[0001] Die vorliegende Erfindung betrifft einen Extrakt aus einer Pflanze der Gattung Brassica
zur Behandlung und/oder Prophylaxe einer hyperglykämischen Erkrankung. Die Erfindung
betrifft ferner die Verwendung eines solchen Extrakts zur Herstellung einer pharmazeutischen
Zusammensetzung, eines diätetischen Lebensmittels und/oder eines Nahrungsergänzungsmittels
zur Behandlung und/oder Prophylaxe einer hyperglykämischen Erkrankung, wie Fettsucht,
Diabetes oder einer von Diabetes verursachten Folgeerkrankung. Die Erfindung betrifft
ferner eine pharmazeutische Zusammensetzung, ein diätetisches Lebensmittel und ein
Nahrungsergänzungsmittel, die einen solchen Extrakt umfassen.
GEBIET DER ERFINDUNG
[0002] Die Zahl der Diabetes-Toten ist nach Angaben des Statistischen Bundesamts seit 1980
um 29 Prozent gestiegen. Diabetes mellitus ist damit verantwortlich für knapp drei
Prozent aller Sterbefälle (1980: zwei Prozent) in Deutschland. Parallel dazu steigt
die Zahl der übergewichtigen Menschen in Deutschland stark an; jeder zweite Deutsche
ist bereits übergewichtig, jeder fünfte sogar fettleibig. Bei diesen Menschen ist
das Risiko, an Diabetes zu erkranken, dramatisch erhöht.
[0004] Mit der Nahrung wird eine Vielzahl an Fetten, Kohlehydraten und Proteinen aufgenommen,
die den menschlichen Körper mit der benötigten Energie versorgen. Eine zu starke Aufnahme
und insbesondere eine zu schnelle Aufnahme von Zuckern stellt eine starke Belastung
des Stoffwechsels dar und gilt als ein wesentlicher Risikofaktor für Diabetes, Übergewicht
und Fettleibigkeit. Es besteht daher ein anhaltender Bedarf an neuen Mitteln für die
Behandlung von hyperglykämischen Erkrankungen wie Diabetes und Fettleibigkeit.
[0005] Zahlreiche Verbindungsklassen sind für die Behandlung des Diabetes mellitus, insbesondere
des Diabetes mellitus Typ II, vorgeschlagen worden. In verschiedenen Internationalen
Anmeldungen sind beispielsweise Substanzen vorgeschlagen worden, die den Natrium-abhängigen
Glucose-Transporter 2 (SGLT-2) hemmen (siehe z.B.
WO 98/31697,
WO 02/083066,
WO 03/099836 und
WO 01/31697). Dieses Transportprotein resorbiert im proximalen Tubulus der Niere Glucose und
Natrium aus dem Primärharn. Spezifische SGLT-2-Inhibitoren sind in der Lage, die Aufnahme
von Glucose in den Nierentubuli zu verhindern, was zur Wiederherstellung von normalen
Plasmaglucosespiegeln führt. Eine langfristige Behandlung mit SGLT-2-Inhibitoren von
mehr als 6 Monaten hat im Tierversuch zu einer verstärkten Insulinempfindlichkeit,
einer verbesserten Insulin-Reaktion und zu einer verzögerten Ausbildung von Diabetes-bedingten
Komplikationen geführt. Die Funktion des Transporters SGLT-2 beruht auf der verstärkten
konzentrationsabhängigen Ausscheidung von Glucose, die zu einer Senkung des Blutzuckers
im Körper führt. Dabei wird jedoch keine Hypoglykämie verursacht. Der Mechanismus
der Blutzuckersenkung ist unabhängig von einer ggf. bestehenden Insulinresistenz oder
einer mangelnden Insulinproduktion durch die Betazellen der Bauchspeicheldrüse. Neben
SGLT-2 gibt es einen weiteren Natrium-abhängigen Glucose-Transporter, SGLT-1, der
ebenfalls mit der Behandlung des Diabetes in Verbindung gebracht wird. SGLT-1 wird
im Dünndarm sowie im S3-Segment des proximalen Nierentubulus gefunden. Er ist für
die aktive Aufnahme von Glucose verantwortlich. Im Vergleich zu SGLT-2 weist SGLT-1
für einige Zucker eine veränderte Substratspezifität auf.
