(19)
(11) EP 2 284 360 A1

(12) EUROPÄISCHE PATENTANMELDUNG

(43) Veröffentlichungstag:
16.02.2011  Patentblatt  2011/07

(21) Anmeldenummer: 09010515.6

(22) Anmeldetag:  14.08.2009
(51) Internationale Patentklassifikation (IPC): 
E21D 9/04(2006.01)
E21D 9/08(2006.01)
E21D 9/11(2006.01)
(84) Benannte Vertragsstaaten:
AT BE BG CH CY CZ DE DK EE ES FI FR GB GR HR HU IE IS IT LI LT LU LV MC MK MT NL NO PL PT RO SE SI SK SM TR
Benannte Erstreckungsstaaten:
AL BA RS

(71) Anmelder: Meyer & John GmbH & Co. KG
22525 Hamburg (DE)

(72) Erfinder:
  • John, Hans-Jürgen
    22587 Hamburg (DE)

(74) Vertreter: UEXKÜLL & STOLBERG 
Patentanwälte Beselerstrasse 4
22607 Hamburg
22607 Hamburg (DE)

   


(54) Vortriebsverfahren


(57) In einem Vortriebsverfahren wird eine mit einer Schürfscheibe (2) ausgerüstete Vortriebsmaschine (1) entlang einer vorgegebenen Trasse in den Boden gedrückt. Der Boden wird mit der Schürfscheibe (2) gelöst und entgegen der Vortriebsrichtung (V) abtransportiert. Von der Vortriebsmaschine (1) aus wird in den in Vortriebsrichtung (V) gesehen vor der Schürfscheibe (2) befindlichen Bereich eine Konditionierungsflüssigkeit, z.B. eine Wasser/Bentonit-Mischung, eingebracht. Dies kann durch eine Injektionslanze (10) erfolgen, die durch eine im zentralen Bereich der Schürfscheibe (2) vorgesehene Öffnung geführt ist.




Beschreibung


[0001] Die Erfindung betrifft ein Vortriebsverfahren, insbesondere ein Rohr- bzw. Schildvortriebsverfahren, bei dem eine mit einer Schürfscheibe versehene Vortriebsmaschine benutzt wird.

[0002] Bei derartigen Vortriebsverfahren wird die mit einer Schürfscheibe (Schneidrad) ausgerüstete Vortriebsmaschine (insbesondere eine Vollschnittmaschine) entlang einer vorgegebenen Trasse unterirdisch vorbewegt. Der Boden wird im Vortrieb dadurch gelöst, dass die Schürfscheibe, die je nach Bodenart unterschiedlich ausgestattet sein kann, in den Boden gedrückt wird. Bei rotierenden Bewegungen der Schürfscheibe, die auch oszillierend ausgeführt werden können, löst sich der Boden und wird entgegen der Vortriebsrichtung abtransportiert. Durch den Kontakt der Schneidwerkzeuge mit dem Boden kommt es je nach Härte zu Verschleiß der Schürfscheibe und der Abbauinstrumente.

[0003] Es ist üblich, durch Düsen, die im Abbauraum (Brecherraum) hinter der Schürfscheibe angeordnet sind, Wasser mit unterschiedlichen Drücken und in unterschiedlichen Mengen in den Abbauraum zu spülen, also in den in Vortriebsrichtung gesehen hinter der Schürfscheibe befindlichen Bereich. Dadurch wird der abgebaute Boden für eine Spülforderung vorbereitet.

[0004] Bei solchen Vortriebsverfahren baut sich vor der Ortsbrust (d.h. in dem in Vortriebsrichtung gesehen vor der Schürfscheibe befindlichen Bereich) eine sogenannte Druckbirne auf. Dabei handelt es sich um eine Bodenverdichtungsformation, die durch die Vortriebskräfte erzeugt wird und den Vortriebswiderstand erhöht. Die Schürfscheibe arbeitet sich in diese Druckbirne hinein, was zu erhöhtem Werkzeugverschleiß führt.

[0005] Es ist Aufgabe der Erfindung, eine Möglichkeit zu schaffen, um bei Vortriebsverfahren der erläuterten Art den Aufbau des Vortriebswiderstandes sowie den Werkzeugverschleiß zu reduzieren.

[0006] Diese Aufgabe wird gelöst durch ein Vortriebsverfahren mit den Merkmalen des Anspruchs 1. Vorteilhafte Ausführungsformen der Erfindung ergeben sich aus den Unteransprüchen.

