(19)
(11) EP 2 325 436 A2

(12) EUROPÄISCHE PATENTANMELDUNG

(43) Veröffentlichungstag:
25.05.2011  Patentblatt  2011/21

(21) Anmeldenummer: 10191366.3

(22) Anmeldetag:  16.11.2010
(51) Internationale Patentklassifikation (IPC): 
E21D 11/08(2006.01)
E21D 11/36(2006.01)
(84) Benannte Vertragsstaaten:
AL AT BE BG CH CY CZ DE DK EE ES FI FR GB GR HR HU IE IS IT LI LT LU LV MC MK MT NL NO PL PT RO RS SE SI SK SM TR
Benannte Erstreckungsstaaten:
BA ME

(30) Priorität: 24.11.2009 DE 102009047048

(71) Anmelder: Ed. Züblin AG
70567 Stuttgart (DE)

(72) Erfinder:
  • Friedemann, Wolf
    70567 Stuttgart (DE)
  • Wiesiolek, Bernd
    71083 Herrenberg-Kuppingen (DE)
  • Wais, Axel, Dr.
    71272 Renningen (DE)

   


(54) Tübbing neben einem Querschlag mit Ausgestaltung für eine richtungsfreie Durchbohrung von Bohrgestängen


(57) Die Tübbingelemente (9,16) aus Stahl oder Gusswerkstoff, die die Querschlagöffnung (11) umgeben, weisen Kassetten auf. An den Stellen, an denen durch den erfindungsgemäßen Tübbing hindurch Bohrungen bzw. Lanzen (10) nach außen geführt werden sollen, sind die Kassetten invers und vorzugswesie auch größer ausgeführt: Das üblicherweise an der Außenseite des Tübbings vorhandene Außenblech (1) fehlt an diesen inversen Kassetten und ist stattdessen an der Innenseite der seitlichen Aussteifungsbleche (3) nach innen versetzt angebracht. In diesem Blech befindet sich eine z.B. mit einem Deckelblech (4) verschließbare Öffnung. Die inversen Kassetten sind gegenüber den herkömmlichen Kassetten innerlich zusätzlich versteift, damit die Gesamtsteifigkeit des Tübbings trotz inverser Kassetten erhalten bleibt. Bevorzugt geschieht dies durch eine Füllung des nach außen offenen Hohlraumes der inversen Kassetten mit Beton.




Beschreibung

Technisches Gebiet



[0001] Die Erfindung betrifft die Herstellung von Querschlägen bei Tunneln mit Tübbingausbau. Speziell betrifft sie die wenigstens temporäre Stabilisierung mindestens des den Querschlag umgebenden Bodens.

Stand der Technik



[0002] Es ist bekannt, Aussparungen im Tübbingausbau von Tunneln dadurch herzustellen, dass nachträglich nach dem Auffahren der Röhre und der Herstellung der Auskleidung eine Öffnung in die Auskleidung gebrochen bzw. gesägt wird. Es ist auch bekannt, im Aussparungsbereich vereinfachte und mit geringer Festigkeit hergestellte Tübbings anzuordnen.

[0003] Die in der Auskleidung auszubrechende Öffnung muss die Fläche der gewünschten Aussparung zuzüglich dem Flächenbedarf der dauerhaft tragfähigen Einfassung der Aussparung umfassen.

[0004] In die ausgebrochene Öffnung wird örtlich untertage ein geschlossener Rahmen eingebaut, der die Öffnung der Aussparung freihält.

[0005] Die in die Auskleidung gebrochene Öffnung stört das Gleichgewichtssystem der Tunnelröhre, das sich zwischen dem allseitigen umgebenden Boden und der geschlossenen Tübbingringe eingestellt hat. Ein Tübbingring verliert bereits durch Herausnehmen eines einzelnen Tübbingelements seinen Ringschluss und dadurch seine Stabilität. Auf Abtragung größerer Lasten zum Nachbarring über Scherbeanspruchungen ist das Tragsystem in der Regel nicht ausgerichtet. Im Bereich der geplanten Öffnung muss deshalb eine aufwändige örtliche Aussteifung in die Tunnelröhre eingebaut werden, die in der Lage ist, die Wirkungen eines veränderten Kräftespiels in einer einseitig geschwächten Tunnelröhre auszugleichen.

[0006] Nachteilig an dieser Vorgehensweise sind die sehr lohnintensiven untertage auszuführenden Arbeiten des Aussteifens der Röhre, des Ausbrechens der Aussparung und des Einbauens des die Aussparung umgebenden Tragrahmens.

