[0001] Die Erfindung betrifft ein im Patentanspruch 1 angegebenes Verfahren zum Betrieb
einer binauralen Hörvorrichtung mit Frequenzverzerrung und eine im Patentanspruch
8 angegebene binaurale Hörvorrichtung mit Frequenzverzerrung.
[0002] Bei Hörvorrichtungen, insbesondere bei Hörgeräten, werden frequenzverzerrende Algorithmen
zu unterschiedlichen Zwecken und an unterschiedlichen Stellen einer Signalverarbeitung
eingesetzt. Beispielsweise ist aus der
DE 699 22 940 T2 ein Hörgerät mit einer Kombination von Audiokompression und Rückkopplungsunterdrückung
bekannt.
[0003] Leider verursachen die frequenzverzerrenden Algorithmen auch deutliche wahrnehmbare
Artefakte. Eine Verzerrung bei tiefen Frequenzen ist in der Regel nicht möglich, da
das menschliche Gehör im tiefen Frequenzbereich sehr empfindlich reagiert. Daher werden
nur die hohen Frequenzen verzerrt. Trotzdem kann es dabei zu einer hörbaren "Verstimmung"
eines Nutzsignals kommen.
[0004] Wesentlich unangenehmer sind Überlagerungsartefakte, bei denen das verzerrte Signal
und das unverzerrte Signal gleichzeitig wahrgenommen werden, was bei tonalen Signalen
zu einer deutlichen Modulation bzw. Schwebung oder einer Rauhigkeit führt. Nahezu
unvermeidlich sind akustische Überlagerungen, die durch den Zufluss von Direktschall,
beispielsweise durch das Vent, erfolgen. Bauartenbedingt kann es aber auch zu Überlagerungen
durch nicht ideale Split-Band Filter kommen. Um nur hochfrequente Frequenzanteile
verzerren zu können, müssen diese von den niederfrequenten Anteilen getrennt werden.
Dazu wird eine Frequenzweiche, auch Split-Band Filter genannt, benötigt. Die Frequenzweiche
kann aber keine ideale Trennung vollziehen, wodurch es im Bereich der Grenzfrequenz
zu störenden Überlagerungen kommt.
[0005] Abhängig von der Frequenzverzerrung werden diese Überlagerungen als Amplitudenmodulation
oder als Signalrauhigkeit wahrgenommen. In allen beschriebenen Fällen sind die Überlagerungen
störend, besonders wenn es sich bei einem Eingangssignal um Musik oder allgemeiner
um tonale Signale handelt.
[0006] Figur 1 zeigt ein Blockschaltbild einer beispielhaften Realisierung einer Frequenzverzerrung
in einem Hörgerät. Ein Eingangssignal 100 wird durch eine Frequenzweiche 1 ("Split-Band
Filter") mit einer vorgebbaren Grenzfrequenz GF ("Split Frequency") in einen niederfrequenten
und einen hochfrequenten Signalanteil 101, 102 geteilt. Der hochfrequente Signalanteil
102 wird anschließend in einem Frequenzverzerrer 2 verzerrt. Das verzerrte Ausgangssignal
103 wird einem Eingang eines Addieres 3 zugeführt. Der niederfrequente Signalanteil
101 durchläuft ein All-Pass Filter 4, das die Phase des Signalanteils 101 derart dreht,
dass es bei einer darauffolgenden Signaladdition im Addierer 3 nicht zu Signalauslöschungen
im Bereich der Grenzfrequenz GF kommt. Der phasengedrehte niederfrequente Signalanteil
104 wird einem weiteren Eingang des Addierers 3 zugeführt. Am Ausgang des Addierers
3 steht die Summe der beiden Signalanteile 103, 104 als Ausgangssignal 105 zur Verfügung.
