[0001] Die Erfindung betrifft einen Kaltkopf für Gaskältemaschinen mit einer Leistung zwischen
10 W und einigen Kilowatt Kälteleistung für die Erzeugung von Temperaturen im Bereich
von 80 K (einstufig) und 20 K (zweistufig) nach dem Pulse-Tube-Prinzip. Die Anwendung
des Pulse-Tube-Kaltkopf bietet sich besonders für die direkte Kühlung von Vorrichtungen/Anlagen
mit mittleren bis größeren Kälteleistungsbedarf, wie z. B. passive Magnetlager auf
der Basis von Hochtemperatursupraleitern, die für (HTSL) Ultrazentrifugen, Schwungrad-Energiespeicher
etc. verwendet werden, und (Rück-)Verflüssigungsanlagen für permanente Gase (z.B.
Stickstoff, Sauerstoff, Argon, Erdgas einstufig; Neon, Wasserstoff zweistufig) an.
[0002] Die technische Nutzung des Pulse-Tube-Prinzips ist bereits seit 1941 durch den Basic
Pulse Tube Refrigerator (BPTR) von W. E. Gifford und R. C. Longsworth bekannt, mit
dem Temperaturen von 124 K (= -149 °C) erreicht wurden. Weiterentwicklungen führten
zu Pulse-Tube-Kühlern, die Temperaturen von 1,7 K ermöglichen.
[0003] Für Pulse-Tube-Kühler mittlerer und größerer Kälteleistung wird derzeit nahezu ausschließlich
eine sogenannte Inertance-Tube zur Einstellung der Phasendifferenz zwischen Druckwelle
und Volumenstrom eingesetzt. Das Inertance-Prinzip, das Ende der neunziger Jahre entwickelt
wurde, stellt eine Weiterentwicklung des Orifice-Prinzips dar. Im Gegensatz zum Orifice-Prinzip
(z.B.
US 6,442,947 B1) wo lediglich ein Druckdifferenz-monotoner Volumenstrom durch eine Lochblende eingestellt
werden kann, wird beim Inertance-Prinzip die Reaktanz der Gasträgheit zur Vergrößerung
der Phasenverschiebung ausgenutzt. In der bewegten Gassäule wird zudem kinetische
Energie gespeichert, welche beim Zurückströmen des Gases aus der Inertance-Tube zum
Druckaufbau genutzt werden kann (Stagnation, Umwandlung kinetischer Energie in potentielle
Energie).
[0004] In
US 2009/0107150 A1 wird eine Verschaltung aus einer Inertance-Tube und einem Drucktank, wie er üblicherweise
in Pulse-Tube-Kühlsystemen eingesetzt wird, beschrieben. Der Drucktank ist als schraubenförmiger
Kanal ausgeformt, der in die Außenwand der Pulse-Tube eingebracht ist.
[0005] Das Prinzip der Inertance-Tube wird auch bei der in
JP 2002 106 992 beschriebenen zweistufigen Inertance-Tube angewendet, die aus einem Trägheitsrohr
und einem Reibungsrohr besteht. Diese sind derart zwischen Pulse-Tube und Reservoir
angeordnet, dass das Reibungsrohr mit der Pulse-Tube und das Trägheitsrohr mit dem
Reservoir verbunden sind. Diese Anordnung von Reibungs- und Trägheitsrohr (letzteres
unmittelbar vor dem Reservoir) führt jedoch dazu, dass eine Ausnutzung der kinetischen
Energie des Gases im Trägheitsrohr zur Rekompression der Gassäule in der Pulse-Tube
nicht möglich ist. Die Verbesserung der Bruttokälteleistung und des Wirkungsgrads
resultiert hier lediglich aus der exakten Einstellung der Phasenverschiebung zwischen
Druckwelle und Volumenstrom.
[0006] Eine weitere Möglichkeit zur Beeinflussung der Phasenverschiebung ist der Regenerator-Bypass
beim Double-Inlet-Prinzip. Hier wird ein Teil des Gasstroms für die Kompression und
Expansion am Regenerator vorbei direkt zum warmen Ende der Pulse-Tube geleitet, wodurch
sich das Verhältnis der Volumenströme über den Wärmetauscher bzw. in die Pulse-Tube
einstellen lässt. Das Double-Inlet-Prinzip wird heute nur noch selten benutzt, da
der Bypass über den Regenerator sehr exakt eingestellt werden muss. Außerdem können
schwer kontrollierbare Instabilitäten durch Differenz-Gasströme zwischen Kompression
und Expansion hervorgerufen werden, welche zu gleichgerichteten Nettomassenströmen
(DC-Flow) führen.