[0006] Verschiedene Präparate, die zu einer Hemmung von SGLT-1 und/oder SGLT-2 führen, befinden
sich derzeit in klinischen Erprobungen. Im Rahmen der vorliegenden Erfindung wurde
überraschenderweise festgestellt, dass ein Extrakt aus einer Pflanze der Gattung Brassica
zu einer Hemmung des Natrium-abhängigen Glucose-Transporters SGLT-1 führt. Demgemäß
kommt ein solcher Extrakt bei der Behandlung und/oder bei der Prophylaxe einer hyperglykämischen
Stoffwechselerkrankung wie Diabetes in Betracht. Die Extrakte führen über die Hemmung
des Natrium-abhängigen Glucose-Transporters zur Wiederherstellung von normalen Glucosespiegeln
im Plasma von Patienten, die an einer hyperglykämischen Erkrankung wie Diabetes leiden.
[0007] Demgemäß betrifft die Erfindung in einem ersten Aspekt einen Extrakt aus einer Pflanze
der Gattung Brassica zur Behandlung und/oder Prophylaxe einer hyperglykämischen Erkrankung.
Erkrankungen, die sich mit Hilfe der erfindungsgemäß vorgeschlagenen Brassica-Extrakte
behandeln lassen, umfassen alle Krankheiten, die durch eine Hyperglykämie, d.h. durch
einen erhöhten Blutzuckerspiegel gekennzeichnet sind, der den physiologisch normalen
Wert von 140 mg/dl (7,8 mmol/l) übersteigt. Solche Erkrankungen umfassen insbesondere
Fettsucht, Diabetes oder von Diabetes verursachte Folgeerkrankungen (wie z.B. Retinopathie,
Neurophathie, Nephropathie und gestörte Wundheilung). Bei dem Diabetes, der mittels
der Brassica-Extrakte behandelt werden soll, kann es sich um Diabetes Typ I oder Typ
II handeln. Vorzugsweise handelt es sich um Diabetes Typ II. Auch eine wirksame Eindämmung
von Übergewicht läßt sich mit Hilfe der erfindungsgemäßen Extrakte erreichen.
[0008] Die erfindungsgemäß zur Behandlung oder Prophylaxe vorgeschlagenen Extrakte können
auch in vorteilhafter Weise mit anderen Wirkstoffen verwendet werden, z.B. zusammen
mit anderen im Stand der Technik beschriebenen antidiabetischen Mitteln, wie z.B.
Biguanide, Sulfonylharnstoffe, Glucosidaseinhibitoren, Thiazolidindione, Dipeptidylpeptidase
IV (DP4)-Inhibitoren, Meglitinide, Glucagon-ähnliches Peptid-1 (GLP-1), PTP1B-Inhibitoren,
Glycogenphosphorylase-Inhibitoren und Glucose-6-phosphatase-Inhibitoren.
[0009] Die im Rahmen der Erfindung vorgeschlagenen Extrakte können aus Spezies der Gattung
Brassica gewonnen werden. Bei der Gattung Brassica handelt es sich um eine pflanzliche
Gattung in der Familie der Kreuzblütengewächse (Brassicaceae). Besonders bevorzugt
ist es, dass die Extrakte ausgehend von Pflanzen der Spezies Brassica oleracea hergestellt
werden. Bei der Spezies Brassica oleracea handelt es sich um eine formenreiche Pflanzenart
innerhalb der Gattung Brassica. Die Art umfasst zahlreiche Sorten, zu den u.a. Brokkoli
(Brassica oleracea var. silvestris L.), Rotkohl (Brassica oleracea var. capitata f.
rubra L.), Weißkohl (Brassica oleracea var. capitata f. alba), Wirsing (Brassica oleracea
L. convar. capitata (L.) Alef. var. sabauda L.), Chinakohl (Brassica rapa ssp. pekinensis)
und Grünkohl (Brassica oleracea convar. acephala var. sabellica) zählen. Besonders
bevorzugt ist es, dass die Extrakte ausgehend von Grünkohl hergestellt werden. Neben
Pflanzen der Spezies Brassica oleracea können jedoch auch andere Spezies der Gattung
Brassica Verwendung finden.
