[0001] Verfahren zum Einstellen einer Richtcharakteristik und Hörvorrichtung
[0002] Die vorliegende Erfindung betrifft ein Verfahren zum Einstellen einer Richtcharakteristik
einer Hörvorrichtung durch Gewinnen eines Mikrofonsignals, das mehrere Frequenzbänder
aufweist, aus einem Eingangsschall mit einem Mikrofonsystem aus mindestens zwei Mikrofonen,
Ermitteln einer Eigenschaft des Mikrofonsignals und Einstellen der Richtcharakteristik
des Mikrofonsystems in Abhängigkeit von der ermittelten Eigenschaft des Mikrofonsignals.
Darüber hinaus betrifft die vorliegende Erfindung eine entsprechende Hörvorrichtung.
Unter einer Hörvorrichtung wird hier jedes im oder am Ohr beziehungsweise am Kopf
tragbare schallausgebende Gerät verstanden, insbesondere ein Hörgerät, ein Headset,
Kopfhörer und dergleichen.
[0003] Hörgeräte sind tragbare Hörvorrichtungen, die zur Versorgung von Schwerhörenden dienen.
Um den zahlreichen individuellen Bedürfnissen entgegenzukommen, werden unterschiedliche
Bauformen von Hörgeräten wie Hinter-dem-Ohr-Hörgeräte (HdO), Hörgerät mit externem
Hörer (RIC: receiver in the canal) und In-dem-Ohr-Hörgeräte (IdO), z.B. auch Concha-Hörgeräte
oder Kanal-Hörgeräte (ITE, CIC), bereitgestellt. Die beispielhaft aufgeführten Hörgeräte
werden am Außenohr oder im Gehörgang getragen. Darüber hinaus stehen auf dem Markt
aber auch Knochenleitungshörhilfen, implantierbare oder vibrotaktile Hörhilfen zur
Verfügung. Dabei erfolgt die Stimulation des geschädigten Gehörs entweder mechanisch
oder elektrisch.
[0004] Hörgeräte besitzen prinzipiell als wesentliche Komponenten einen Eingangswandler,
einen Verstärker und einen Ausgangswandler. Der Eingangswandler ist in der Regel ein
Schallempfänger, z. B. ein Mikrofon, und/oder ein elektromagnetischer Empfänger, z.
B. eine Induktionsspule. Der Ausgangswandler ist meist als elektroakustischer Wandler,
z. B. Miniaturlautsprecher, oder als elektromechanischer Wandler, z. B. Knochenleitungshörer,
realisiert. Der Verstärker ist üblicherweise in eine Signalverarbeitungseinheit integriert.
Dieser prinzipielle Aufbau ist in FIG 1 am Beispiel eines Hinter-dem-Ohr-Hörgeräts
dargestellt. In ein Hörgerätegehäuse 1 zum Tragen hinter dem Ohr sind ein oder mehrere
Mikrofone 2 zur Aufnahme des Schalls aus der Umgebung eingebaut. Eine Signalverarbeitungseinheit
3, die ebenfalls in das Hörgerätegehäuse 1 integriert ist, verarbeitet die Mikrofonsignale
und verstärkt sie. Das Ausgangssignal der Signalverarbeitungseinheit 3 wird an einen
Lautsprecher bzw. Hörer 4 übertragen, der ein akustisches Signal ausgibt. Der Schall
wird gegebenenfalls über einen Schallschlauch, der mit einer Otoplastik im Gehörgang
fixiert ist, zum Trommelfell des Geräteträgers übertragen. Die Energieversorgung des
Hörgeräts und insbesondere die der Signalverarbeitungseinheit 3 erfolgt durch eine
ebenfalls ins Hörgerätegehäuse 1 integrierte Batterie 5.
[0005] Aus der Druckschrift
WO 2007/096247 A1 ist ein Hörgerät bekannt, bei dem sanft zwischen zwei Betriebsmodi hin- und hergeschaltet
werden kann. In jedem Kanal des Ausgangssignals eines Mikrofonsystems wird jeweils
ein Omni-Direktionalsignal und ein Direktionalsignal gebildet. In Abhängigkeit des
Pegels des Signals des Mikrofonsignals werden das Omni-Direktionalsignal und das Direktionalsignal
gemischt.
