(19)
(11) EP 2 218 872 A1

(12) EUROPÄISCHE PATENTANMELDUNG

(43) Veröffentlichungstag:
18.08.2010  Patentblatt  2010/33

(21) Anmeldenummer: 09002130.4

(22) Anmeldetag:  16.02.2009
(51) Internationale Patentklassifikation (IPC): 
F01D 5/02(2006.01)
(84) Benannte Vertragsstaaten:
AT BE BG CH CY CZ DE DK EE ES FI FR GB GR HR HU IE IS IT LI LT LU LV MC MK MT NL NO PL PT RO SE SI SK TR
Benannte Erstreckungsstaaten:
AL BA RS

(71) Anmelder: Siemens Aktiengesellschaft
80333 München (DE)

(72) Erfinder:
  • Schneider, Oliver
    46487 Wesel (DE)

   


(54) Läuferscheibe


(57) Eine Läuferscheibe (1), insbesondere für eine Gas- oder Dampfturbine, mit einer durch eine Mittelachse (2) eingebrachten Öffnung (4) und entlang des Umfangs angeordneten Befestigungsvorrichtungen (6) für eine Anzahl von Laufschaufeln (112), soll bei einer besonders hohen mechanischen Belastbarkeit eine besonders hohe Flexibilität hinsichtlich der Materialauswahl erlauben. Dazu ist auf der Läuferscheibe (1) eine Anzahl von Spannvorrichtungen (12) angeordnet.




Beschreibung


[0001] Die Erfindung betrifft eine Läuferscheibe, insbesondere für eine Gas- oder Dampfturbine, mit einer durch eine Mittelachse eingebrachten Öffnung und entlang des Umfangs angeordneten Befestigungsvorrichtungen für eine Anzahl von Laufschaufeln. Sie betrifft weiter eine Gas- und Dampfturbine mit einer derartigen Läuferscheibe.

[0002] Gas- oder Dampfturbinen werden in vielen Bereichen zum Antrieb von Generatoren oder von Arbeitsmaschinen eingesetzt. Dabei wird der Energieinhalt eines Brennstoffs oder überhitzten Dampfes zur Erzeugung einer Rotationsbewegung einer Turbinenwelle genutzt. Dazu wird bei der Gasturbine der Brennstoff in einer Brennkammer verbrannt, wobei von einem Luftverdichter verdichtete Luft zugeführt wird. Bei der Dampfturbine wird von einem Dampferzeuger erzeugter Dampf zugeführt. Das unter hohem Druck und unter hoher Temperatur stehende Arbeitsmedium wird dann über eine nachgeschaltete Turbineneinheit geführt, wo es sich arbeitsleistend entspannt.

[0003] Zur Erzeugung der Rotationsbewegung der Turbinenwelle sind dabei an dieser eine Anzahl von üblicherweise in Schaufelgruppen oder Schaufelreihen zusammengefassten Laufschaufeln angeordnet, die über einen Impulsübertrag aus dem Arbeitsmedium die Turbinenwelle antreiben. Zur Strömungsführung des Arbeitsmediums in der Turbineneinheit sind zudem üblicherweise zwischen benachbarten Laufschaufelreihen mit dem Turbinengehäuse verbundene und zu Leitschaufelreihen zusammengefasste Leitschaufeln angeordnet.

[0004] Die Leitschaufeln sind dabei jeweils über einen auch als Plattform bezeichneten Schaufelfuß an einem Leitschaufelträger der Turbineneinheit fixiert. Bei stationären Gas- oder Dampfturbinen ist dieser Leitschaufelträger üblicherweise konisch oder zylindrisch geformt und besteht jeweils aus einem oberen und einem unteren Segment, die z. B. über Flansche miteinander verbunden sind.

