[0001] Die vorliegende Erfindung betrifft flexible Glaselemente gemäss dem Oberbegriff des
unabhängigen Patentanspruchs 1 sowie Verfahren zur Herstellung von flexiblen Glaselementen
gemäss Oberbegriff des Patentanspruchs 6.
[0002] In der Patentanmeldung
EP 07405023.8 der Anmelderin sind Verfahren zum Erstellen von Mikroperforationen und Mikroschlitzen
mittels abrasiver Wasserstrahltechnik in Glasplatten beschrieben. Diese Verfahren
erlauben es, mittels abrasiver Wasserstrahltechnik auf Anlagen mit einer Mehrzahl
von Düsenköpfen Löcher mit einem Durchmesser von 0,2 bis 0,8 mm in Glasscheiben anzubringen.
Es wurde eine Prozesssteuerung entwickelt, die das Zerstörungsrisiko der zu perforierenden
Glasscheiben zu Beginn des Perforationsvorganges minimiert. Es wurde erkannt, dass
a) auch ein kleines Risiko pro Loch beim Erstellen von 40'000 durchgehenden Mikrolöchern
zu einer enormen Ausschussquote führt und wirtschaftlich nicht rentabel ist und b)
die Prozesssicherheit in einem zwangsweisen "stop and go" Betrieb, bei einer solch
hohen Anzahl von Mikroperforationen kaum beherrschbar ist und c) die Bohrzeiten in
diesem "stop and go" Betrieb mit allen heute bekannten Verfahren erheblich zu lang
sind, um grössere Glasbauteile in vertretbarer Zeit zu perforieren.
[0003] Da beim Durchbohren von Verbundgläsern mit innenliegenden Kunststoffmembran der Wasserstrahl
beim Übergang vom Glas zur elastischen Kunststoffmembran kurzzeitig unscharf wird
und dadurch ungewollte Kavitäten im Grenzbereich der Glasschichten zum Kunststoff
entstehen, die wiederum zu ungewünschten optischen Effekten und Trübungen führen wird,
in der
EP 07405023.8 vorgeschlagen, die Gläser nach dem erfolgreichen Durchbohren, mittels des abrasiven
Wasserstrahles mit erheblich gesenktem Zerstörungsrisiko zu Schlitzen oder zu Schneiden.
Die unerwünschte Kavitätenbildung im Bereich der Kunststofffolie bei Verbundgläsern
bleibt beim Schneiden nach dem Durchbohren aus und die Breite der Mikroschlitze lässt
sich im Gegensatz zum Durchmesser der Löcher auf bis zu 0.1 mm senken. Anstelle der
Vielzahl von Bohrungen oder Mikroperforationen werden eine wesentlich reduzierte Anzahl
von Schlitzen im Glas angebracht.
[0004] Die Vorteile eines solchen mikrogeschlitzten Schallabsorbers in Glas bestehen darin,
dass die Verwirbelung und Reibung der Luft im Mikroschlitz, mit dahinten angeordneten
veränderbarem Hohlraum und schallharter Begrenzung durch beliebige Variierung der
Schlitzlänge und Schlitzbreite sowie durch die beliebige Anordnung der Mikroschlitze
in der Fläche herstellungstechnisch äusserst effizient erhöht oder verringert werden
kann. Die Schallenergie wird in einstellbaren Frequenzbereichen in Wärmeenergie umgewandelt
und die Nachhallzeit in einem breiten Frequenzbereich reduziert. Die erforderliche
offene Fläche im Glas, im Ausmass von zirka 0,8 bis 3,0% der Beschallungsfläche, kann
durch geeignete Schneidverfahren mit ausreichender Prozesssicherheit und mit einer,
um den Faktor 10 verringerten Bearbeitungszeit gegenüber Bohrungen hergestellt werden.
Die Gefahr von Mikrorissen kann durch kontrolliertes Schlitzschneiden gegenüber dem
Mikrolochbohren verringert werden. Durch eine offensichtliche Reduzierung, der "stop
and go" Verluste, kann die Produktivität wesentlich gesteigert werden.
[0005] Für die Akustikelemente gilt im Innenraumbereich mit Personenaufenthalt das Erfordernis
der Splitterfreiheit. Das Anbringen von Mikrolöchern oder Mikroschlitze mit einer
offenen Fläche von über 1 % direkt in Trägerglasplatten verursacht oft Abplatzer und
Muscheln im Glas, so dass das Trägerglas nicht als ESG oder VSG verwendet werden kann.
Die Vielzahl von kleinen Mikrolöchern und schmalen Mikroschlitzen mit einer offenen
Fläche von über 1 % macht das Trägerglas zudem statisch unstabil. Da heutzutage in
der Architektur grossflächige Akustikelemente gefragt sind, bei denen die Formate
von 1 m
2 überschritten werden, müssen auch die Trägergläser entsprechend grossformatig sein.