[0010] Wie vorliegend verwendet bezeichnet der Begriff "Brassica-Extrakt" ein Stoffgemisch,
das durch Aufschluß von Zellen einer Pflanze der Gattung Brassica und Gewinnung des
Zellsafts erhalten wird. Die erfindungsgemäß vorgeschlagenen Brassica-Extrakte lassen
sich durch eine Vielzahl von im Stand der Technik bekannten Verfahren herstellen.
[0011] In einer Ausführungsform der Erfindung wird zunächst Material einer Brassica-Pflanze
bereitgestellt. Als Ausgangsmaterial für das erfindungsgemäße Verfahren eignen sich
Brassica-Pflanzen in sämtlichen Entwicklungsstadien, vom Samen bis zur reifen Pflanze.
Das pflanzliche Material wird in der Regel zunächst zerkleinert. Das Zerkleinern kann
durch einfaches Zerstückeln der jeweiligen Pflanzenteile mit herkömmlichen Cuttern
erreicht werden. Es lassen sich grundsätzlich alle Pflanzenteile als Ausgangspunkt
für die Extraktbildung verwenden. Besonders gute Ergebnisse werden jedoch bei Verwendung
von Blättern erzielt. Daher wird der Brassica-Extrakt gemäß einer bevorzugten Ausführungsform
der Erfindung aus den Blättern der jeweiligen Brassica-Pflanze hergestellt. Vor der
Zerkleinerung kann das pflanzliche Material bei Temperaturen zwischen 45°C und 100°C
blanchiert werden, um bakterielle Verunreinigungen zu beseitigen und die Qualität
des Aufschlusses zu verbessern. Des Weiteren wird durch das Blanchieren die Aktivität
von Enzymen wie Hydrolasen, Lipasen und Oxidasen reduziert und somit die Stabilität
und Qualität des Pflanzenmaterials erhöht.
[0012] In einem nächsten Schritt wird das pflanzliche Material aufgeschlossen, d.h. die
zellulären Strukturen des Materials werden zerstört, sodass der Inhalt der Zellen
freigesetzt wird. Der Aufschluß kann durch herkömmliche Verfahren zum Aufschluß pflanzlicher
Zellen erreicht werden, beispielsweise durch wiederholtes Einfrieren und Auftauen,
oder durch geeignete Apparaturen, wie z.B. durch Homogenisatoren, Hochdruckhomogenisatoren
oder Ultraschallhomogenisatoren. Auch Kolloidmühlen oder French-Pressen können für
den Aufschluß verwendet werden.
[0013] Darüber hinaus kann der Zellaufschluß auch enzymatisch erzielt werden. Zu diesem
Zweck wird das pflanzliche Material mit geeigneten Enzymen versetzt, die zu einer
Zerstörung der strukturellen Bestandteile der Zellen führen. Es hat sich gezeigt,
dass eine Inkubation des pflanzlichen Materials mit Pektinase, Kollagenase und/oder
Cellulase besonders geeignet ist, um die Zellen wirkungsvoll aufzuschließen. Die Inkubationszeit
kann zwischen 30 Minuten und 24 Stunden liegen, vorzugsweise zwischen 6 Stunden und
4 Stunden, z.B. 2 Stunden. Die Temperatur kann im Bereich von 20°C und 60°C liegen,
vorzugsweise zwischen 25°C und 35°C und sie sollte vorzugsweise im Bereich des Temperaturoptimums
des jeweils verwendeten Enzyms liegen. Ein geeigneter pH-Wert des Reaktionsansatzes
kann unter Verwendung geeigneter Puffer, wie z.B. Phosphat-, Carbonat-, Natriumhydrogencarbonatpuffer
und/oder geeigneter Säuren, wie z.B. Citronensäure, Milchsäure oder Ascorbinsäure
eingestellt werden.