[0007] Bei dem erfindungsgemäßen Vortriebsverfahren wird eine mit einer Schürfscheibe (Schneidrad) ausgerüstete Vortriebsmaschine (insbesondere eine Vollschnittmaschine) entlang einer vorgegebenen Trasse in den Boden gedrückt. Der Boden wird mit der Schürfscheibe gelöst und dann entgegen der Vortriebsrichtung abtransportiert. Erfindungsgemäß wird von der Vortriebsmaschine aus in den in Vortriebsrichtung gesehen vor der Schürfscheibe befindlichen Bereich eine Konditionierungsflüssigkeit eingebracht. Auf diese Weise kann der Boden vor der Ortsbrust konditioniert werden.

[0008] Die Konditionierungsflüssigkeit, die auch eine Mischung verschiedener Flüssigkeiten sein kann oder verschiedene Flüssigkeiten aufweisen kann, löst oder erweicht den vorhandenen Boden bzw. vermengt ihn zu einer Mischung, die von der Schürfscheibe und den übrigen Abbauinstrumenten der ansonsten herkömmlichen Vortriebsmaschine leichter bzw. verschleißärmer verarbeitet werden kann. Als Konditionierungsflüssigkeit kommen z.B. Wasser und/oder Mischungen aus Bentonit und Wasser in Betracht. Durch diese Verwendung der Konditionierungflüssigkeit im Bereich der Ortsbrust wird der Werkzeugverschleiß reduziert. Ferner sind dadurch längere Vortriebe möglich. Auch können sich die Vortriebszeiten verkürzen.

[0009] Konditionierungsflüssigkeit wird bei einer vorteilhaften Ausführungsfom der Erfindung über eine Injektionslanze oder Spüllanze eingebracht, die mindestens eine Düse aufweist und vorzugsweise eine Anzahl von Düsen enthält. Aus den Düsen kann die Konditionierungsflüssigkeit je nach Düsenausrichtung in Vortriebrichtung oder in radialer Richtung oder in Richtungen mit Komponenten in Vortriebsrichtung und in radialer Richtung (d.h. schräg) austreten. Zum Beispiel kann eine Anzahl von schräg ausgerichteten Düsen vorgesehen sein. Die Injektionslanze wird vor der Schürfscheibe in der Ortsbrust platziert, wozu die Injektionslanze z.B. zentrisch durch die Schürfscheibe aus dem Maschinenraum der Vortriebsmaschine heraus nach vorne geführt wird. Letzteres ist insbesondere möglich, wenn die Schürfscheibe eine zentrale Öffnung aufweist (die vorzugsweise verschließbar ist).

[0010] Es ist auch denkbar, Konditionierungsflüssigkeit über an der Schürfscheibe angeordnete Düsen einzubringen, ausschließlich auf diese Weise oder in Ergänzung zur Verwendung einer Injektionslanze. Auch diese Düsen können in unterschiedlichen Richtungen ausgerichtet sein.

[0011] Bei vorteilhaften Ausführungsformen der Erfindung wird die Konditionierungsflüssigkeit mittels einer Druckpumpe eingebracht, die in einem vorgegeben Druckbereich arbeitet. Dabei lässt sich der Druck der Konditionierungsflüssigkeit in Anpassung an die Beschaffenheit des Bodens steuern. Grundsätzlich ist es auch denkbar, verschiedene Düsen mit unterschiedlichen Drücken zu verwenden und/oder mit unterschiedlichen Mengen an Konditionierungsflüssigkeit zu beaufschlagen. Durch variable Steuerung der Drücke der austretenden Medien oder Konditionierungsflüssigkeiten lässt sich erreichen, dass in Abhängigkeit vom vorhandenen Boden und Anpressdruck lediglich innerhalb des abbaubaren Querschnittes eine Bodenveränderung stattfindet, so dass eine Beeinflussung der Umgebung vermieden und die Steuerbarkeit der Vortriebsmaschine nicht beeinflusst wird.

[0012] Im Folgenden wird die Erfindung anhand von Ausführungsbeispielen weiter erläutert. Die Zeichnungen zeigen in
Figur 1
einen schematischen Längsschnitt durch eine für die Durchführung des erfindungsgemäßen Verfahrens hergerich- tete Ausführungsform einer Vortriebsmaschine,
Figur 2
eine schematische Ansicht der Vorderseite der Anordnung aus Figur 1 mit Blick in Richtung der Pfeile A und
Figur 3
einen schematischen Querschnitt durch die Anordnung aus Figur 1 in der Ebene B-B.


[0013] In Figur 1 ist eine Vortriebsmaschine 1 im schematischen Längsschnitt dargestellt, mit deren Hilfe sich das erfindungsgemäße Verfahren durchführen lässt. Im Ausführungsbeispiel ist die Vortriebsmaschine 1 als Vollschnittmaschine gestaltet. Die Vortriebsmaschine 1 ist von an sich bekannter Bauart und braucht daher nicht im Detail erläutert zu werden, aber zusätzlich mit Einrichtungen ausgerüstet, die eine Konditionierung des Bodens im Bereich der Ortsbrust ermöglichen, wie aus der nachfolgenden Beschreibung hervorgeht.

