[0001] Die vorliegende Erfindung betrifft Verfahren zur Ansteuerung von Antrieben eines
Kranes. Insbesondere betrifft die vorliegende Erfindung dabei ein Verfahren zur Ansteuerung
eines Antriebs eines Kranes, insbesondere eines Drehwerkes und/oder eines Wippwerkes,
wobei eine Soll-Bewegung der Auslegerspitze als Eingangsgröße dient, auf deren Grundlage
eine Steuergröße zur Ansteuerung des Antriebs berechnet wird. Weiterhin betrifft die
Vorliegende Erfindung ein Verfahren zur Ansteuerung eines Hubwerks eines Kranes, bei
welchem eine Soll-Hubbewegung der Last als Eingangsgröße dient, auf deren Grundlage
eine Steuergröße zur Ansteuerung des Antriebs berechnet wird. Bei dem Antrieb des
erfindungsgemäßen Kranes kann es sich insbesondere um einen hydraulischen Antrieb
handeln. Der Einsatz eines elektrischen Antriebs ist aber ebenfalls möglich. Dabei
kann das Wippwerk z. B. über einen Hydraulikzylinder oder über ein Einziehwerk realisiert
werden.
[0002] Bei bekannten Verfahren zur Ansteuerung von Antrieben eines Kranes gibt dabei eine
Bedienperson mittels Handhebeln die Soll-Bewegung der Auslegerspitze und damit die
Soll-Bewegung der Last in horizontaler Richtung vor, woraus aufgrund der Kinematik
von Drehwerk und Wippwerk eine Steuergröße zur Ansteuerung dieser Antriebe berechnet
wird. Weiterhin gibt die Bedienperson mittels Handhebeln die Soll-Hubbewegung der
Last vor, aus welcher eine Steuergröße zur Ansteuerung des Hubwerks berechnet wird.
[0003] Weiterhin sind Verfahren zur Lastpendeldämpfung bekannt, bei welchen anstelle der
Bewegung der Auslegerspitze eine Soll-Bewegung der Last als Eingangsgröße dient, um
eine Steuergröße zur Ansteuerung der Antriebe zu berechnen. Hierbei kann z. B. ein
physikalisches Modell der Bewegung der am Lastseil hängenden Last in Abhängigkeit
von der Bewegung der Antriebe eingesetzt werden, um durch eine entsprechende Ansteuerung
der Antriebe sphärische Pendelschwingungen der Last zu vermeiden.
[0004] Die bekannten Verfahren zur Ansteuerung von Kranen können jedoch zu erheblichen Belastungen
der Kranstruktur führen.
[0005] Aufgabe der vorliegenden Erfindung ist es daher, ein Verfahren zur Ansteuerung eines
Antriebs eines Kranes zur Verfügung zu stellen, welches solche Belastungen der Kranstruktur
vermindert.
[0006] Erfindungsgemäß wird diese Aufgabe von einem Verfahren gemäß Anspruch 1 gelöst. Bei
dem erfindungsgemäßen Verfahren zur Ansteuerung eines Antriebs eines Kranes, insbesondere
eines Drehwerks und/oder eines Wippwerks, dient eine Soll-Bewegung der Auslegerspitze
als Eingangsgröße, auf deren Grundlage einer Steuergröße zur Ansteuerung des Antriebs
berechnet wird. Erfindungsgemäß ist dabei vorgesehen, dass bei der Berechnung der
Steuergröße die interne Schwingungs-Dynamik des Systems aus Antrieb und der Kranstruktur
berücksichtigt wird, um Eigenschwingungen zu dämpfen. Bei dem Antrieb kann es sich
dabei um einen hydraulischen Antrieb handeln. Der Einsatz eines elektrischen Antriebs
ist aber ebenfalls möglich.
[0007] Dabei haben die Erfinder der vorliegenden Erfindung festgestellt, dass die Eigenschwingungen
die Kranstruktur und die Antriebe stark belasten können. Durch Berücksichtigung der
internen Schwingungsdynamik des Antriebs und der Kranstruktur bei der Berechnung der
Steuergröße können dagegen Eigenschwingungen gedämpft und vorteilhafterweise weitgehend
vermieden werden. Dies hat zum einen den Vorteil, dass die Auslegerspitze ohne Schwingung
der vorgegebenen Soll-Bewegung genau folgt. Zum anderen werden die Kranstruktur und
die Antriebe nicht durch die Eigenschwingung belastet. Die erfindungsgemäße Dämpfung
der Eigenschwingungen wirkt sich daher positiv auf die Lebensdauer und die Wartungskosten
aus.
[0008] Das erfindungsgemäße Verfahren wird dabei vorteilhafterweise bei Kranen eingesetzt,
bei welchen ein Ausleger um eine horizontale Wippachse aufwippbar an einem Turm angelenkt
ist. Der Ausleger kann dabei durch einen zwischen dem Turm und dem Ausleger angeordneten
Auslegerzylinder in der Wippebene auf- und abgewippt werden. Ebenso ist es möglich,
als Wippwerk ein Einziehwerk einzusetzen, welches den Ausleger über eine Verseilung
in der Wippebene bewegt. Der Turm ist wiederum über ein Drehwerk insbesondere in Form
eines hydraulischen Motors um eine vertikale Achse drehbar. Der Turm kann dabei auf
einem Unterwagen angeordnet sein, welcher über ein Fahrwerk verfahrbar ist.
[0009] Das erfindungsgemäße Verfahren kann bei beliebigen Kranen zum Einsatz kommen, beispielsweise
bei Hafenkranen und insbesondere bei Hafenmobilkranen.
[0010] Vorteilhafterweise erfolgt erfindungsgemäß die Ansteuerung des Antriebs auf Grundlage
eines physikalischen Modells, welches die Bewegung der Kranspitze in Abhängigkeit
von der Steuergröße beschreibt. Die Verwendung eines physikalischen Modells ermöglicht
dabei eine schnelle Anpassung des Steuerungsverfahrens an unterschiedliche Krane.
Dabei muss das Schwingungsverhalten nicht erst mühsam durch Messungen ermittelt werden,
sondern kann anhand des physikalischen Modells beschrieben werden. Zudem ermöglicht
das physikalische Modell eine realistische Beschreibung der Schwingungsdynamik der
Kranstruktur, so dass alle relevanten Eigenschwingungen gedämpft werden können. Das
physikalische Modell beschreibt hierfür nicht nur die Kinetik der Antriebe und der
Kranstruktur, sondern auch die Schwingungs-Dynamik des Antriebs und der Kranstruktur.
[0011] Vorteilhafterweise erfolgt die Berechung der Steuergröße auf Grundlage einer Invertierung
des physikalischen Modells, welches die Bewegung der Kranspitze in Abhängigkeit von
der Steuergröße beschreibt. Durch die Invertierung erhält man damit die Steuergröße
in Abhängigkeit von der Soll-Bewegung der Auslegerspitze.