[0007] In DE 3628607 C2 ist daher ein im Zuge des Auffahrens hergestellter, die spätere Aussparung umgebender, geschlossener Rahmen beschrieben, der bevorzugt aus Stahlelementen zusammengesetzt und statisch tragfähig ist. Innerhalb des Rahmens befinden sich entfernbare Fülltübbings.

[0008] Der Tragrahmen verbleibt dauerhaft im Bauwerk.

[0009] Der Boden zwischen den beiden durch einen Querschlag zu verbindenden Tunnelröhren oder zwischen Tunnelröhren und Schächten bzw. Stationsbauten ist meistens nicht tragfähig und außerdem häufig unter Druck wasserführend. Mindestens während der Errichtungsphase des Querschlages ist somit eine Verfestigung bzw. Stabilisierung des Bodens notwendig, zumindest in dem den Querschlag direkt umgebenden Bereich.

[0010] Dies ist durch Injektionen aushärtender Mittel in den Boden möglich, oder ― bevorzugt bei Querschlaglage im Grundwasser ― durch temporäre Vereisung des Bodens.

[0011] Hierzu müssen in einem durch die Wärmeleitfähigkeit des Bodens beeinflussten, genau festgelegten Raster Vereisungslanzen in den Bodenbereich um den Querschlag herum eingebracht werden. Um die Vereisungslanzen lagegenau in den Boden einbringen zu können ist es erforderlich, wasserdichte Öffnungen in der Tunnelwand um die Querschlagöffnung herum zu erzeugen, durch die die Lanzen nach außen in den Boden reichen.

[0012] Der Stand der Technik sieht hierzu vorgefertigte Öffnungen im Außenblech der Stahltübbings vor, die die Querschlagöffnung umgeben. Herkömmliche Stahltübbings bestehen aus einem Außenblech, welches durch Rippen aus zum Tunnelinneren weisenden Aussteifungsblechen versteift ist. Es bilden sich auf diese Weise zum Tunnelinneren offene Kassetten.

[0013] Da es sich nicht um Bleche üblicher Vorstellung handelt, sondern um dicke Stahlplatten, sind diese nicht einfach zu durchbohren. Daher weist das Außenblech schon vorgefertigte verschließbare Durchführungen auf, durch die die Lanzen mittels eines üblichen Bohrverfahrens in den Boden eingebracht werden können.

[0014] Die vorgefertigten Bohrungen im Außenblech erlauben nun aber nicht, die Lanzen immer so einzubauen, dass sie ein die Herstelltoleranzen der Tunnelröhren berücksichtigendes ausgerichtetes Raster ergeben, das eine sichere Verfestigung des Bodens (also einen geschlossenen, dichten Körper durch Vereisung oder Injektion) ermöglichen. Erschwerend hinzu kommt hier noch die Enge des Tunnels während eines Bohrprozesses.

Aufgabe der Erfindung



[0015] Aufgabe der Erfindung ist es einen Tübbing anzugeben, der es erlaubt, durch seine Wandung hindurch gehende Bohrungen zur Bodenverfestigung wesentlich variabler, lagegenauer und unbeeinflußt von den Herstelltoleranzen der zu verbindenden Bauwerke (Tunnel, Schächte, Stationen) in den Boden einbringen zu können.

Darstellung der Erfindung



[0016] Die Aufgabe wird durch die im Kennzeichen des Anspruchs 1 angegebenen Merkmale gelöst.

[0017] Die Erfindung sieht hierzu in den die Querschlagöffnung umgebenden Stahl-oder Gusstübbings vor, mindestens eine der durch die Aussteifungsbleche gebildeten Kassetten durch eine "inverse" Kassette zu ersetzen. Damit ist gemeint, dass bei dieser inversen Kassette das Außenblech des Tübbings weit nach innen gesetzt angebracht ist, so dass die inverse Kassette nicht mehr nach innen zum Tunnelinneren hin offen ist, sondern nach außen zum Boden hin. Diese Geometrie kann auch in anderen Materialien - beispielsweise Kunst- oder Verbundwerkstoffen ― ausgeführt werden, bevorzugt wird Stahl zum Einsatz kommen.