Dadurch werden direkt mit Mikroperforierung oder Mikroschlitzung versehene Gläser
unwirtschaftlich. Die Prozesse bei direkter Trägerglasbearbeitung werden durch die
grosse Anzahl Mikroeingriffe unbeherrschbar und der zu erwartende Ausfall erheblich.
Es ist daher bereits in der
EP 07405023.8 vorgeschlagen, dass in bestimmten Ausführungsformen rondellenartige mikrogeschlitzte
Bauteile in entsprechende in eine Grundplatte eingeschnittene Öffnungen eingesetzt
sind. Es ist vorgeschlagen, die ausgeschnittenen Kreisscheiben oder Rondellen in einem
separaten Bearbeitungsprozess vom äusseren Umfang her mit Mikroschlitzen zu versehen,
so dass ein zentraler Steg entsteht, der die Zinken zweier Kämme trägt. Diese Kammscheiben
werden anschliessend wieder in die Grundglasscheibe eingesetzt, respektive eingeklebt.
Sie können auch mit separaten Haltern lösbar oder fest in die jeweiligen Öffnungen
eingesetzt werden. Die beim Erstellen der Aufnahmeöffnungen anfallenden Rondelle können
auch verworfen werden, so dass in die Öffnungen Kammscheiben aus separater Produktion
eingesetzt werden. Die Erstellung der Aufnahmeöffnungen muss nicht mit einem Mikroschneidprozess
erfolgen, sondern kann mit herkömmlichen Verfahren mit hinreichender Toleranz erfolgen.
Die Aufnahmeöffnungen lassen sich sogar schon während der Herstellung der Glasscheiben
anbringen. Die Kanten der Aufnahmeöffnungen müssen im Gegensatz zu den Kanten der
Mikroschlitze nicht scharf sein.
[0006] In der
EP 07405023.8 ist ebenfalls offenbart, dass zwecks Erhöhung der mechanischen Stabilität und insbesondere
beim Einsatz von Scheiben aus Sicherheitsglas zweiteilige Glasbausteine eingesetzt
werden. Die Grundplatten aus Glas werden wie oben beschrieben mit grösseren Bohrungen/Aufnahmeöffnungen
versehen und mit vorgefertigten mikrogeschlitzten Glaseinsätzen bestückt. Die bei
der Absorption wirksamen Einsätze können gemäss der
EP 07405023.8 in weiteren bevorzugten Ausführungsformen der Erfindung in unterschiedlichen Stärken
aus Glas, aber auch aus anderen Materialien wie Kunstglas, anderen Kunststoffen oder
Metall bestehen. Die mikrogeschlitzten Einsätze werden wie bereits erwähnt mit Einlagen,
Haltern oder Verklebungen in die Aufnahmeöffnungen der Grundglasplatte eingepasst.
Diese Nicht-Glaseinsätze lassen sich zwar auch mit der abrasiven Wasserstrahltechnik
herstellen, sie können aber im Gegensatz zum Glas auch mit anderen bekannten Schneid-
oder Stanzverfahren hergestellt werden.
[0007] Insbesondere bei den Ausführungsformen, bei denen die Absorptions-Einsätze mittels
Einlagen oder Haltern in den Aufnahmeöffnungen gehalten sind, ist das Verletzungsrisiko
und die Bruchgefahr auf ein Minimum reduziert, da sich die Haltekraft auf die Stabilität
des Absorptions-Einsatzes anpassen lässt. Fällt oder stösst jemand gegen den Einsatz,
so löst sich dieser aus der Grundplatte bevor er bricht. Dieser Vorteil kommt vor
allem bei Einsätzen aus Glas zum Tragen.
[0008] Aus der Europäischen Patentanmeldung Nr.
080100114.2 der Anmelderin sind weitere Akustikelemente mit schallabsorbierenden Eigenschaften
aus Glas und weiterentwickelte Herstellungsverfahren bekannt. Für die breitbandigen
mikrogeschlitzten Absorber werden Schlitzbreiten von unter 0.3 mm benötigt und gleichzeitig
muss die offene Fläche auf über 3% zur Grundfläche des Akustikelements erhöht werden.
Als unerwartetes alternatives Verfahren zum abrasiven Wasserstrahlschneiden ist in
der Patentanmeldung Nr.
080100114.2 das Slurry-Drahtsägen offenbart. Mit diesem Verfahren können die Schlitzbreiten gegenüber
dem abrasiven Wasserstrahlschneiden massiv verkleinert werden und es lassen sich Schlitzbreiten
von 0.1 bis 0.3 mm erreichen. Das wirtschaftlich interessante Slurry-Drahtsäge-Verfahren
für solche Abmessungen ist vom Waferschneiden aus der Halbleiterindustrie bekannt.