[0014] Nach Aufschluß der Zellen, kann der erhaltende Zellsaft direkt zur Hemmung des Natrium-abhängigen
Glucose-Transporters 1 (SGLT-1) verwendet werden. Es ist allerdings bevorzugt, den
nach dem Aufschluß der Zellen erhaltenen Pflanzensaft weiteren Reinigungsschritten
zu unterziehen.
[0015] Beispielsweise kann das aus dem Zellaufschluß erhaltene Material einer Trocknung
oder Gefriertrocknung mit anschließender Lösungsmittel-Extraktion unterzogen werden.
Hier kann beispielsweise zunächst eine Sprühtrocknung eingesetzt werden. Das getrocknete
oder gefriergetrocknete pflanzliche Material kann anschließend mit einem wässrigen
oder organischen Lösungsmittel extrahiert werden. Dies kann mit einem herkömmlichen
Extraktionsmittel durchgeführt werden, z.B. mit Ethanol, Ethylacetat oder mit anderen
organischen Lösungsmitteln. Auch eine Extraktion mit Gasen, wie z.B. mit Stickstoff
ist möglich. Bei Verwendung eines flüssigen Lösungsmittels beträgt die Inkubationszeit
0,5 bis 24 Stunden, vorzugsweise 2 bis 8 Stunden. Bei Verwendung von Stickstoff erfolgt
die Extraktion bei Temperaturen zwischen 4°C und 37°C in einem Zeitraum von 0,25 bis
3 Stunden, vorzugsweise in einem Zeitraum von 20 und 60 Minuten.
[0016] Alternativ zu einer Trocknung/Extraktion kann der nach Aufschluß der Zellen erhaltene
Pflanzensaft auch einer chromatographischen Reinigung unterzogen werden, beispielsweise
unter Verwendung einer Ionenaustauschchromatographie oder einer Affinitätschromatographie.
Die mit Ethanol oder Puffer eluierten Fraktionen können direkt verwendet oder eingetrocknet
werden.
[0017] Es wird angenommen, dass die den SGLT-1 hemmenden Bestandteile des Extrakts zur Gruppe
der Flavonoide und/oder Glycoside gehören. Flavonoide zählen zur Gruppe der sekundären
Pflanzenstoffe, und sie stellen eine umfangreiche Stoffklasse polyphenolischer Verbindungen
dar, die in Lebensmitteln pflanzlicher Herkunft verbreitet vorkommen. Glycoside sind
chemische Verbindungen, bei denen ein Alkohol (R-OH) über eine glykosidische Bindung
an einen Zuckerteil gebunden ist. Es handelt sich daher bei einem Glycosid um das
Vollacetal eines Zuckers. Beispiele für typische Glycoside, die als sekundäre Pflanzenmetabolite
vorkommen, sind die Glucosinolate. Grünkohl und andere Sorten der Pflanzenart Brassica
oleracea besitzen einen verhältnismäßig hohen Gehalt an Glucosinolaten. Grünkohl enthält
etwa 1 mg Glucosinolate pro Gramm Frischgewicht (
Rouzaud G et al. Br J Nutr. 2003; 90(2):395-404). Über die Konzentration an Flavonoiden in Grünkohl sind recht unterschiedliche Mengen
in der Literatur zu finden. Untersuchungen des Erfinders zeigen, dass die Trockenmasse
von Grünkohl 1,5% bis 2% Flavonoide enthalten kann. Über die genauen Mengen der jeweiligen
Glucosinolate bzw. Flavonoide ist relativ wenig bekannt.