[0006] Darüber hinaus ist aus der Druckschrift
US 2001/0038699 A1 eine automatische Direktionalsteuerung für ein Mehrmikrofonsystem bekannt. Die Aktivierung
und Deaktivierung der direktionalen Verarbeitung wird in Abhängigkeit von Störungen
gesteuert.
[0007] Die Patentschrift
DE 103 34 396 B3 offenbart ein Hörhilfegerät mit einem Richtmikrofonsystem einschließlich wenigstens
dreier Mikrofone. Jeweils mehrere Mikrofone werden zu Mikrofoneinheiten verschaltet,
wobei die Ordnung der Richtcharakteristik dieser Mikrofoneinheiten jeweils übereinstimmt.
Schließlich werden die Mikrofonsignale dieser Mikrofoneinheiten addiert, so dass auch
die Ordnung der Richtcharakteristik des resultierenden Mikrofonsystems der Ordnung
der Richtcharakteristik der einzelnen Mikrofoneinheiten entspricht.
[0008] Ferner offenbart die Patentschrift
DE 103 31 956 B3 ein Hörhilfegerät, bei dem unterschiedliche Richtcharakteristiken einstellbar sind.
Durch Verändern von Verzögerungszeiten wird bei einer Pegelerhöhung die Richtwirkung
erhöht.
[0009] In der
EP 1 489 882 A2 ist ein Verfahren zum Betrieb eines Hörhilfegeräts beschrieben, bei dem Mikrofonsignale
von Mikrofoneinheiten mit unterschiedlicher Richtwirkung in Abhängigkeit eines Signalpegels
der Mikrofonsignale gewichtet werden. Im Anschluss an die unterschiedliche Gewichtung
der Mikrofonsignale der Richtmikrofone in den einzelnen Frequenzbändern werden die
Ausgangssignale der Verstärker zunächst innerhalb der Frequenzbänder addiert. Durch
die unterschiedliche Gewichtung der Mikrofonsignale der Richtmikrofone in den einzelnen
Frequenzbändern wird die Richtcharakteristik in den einzelnen Frequenzbändern optimiert.
[0010] In der
DE 103 27 890 A1 ist ein Verfahren zum Betrieb eines Hörhilfegeräts beschrieben, bei dem für einzelne
Frequenzbänder ein Mikrofonsignal eines omnidirektionalen Mikrofons und ein Mikrofonsignal
einer Mikrofoneinheit mit Richtwirkung gewichtet und summiert werden. Durch das Gewichten
wird ein Signalpegel der Mikrofonsignale in den einzelnen Frequenzbändern angeglichen.
Durch das Verfahren ist ermöglicht, in einzelnen Frequenzbändern zwischen Mikrofoneinheiten
mit unterschiedlichen Richtcharakteristiken umzuschalten bzw. überzublenden.
[0011] Moderne Hörgeräte verfügen über leistungsstarke Richtmikrofone, die vielfach adaptiv
und mehrkanalig realisiert sind. Zusätzlich können Richtmikrofone von Situationserkennungsalgorithmen
aktiviert und deaktiviert werden. Insgesamt führt der Komplex Richtmikrofon in modernen
Hörgeräten damit zu einer effektiven Abschattung rückwärtiger Störquellen und einer
scharf abgestimmten Keule in Frontrichtung. Hörgeräteträger berichten in jüngster
Zeit jedoch immer wieder, dass die Richtwirkung zu stark sei und die Empfindlichkeit
von der Seite schon in leiser geräuschvoller Umgebung zu schwach sei und Orientierung
und Lokalisation gestört seien.
[0012] Die Aufgabe der vorliegenden Erfindung besteht somit darin, das Einstellen einer
Richtcharakteristik einer Hörvorrichtung zu verbessern und eine entsprechende Hörvorrichtung
bereitzustellen.
[0013] Erfindungsgemäß wird diese Aufgabe gelöst durch ein Verfahren zum Einstellen einer
Richtcharakteristik einer Hörvorrichtung durch
- Gewinnen eines Mikrofonsignals (m), das mehrere Frequenzbänder aufweist, aus einem
Eingangsschall mit einem Mikrofonsystem aus mindestens zwei Mikrofonen (10, 11),
- Ermitteln einer Eigenschaft des Mikrofonsignals (m) und
- Einstellen der Richtcharakteristik des Mikrofonsystems in Abhängigkeit von der ermittelten
Eigenschaft des Mikrofonsignals, wobei
- zum Einstellen der Richtcharakteristik zwei oder mehr Frequenzbänder in Abhängigkeit
von der ermittelten Eigenschaft des Mikrofonsignals zu einem verbreiterten Frequenzband
zusammengefasst werden und hierdurch für die zusammengefassten Frequenzbänder eine
gemeinsame Richtcharakteristik bereitgestellt wird, welche im Vergleich zu Richtcharakteristiken
für die zwei oder mehr Frequenzbänder verschliffen ist, so dass bei der gemeinsamen
Richtcharakteristik eine Direktivität verringert ist.