Mit diesem Verfahren lassen sich nicht nur sehr schmale Schlitze von bis zu 0.1 mm
sägen, sondern es lassen sich auch schmale Stege von unter 2 mm Breite herstellen,
ohne dass diese während dem Sägen brechen. Die geforderte Leistung kann durch das
Schichten von mehreren Glasplatten hintereinander zu Blöcken und das gleichzeitige
Sägen von mehreren Blöcken erreicht werden.
[0009] Für dieses Slurry-Drahtsäge-Verfahren sind auf dem Markt Maschinen und Betriebsmittel,
zum Beispiel für die Silizium-Waferfabrikation, erhältlich. Durch entsprechende Applikationsanpassungen
können Glaseinsätze in Kammform derart gesägt werden, dass dieses Verfahren den Anforderungen
für die effiziente Herstellung von entkoppelten Einsätzen mit einer hohen Dichte von
feinen Schlitzen entsprechen kann, so dass die Kosten für die Maschineninvestition
und vor allem die Betriebskosten für die Verschleissmaterialien Draht und Trennflüssigkeit
gerechtfertigt sind. Die so gesägten filigranen entkoppelten Elemente müssen zum Einsetzen
in das Trägerglas vorerst auf drei Seiten vorzugsweise mit Glasstäbchen verleimt und
stabilisiert werden.
[0010] Als alternatives Verfahren zur Herstellung akustisch wirksamer Absorberelemente wird
in der Patentanmeldung Nr.
080100114.2 vorgeschlagen, Absorberelemente mit Mikrospalten aus einzelnen dünnen Glasstäbchen
aufzubauen. Die einzelnen Stäbchen sind dabei vorzugsweise recht oder mehreckig und
werden mit Abständen von zum Beispiel 0.2 mm zu einem Element zusammengesetzt und
vorzugsweise verklebt, so dass Mikrospalten von 0.2 mm entstehen. Bei einer Stäbchenbreite
von zum Beispiel 1.8 mm und einem Abstand von 0.2 mm zwischen den Stäbchen lassen
sich Absorber mit einer offenen Mikrospaltfläche von 10% bezogen auf die Oberfläche
des Absorberelements herstellen. Es hat sich gezeigt, dass die Spaltenbreite zwischen
0.1 und 0.8 mm liegen sollte. Breitere Spalten zeigen nur noch sehr unbefriedigende
Absorptionsleistungen. Vorzugsweise liegen die Spaltbreiten bei 1.5 bis 3 mm. Die
Dicke der Stäbchen, und damit die Breite der Stege, sollte zwischen 1 und 8 mm gewählt
werden, vorteilhafterweise liegt sie zwischen 1.5 und 3 mm. In bevorzugten Ausführungsbeispielen
ist sie bei 1.8 mm gewählt.
[0011] Aus 100 Glasstäbchen mit rechteckigem Querschnitt und einer Grösse von 1.8 mm x 4
mm x 200 mm, welche am Markt erhältlich sind, lassen sich zum Beispiel Absorberelemente
in der Grösse von 200 x 200 mm mit 99 Mikrospalten von 0.2 mm Breite wirtschaftlich
effizient herstellen.
[0012] Die rationelle Herstellung feiner Glasstäbchen kann mittels Glasritzen und Brechen
oder über andere bekannte Verfahren wie Ziehen, Pressen oder Giessen erfolgen. Wesentlich
dabei ist, dass die Glasflächen ohne Muscheln und Abplatzer sowie vorzugsweise spiegelblank
bleiben. Im Format der fertigen Glaselemente wird eine Rahmenkonstruktion aus Glas
oder Kunstglas so verklebt, dass die feinen Glasstäbchen eine zusätzliche Stabilität
erhalten, zum Beispiel durch ein Profilrahmen. Das Verleimen der Glasstäbchen mit
Zwischenräumen, welche der geforderten Schlitzbreite entsprechen, erfolgt weitgehend
vollautomatisch, mittels einem Montageroboter. Die muschelfreien Glasstäbchen werden
nach der Kalibrierung vorzugsweise chemisch oder thermisch gehärtet, so dass diese
wie die Trägerplatten aus Glas splitterfrei den passiven Sicherheitsanforderungen
in öffentlichen und privaten Räumen entsprechen. Im Weiteren wird damit eine Erhöhung
der Schlagfestigkeit, Biegefestigkeit und Kratzfestigkeit erreicht. Die Vorteile dieser
Aufbaumethode gegenüber der Mikroperforier- oder Mikroschlitzmethoden sind transparente
Einsatzelemente ohne Trübung der Kantenflächen, eine höhere Festigkeit der gehärteten
Stäbchen und eine Erhöhung der passiven Sicherheit der Absorber-Einsätze.