[0012] Vorteilhafterweise ist das Modell, welches die Bewegung der Kranspitze in Abhängigkeit
von der Steuergröße beschreibt, nichtlinear. Dies hat eine größere Genauigkeit der
Ansteuerung zur Folge, da die entscheidenden Effekte, welche zu Eigenschwingungen
der Kranstruktur führen, nichtlinear sind.
[0013] Wird ein hydraulischer Antrieb eingesetzt, so berücksichtigt das Modell vorteilhafterweise
die Schwingungs-Dynamik des Antriebs aufgrund der Kompressibilität des Hydraulikfluids.
Diese Kompressibilität führt dabei zu Schwingungen der Kranstruktur, welche diese
erheblich belasten können. Durch Berücksichtigung der Kompressibilität des Hydraulikfluids
können diese Schwingungen gedämpft werden.
[0014] Vorteilhafterweise dient das erfindungsgemäße Verfahren dabei zur Ansteuerung des
als Wippwerk verwendeten Wippzylinders, wobei die Kinematik der Anlenkung des Zylinders
sowie die Masse und die Trägheit des Auslegers des Kranes in die Berechnung der Steuergröße
eingehen. Hierdurch können Eigenschwingungen des Auslegers in der Wippebene gedämpft
werden.
[0015] Alternativ zu dem Hydraulikzylinder kann ein Einziehwerk als Wippwerk eingesetzt
werden, wobei vorteilhafterweise die Kinematik und/oder Dynamik der Einziehverseilung
sowie die Masse und die Trägheit des Auslegers des Kranes in die Berechnung der Steuergröße
eingehen.
[0016] Alternativ oder zusätzlich dient das erfindungsgemäße Verfahren zur Ansteuerung des
Drehwerks, wobei das Trägheitsmoment des Auslegers des Kranes in das Modell eingeht.
Hierdurch können Eigenschwingungen der Kranstruktur um die vertikale Drehachse gedämpft
werden.
[0017] Vorteilhafterweise erfolgt die Schwingungsdämpfung im Wege der Vorsteuerung. Hierdurch
können kostenintensive Sensoren eingespart werden, welche ansonsten eingesetzt werden
müßten. Zudem ermöglicht die Vorsteuerung eine effektive Reduzierung der Eigenschwingungen,
ohne wie bei einer Regelung mit geschlossenem Regelkreislauf durch die Ansprechgeschwindigkeit
der Antriebe auf einen gewissen Frequenzbereich beschränkt zu sein.
[0018] Vorteilhafterweise dienen dabei die Position, die Geschwindigkeit, die Beschleunigung
und/oder der Ruck der Auslegerspitze als Sollgrößen der Vorsteuerung. Insbesondere
dienen dabei vorteilhafterweise mindestens zwei dieser Werte als Sollgrößen. Weiterhin
vorteilhafterweise wird dabei neben der Position mindestens eine der weiteren Größen
als Sollgröße herangezogen. Weiterhin vorteilhafterweise werden alle diese Größen
als Sollgrößen der Vorsteuerung herangezogen.
[0019] Weiterhin vorteilhafterweise wird aus Eingaben einer Bedienperson und/oder eines
Automatisierungssystems eine Soll-Trajektorie der Auslegerspitze als Eingangsgröße
der Steuerung generiert. Damit wird aus den von einer Bedienperson mittels Handhebeln
eingegebenen Eingaben und/oder den Signalen eines Automatisierungssystems eine Soll-Trajektorie
der Auslegerspitze generiert. Das erfindungsgemäße Steuerungsverfahren sorgt nun dafür,
dass die Antriebe des Kranes so angesteuert werden, dass die Auslegerspitze dieser
Soll-Trajektorie folgt und Eigenschwingungen des Kranes vermieden werden.
[0020] Das erfindungsgemäße Verfahren kann dabei zusammen mit einer Lastpendeldämpfung eingesetzt
werden, oder aber auch komplett ohne eine Lastpendeldämpfung. Bekannte Verfahren zur
Lastpendeldämpfung konzentrieren sich dabei einzig auf die Vermeidung von Pendelschwingungen
der Last, was teilweise sogar zu einem Ansteigen der Eigenschwingungen der Kranstruktur
und damit einer stärkeren Belastung führen konnte als eine Ansteuerung ohne Lastpendeldämpfung.
Die vorliegende Erfindung dämpft dagegen die Eigenschwingungen der Kranstruktur und
schont so die Kranstruktur.
[0021] Dabei kann vorgesehen sein, dass mögliche sphärische Pendelschwingungen der Last
nicht als Messgröße in die Ansteuerung eingehen. Daher kann auf aufwendigen Messapparaturen
zum Messen des Seilwinkels verzichtet werden.
[0022] Weiterhin können mögliche sphärische Pendelschwingungen der Last bei der Ansteuerung
des Antriebs unberücksichtigt bleiben. Hierdurch kann das erfindungsgemäße Verfahren
auch bei einfacheren Kransteuerungen ohne Lastpendeldämpfung eingesetzt werden, um
die Kranstruktur zu schonen.
[0023] Das erfindungsgemäße Verfahren kann jedoch auch bei Kransteuerungen mit Lastpendeldämpfung
eingesetzt werden. Das Verfahren wird dann so implementiert, dass zunächst die Lastbewegung
als Soll-Größe dient, aus welcher eine Soll-Bewegung der Auslegerspitze generiert
wird. Diese Soll-Bewegung der Auslegerspitze dient dann als Eingangsgröße des erfindungsgemäßen
Verfahrens. Durch diesen zweistufigen Ansatz kann auch bei Verfahren mit Lastpendeldämpfung
eine Dämpfung der Eigenschwingungen der Kranstruktur erreicht werden. Bekannte Verfahren
zur Lastpendeldämpfung sind dagegen einzig darauf ausgerichtet, Schwingungen der Last
zu vermeiden, und können hierdurch die Eigenschwingungen der Kranstruktur sogar noch
verstärken.
[0024] Das bisher dargestellte Verfahren diente dabei vorzugsweise der Ansteuerung eines
Drehwerks und/oder eines Wippwerks eines Kranes. Es kann jedoch auch dazu eingesetzt
werden, das Hubwerk eines Kranes anzusteuern. Insbesondere kann dabei die Schwingungsdynamik
des Hubwerks aufgrund der Kompressibilität des Hydraulikfluids berücksichtigt werden.
[0025] Bei der Ansteuerung des Hubwerks dient jedoch vorteilhafterweise die Soll-Hubbewegung
der Last als Eingangsgröße, auf deren Grundlage eine Steuergröße zur Ansteuerung des
Antriebs berechnet wird.
[0026] Aufgabe der vorliegenden Erfindung ist es daher, bei der Ansteuerung des Hubwerks
eines Kranes ebenfalls eine Strukturschonung zu ermöglichen.
[0027] Diese Aufgabe wird erfindungsgemäß durch ein Verfahren gemäß Anspruch 10 gelöst.