[0014] Darüber hinaus wird erfindungsgemäß bereitgestellt eine Hörvorrichtung mit
- einem Mikrofonsystem aus mindestens zwei Mikrofonen (10, 11) zum Gewinnen eines Mikrofonsignals
(m), das mehrere Frequenzbänder aufweist, aus einem Eingangsschall,
- einer Analyseeinrichtung (13) zum Ermitteln einer Eigenschaft des Mikrofonsignals
(m) und
- einer Verarbeitungseinrichtung (12) zum Einstellen der Richtcharakteristik des Mikrofonsystems
in Abhängigkeit von der ermittelten Eigenschaft des Mikrofonsignals (m), wobei
- von der Verarbeitungseinrichtung (12) beim Einstellen der Richtcharakteristik zwei
oder mehr Frequenzbänder in Abhängigkeit von der ermittelten Eigenschaft des Mikrofonsignals
(m) zu einem verbreiterten Frequenzband zusammenfassbar sind und hierdurch für die
zusammengefassten Frequenzbänder eine gemeinsame Richtcharakteristik bereitstellbar
ist, welche im Vergleich zu Richtcharakteristiken für die zwei oder mehr Frequenzbänder
verschliffen ist, so dass bei der gemeinsamen Richtcharakteristik eine Direktivität
verringert ist.
[0015] In vorteilhafter Weise ist es so möglich, die Direktionalität eines Mikrofonsystems
in Abhängigkeit von dem Umgebungsschalter bewusst zu verschlechtern. Durch diese Reduzierung
der Direktionalität entsteht in gewissen Hörsituationen eine Direktionalität, die
der natürlichen Schallwahrnehmung eher entspricht und die Lokalisationsfähigkeit fördert.
[0016] Vorzugsweise umfasst die Eigenschaft des Mikrofonsignals, die ermittelt wird, den
Pegel des Mikrofonsignals. Dies bedeutet, dass die Richtcharakteristik in Abhängigkeit
von dem Pegel des Mikrofonsignals eingestellt werden kann. Dabei ist es besonders
von Vorteil, die Direktionalität des Mikrofonsystems mit steigendem Pegel zu erhöhen.
Bei sehr geringem Pegel wird dann ein Richtmikrofon mit nur einem sehr breiten Kanal
angeboten.
[0017] Gegebenenfalls kann die Eigenschaft des Mikrofonsignals auch eine von mehreren vorgegebenen
akustischen Situationen charakterisieren. Damit lässt sich die Direktionalität des
Mikrofonsystems in Abhängigkeit von einer vordefinierten komplexen akustischen Situation,
wie beispielsweise "Sprache in Störgeräusch", steuern.
[0018] Gemäß einer Weiterbildung der Erfindung ist es möglich, dass die Anzahl der zusammengefassten
Bänder manuell verändert wird und die aktuelle Anzahl zusammen mit der aktuellen Eigenschaft
des Mikrofonsignals für eine spätere automatische Einstellung von der Hörvorrichtung
gelernt wird. Damit wird das Verschleifen der Richtcharakteristiken, die für die einzelnen
Frequenzbänder optimal sind, für die einzelnen Hörsituationen in der Hörvorrichtung
abgespeichert und kann anschließend bei einer Wiedererkennung einer derartigen Hörsituation
automatisch eingestellt werden.
[0019] Optional kann von einem statischen Betriebsmodus in einen adaptiven Betriebsmodus
gewechselt werden. Perzeptiv würde auch dies zur Erreichung des o. g. Ziels beitragen,
da ein statisches Richtmikrofon in leisen Umgebungen Schalle aus der rückwärtigen
Halbebene nur mäßig bedämpft. Ein adaptives Richtmikrofon hingegen würde in lauten
Umgebungen als deutlich leistungsstärker wahrgenommen werden.