[0013] In der Patentanmeldung Nr.
080100114.2 ist beschrieben, dass die Tragelemente als plattenförmige Bauteile mit einer annähernd
planen ersten Oberfläche ausgebildet sind. In bevorzugten Ausführungsformen sind die
Tragelemente Trägerglasplatten aus Flachglas oder Spezialglas in Stärken zwischen
2 und 12 mm, die mit Ausnehmungen zur Aufnahme der Absorber versehen werden.
[0014] Die von den Absorbern eingenommene Fläche in den transparenten oder transluzenten
Tragelementen wird durch das Erfordernis der Lichtdurchlässigkeit und der Festigkeitsbeanspruchung,
respektive die Bruchsicherheit der Akustikelemente auf einen oberen Grenzwert von
etwa 60% begrenzt. Die untere Grenze wird hingegen durch die Absorptionsleistung in
dem zu absorbierenden Frequenzbereich bestimmt. Um in einem breiten Frequenzbereich,
zum Beispiel im Sprachbereich von 125 Hz bis 1250 Hz, besonders gute Absorptionsleistungen
erreichen, werden gemäss erster Ausführungsformen der Erfindung Absorber eingesetzt,
bei denen die akustisch wirksame offene Fläche durch Mikroperforation, Mikroschlitzen,
Mikrospalten oder einer Kombination davon gebildeten wird, wobei diese akustisch wirksame
offene Fläche 1 bis 12%, vorzugsweise 7 bis 12%, besonders bevorzugt 10% der Gesamtfläche
einer ersten Oberfläche des Absorbers entspricht. Es lassen sich dabei sowohl verschiedene
Absorptionselemente mit Mikroperforation, Mikroschlitzen oder Mikrospalten in einem
Tragelement kombinieren, oder innerhalb eines Absorbers können Mikroperforationen,
Mikroschlitze und/oder Mikrospalten kombiniert werden. Sowohl Mikroperforation, Mikroschlitze
wie auch Mikrospalten lassen sich mit verschiedenen Durchmessern und/oder Breiten
im selben oder in verschiedenen Absorbern einsetzen. Die Breiten lassen sich auch
innerhalb eines Mikroschlitzes oder innerhalb einer Mikrospalte variieren.
[0015] Gemäss der Patentanmeldung Nr.
080100114.2 lassen sich die Absorber als Einfachelemente oder als Sandwichkonstruktionen mit
oder ohne Vliesmaterial herstellen. All diese Kombinationsmöglichkeiten erlauben es,
die Bandbreite an wirksam absorbierten Schallfrequenzen zu verbreitern. Es hat sich
in Versuchen gezeigt, dass unterschiedliche Schlitz- und Spaltbreiten und unterschiedliche
Lochdurchmesser sowie Einfachelemente oder Sandwichkonstruktionen Absorptionsmaxima
in unterschiedlicher Breite in unterschiedlichen Frequenzbereichen aufweisen. So werden
zum Beispiel neben einlagigen mehrlagige Glasaufbauten mit Mikrospalten zu Sandwichkonstruktionen
zusammengefügt. Durch solch einen mehrlagigen Aufbau entstehen zusätzliche Resonatoren,
welche die Absorption verstärkten und den Frequenzbereich verbreitern. Dadurch entstehen
insgesamt breitbandigere Absorber.
[0016] Trotz der relativ hohen Vielfalt an absorbierbaren Frequenzbereichen und verschiedenen
Konstruktionsmöglichkeiten besteht weiterhin Bedarf an zusätzlichen und alternativen
Absorberkonstru ktionen.
[0017] Es ist daher Aufgabe der vorliegenden Erfindung Glasbauteile für Schallabsorber und
andere Verwendungszwecke und Verfahren zur Herstellung derselben zur Verfügung zu
stellen, die es erlauben solche Produkte effizient in grösseren Mengen und Dimensionen
herzustellen. Es ist eine weitere Aufgabe der Erfindung Glasbauteile zur Verfügung
zu stellen die auf Wunsch transparent sein können und mit vertretbarem technischen
Aufwand schnell und wirtschaftlich herstellbar sind und weitere Nachteile der bekannten
Glasbauteile vermeiden.
[0018] Diese Aufgaben wird erfindungsgemäss durch die Glasbauteile gemäss Anspruch 1 und
die Herstellungsverfahren gemäss Anspruch 6 gelöst, vorteilhafte Ausgestaltungen ergeben
sich aus den abhängigen Ansprüchen.
[0019] Die erfindungsgemässen Glasbauteile werden im folgenden auch als "biegsames Glas"
bezeichnet. Unter diesem Begriff werden Materialien wie Glas- und harte Kunstglasbauteile
mit einer Vielzahl von Stegen und zwischen den Stegen angeordneten Mikroschlitzen
verstanden, die durch Befestigung auf, vorzugsweise Verklebung mit, einem elastischen
Trägermaterial wie zum Beispiel Kunststoff biegsam gemacht sind.