[0014] Die Vortriebsmaschine 1 trägt an ihrem in Vortriebsrichtung V weisenden Ende eine Schürfscheibe 2 (Schneidrad), die mit Schneidwerkzeugen und Öffnungen versehen ist, so dass bei einer Drehbewegung der Schürfscheibe 2 Bodenmaterial gelöst und in einen Abbauraum (Brecherraum) 4 gelangt. Von dort aus wird es mit Hilfe von Einrichtungen, die in den Figuren nicht eingezeichnet sind, entgegen der Vortriebsrichtung V weggefördert. Bei Bedarf kann Wasser unter Druck in den Abbauraum 4 eingespritzt werden, z.B. um das Material für eine Spülförderung vorzubereiten. Die dazu erforderlichen Einrichtungen sind in den Figuren ebenfalls nicht dargestellt.

[0015] Bei der Vortriebsmaschine 1 ist die Schürfscheibe 2 drehbar in einem Drehlager 6 gelagert, das mit einem Durchgang versehen ist, so dass die Rückseite der Schürfscheibe 2 vom Innenraum der Vortriebsmaschine 1 aus zugänglich ist. Dies kann nützlich sein, z.B. um Störungen zu beseitigen. Die Schürfscheibe 2 ist mit einer zentralen Öffnung versehen, die grundsätzlich mit einem Deckel verschlossen werden kann. Vortriebsmaschinen dieser Bauart sind bekannt.

[0016] Der Antrieb der Schürfscheibe 2 erfolgt wegen des Durchgangs im Drehlager 6 nicht über eine zentrale Welle, sondern über den Umfang des Drehlagers. Dazu sind im Ausführungsbeispiel vier Antriebsmotoren 8 sowie zugehörige Getriebeeinrichtungen vorgesehen, siehe Figur 3. Diese Anordnung ermöglicht es, beim Antrieb der Schürfscheibe 2 problemlos ein großes Drehmoment zu übertragen.

[0017] Durch den Durchgang im Drehlager 6 und die zentrale Öffnung in der Schürfscheibe 2 ist im Ausführungsbeispiel eine Injektionslanze 10 geführt, deren Endbereich eine Anzahl von Düsen 12 aufweist. Die Düsen 12 sind im Ausführungsbeispiel in vier Reihen angeordnet und schräg nach außen gerichtet, siehe Figur 1 und Figur 2. Weitere Düsen 14 befinden sich an der Schürfscheibe 2, wie ebenfalls in Figur 1 und Figur 2 zu erkennen ist.

[0018] In die Injektionslanze 10 kann über eine Zuführungsleitung 16 eine Konditionierungsflüssigkeit eingeleitet werden. Die Zuführungsleitung 16 ist an einer Durchführung 18 mit dem hinteren Ende der Injektionslanze 10 verbunden. Im Ausführungsbeispiel ist die Injektionslanze 10 so befestigt, dass sie feststeht, während sich die Schürfscheibe 2 dreht. Das andere Ende der Zuführungsleitung 16 ist mit einer Pumpe 20 verbunden.

[0019] Auch die Düsen 14 stehen mit einem Leitungssystem in Verbindung, das in den Figuren nicht eingezeichnet ist, und sind über eine Drehkupplung an eine Quelle für Konditionierungsflüssigkeit angeschlossen, und zwar im Ausführungsbeispiel ebenfalls über die Pumpe 20.

[0020] Bei anderen Ausführungsformen ist nur eine Injektionslanze 10 mit Düsen 12 oder sind nur Düsen 14 an der Schürfscheibe 2 vorgesehen. Es ist auch denkbar, die Düsen 14 nicht über die Pumpe 20, sondern über eine eigene Pumpe zu verwenden, auch mit einer anderen Art von Konditionierungsflüssigkeit.

[0021] Beim Betrieb der Vortriebsmaschine 1 wird die Vortriebsmaschine 1 hydraulisch in Vortriebsrichtung V vorgepresst. Dabei dreht sich die Schürfscheibe 2; sie kann auch oszillierend bewegt werden. Das abgebaute Bodenmaterial gelangt in den Abbauraum 4 und wird von dort entgegen der Vortriebsrichtung V durch das bereits von der Vortriebsmaschine 1 erzeugte Bohrloch im Boden wegtransportiert, z.B. mit Hilfe einer Spülfördereinrichtung. Soweit läuft das Verfahren in konventioneller Weise ab.