[0020] Die oben genannte Aufgabe, eine bessere Einstellung der Richtcharakteristik zu erreichen,
wird erfindungsgemäß auch gelöst durch ein Verfahren zum Einstellen einer Richtcharakteristik
einer Hörvorrichtung durch
- Gewinnen eines Mikrofonsignals aus einem Eingangsschall mit einem Mikrofonsystem,
das mindestens zwei Mikrofone aufweist,
- Ermitteln einer Eigenschaft des Mikrofonsignals und
- Einstellen der Richtcharakteristik des Mikrofonsystems in Abhängigkeit von der ermittelten
Eigenschaft des Mikrofonsignals, wobei
- zum Einstellen der Richtcharakteristik eines der beiden Mikrofone in Abhängigkeit
von der ermittelten Eigenschaft des Mikrofonsignals bedämpft wird oder beide Mikrofone
in Abhängigkeit von der ermittelten Eigenschaft des Mikrofonsignals zueinander fehlangepasst
sind und hierdurch eine Direktivität der Richtcharakteristik verringert wird.
[0021] Ferner wird auch hier bereitgestellt eine Hörvorrichtung mit
- einem Mikrofonsystem, das mindestens zwei Mikrofone aufweist, zum Gewinnen eines Mikrofonsignals
aus einem Eingangsschall,
- einer Analyseeinrichtung zum Ermitteln einer Eigenschaft des Mikrofonsignals und
- einer Verarbeitungseinrichtung zum Einstellen der Richtcharakteristik des Mikrofonsystems
in Abhängigkeit von der ermittelten Eigenschaft des Mikrofonsignals, wobei
- von der Verarbeitungseinrichtung beim Einstellen der Richtcharakteristik eines der
beiden Mikrofone in Abhängigkeit von der ermittelten Eigenschaft des Mikrofonsignals
bedämpfbar ist oder beide Mikrofone in Abhängigkeit von der ermittelten Eigenschaft
des Mikrofonsignals zueinander fehlangepasst werden, so dass eine Verringerung einer
Direktivität der Richtcharakteristik bewirkt wird.
[0022] In vorteilhafter Weise ist es auch bei diesem Verfahren beziehungsweise bei dieser
Hörvorrichtung möglich, die Direktionalität bewusst in Abhängigkeit von einer Hörsituation
zu verschlechtern, nämlich dadurch, dass eines von mehreren Mikrofonsignalen gedämpft
wird. Durch das Dämpfen wird automatisch die Richtcharakteristik des Mikrofonsystems
reduziert. Der gleiche Effekt der Reduktion der Direktionalität kann dadurch erzielt
werden, dass die Mikrofone zueinander bewusst fehlangepasst werden. Dies kann beispielsweise
durch eine Phasendrehung des Mikrofonsignals erreicht werden.
[0023] Bei einer speziellen Ausführungsform kann das Bedämpfen oder Fehlanpassen in Abhängigkeit
von einer aktuellen Verstärkung der Hörvorrichtung erfolgen. Dann ist es nicht notwendig,
speziell für die Einstellung der Richtcharakteristik eine Eigenschaft unmittelbar
des Mikrofonsignals zu ermitteln und die Richtcharakteristik entsprechend zu ändern.
Vielmehr kann als Anhaltspunkt für die Einstellung der Richtcharakteristik die Verstärkung
herangezogen werden, die über die implementierte Verstärkungscharakteristik der Hörvorrichtung
mittelbar den Pegel des Mikrofonsignals widerspiegelt.
[0024] Falls das Mikrofonsystem ein hinsichtlich einer vorgegebenen Trageposition der Hörvorrichtung
vorderes und ein hinteres Mikrofon besitzt, ist es günstig, das hintere Mikrofon zur
Reduktion der Direktionalität zu bedämpfen. Dadurch bleibt eine Frontalausrichtung
der Richtcharakteristik eher erhalten gegenüber dem Fall, dass ein vorderes oder ein
mittleres Mikrofon gedämpft wird.