[0020] Die verfahrenstechnischen Probleme zur industriellen Herstellung von biegsamem Glas
konnten bisher keiner Lösung zugeführt werden. In der Innenarchitektur, in vielerlei
Gebrauchsgegenständen wie Spiegeln, aber auch in der Optik und in der Asphärentechnologie
müssen gebogene Gläser kompliziert und aufwendig geschliffen werden. Die vorliegende
Erfindung erlaubt es transparente biegsame Elemente zu erzeugen welche mit variablen
Radien zu gekrümmten, zylindrischen, gewellten oder in sich verdrehten Formen oder
Kombinationen der vorgenannten geformt werden können. Die erzeugten Glasbauteile sind
von hoher optischer Qualität. Die Schlitz- und Stegbreiten sind ebenso variierbar
wie die Grösse der fertigen Glasbauteile.
[0021] Die vorliegende Erfindung erlaubt es die biegsamen Glaselemente, auch als Glasbauteile
bezeichnet, in grossen Mengen und Dimensionen zu schaffen, die durchsichtig, technisch
und wirtschaftlich rationell herstellbar sind.
[0022] Vorteile bei der Herstellung der neuen mikrogeschlitzten biegsamen Glasbauteile,
umfassend Mikroschlitze und Stege, ergeben sich unter anderem daraus, dass die Stege
vorzugsweise mittels Slurry-Sägeverfahren hergestellt werden und beim Prozesschritt
des Sägens mit einem Quersteg verbunden bleiben. Das Slurry-Sägeverfahren erlaubt
es die Glasbauteile, insbesondere die Mikroschlitze zwischen den Stegen sehr genau
mit kleinsten Toleranzen herzustellen, wobei Steg- und Schlitzbreiten innerhalb sinnvoller
Bereiche frei gewählt und variiert werden können. Dadurch lassen sich auch die möglichen
Biegeformen und Radien der fertigen Glasbauteile leicht beeinflussen.
[0023] Die mikrogesägten Glaselemente, bei denen die Stege kammartig auf dem Quersteg angeordnet
sind, werden anschliessend mit einem flexiblen Träger zu einem Halbfabrikat flexibel
verbunden, vorzugsweise verklebt.
[0024] Die Biegsamkeit kann durch die Wahl der Trägermaterialien wie Kunststoffrahmen, Kunststoffbänder,
faserverstärkte Kunststoffe, Metall oder Glasfasern variabel eingestellt werden.
[0025] Als letzter Prozessschritt wird am starren Halbfabrikat der Quersteg allenfalls zusammen
mit Teilen des Trägers vorzugsweise mittels Wasserstrahl abgeschnitten. Aus dem starren
Halbfabrikat wird dadurch das biegsame Glaselement gemäss der Erfindung. In den Ausführungsformen
gemäss der folgenden Figuren laufen die Trageelemente entlang aller vier Kanten um.
Dies ist jedoch nicht zwingend nötig. Um ein Abbrechen der empfindlichen Stege im
Kamm des Halbfabrikates bei Belastung der freien Stegenden während dem Wasserstrahlschneiden
zu verhindern hat es sich als äusserst vorteilhaft erwiesen zumindest diese Kante
durch ein Tragelement zu stabilisieren.
[0026] In weiteren Schritten lässt sich das biegsame Glaselement nun in die gekrümmte, zylindrische,
gewellte oder in sich verdrehten Form oder in eine Kombination der vorgenannten bringen.
Es ist offensichtlich, dass es die vorliegende Erfindung erlaubt Glaselemente herzustellen,
die jede von einer ebenen Form abweichende Form annehmen können, sofern die Integrität
der einzelnen Stege gewahrt bleibt. Es lassen sich Elemente mit einfacher Drehrichtung
wie Zylindermäntel oder Teile davon, aber auch Elemente mit zwei oder mehreren Drehrichtungsänderungen
wie S-Formen oder Wellen. Der Abstand zwischen den Stegen, das heisst die Schlitzbreite
und die Höhe der Stege gibt den maximalen Grad der Biegbarkeit vor.
[0027] Die einzelnen Stege entsprechen in bevorzugten einfachen Ausführungsformen Geraden
die alle die selbe Länge aufweisen. Gemäss der Erfindung können die Stege jedoch auch
unterschiedliche Längen aufweisen und eine von der geraden abweichende Grundform.
[0028] Vorzugsweise sind die Mirkroschlitze zwischen den Glasstegen mit einer Breite von
0,1 bis 1,0 mm ausgebildet und homogen oder unregelmässig auf die Fläche verteilt.