[0007] In
DE 10 051 115.5 wird eine weitere Lösung, die eines aktiven Expanders, gezeigt, die die beim Pulse-Tube-Prinzip
nötige Phasenverschiebung zwischen Druckwelle und Volumenstrom erzeugt. In einem Verdichter
befinden sich zwei Zylinder, die um 55°...78° zueinander versetzt sind. Die Zylinder,
ein Kompressionszylinder und ein Expansionszylinder, werden von derselben Welle angetrieben.
Die Volumina von Kompressionszylinder und Expansionszylinder sind so aneinander angepasst,
dass im Arbeitspunkt des Kryokühlers sowohl die Phasenverschiebung zwischen Druckwelle
und Volumenstrom als auch der Volumenstrom selbst optimiert sind. Außerdem wird über
die Kopplung des Expansionskolbens an die Welle ein großer Anteil der Expansionsenergie
auf die Antriebswelle gebracht und damit die notwendige Antriebsenergie pro Zyklus
verkleinert. Über diese Maßnahme kann eine hohe Kälteleistung bei hohem Wirkungsgrad
erreicht werden. Das Prinzip des aktiven Expanders stellt funktionell gegenwärtig
die effektivste Lösung dar, da Leistungsdaten erreicht werden, die mit denen von Stirlingkühlern
vergleichbar sind bzw. diese sogar übertreffen. Nachteilig ist jedoch vor allem die
Komplexität des Systems, namentlich die Vielzahl der beweglichen Teile und deren Abstimmung
zueinander.
[0008] Als Wärmetauscher am warmen Ende der Pulse-Tube werden bei mittleren Kälteleistungen
üblicherweise Kupfer-Siebgewebescheiben eingesetzt oder es werden Wärmetauscher mit
mehreren parallelen Bohrungen bzw. Rohren verwendet. Bei Pulse-Tube-Kühlern größerer
Kälteleistung und hoher Arbeitsfrequenz werden Wärmetauscher mit erodierten Schlitzen
benutzt.
[0009] Jeder der vorgestellten Wärmetauscher ist aufgrund seiner Komplexität in der Herstellung
aufwendig und kostenintensiv.
[0010] Aufgabe der Erfindung ist es, eine Kältemaschine nach dem Pulse-Tube-Prinzip zur
Verfügung zu stellen, die die Effektivität eines Pulse-Tube-Kühlers mit aktivem Expander
und den einfachen Aufbau des Pulse-Tube-Kühlers mit Inertance-Tube vereint und zudem
einen einfach aufgebauten, aber leistungsstarken Wärmetauscher besitzt.
[0011] Die Aufgabe der Erfindung wird durch die kennzeichnenden Merkmale des Anspruchs 1
gelöst. Weitere vorteilhafte Ausführungen der Erfindung ergeben sich aus den Ansprüchen
2 bis 8.
[0012] Nach Maßgabe der Erfindung wird für die Kältemaschine ein Pulse-Tube-Kaltkopf verwendet,
der eine zweistufige Inertance-Tube und einen neuartigen warmen Wärmetauscher aufweist.
[0013] Der Pulse-Tube-Kaltkopf besteht aus einem Kompressor, einem kalten Wärmetauscher,
einem Pulsrohr, einem warmen Wärmetauscher, einem nachgeschalteten Phasenschieber
und einem Reservoir. Erfindungsgemäß ist vorgesehen, den Strömungsquerschnitt des
Wärmetauschers gegenüber des Strömungsquerschnitts des Pulsrohrs stetig oder sprunghaft
zu vergrößern. Damit wird die im Unterschallbereich liegende Strömungsgeschwindigkeit
des Arbeitsgases beim Übergang vom warmen Ende des Pulsrohrs in den Wärmetauscher
allmählich oder sprunghaft verringert.