[0007] Frequenzweichen sind nicht ideal und haben bei ihrer Grenzfrequenz GF eine endliche
Frequenzüberlappung. In Figur 2 ist als Beispiel der Frequenzgang einer Frequenzweiche
in einem Hörgerät mit der Grenzfrequenz GF 1800 Hz dargestellt. Die Kurven K1, K2
zeigen die Dämpfung D in dB in Abhängigkeit der Frequenz F in Hz im Bereich 0 bis
4000 Hz. Die Kurve K1 zeigt eine Tiefpasscharakteristik und die Kurve K2 eine Hochpasscharakteristik.
[0008] Wird nun ein Tiefpass K1 gefilterter Signalanteil nicht verzerrt und ein Hochpass
K2 gefilterter Signalanteil verzerrt, kommt es bei einer Addition der Signalanteile
K1, K2 vor allem im Bereich der Grenzfrequenz GF zu nicht zu vernachlässigenden Überlagerungen
von beiden Signalanteilen was in einem Ausgangssignal des Hörgeräts als Modulation
oder starke Rauhigkeit wahrgenommen wird. Beide Wirkungen sind sehr störend und fallen
in der Wahrnehmung durch einen Hörgeräteträger meist deutlich stärker auf als die
Frequenzverzerrung an sich.
[0009] Stark frequenzverzerrende Algorithmen werden in der Regel bei starken Hörverlusten
eingesetzt, wobei Artefakte in Kauf genommen, beziehungsweise von Hörgeschädigten
nicht wahrgenommen werden. Probleme bereiten aber auch schwach frequenzverzerrende
Algorithmen, die zum Beispiel zur Unterstützung einer Rückkopplungsunterdrückung zum
Einsatz kommen. Da diese für alle Hörgeräteträger einsetzbar sein sollen, müssen sie
möglichst unauffällig sein. Zurzeit kommt daher vor allem eine An-/Ausschaltlogik
zum Einsatz, welche die Frequenzverzerrung hinzuschaltet, wenn Rückkopplungsartefakte
vermutet werden, und welche die Frequenzverzerrung wieder ausschaltet, wenn keine
Rückkopplung vermutet wird. Diese Logik hat dabei allerdings den Nachteil, dass ein
Rückkopplungspfeifen erst detektiert werden muss, bevor der Algorithmus eingeschaltet
wird, der dann wiederum eine gewisse Zeit bis zur vollen Wirkung benötigt. Dies verzögert
die Rückkopplungsunterdrückung und birgt die Gefahr von Fehlerkennungen.
[0010] Die
EP 1 333 700 A2 offenbart ein Verfahren und ein Hörgerät zur Frequenzverschiebung. Dabei wird aus
dem Spektrum eines Mikrofonsignals des Hörgeräts ein verschobenes Spektrum mittels
einer nicht-linearen Frequenzverschiebungsfunktion gewonnen.
[0011] Es ist Aufgabe der Erfindung, die Wahrnehmung von Artefakten bei einem Einsatz von
frequenzverzerrenden Algorithmen bei einer binauralen Hörgeräteversorgung zu verringern.
[0012] Gemäß der Erfindung wird die gestellte Aufgabe mit dem Verfahren zum Betrieb einer
binauralen Hörvorrichtung des unabhängigen Patentanspruchs 1 und der binauralen Hörvorrichtung
des unabhängigen Patentanspruchs 8 gelöst.
[0013] Die Erfindung beansprucht ein Verfahren zum Betrieb einer binauralen Hörvorrichtung
mit mindestens einem linken Hörgerät und mit mindestens einem rechten Hörgerät. Das
Verfahren umfasst die Schritte:
- Verzerren der Frequenzen eines durch das linke Hörgerät aufgenommenen akustischen
Signals oder eines Signalanteils des aufgenommenen akustischen Signals und
- Verzerren der Frequenzen des durch das rechte Hörgerät aufgenommenen akustischen Signals
oder eines Signalanteils des aufgenommenen akustischen Signals, wobei die Frequenzverzerrungen
des linken und rechten Hörgeräts unterschiedlich sind.
[0014] Die subjektive Wahrnehmung von Überlagerungsartefakten durch einen Hörgeräteträger
wird dadurch verringert.
[0015] In einer Weiterbildung der Erfindung kann das durch das linke Hörgerät aufgenommene
akustische Signal oder der Signalanteil des aufgenommenen akustischen Signals und
das durch das rechte Hörgerät aufgenommene akustische Signal oder der Signalanteil
des aufgenommenen akustischen Signals zueinander antisymmetrisch verzerrt werden.