[0025] Die vorliegende Erfindung wird nun anhand der beigefügten Zeichnungen näher erläutert,
in denen zeigen
- FIG 1
- den prinzipiellen Aufbau eines Hörgerätes gemäß dem Stand der Technik;
- FIG 2
- eine Schaltplanskizze der Signalverarbeitungsein- heit eines erfindungsgemäßen Hörgeräts;
- FIG 3
- eine Abhängigkeit des Artikulations-Index- Direktivitäts-Index vom Pegel;
- FIG 4
- ein Richtdiagramm bei zusammengefassten Frequenzka- nälen und
- FIG 5
- eine Abhängigkeit der Anzahl der zusammengefassten Kanäle vom Pegel.
[0026] Die nachfolgend näher geschilderten Ausführungsbeispiele stellen bevorzugte Ausführungsformen
der vorliegenden Erfindung dar.
[0027] Der erfindungsgemäße Gedanke besteht darin, dass die Wirkung des direktionalen Mikrofons
verschliffen, also künstlich verschlechtert wird. Dieses Verschleifen erfolgt adaptiv
in Abhängigkeit von der akustischen Umgebung oder aber der persönlichen Präferenz.
Als Merkmale beziehungsweise Eigenschaften der akustischen Umgebung sind Pegelkriterien,
oder aber auch das Ergebnis einer beliebig feinen Situationskennung denkbar. Die persönliche
Präferenz kann beispielsweise vom indirekten Hörgeräteträger über ein Bedienelement
appliziert werden. Gegebenenfalls wird die manuell gewählte Einstellung in der Hörvorrichtung
beziehungsweise in dem Hörgerät zusammen mit dem Pegel beziehungsweise einer Situationskennung
abgespeichert, d. h. gelernt. Nach einer Lernphase kann das gelernte Verschleifen
bei Vorliegen einer bestimmten Hörsituation beziehungsweise eines bestimmten Pegels
in dem jeweils gelernten Maß automatisch durchgeführt werden.
[0028] Der erfindungsgemäße Grundgedanke kann beispielsweise in einem Hörgerät mit den Schaltungskomponenten
gemäß FIG 2 technisch realisiert werden. Die Mikrofone 10 und 11 (es können auch mehr
als zwei Mikrofone sein) produzieren jeweils ein Signal, welches einer Mikrofoneinheit
12 zugeführt wird. Diese Mikrofoneinheit 12 verarbeitet die Signale zu einem resultierenden
Mikrofonsignal m. Die Verarbeitung kann in mehreren Frequenzbändern parallel erfolgen.
In der Mikrofoneinheit 12 werden die Mikrofone 10 und 11 je nach Bedarf zu einem omnidirektionalen
Mikrofon oder einem Richtmikrofon mit variierbarer Direktionalität zusammengeschaltet.
[0029] Das Ausgangssignal m der Mikrofoneinheit 12 wird einem Pegelmesser 13 zugeführt.
Dieser Pegelmesser 13 symbolisiert jegliche Analyseeinheit, die das Mikrofonsignal
m beziehungsweise die zu Grunde liegende Hörsituation analysiert. Der Pegel p des
Pegelmessers 13 beziehungsweise eine entsprechende Hörsituationskennung wird der Mikrofoneinheit
12 zurückgeführt. In Abhängigkeit des Pegels beziehungsweise der Situationskennung
wird dann die Direktionalität gegebenenfalls bis zur Omni-Direktionalität verändert.
[0030] Das Mikrofonsignal m wird anschließend einer üblichen Signalverarbeitung einer Verarbeitungseinheit
14 unterzogen. Schließlich wird das Ausgangssignal der Signalverarbeitungseinheit
14 durch einen Hörer 15 in Schall gewandelt.
[0031] In FIG 3 ist angedeutet, welche Auswirkungen die Mikrofoneinheit 12 von FIG 2 beispielsweise
haben kann. Prinzipiell wird hier angestrebt, dass die Direktionalität (gemessen beispielsweise
mit dem AIDI = Articulation Index Directivity Index) in Abhängigkeit vom Eingangpegel
nachgeführt wird. Insbesondere soll bei niedrigen Pegeln eine geringe Direktivität
und bei hohen Pegeln eine entsprechend höhere Direktivität gegeben sein. Gemäß dem
vorliegenden Beispiel von FIG 3 steigt daher der Wert AIDI ausgehend von einem Ausgangswert
zunächst linear an, bis er einen Maximalpegel erreicht, auf dem er verbleibt. Diese
Kennlinie kann so oder in ähnlicher Weise in der Mikrofoneinheit zur Einstellung der
Richtcharakteristik abgelegt sein.