Dabei ist ein Verfahren zur Ansteuerung eines Hubwerks eines Kranes vorgesehen, bei
welchem eine Soll-Hubbewegung der Last als Eingangsgröße dient, auf deren Grundlage
eine Steuergröße zur Ansteuerung des Antriebs berechnet wird. Erfindungsgemäß ist
dabei vorgesehen, dass bei der Berechnung der Steuergröße die Schwingungs-Dynamik
des Systems aus Hubwerk, Seil und Last in Seilrichtung berücksichtigt wird, um Eigenschwingungen
zu dämpfen. Die Erfinder der vorliegenden Erfindung haben dabei erkannt, dass die
Schwingungs-Dynamik des Systems aus Hubwerk, Seil und Last zu Schwingungen der Last
bzw. der Kranstruktur führen kann, welche sowohl das Lastseil als auch den Ausleger
erheblich belasten können. Deshalb wird nun erfindungsgemäß diese Schwingungsdynamik
berücksichtigt, um Eigenschwingungen der Last und/oder des Hubwerks zu vermeiden.
Das Hubwerk kann dabei hydraulisch und/oder elektrisch angetrieben werden.
[0028] Auch dieses Verfahren wird dabei vorteilhafterweise bei Kranen eingesetzt, bei welchen
ein Ausleger um eine horizontale Wippachse aufwippbar an einem Turm angelenkt ist.
Das Lastseil ist dabei vorteilhafterweise von einer Winde an der Turmbasis über eine
oder mehrere Umlenkrollen an der Turmspitze zu einer oder mehreren Umlenkrollen an
der Auslegerspitze geführt.
[0029] Vorteilhafterweise wird gemäß dem erfindungsgemäßen Verfahren in einem Schwingungs-Reduktionsbetrieb
die Schwingungsdynamik des Hubsystems berücksichtigt, während eventuelle Bewegungen
des Abstützbereichs, auf dem sich die Kranstruktur abstützt, bei der Ansteuerung des
Hubwerks nicht berücksichtigt werden. Die Ansteuerung geht also im Schwingungs-Reduktionsbetrieb
von einem ortsfesten Abstützbereich aus. Die erfindungsgemäße Ansteuerung muß daher
nur Schwingungen berücksichtigen, welche durch das Hubseil und/oder das Hubwerk und/oder
die Kranstruktur entstehen. Bewegungen des Abstützbereichs, wie sie z. B. bei einem
Schwimmkran durch Wellenbewegung entstehen, bleiben im Schwingungs-Reduktionsbetrieb
dagegen unberücksichtigt. Die Kransteuerung kann so erheblich einfacher ausgestaltet
werden.
[0030] Das erfindungsgemäße Verfahren kann dabei bei einem Kran zum Einsatz kommen, der
sich während des Hubs mit der Kranstruktur tatsächlich auf einem ortsfesten Abstützbereich
abstützt, insbesondere auf dem Erdboden. Die erfindungsgemäße Kransteuerung kann aber
auch bei einem Schwimmkran eingesetzt werden, berücksichtigt aber im Schwingungs-Reduktionsbetrieb
die Bewegungen des Schwimmkörpers nicht. Weist die Kransteuerung einen Betriebsmodus
mit aktiver Seegangsfolge auf, so erfolgt der Schwingungs-Reduktionsbetrieb dementsprechend
ohne gleichzeitigen aktiven Seegangsfolge-Betrieb.
[0031] Weiterhin vorteilhafterweise kommt das erfindungsgemäße Verfahren bei transportabeln
und/oder verfahrbaren Kranen zum Einsatz. Der Kran weist dabei vorteilhafterweise
Abstützmittel auf, über welche er an unterschiedlichen Huborten abstützbar ist. Weiterhin
vorteilhafterweise kommt das Verfahren bei Hafenkranen, insbesondere bei Hafenmobilkranen,
bei Raupenkranen, bei Fahrzeugkranen etc. zum Einsatz.
[0032] Vorteilhafterweise wird bei der Berechnung der Steuergröße die Schwingungs-Dynamik
des Hubsystems aufgrund der Dehnbarkeit des Hubseils berücksichtigt. Die Dehnbarkeit
des Hubseils führt zu einer Ausdehnungsschwingung des Seils in Seilrichtung, welche
erfindungsgemäß durch eine entsprechende Ansteuerung des Hubwerks gedämpft wird. Vorteilhafterweise
wird dabei die Schwingungsdynamik des Seils bei frei in der Luft hängender Last berücksichtigt.
[0033] Das Hubwerk des erfindungsgemäßen Krans kann dabei hydraulisch angetrieben werden.
Alternativ ist auch ein Antrieb über einen Elektromotor möglich.
[0034] Wird ein hydraulisch angetriebenes Hubwerk eingesetzt, wird weiterhin vorteilhafterweise
bei der Berechnung der Steuergröße die Schwingungs-Dynamik des Hubwerks aufgrund der
Kompressibilität des Hydraulikfluids berücksichtigt. Damit werden auch jene Eigenschwingungen
berücksichtigt, welche aufgrund der Kompressibilität des Hydraulikfluids entstehen,
mit dem der Antrieb des Hubwerks beaufschlagt wird.
[0035] Vorteilhafterweise geht dabei die variable Seillänge des Hubseils in die Berechnung
der Steuergröße ein. Das erfindungsgemäße Verfahren zur Ansteuerung des Hubwerks berücksichtigt
damit Schwingungen der am Hubseil hängenden Last, welche aufgrund von der Seillänge
des Hubseils abhängigen Dehnbarkeit des Hubseils hervorgerufen werden. Vorteilhafterweise
gehen weiterhin Materialkonstanten des Hubseils, welche dessen Dehnbarkeit beeinflussen,
in die Berechnung ein. Vorteilhafterweise wird die Seillänge dabei anhand der Stellung
des Hubwerks bestimmt.
[0036] Weiterhin vorteilhafterweise geht das Gewicht der am Lastseil hängenden Last in die
Berechnung der Steuergröße ein. Vorteilhafterweise wird dieses Gewicht der Last dabei
gemessen und geht als Meßwert in das Steuerverfahren ein.
[0037] Vorteilhafterweise beruht die Ansteuerung des Hubwerkes dabei auf einem physikalischen
Modell des Kranes, welches die Hub-Bewegung der Last in Abhängigkeit von der Steuergröße
des Hubwerks beschreibt. Wie bereits dargestellt, ermöglicht ein solches physikalisches
Modell eine schnelle Anpassung an neue Krantypen. Zudem wird hierdurch eine genauere
und bessere Schwingungsdämpfung ermöglicht. Dabei beschreibt das Modell neben der
Kinematik auch die Schwingungs-Dynamik aufgrund der Dehnbarkeit des Hubseiles und/oder
aufgrund der Kompressibilität des Hydraulikfluids. Das Modell geht dabei vorteilhafterweise
von einem ortsfesten Abstützbereich des Krans aus.
[0038] Vorteilhafterweise beruht die Ansteuerung des Hubwerkes dabei auf der Invertierung
des physikalischen Modells. Diese Invertierung ermöglicht eine genaue Ansteuerung