[0005] Die Laufschaufeln sind zur Befestigung an der Turbinenwelle üblicherweise an einer Anzahl von Läuferscheiben befestigt. Die Läuferscheiben weisen dabei entsprechende Befestigungsvorrichtungen wie z. B. Nuten entlang ihres Umfangs auf, in die die Laufschaufeln einer Laufschaufelreihe gesteckt und fixiert werden. Die Läuferscheiben werden dabei üblicherweise aus massivem Stahl geschmiedet, überdreht und aufgereiht zu einem Läufer über einem Zuganker verspannt. Im Verdichterbereich einer Gasturbine können dabei auch weniger hochwertige Stähle eingesetzt werden, um Kosten zu sparen.

[0006] Bei modernen Gas- und Dampfturbinen stellt die mechanische Belastung durch die Rotation der Turbinenwelle hohe Anforderungen an die Festigkeit der Läuferscheiben. Dabei kommen immer hochwertigere Werkstoffe zum Einsatz, was einerseits eine Erhöhung der Produktionskosten bedeutet, andererseits die Flexibilität hinsichtlich der möglichen Materialien für die Läuferscheiben erheblich einschränkt.

[0007] Der Erfindung liegt daher die Aufgabe zugrunde, eine Läuferscheibe, insbesondere für eine Gas- oder Dampfturbine anzugeben, welche bei einer besonders hohen mechanischen Belastbarkeit eine besonders hohe Flexibilität hinsichtlich der Materialauswahl erlaubt.

[0008] Diese Aufgabe wird erfindungsgemäß gelöst, indem auf der Läuferscheibe eine Anzahl auf die Läuferscheibe einwirkenden von Spannvorrichtungen angeordnet ist.

[0009] Die Erfindung geht dabei von der Überlegung aus, dass eine besonders hohe Flexibilität hinsichtlich der Materialauswahl ohne Einbußen bei der mechanischen Belastbarkeit und dadurch erreichbar wäre, wenn durch konstruktive Maßnahmen die derzeit verwendeten Werkstoffe weiter ausgenutzt werden können, um dadurch die erhöhten Anforderungen heutiger Turbinenkonstruktionen zu erfüllen. Dabei stellt die Hauptschwierigkeit die radiale Spannungsverteilung in einer axial durchbohrten Läuferscheibe unter Fliehkraftbeanspruchung dar. Dabei bilden sich an der Bohrungswand der durch den Mittelpunkt ausgeführten Bohrung die höchsten Spannungen im Werkstoff aus, so dass die Scheiben hier üblicherweise besonders dickwandig ausgeführt werden müssen, was zu hohen Gewichten und der Notwendigkeit hochfester Werkstoffe führt. Um auch weniger feste Werkstoffe einsetzen zu können, sollte daher die Spannungsverteilung der Läuferscheibe verändert werden. Dies ist erreichbar, indem geeignete Konstruktionselemente angebracht werden, die die Spannungsverteilung unter Last, d. h. Fliehkraftbelastung, gleichmäßiger verteilen. Dies ist erreichbar, indem auf der Läuferscheibe eine Anzahl von Spannvorrichtungen angeordnet sind, die eine Vorspannung entgegen der Fliehkraftbelastung im Betrieb der Turbine auf die Läuferscheibe aufbringen.

[0010] In vorteilhafter Ausgestaltung ist die jeweilige Spannvorrichtung dabei für eine Kraftwirkung in radialer Richtung ausgelegt. Dadurch ist gewährleistet, dass die Spannvorrichtung der Fliehkrafteinwirkung bei der Rotation der Turbinenwelle optimal entgegenwirkt. Zwar bringen die Spannelemente zunächst in Ruhe eine erhebliche Druckspannung in die Scheibe ein, diese wird jedoch dann unter Fliehkraftbelastung zunächst kompensiert, bevor die Spannungsverteilung in eine Zugspannung wechselt und die entsprechend zulässigen Grenzwerte für das Material der Läuferscheibe erreicht. Die Druckspannung der Spannvorrichtung wirkt dann der Fliehkraftbelastung der Scheibe entgegen und kompensiert diese teilweise. Damit ist ein weniger fester Werkstoff für die Läuferscheibe verwendbar, wodurch insgesamt die Flexibilität hinsichtlich der Materialauswahl der Läuferscheibe erhöht wird.

