(19)
(11) EP 2 340 977 A1

(12) EUROPÄISCHE PATENTANMELDUNG

(43) Veröffentlichungstag:
06.07.2011  Patentblatt  2011/27

(21) Anmeldenummer: 10193168.1

(22) Anmeldetag:  30.11.2010
(51) Internationale Patentklassifikation (IPC): 
B61L 3/12(2006.01)
(84) Benannte Vertragsstaaten:
AL AT BE BG CH CY CZ DE DK EE ES FI FR GB GR HR HU IE IS IT LI LT LU LV MC MK MT NL NO PL PT RO RS SE SI SK SM TR
Benannte Erstreckungsstaaten:
BA ME

(30) Priorität: 28.12.2009 DE 102009060947

(71) Anmelder: SIEMENS AKTIENGESELLSCHAFT
80333 München (DE)

(72) Erfinder:
  • Mense, Olaf
    12621 Berlin (DE)
  • Feldt, Henri
    15834 Rangsdorf (DE)
  • Kaminsky, Ralf Dr.
    31228 Peine (DE)

   


(54) Zugsicherungssystem


(57) Die Erfindung betrifft ein Zugsicherungssystem mit einem einen binären Schaltkontakt aufweisenden Signalstromkreis zur Ansteuerung eines ortsfesten Lichtsignals. Um ETCS-Komponenten ohne Eingriff in sicherheitsrelevante Komponenten des Zugsicherungssystems nutzen zu können, ist erfindungsgemäß vorgesehen, dass der Schaltkontakt mit einer Verzweigungsschaltung zur rückwirkungsfreien Ansteuerung des Signalstromkreises und einer Balise für einen Limited Supervision - LS - Modus des ETCS verbunden ist.


Beschreibung


[0001] Die Erfindung betrifft ein Zugsicherungssystem mit einem einen binären Schaltkontakt aufweisenden Signalstromkreis zur Ansteuerung eines ortsfesten Lichtsignals.

[0002] Europaweit ist eine Vielzahl nationaler Zugsicherungssysteme im Einsatz, welche untereinander nicht kompatibel sind. Um Interoperabilität über Landesgrenzen hinweg zu ermöglichen, ist deshalb mittel- bis langfristig die Einführung eines European Train Control System - ETCS - vorgesehen. Das ETCS ersetzt sukzessive die verschiedenen nationalen Zugsicherungs- und Zugbeeinflussungssysteme. Für das ETCS wurden abwärtskompatible ETCS-Level L1 bis L3 definiert. Auf diese Weise können die unterschiedlichen Ansprüche verschiedener Strecken, Nutzungsprofile und Eisenbahnverwaltungen berücksichtigt werden.

[0003] Bei ETCS L1 werden hauptsächlich Balisen als Übertragungsmedium zwischen der Strecke und dem Fahrzeug eingesetzt. Die wichtigsten von den Balisen übermittelten Informationen sind Streckengradienten, Streckenhöchstgeschwindigkeiten und Signalbegriff.

[0004] Neben den ETCS-Levels wurden verschiedene ETCS-Modi definiert. Die Modi beschreiben den Nutzungsgrad der Funktionalitäten des ETCS-Fahrzeuggerätes. Insbesondere wird zwischen Full Supervision FS und Limited Supervision LS unterschieden. Im FS-Modus wird das Fahrzeug vollständig von der Strecke aus überwacht, während im LS-Modus nur eine Teilüberwachung nach Art einer punktförmigen Zugbeeinflussung PZB vorgesehen ist, wobei auch keine Führerstandsanzeige des mittels der Balise an das ETCS-Fahrzeuggerät übertragenen Signalbegriffes vorgesehen ist. Die genaue Beschreibung des LS-Modus ist Gegenstand der Unisig-Spezifiation Baseline 3.

[0005] Für die derzeitige Realisierung des ETCS im L1-Modus, d. h. die Verwendung von Balisen zur Übertragung des Signalbegriffs herkömmlicher ortsfester Lichtsignale auf das Fahrzeug, wird als Bindeglied überwiegend ein Lineside Electronic Unit LEU eingesetzt. Durch die LEU werden sämtliche Signalströme direkt am Lichtsignal abgegriffen und aus der Kombination der Signalströme die notwendige binäre Information abgeleitet. Dazu muss für jeden Lichtsignaltyp eine spezielle LEU entwickelt werden, wobei jeweils ein Nachweis der Rückwirkungsfreiheit erforderlich ist. Wegen der Vielzahl der Signaltypen und der stellwerkseitigen Ansteuertechnik verschiedener Hersteller ist dieser Nachweis sehr problematisch und häufig an die Bedingung geknüpft, dass eine erneute sicherheitstechnische Zulassung der durch den LEU-Abgriff veränderten Signalstromkreise erfolgt. Dies resultiert aus den Anforderungen von ETCS L1 im FS-Modus. Die Signalbegriffe müssen in Eingangsinformationen für eine signaltechnisch sichere Führerstandssignalisierung umgewandelt werden. Dagegen erfolgt im LS-Modus lediglich eine verdecke Überwachung auf dem Fahrzeug, so dass der Umfang und die Sicherheitsanforderungen an die benötigten Informationen seitens der Infrastruktur erheblich geringer sind.

