[0001] Die vorliegende Erfindung umfaßt ein System zum Erfassen der Lastmasse einer an einem
Hubseil eines Kranes hängenden Last, mit einer Meßanordnung zur Messung der Seilkraft
im Hubseil und einer Berechnungseinheit zur Bestimmung der Lastmasse auf Grundlage
der Seilkraft.
[0002] Die exakte Bestimmung der Lastmasse einer von einem Kran angehobenen Last ist für
eine Vielzahl von Anwendungen von großer Bedeutung: z. B. ist die Lastmasse für die
Lastmomentbegrenzung des Kranes, das heißt für die Kippsicherung und für den Strukturschutz
wichtig. Zudem ist die Lastmasse für die Datenerfassung hinsichtlich der Leistung
des Kranes von großer Bedeutung. Insbesondere kann durch eine exakte Bestimmung der
Lastmasse die gesamte umschlagende Nutzlast bestimmt werden. Weiterhin ist die Lastmasse
auch als Parameter für andere Steuerungsaufgaben am Kran wie z.B. eine Lastpendeldämpfung
von großer Wichtigkeit. Ein gängiges Verfahren zur Bestimmung der Lastmasse ist die
Messung der Seilkraft im Hubseil. Die Seilkraft im Hubseil entspricht dabei zumindest
in einem statischen Zustand im wesentlichen der Lastmasse.
[0003] Die Meßanordnung zur Messung der Seilkraft kann dabei entweder direkt am Lastaufnahmemittel
angeordnet werden. Diese Anordnung am Lastaufnahmemittel hat den Vorteil, daß hier
nur wenige Störeinflüsse vorliegen und so eine größere Genauigkeit erreicht werden
kann. Nachteil dieser Lösung ist jedoch, daß eine Stromversorgung und eine entsprechende
Signalleitung zum Lastaufnahmemittel notwendig wird.
[0004] Eine weitere Möglichkeit ist die Anordnung einer Meßanordnung in ein Verbindungsbereich
zwischen der Kranstruktur und dem Hubseil, zum Beispiel an einer Umlenkrolle oder
am Hubwerk. Dies hat den Vorteil, daß die Meßanordnung sehr robust ausgeführt werden
kann und die Verkabelung relativ einfach ist. Nachteilig an dieser Anordnung der Meßanordnung
ist jedoch die Tatsache, daß weitere Störeinflüsse eine exakte Bestimmung der Lastmasse
aus der Seilkraft erschweren.
[0005] Dabei ist es bereits bekannt, Mittelwertfilter zur Ermittelung der Seilkraft einzusetzen.
Zum einen hat dies jedoch den Nachteil, daß eine relativ hohe Verzögerung in der Signalausgabe
in Kauf genommen werden muß. Zudem anderen kann eine Vielzahl von Störeinflüssen über
einen Mittelwertfilter nicht eliminiert werden.
[0006] Aufgabe der vorliegenden Erfindung ist es daher, ein System zum Erfassen der Lastmasse
einer am Hubseil eines Kranes hängenden Last zur Verfügung zu stellen, welche eine
verbesserte Bestimmung der Lastmasse auf Grundlage der Seilkraft ermöglicht.
[0007] Diese Aufgabe wird erfindungsgemäß von einem Gerät gemäß Anspruch 1 gelöst. Das erfindungsgemäße
System zum Erfassen der Lastmasse einer an einem Hubseil eines Kranes hängenden Last
umfaßt dabei eine Meßanordnung zur Messung der Seilkraft im Hubseil und eine Berechnungseinheit
zur Bestimmung der Lastmasse auf Grundlage der Seilkraft. Erfindungsgemäß weist die
Berechnungseinheit dabei eine Kompensationseinheit auf, welche den Einfluß der indirekten
Bestimmung der Lastmasse über die Seilkraft in einem Modell beschreibt und zumindest
teilweise kompensiert.
[0008] Zum einen kann dabei vorgesehen sein, daß die Kompensationseinheit statische Einflüsse
der indirekten Bestimmung der Lastmasse über die Seilkraft zumindest teilweise kompensiert.
Hierzu werden erfindungsgemäß die statischen Einflüsse der indirekten Bestimmung modelliert
und durch die Kompensationseinheit kompensiert. Hierdurch ergibt sich eine erheblich
genauere Bestimmung der Lastmasse, welche über Mittelwertfilter überhaupt nicht möglich
war, da diese statische Einflüsse überhaupt nicht eliminieren können.
[0009] Alternativ oder zusätzlich kann vorgesehen sein, daß die Kompensationseinheit auch
dynamische Einflüsse der indirekten Bestimmung der Lastmasse über die Seilkraft zumindest
teilweise kompensiert. Auch hierfür ist vorgesehen, daß die Kompensationseinheit die
dynamischen Einflüsse modelliert und bei der Bestimmung der Lastmasse kompensiert.
[0010] Vorteilhafterweise ist erfindungsgemäß vorgesehen, daß die Kompensationseinheit auf
einen physikalischen Modell des Hubvorgangs basiert, welches die statischen und/oder
dynamischen Einflüsse der indirekten Bestimmung der Lastmasse über die Seilkraft modelliert.
Durch dieses Modell kann die Kompensationseinheit diese statischen und/oder dynamischen
Einflüsse zumindest teilweise kompensieren.
[0011] Vorteilhafterweise ist dabei vorgesehen, daß die Kompensationseinheit auf der Grundlage
von Daten zur Position und/oder Bewegung des Kranes arbeitet.
[0012] Insbesondere gehen dabei vorteilhafterweise Daten zur Position und/oder Bewegung
des Hubwerkes, und/oder Daten zur Position und/oder Bewegung des Auslegers und/oder
des Turmes in die Kompensationseinheit ein.
[0013] Das erfindungsgemäße System kommt dabei insbesondere bei Auslegerdrehkränen zum Einsatz,
bei welchen ein Ausleger um eine horizontale Wippachse auf-und abgewippt werden kann
und über einen Turm oder Oberwagen um eine vertikale Drehachse gedreht werden kann.
[0014] Vorteilhafterweise ist dabei vorgesehen, daß die Meßanordnung in einem Verbindungselement
zwischen einem Element der Kranstruktur und dem Hubseil angeordnet ist, insbesondere
an einer Umlenkrolle oder am Hubwerk. Vorteilhafterweise ist dabei vorgesehen, daß
die Kompensationseinheit statische und/oder dynamische Einflüsse der Anordnung der
Meßanordnung zumindest teilweise kompensiert. Vorteilhafterweise modelliert die Kompensationseinheit
dabei die Einflüsse der Anordnung der Meßanordnung auf die Seilkraft.
[0015] Vorteilhafterweise ist dabei vorgesehen, daß die Kompensationseinheit eine Seilmassenkompensation
umfaßt, welche das Eigengewicht des Hubseiles berücksichtigt. Das Hubseil hat ein
nicht zu vernachlässigendes Eigengewicht, welches durch die vorliegende Erfindung
nicht mehr die Bestimmung der Lastmasse verfälscht. Vorteilhafterweise berücksichtigt
die Kompensationseinheit dabei den Einfluß der Änderung der Seillänge beim Anheben
und/oder Absenken der Last bei der Berechnung der Lastmasse. Durch die Änderung der
Seillänge hat das Eigengewicht des Hubseiles je nach Hubphase einen unterschiedlichen
Einfluß auf die Seilkraft. Das erfindungsgemäße System berücksichtigt dies.
[0016] Vorteilhafterweise wird das System dabei bei einem Hubwerk eingesetzt, welches eine
Winde umfaßt, wobei der Drehwinkel und/oder die Drehgeschwindigkeit der Winde als