[0018] Die vorliegende Erfindung erlaubt somit ausgehend von Brassica-Pflanzen die Herstellung
von Zusammensetzungen mit einem hohen Anteil an aktiven Substanzen, die eine inhibierende
Wirkung auf den Transporter SGLT-1 ausüben. Die erfindungsgemäß erhältlichen Extrakte
können sowohl in trockener als auch in flüssiger Form hergestellt werden.
[0019] In einem weiteren Aspekt betrifft die vorliegende Erfindung die Verwendung eines
wie oben beschriebenen Extrakts aus einer Pflanze der Gattung Brassica zur Herstellung
einer pharmazeutischen Zusammensetzung oder eines diätetischen Lebensmittels oder
eines Nahrungsergänzungsmittels zur Behandlung und/oder Prophylaxe einer hyperglykämischen
Erkrankung. Bei der hyperglykämischen Erkrankung, deren Behandlung und/oder Prophylaxe
durch die pharmazeutische Zusammensetzung oder durch das diätetische Lebensmittel
oder Nahrungsergänzungsmittel angestrebt wird, handelt es sich vorzugsweise um Fettsucht,
Diabetes oder eine von Diabetes verursachte Folgeerkrankung. Gemäß einer besonders
bevorzugten Ausführungsform handelt es sich um Diabetes vom Typ II.
[0020] In einem noch weiteren Aspekt betrifft die vorliegende Erfindung eine pharmazeutische
Zusammensetzung, die einen wie oben beschriebenen Extrakt aus einer Pflanze der Gattung
Brassica umfaßt, zur Behandlung und/oder Prophylaxe einer hyperglykämischen Erkrankung.
Die pharmazeutische Zusammensetzung ist insbesondere für die Behandlung und/oder Prophylaxe
von Fettsucht, Diabetes (insbesondere Diabetes vom Typ II) oder eine von Diabetes
verursachte Folgeerkrankung geeignet. Die pharmazeutische Zusammensetzung basiert
vorzugsweise auf einem Extrakt aus den Blättern einer Brassica-Pflanze und enthält
Flavonoide und/oder Glycoside der Pflanze. Besonders bevorzugt ist es, dass der Extrakt
aus einer Brassica-Pflanze gewonnen wurde, die ausgewählt ist aus der Gruppe bestehend
aus Grünkohl, Weißkohl, Brokkoli, Rotkohl, Wirsing und Chinakohl.
[0021] Die pharmazeutische Zusammensetzung kann mittels im Stand der Technik hinreichend
bekannter Verfahren hergestellt werden. Derartige Verfahren sowie geeignete Hilfsstoffe
und Träger werden beispielsweise in "
Remington: The Science and Practice of Pharmacy", Lippincott Williams & Wilkins; 21.
Auflage (2005) beschrieben. Die pharmazeutischen Zusammensetzungen können beispielsweise in Form
von Granulaten, Pulvern, Tabletten, Kapseln, Sirup, Emulsionen, Suspensionen oder
Lösungen vorliegen. Die Zusammensetzungen können für verschiedene Verabreichungsarten
formuliert sein, beispielsweise für die orale, bukkale, sublinguale, transmukosale,
rektale, subkutane, oder nasale Verabreichung. Die pharmazeutischen Zusammensetzungen
können auch als Retardmittel formuliert werden.
[0022] Für die orale, bukkale und sublinguale Verabreichung werden in der Regel feste Formulierungen
wie, z.B. Pulver, Suspensionen, Granulate, Tabletten, Pillen, Kapseln und Gelcaps
verwendet. Diese können beispielsweise hergestellt werden, indem man die Extrakte
mit mindestens einem Additiv oder mit mindestens einem Hilfsstoff vermischt. Derartige
Hilfsstoffe und Träger werden beispielsweise in "
Remington: The Science and Practice of Pharmacy", Lippincott Williams & Wilkins; 21.