des Antriebs. Das physikalische Modell beschreibt dabei zunächst die Bewegung der
Last in Abhängigkeit von der Steuergröße. Durch die Invertierung erhält man daher
die Steuergröße in Abhängigkeit von der Soll-Hubbewegung der Last.
[0039] Wie bereits bezüglich der Ansteuerung des Wipp- und des Drehwerkes dargestellt, kann
auch die Ansteuerung des Hubwerkes nach der vorliegenden Erfindung mit einer Lastpendeldämpfung
kombiniert werden, welche sphärische Pendelbewegungen der Last dämpft. Das vorliegende
Verfahren kann aber auch ohne eine Lastpendeldämpfung eingesetzt werden, um Eigenschwingungen
des Systems aus Hubwinde, Seil und Last, welche in Seilrichtung verlaufen, und insbesondere
Schwingungen der Last in Hubrichtung zu dämpfen.
[0040] Die vorliegende Erfindung umfasst weiterhin eine Kransteuerung zur Durchführung eines
Verfahrens, wie es oben dargestellt wurde. Die Kransteuerung weist dabei vorteilhafterwiese
ein Steuerprogramm auf, über welches ein Verfahren, wie es oben dargestellt wurde,
implementiert wird.
[0041] Die vorliegende Erfindung umfasst weiterhin einen Kran mit einer Steuereinheit, welche
ein Steuerprogramm aufweist, über welches ein Verfahren, wie es oben dargestellt wurde,
implementiert wird. Durch die Kransteuerung bzw. den Kran ergeben sich offensichtlich
die gleichen Vorteile, wie sie bereits oben bezüglich der Verfahren dargestellt wurden.
[0042] Der Kran weist dabei vorteilhafterweise ein Drehwerk, ein Wippwerk und/oder ein Hubwerk
auf. Vorteilhafterweise weist der Kran dabei einen Ausleger auf, welcher um eine horizontale
Wippachse aufwippbar am Kran angelenkt ist und über einen Wippzylinder bewegt wird.
Alternativ kann ein Einziehwerk als Wippwerk eingesetzt werden. Weiterhin weist der
Kran vorteilhafterweise einen Turm auf, welcher um eine vertikale Drehachse drehbar
ist. Vorteilhafterweise ist der Ausleger dabei am Turm angelenkt. Weiterhin vorteilhafterweise
verläuft das Hubseil dabei vom Hubwerk über eine oder mehrere Umlenkrollen zur Last.
Weiterhin vorteilhaferweise weist der Kran einen Unterwagen mit einem Fahrwerk auf.
[0043] Die vorliegende Erfindung wird nun anhand eines Ausführungsbeispiels sowie Zeichnungen
näher dargestellt. Dabei zeigen:
- Figur 1:
- ein Ausführungsbeispiel eines erfindungsgemäßen Krans,
- Figur 2:
- eine Prinzipzeichnung der Kinematik der Anlenkung des Auslegers eines erfindungsgemäßen
Krans,
- Figur 3:
- eine Prinzipzeichnung der Hydraulik des Wippzylinders eines erfin- dungsgemäßen Krans,
- Figur 4:
- eine Prinzipzeichnung der Hydraulik des Drehwerks und des Hubwerks eines erfindungsgemäßen
Krans, und
- Figur 5:
- eine Prinzipdarstellung des physikalischen Modells, welches zur Be- schreibung der
Dynamik des Lastseils herangezogen wird.
[0044] In Figur 1 ist ein Ausführungsbeispiel des erfindungsgemäßen Krans gezeigt, bei welchem
ein Ausführungsbeispiel eines erfindungsgemäßen Steuerverfahrens implementiert ist.
Der Kran weist dabei einen Ausleger 1 auf, welcher um eine horizontale Wippachse aufwippbar
an dem Turm 2 angelenkt ist. Im Ausführungsbeispiel ist zum Auf- und Abwippen des
Auslegers 1 in der Wippebene ein Hydraulikzylinder 10 vorgesehen, welcher zwischen
dem Ausleger 1 und dem Turm 2 angelenkt ist.
[0045] Die Kinematik der Anlenkung des Auslegers 1 am Turm 2 ist dabei näher in Figur 2
dargestellt. Der Ausleger 1 ist an einem Anlenkpunkt 13 am Turm 2 um eine horizontale
Wippachse aufwippbar angelenkt. Der Hydraulikzylinder 10 ist über einen Anlenkpunkt
11 am Turm 2 und einen Anlenkpunkt 12 am Ausleger 1 zwischen diesen angeordnet. Durch
eine Längenveränderung des Hydraulikzylinders 10 kann so der Ausleger 1 in der Wippebene
auf- und abgewippt werden. Die hierfür relevanten Winkel und Längen sind in Figur
2 eingezeichnet.
[0046] Der Turm 2 ist, wie in Fig. 1 gezeigt, um eine vertikale Drehachse z drehbar angeordnet,
wobei die Drehbewegung durch ein Drehwerk 20 erzeugt wird. Der Turm 2 ist hierfür
auf einem Oberwagen 7 angeordnet, welcher über das Drehwerk gegenüber einem Unterwagen
8 gedreht werden kann. Bei dem Ausführungsbeispiel handelt es sich dabei um einen
verfahrbaren Kran, wofür der Unterwagen 8 mit einem Fahrwerk 9 ausgestattet ist. Am
Hubort kann der Kran dann über Stützelemente 71 abgestützt werden.
[0047] Das Heben der Last erfolgt dabei über ein Hubseil 3, an welchem ein Lastaufnahmeelement
4, in diesem Fall ein Greifer, angeordnet ist. Das Hubseil 3 ist dabei über Umlenkrollen
an der Auslegerspitze 5 sowie an der Turmspitze 6 zum Hubwerk 30 am Oberwagen geführt,
über welches die Länge des Hubseils verändert werden kann.
[0048] Die Erfinder der vorliegenden Erfindung haben nun erkannt, dass bei bekannten Verfahren
zur Ansteuerung der Antriebe des Kranes Eigenschwingungen der Kranstruktur und der
Antriebe entstehen können, welche diese erheblich belasten können.
[0049] Bei der Ansteuerung des Drehwerks und/oder des Wippwerks gemäß der vorliegenden Erfindung
dient daher eine Sollbewegung der Auslegerspitze als Eingangsgröße, auf deren Grundlage
eine Steuergröße zur Ansteuerung der Antriebe berechnet wird. Handelt es sich bei
dem Antrieb um einen hydraulischen Antrieb, kann die Steuergröße kann dabei beispielsweise
den Hydraulikdruck oder den Hydraulikfluss zum hydraulischen Antrieb umfassen. Erfindungsgemäß
wird dabei bei der Berechnung der Steuergröße die interne Schwingungsdynamik der Antriebe
bzw. der Kranstruktur berücksichtigt. Hierdurch können Eigenschwingungen der Kranstruktur
und der Antriebe vermieden werden.
[0050] Bei der Ansteuerung des Hubwerks bilden dagegen Schwingungen der Last aufgrund der
Dehnbarkeit des Lastseils einen entscheidenden Faktor bei den Eigenschwingungen der