[0011] Eine besonders einfache Möglichkeit zur Aufbringung einer Spannvorrichtung auf eine Läuferscheibe ergibt sich, wenn die jeweilige Spannvorrichtung vorteilhafterweise ein konzentrisch zur Läuferscheibe angeordneter Spannring ist. Derartige Spannringe sind besonders einfach herzustellen und können auf jedem gewünschten Radius auf der Läuferscheibe angebracht werden. Sie entfalten ihre Spannwirkung zudem entlang des gesamten Umfangs der Läuferscheibe.

[0012] Vorteilhafterweise wird der Spannring dabei aufgeschrumpft. Beim Aufschrumpfen wird die Eigenschaft ausgenutzt, dass Stoffe, insbesondere Metalle und deren Legierungen, sich mit zunehmender Wärme ausdehnen. Die Läuferscheibe und die Spannringe werden dann nicht passgenau gefertigt, sondern der Spannring ist geringfügig zu klein und die Läuferscheibe bzw. deren Befestigungsvorrichtung geringfügig zu groß, so dass die Teile bei Normaltemperatur nicht miteinander verbunden werden können. Der Spannring wird jedoch vorher erhitzt, was zur Ausdehnung führt und anschließend schnell auf die Läuferscheibe gezogen, so dass er beim Erkalten wieder schrumpft und sich so der Läuferscheibe aufpresst. Alternativ oder ergänzend kann die Läuferscheibe vorher gekühlt werden, so dass sich der Spannring auch ohne Erhitzen aufziehen lässt, falls ein Erhitzen des Spannrings nicht möglich oder nicht erwünscht ist. In beiden Fällen ist einerseits eine sehr feste Verbindung gewährleistet, andererseits kann je nach Größenauslegung des Spannrings die in die Läuferscheibe eingebrachte Spannkraft gezielt gewählt werden.

[0013] In vorteilhafter Ausgestaltung ist die jeweilige Spannvorrichtung dabei auf einer auf der Läuferscheibe eingebrachten Abkantung angeordnet. Eine derartige Abkantung garantiert eine gute Krafteinwirkung in die Läuferscheibe und ermöglicht einen sicheren Halt beispielsweise eines Spannrings oder einer anderen Spannvorrichtung auf der Läuferscheibe.

[0014] Die Spannungsverteilung während des Betriebs der Turbine ist in der Läuferscheibe üblicherweise derart ausgeprägt, dass eine mehr oder minder exponentielle Zunahme der Spannkraft radial nach innen zur Öffnung der Bohrung durch die Mittelachse hin entsteht, wobei die Maximalspannung unmittelbar an der Bohrung erreicht wird. Bei unterschiedlichen Radien der Läuferscheibe liegen also unterschiedliche Spannkräfte vor. Um diese Spannkräfte besonders gut ausgleichen zu können, sollte vorteilhafterweise eine Mehrzahl von Spannvorrichtungen in unterschiedlichen radialen Bereichen angeordnet sein. Auch sollten diese mit unterschiedlichen Spannkräften aufgebracht werden, so dass ein besonders guter und gezielter Ausgleich der in die Läuferscheibe eingebrachten Fliehkräfte erreicht wird.

