(57) Die Erfindung betrifft ein Zugsicherungssystem mit einem einen binären Schaltkontakt
aufweisenden Signalstromkreis zur Ansteuerung eines ortsfesten Lichtsignals. Um ETCS-Komponenten
ohne Eingriff in sicherheitsrelevante Komponenten des Zugsicherungssystems nutzen
zu können, ist erfindungsgemäß vorgesehen, dass der Schaltkontakt mit einer Verzweigungsschaltung
zur rückwirkungsfreien Ansteuerung des Signalstromkreises und einer Balise für einen
Limited Supervision - LS - Modus des ETCS verbunden ist.
[0001] Die Erfindung betrifft ein Zugsicherungssystem mit einem einen binären Schaltkontakt
aufweisenden Signalstromkreis zur Ansteuerung eines ortsfesten Lichtsignals.
[0002] Europaweit ist eine Vielzahl nationaler Zugsicherungssysteme im Einsatz, welche untereinander
nicht kompatibel sind. Um Interoperabilität über Landesgrenzen hinweg zu ermöglichen,
ist deshalb mittel- bis langfristig die Einführung eines European Train Control System
- ETCS - vorgesehen. Das ETCS ersetzt sukzessive die verschiedenen nationalen Zugsicherungs-
und Zugbeeinflussungssysteme. Für das ETCS wurden abwärtskompatible ETCS-Level L1
bis L3 definiert. Auf diese Weise können die unterschiedlichen Ansprüche verschiedener
Strecken, Nutzungsprofile und Eisenbahnverwaltungen berücksichtigt werden.
[0003] Bei ETCS L1 werden hauptsächlich Balisen als Übertragungsmedium zwischen der Strecke
und dem Fahrzeug eingesetzt. Die wichtigsten von den Balisen übermittelten Informationen
sind Streckengradienten, Streckenhöchstgeschwindigkeiten und Signalbegriff.
[0004] Neben den ETCS-Levels wurden verschiedene ETCS-Modi definiert. Die Modi beschreiben
den Nutzungsgrad der Funktionalitäten des ETCS-Fahrzeuggerätes. Insbesondere wird
zwischen Full Supervision FS und Limited Supervision LS unterschieden. Im FS-Modus
wird das Fahrzeug vollständig von der Strecke aus überwacht, während im LS-Modus nur
eine Teilüberwachung nach Art einer punktförmigen Zugbeeinflussung PZB vorgesehen
ist, wobei auch keine Führerstandsanzeige des mittels der Balise an das ETCS-Fahrzeuggerät
übertragenen Signalbegriffes vorgesehen ist. Die genaue Beschreibung des LS-Modus
ist Gegenstand der Unisig-Spezifiation Baseline 3.
[0005] Für die derzeitige Realisierung des ETCS im L1-Modus, d. h. die Verwendung von Balisen
zur Übertragung des Signalbegriffs herkömmlicher ortsfester Lichtsignale auf das Fahrzeug,
wird als Bindeglied überwiegend ein Lineside Electronic Unit LEU eingesetzt. Durch
die LEU werden sämtliche Signalströme direkt am Lichtsignal abgegriffen und aus der
Kombination der Signalströme die notwendige binäre Information abgeleitet. Dazu muss
für jeden Lichtsignaltyp eine spezielle LEU entwickelt werden, wobei jeweils ein Nachweis
der Rückwirkungsfreiheit erforderlich ist. Wegen der Vielzahl der Signaltypen und
der stellwerkseitigen Ansteuertechnik verschiedener Hersteller ist dieser Nachweis
sehr problematisch und häufig an die Bedingung geknüpft, dass eine erneute sicherheitstechnische
Zulassung der durch den LEU-Abgriff veränderten Signalstromkreise erfolgt. Dies resultiert
aus den Anforderungen von ETCS L1 im FS-Modus. Die Signalbegriffe müssen in Eingangsinformationen
für eine signaltechnisch sichere Führerstandssignalisierung umgewandelt werden. Dagegen
erfolgt im LS-Modus lediglich eine verdecke Überwachung auf dem Fahrzeug, so dass
der Umfang und die Sicherheitsanforderungen an die benötigten Informationen seitens
der Infrastruktur erheblich geringer sind.