[0032] Um die Richtcharakteristik eines Mikrofonsystems zu beeinflussen und insbesondere
seine Direktivität gezielt zu verschlechtern, stehen insbesondere die folgendenden
beiden Möglichkeiten zur Verfügung. Zum einen kann das Mikrofonsignal desjenigen Mikrofons
gedämpft werden, das beim Tragen der Hörvorrichtung bezogen auf die Nach-Vorne-Richtung
des Nutzers weiter hinten angeordnet ist. Es wird also eines der beiden Mikrofone
10 oder 11 bewusst gedämpft. Alternativ können die beiden Mikrofone zueinander auch
fehlangepasst werden, d. h. es wird ein künstlicher Mismatch zwischen frontalem und
rückwärtigem Mikrofon herbeigeführt. Dies führt effektiv zu einer geringeren Bedämpfung
rückwärtiger Schalle, denn die Richtwirkung nimmt mit der Bedämpfung beziehungsweise
der Fehlanpassung ab. Für die Adaption an die Umgebung wird dann entsprechend die
Bedämpfung beziehungsweise Fehlanpassung adaptiv nachgeführt und das Hörgerät bietet
mit steigendem Pegel mehr Direktionalität.
[0033] Bei der geschilderten Adaption ist es notwendig, dass beispielsweise der Pegel des
Eingangssignals, d. h. des Mikrofonsignals, gemessen wird. Um hierfür eine spezielle
Messeinrichtung zu vermeiden, kann die Bedämpfung des rückwärtigen Mikrofons auch
in Abhängigkeit von der applizierten Verstärkung erfolgen. Die Verstärkung ist nämlich
indirekt ein Maß für den Pegel des Eingangssignals. Somit kann aufgrund der nicht
linearen Verarbeitung von Hörgeräten beispielsweise für hohe Verstärkungen (realisiert
bei leisen Eingangssignalen) die Direktionalität reduziert werden.
[0034] Als weitere Maßnahme zum bewussten Reduzieren der Erwirkung eines Richtmikrofons
kann das Zusammenfassen von Mikrofonkanälen beziehungsweise Frequenzkanälen angesehen
werden. Dazu ist erforderlich, zunächst die Wirkungsweise eines speziellen Richtmikrofontyps
zu kennen. Dieser Richtmikrofontyp zeichnet sich dadurch aus, dass die Richtcharakteristik
in den einzelnen Frequenzbändern separat eingestellt wird. Das Einstellen erfolgt
dadurch, dass der Pegel des dominantesten Störers in der hinteren Halbebene minimiert
wird. Somit wird in jedem Frequenzband der jeweils dominanteste Störer ausgeblendet.
Dadurch kann jedoch unter Umständen eine zu starke und unerwünschte Richtwirkung erzielt
werden. Daher wird die Richtwirkung erfindungsgemäß entsprechend der zweiten Methode
reduziert. Diese Methode besteht darin, dass vor der Feststellung des dominantesten
Störers je nach Pegel beziehungsweise Hörsituation mehrere Frequenzbänder zusammengefasst
werden. Dieses Zusammenfassen ist in der FIG 4 beispielhaft an zwei Kanälen verdeutlicht.
An einem ersten Kanal beispielsweise bei 500 Hz ergibt sich in einem Richtdiagramm
die Richtcharakteristik 16 (gestrichelte Linie) mit starken Notches (Einschnürungen)
in 90°-und 270°-Richtung. In einem zweiten Frequenzband beispielsweise um 1000 Hz
ergibt sich eine abweichende Richtcharakteristik 17 (gepunktete Linie). Die Notches
dieser Richtcharakteristik 17 sind weiter nach hinten gerichtet. Werden nun die Signale
der beiden Frequenzbänder addiert, so verschleifen sich die beiden Richtcharakteristiken
zu einer gemeinsamen Richtcharakteristik 18 (durchgezogene Linie). Die gemeinsame
Richtcharakteristik 18 besitzt deutlich weniger ausgeprägte Notches und die Richtwirkung
ist entsprechend reduziert. Zu der Prinzipskizze von FIG 4 ist anzumerken, dass sie
lediglich symbolisch verdeutlicht, wie sich die Richtcharakteristiken durch das Zusammenfassen
von Frequenzbändern verändern kann. Sie zeigt jedenfalls das Prinzip, dass durch das
Zusammenfassen der Mikrofonkanäle beziehungsweise der Frequenzbänder eine in Summe
geringere Direktionalität resultiert.