[0015] Das Innere der Läuferscheibe sollte während des Betriebs der Gas- oder Dampfturbine vor dem Eindringen von heißem Arbeitsmedium geschützt werden. Dazu sollten entsprechende Balkone, d. h. Überhänge am Ende der Läuferscheiben, vorgesehen sein, die in der Art einer Labyrinthdichtung ein Eindringen von heißem Arbeitsmedium in Richtung der Turbinenwelle, d. h. zur Mitte der Läuferscheibe hin verhindern können. Dies ist besonders einfach zu bewerkstelligen, wenn diese Funktion in die Spannvorrichtung integriert wird. Dies ist erreichbar, indem sich die jeweilige Spannvorrichtung in axialer Richtung über die Kante der Läuferscheibe hinaus ausdehnt. Dadurch erstreckt sich die jeweilige Spannvorrichtung, ggf. der Spannring zur benachbarten Läuferscheibe und dichtet so die Läuferscheibe entlang ihres Umfangs ab.

[0016] In vorteilhafter Ausgestaltung ist die Spannvorrichtung dabei aus hochfestem Stahl gefertigt. Dieser ist insbesondere in den näher an der Turbinenwelle liegenden Bereichen der Läuferscheibe zur Aufnahme der dort wirkenden hohen radialen Kräfte geeignet und die Spannvorrichtung kann dort durch die besonders hohe Stabilität auch entsprechend große Spannkräfte einbringen.

[0017] In weiterer vorteilhafter Ausgestaltung ist die jeweilige Spannvorrichtung aus einem Faserverbundwerkstoff gefertigt. Dieser ist insbesondere bei größeren Durchmessern, d. h. in weiter von der Turbinenwelle entfernt liegenden Bereichen, besonders geeignet, da die hier wirkende hohe Fliehkraftbeanspruchung dazu führt, dass die Eigenmasse der Spannvorrichtung eine wesentliche Rolle spielt. Faserverbundwerkstoffe sind daher in diesen Bereichen besonders geeignet, da sie einerseits eine besonders hohe Festigkeit besitzen, andererseits aber eine sehr geringe Dichte. Sie können zudem beispielsweise in Form von Spannringen einfach aus so genannten Rovings, d. h. Faserbündeln oder Fasersträngen, gewickelt werden. Der Verbundwerkstoff kann in kälteren Bereichen der Gasturbine gängiger Kunststoff sein, bei höheren Temperaturen sollten jedoch die Fasern in eine Stahlmatrix eingebettet werden. Besonders vorteilhaft ist dabei ein Faserverbundwerkstoff wie beispielsweise Kohlefaser im Bereich der Befestigung der Laufschaufeln, wo er gleichzeitig als Abdichtung gegen das dort vorhandene Heißgas wirkt. Hier ergeben sich nämlich weitere Vorteile beim Bestreben, enge Spalte in der Abdichtungszone durch Labyrinthdichtungen zu erreichen, weil sich zwischen Stahl und Kohlenstoff eine günstige Werkstoffpaarung ergibt. Bei Anstreifvorgängen während des Betriebs bleiben Schädigungen an den Dichtspitzen und anderen Abdichtungen gering.

[0018] Vorteilhafterweise ist eine derartige Läuferscheibe Bestandteil einer Dampfturbine und/oder einer Gasturbine sowie eine derartige Gas- und/oder Dampfturbine Bestandteil einer Gas- und Dampfturbinenanlage.

[0019] Die mit der Erfindung erzielten Vorteile bestehen insbesondere darin, dass durch die Anordnung einer Anzahl von Spannvorrichtungen auf der Läuferscheibe gezielt eine vorbestimmte Spannung in die Läuferscheibe eingebracht wird, die die auftretenden Fliehkräfte und resultierenden Spannungsbelastungen in radialer Richtung im Betrieb der Turbine kompensiert. Durch die so erreichte Vergleichmäßigung der Spannungsbelastung in der Läuferscheibe ist es möglich, die gesamte Läuferscheibe aus einem günstigeren und weniger festen Material zu fertigen, was eine größere Flexibilität hinsichtlich der Materialauswahl für die Läuferscheibe zur Folge hat, ohne dabei hinsichtlich der betrieblichen Sicherheit Nachteile in Kauf nehmen zu müssen. Dies hat zudem eine deutliche Kostenersparnis bei der Konstruktion einer Gas- oder Dampfturbine zur Folge.