[0014] Durch die Vergrößerung des Strömungsquerschnitts im Wärmetauscher stagniert das Arbeitsgas
in diesem. Die Stagnation des Arbeitsgases bewirkt aufgrund des Bernoulli-Effekt eine
lokale Erhöhung des statischen Drucks. Infolge dessen erfährt das Arbeitsgas eine
Zustandsänderung, welche im allgemeinen Fall einer polytropen Kompression entspricht.
Die kinetische Energie des Arbeitsgases wird in innere Energie umgewandelt, wobei
die Temperatur des Gases im Wärmetauscher ansteigt und folglich mehr Energie über
die Wandung des Wärmetauschers übertragen werden kann.
[0015] Aufgrund dieses Effekts kann ohne zusätzliche Innenstruktur im Wärmetauscher bzw.
mit einfacher Innenstruktur eine Wärmeübertragung des Wärmetauschers erreicht werden,
die sonst nur durch komplexe Innenstrukturen möglich ist.
[0016] Die Reduzierung der Strömungsgeschwindigkeit des Arbeitsgases innerhalb des Wärmetauschers
schafft gleichzeitig die Vorbedingung für den optimalen Betrieb eines nachgeschalteten
Phasenschiebers.
[0017] Um die notwendigen funktionellen Parameter für die Phasenverschiebung unabhängig
voneinander einstellen zu können, ist es erforderlich, einen Phasenschieber zu haben,
mit dem sich Phasenverschiebung, Volumenstrom und Reibungsanteil separat einstellen
lassen.
[0018] Hierfür ist vorgesehen, eine zweistufige Inertance-Tube zu verwenden, welche aus
einem Trägheitsrohr und einem Reibungsrohr besteht. Das Trägheitsrohr zeichnet sich
durch möglichst geringe Reibungsverluste aus, und das anschließende Reibungsrohr,
mit dem der Reibungsanteil konstruktiv eingestellt werden kann, weist einen im Vergleich
zum Trägheitsrohr geringeren Querschnitt auf. Das Trägheitsrohr ist mit dem warmen
Wärmetauscher und das Reibungsrohr mit dem Reservoir verbunden.
[0019] Die Gestaltung der zweistufigen Inertance-Tube bietet vier Möglichkeiten der Einstellung,
nämlich zusätzlich zur optimalen Einstellung von Phasenverschiebung, Volumenstrom
und Reibungsanteil die Speicherung der kinetischen Energie durch die geeignete Gestaltung
von Länge und Durchmesser des Trägheitsrohrs. Auf diese Weise lassen sich alle Eigenschaften
des strukturell und funktionell komplexen aktiven Expanders mit einer einfachen Rohrstruktur
nachbilden.
[0020] Im Gegensatz zum aktiven Expander, der aufgrund der Vibrationsentkopplung (Massenausgleich
1. Ordnung) beim Antriebssystem möglichst mit einer Phasenverschiebung von 90 Grad
zu betreiben ist, lassen sich mit der zweistufigen Inertance-Tube problemlos auch
andere Phasenverschiebungen einstellen. Theoretische Berechnungen zeigen, dass sich
mit Phasenverschiebungen von etwa 60°...70° optimale Bedingungen hinsichtlich Kälteleistung
und Wirkungsgrad einstellen lassen.
[0021] Zur Steigerung Kälteleistung können zudem mehrere Pulse-Tube-Kaltköpfe parallel kaskadiert
(Parallelschaltung) angeordnet werden. Mittels serieller Anordnung (Mehrstufenanordnung)
lässt sich eine Verringerung der Arbeitstemperatur erreichen
[0022] Des Weiteren lässt sich die Erfindung auch auf Gifford-McMahon-artige und Stirlingartige
Pulse-Tube-Kühler übertragen.
[0023] Durch Zumischen von Gasen mit größerer Dichte (z.B. Neon) zum Arbeitsgas (z. B. Helium)
lässt sich eine kompaktere Geometrie, insbesondere durch die mögliche Verkürzung des
Trägheitsrohrs, erreichen. Weiterhin ist durch die Beimischung von Gasen größerer
Dichte der Stagnations-Effekt im Wärmetauscher steigerbar, wodurch eine bessere Wärmeübertragung
erreicht ist.