Eingangsgröße in die Seilmassen - Kompensation eingeht. Auf Grundlage des Drehwinkels
und/oder der Drehgeschwindigkeit kann die Seillänge und/oder Seilgeschwindigkeit bestimmt
und so deren Einfluß auf die Seilkraft bei der Berechnung der Lastmasse berücksichtigt
werden.
[0017] Alternativ kann die Seillänge und/oder die Seilgeschwindigkeit auch über eine Meßrolle
erfaßt werden. Diese kann z.B. separat am Seil angeordnet oder als Umlenkrolle ausgebildet
werden.
[0018] Weiterhin vorteilhafterweise ist vorgesehen, daß die Seilmassenkompensation das Eigengewicht
des auf der Winde aufgewickelten Hubseils berücksichtigt. Dies ist insbesondere dann
von Vorteil, wenn die Meßanordnung zur Messung der Seilkraft an der Hubwinde angeordnet
ist, insbesondere an einer Momentstütze der Hubwinde, da sich dann das auf der Winde
aufgewickelte Seil auf der Meßanordnung abstützt und so die Meßwerte beeinflußt.
[0019] Weiterhin vorteilhafterweise ist vorgesehen, daß die Seilmassenkompensation eine
sich durch die Bewegung der Kranstruktur ändernde Länge und/oder Ausrichtung von Hubseilabschnitten
berücksichtigt. Dies ist insbesondere bei solchen Kranen von Bedeutung, bei welchen
sich die Hubverseilung bei einer Bewegung der Kranstruktur, insbesondere bei einer
Bewegung des Auslegers, in ihrer Länge oder Ausrichtung ändert. Insbesondere ist dies
der Fall, wenn das Seil nicht parallel zum Ausleger am Kran geführt ist, sondern wenn
das Seil einen Winkel mit dem Ausleger einnimmt, welcher sich durch ein Auf- und Abwippen
des Auslegers ändert. Je nach Position der Kranstruktur, insbesondere des Auslegers,
ergeben sich so unterschiedliche Längen und/oder Ausrichtungen der Abschnitte des
Hubseils, was wiederum den Einfluß des Eigengewichts des Hubseils auf das Ausgangssignal
der Meßanordnung beeinflußt.
[0020] Weiterhin vorteilhafterweise ist vorgesehen, daß die Kompensationseinheit eine Umlenkrollenkompensation
umfaßt, welche Reibungseffekte durch die Umlenkung des Hubseils um eine oder mehrer
Umlenkrollen berücksichtigt. Vorteilhafterweise wird dabei insbesondere die zum Umlenken
des Hubseils notwendige Biegearbeit als Reibungseffekt berücksichtigt. Alternativ
oder zusätzlich kann auch die Rollreibung in den Umlenkrollen berücksichtig werden.
[0021] Vorteilhafterweise ist dabei vorgesehen, daß die Umlenkrollenkompensation die Drehrichtung
und/oder Drehgeschwindigkeit der Umlenkrollen berücksichtigt. Insbesondere die Drehrichtung
hat dabei einen nicht unerheblichen Einfluß auf die Seilkraft.
[0022] Vorteilhafterweise berechnet die Umlenkrollenkompensation dabei die durch die Bewegung
der Kranstruktur und die Bewegung des Hubwerks bedingte Drehrichtung und/oder Drehgeschwindigkeit
der Umlenkrollen. Insbesondere bei mehrfachen Umlenkungen des Hubseils zwischen Turm
und Ausleger können sich hier komplizierte Bewegungsmuster ergeben, welche sich entsprechend
auf das Ausgangssignal der Meßanordnung auswirken.
[0023] Vorteilhafterweise bestimmt die Umlenkrollenkompensation dabei die Reibungseffekte
in Abhängigkeit von der gemessenen Seilkraft. Die Seilkraft hat einen entscheidenden
Einfluß auf die Reibungseffekte. Vorteilhafterweise werden dabei die Reibungseffekte
auf Grundlage einer linearen Funktion der gemessenen Seil kraft bestimmt, da eine
lineare Funktion eine relativ gute Approximation der physikalischen Situation darstellt.
[0024] Weiterhin vorteilhafterweise ist bei dem erfindungsgemäßen System vorgesehen, daß
die Kompensationseinheit den Einfluß der Beschleunigung der Lastmasse und/oder des
Hubwerkes auf die Seilkraft bei der Bestimmung der Lastmasse berücksichtigt. Die Beschleunigung
der Lastmasse und/oder des Hubwerkes erzeugt dabei eine dynamische Komponente der
Seilkraft, welche durch die erfindungsgemäße Kompensation zumindest teilweise kompensiert
wird. Die Kompensationseinheit arbeitet dabei vorteilhafterweise auf Grundlage eines
physikalischen Modells, welches den Einfluß der Beschleunigung der Lastmasse und/oder
des Hubwerks auf die Seilkraft beschreibt.
[0025] Weiterhin vorteilhafterweise ist vorgesehen, daß die Berechnungseinheit die Schwingungsdynamik,
welche aufgrund der Dehnbarkeit des Hubseils entsteht, bei der Bestimmung der Lastmasse
berücksichtigt. Zusätzlich zu den Beschleunigungen, welche durch die über das Hubwerk
induzierten Beschleunigungen hervorgerufen werden, weist das System aus Seil und Last
zudem eine Schwingungsdynamik auf, welche aufgrund der Dehnbarkeit des Hubseils entsteht.
Vorteilhafterweise kompensiert die Kompensationseinheit diese Schwingungsdynamik zumindest
teilweise. Vorteilhafterweise beruht die Kompensationseinheit zur Kompensation der
Schwingungsdynamik dabei auf einem physikalischen Modell.
[0026] Vorteilhafterweise umfaßt die Berechnungseinheit des erfindungsgemäßen Systems dabei
einen Lastmassenbeobachter, welcher auf einem Feder-Masse-Modell des Seils und der
Last beruht. Als Masse wird dabei vorteilhafterweise die Masse der eigentlichen Last
sowie die Masse der Lastaufnahmemittels und der Anschlagmittel im Modell beschrieben.
Als Feder geht dagegen das Seil zwischen der Winde und dem Lastaufnahmemittel in das
Modell ein.
[0027] Vorteilhafterweise vergleicht der Lastmassenbeobachter dabei beständig die gemessene
Seilkraft mit der anhand des Feder-Masse-Modells auf Grundlage der zuvor gemessenen
Seilkraft vorhergesagten Seilkraft. Auf Grundlage dieses Vergleichs schätzt der Lastmassenbeobachter
die Lastmasse der Last, welche in das Feder-Masse-Modell des Seils und der Last als
Parameter eingeht. Hierdurch kann die Lastmasse mit hoher Genauigkeit und unter Kompensation
von dynamischen Einflüssen bestimmt werden.
[0028] Vorteilhafterweise berücksichtigt der Lastmassenbeobachter dabei das Meßrauschen
der Meßsignale. Vorteilhafterweise wird hierfür ein mittelwertfreies weißes Rauschen
eingesetzt.
[0029] Vorteilhafterweise gehen als Meßsignale neben dem Ausgangssignal der Meßanordnung
zur Bestimmung der Seilkraft noch Daten zur Länge des Seiles ein. Vorteilhafterweise
wird dabei als Parameter des Lastmassenbeobachters eine bezüglich der zulässigen Maximallast
normierte Seilkraft eingesetzt.
[0030] Die vorliegende Erfindung umfaßt weiterhin einen Kran mit einem System zur Erfassung
der Lastmasse einer an einem Hubseil hängenden Last, wie es oben dargestellt wurde.
Bei dem Kran handelt es sich dabei insbesondere um einen Auslegerkran, bei welchem