Vorteilhaft daran ist, dass Überlagerungsartefakte durch eine dezentrale Lokalisation
für einen Hörgeräteträger unauffälliger sind.
[0016] In einer weiteren Ausführungsform kann das durch das linke Hörgerät aufgenommene
akustische Signal oder der Signalanteil des aufgenommenen akustischen Signals und
das durch das rechte Hörgerät aufgenommene akustische Signal oder der Signalanteil
des aufgenommenen akustischen Signals zueinander asymmetrisch verzerrt werden. Dies
bietet den Vorteil, dass eine tonale Verstimmung eines Eingangssignals für einen Hörgeräteträger
kaschiert wird.
[0017] Vorteilhaft können die Frequenzverzerrungen des linken und rechten Hörgeräts eine
Frequenzverschiebung und/oder eine Frequenzkompression umfassen.
[0018] Des Weiteren können die Frequenzverzerrungen zeitlich verändert werden. Dadurch variieren
die Überlagerungsartefakte, wodurch sie für einen Hörgeräteträger weniger wahrnehmbar
werden und eine gefühlte tonale Schieflage vermieden wird.
[0019] In einer weiteren Ausführungsform können die Frequenzverzerrungen des linken und
rechten Hörgeräts binaural miteinander gekoppelt werden. Dadurch wird ein Gleichlauf
sichergestellt.
[0020] In einer Weiterbildung können die Frequenzen in einem oder mehreren Frequenzteilbändern
verzerrt werden.
[0021] Die Erfindung beansprucht auch eine binaurale Hörvorrichtung mit mindestens einem
linken Hörgerät und mit mindestens einem rechten Hörgerät. Die Hörvorrichtung umfasst:
- eine erste Frequenzverzerrungseinheit im linken Hörgerät, die die Frequenzen eines
durch das linke Hörgerät aufgenommenen akustischen Signals oder eines Signalanteils
des aufgenommenen akustischen Signals verzerrt und
- eine zweite Frequenzverzerrungseinheit im rechten Hörgerät, die die Frequenzen des
durch das rechte Hörgerät aufgenommenen akustischen Signals oder eines Signalanteils
des aufgenommenen akustischen Signals verzerrt, wobei die Frequenzverzerrungen des
linken und rechten Hörgeräts unterschiedlich sind.
[0022] In einer Weiterbildung der Erfindung können die erste und die zweite Frequenzverzerrungseinheit
zueinander antisymmetrisch verzerren.
[0023] In einer weiteren Ausführungsform können die erste und die zweite Frequenzverzerrungseinheit
zueinander asymmetrisch verzerren.
[0024] Des Weiteren können die Frequenzverzerrungen der ersten und der zweiten Frequenzverzerrungseinheit
eine Frequenzverschiebung und/oder eine Frequenzkompression umfassen.
[0025] Außerdem können die Frequenzverzerrungen der ersten und der zweiten Frequenzverzerrungseinheit
zeitlich veränderbar sein. In einer Weiterbildung können die erste und die zweite
Frequenzverzerrungseinheit binaural miteinander koppelbar sein.
[0026] In einer weiteren Ausführungsform können die Frequenzen in einem oder mehreren Frequenzteilbändern
verzerrt sein.
[0027] Vorteilhaft kann die Hörvorrichtung eine erste Frequenzweiche im linken Hörgerät,
die das aufgenommene akustische Signal in einen niederfrequenten und einen hochfrequenten
Signalanteil aufteilt, dessen Frequenzen verzerrt werden und/oder eine zweite Frequenzweiche
im rechten Hörgerät, die das aufgenommene akustische Signal in einen niederfrequenten
und einen hochfrequenten Signalanteil aufteilt, dessen Frequenzen verzerrt werden,
umfassen.
[0028] Weitere Besonderheiten und Vorteile der Erfindung werden aus den nachfolgenden Erläuterungen
mehrerer Ausführungsbeispiele anhand von schematischen Zeichnungen ersichtlich.