Auflage (2005) beschrieben. Als Additive oder Hilfsstoffe können beispielsweise mikrokristalline
Cellulose, Methylcellulose, Hydroxypropylmethylcellulose, Casein, Albumin, Mannit,
Dextran, Saccharose, Lactose, Sorbitol, Stärke, Agar, Alginate, Pectine, Kollagen,
Glyceride oder Gelatine verwendet werden. Ferner können Zusammensetzungen für die
orale Verabreichung Antioxidantien (z.B. Ascorbinsäure, Tocopherol oder Cystein),
Gleitmittel (z.B. Magnesiumstearat), Konservierungsmittel (z.B. Paraben oder Sorbinsäure),
Sprengmittel, Bindemittel, Verdicker, Geschmacksverbesserer, Farbstoffe und ähnliche
Substanzen umfassen.
[0023] Flüssige Formulierungen der erfindungsgemäßen Extrakte, die sich für die orale Verabreichung
eignen, können beispielsweise als Emulsion, Sirup, Suspension oder Lösungen vorliegen.
Diese Formulierungen können unter Verwendung einer sterilen Flüssigkeit als Träger
(z.B. Öl, Wasser, Alkohol oder Kombinationen derselben) in Form von flüssigen Suspensionen
oder Lösungen hergestellt werden. Für die orale oder parenterale Verabreichung können
pharmazeutisch geeignete Tenside, Suspensionsmittel, Öle oder Emulgatoren zugefügt
werden. Für den Gebrauch in flüssigen Dosisformen geeignete Öle umfassen beispielsweise
Olivenöl, Sesamöl, Erdnußöl, Rapsöl und Maisöl. Geeignete Alkohole umfassen Ethanol,
Isopropylalkohol, Hexadecylalkohol, Glycerin und Propylenglykol. Suspensionen können
ferner Fettsäureester, wie Ethyloleat, Isopropylmyristat, Fettsäureglyceride und acetylierte
Fettsäureglyceride umfassen. Ferner werden Suspensionen häufig auch mit Substanzen
wie Mineralöl oder Petrolatum versetzt.
[0024] Die vorliegende Erfindung betrifft ferner auch ein diätetisches Lebensmittel oder
ein Nahrungsergänzungsmittel, das einen wie oben definierten Extrakt aus einer Pflanze
der Gattung Brassica umfaßt, zur Behandlung und/oder Prophylaxe einer hyperglykämischen
Erkrankung. Das diätetische Lebensmittel oder Nahrungsergänzungsmittel ist insbesondere
für die Behandlung und/oder Prophylaxe von Fettsucht, Diabetes (insbesondere Diabetes
vom Typ II) oder eine von Diabetes verursachte Folgeerkrankung geeignet. Vorzugsweise
stammt der Extrakt aus einer Pflanze, die ausgewählt ist aus der Gruppe bestehend
aus Grünkohl, Weißkohl, Brokkoli, Rotkohl, Wirsing und Chinakohl. Gemäß einer weiteren
bevorzugten Ausführungsform wurde der Extrakt aus den Blättern der Brassica-Pflanze
gewonnen und enthält Flavonoide und/oder Glycoside der Pflanze. Die diätetischen Lebensmittel
und Nahrungsergänzungsmittel der vorliegenden Erfindung können darüber hinaus weitere
nützliche Bestandteile, wie beispielsweise Ballaststoffe umfassen. Geeignete Ballaststoffe
sind beispielsweise diejenigen, die sich aus dem Bockshornklee (Trigonella foenum-graecum)
gewinnen lassen. Das diätetische Lebensmittel oder Nahrungsergänzungsmittel eignet
sich in besonderer Weise für die Verwendung bei der Ernährung von Individuen, die
an einer hyperglykämischen Erkrankung leiden oder bei denen das Risiko besteht, eine
solche Erkrankung auszubilden. Die erfindungsgemäßen Lebensmittel oder Nahrungsergänzungsmittel
können ferner im Rahmen der Kontrolle und/oder Bekämpfung von Übergewicht eingesetzt
werden.
[0025] Die Erfindung wird nunmehr durch die nachfolgenden Beispiele veranschaulicht, wobei
diese die Erfindung in keiner Weise beschränken.