[0035] Das Zusammenfassen der Frequenzbänder kann in Abhängigkeit von einem gewünschten
Kriterium erfolgen. Dieses Kriterium kann sich wieder auf eine Eigenschaft des Mikrofonsignals
beziehen. So kann beispielsweise die Direktionalität von einer ermittelten Hörsituation
abhängen. Alternativ kann die Direktionalität auch pegelabhängig adaptiert werden.
Insbesondere kann mit steigendem Umgebungspegel die Direktionalität verschärft werden.
Dies wird gemäß FIG 5 dadurch erreicht, dass die Anzahl k der zusammengefassten Frequenzbänder
beziehungsweise -kanäle mit dem Pegel abnimmt. Im vorliegenden Beispiel werden bei
niedrigen Pegeln vier Bänder zusammengefasst, bei mittleren Pegeln nur noch 3 oder
2 und bei höheren Pegeln wird nur ein Kanal für die Direktionalität herangezogen.
Dies bedeutet, dass bei niedrigen Pegeln, die Richtwirkung stärker verschliffen ist
als bei hohen Pegeln. Aus den oben genannten Merkmalen resultiert für den Hörgerätträger
der Vorteil, in lauten Umgebungen von der vollen Leistungsfähigkeit eines direktionalen
Mikrofons profitieren zu können, während die Direktionalität z. B. mit sinkendem Umgebungspegel
abnimmt und somit die Lokalisationsfähigkeit sowie die Ansprechbarkeit von hinten
gewährleistet bleibt. Das Zusammenfassen von Frequenzkanälen für die bewusste Reduktion
der Direktionalität hat darüber hinaus den Vorteil, dass die Aufwände bei Design und
Konstruktion von direktionalen Hörgeräten reduziert werden können, denn für das Anordnen
der Mikrofone beziehungsweise das Trennen von Mikrofon und Hörer zur Vermeidung von
Rückkopplungen stehen mehr Freiheitsgrade zur Verfügung. Typischerweise ist das rückwärtige
Mikrofon empfindlicher gegenüber mechanischem Feedback. Bei einer adaptiven Bedämpfung
des rückwärtigen Mikrofons kann hier der Aufwand für die Konstruktion und Fertigung
reduziert werden, da das System aufgrund der künstlichen Bedämpfung eine geringere
Rückkopplungsempfindlichkeit aufweist.
1. Verfahren zum Einstellen einer Richtcharakteristik einer Hörvorrichtung durch
- Gewinnen eines Mikrofonsignals (m), das mehrere Frequenzbänder aufweist, aus einem
Eingangsschall mit einem Mikrofonsystem aus mindestens zwei Mikrofonen (10, 11),
- Ermitteln einer Eigenschaft des Mikrofonsignals (m) und
- Einstellen der Richtcharakteristik des Mikrofonsystems in Abhängigkeit von der ermittelten
Eigenschaft des Mikrofonsignals,
dadurch gekennzeichnet, dass
- zum Einstellen der Richtcharakteristik zwei oder mehr Frequenzbänder in Abhängigkeit
von der ermittelten Eigenschaft des Mikrofonsignals zu einem verbreiterten Frequenzband
zusammengefasst werden und hierdurch für die zusammengefassten Frequenzbänder eine
gemeinsame Richtcharakteristik bereitgestellt wird, welche im Vergleich zu Richtcharakteristiken
für die zwei oder mehr Frequenzbänder verschliffen ist, so dass bei der gemeinsamen
Richtcharakteristik eine Direktivität verringert ist.
2. Verfahren nach Anspruch 1, wobei die Eigenschaft des Mikrofonsignals dessen Pegel
umfasst.
3. Verfahren nach Anspruch 2, wobei die Direktionalität des Mikrofonsystems mit steigendem
Pegel (p) erhöht wird.
4. Verfahren nach einem der vorhergehenden Ansprüche, wobei die Eigenschaft des Mikrofonsignals
(m) eine von mehreren vorgegebenen akustischen Situationen charakterisiert.
5. Verfahren nach einem der vorhergehenden Ansprüche, wobei die Anzahl (k) der zusammengefassten
Bänder manuell verändert wird und die aktuelle Anzahl zusammen mit der aktuellen Eigenschaft
des Mikrofonsignals (m) für eine spätere automatische Einstellung von der Hörvorrichtung
gelernt wird.