[0029] Es zeigen:
- Figur 1:
- ein Blockschaltbild einer Anordnung mit Frequenz- weiche gemäß Stand der Technik,
- Figur 2:
- ein Schaubild eines Frequenzgangs einer Frequenz- weiche gemäß Stand der Technik,
- Figur 3:
- eine binaurale Hörvorrichtung mit antisymmetri- scher Frequenzverzerrung,
- Figur 4:
- eine binaurale Hörvorrichtung mit symmetrischer Frequenzverzerrung,
- Figur 5:
- eine binaurale Hörvorrichtung mit asymmetrischer Frequenzverzerrung und
- Figur 6:
- ein Blockschaltbild einer binauralen Hörvorrich- tung.
[0030] Figur 3 erklärt beispielhaft das Prinzip und die Wirkungsweisen der Erfindung. Die
Darstellung zeigt den Kopf 10 eines Hörgeräteträgers mit einem linken Hörgerät 11
und einem rechten Hörgerät 12 für eine binaurale Versorgung. Das linke Hörgerät 11
umfasst ein Mikrofon 13 und einen Hörer 14. Das rechte Hörgerät 12 umfasst ein Mikrofon
15 und einen Hörer 16. Von einer Schallquelle 17 wird ein sinusförmiges Schallsignal
18 mit der Frequenz 1000 Hz abgestrahlt. Das Schallsignal 18 wird von den beiden Mikrofonen
13 und 15 aufgenommen, jeweils in elektrische Signale umgewandelt, u.a. verstärkt
und in der Frequenz verzerrt, ehe die Signale durch die Hörer 14 und 16 abgegeben
werden. Die Frequenzverzerrung erfolgt antisymmetrisch mit 10 Hz Frequenzverschiebung,
d.h. das Hörersignal des linken Hörgeräts 11 beträgt 1010 Hz und das Hörersignal des
rechten Hörgeräts 12 beträgt 990 Hz. Der Hörgeräteträger nimmt den ursprünglichen
1000 Hz Ton trotz der Frequenzverschiebung zwischen den beiden Verschiebungen, also
wieder auf der ursprünglichen Frequenz 1000 Hz wahr.
[0031] Wird also eine Frequenzverzerrung erfindungsgemäß antisymmetrisch eingestellt, werden
ursprünglich reine Töne bei einer Frequenz zwischen den beiden Verzerrungen, also
wieder auf der ursprünglichen Frequenz wahrgenommen. Dadurch wird eine tonale Verstimmung
des Schallsignals 18 kaschiert. Ein reiner Sinuston erscheint dem Hörgeräteträger
zwar breiter, aber gegenüber der ursprünglichen Frequenz nicht verstimmt. Wichtig
dabei ist, dass eine Verzerrung bzw. eine Verschiebung nicht zu groß ist, damit das
Gehirn des Hörgeräteträgers denselben Ursprung des Schallsignals 18 für das rechte
und linke Ohr vermutet.
[0032] Wird eine Frequenzverzerrung für das linke und rechte Ohr absichtlich unterschiedlich
eingestellt, wird diese nicht so prominent wahrgenommen, wie wenn die Verzerrung auf
beiden Ohren identisch wäre. Ursache für diese Wirkung sind die störenden Überlagerungsartefakte,
die üblicherweise als Signalmodulation in Erscheinung treten und gerade bei tonalen
Signalen sehr deutlich wahrgenommen werden.
[0033] In Figur 4 ist die Wirkung einer identischen Frequenzverschiebung für beide Ohren
eines Hörgeräteträgers dargestellt. Figur 4 zeigt den Kopf 10 eines Hörgeräteträgers
mit einem linken Hörgerät 11 und einem rechten Hörgerät 12 für eine binaurale Versorgung.
Das linke Hörgerät 11 umfasst ein Mikrofon 13 und einen Hörer 14. Das rechte Hörgerät
12 umfasst ein Mikrofon 15 und einen Hörer 16. Von einer Schallquelle 17 wird ein
sinusförmiges Schallsignal 18 mit der Frequenz 1000 Hz abgestrahlt. Das Schallsignal
18 wird auf den Wegen 19 von den beiden Mikrofonen 13 und 15 aufgenommen, jeweils
in elektrische Signale umgewandelt, u.a. verstärkt und in der Frequenz um 20 Hz verschoben,
ehe die Signale durch die Hörer 14 und 16 abgegeben werden. Zusätzlich nimmt ein Hörgerätenutzer
das Schallsignal 18 auch auf direkten Wegen 20, als sogenannten Direktschall wahr.