der Ausleger um eine Horizontale Wippachse auf- und abgewippt werden kann. Weiterhin
vorteilhafterweise kann der Kran um eine vertikale Drehachse gedreht werden kann.
Insbesondere ist der Ausleger dabei an einem Turm angelenkt, welcher gegenüber einem
Unterwagen um eine Vertikale Drehachse drehbar ist. Insbesondere kann es sich bei
dem Kran dabei um einen Hafenmobilkran handeln. Das erfindungsgemäße System kann jedoch
ebenfalls bei anderen Krantypen zum Einsatz kommen, z.B. bei Brückenkranen oder Turmdrehkranen.
[0031] Vorteilhafterweise kommt das System dabei bei einem Kran zum Einsatz, bei welchem
die Meßanordnung zur Messung der Seilkraft in einem Verbindungselement zwischen einem
Element der Kranstruktur und dem Hubseil angeordnet ist, insbesondere in einer Umlenkrolle
oder an dem Hubwerk. Hierdurch ergibt sich eine sehr robuste Anordnung, welche durch
das erfindungsgemäße System dennoch eine exakte Bestimmung der Lastmasse ermöglicht.
[0032] Durch das erfindungsgemäße System sind dabei eine Vielzahl von Anwendungen möglich,
welche mit bekannten ungenauen Systemen nicht realisiert werden konnten. Zum Beispiel
kann eine Schlaffseilerkennung eingerichtet werden, welche auf Grundlage des erfindungsgemäßen
Systems erkennt, daß die Last abgesetzt wurde. Hieraufhin wird eine sofortige Abschaltung
des Hubwerks eingeleitet, welche Seilschäden durch abgewickelte Seile verhindert.
Gegebenenfalls können hierdurch mechanische Schlaffseilschalter entfallen. Zudem ist
eine Erkennung sehr geringer Lasten, wie zum Beispiel leerer Container, nun ebenfalls
möglich.
[0033] Weiterhin hat das erfindungsgemäße System gegenüber Mittelwertfiltern den großen
Vorteil, daß die Lastmasse ohne größere Verzögerung bestimmt werden kann. Hierdurch
ergibt sich ein höherer Umschlag, da weniger Stopps auftreten, wenn das Lastmassesignal
für die Lastmomentbegrenzung eingesetzt wird. Zudem wird die Lebensdauer des Kranes
erhöht, da die Lastmomentbegrenzung ohne größere Zeitverzögerung eingreifen kann.
[0034] Neben dem System und dem Kran umfaßt die vorliegende Erfindung weiterhin ein Verfahren
zum Erfassen der Lastmasse einer am Hubseil hängenden Last, mit den Schritten: Messen
der Seilkraft in Hubseil; Berechnung der Lastmasse auf Grundlage der Seilkraft; wobei
der Einfluß der Bestimmung der Lastmasse über die Seilkraft in einem Modell beschrieben
und zumindest teilweise kompensiert wird.
[0035] Insbesondere erfolgt die Kompensation dabei auf Grundlage eines Modells der statischen
und/oder dynamischen Einflüsse dieser Bestimmung. Hierdurch können diese Einflüsse
berechnet und von der Kompensationseinheit zumindest teilweise kompensiert werden.
[0036] Das erfindungsgemäße Verfahren erfolgt dabei vorteilhafterweise so, wie dies oben
mit Bezug auf das System und den Kran dargestellt wurde. Insbesondere erfolgt das
erfindungsgemäße Verfahren dabei mittels eines Systems, wie es oben dargestellt wurde.
[0037] Die vorliegende Erfindung wird nun anhand von Ausführungsbeispielen sowie Zeichnungen
näher erläutert.
[0038] Dabei zeigen:
- Fig. 1
- ein Ausführungsbeispiel eines erfindungsgemäßen Kranes,
- Fig. 2
- eine schematische Darstellung eines Ausführungsbeispiels eines erfin- dungsgemäßen
Systems und Verfahrens,
- Fig. 3a und 3b
- die Anordnung einer Meßanordnung an der Hubwinde,
- Fig. 4
- die Anordnung einer Meßanordnung an der Hubwinde und die Seilfüh- rung des Hubseils
über Umlenkrollen,
- Fig. 5
- eine Darstellung der bei der Umlenkrollen-Kompensation berücksichtig- ten Kräfte,
- Fig. 6
- eine Darstellung der bei der Seilmassen-Kompensation berücksichtigten Kräfte,
- Fig. 7
- eine Prinzipdarstellung des Masse-Feder-Modells, welches dem erfin- dungsgemäßen Seilmassenbeobachter
zu Grunde liegt, und
- Fig. 8
- eine schematische Darstellung eines Ausführungsbeispiels eines erfin- dungsgemäßen
Seilmassenbeobachters.
[0039] Figur 1 zeigt ein Ausführungsbeispiel eines erfindungsgemäßen Kranes, bei welcher
ein Ausführungsbeispiel eines erfindungsgemäßen Systems zum Erfassen der Lastmasse
der am Kranseil hängenden Last eingesetzt wird. Bei dem Kran handelt es sich im Ausführungsbeispiel
um einen Hafenmobilkran. Der Kran weist dabei einen Unterwagen 1 mit einem Fahrgestell
9 auf. Hierdurch kann der Kran im Hafen verfahren werden. Am Hubort kann der Kran
dann über Abstützeinheiten 10 abgestützt werden.
[0040] Auf dem Unterwagen 1 ist um eine vertikale Drehachse drehbar ein Turm 2 angeordnet.
Am Turm 2 ist um eine horizontale Achse ein Ausleger 5 angelenkt. Der Ausleger 5 kann
dabei über den Hydraulikzylinder 7 in der Wippebene nach oben und nach unten verschwenkt
werden.
[0041] Der Kran weist dabei ein Hubseil 4 auf, welches um eine Umlenkrolle 11 an der Spitze
des Auslegers geführt ist. Am Ende des Hubseils 4 ist ein Lastaufnahmemittel 12 angeordnet,
mit welchem eine Last 3 aufgenommen werden kann. Das Lastaufnahmemittel 12 bzw. die
Last 3 werden dabei durch Bewegen des Hubseils 4 angehoben bzw. abgesenkt. Die Veränderung
der Position des Lastaufnahmemittels 12 bzw. der Last 3 in vertikaler Richtung erfolgt
damit durch Verkleinern bzw. Vergrößern der Länge I
S des Hubseils 4. Hierfür ist eine Winde 13 vorgesehen, welche das Hubseil bewegt.
Die Winde 13 ist dabei am Oberwagen angeordnet. Weiterhin ist das Hubseil 4 zunächst
von der Winde 13 über eine erste Umlenkrolle 6 an der Spitze des Turmes 2 zu einer
Umlenkrolle 14 an der Spitze des Auslegers 5 und von dort zurück zum Turm 2 geführt,
wo es über eine zweite Umlenkrolle 8 zu einer Umlenkrolle 11 an der Auslegerspitze
geführt ist, von wo aus das Hubseil nach unten zur Last 3 verläuft.
[0042] Das Lastaufnahmemittel 12 bzw. die Last können weiterhin durch Drehen des Turmes
2 um den Winkel ϕ
D und durch Auf- und Abwippen des Auslegers 5 um den Winkel ϕ
A in der Horizontalen bewegt werden. Durch die Anordnung der Winde 13 am Oberwagen
ergibt sich beim Auf- und Abwippen des Auslegers 5 zusätzlich zu der Bewegung der
Last in radialer Richtung eine Hubbewegung der Last 3. Diese muss gegebenenfalls durch
ein entsprechendes Ansteuern der Winde 13 ausgeglichen werden.
[0043] Figur 2 zeigt ein Ausführungsbeispiel eines erfindungsgemäßen Systems zum Erfassen
der Lastmasse einer an einem Hubseil eines Krans hängenden Last. Als Eingangsgröße
des Systems dient dabei das Signal 20, welches von einer Meßanordnung zur Messung
der Seilkraft im Hubseil erzeugt wird. Dieses wird der erfindungsgemäßen Berechnungseinheit