Kranstruktur. Daher wird hier als Antriebssystem das Gesamtsystem aus Hubwerk 30 und
Seil 3 zur Berechnung der Ansteuerung des Hubwerks herangezogen. Dabei dient die Soll-Hubposition
der Last als Eingangsgröße, auf deren Grundlage die Steuergröße zur Ansteuerung des
Hubwerks berechnet wird. Dabei wird die Schwingungs-Dynamik des Systems aus Hubwerk,
Seil und Last bei der Berechnung der Steuergröße berücksichtigt, um Eigenschwingungen
des Systems zu vermeiden. Insbesondere wird die Dehnbarkeit des Hubseils bei der Berechnung
der Steuergröße berücksichtigt, um die Ausdehungsschwingungen des Seiles zu dämpfen.
Hier werden also anders als in bekannten Lastpendeldämpfungen keine sphärischen Pendelschwingungen
der Last berücksichtigt, sondern die Schwingung der Last in Seilrichtung durch die
Ausdehnung bzw. Kontraktion des Hubseils. Weiterhin kann auch beim Hubwerk 30 die
Schwingung des Systems aus Hubwerk 30 und Seil 3 aufgrund der Kompressibilität des
Hydraulikfluids berücksichtigt werden.
[0051] Die vorliegende Erfindung ermöglicht damit eine erhebliche Strukturschonung des Kranes,
was wiederum Kosten bei der Wartung sowie bei der Konstruktion spart. Durch die Berücksichtigung
der Schwingungsdynamik der Antriebe des Kranes, das heißt des Drehwerks, des Wippwerks
sowie des Systems aus Hubwerk und Seil werden dabei Belastungen der Kranstruktur vermieden,
welche bei bekannten Verfahren zur sphärischen Pendeldämpfung der Last im Gegenteil
sogar verstärkt werden können.
[0052] Die Ansteuerung der Antriebe erfolgt dabei auf Grundlage eines physikalischen Modells,
welches die Bewegung der Kranspitze bzw. der Last in Abhängigkeit von der Steuergröße
beschreibt, wobei das Modell die interne Schwingungsdynamik der jeweilige Antriebe
berücksichtigt.
[0053] In Figur 3 ist dabei eine Prinzipdarstellung der Hydraulik des Wippwerks gezeigt.
Dabei ist z. B. ein Dieselmotor 15 vorgesehen, welcher eine Verstellpumpe 16 antreibt.
Diese Verstellpumpe 16 beaufschlagt die beiden Hydraulikkammern des Wippzylinders
10 mit Hydraulikfluid. Alternativ könnte zum Antrieb der Verstellpumpe 16 auch ein
Elektromotor eingesetzt werden.
[0054] Figur 4 zeigt ein Prinzipschaubild der Hydraulik des Drehwerks und des Hubwerks.
Hier ist wiederum z. B. ein Diesel- oder Elektromotor 25 vorgesehen, welcher eine
Verstellpumpe 26 antreibt. Diese Verstellpumpe 26 bildet mit einem Hydraulikmotor
27 einen Hydraulikkreislauf und treibt diesen an. Auch der Hydraulikmotor 27 ist dabei
als Verstellmotor ausgeführt. Alternativ könnte auch ein Konstantmotor eingesetzt
werden. Über den Hydraulikmotor 27 wird dann das Drehwerk bzw. die Hubwinde angetrieben.
[0055] In Figur 5 ist nun das physikalische Modell, durch welches die Dynamik des Lastseils
3 und der Last beschrieben wird, näher dargestellt. Das System aus Lastseil und Last
wird dabei als ein gedämpftes Federpendel betrachtet, mit einer Federkonstante C und
einer Dämpfungskonstante D. In die Federkonstante C geht dabei die Länge des Hubseils
L ein, welche entweder anhand von Meßwerten bestimmt oder aufgrund der Ansteuerung
der Hubwinde berechnet wird. Weiterhin geht in die Ansteuerung die Masse M der Last
ein, welche über einen Lastmassensensor gemessen wird.
[0056] Im folgenden wird nun ein Ausführungsbeispiel eines Verfahrens zur Ansteuerung der
jeweiligen Werke näher dargestellt:
1 Einleitung
[0057] Bei dem in Figur 1 dargestellten Ausführungsbeispiel handelt es sich um einen Hafenmobilkran.
Hier werden der Ausleger, der Turm und die Hubwinde durch entsprechende Antriebe in
Bewegung versetzt. Die den Ausleger, den Turm und die Hubwinde des Krans in Bewegung
versetzenden Hydraulikantriebe erzeugen aufgrund der Eigendynamik der Hydrauliksysteme
Eigenschwingungen. Die sich ergebenden Kraftschwingungen beeinflussen die Langzeitermüdung
des Zylinders und der Seile und verringern somit die Lebensdauer der gesamten Kranstruktur,
was zu erhöhter Wartung führt. Erfindungsgemäß ist daher ein Steuergesetz vorgesehen,
das die durch Wipp-, Dreh- und Hubbewegungen des Krans hervorgerufenen Eigenschwingungen
unterdrückt und dadurch die Beanspruchungszyklen innerhalb des Wöhlerdiagramms reduziert.
Eine Reduzierung der Beanspruchungszyklen erhöht logischerweise die Lebensdauer der
Kranstruktur.
[0058] Bei der Herleitung des Steuergesetzes sollen Rückführungen vermieden werden, da diese
Sensorsignale benötigen, welche innerhalb industrieller Anwendungen bestimmte Sicherheitsanforderungen
erfüllen müssen und dadurch zu höheren Kosten führen.
[0059] Daher ist der Entwurf einer reinen Vorsteuerung ohne Rückführung nötig. Innerhalb
dieser Abhandlung wird eine flachheitsbasierte Vorsteuerung, welche die Systemdynamik
invertiert, für das Wipp-, Dreh- und Hubwerk hergeleitet.
2 Wippwerk
[0060] Der Ausleger des Krans wird durch einen hydraulischen Wippzylinder in Bewegung versetzt,
wie in Figur 1 dargestellt ist. Das dynamische Modell und das Steuergesetz für den
Wippzylinder werden in dem folgenden Abschnitt hergeleitet.
2.1 Dynamisches Modell
[0061] Ein dynamisches Modell des hydraulisch angetriebenen Auslegers des Krans wird im
Folgenden hergeleitet. Der Ausleger ist zusammen mit dem Hydraulikzylinder schematisch
in Figur 2 dargestellt. Die Bewegung des Auslegers wird durch den Wippwinkel ϕ
α und die Winkelgeschwindigkeit ϕ̇
α beschrieben. Die Bewegung des Hydraulikzylinders wird durch die Zylinderposition
zc, welche als der Abstand zwischen der Zylinderverbindung mit dem Turm und der Zylinderverbindung
mit dem Ausleger definiert ist, und die Zylindergeschwindigkeit
żc beschrieben. Die geometrischen Abhängigkeiten zwischen der Bewegung des Auslegers
und dem Zylinder sind durch die geometrischen Konstanten
da,
db,
a1 und
a2 sowie den Cosinussatz gegeben. Für die Zylinderposition gilt:

und für die Zylindergeschwindigkeit

[0062] Da der geometrische Winkel
a1 klein ist, wird er bei der Herleitung des dynamischen Modells vernachlässigt. Das
Verfahren von Newton-Euler ergibt die Bewegungsgleichung für den Ausleger:
wobei Jb und
mb das Trägheitsmoment bzw. die Masse des Auslegers bezeichnen,
sb der Abstand zwischen der Auslegerverbindung mit dem Turm und dem Massenschwerpunkt
des Auslegers ist,
g die Gravitationskonstante ist und
Fc und
dc die Zylinderkraft bzw. den Dämpfungskoeffizienten des Zylinders bezeichnen. Es wird
angenommen, dass am Ende des Auslegers keine Nutzlast angebracht ist. Der Term cos(γ)
in (3) ist durch den Sinussatz gegeben:

wobei
a1 vernachlässigt wird.
[0063] Der Hydraulikkreislauf des Wippzylinders besteht im Prinzip aus einer Verstellpumpe
und dem Hydraulikzylinder selbst, wie in Figur 3 dargestellt ist. Für die Zylinderkraft
folgt:

wobei
A1 und
A2 die wirksamen Flächen in jeder Kammer bezeichnen. Die Drücke
p1 und
p2 werden durch die Druckaufbaugleichung unter der Annahme, dass keine innere oder äußere
Leckage auftritt, beschrieben. Somit gilt:

wobei β die Kompressibilität des Öls ist und die Kammervolumina durch

gegeben sind, wobei
Vmin das Mindestvolumen in jeder Kammer bezeichnet und
V2,max und
Zc,min das Höchstvolumen in der zweiten Kammer bzw. die Mindestzylinderposition, die erreicht
wird, wenn ϕ
α =
ϕα,max ist, sind. Der Öldurchsatz
ql wird durch den Pumpenwinkel vorgegeben und ist gegeben durch:

wobei
ul und
Kl der Ansteuerstrom für den Pumpenwinkel und der Proportionalitätsfaktor sind.
2.2 Steuergesetz
[0064] Die erfindungsgemäße flachheitsbasierte Vorsteuerung nutzt die differenzielle Flachheit
des Systems, um die Systemdynamik zu invertieren. Zur Herleitung eines solchen Steuergesetzes
muss das in Abschnitt 2.1 hergeleitete dynamische Modell in den Zustandsraum transformiert
werden. Durch Einführen des Zustandsvektors
x=[ϕ
α,ϕ̇
α,
Fc]
T kann das dynamische Modell (3), (5), (6) und (7) als System von Differentialgleichungen
erster Ordnung geschrieben werden, das gegeben ist durch:

wobei

und
zc =
zc (x1), żc =
żc (x1,
x2),
y =
y (x1) und
u =
ul.
[0065] Für den Entwurf einer flachheitsbasierten Vorsteuerung muss der relative Grad
r bezüglich des Systemausgangs gleich der Ordnung
n des Systems sein. Daher wird im Folgenden der relative Grad des betrachteten Systems
(11) untersucht. Der relative Grad bezüglich des Systemausgangs wird durch die folgenden
Bedingungen festgelegt:

[0066] Die Operatoren
Lf und
Lg stellen die Lie-Ableitungen entlang der Vektorfelder f bzw. g dar. Das Verwenden
von (15) ergibt
r = n = 3, somit ist das System (11) mit (12), (13) und (14) flach und es kann eine flachheitsbasierte
Vorsteuerung entworfen werden.
[0067] Der Ausgang des Systems (14) und seine Zeitableitungen werden genutzt, um die Systemdynamik
zu invertieren. Die Ableitungen werden durch die Lie-Ableitungen gebildet, somit gilt:

wobei
fi(
x) und
gi(
x) die i-te Reihe des Vektorfelds
f(
x) und g(x) bezeichnen, die durch (12) und (13) gegeben sind. Die Zustände in Abhängigkeit
des Systemausgangs und dessen Ableitungen folgen aus (16), (17) und (18) und lassen
sich schreiben als:

[0068] Das Auflösen von (19) nach dem Systemeingang
u ergibt unter Verwendung von (20), (21) und (22) das Steuergesetz für die flachheitsbasierte
Vorsteuerung für den Wippzylinder

welche die Systemdynamik invertiert. Die Referenzsignale
y und die entsprechenden Ableitungen werden durch eine numerische Trajektoriengenerierung
aus dem Handhebelsignal des Kranbedieners oder aus den Steuersignalen eines Automatisierungssystems
gewonnen. Da der Ansteuerstrom
ul die Zylindergeschwindigkeit vorgibt (siehe (10)), werden die Trajektorien ursprünglich
in Zylinderkoordinaten für
zc,
żc,
z̈c und

geplant. Anschließend werden die so erhaltenen Trajektorien in ϕ
α-Koordinaten transformiert und der tatsächliche Ansteuerstrom berechnet.
3 Drehwerk
[0069] Die Drehbewegung des Turms erfolgt durch einen hydraulischen Rotationsmotor. Das
dynamische Modell und das Steuergesetz für das Drehwerk werden innerhalb des folgenden
Abschnitts hergeleitet.
3.1 Dynamisches Modell
[0070] Die Bewegung des Turms um die z-Achse (siehe Figur 1) wird durch den Drehwinkel ϕ
s und die Winkelgeschwindigkeit ϕ̇
s beschrieben. Das Verwenden des Verfahrens von Newton-Euler ergibt die Bewegungsgleichung
für den hydraulisch angetriebenen Turm:

wobei
Jt und
Jm das Trägheitsmoment des Turms und des Motors bezeichnen,
is das Übersetzungsverhältnis des Drehwerks ist, Δ
ps die Druckdifferenz zwischen den Druckkammern des Motors ist und
Dm die Verdrängung des Hydraulikmotors bezeichnet. Das Trägheitsmoment des Turms
Jt umfasst das Trägheitsmoment des Turms selbst, des Auslegers, der angebrachten Nutzlast
des Turms um die
z-Achse des Turms (siehe Figur 1). Der Hydraulikkreislauf des Drehwerks besteht im
Prinzip aus einer Verstellpumpe und dem Hydraulikmotor selbst, wie in Figur 4 dargestellt
ist. Die Druckdifferenz zwischen beiden Druckkammern des Motors wird durch die Druckaufbaugleichung
unter der Annahme, dass es zu keinen inneren oder äußeren Leckagen kommt, beschrieben.
Zudem wird im Folgenden die kleine Volumenänderung aufgrund des Motorwinkels ϕ
m vernachlässigt. Somit wird das Volumen in beiden Druckkammern als konstant angenommen
und mit
Vm bezeichnet. Mit Hilfe dieser Annahmen lässt sich die Druckaufbaugleichung als

schreiben, wobei β die Kompressibilität des Öls ist. Der Öldurchsatz
qs wird durch den Pumpenwinkel vorgegeben und ist gegeben durch:

wobei
us und
Ks der Ansteuerstrom des Pumpenwinkels und der Proportionalitätsfaktor sind.
3.2 Steuergesetz
[0071] Im Folgenden wird das dynamische Modell für das Drehwerk in den Zustandsraum transformiert
und eine flachheitsbasierte Vorsteuerung entworfen. Der Zustandsvektor für das Drehwerk
wird als x=[ϕ
s,ϕ̇
s,Δ
ps]
T definiert. Mit Hilfe des Zustandsvektors kann das aus (24), (25) und (26) bestehende
dynamische Modell als System von Differentialgleichungen erster Ordnung geschrieben
werden, das gegeben ist durch (11) mit:

und
u=
us.
[0072] Wiederum muss der relative Grad
r bezüglich des Systemausgangs gleich der Ordnung
n des Systems sein. Das Verwenden von (15) ergibt
r = n = 3, somit ist das System (11) mit (27), (28) und (29) flach und es kann eine flachheitsbasiertes
Vorsteuerung formuliert werden.
Der Systemausgang (29) und seine Zeitableitungen werden genutzt, um die Systemdynamik
zu invertieren. Die Ableitungen sind durch die Lie-Ableitungen gegeben, also

[0074] Das Auflösen von (33) nach dem Systemeingang
u ergibt unter Verwendung von (34), (35) und (36) das Steuergesetz für die flachheitsbasierte
Vorsteuerung für das Drehwerk

welche die Systemdynamik invertiert. Das Referenzsignal
y und seine Ableitungen werden durch eine numerische Trajektoriengenerierung aus dem
Handhebelsignal des Kranbedieners gewonnen.
4 Hubwinde
[0075] Die Hubwinde des Krans wird durch einen hydraulisch betriebenen Rotationsmotor angetrieben.
Das dynamische Modell und das Steuergesetz für die Hubwinde werden in dem folgenden
Abschnitt hergeleitet.
4.1 Dynamisches Modell
[0076] Da die Hubkraft direkt durch die Nutzlastbewegung beeinflusst wird, muss die Dynamik
der Nutzlastbewegung berücksichtigt werden. Wie in Figur 1 dargestellt, ist die Nutzlast
mit der Masse
mp an einem Haken angebracht und kann durch den Kran mittels eines Seils der Länge
lr gehoben oder gesenkt werden. Das Seil wird durch eine Umlenkrolle an der Auslegerspitze
und am Turm umgelenkt. Das Seil wird jedoch nicht direkt vom Ende des Auslegers zur
Hubwinde umgelenkt, sondern vom Ende des Auslegers zum Turm, von dort zurück zum Ende
des Auslegers und dann über den Turm zur Hubwinde (siehe Figur 1). Somit ist die gesamte
Seillänge gegeben durch:

wobei
l1,
l2 und
l3 die Teillängen von der Hubwinde zum Turm, vom Turm zum Ende des Auslegers und vom
Ende des Auslegers zum Haken bezeichnen. Das Hubsystem des Krans, das aus der Hubwinde,
dem Seil und der Nutzlast besteht, wird im Folgenden als Feder-Masse-Dämpfer-System
betrachtet und ist in Figur 5 dargestellt. Das Verwenden des Verfahrens von Newton-Euler
ergibt die Bewegungsgleichung für die Nutzlast:

mit der Gravitationskonstante
g, der Federkonstante c, der Dämpfungskonstante
d, dem Radius der Hubwinde
rw, dem Winkel ϕ
w der Hubwinde, der Winkelgeschwindigkeit ϕ̇
w, der Nutzlastposition
zp, der Nutzlastgeschwindigkeit
żp und der Nutzlastbeschleunigung
z̈p. Die Seillänge
lr ist gegeben durch

mit

[0077] Die Federkonstante
cr eines Seils der Länge
lr ist durch das Hooksche Gesetz gegeben und lässt sich schreiben als

wobei Er und
Ar das Elastizitätsmodul und die Schnittfläche des Seils bezeichnen.
Der Kran hat
nr parallele Seile (siehe Figur 1), somit ist die Federkonstante des Hubwerks des Krans
gegeben durch:

[0078] Die Dämpfungskonstante d kann mit Hilfe des Lehrschen Dämpfungsmaßes D angegeben
werden

[0079] Die Differentialgleichung für die Drehbewegung der Hubwinde ergibt sich nach dem
Verfahren von Newton-Euler als

wobei
Jw und
Jm das Trägheitsmoment der Winde bzw. des Motors bezeichnen,
iw das Übersetzungsverhältnis zwischen dem Motor und der Winde ist, Δ
pw die Druckdifferenz zwischen Hoch- und Niederdruckkammer des Motors ist,
Dm die Verdrängung des Hydraulikmotors ist und
Fs die in (39) gegebene Federkraft ist. Die anfängliche Bedingung ϕ
w0 für den Winkel der Hubwinde wird durch (41) gegeben. Der Hydraulikkreislauf für die
Hubwinde ist im Grunde der gleiche wie für das Drehwerk und ist in Figur 4 dargestellt.
Die Druckdifferenz Δ
pw kann somit analog zum Drehwerk (siehe (25)) geschrieben werden als