Durch die Überlagerung des Direktschalls mit 1000 Hz und des von den Hörern 14 und
16 abgegebenen Schalls mit 1020 Hz entsteht eine Schwebung mit einer Frequenz von
20 Hz, die vom Hörgerätenutzer mittig zentriert, direkt im eigenen Kopf 10 wahrgenommen
wird. Dadurch wird die Wahrnehmung einer durch Frequenzverzerrung bedingten Amplitudenmodulation
verstärkt.
[0034] Abhilfe schafft eine erfindungsgemäße asymmetrische Frequenzverzerrung, wie in Figur
5 dargestellt. Figur 5 zeigt den Kopf 10 eines Hörgeräteträgers mit einem linken Hörgerät
11 und einem rechten Hörgerät 12 für eine binaurale Versorgung. Das linke Hörgerät
11 umfasst ein Mikrofon 13 und einen Hörer 14. Das rechte Hörgerät 12 umfasst ein
Mikrofon 15 und einen Hörer 16. Von einer Schallquelle 17 wird ein sinusförmiges Schallsignal
18 mit der Frequenz 1000 Hz abgestrahlt. Das Schallsignal 18 wird auf den Wegen 19
von den beiden Mikrofonen 13 und 15 aufgenommen, jeweils in elektrische Signale umgewandelt,
u.a. verstärkt und in der Frequenz um 25 Hz bzw. 15 Hz verschoben, ehe die Signale
durch die Hörer 14 und 16 abgegeben werden. Zusätzlich nimmt ein Hörgerätenutzer das
Schallsignal 18 auch auf direkten Wegen 20, als sogenannten Direktschall wahr. Durch
die Überlagerung des Direktschalls mit 1000 Hz und des vom Hörer 14 des linken Hörgeräts
11 abgegebenen Schalls mit 1025 Hz entsteht eine Schwebung mit einer Frequenz von
25 Hz, die vom Hörgerätenutzer außerhalb des Kopfes 10 - angedeutet durch die Wolke
"25 Hz modulation" - wahrgenommen wird. Durch die Überlagerung des Direktschalls mit
1000 Hz und des vom Hörer 16 des rechten Hörgeräts 12 abgegebenen Schalls mit 1015
Hz entsteht eine Schwebung mit einer Frequenz von 15 Hz, die vom Hörgerätenutzer ebenfalls
außerhalb des Kopfes 10 - angedeutet durch die Wolke "15 Hz modulation" - wahrgenommen
wird.
[0035] Wenn also rechts und links eine unterschiedliche Frequenzverzerrung anliegt, lokalisiert
ein Hörgerätenutzer die Quelle(n) der Schwebung außerhalb des Kopfes 10 und ordnet
sie daher einem Hintergrundgeräusch zu, da keine Korrelation zwischen dem rechten
und linken Ohr besteht. Die Einstellung von asymmetrischen Frequenzverzerrungen ist
somit eine sehr effiziente und einfache Methode um Artefakte einer Frequenzverzerrung
zu minimieren.
[0036] In Kombination mit den mit den Figuren 3 und 5 beschriebenen erfindungsgemäßen Lösungen
kann auch die Frequenzverzerrung, bzw. die Stärke der Frequenzverzerrung, bspw. der
Frequenzversatz, über der Zeit langsam und/oder zufällig verändert werden. Wird die
Frequenzverzerrung bspw. zur Unterstützung der Rückkopplungsunterdrückung eingesetzt,
gibt es üblicherweise einen relativ großen Einstellbereich für die Frequenzverzerrung.
Der Grad der Verzerrung kann dann eher nach audiologischen Gesichtspunkten gewählt
werden, in der Regel so, dass Überlagerungsartefakte gerade nicht mehr als reine Modulation
bzw. Schwebung sondern eher als Rauhigkeit wahrgenommen werden und dass die Verstimmung
minimal ist.