BEISPIELE
[0026] Die nachfolgenden Beispiele beschreiben die physiologische Wirkung des vorliegend
beschriebenen Brassica-Extrakts:
Beispiel 1
[0027] Es werden verschiedene Extrakte von Blättern von Brassica oleracea hergestellt.
- Ansatz (A):
- 600 Gramm Blätter von Brassica oleracea convar. acephala var. sabellica (Grünkohl)
wurden ge- friergetrocknet und anschließend pulverisiert. Es entstand ein Pulver (ca.
73 g), das zu glei- chen Teilen entweder in Wasser (Extrakt 1) oder in Ethanol (Extrakt
2) gelöst wurde. Die Extrak- te wurden vor der Prüfung auf Wirksamkeit auf Raumtemperatur
(22°C bis 25°C) gebracht, und un- lösliche Bestandteile wurden abzentrifugiert.
- Ansatz (B):
- 600 Gramm Blätter von Brassica oleracea convar. acephala var. sabellica (Grünkohl)
wurden mit einem Cutter zerkleinert, und der pH-Wert der resultierenden Maische wurde
mit Ascorbinsäure auf pH 5 eingestellt. Der enzymatische Aufschluß erfolgte mit den
Enzymen Cellulase (0,025 ml Ve- gazym HC, 11000 Units/ml, Fa. Erbslöh) und Pek- tinase
(0,025 ml Vegazym P, 40 Units/ml, Fa. Erbslöh) bei 37°C. Die Inkubationszeit betrug
4 Stunden. Anschließend wurden die unverdauten Pflanzenteile mit einem Sieb entfernt.
Die nach- folgende Gefriertrocknung lieferte ein Pulver (ca. 75 g), das für die physiologischen
Messun- gen in Wasser (Extrakt 3) oder Ethanol (Extrakt 4) gelöst wird.
[0028] Die biologischen Eigenschaften der Extrakte wurden mit Hilfe einer zellfreien elektrophysiologischen
Messung geprüft, wie sie in der deutschen Patentanmeldung
DE 10 2004 048397 beschrieben wird:
Herstellung des SGLT1-Sensorchips
[0029] Für die Messungen wurden SLGT-1-Membranen aus einer CHO-Plasmamembran-Präparation
verwendet (erhältlich bei IonGate Biosciences GmbH, Frankfurt am Main). 10 µl dieser
Membran-Suspension (Proteinkonzentration ca. 2-3 mg/ml) wurden auf einem vorbehandelten
Sensorchip mit einer runden Goldelektrode (3 mm Durchmesser, erhältlich von IonGate
Biosciences GmbH, Frankfurt am Main) aufgetragen und über Nacht im Kühlschrank bei
4°C inkubiert.
Aktivitätsmessung an SGLT1-exprimierenden Membranfragmenten
[0030] Die Durchflußzelle eines SURFE2R-Systems (IonGate Biosciences GmbH, Frankfurt am
Main) mit integriertem, proteinbeladenem Sensorchip wurde zunächst mit Anlagerungspuffer
(30mM Hepes, 5mM MgCl
2, 140 mM NaCl, 50 mM Mannitol, pH 7.0/N-Methyl-D-Glucamin, 0.2mM DTT) durchspült.
Danach folgte die nichtaktivierende Lösung (140 mM NaCl, 2 mM MgCl
2, 30 mM Hepes pH 7.0/N-Methyl-D-Glucamin + 50 mM Mannitol). Mittels elektromechanischem
3/2-Wegeventil wurde anschließend auf aktivierende Lösung (140 mM NaCl, 2 mM MgCl
2, 30 mM Hepes pH 7/NMG + 5 mM oder 2,5 mM a-Methyl-D-Glucose (a-MDG)) umgestellt.
Der Co-Transport von Natrium und Glucose führt zu einem positiven Signal, da positive
Ladungsträger zur Membran verschoben werden.