26 zur Bestimmung der Lastmasse zugeführt. Als Ausgangssignal 24 liefert die Berechnungseinheit
26 dabei die exakte Lastmasse. Die Berechnungseinheit weist dabei eine Kompensationseinheit
auf, welche die Einflüsse der indirekten Bestimmung der Lastmasse über die Seilkraft
zumindest teilweise kompensiert. Die Kompensationseinheit berechnet dabei die Einflüsse
auf Grundlage von Daten zum Kranzustand, welcher von der Kranzustandseinheit 25 an
die Berechnungseinheit 26 übertragen werden. Insbesondere werden dabei der Aufricht-
bzw. Wippwinkel oder die Aufrecht- bzw. Wippwinkelgeschwindigkeit des Auslegers in
der Berechnungseinheit genutzt. Weiterhin können die Seillänge und/oder die Seilgeschwindigkeit
in die Berechnungseinheit eingehen, wobei diese insbesondere über die Position und/oder
Geschwindigkeit der Hubwinde 13 ermittelt werden.
[0044] Die Kompensationseinheit beruht dabei auf einem physikalischen Modell des Hubsystems,
durch welches die Einflüsse der einzelnen Komponenten des Hubsystems auf die Seilkraft
und auf die Lastmasse berechnet werden können. Hierdurch kann die Kompensationseinheit
diese Einflüsse berechnen und zumindest teilweise kompensieren.
[0045] Die Kompensationseinheit umfaßt dabei im Ausführungsbeispiel drei Komponenten, welche
jedoch auch unabhängig voneinander eingesetzt werden könnten: Die Kompensationseinheit
umfaßt dabei zunächst eine Umlenkrollenkompensation 21, welche die Reibung des Seils
an den Umlenkrollen kompensiert. Weiterhin umfaßt die Kompensationseinheit eine Seilmassenkompensation,
welche den Einfluß des Seilgewichts auf die Seilkraft und damit auf die Lastmasse
kompensiert. Die Kompensationseinheit umfaßt weiterhin einen Lastmassenbeobachter
23, welcher dynamische Störungen des Signals aufgrund der Beschleunigung der Lastmasse
bzw. des Hubwerks, und insbesondere solche, welche aufgrund der Eigendynamik des Systems
aus Hubseil und Last entstehen, berücksichtigt.
[0046] Die einzelnen Komponenten des erfindungsgemäßen Systems werden nun im Einzelnen näher
dargestellt:
In den Figuren 3a und 3b ist die Hubwinde des erfindungsgemäßen Krans dargestellt,
an welcher eine Meßanordnung 34 zur Messung der Seilkraft angeordnet ist.
Die Hubwinde 30 ist dabei an zwei Rahmenelementen 31 und 35 um eine Drehachse 32 drehbar
gelagert. An dem Rahmenelement 31 ist die Kraftmeßanordnung 34 als Momentenstütze
angeordnet. Das Rahmenelement 31 ist dabei um die Achse 33 am Kran angelenkt. Auf
der gegenüberliegenden Seite ist das Rahmenelement 31 über die Kraftmeßanordnung 34
am Kran angelenkt. Die Kraftmeßanordnung 34 ist dabei stabförmig ausgebildet und über
eine Verbolzung 36 mit dem Rahmenelement 31 und über eine Verbolzung 37 mit dem Kran
verbolzt. Als Kraftmeßanordnung 34 kommt dabei eine Tension Load Cell zum Einsatz
(TLC), d.h. eine Kraftmeßlasche. Alternativ könnten als Kraftmeßanordnung z.B. auch
ein Kraftmeßbolzen oder ein Druckmeßdose eingesetzt werden.
[0047] Durch die Anordnung der Kraftmeßanordnung 34 zwischen der Kranstruktur und der Winde
wirkt die Seilkraft F
S zunächst auf die Winde und über den Windenrahmen auf die Kraftmeßanordnung, in welcher
durch die Seilkraft F
S eine Kraft F
TLC hervorgerufen wird.
[0048] Zur Berechnung der Seilkraft F
S aus der durch die Kraftmeßanordnung 34 gemessenen Kraft F
TLC muß die Geometrie der Anordnung der Kraftmeßanordnung 34 an der Winde berücksichtigt.
Dabei ist auch die Masse der Winde selbst zu berücksichtigen, welche sich auf der
Kraftmeßanordnung 34 abstützt und so der Seilkraft entgegenwirkt.
[0049] Zudem ist gegebenenfalls zu berücksichtigten, daß die Kraftmeßanordnung 34 wie in
Figur 3b gezeigt nur an einem der zwei Rahmenelemente 31 und 35 angeordnet ist. Das
Rahmenelement 35 ist dabei fest mit der Kranstruktur verbolzt. An diesem Rahmenelement
35 ist der Antrieb für die Hubwinde angeordnet.
[0050] Das Prinzip der Messung der Lastmasse anhand der Seilkraft bzw. anhand der Kraft,
die von der Meßanordnung 34 gemessen wird, sowie die dabei auftretenden Kräfte sind
dabei nochmals in Figur 4 zusammenfassend dargestellt.
[0051] Das Hubseil 4 läuft dabei von der Winde 30 über Umlenkrollen 6, 14 und 8 zur Umlenkrolle
11 an der Spitze des Auslegers, von wo aus das Hubseil 4 zur Last 3 geführt ist. Die
Masse der Last 3 erzeugt dabei eine Kraft im Hubseil 4, welche das Hubseil in die
Winde 30 einbringt. Die Winde 30 ist dabei an einem Windenrahmen angelenkt und beaufschlagt
diesen mit einer entsprechenden Kraft. Hierdurch wird eine Kraft F
TLC in die Kraftmeßanordnung 34, welche das Rahmenelement 31 des Windenrahmens mit der
Kranstruktur verbindet, eingebracht. Durch die geometrischen Verhältnisse zwischen
Hubseil, Hubwinde, Windenrahmen und Kraftmeßanordnung kann so aus der durch die Kraftmeßanordnung
34 gemessenen Kraft auf die Masse der Last geschlossen werden.
[0052] Durch die Anordnung der Meßanordnung in einem Verbindungselement zwischen Kranstruktur
und Hubseil ergeben sich jedoch eine Reihe von Einflüssen, welche ohne eine Kompensation
zu erheblichen Ungenauigkeiten bei der Bestimmung der Lastmasse führen würden. Die
erfindungsgemäße Berechnungseinheit weist daher eine entsprechende Kompensationseinheit
auf, welche diese Einflüsse kompensiert.
[0053] Dabei soll zunächst anhand von Figur 5 die erfindungsgemäße Umlenkrollenkompensation
näher beschrieben werden, durch welche Reibungseffekte an den Umlenkrollen kompensiert
werden. Das Hubseil 4 wird dabei an den Umlenkrollen 6, 14, 8 und 11 jeweils um einen
bestimmten Winkel umgelenkt. Hierdurch ergeben sich eine Reihe von Reibungseinflüssen
auf die Seilkraft. Dabei entsteht an jeder Umlenkrolle eine Reibungskraft, welche
je nach Situation, insbesondere je nach Drehrichtung der Umlenkrolle die durch die
Meßanordnung gemessene Kraft erhöht oder erniedrigt.
[0054] Dabei entsteht zunächst eine Rollreibung am Lager der Umlenkrolle, welche sich gemäß
der Striebeck-Kurve bestimmt. Diese Rollreibung ist jedoch relativ gering und kann
daher vernachlässigt werden. Den weitaus größeren Einfluß hat die Abwinkelung des
Hubseils an den Umlenkrollen. Dabei unterliegt das Hubseil sowohl beim Einlaufen als
auch beim Auslaufen von der Umlenkrolle einer Deformation, welche eine entsprechende
Deformationsarbeit erfordert. Die Größe dieser aufgrund der Deformation des Hubseils
entstehenden Reibung an den Umlenkrollen wird dabei im wesentlichen durch den Radius
der Umlenkrollen sowie durch die Seilkraft bestimmt.