[0037] Ein Frequenzversatz kann variiert werden und sollte auch dynamisch über der Zeit
erfolgen. Einerseits kann damit vermieden werden, dass immer wieder bei denselben
Tönen dieselben Artefakte auftreten. Kennt nämlich ein Hörgeräteträger nach einiger
Tragezeit die kritischen Töne, so wartet er nur noch darauf und ist genervt, wenn
er die Artefakte dann tatsächlich wieder wahrnehmen muss. Außerdem haben Hörtests
ergeben, dass bei der erfindungsgemäßen asymmetrischen Frequenzverzerrung ein Hörgerätenutzer
ein Gefühl einer "Schieflage" bekommen kann. Wenn beispielsweise die Töne im linken
Ohr immer tiefer sind als die im rechten, kann der Hörgerätenutzer das Gefühl bekommen,
dass die Hörgeräte asymmetrisch sitzen. Dies wird vermieden, indem die Frequenzverzerrung
zeitlich variiert und einmal das rechte und einmal das linke Ohr dasjenige mit der
höheren Frequenz ist. Geschieht dies sehr langsam, so fallen die Änderungen in der
Frequenzverzerrung dem Hörgerätenutzer nicht auf und es stellt sich kein Gefühl der
Asymmetrie ein. Wenn die zeitliche Variation keinem bestimmten Muster folgt, werden
sie vom Gehirn als übliche Schwankungen eingestuft. Auch für die Überlagerungsartefakte
ist es vorteilhaft, wenn zeitweise das rechte Ohr eine höhere Modulation aufweist
und zeitweise das linke. Artefakte werden leichter toleriert, wenn sie nur ab und
zu und ohne erkennbares Muster auftreten.
[0038] Figur 6 zeigt ein Blockschaltbild eines Teils einer erfindungsgemäßen binauralen
Hörvorrichtung mit einem linken und einem rechten Hörgerät 11, 12. Ein Eingangssignal
100L des linken Hörgeräts 11 wird durch eine Frequenzweiche 1L in einen niederfrequenten
und einen hochfrequenten Signalanteil 101L, 102L geteilt. Der hochfrequente Signalanteil
102L wird anschließend in einer ersten Frequenzverzerrungseinheit 2L verzerrt. Das
verzerrte Ausgangssignal 103L wird einem Eingang eines Addieres 3L zugeführt. Der
niederfrequente Signalanteil 101L wird einem weiteren Eingang des Addierers 3L zugeführt.
Am Ausgang des Addierers 3L steht die Summe der beiden Signalanteile 103L, 101L als
Ausgangssignal 105L zur Verfügung. Durch eine Frequenzverzerrungssteuereinheit 5L
des linken Hörgeräts 11 wird mit Hilfe eines Steuersignals 106L der Grad bzw. die
Stärke und die Art der Frequenzverzerrung der ersten Frequenzverzerrungseinheit 2L
gesteuert.
[0039] Analoges gilt für das rechte Hörgerät 12. Ein Eingangssignal 100R des rechten Hörgeräts
12 wird durch eine Frequenzweiche 1R in einen niederfrequenten und einen hochfrequenten
Signalanteil 101R, 102R geteilt. Der hochfrequente Signalanteil 102R wird anschließend
in einer zweiten Frequenzverzerrungseinheit 2R verzerrt. Das verzerrte Ausgangssignal
103R wird einem Eingang eines Addieres 3R zugeführt. Der niederfrequente Signalanteil
101R wird einem weiteren Eingang des Addierers 3R zugeführt. Am Ausgang des Addierers
3R steht die Summe der beiden Signalanteile 103R, 101R als Ausgangssignal 105R zur
Verfügung. Durch eine Frequenzverzerrungssteuereinheit 5R des rechten Hörgeräts 12
wird mit Hilfe eines Steuersignals 106R der Grad bzw. die Stärke und die Art der Frequenzverzerrung
der zweiten Frequenzverzerrungseinheit 2R gesteuert.
[0040] Die beiden Frequenzverzerrungssteuereinheiten 5L und 5R der beiden Hörgeräte 11 und
12 sind drahtlos miteinander gekoppelt und können so über ein Kopplungssignal 107
synchronisiert werden, um beispielweise trotz zeitlicher Variation dennoch streng
asymmetrisch und/oder streng antisymmetrisch in der Frequenzverzerrung zu bleiben.