Aktivitätsmessung mit pflanzlichen Extrakten
[0031] Die Messungen wurden wie oben durchgeführt, allerdings wurde die Ruhelösung als auch
die aktivierende Lösung mit unterschiedlichen Substratkonzentrationen (5 mM bzw. 2,5
mM a-MDG) versetzt. Die Signale wurden dann mit Kontrollmessungen (ohne pflanzlichen
Extrakt aber gleiche Menge des jeweiligen Lösungsmittels) verglichen, um die physiologische
Wirkung ermitteln zu können. Die inhibierende Wirkung der Extrakte auf SGLT-1 ist
in Tabelle I zusammengefaßt.
Tabelle 1: Hemmung der Aktivität des SGLT-1 in (%)
|
Substratkonzentration:
5 mM a-MDG |
Substratkonzentration:
2,5 mM a-MDG |
Extrakt 1 |
15 % |
21 % |
Extrakt 2 |
22 % |
39 % |
Extrakt 3 |
- |
51 % |
Extrakt 4 |
- |
58 % |
[0032] Diese Daten verweisen darauf, dass die vorliegenden physiologisch aktiven Extrakte
eine inhibierende Wirkung auf SGLT-1 ausüben.
1. Extrakt aus einer Pflanze der Gattung Brassica zur Behandlung und/oder Prophylaxe
einer hyperglykämischen Erkrankung.
2. Extrakt nach Anspruch 1, wobei die Pflanze ausgewählt ist aus der Gruppe bestehend
aus Grünkohl, Weißkohl, Brokkoli, Rotkohl, Wirsing und Chinakohl.
3. Extrakt nach den Ansprüchen 1-2, wobei der Extrakt aus den Blättern der Brassica-Pflanze
gewonnen wurde.
4. Extrakt nach den Ansprüchen 1-3, wobei der Extrakt Flavonoide und/oder Glycoside der
Pflanze enthält.
5. Extrakt nach den Ansprüchen 1-4, wobei die hyperglykämische Erkrankung Fettsucht,
Diabetes oder eine von Diabetes verursachte Folgeerkrankung ist.
6. Extrakt nach Anspruch 5, wobei der Diabetes vom Typ II ist.
7. Verwendung eines Extrakts nach den Ansprüchen 1-4 zur Herstellung einer pharmazeutischen
Zusammensetzung oder eines diätetischen Lebensmittels oder eines Nahrungsergänzungsmittels
zur Behandlung und/oder Prophylaxe einer hyperglykämischen Erkrankung.
8. Verwendung nach Anspruch 7, wobei die hyperglykämische Erkrankung Fettsucht, Diabetes
oder eine von Diabetes verursachte Folgeerkrankung ist.
9. Verwendung nach den Ansprüchen 7 oder 8, wobei der Diabetes vom Typ II ist.
10. Pharmazeutische Zusammensetzung, die einen Extrakt nach den Ansprüchen 1-4 umfasst,
zur Behandlung und/oder Prophylaxe einer hyperglykämischen Erkrankung.
11. Pharmazeutische Zusammensetzung nach Anspruch 10, dadurch gekennzeichnet, dass die hyperglykämische Erkrankung Fettsucht, Diabetes oder eine von Diabetes verursachte
Folgeerkrankung ist.
12. Pharmazeutische Zusammensetzung nach Anspruch 11, dadurch gekennzeichnet, dass der Diabetes vom Typ II ist.
13. Diätetisches Lebensmittel oder Nahrungsergänzungsmittel, das einen Extrakt nach den
Ansprüchen 1-4 umfasst, zur Behandlung und/oder Prophylaxe einer hyperglykämischen
Erkrankung.
14. Diätetisches Lebensmittel oder Nahrungsergänzungsmittel nach Anspruch 13, dadurch gekennzeichnet, dass die hyperglykämische Erkrankung Fettsucht, Diabetes oder eine von Diabetes verursachte
Folgeerkrankung ist.
15. Diätetisches Lebensmittel oder Nahrungsergänzungsmittel nach Anspruch 14, dadurch gekennzeichnet, dass der Diabetes vom Typ II ist.