[0080] Der Öldurchsatz
qw wird durch den Pumpenwinkel gesteuert und ist gegeben durch

wobei
uw und
Kw der Ansteuerstrom des Pumpenwinkels und der Proportionalitätsfaktor sind.
4.2 Steuergesetz
[0081] Im Folgenden wird das dynamische Modell für die Hubwinde in den Zustandsraum transformiert,
um eine flachheitsbasierte Vorsteuerung zu entwerfen. Die Herleitung des Steuergesetzes
vernachlässigt die Dämpfung, daher gilt D = 0. Der Zustandsvektor des Hubwerks des
Krans ist als
x=[ϕ
w,ϕ̇
w,
zp,żp,Δ
pw]
T definiert. Somit kann das aus (39), (40), (43), (45), (46) und (47) bestehende dynamische
Modell als System von Differentialgleichungen erster Ordnung geschrieben werden, das
durch (11) gegeben wird, mit:

und
u =
uw.
[0082] Wiederum muss der relative Grad
r bezüglich des Systemausgangs gleich der Ordnung n des Systems sein. Das Verwenden
von (15) ergibt
r = n = 5, somit ist das System (11) mit (48), (49) und (50) flach und es kann eine flachheitsbasierte
Vorsteuerung für D = 0 entworfen werden.
Der Systemausgang (50) und seine zeitlichen Ableitungen werden genutzt, um die Systemdynamik
zu invertieren, wie dies für das Wipp- und Drehwerk getan wurde.
Die Ableitungen sind durch die Lie-Ableitungen gegeben, also

[0084] Das Auflösen von (56) nach dem Systemeingang
u ergibt unter Verwendung von (57), (58), (59), (60) und (61) das Steuergesetz für
die flachheitsbasierte Vorsteuerung für das Hubwerk

welche die Systemdynamik invertiert. Das Referenzsignal
y und seine Ableitungen werden durch eine numerische Trajektoriengenerierung aus dem
Handhebelsignal des Kranbedieners gewonnen.
1. Verfahren zur Ansteuerung eines Antriebs eines Kranes, insbesondere eines Drehwerkes
und/oder eines Wippwerkes,
wobei eine Soll-Bewegung der Auslegerspitze als Eingangsgröße dient, auf deren Grundlage
eine Steuergröße zur Ansteuerung des Antriebs berechnet wird,
dadurch gekennzeichnet,
dass bei der Berechnung der Steuergröße die Schwingungs-Dynamik des Systems aus Antrieb
und der Kranstruktur berücksichtigt wird, um Eigenschwingungen zu reduzieren.
2. Verfahren nach Anspruch 1, wobei die Ansteuerung des Antriebs auf Grundlage eines
physikalischen Modells erfolgt, welches die Bewegung der Kranspitze in Abhängigkeit
von der Steuergröße beschreibt, und wobei vorteilhafterweise das Modell nichtlinear
ist.
3. Verfahren nach Anspruch 2, wobei die Ansteuerung des Antriebs auf Grundlage einer
Invertierung des Modells erfolgt.
4. Verfahren nach einem der vorangegangenen Ansprüche, wobei es sich bei dem Antrieb
um einen hydraulischen Antrieb handelt und das Modell die Schwingungs-Dynamik des
Antriebs aufgrund der Kompressibilität des Hydraulikfluids berücksichtigt.
5. Verfahren nach einem der vorangegangenen Ansprüche zur Ansteuerung des als Wippwerk
verwendeten Wippzylinders, wobei die Kinematik der Anlenkung des Zylinders sowie Masse
und Trägheitsmoment des Auslegers des Kranes in die Berechnung der Steuergröße eingehen.
6. Verfahren nach einem der vorangegangenen Ansprüche zur Ansteuerung des Drehwerks,
wobei das Trägheitsmoment des Auslegers des Kranes in das Modell eingeht.
7. Verfahren nach einem der vorangegangenen Ansprüche, wobei die Schwingungsdämpfung
im Wege der Vorsteuerung erfolgt, wobei vorteilhafterweise als Sollgrößen der Vorsteuerung
die Position, die Geschwindigkeit, die Beschleunigung und/oder der Ruck der Auslegerspitze
dienen.
8. Verfahren nach einem der vorangegangenen Ansprüche, wobei aus Eingaben einer Bedienperson
und/oder eines Automatisierungssystems eine Soll-Trajektorie der Auslegerspitze als
Eingangsgröße der Steuerung generiert wird.
9. Verfahren nach einem der vorangegangenen Ansprüche, wobei mögliche sphärische Pendelschwingungen
der Last nicht als Messgröße in die Ansteuerung eingehen und/oder wobei mögliche sphärische
Pendelschwingungen der Last bei der Ansteuerung des Antriebs nicht berücksichtigt
werden.
10. Verfahren zur Ansteuerung eines Hubwerkes eines Kranes, wobei eine Soll-Hubbewegung
der Last als Eingangsgröße dient, auf deren Grundlage eine Steuergröße zur Ansteuerung
des Antriebs berechnet wird,
dadurch gekennzeichnet,
dass bei der Berechnung der Steuergröße die Schwingungs-Dynamik des Systems aus Hubwerk,
Seil und Last in Seilrichtung berücksichtigt wird, um Eigenschwingungen zu reduzieren.
11. Verfahren nach Anspruch 10, wobei bei der Berechnung der Steuergröße die die Schwingungs-Dynamik
aufgrund der Dehnbarkeit des Hubseils berücksichtigt wird.
12. Verfahren nach Anspruch 10 oder 11, wobei das Hubwerk hydraulisch angetrieben wird
und bei der Berechnung der Steuergröße die Schwingungs-Dynamik aufgrund der Kompressibilität
des Hydraulikfluids berücksichtigt wird.
13. Verfahren nach einem der Ansprüche 10 bis 12, wobei die variable Seillänge des Hubseils
und/oder das Gewicht der am Lastseil hängenden Last in die Berechnung der Steuergröße
eingeht.
14. Verfahren nach einem der Ansprüche 10 bis 13, wobei die Ansteuerung des Hubwerkes
auf einem physikalischen Modell des Kranes beruht, welches die Hub-Bewegung der Last
in Abhängigkeit von der Steuergröße des Hubwerks beschreibt, wobei vorteilhafterweise
die Ansteuerung des Hubwerkes auf der Invertierung des physikalischen Modells beruht.
15. Kran oder Kransteuerung mit einer Steuereinheit, welche ein Steuerprogramm aufweist,
über welches ein Verfahren nach einem der Ansprüche 1 bis 14 implementiert wird.