[0006] Prinzipiell besteht bei den nationalen Bahnbetreibern das dringende Bedürfnis nach
Einführung des LS-Modus. Dabei ist eine weitgehende Beibehaltung der vorhandenen betrieblichen
Abläufe des jeweiligen Betreibers bei der Einführung von ETCS anzustreben, um umfangreiche
Anpassung der Regelwerke zu vermeiden. Der streckenseitige Aufwand hinsichtlich der
Projektierung der Balisen sollte gering sein und ohne Zulassungsverfahren auskommen.
[0007] Der Erfindung liegt daher die Aufgabe zugrunde, die Anschaltung von ETCS-Komponenten
ohne Eingriff in die sicherheitsrelevanten, signaltechnisch sicheren, durch elektrische
Parameter gekennzeichneten vorhandenen und zugelassenen Lichtsignalstromkreise von
Stellwerksanlagen zu ermöglichen.
[0008] Erfindungsgemäß wird die Aufgabe für ein Zugsicherungssystem mit einem einen binären
Schaltkontakt aufweisenden Signalstromkreis zur Ansteuerung eines ortsfesten Lichtsignals
dadurch gelöst, dass der Schaltkontakt mit einer Verzweigungsschaltung zur rückwirkungsfreien
Ansteuerung des Signalstromkreises und einer Balise für einen Limited Supervision
- LS - Modus eines European Train Control System - ETCS - verbunden ist.
[0009] Ein Großteil der im Betrieb befindlichen nationalen Zugsicherungssysteme wird streckenseitig
über einen binären Schaltkontakt angesteuert, welcher durch ein Relais innerhalb des
vorhandenen Signalstromkreises geschaltet wird. Dieser Schaltkontakt wird erfindungsgemäß
vom bestehenden Zugsicherungssystem abgetrennt und als Eingangssignal für die Verzweigungsschaltung
benutzt, welche über einen ersten Ausgang weiterhin das herkömmliche Zugsicherungssystem
identisch ansteuert und über einen zweiten Ausgang die Eingangsinformation für die
LS-Streckenausrüstung, insbesondere für mindestens eine Balise, zur Verfügung stellt.
[0010] Die Rückwirkungsfreiheit der Verzweigungsschaltung kann durch die Nutzung bekannter
Interfaces realisiert werden. Im Gegensatz zu der Full Supervision - FS - Überwachung
mittels LEU sind keine spezifischen Lösungen in Abhängigkeit von bestehender Signal-
und Stellwerks-Infrastruktur erforderlich. Infolgedessen ist auch keine signalspezifische
Zulassung der Anschaltung erforderlich, sondern lediglich ein einmaliger Funktionsnachweis.
Durch die Nutzung des binären Schaltkontaktes zur Ansteuerung sowohl der Lichtsignale
als auch der Balisen ergibt sich eine generelle Anwendbarkeit des LS-Modus bei allen
nationalen Zugsicherungssystemen, die schaltkontaktgesteuert sind. Ein Eingriff in
die sicherheitsrelevante Signalsteuerung vorhandener oder neu zu errichtender Signalsysteme
ist im Gegensatz zu der bekannten LEU nicht erforderlich. Die streckenseitige Implementierung
sowie die Nachrüstung erfordern nur geringen technischen und finanziellen Aufwand.
Letztlich wird den Bahnbetreibern der Einstieg in ETCS erleichtert, wobei beginnend
mit der im LS-Modus abgerüsteten L1-Stufe des ETCS ein sukzessiver Ausbau der ETCS-Funktionalitäten
problemlos möglich ist. Durch die LS-Einstiegslösung erfolgt zunächst eine verdeckte
Überwachung des Fahrbetriebes, aber keine Führerstandssignalisierung. Bei Balisenüberfahrt
wird der Signalbegriff an das ETCS-Fahrzeuggerät übertragen, so dass bei durch den
Triebfahrzeugführer ignoriertem Rot-Signal eine Zwangsbremsung ausgelöst werden kann.
1. Zugsicherungssystem mit einem einen binären Schaltkontakt aufweisenden Signalstromkreis
zur Ansteuerung eines ortsfesten Lichtsignals,
dadurch gekennzeichnet, dass der Schaltkontakt mit einer Verzweigungsschaltung zur rückwirkungsfreien Ansteuerung
des Signalstromkreises und einer Balise für einen Limited Supervision - LS - Modus
eines European Train Control System - ETCS - verbunden ist.