6. Verfahren nach einem der vorhergehenden Ansprüche, wobei von einem statischen Betriebsmodus,
in dem die Anzahl der zusammengefassten Frequenzbänder fest ist, in einen adaptiven
Betriebsmodus, in dem die Anzahl der zusammengefassten Frequenzbänder automatisch
an die aktuelle Situation angepasst wird, geschaltet wird.
7. Hörvorrichtung mit
- einem Mikrofonsystem aus mindestens zwei Mikrofonen (10, 11) zum Gewinnen eines
Mikrofonsignals (m), das mehrere Frequenzbänder aufweist, aus einem Eingangsschall,
- einer Analyseeinrichtung (13) zum Ermitteln einer Eigenschaft des Mikrofonsignals
(m) und
- einer Verarbeitungseinrichtung (12) zum Einstellen der Richtcharakteristik des Mikrofonsystems
in Abhängigkeit von der ermittelten Eigenschaft des Mikrofonsignals (m), dadurch gekennzeichnet, dass
- von der Verarbeitungseinrichtung (12) beim Einstellen der Richtcharakteristik zwei
oder mehr Frequenzbänder in Abhängigkeit von der ermittelten Eigenschaft des Mikrofonsignals
(m) zu einem verbreiterten Frequenzband zusammenfassbar sind und hierdurch für die
zusammengefassten Frequenzbänder eine gemeinsame Richtcharakteristik bereitstellbar
ist, welche im Vergleich zu Richtcharakteristiken für die zwei oder mehr Frequenzbänder
verschliffen ist, so dass bei der gemeinsamen Richtcharakteristik eine Direktivität
verringert ist.
8. Verfahren zum Einstellen einer Richtcharakteristik einer Hörvorrichtung durch
- Gewinnen eines Mikrofonsignals (m) aus einem Eingangsschall mit einem Mikrofonsystem,
das mindestens zwei Mikrofone (10, 11) aufweist,
- Ermitteln einer Eigenschaft des Mikrofonsignals (m) und
- Einstellen der Richtcharakteristik des Mikrofonsystems in Abhängigkeit von der ermittelten
Eigenschaft des Mikrofonsignals (m),
dadurch gekennzeichnet, dass
- zum Einstellen der Richtcharakteristik eines der beiden Mikrofone (10, 11) in Abhängigkeit
von der ermittelten Eigenschaft des Mikrofonsignals (m) bedämpft wird oder beide Mikrofone
in Abhängigkeit von der ermittelten Eigenschaft des Mikrofonsignals (m) zueinander
fehlangepasst sind und hierdurch eine Direktivität der Richtcharakteristik verringert
wird.
9. Verfahren nach Anspruch 8, wobei das Bedämpfen oder Fehlanpassen in Abhängigkeit von
einer aktuellen Verstärkung der Hörvorrichtung erfolgt.
10. Verfahren nach Anspruch 8 oder 9, wobei das Mikrofonsystem ein hinsichtlich einer
vorgegebenen Trageposition der Hörvorrichtung vorderes und ein hinteres Mikrofon besitzt,
und das hintere Mikrofon bedämpft wird.
11. Hörvorrichtung mit
- einem Mikrofonsystem, das mindestens zwei Mikrofone (10, 11) aufweist, zum Gewinnen
eines Mikrofonsignals (m) aus einem Eingangsschall,
- einer Analyseeinrichtung zum Ermitteln einer Eigenschaft des Mikrofonsignals (m)
und
- einer Verarbeitungseinrichtung (12) zum Einstellen der Richtcharakteristik des Mikrofonsystems
in Abhängigkeit von der ermittelten Eigenschaft des Mikrofonsignals (m), dadurch gekennzeichnet, dass
- von der Verarbeitungseinrichtung (12) beim Einstellen der Richtcharakteristik eines
der beiden Mikrofone (10, 11) in Abhängigkeit von der ermittelten Eigenschaft des
Mikrofonsignals (m) bedämpfbar ist oder beide Mikrofone (10, 11) in Abhängigkeit von
der ermittelten Eigenschaft des Mikrofonsignals zueinander fehlangepasst werden, so
dass eine Verringerung einer Direktivität der Richtcharakteristik bewirkt wird.