Die Schlitze können gerade/linear oder in geschwungener Ausführung beliebig in Abhängigkeit
von ästhetischen Ansprüchen und unter Berücksichtigung von Festigkeitsbeanspruchung
angeordnet werden.
[0029] Die Glasstege mit einer Breite von 0.15 bis 20.0 mm können wiederum homogen oder
unregelmässig auf die Fläche verteilt, in gerader oder geschwungener Ausführung beliebig,
auf ästhetische Ansprüche und auf Festigkeitsbeanspruchung angeordnet werden.
[0030] In Abhängigkeit der geforderten mechanischen Stabilität und insbesondere beim Einsatz
von Sicherheitsglas können erfindungsgemäss Gläser von unterschiedlichen Dicken zum
Einsatz kommen. Zur Erzielung gewünschter optischer Effekte können unterschiedliche
Glassorten zur Anwendung kommen.
[0031] Geeignet sind alle gängigen Glasplatten oder -bausteine in Stärken zwischen 2 und
12 mm als ebene oder gewölbte Elemente.
[0032] Gemäss einem alternativen Verfahren werden die Glaselemente nicht im Slurry-Sägeverfahren
hergestellt, sondern wie oben zum Stand der Technik beschrieben aus einzelnen Stegen
aufgebaut. Sobald diese Einzelstege in den flexiblen Träger eingebracht und mit diesem
verbunden, vorzugsweise verklebt sind, unterscheiden sich die weiteren Bearbeitungsschritte
des Halbfabrikate nicht wesentlich voneinander.
[0033] Die erfindungsgemässen Glaselemente lassen sich bevorzugt als Akustikelemente einsetzen,
die einerseits völlig neuartige dreidimensionale Formen aufweisen können und den Gestaltungsspielraum
des Architekten, Designers und/oder Akustikers enorm erweiteren, andererseits lassen
sich durch das Biegen der Elemente die effektiv akustisch wirksamen Schlitzbreiten
annähernd beliebig einstellen. Wird der Biegeradius, den die Schlitzbreiten und Steghöhen
der Halbfabrikate zulassen, maximal ausgenutzt, so berühren sich die Stege zumindest
an einer Kante und die Schlitze sind im akustischen Sinne vollständig geschlossen.
In einem Element lassen sich entsprechend in Abhängigkeit des Biegeradius vollständig
offene Schlitze erzeugen (an ebenen Stellen ohne Biegung) bis hin zu vollständig geschlossenen
Schlitzen an Stellen mit maximalem Biegeradius, ohne dass die Schlitze bei der Herstellung
der zugehärigen Halbfabrikate variiert werden müssen.
[0034] Bei erfindungsgemässen Glaselementen, die einfach in sich verdreht sind variiert
die Querschnittsform der einzelnen Schlitze nicht, die Oberflächen der einzelnen Stege
sind aber in Abhängigkeit vom Abstand von der Torsionsachse, um die die Stege gegeneinander
verdreht sind, immer weiter voneinander entfernt. Werden die Elemente zusätzlich zur
Verdrehung auch noch gebogen, so variiert die Querschnittsform der einzelnen Schlitze
über deren Länge.
[0035] In weiteren bevorzugten Ausführungsformen sind die Glaselemente absitmmbar ausgebildet.
Dazu greifen am elastischen Tragrahmen Einstellelemente an, mittels derer die Biegung
variiert werden kann. Diese Einstellelemente können mechanisch, elektromechanisch,
pneumatisch oder hydraulisch wirken. Bei einem derartigen Akustikelement lässt sich
zum Beispiel durch das Verändern des Biegeradius die Absorptionswirkung einstellen/ändern.
Bei einem optisch wirksamen, zum Beispiel einem biegbaren, verspiegelten Glaselement
lässt sich derart der Fokus des reflektierten Lichts verändern.
Kurzbeschreibung der Figuren
[0036] Anhand von Figuren, welche lediglich Ausführungsbeispiele darstellen, wird die Erfindung
im Folgenden erläutert. Es zeigen
- Fig. 1a
- eine perspektivische Draufsicht auf eine erste Oberfläche eines Halbfabrikats gemäss
einer Ausführungsform der Erfindung bei dem ein Quersteg noch nicht abgeschnitten
ist,
- Fig. 1b
- eine Ansicht auf das Halbfabrikat gemäss Figur 1a, nach Entfernen des Querstegs,
- Fig. 2
- eine perspektivische Ansicht eines Glaselements gemäss einer Ausführungsform der Erfindung
mit einer einfachen Biegung,
- Fig.3
- eine perspektivische Ansicht eines Glaselements gemäss einer weiteren Ausführungsform
der Erfindung mit einer einfachen Biegung,
- Fig. 4
- eine Ausschnittsvergrösserung einer Seitenansicht eines Glaselements gemäss Fig. 2,
und
- Fig. 5
- eine Ausschnittsvergrösserung einer Seitenansicht eines Glaselements gemäss einer
weiteren Ausführungsform der Erfindung.