[0020] Ein Ausführungsbeispiel der Erfindung wird anhand einer Zeichnung näher erläutert. Darin zeigen:
FIG 1
einen Halbschnitt durch die obere Hälfte einer Läuferscheibe, und
FIG 2
einen Halbschnitt durch eine Gasturbine.


[0021] Gleiche Teile sind in beiden Figuren mit denselben Bezugszeichen versehen.

[0022] Die FIG 1 zeigt eine Läuferscheibe 1 im Halbschnitt durch ihre obere Hälfte. Durch die Mittelachse 2 ist dabei eine Öffnung 4 eingebracht, durch die eine Mehrzahl von Läuferscheiben 2 zu einem Läufer aufgereiht und über einen Zuganker verspannt werden kann. Am äußeren Umfang der Läuferscheibe 1 sind dabei Befestigungsvorrichtungen 6, beispielsweise eine Anzahl von Nuten, eingebracht, auf der die Laufschaufeln der Turbine oder des Verdichters befestigt sind.

[0023] Während des Betriebs der Gas- oder Dampfturbine wird die Läuferscheibe 1 in schnelle Rotation versetzt und durch die entstehenden Fliehkräfte bilden sich Spannungen innerhalb der Läuferscheibe 1 aus, die von außen nach innen in radialer Richtung zunehmen und ihr Maximum an der Innenkante 8 der Öffnung 4 erreichen. Damit diese Zugspannungen nicht allein durch das Hauptmaterial der Läuferscheibe 1 aufgenommen werden müssen, sind auf der Läuferscheibe Abkantungen 10 eingebracht, auf denen Spannvorrichtungen 12 in der Art von Spannringen 14 angeordnet sind.

[0024] Diese Spannringe 14 sind aufgeschrumpft und bringen so zunächst eine Druckbelastung in Richtung der Mittelachse 2 der Läuferscheibe 1 ein. Diese wirken den im Betrieb, d. h. während der Rotation der Läuferscheibe 1 entstehenden Fliehkräften entgegen und vermindern so die Materialbelastung des Hauptkörpers der Läuferscheibe 1.

[0025] Auf der gezeigten Läuferscheibe 1 sind beiderseits der Läuferscheibe 1 an zwei verschiedenen Radien Spannringe 14 angebracht. Die Spannringe 14 auf dem kleineren Radius sind aus hochfestem Stahl gefertigt, da dieser besonders gut für hohe Druckbelastungen geeignet ist. Die am äußeren Umfang der Läuferscheibe 1 angebrachten Spannringe 14 sind aus Kohlefaser gefertigt, da hier besonders hohe Fliehkräfte herrschen und daher das Gewicht der Spannringe 14 reduziert werden sollte. Die Kohlefaser ist dabei in eine Stahlmatrix eingearbeitet, was eine besonders vorteilhafte Materialkombination ergibt. Auch erzeugt ein evtl. Anstreifen keine oder vergleichsweise geringe Beschädigungen im Betrieb.

[0026] Je nach gewünschter Spannungsbeeinflussung und den betrieblichen Gegebenheiten können auch gezielt andere Spannringkonfigurationen gewählt werden. Beispielsweise kann eine größere oder geringere Anzahl von Spannringen auf unterschiedlichen Radien aus jeweils gezielt gewähltem Material angeordnet sein.

[0027] Die Spannringe 14 auf dem äußeren Umfang der Läuferscheibe 1 erstrecken sich in axialer Richtung über die Kante 16 der Läuferscheibe hinaus. Dadurch wirken sie als Abdichtung gegen ein Eindringen von heißem Arbeitsmedium in Richtung der Mittelachse 2.