[0041] Eine zeitliche Veränderung kann vorteilhaft rechts und links gleichwertig, beispielsweise
gleich schnell oder mit einem selben Erwartungswert, erfolgen. Die Änderung der Frequenzverzerrung
kann kontinuierlich oder in Stufen erfolgen. Sie kann breitbandig geändert werden,
oder aber nur in Teilbändern.
Bezugszeichenliste
[0042]
- 1
- Frequenzweiche / Split-Band Filter
- 1L
- Frequenzweiche linkes Hörgerät 11
- 1R
- Frequenzweiche rechtes Hörgerät 12
- 2
- Frequenzverzerrer
- 2L
- erste Frequenzverzerrungseinheit
- 2R
- zweite Frequenzverzerrungseinheit
- 3
- Addierer
- 3L
- Addierer im linken Hörgerät 11
- 3R
- Addierer im rechten Hörgerät 12
- 4
- All-Pass Filter
- 5L
- Frequenzverzerrungssteuereinheit des linken Hörgeräts 11
- 5R
- Frequenzverzerrungssteuereinheit des rechten Hörge- räts 12
- 10
- Kopf eines Hörgeräteträgers
- 11
- linkes Hörgerät
- 12
- rechtes Hörgerät
- 13
- Mikrofon des linken Hörgeräts 11
- 14
- Hörer des linken Hörgeräts 11
- 15
- Mikrofon des rechten Hörgeräts 12
- 16
- Hörer des rechten Hörgeräts 12
- 17
- Schallquelle
- 18
- Schallsignal der Schallquelle 17
- 19
- Schallweg zum Hörgerät 11, 12
- 20
- Schallweg des Direktschalls
- 100
- Eingangssignal / Mikrofonsignal
- 100L
- Eingangssignal des linken Hörgeräts 11
- 100R
- Eingangssignal des rechten Hörgeräts 12
- 101
- niederfrequentes Signal
- 101L
- niederfrequentes Signal des linken Hörgeräts 11
- 101R
- niederfrequentes Signal des rechten Hörgeräts 12
- 102
- hochfrequentes Signal
- 102L
- hochfrequentes Signal des linken Hörgeräts 11
- 102R
- hochfrequentes Signal des rechten Hörgeräts 12
- 103
- verzerrtes Signal
- 103L
- verzerrtes Signal des linken Hörgeräts 11
- 103R
- verzerrtes Signal des rechten Hörgeräts 12
- 104
- phasenkompensiertes Signal
- 105
- Ausgangssignal
- 105L
- Ausgangssignal des linken Hörgeräts 11
- 105R
- Ausgangssignal des rechten Hörgeräts 12
- 106L
- Steuersignal des linken Hörgeräts 11
- 106R
- Steuersignal des rechten Hörgeräts 12
- 107
- Kopplungssignal
- D
- Dämpfung
- F
- Frequenz
- GF
- Grenzfrequenz
- K1
- Frequenzgang Tiefpass
- K2
- Frequenzgang Hochpass
1. Verfahren zum Betrieb einer binauralen Hörvorrichtung mit mindestens einem linken
Hörgerät (11) und mit mindestens einem rechten Hörgerät (12),
gekennzeichnet durch:
- Verzerren der Frequenzen eines durch das linke Hörgerät (11) aufgenommenen akustischen Signals (100L) oder eines Signalanteils
des aufgenommenen akustischen Signals (102L) und
- Verzerren der Frequenzen des durch das rechte Hörgerät (12) aufgenommenen akustischen Signals (100R) oder eines Signalanteils
des aufgenommenen akustischen Signals (102R), wobei die Frequenzverzerrungen des linken
und rechten Hörgeräts (11, 12) unterschiedlich sind.
2. Verfahren nach Anspruch 1,
dadurch gekennzeichnet,
dass das durch das linke Hörgerät (11) aufgenommene akustische Signal (100L) oder der
Signalanteil des aufgenommenen akustischen Signals (102L) und das durch das rechte
Hörgerät (12) aufgenommene akustische Signal (100R) oder der Signalanteil des aufgenommenen
akustischen Signals (102R) zueinander antisymmetrisch verzerrt werden.