[0055] Messungen haben dabei ergeben, daß die Gesamtreibung an jeder Umlenkrolle im Wesentlichen
linear zur Seilkraft verläuft. Die Winkelgeschwindigkeit der Umlenkrollen hat dagegen
nur einen sehr geringen Einfluß auf die Reibung. Dabei ist jedoch zu beachten, daß
sich die Reibung an jeder Umlenkrolle je nach Drehrichtung der Umlenkrolle entweder
zur gemessenen Seilkraft addiert oder von dieser subtrahiert werden muß. Beim Anheben
der Last wirkt dabei die Reibungskraft der Umlenkrollen der durch die Hubwinde erzeugten
Hubkraft entgegen, so daß die gemessene Seilkraft sich um die Reibungskräfte erhöht.
Beim Ablassen der Last durch das Hubwerk vermindert sich dagegen die gemessene Seilkraft
um einen entsprechenden Betrag.
[0056] Dabei ist weiterhin zu berücksichtigen, daß das Hubseil zwischen der Turmspitze und
der Auslegerspitze hin- und hergeführt ist, wobei die beiden Umlenkrollen 6 und 8
an der Turmspitze und die beiden Umlenkrollen 14 und 11 an der Auslegerspitze angeordnet
sind. Daher ergibt sich auch beim Auf- und Abwippen des Auslegers ebenfalls eine Bewegung
der Umlenkrollen 8, 11, und 14, während die Umlenkrolle 6 ohne eine Bewegung des Hubwerks
nicht bewegt wird. Dementsprechend ergibt sich beim Auf- und Abwippen des Auslegers
eine Reibungskraft, welche im Wesentlichen ¾ der Reibungskraft beim Anheben und Senken
der Last über das Hubwerk entspricht.
[0057] Die erfindungsgemäße Kompensationseinheit kompensiert dabei die durch die Reibung
an den Umlenkrollen entstehenden Einflüsse. Hierfür bestimmt die Kompensationseinheit
jeweils die Drehrichtung der Umlenkrollen auf Grundlage der Position und/oder Bewegung
des Hubwerks sowie des Auslegers. Dabei muß berücksichtigt werden, daß bei einer kombinierten
Bewegung des Hubwerks und des Auslegers durchaus komplexe Bewegungsmuster der Umlenkrollen
entstehen können, so daß nicht alle Umlenkrollen mit gleichem Vorzeichen in die Seilkraft
eingehen. Die Umlenkrollenkompensation erfolgt daher vorteilhafterweise auf Grundlage
der Windengeschwindigkeit und der Aufrichtgeschwindigkeit des Auslegers.
[0058] Die erfindungsgemäße Berechnungseinheit umfaßt weiterhin eine Seilmassenkompensation
welche nun anhand von Figur 6 näher dargestellt wird. Wie bereits oben beschrieben,
muß bei der Berechnung der Seilkraft aus dem Meßsignal der Meßanordnung 34 zunächst
die Gewichtskraft F
W 36 der Winde berücksichtigt werden, welche sich auf der Kraftmeßanordnung 34 abstützt.
Auf der Winde ist jedoch zusätzlich das Hubseil zumindest teilweise aufgewickelt.
Die Masse des Hubseils, welches auf der Hubwinde aufgewickelt ist, stützt sich damit
ebenfalls auf der Kraftmeßanordnung 34 ab. Daher muß auch die Gewichtskraft F
RW 37 des auf der Winde aufgewickelten Hubseils berücksichtig werden. Diese Gewichtskraft
kann zum Beispiel aufgrund des Drehwinkels der Hubwinde bestimmt werden.
[0059] Weiterhin haben auch die Massen der einzelnen Seilabschnitte zwischen den Umlenkrollen
einen Einfluß auf die Seilkraft und damit auf die Bestimmung de Lastmasse. Die Seilabschnitte
41 und 42 erhöhen dabei durch die Masse des Seiles die gemessene Seilkraft, während
die Seilabschnitte 43, 44 und 45 die gemessene Seilkraft vermindern. In die Berechung
dieses Einflusses muß jeweils die Länge sowie der Winkel der Seilabschnitte zur Horizontalen
betrachtet werden. Dabei ist zu berücksichtigen, daß nur für den Seilabschnitt 45
eine konstante Länge und ein konstanter Winkel vorliegen. Der Abschnitt 41 wird dagegen
durch Anheben und Absenken der Last in seiner Länge verändert. Die Abschnitte 42 -
44 werden wiederum durch Auf- und Abwippen des Auslegers sowohl in ihrer Länge, als
auch in ihrer Ausrichtung verändert. Die Seilmassenkompensation erfolgt daher auf
Grundlage der Position des Auslegers sowie der Hubwinde.
[0060] Die Umlenkrollenkompensation und die Seilmassenkompensation kompensieren damit im
wesentlichen den Einfluß der Anordnung der Meßanordnung an der Hubwinde. Alternativ
zur Anordnung der Meßanordnung an der Hubwinde ist ebenfalls denkbar, eine Meßanordnung
in eine der Umlenkrollen zu integrieren, insbesondere in die Umlenkrolle 8 an der
Auslegerspitze. Bei dieser Anordnung der Meßanordnung erfolgt die Kompensation wiederum
den oben dargestellten Prinzipien, wobei jedoch die Reibungseffekte sowie die Einflüsse
der Seilmasse auf die gemessene Kraft durch die andere Anordnung der Meßanordnung
entsprechend angepaßt werden müssen.
[0061] Das erfindungsgemäße System berücksichtigt nicht nur die systematischen Einflüsse,
welche die Anordnung der Meßanordnung an einem Verbindungselement zwischen Kranstruktur
und Hubseil auf die Bestimmung der Lastmasse hat, sondern kompensiert auch dynamische
Effekte, welche auf der Beschleunigung von Lastmasse und/oder Hubwerk und die Dehnbarkeit
des Hubseiles zurückgehen.
[0062] Durch die Elastizität des Hubseils bildet das System aus Hubseil und Last dabei im
wesentlichen ein Feder-Masse-Pendel, welches durch das Hubwerk angeregt wird. Hierdurch
entstehen Schwingungen, welche dem statischen Anteil des Seilkraftsignals, welches
der Lastmasse entspricht, überlagert sind. Der Lastmassenbeobachter beruht dabei auf
einem physikalischen Modell des Feder-Masse-Systems aus Hubseil und Last. Das Modell
ist dabei schematisch in Fig. 7 wiedergegeben. Durch Vergleich der sich aus diesem
Modell ergebenden Seilkraft mit der gemessenen Seilkraft schätzt der Lastmassenbeobachter
23 die exakte Lastmasse, welche als Parameter in das physikalische Modell eingeht.
[0063] Ein Ausführungsbeispiel des erfindungsgemäßen Lastmassenbeobachters, welcher als
erweiterter Kalman Filter (EKF) implementiert ist, soll nun im Folgenden näher dargestellt
werden:
2 Modellierung Hubwerksstrang
[0064] Im Folgenden Abschnitt wird das dynamische Modell für den Hubwerksstrang hergeleitet.
Abbildung 1 zeigt den kompletten Aufbau eines Hafenmobilkrans (LHM). Die Last mit
der Masse
ml wird mittels des Lastaufnahmemittels vom Kran angehoben und ist über das Seil mit
der Gesamtlänge
ls mit der Hubwinde verbunden. Das Seil wird vom Lastaufnahmemittel aus über je eine
Umlenkrolle am Auslegerkopf und Turm umgelenkt. Hierbei ist zu beachten, dass das
Seil nicht direkt vom Auslegerkopf zur Hubwinde umgelenkt wird, sondern dass es vom
Auslegerkopf zum Turm, zurück zum Auslegerkopf und dann über den Turm zur Hubwinde
umgelenkt wird (siehe Abbildung 1). Somit ergibt sich die gesamte Seillänge zu