[0018] Weiterhin weist die inverse Kassette an diesem nach innen versetzten Blech (im weiteren Text als Innenblech bezeichnet) eine verschließbare Öffnung auf, die bevorzugt mit einem Deckel, z. B. einem Deckelblech, verschlossen ist. Die inverse Kassette ist - verglichen mit den im gleichen Tübbingsegment vorhandenen umgebenden Kassetten - bevorzugt größer ausgeführt, wodurch ein größerer Spielraum zum Setzen der Bohrungen ohne Behinderung durch die Aussteifungsbleche gegeben ist.

[0019] Zum Ausgleich hierfür muss die inverse Kassette mit einer größeren Steifigkeit ausgeführt werden, z. B. durch dickere Aussteifungsrandbleche und / oder bevorzugt durch eine Füllung der Kassette mit einem steifen, wenig kompressiblen aber einfach durchbohrbaren Material. Erfindungsgemäß weist dieses Material zusätzlich gegen Wasser abdichtende Eigenschaften auf. Dies ermöglicht es, den Deckel über der Öffnung im Innenblech der inversen Kassette zu entfernen, ohne dass unter Druck stehendes Wasser in den Tunnel eindringen kann.

[0020] Als besonders einfache Ausführung eines solchen Materials wird ein geeigneter aushärtender Werkstoff gewählt, der bei der Fertigung des Tübbingelementes flüssig in den Hohlraum der Kassette eingefüllt wird und dort aushärtet. Hierbei kann es sich um organische Polymere (vor Ort polymerisiert oder geschmolzen eingebracht) oder hydraulisch abbindende Massen handeln. Von den hydraulisch abbindenden Massen sind geeignete Betone (unbewehrt, stabstahlbewehrt, faserbewehrt) aus Kostengründen und aufgrund der großen Erfahrung im Umgang mit ihnen bevorzugt.

[0021] Auch ohne aussteifende Füllmassen sind inverse Kassetten für das Anbringen von Bohrungen der herkömmlichen Kassettengestaltung vorzuziehen.

[0022] Die Aussteifung mittels einer durchbohrbaren, wenig kompressiblen, abdichtenden Masse in einer inversen Kassette hat einige große Vorteile:
  1. 1.) Die inverse Kassette kann durch das versteifende Material kostengünstig ohne Verlust an Festigkeit des Tübbings deutlich größer gewählt werden - wodurch die Möglichkeit besteht, Bohrungen ohne Behinderung durch Aussteifungsbleche freier in ihrer Lage und Neigung anzusetzen.
  2. 2.) Das Material stellt - im Gegensatz zur bisherigen Vorgabe von Bohrstellen im Außenblech des Tübbings - ein Kontinuum dar, das keine Vorgaben erzwingt, wie die Bohrung zu setzen ist.
  3. 3.) Das Füllmaterial wirkt abdichtend, zusätzlich ist jedoch das dichtende Blech, im Gegensatz zu normalen Kassetten, als Innenblech innen im Tunnel angeordnet. Dort kann auf einfache Weise wegen des direkten Zuganges eine endgültige, absolute Dichtheit des Tunnelsegments erreicht werden ― es werden damit zwei Dichtebenen geschaffen.


[0023] Ein Verfahren zur Verwendung der erfindungsgemäßen Vorrichtung, zum Beispiel zum Einbringen von Vereisungslanzen, Temperaturlanzen, Entspannungsbohrungen, Bohrungen zur Bodenverbesserung usw., sieht vor, nach der Fertigstellung des Tunnelabschnittes das Deckelblech über der Öffnung im Innenblech zu entfernen (es findet kein oder nur geringer Wassereintritt in den Tunnel statt!) und den Bohrer am Beton so anzusetzen, dass die Lanze nach dem Bohren in Sollage im Boden liegt.

[0024] Bei Bedarf können weitere Lanzen durch den Beton in den Boden gebohrt werden.

[0025] Nachdem die Lanzen in Sollage in den Boden eingeführt wurden, erfolgt bevorzugt eine Sicherungsabdichtung der freiliegenden Betonoberfläche durch übliche Abdichtungsverfahren.

[0026] Die Figuren zeigen bespielhaft eine Ausfertigung des erfindungsgemäßen Tübbingelementes.

Fig. 1 zeigt eine Aufsicht von innen auf den Stahltübbing 16 vor dem Einbringen einer Bohrung.

Fig. 2 zeigt einen seitlichen Querschnitt des Stahltübbings 16.

Fig. 3 zeigt zwei Tunnelröhren eines Eisenbahntunnels, die durch einen Querschlag verbunden sind.