[0037] In der Figur 1 ist eine perspektivische Draufsicht auf ein Halbfabrikat 11 zur Herstellung
eines Glaselements gemäss einer Ausführungsform der Erfindung, bei dem eine Glasplatte
nach dem Slurry-Drahtsägen eine Vielzahl von Stegen 10 mit dazwischen angeordneten
Mikroschlitzen 20 aufweist und bereits auf ein flexibles, respektive biegbares Tragelement
40 aufgeklebt ist. Da die Schnitte die Glasplatte nicht in der vollen Breite durchsetzen
sind die Stege 10 alle noch über einen Quersteg 50 miteinander verbunden. Das Halbfabrikat
11 ist daher noch nicht biegsam. In der Figur 1b ist das Halbfabrikat 12 dargestellt
nachdem der Quersteg, vorzugsweise mittels Wasserstrahlschneiden abgeschnitten ist.
Das Halbfabrikat ist nun biegsam und kann der weiteren Bearbeitung zugeführt werden.
[0038] In den Figuren 2 und 3 sind zwei Ausführungsformen von erfindungsgemässen Glaselementen
1 und 3 dargestellt, die unterschiedliche Krümmungsradien und unterschiedlich abgemessene
Grundformen aufweisen.
[0039] In der Figur 4 ist eine Ausschnittsvergrösserung A einer Seitenansicht eines Glaselements
1 gemäss Fig. 2 gezeigt. Die einzelnen Stege 10 weisen einen rechteckigen Querschnitt
auf und sind gleichmässig voneinander beabstandet auf dem flexiblen Träger 40 aufgeklebt
16. Durch die Biegung des Trägers 40 sind die Stege voneinander entfernt und in einem
Winkel α geöffnet. Die Schlitzbreite an der Basis des Schlitzes D
2 entspricht annähernd der Breite des Schlitzes im ungebogenen Halbfabrikat. Die Schlitzbreite
D
1 an der - einer ersten Oberfläche 11 des Glaselements zugewandten - Schlitzöffnung
ist entsprechend breiter als D
2. Die Schlitze 20 im Element 1 gemäss der Figuren 2 und 4 weisen in Folge der gleichmässigen
Biegung alle eine annähernd identische Querschnittsform auf.
[0040] Im Ausführungsbeispiel gemäss der Figur 5 ist das Glaselement hingegen in einer Wellenform
gebogen, so dass sich die Drehrichtung der Biegung von R1 zu R2 umkehrt und dazwischen
ein Tangentialer Bereich durchlaufen wird, in dem der Schlitz 20' unverändert vorliegt,
da der zugehörige Abschnitt des Trägers eben ist. An beiden Seiten von Schlitz 20'
verjüngen sich die Schlitze mit Winkel b nach oben zur Oberseite 11' hin oder sie
erweitern sich mit Winkel α.
[0041] Bei den erfindungsgemässen Glaselementen die als Akustikelemente eingesetzt werden
sollen unterscheiden sich die groben Dimensionierung nicht von den vorbekannten. Gemäss
dem Ausführungsbeispiel der Figur 2 sind zwischen die Stege 10 Mikrospalten in einer
Breite von 0.2 mm gesägt. Werden auf diese Weise 100 Stege erzeugt, so entsteht zum
Beispiel nach dem Entfernen des Querstegs eine Absorberplatte mit einer Fläche von
200 x 200 mm und 99 durchgehenden Mikrospalten 20, die sich zu einer akustisch wirksamen
Fläche von annähernd 10% bezogen auf die erste Oberfläche 11 der Absorberplatte addieren.
[0042] Die Biegeformen: konkav, konvex, Wellen, Schrauben etc. und die Masse, die in den
Ausführungsbeispielen zu den erfindungsgemässen Glaselementen mit Mikrospalten gegeben
sind, sollen den Vergleich dieser Platten mit den vorbekannten erlauben und nicht
den Eindruck erwecken, dass sich mittels der beschriebenen Verfahren nur Elemente
mit den angegebenen Massen und Formen herstellen lassen. Die beschriebenen Herstellungsverfahren
lassen dem Fachmann vielmehr eine grosse Freiheit bei der Dimensionierung und der
Einstellung der Form der erfindungsgemässn Elemente und damit der Absorberleistung
der bei akustisch aktiven Absorberplatten und der Reflexion, Lichtbrechung und oder
Streuung bei optisch aktiven Elementen und Kombinationen davon. Es versteht sich,
dass die Elemente sowohl allein in einfachen wie auch zu zweit oder zu mehreren in
zusammengesetzten Bauteilen verwendet werden können. Gemäss bevorzugten Ausführungsformen
werden gleichzeitig eine Vielzahl von Halbfabrikaten für die Glaselemente aus Glassscheiben
mittels Slurry-Drahtsägen und anschliessendem Abschneiden des Querstegs mittels Wasserstrahl
hergestellt.