wobei
l1,
l2 und
l3 die Teillängen von der Hubwinde zum Turm, vom Turm zum Auslegerkopf und vom Auslegerkopf
zum Lastaufnahmemittel sind. Der Hubwerksstrang bestehend aus Hubwinde, Seil und Lastmasse
wird im Folgenden vereinfacht als Feder-Masse-Dämpfer System modelliert und ist in
Abbildung 7 dargestellt.
[0065] Nach dem Newtonschen Bewegungsgesetz ergibt sich somit die Bewegungsgleichung für
das Feder-Masse-Dämpfer System zu

mit der Erdbeschleunigung
g, der Federkonstante c, der Dämpferkonstante d, der Lastposition z, der Lastgeschwindigkeit
ż und der Lastbeschleunigung
z̈. Die Seilgeschwindigkeit
is folgt aus der Windengeschwindigkeit ϕ̇
w und dem Windenradius
rw zu

[0066] Die Federsteifigkeit
cs eines Seils der Länge
ls kann mittels des Hooke'schen Gesetz zu

berechnet werden. Hierbei sind Es und
As das Elastizitätsmodul und die Querschnittsfläche des Seils. Da am Hafenmobilkran
ns parallele Seile die Last anheben (vgl. Abbildung 1) ergibt sich die Federsteifigkeit
c des Hubwerksstrangs zu