[0027] In Fig. 1 und Fig. 2 erkennt man die gegenüber üblichen, durch Aussteifungsbleche 3 gebildeten Kassetten des gleichen Tübbings vergrößerte inverse Kassette, deren Hohlraum nach außen offen und mit einer Betonfüllung 7 versehen ist. Die Betonfüllung 7 wird daran gehindert, durch den Wasserdruck in den Tunnel gedrückt zu werden. Die innenliegende Öffnung ist in den Figuren durch ein angeschraubtes Deckelblech 4 wasserdicht verschlossen.

[0028] In Fig. 3 ist dargestellt wie im Falle von Vereisungslanzen 10 diese positioniert werden, um eine lückenlose Vereisung des Bodens um den zu erstellenden Querschlag herum zu erreichen. Die Figur zeigt den Zustand nach der Herstellung des Querschlages 11. Die Lanzen 10 können im Boden verbleiben oder auch wieder entfernt werden. In Figur 3 sind mögliche Toleranzlagen15 der Vereisungslanzen 10 gezeigt.

[0029] Im dargestellten Beispiel werden die Vereisungslanzen 10 von einer Tunnelröhre aus in den Boden getrieben. Möglich ist natürlich auch das Einbringen ausgehend von beiden Tunnelröhren - hierdurch erreicht man ein dichteres Raster und so eine andere Vereisungskörpergeometrie 12 mit noch größerer Sicherheit einer statischen Tragkraft und Wasserdichtheit.

Bezugszeichenliste



[0030] 
1
Außenblech
2
Innenblech
3
Aussteifungsblech
4
Deckelblech
5
Ringfugenblech
6
Längsfugenblech
7
Steifes Füllmaterial, z.B. Beton
8
Betontübbing
9
Stahltübbing
10
Vereisungslanze
11
Querschlag
12
Sollgeometrie Vereisungskörper
13
Vereisungskörper Lanze
14
Sollage Vereisungslanze
15
Toleranzlage Vereisungslanze
16
erfindungsgemäßer Sondertübbing



Ansprüche

1. Neben dem Querschlag (11) eines Tunnels befindliches, mit aus Aussteifungsblechen (3) gebildeten Kassetten versteiftes Tübbingelement (9, 16) mit mindestens einer verschließbaren Öffnung im Mantel zur Einbringung von Vereisungsbohrungen, Temperaturbohrungen, Entspannungsbohrungen, Bohrungen zur Bodenverbesserung (Injektionsbohrungen) usw. in den Boden vor der Erstellung des Querschlags (11),
dadurch gekennzeichnet, dass der Tübbing (16) mindestens eine inverse Kassette aufweist, bei der ein Innenblech (2), das an den Aussteifungsblechen (3) zum Tunnelinneren hin angeordnet ist, das Außenblech (1) des Tübbingelementes (16) ersetzt, und dieses Innenblech (3) eine mit einem Deckel (4) verschließbare Öffnung aufweist, die im Falle des Einbringens der Bohrung ins Erdreich geöffnet werden kann.
 
2. Tübbing (16) nach Anspruch 1,
dadurch gekennzeichnet, dass die inverse Kassette in Aufsicht größer ausgeführt ist als benachbarte normale Kassetten.
 
3. Tübbing (16) nach mindestens einem der Ansprüche 1 und 2,
dadurch gekennzeichnet, dass die inverse Kassette aus gegenüber den normalen Kassetten verstärktem Material besteht oder einen versteifenden Einsatz (7) aufweist.
 
4. Tübbing (16) nach mindestens einem der Ansprüche 1 bis 3,
dadurch gekennzeichnet, dass der Werkstoff des Tübbings (16) ein Stahl ist.
 
5. Tübbing (16) nach mindestens einem der Ansprüche 1 bis 4,
dadurch gekennzeichnet, dass die inverse Kassette mindestens teilweise mit einem steifen, wenig kompressiblen aber einfach zu durchörternden Füllmaterial (7) ausgefüllt ist.
 
6. Tübbing (16) nach Anspruch 5,
dadurch gekennzeichnet, dass das Füllmaterial (7) wasserabdichtende Eigenschaften aufweist.
 
7. Tübbing (16) nach mindestens einem der Ansprüche 5 und 6,
dadurch gekennzeichnet, dass es sich bei dem Füllmaterial (7) um einen Beton handelt.
 




Zeichnung














Angeführte Verweise

IN DER BESCHREIBUNG AUFGEFÜHRTE DOKUMENTE



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In der Beschreibung aufgeführte Patentdokumente