[0022] Mit Hilfe der Injektionslanze 10 und der Düsen 12 und/oder mit Hilfe der Düsen 14 wird erfindungsgemäß Konditionierungsflüssigkeit in die Ortsbrust eingetragen. Als Konditionierungsflüssigkeit ist z.B. Wasser geeignet, um den Boden zu lockern. Eine andere Möglichkeit ist eine Suspension von Bentonit in Wasser, wodurch einerseits durch die mechanische Wirkung der unter Druck austretenden Suspension der Boden im Bereich der Ortsbrust gelockert wird und andererseits die Bohrlochwandung stabilisiert wird. Bei Anwendung der Konditionierungsflüssigkeit ist der Verschleiß an der Schürfscheibe 2 generell geringer. Außerdem wird der Widerstand beim Vortrieb der Vortriebsmaschine 1 reduziert, was eine schnellere Arbeitsweise ermöglicht.

[0023] Die Pumpe 20, die mit einem in Figur 1 nicht eingezeichnetem Reservoir an Konditionierungsflüssigkeit verbunden ist, kann so gesteuert werden, dass sie in einem vorgegebenen Druckbereich arbeitet. Der Pumpendruck kann bis zu 100 bar oder sogar mehr betragen, aber auch deutlich darunter liegen. Bei engen Düsen 12, 14 sind im allgemeinen höhere Drücke und bei weiten Düsen, die mit größeren Förderraten verknüpft sind, allgemein geringere Drücke geeignet.

[0024] Durch die Anordnung und Größe der Düse am Schneidrad 2 und/oder an der Injektionslanze 10, die Ausrichtung der Düsen, die Art der Konditionierungsflüssigkeit und den jeweils verwendeten Druckbereich lässt sich im Allgemeinen die gewünschte Vortriebserleichterung erreichen, während die Bodenzone, in die die Konditionierungsflüssigkeit eindringt, so eingestellt werden kann, dass der Boden außerhalb des zu erzeugenden Bohrlochs nicht oder nur geringfügig beeinträchtigt wird. Ein Fachmann kann im Einzelfall durch Versuche eine günstige Einstellung der zu variierenden Parameter finden.


Ansprüche

1. Vortriebsverfahren, bei dem eine mit einer Schürfscheibe (2) ausgerüstete Vortriebsmaschine (1) entlang einer vorgegebenen Trasse in den Boden gedrückt wird und der Boden mit der Schürfscheibe (2) gelöst wird und entgegen der Vortriebsrichtung (V) abtransportiert wird, dadurch gekennzeichnet, dass von der Vortriebsmaschine (1) aus in den in Vortriebsrichtung (V) gesehen vor der Schürfscheibe (2) befindlichen Bereich eine Konditionierungsflüssigkeit eingebracht wird.
 
2. Verfahren nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, dass Konditionierungsflüssigkeit über eine Injektionslanze (10) eingebracht wird, die mindestens eine Düse (12) aufweist.
 
3. Verfahren nach Anspruch 2, dadurch gekennzeichnet, dass die Injektionslanze (10) eine Anzahl von schräg ausgerichteten Düsen (12) aufweist.
 
4. Verfahren nach Anspruch 2 oder 3, dadurch gekennzeichnet, dass die Schürfscheibe (2) eine zentrale Öffnung aufweist, die vorzugsweise verschließbar ist, und dass die Injektionslanze (10) durch diese Öffnung bis in den vor der Schürfscheibe (2) befindlichen Bereich geführt ist.
 
5. Verfahren nach einem der Ansprüche 1 bis 4, dadurch gekennzeichnet, dass Konditionierungsflüssigkeit über an der Schürfscheibe (2) angeordnete Düsen (14) eingebracht wird.
 
6. Verfahren nach einem der Ansprüche 1 bis 5, dadurch gekennzeichnet, dass die Konditionierungsflüssigkeit mittels einer Druckpumpe (20) eingebracht wird, die in einem vorgegebenen Druckbereich arbeitet.
 
7. Verfahren nach Anspruch 6, dadurch gekennzeichnet, dass der Druck der Konditionierungsflüssigkeit in Anpassung an die Beschaffenheit des Bodens gesteuert wird.
 
8. Verfahren nach einem der Ansprüche 1 bis 7, dadurch gekennzeichnet, dass die Konditionierungsflüssigkeit Wasser aufweist.
 
9. Verfahren nach einem der Ansprüche 1 bis 8, dadurch gekennzeichnet, dass die Konditionierungsflüssigkeit ein Gemisch mit Bentonit und Wasser aufweist.
 




Zeichnung










Recherchenbericht