[0067] Die Dämpferkonstante d des Hubwerksstrangs ist durch

gegeben, wobei D das Lehrsche Dämpfungsmaß des Seils darstellt.
[0068] Da die Hauptaufgabe des Lastmassenbeobachters die Schätzung der aktuellen Lastmasse
ist, muss für die Lastmasse eine dynamische Gleichung hergeleitet werden. Innerhalb
dieser Arbeit wird die Lastmasse
ml als Random-Walk Prozess modelliert, d.h.
ml wird durch ein additives, mittelwertfreies, weißes Rauschen gestört. Somit ergibt
sich für die Lastmasse folgende dynamische Gleichung

wobei γ
l ein mittelwertfreies, weißes Rauschen darstellt.
3 Beobachterentwurf
[0069] In diesem Abschnitt wird ein auf das EKF |3| basierender Beobachter entworfen. Hierbei
ist zu beachten, dass die Wertebereiche der einzelnen Größen sehr unterschiedlich
sind. So liegt die Seillänge
ls und die Lastposition z üblicherweise zwischen 100 m und 200 m, die Seilgeschwindigkeit
is und die Lastgeschwindigkeit
ż zwischen 0

und 2

und die Lastmasse zwischen 0 kg und 150 × 10
3kg. Außerdem besitzen die beiden Parameter
Es und
As auch sehr unterschiedliche Wertebereiche. Diese unterschiedlichen Wertebereiche können
bei der Online-Schätzung des Beobachters zu numerischen Problemen führen. Zur Vermeidung
dieser numerischen Probleme wird für den Beobachterentwurf ein neuer Parameter

eingeführt, wobei
mmax die für den jeweiligen Krantyp maximal zulässige Hublast ist. Außerdem wird im Beobachter
nicht direkt die Lastmasse
ml verwendet, sondern die normierte Lastmasse

[0070] Über einen Inkrementalgeber werden am Kran die Windenposition ϕ
w gemessen und die Windengeschwindigkeit ϕ̇
w berechnet. Ein Kraftmesssensor stellt die an der Winde gemessene Seilkraft
Fw zur Verfügung, Aus der Windenposition und -geschwindigkeit kann mittels Gleichung
(3) die Seillänge und -geschwindigkeit berechnet werden. Bei der gemessenen Seilkraft
an der Winde
Fw ist zu beachten, dass hier nicht nur die Kraft auf Grund der Lastmasse gemessen wird,
sondern auch die Reibeinflüsse der Umlenkrollen und das Eigengewicht des Seils. Jedoch
können diese Störeinflüsse durch einen Kompensationsalgorithmus beseitigt werden und
die aktuelle Federkraft
Fc (vgl. Gleichung (2)) kann aus der gemessenen Seilkraft an der Winde
Fw berechnet werden.
[0071] Für einen Beobachterentwurf müssen zunächst die Eingangsgrößen u und die Ausgangsgrößen
(oder Messgrößen) y des Systems definiert werden. Für das hier vorliegende Problem
wird als einziger Systemeingang die Seilgeschwindigkeit
is gewählt. Als Ausgangsgrößen werden die Seillänge
ls und die normierte Federkraft

gewählt.
[0072] Mit dem Zustandsvektor x =

kann das dynamische Modell, bestehend aus Gleichungen (2), (4), (5), (6), (7) und
(8) in den Zustandsraum transformiert werden.
[0074] Wie oben schon erwähnt, wird der Beobachter als EKF realisiert. Das EKF ist ein Beobachter
für nichtlineare, zeitdiskrete Systeme, welches die Fehlerkovarianz des Schätzfehlers
x̂
k - x
k 
in jedem Zeitschritt minimiert |3|, wobei x̂
k für den aktuell geschätzten Zustand steht. In Gleichung (13) und im Folgenden gilt
[•]
k = [•] (
kΔ
t) mit der diskreten Abtastrate Δ
t. Da die Zustandsraumdarstellung (9) jedoch ein kontinuierliches System darstellt,
wird das oben beschriebene System im Folgenden mit dem Euler-Vorwärts Verfahren |2|
diskretisiert.
[0075] Für die Zustandsschätzung führt das EKF in jedem Zeitschritt einen Prädiktions- und
einen Korrekturschritt aus. Innerhalb des Prädiktionsschritts wird der Zustand zum
nächsten Zeitschritt basierend auf den Systemgleichungen (9) vorhergesagt

[0076] Neben den Systemzuständen wird innerhalb des Prädiktionsschritts auch die Fehlerkovarianzmatrix
vorhergesagt

wobei
Pk-1 die Fehlerkovarianzmatrix zum Zeitschritt (k - 1)Δ
t ist,
Ak die Transitionsmatrix des linearisierten Systems um den aktuellen Zustand und
Qk die zeitdiskrete Kovarianzmatrix des Systemrauschens.
Ak wird näherungsweise durch die Taylor-Reihe der Matrixexponentialfunktion bis zum
ersten Glied berechnet