3. Verfahren nach Anspruch 1,
dadurch gekennzeichnet,
dass das durch das linke Hörgerät (11) aufgenommene akustische Signal (100L) oder der
Signalanteil des aufgenommenen akustischen Signals (102L) und das durch das rechte
Hörgerät (12) aufgenommene akustische Signal (100R) oder der Signalanteil des aufgenommenen
akustischen Signals (102R) zueinander asymmetrisch verzerrt werden.
4. Verfahren nach einem der Ansprüche 1 bis 3,
dadurch gekennzeichnet,
dass die Frequenzverzerrungen des linken und rechten Hörgeräts (11, 12) eine Frequenzverschiebung
und/oder eine Frequenzkompression umfassen.
5. Verfahren nach einem der vorhergehenden Ansprüche,
dadurch gekennzeichnet,
dass die Frequenzverzerrungen zeitlich verändert werden.
6. Verfahren nach einem der vorhergehenden Ansprüche,
dadurch gekennzeichnet,
dass die Frequenzverzerrungen des linken und rechten Hörgeräts (11, 12) binaural miteinander
gekoppelt werden.
7. Verfahren nach einem der vorhergehenden Ansprüche,
dadurch gekennzeichnet,
dass die Frequenzen in einem oder in mehreren Frequenzteilbändern verzerrt werden.
8. Binaurale Hörvorrichtung mit mindestens einem linken Hörgerät (11) und mit mindestens
einem rechten Hörgerät (12),
gekennzeichnet durch:
- einer ersten Frequenzverzerrungseinheit (2L) im linken Hörgerät (11), die die Frequenzen
eines durch das linke Hörgerät aufgenommenen akustischen Signals (100L) oder eines Signalanteils
des aufgenommenen akustischen Signals (102L) verzerrt und
- einer zweiten Frequenzverzerrungseinheit (2R) im rechten Hörgerät (12), die die
Frequenzen des durch das rechte Hörgerät (12) aufgenommenen akustischen Signals (100R) oder eines Signalanteils
des aufgenommenen akustischen Signals (102R) verzerrt, wobei die Frequenzverzerrungen
des linken und rechten Hörgeräts (11, 12) unterschiedlich sind.
9. Hörvorrichtung nach Anspruch 8,
dadurch gekennzeichnet,
dass die erste und die zweite Frequenzverzerrungseinheit (2L, 2R) zueinander antisymmetrisch
verzerren.
10. Hörvorrichtung nach Anspruch 8,
dadurch gekennzeichnet,
dass die erste und die zweite Frequenzverzerrungseinheit (2L, 2R) zueinander asymmetrisch
verzerren.
11. Hörvorrichtung nach einem der Ansprüche 8 bis 10,
dadurch gekennzeichnet,
dass die Frequenzverzerrungen der ersten und der zweiten Frequenzverzerrungseinheit (2L,
2R) eine Frequenzverschiebung und/oder eine Frequenzkompression umfassen.
12. Hörvorrichtung nach einem der Ansprüche 8 bis 11,
dadurch gekennzeichnet,
dass die Frequenzverzerrungen zeitlich veränderbar sind.
13. Hörvorrichtung nach einem der Ansprüche 8 bis 12,
dadurch gekennzeichnet,
dass die erste und die zweite Frequenzverzerrungseinheit (2L, 2R) binaural miteinander
koppelbar sind.
14. Hörvorrichtung nach einem der Ansprüche 8 bis 13,
dadurch gekennzeichnet,
dass die Frequenzen in einem oder mehreren Frequenzteilbändern verzerrt sind.
15. Hörvorrichtung nach einem der Ansprüche 8 bis 14,
gekennzeichnet durch:
- eine erste Frequenzweiche (1L) im linken Hörgerät (11), die das aufgenommene akustische
Signal (100L) in einen niederfrequenten und einen hochfrequenten Signalanteil (101L,
102L) aufteilt, dessen Frequenz verzerrt wird und/oder
- eine zweite Frequenzweiche (1R) im rechten Hörgerät (12), die das aufgenommene akustische
Signal (100R) in einen niederfrequenten und einen hochfrequenten Signalanteil (101R,
102R) aufteilt, dessen Frequenz verzerrt wird.