[0024] Die Erfindung wird nachfolgend anhand zweier Ausführungsbeispiele näher erläutert;
hierbei zeigen:
- Fig. 1
- einen Pulse-Tube-Kaltkopf mit einer zweistufigen Inertance-Tube und einem Wärmetauscher,
bei dem der Strömungsquerschnitt am warmen Ende des Pulsrohrs sprunghaft erweitert
ist;
- Fig. 2
- einen Pulse-Tube-Kaltkopf mit einer zweistufigen Inertance-Tube und einem Wärmetauscher,
bei dem der Strömungsquerschnitt am warmen Ende des Pulsrohrs stetig erweitert ist.
[0025] Wie aus den Figuren ersichtlich, umfasst der erfindungsgemäße Pulse-Tube-Kaltkopf
das Pulsrohr 1, den warmen Wärmetauscher 2, das Trägheitsrohr 3 und das Reibungsrohr
4.
[0026] Bei dem Pulse-Tube-Kaltkopf gemäß Fig. 1 ist der Übergang des Querschnitts sprunghaft,
wogegen in Fig. 2 der Übergang stetig ist.
Liste der verwendeten Bezugszeichen
[0027]
- 1.
- Pulsrohr
- 2.
- warmer Wärmetauscher
- 3.
- Trägheitsrohr
- 4.
- Reibungsrohr
1. Pulse-Tube-Kaltkopf, bestehend aus einem Vorkühler, einem Regenerator, einem kalten
Wärmetauscher, einem Pulsrohr (1), einem warmen Wärmetauscher (2), einem nachgeschalteten
Phasenschieber und einem Reservoir, dadurch gekennzeichnet, dass der warme Wärmetauscher (2) ein Rohr ist, dessen Querschnitt größer ist als der Querschnitt
des Pulsrohrs (1) und dass sich zwischen dem warmen Wärmetauscher (2) und dem Reservoir
eine zweistufige Inertance-Tube anschließt, die aus einem Trägheitsrohr (3), das möglichst
geringe Reibungsverluste verursacht, und einem anschließenden Reibungsrohr (4) mit
einem im Vergleich zum Trägheitsrohr (3) geringerem Querschnitt besteht, wobei das
Trägheitsrohr (3) mit dem warmen Wärmetauscher (2) und das Reibungsrohr (4) mit dem
Reservoir verbunden ist.
2. Pulse-Tube-Kaltkopf nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, dass der warme Wärmetauscher (2) ein Rohr ist, dessen Querschnitt über die gesamte Länge
konstant ist.
3. Pulse-Tube-Kaltkopf nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, dass der warme Wärmetauscher (2) ein Rohr ist, dessen Querschnitt zwischen Pulsrohr (1)
und Trägheitsrohr (3) stetig ansteigt.
4. Pulse-Tube-Kaltkopf nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, dass der warme Wärmetauscher (2) ein Rohr ist, dessen Querschnitt vom Pulsrohr (1) aus
zunächst stetig ansteigt und danach im Bereich der Länge des Rohres in einen konstanten
Querschnitt übergeht.
5. Pulse-Tube-Kaltkopf nach Anspruch 4, dadurch gekennzeichnet, dass der Übergang zwischen ansteigendem und stetigem Querschnitt in der Mitte der Länge
des Rohres ist.
6. Pulse-Tube-Kaltkopf nach Ansprüchen 1 bis 4, dadurch gekennzeichnet, dass als Arbeitsgas ein Gasgemisch verwendet wird.
7. Pulse-Tube-Kaltkopf nach Ansprüchen 1 bis 4, dadurch gekennzeichnet, dass die Anordnungen zur Steigerung der Kälteleistung parallel kaskadiert sind.
8. Pulse-Tube-Kaltkopf nach Ansprüchen 1 bis 4, dadurch gekennzeichnet, dass die Anordnungen zur Verringerung der Arbeitstemperatur seriell kaskadiert sind.
9. Pulse-Tube-Kaltkopf nach Anspruch 8, dadurch gekennzeichnet, dass die Tieftemperaturstufen mit einem Phasenschieber ausgestattet sind, welcher zur
Steigerung der Effekte über die Vergrößerung der Gasdichte mit einem Reservoir auf
dem Tieftemperaturniveau der seriell nächstgelegenen Stufe verbunden ist.