[0077] Fig. 8 zeigt noch einmal das Ausführungsbeispiel des Lastmassenbeobachters in einem
Blockschaltbild. Als Meßsignale geht dabei neben der an der Winde gemessenen Kraft
F
w die Länge des Hubseils I
S in den Lastmassenbeobachter ein. Die gemessene Kraft wird dabei wie oben näher dargestellt
zunächst hinsichtlich des Seilgewichts und der Reibungseffekte kompensiert und mit
der maximal zulässigen Lastmasse m
max normalisiert. Der Lastmassenbeobachter schätzt dann als x
4 die normalisierte Lastmasse, welche dementsprechend durch Multiplikation mit m
max wieder in die Lastmasse ml umgerechnet wird. Daneben schätzt der Lastmassenbeobachter
auch die Seillänge I
s, die Position der Last z und die Lastgeschwindigkeit
ż , welche ebenfalls zu Steuerungszwecken herangezogen werden können.
[0078] Die vorliegende Erfindung ermöglicht eine exakte Bestimmung der Lastmasse, bei welcher
sowohl die Effekte der Anordnung der Meßanordnung zur Messung der Seilkraft über ein
Verbindungselement zwischen der Kranstruktur und dem Hubseil wie zum Beispiel an einer
Momentenstützte der Hubwinde oder eine Umlenkrolle, als auch dynamische Effekte, welche
durch die Dehnbarkeit des Hubseils entstehen, berücksichtigt werden. Die Lastmasse
kann dabei entweder für Steuerungsaufgaben oder zur Datenauswertung herangezogen werden.
Insbesondere kann die Lastmasse für jeden Hub in einer Speichereinheit, z.B. einer
Datenbank gespeichert und so ausgewertet werden.
1. System zum Erfassen der Lastmasse einer an einem Hubseil eines Kranes hängenden Last,
welches umfasst:
eine Meßanordnung zur Messung der Seilkraft im Hubseil, und
eine Berechnungseinheit zur Bestimmung der Lastmasse auf Grundlage der Seilkraft,
dadurch gekennzeichnet,
dass die Berechnungseinheit eine Kompensationseinheit aufweist, welche den Einfluß der
indirekten Bestimmung der Lastmasse über die Seilkraft in einem Modell beschreibt
und zumindest teilweise kompensiert.
2. System nach Anspruch 1, wobei die Kompensationseinheit auf der Grundlage von Daten
zur Position und/oder Bewegung des Kranes arbeitet, insbesondere auf Grundlage von
Daten zur Position und/oder Bewegung des Hubwerkes, und/oder Daten zur Position und/oder
Bewegung des Auslegers und/oder des Turmes.
3. System nach Anspruch 1 oder 2 für einen Kran mit einem Hubwerk zum Anheben und Senken
der an dem Hubseil des Kranes hängenden Last,
wobei das Hubseil von der Meßanordnung aus über mindestens eine Umlenkrolle des Kranes
zur Last geführt ist und/oder wobei die Meßanordnung zur Messung der Seilkraft im
Hubseil an einer Umlenkrolle oder am Hubwerk angeordnet ist,
wobei die Kompensationseinheit den Einfluß der Anordnung der Meßanordnung auf die
sich ergebende Lastmasse zumindest teilweise kompensiert.
4. System nach Anspruch 3, wobei die Kompensationseinheit eine Seilmassen- Kompensation
umfasst, welche das Eigengewicht des Hubseiles und insbesondere den Einfluss der Änderung
der Seillänge beim Anheben und oder absenken der Last bei der Berechnung der Lastmasse
berücksichtigt, wobei vorteilhafterweise das Hubwerk eine Winde umfasst und der Drehwinkel
und/oder die Drehgeschwindigkeit der Winde als Eingangsgröße in die Seilmassen-Kompensation
eingeht.
5. System nach Anspruch 4, wobei die Seilmassen-Kompensation das Eigengewicht des auf
der Winde aufgewickelten Hubseiles berücksichtigt.
6. System nach einem der Ansprüche 3 bis 5, wobei die Seilmassen-Kompensation eine sich
durch die Bewegung der Kranstruktur ändernde Länge und/oder Ausrichtung von Hubseilabschnitten
berücksichtigt.
7. System nach einem der vorangegangenen Ansprüche, wobei die Kompensationseinheit eine
Umlenkrollen-Kompensation umfasst, welche Reibungseffekte durch die Umlenkung des
Hubseils um eine oder mehrere Umlenkrollen berücksichtigt.
8. System nach Anspruch 7, wobei die Umlenkrollen-Kompensation die Drehrichtung und/oder
Drehgeschwindigkeit der Umlenkrollen berücksichtigt, wobei die Umlenkrollen-Kompensation
vorteilhafterweise die durch die Bewegung der Kranstruktur zusammen mit der Bewegung
des Hubwerks bedingte Drehrichtung und/oder Drehgeschwindigkeit der Umlenkrollen berechnet.
9. System nach einem der Ansprüche 7 oder 8, wobei die Umlenkrollen-Kompensation die
Reibungseffekte in Abhängigkeit von der gemessenen Seilkraft berechnet, insbesondere
auf Grundlage einer linearen Funktion der gemessenen Seilkraft.
10. System nach einem der vorangegangenen Ansprüche, wobei die Kompensationseinheit den
Einfluss der Beschleunigung der Lastmasse und/oder des Hubwerkes auf die Seilkraft
bei der Bestimmung der Lastmasse berücksichtigt.
11. System nach Anspruch 10, wobei die Berechungseinheit die SchwingungsDynamik, welche
auf Grund der Dehnbarkeit des Hubseiles entsteht, bei der Bestimmung der Lastmasse
berücksichtigt.
12. System nach Anspruch 10 oder 11, wobei die Berechungseinheit einen Lastmassenbeobachter
umfasst, welcher auf einem Feder-Masse Modell des Seils und der Last beruht.
13. Kran mit einem System zur Erfassung der Lastmasse einer an einem Hubseil hängenden
Last gemäß einem der vorangegangenen Ansprüche.
14. Verfahren zum Erfassen der Lastmasse einer an einem Hubseil hängenden Last, mit den
Schritten:
Messen der Seilkraft im Hubseil,
Berechnen der Lastmasse auf Grundlage der Seilkraft, wobei der Einfluß der Bestimmung
der Lastmasse über die Seilkraft in einem Modell beschrieben und zumindest teilweise
kompensiert wird.
15. Verfahren nach Anspruch 14, wobei die Bestimmung der Lastmasse mittels eines Systems
nach einem der vorangegangenen Ansprüche erfolgt.