestens einem Kurbeltrieb (3), der einem Kurbelarm (4) mit Ausgleichsgewicht
(5) zum zumindest teilweisen Ausgleich der vom Walzgerüst (2) erzeugten Massenkräfte
aufweist,
- mindestens einem Antrieb (6) und
- mindestens einer Schubstange (7), die das Walzgerüst (2) und den Kurbelarm (4) gelenkig
miteinander verbindet,
wobei zwei Einheiten bestehend aus Kurbeltrieb (3
', 3"), Kurbelarm (4', 4"), Ausgleichsgewicht (5', 5") und Schubstange (7', 7") vorhanden
sind, die beidseitig einer Mittenebene (8) des Antriebssystems (1) angeordnet sind
und die von dem mindestens einen Antrieb (6) gegensinnig angetrieben werden,
dadurch gekennzeichnet,
dass jede der beiden Einheiten einen eigenen Antrieb (6
', 6") in Form eines Elektromotors aufweist, mit denen die beiden Einheiten gegensinnig
angetrieben werden, wobei zwischen dem Elektromotor (6
', 6") und dem Kurbeltrieb (3
', 3") ein Getriebe (9
', 9") in Form eines einstufigen Stirnradgetriebes angeordnet ist oder der Elektromotor
(6
', 6") den Kurbeltrieb (3
', 3") ohne Zwischenschaltung eines Getriebes antreibt.
2. Antriebssystem nach Anspruch 1,
dadurch gekennzeichnet,
dass die beiden Einheiten zur Mittenebene (8) spiegelbildlich ausgebildet sind.
3. Antriebssystem nach Anspruch 1 oder 2,
dadurch gekennzeichnet,
dass der Elektromotor (6', 6") als langsamlaufender, drehmomentstarker Motor ausgebildet
ist.
4. Antriebssystem nach Anspruch 1 bis 3,
dadurch gekennzeichnet,
dass der Kurbeltrieb (3', 3") als nicht geschränkte Schubkurbel ausgebildet ist.
5. Antriebssystem nach einem der Ansprüche 1 bis 4,
dadurch gekennzeichnet,
dass die Massen der Ausgleichsgewichte (5', 5") so gewählt sind, dass die Gerüstmassenkräfte
erster Ordnung im Betrieb des Antriebssystems (1) zumindest im wesentlichen, vorzugsweise
vollständig, ausgeglichen werden.