[0006] Prinzipiell besteht bei den nationalen Bahnbetreibern das dringende Bedürfnis nach Einführung des LS-Modus. Dabei ist eine weitgehende Beibehaltung der vorhandenen betrieblichen Abläufe des jeweiligen Betreibers bei der Einführung von ETCS anzustreben, um umfangreiche Anpassung der Regelwerke zu vermeiden. Der streckenseitige Aufwand hinsichtlich der Projektierung der Balisen sollte gering sein und ohne Zulassungsverfahren auskommen.

[0007] Der Erfindung liegt daher die Aufgabe zugrunde, die Anschaltung von ETCS-Komponenten ohne Eingriff in die sicherheitsrelevanten, signaltechnisch sicheren, durch elektrische Parameter gekennzeichneten vorhandenen und zugelassenen Lichtsignalstromkreise von Stellwerksanlagen zu ermöglichen.

[0008] Erfindungsgemäß wird die Aufgabe für ein Zugsicherungssystem mit einem einen binären Schaltkontakt aufweisenden Signalstromkreis zur Ansteuerung eines ortsfesten Lichtsignals dadurch gelöst, dass der Schaltkontakt mit einer Verzweigungsschaltung zur rückwirkungsfreien Ansteuerung des Signalstromkreises und einer Balise für einen Limited Supervision - LS - Modus eines European Train Control System - ETCS - verbunden ist.

[0009] Ein Großteil der im Betrieb befindlichen nationalen Zugsicherungssysteme wird streckenseitig über einen binären Schaltkontakt angesteuert, welcher durch ein Relais innerhalb des vorhandenen Signalstromkreises geschaltet wird. Dieser Schaltkontakt wird erfindungsgemäß vom bestehenden Zugsicherungssystem abgetrennt und als Eingangssignal für die Verzweigungsschaltung benutzt, welche über einen ersten Ausgang weiterhin das herkömmliche Zugsicherungssystem identisch ansteuert und über einen zweiten Ausgang die Eingangsinformation für die LS-Streckenausrüstung, insbesondere für mindestens eine Balise, zur Verfügung stellt.

[0010] Die Rückwirkungsfreiheit der Verzweigungsschaltung kann durch die Nutzung bekannter Interfaces realisiert werden. Im Gegensatz zu der Full Supervision - FS - Überwachung mittels LEU sind keine spezifischen Lösungen in Abhängigkeit von bestehender Signal- und Stellwerks-Infrastruktur erforderlich. Infolgedessen ist auch keine signalspezifische Zulassung der Anschaltung erforderlich, sondern lediglich ein einmaliger Funktionsnachweis. Durch die Nutzung des binären Schaltkontaktes zur Ansteuerung sowohl der Lichtsignale als auch der Balisen ergibt sich eine generelle Anwendbarkeit des LS-Modus bei allen nationalen Zugsicherungssystemen, die schaltkontaktgesteuert sind. Ein Eingriff in die sicherheitsrelevante Signalsteuerung vorhandener oder neu zu errichtender Signalsysteme ist im Gegensatz zu der bekannten LEU nicht erforderlich. Die streckenseitige Implementierung sowie die Nachrüstung erfordern nur geringen technischen und finanziellen Aufwand. Letztlich wird den Bahnbetreibern der Einstieg in ETCS erleichtert, wobei beginnend mit der im LS-Modus abgerüsteten L1-Stufe des ETCS ein sukzessiver Ausbau der ETCS-Funktionalitäten problemlos möglich ist. Durch die LS-Einstiegslösung erfolgt zunächst eine verdeckte Überwachung des Fahrbetriebes, aber keine Führerstandssignalisierung. Bei Balisenüberfahrt wird der Signalbegriff an das ETCS-Fahrzeuggerät übertragen, so dass bei durch den Triebfahrzeugführer ignoriertem Rot-Signal eine Zwangsbremsung ausgelöst werden kann.


Ansprüche

1. Zugsicherungssystem mit einem einen binären Schaltkontakt aufweisenden Signalstromkreis zur Ansteuerung eines ortsfesten Lichtsignals,
dadurch gekennzeichnet, dass der Schaltkontakt mit einer Verzweigungsschaltung zur rückwirkungsfreien Ansteuerung des Signalstromkreises und einer Balise für einen Limited Supervision - LS - Modus eines European Train Control System - ETCS - verbunden ist.
 





Recherchenbericht