[0028] Durch die aufgebrachten Spannringe 14 wird die Materialbelastung durch die Fliehkrafteinwirkung auf die Läuferscheibe 1 erheblich reduziert, wodurch das Hauptmaterial der Läuferscheibe 1 vergleichsweise kostengünstiger und weniger belastbar ausgelegt werden kann. Dies erlaubt eine besonders hohe Flexibilität bei der Konstruktion einer Gasturbine 101.

[0029] Eine Gasturbine 101, wie in FIG 10 dargestellt, weist einen Verdichter 102 für Verbrennungsluft, eine Brennkammer 104 sowie eine Turbineneinheit 106 zum Antrieb des Verdichters 102 und eines nicht dargestellten Generators oder einer Arbeitsmaschine auf. Dazu sind die Turbineneinheit 106 und der Verdichter 102 auf einer gemeinsamen, auch als Turbinenläufer bezeichneten Turbinenwelle 108 angeordnet, mit der auch der Generator bzw. die Arbeitsmaschine verbunden ist, und die um ihre Mittelachse 109 drehbar gelagert ist. Die in der Art einer Ringbrennkammer ausgeführte Brennkammer 104 ist mit einer Anzahl von Brennern 110 zur Verbrennung eines flüssigen oder gasförmigen Brennstoffs bestückt.

[0030] Die Turbineneinheit 106 weist eine Anzahl von mit der Turbinenwelle 108 über Läuferscheiben 1 verbundenen, rotierbaren Laufschaufeln 112 auf. Die Laufschaufeln 112 sind kranzförmig an den Läuferscheiben 1 angeordnet und bilden somit eine Anzahl von Laufschaufelreihen. Weiterhin umfasst die Turbineneinheit 106 eine Anzahl von feststehenden Leitschaufeln 114, die ebenfalls kranzförmig unter der Bildung von Leitschaufelreihen an einem Leitschaufelträger 116 der Turbineneinheit 106 befestigt sind. Die Laufschaufeln 112 dienen dabei zum Antrieb der Turbinenwelle 108 durch Impulsübertrag vom die Turbineneinheit 106 durchströmenden Arbeitsmedium M. Die Leitschaufeln 114 dienen hingegen zur Strömungsführung des Arbeitsmediums M zwischen jeweils zwei in Strömungsrichtung des Arbeitsmediums M gesehen aufeinander folgenden Laufschaufelreihen oder Laufschaufelkränzen. Ein aufeinander folgendes Paar aus einem Kranz von Leitschaufeln 114 oder einer Leitschaufelreihe und aus einem Kranz von Laufschaufeln 112 oder einer Laufschaufelreihe wird dabei auch als Turbinenstufe bezeichnet.

[0031] Jede Leitschaufel 114 weist eine Plattform 118 auf, die zur Fixierung der jeweiligen Leitschaufel 114 an einem Leitschaufelträger 116 der Turbineneinheit 106 als Wandelement angeordnet ist. Die Plattform 118 ist dabei ein thermisch vergleichsweise stark belastetes Bauteil, das die äußere Begrenzung eines Heißgaskanals für das die Turbineneinheit 106 durchströmende Arbeitsmedium M bildet. Jede Laufschaufel 112 ist in analoger Weise über eine auch als Schaufelfuß bezeichnete Plattform 119 an der Turbinenwelle 108 befestigt.

[0032] Zwischen den beabstandet voneinander angeordneten Plattformen 118 der Leitschaufeln 114 zweier benachbarter Leitschaufelreihen ist jeweils ein Ringsegment 121 an einem Leitschaufelträger 1 der Turbineneinheit 106 angeordnet. Die äußere Oberfläche jedes Ringsegments 121 ist dabei ebenfalls dem heißen, die Turbineneinheit 106 durchströmenden Arbeitsmedium M ausgesetzt und in radialer Richtung vom äußeren Ende der ihm gegenüber liegenden Laufschaufeln 112 durch einen Spalt beabstandet. Die zwischen benachbarten Leitschaufelreihen angeordneten Ringsegmente 121 dienen dabei insbesondere als Abdeckelemente, die das Innengehäuse im Leitschaufelträger 1 oder andere Gehäuse-Einbauteile vor einer thermischen Überbeanspruchung durch das die Turbine 106 durchströmende heiße Arbeitsmedium M schützen.