[0043] Die derart hergestellten Halbfabrikate sind zumindest an zwei Endbereichen, vorzugsweise
stirnseitig oder besonders bevorzugt umlaufend mit Rahmenelementen stabilisiert und
gesichert.
[0044] Angesichts der oben offenbarten Technischen Lehre der vorliegenden Erfindung ist
es für den Fachmann offensichtlich, dass im Hinblick auf die Materialauswahl und bautechnische
Varianten und insbesondere auch hinsichtlich Form Glaselemente enorme Variationsmöglichkeiten
bestehen.
[0045] Gemäss weiteren nicht in den Figuren dargestellten Ausführungsformen werden die transparenten
und/oder transluzenten Glaselemente mit Beleuchtungsmitteln kombiniert, um Lichteffekte
zu erzeugen. Verstellbare oder abstimmbare Glaselemente wie sie vorgängig beschrieben
sind bieten sich in idealer Weise an, um in Kombination mit LEDs, Lichtleitern oder
anderen Lichtquellen veränderbare Lichtakzente zu generieren.
[0046] Liste der Bezugszeichen
- 1, 2, 3
- Glaselement
- 11
- Halbfabrikat
- 12
- Halbfabrikat
- 3
- Absorber
- 10
- Steg
- 11
- erste Oberfläche
- 12
- zweite Oberfläche
- 16
- Verklebung
- 20
- Mikroschlitz
- D1
- Schlitzbreite
- D2
- Schlitzbreite
- α
- Schlitz-Öffungswinkel
- b
- Schlitz-Öffungswinkel
- g
- Schlitz-Öffungswinkel
- 40
- Tragelement
- 41
- innere Oberfläche
- R1
- Drehrichtung 1
- R2
- Drehrichtung 2
- 50
- Quersteg
1. Glaselemente 1, 2, 3 umfassend mindestens ein Tragelement 40 und eine Mehrzahl von
Stegen 10 aus Glas zwischen denen Mikroschlitze 20 angeordnet sind, dadurch gekennzeichnet, dass die Tragelemente flexibel und oder biegbar gestaltet sind und die Glaselemente biegbar
sind.
2. Biegsame Glaselemente 1, 2, 3 nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, dass sie zu gekrümmten, zylindrischen, gewellten oder in sich verdrehten Formen oder Kombinationen
davon geformt sind.
3. Biegsame Glaselemente 1, 2, 3 nach Anspruch 1 oder 2 , dadurch gekennzeichnet, dass die Träger aus Materialien wie Kunststoffrahmen, Kunststoffbändern oder Glasfaserbändern
oder faserverstärkten Kunststoffen oder Metall gefertigt sind.
4. Biegsame Glaselemente 1, 2, 3 nach einem der Ansprüche 1 bis 3, dadurch gekennzeichnet, dass die Stege mit den Tragelementen verklebt sind.
5. Biegsame Glaselemente 1, 2, 3 nach einem der Ansprüche 1 bis 4, dadurch gekennzeichnet, dass Einstellelemente an den Tragelementen angreifen oder mit den Stegen wirkverbunden
sind über die sich die Biegung der Glaselemente verändern lässt.
6. Verfahren zur Herstellung vom Glaselementen 1, 2, 3 gemäss einem der Ansprüche 1 bis
5, dadurch gekennzeichnet, dass eine im Slurry-Drahtsägeverfahren Mikroschlitze 20 in eine Glasplatte gesägt werden,
wobei ein Quersteg 50 stehen gelassen wird, der die zwischen den Mikroschlitzen 20
entstandenen Stege 10 an einer Stirnseite miteinander verbindet, in einem weiteren
Schritt die gesägte Platte mit einem biegbaren Tragelement versehen wird und in einem
anschliessenden Schritt der Quersteg entfernt und das Glaselement in die gewünschte
Form gebogen wird.
7. Verfahren gemäss Anspruch 6 dadurch gekennzeichnet, dass Glasplatte und Tragelement miteinander verklebt werden.
8. Verfahren nach Anspruch 6 oder 7, dadurch gekennzeichnet, dass der Quersteg mittels Wasserstrahl abgeschnitten wird.
9. Verfahren nach einem der vorhergehenden Ansprüche 6 bis 8, dadurch gekennzeichnet, dass das die biegsamen Glaselemente mit den biegbaren Tragelementen in vorgeformte Aufnahmen
eingesetzt werden, die die Glaselemente in die gewünschte Form bringen.
10. Akustikelement umfassend ein Glaselement gemäss einem der Ansprüche 1 bis 5.