[0033] Die Brennkammer 104 ist im Ausführungsbeispiel als so genannte Ringbrennkammer ausgestaltet, bei der eine Vielzahl von in Umfangsrichtung um die Turbinenwelle 108 herum angeordneten Brennern 110 in einen gemeinsamen Brennkammerraum münden. Dazu ist die Brennkammer 104 in ihrer Gesamtheit als ringförmige Struktur ausgestaltet, die um die Turbinenwelle 108 herum positioniert ist.

[0034] Durch die Verwendung einer Läuferscheibe 1 der oben angegebenen Ausgestaltung kann eine deutliche Kostenreduzierung bei der Herstellung der Gasturbine 101 oder einer Dampfturbine bei gleichzeitig hoher betrieblicher Sicherheit und Lebensdauer erreicht werden. Durch den Einsatz eines vergleichsweise weniger belastbaren Werkstoffs für den Hauptbereich der Läuferscheibe 1 wird eine besonders hohe Flexibilität hinsichtlich der Materialauswahl und eine erhebliche Kosteneinsparung bei der Konstruktion der Gasturbine 101 erzielt.


Ansprüche

1. Läuferscheibe (1), insbesondere für eine Gas- oder Dampfturbine, mit einer durch eine Mittelachse (2) eingebrachten Öffnung (4) und entlang des Umfangs angeordneten Befestigungsvorrichtungen (6) für eine Anzahl von Laufschaufeln (112), wobei auf der Läuferscheibe (1) eine Anzahl von Spannvorrichtungen (12) angeordnet ist.
 
2. Läuferscheibe (1) nach Anspruch 1, bei der die jeweilige Spannvorrichtung (12) für eine Kraftwirkung in radialer Richtung ausgelegt ist.
 
3. Läuferscheibe (1) nach Anspruch 1 oder 2, bei der die jeweilige Spannvorrichtung (12) ein konzentrisch zur Läuferscheibe (1) angeordneter Spannring (14) ist.
 
4. Läuferscheibe (1) nach Anspruch 3, bei der der Spannring (14) aufgeschrumpft ist.
 
5. Läuferscheibe (1) nach einem der Ansprüche 1 bis 4, bei der die jeweilige Spannvorrichtung (12) auf einer auf der Läuferscheibe (1) eingebrachten Abkantung (10) angeordnet ist.
 
6. Läuferscheibe (1) nach einem der Ansprüche 1 bis 5, bei der eine Mehrzahl von Spannvorrichtungen (12) in unterschiedlichen radialen Bereichen angeordnet ist.
 
7. Läuferscheibe (1) nach einem der Ansprüche 1 bis 6, bei der sich die jeweilige Spannvorrichtung (12) in axialer Richtung über die Kante (16) der Läuferscheibe (1) hinaus ausdehnt.
 
8. Läuferscheibe (1) nach einem der Ansprüche 1 bis 7, bei der die jeweilige Spannvorrichtung (12) aus hochfestem Stahl gefertigt ist.
 
9. Läuferscheibe (1) nach einem der Ansprüche 1 bis 8, bei der die jeweilige Spannvorrichtung (12) aus einem Faserverbundwerkstoff gefertigt ist.
 
10. Gasturbine (101) mit einer Läuferscheibe (1) nach einem der Ansprüche 1 bis 9.
 
11. Dampfturbine mit einer Läuferscheibe (1) nach einem der Ansprüche 1 bis 9.
 
12. Gas- und Dampfturbinenanlage mit einer Gasturbine (101) nach Anspruch 10 und/oder einer Dampfturbine nach Anspruch 11.
 




Zeichnung










Recherchenbericht