Beschreibung
Regelverfahren für den Gießspiegel einer Stranggießkokille
[0001] Die vorliegende Erfindung betrifft ein Regelverfahren für den Gießspiegel einer Stranggießkokille,
- wobei der Zufluss flüssigen Metalls in die Stranggießkokille mittels einer Verschlusseinrichtung
eingestellt und der teilerstarrte Metallstrang mittels einer Abzugseinrichtung aus
der Stranggießkokille abgezogen wird,
- wobei ein gemessener Istwert des Gießspiegels einem Gießspiegelregler zugeführt wird,
der anhand des Istwerts und eines korrespondierenden Sollwerts eine Sollstellung für
die Verschlusseinrichtung ermittelt und der Verschlusseinrichtung zuführt,
- wobei der gemessene Istwert und eine Iststellung der Verschlusseinrichtung einem Störgrößenkompensator
zugeführt werden,
- wobei innerhalb des Störgrößenkompensators ein Erwartungswert für den Gießspiegel
ermittelt und vom gemessenen Istwert des Gießspiegels subtrahiert wird.
[0002] Ein derartiges Regelverfahren ist beispielsweise aus der
US 5,921,313 A bekannt. Bei dem bekannten Regelverfahren ist ein Schwingungskompensator vorhanden,
der Bulgingschwingungen kompensiert.
[0003] Die vorliegende Erfindung betrifft weiterhin ein Computerprogramm, das Maschinencode
umfasst, der von einer Steuereinrichtung für eine Stranggießanlage unmittelbar ausführbar
ist und dessen Ausführung durch die Steuereinrichtung bewirkt, dass die Steuereinrichtung
den Gießspiegel einer Stranggießkokille der Stranggießanlage gemäß einem derartigen
Regelverfahren regelt.
[0004] Die vorliegende Erfindung betrifft weiterhin eine Steuereinrichtung für eine Stranggießanlage,
die derart ausgebildet ist, dass sie im Betrieb ein derartiges Regelverfahren ausführt.
[0005] Schließlich betrifft die vorliegende Erfindung eine Stranggießanlage, die von einer
derartigen Steuereinrichtung gesteuert wird.
[0006] Der Gießspiegel in der Stranggießkokille wird unter anderem durch sprungförmige Störungen
in unerwünschter Weise beeinflusst. Beispiele derartiger unerwünschter Störungen sind
das sogenannte "Clogging" und "Unclogging", das heißt das plötzliche Anbacken oder
Abbrechen von Aluminiumoxid im Zulaufkanal der Kokille. Ebenso kann der Gießspiegel
durch ruckartiges Abziehen des Metallstrangs in unerwünschter Weise beeinflusst werden.
Jede Störung des Gießspiegels bedeutet einen Qualitätsverlust des Strangs. Gießspiegelschwankungen
sollten deshalb so gering wie möglich gehalten werden.
[0007] Im Stand der Technik ist der Gießspiegelregler meist als PI-Regler oder als PID-Regler
ausgebildet, der zusätzlich mehrere Zusatzfunktionen zur Bekämpfung spezifischer Störungen
aufweist. Ein Beispiel einer derartigen Zusatzfunktion ist die obenstehend erwähnte
Kompensation von Bulgingschwingungen. Der Integralanteil des Gießspiegelreglers ist
im Stand der Technik erforderlich, um die stationäre Sollstellung für die Verschlusseinrichtung
zu finden und zu halten.
[0008] Bei plötzlichen Zuflussstörungen oder Abzugsstörungen muss der Gießspiegelregler
schnell reagieren. Insbesondere muss der Integralanteil des Gießspiegelreglers schnell
auf eine neue Sollstellung für die Verschlusseinrichtung einschwingen. Ein Integralanteil
mit kleiner Nachstellzeit wird zwar schnell reagieren, dafür aber überschwingen. Ein
Integralanteil mit großer Nachstellzeit wird zwar nicht überschwingen, dafür aber
zu langsam reagieren. In beiden Fällen kann der Gießspiegel nicht in dem gewünschten
Maß wieder schnell und trotzdem zuverlässig gedämpft auf seinen Sollwert zurückgebracht
werden.
[0009] Die Aufgabe der vorliegenden Erfindung besteht darin, Möglichkeiten zu schaffen,
eine genauere Regelung zu erreichen.
[0010] Die Aufgabe wird durch ein Regelverfahren mit den Merkmalen des Anspruchs 1 gelöst.
Vorteilhafte Ausgestaltungen des erfindungsgemäßen Regelverfahrens sind Gegenstand
der abhängigen Ansprüche 2 bis 9.
[0011] Erfindungsgemäß ist vorgesehen, ein Regelverfahren der eingangs genannten Art dadurch
auszugestalten,
- dass die Differenz innerhalb des Störgrößenkompensators einem Differenzregler zugeführt
wird, der daraus ein Reglerausgangssignal ermittelt,
- dass das Reglerausgangssignal einerseits mit einem Aufschaltfaktor multipliziert wird
und das mit dem Aufschaltfaktor multiplizierte Reglerausgangssignal als Störgrößenkompensationswert
auf die Sollstellung aufgeschaltet wird,
- dass auf das Reglerausgangssignal andererseits ein aus der Iststellung abgeleitetes
Zuflusssignal aufgeschaltet wird und das Aufschaltergebnis innerhalb des Störgrößenkompensators
einem Integrator zugeführt wird, dessen Ausgangssignal dem Erwartungswert für den
Gießspiegel entspricht.
[0012] In einer bevorzugten Ausgestaltung der vorliegenden Erfindung ist vorgesehen, dass
der Erwartungswert für den Gießspiegel unverzögert vom gemessenen Istwert des Gießspiegels
subtrahiert wird. Durch diese Vorgehensweise kann ein schnelleres Reagieren auf Gießspiegelstörungen
erreicht werden.
[0013] Vorzugsweise ist vorgesehen, dass der Aufschaltfaktor zu Beginn des Regelverfahrens
einen Anfangswert aufweist und im Laufe des Regelverfahrens stetig auf einen Endwert
erhöht wird. Durch diese Vorgehensweise ist insbesondere ein störungsfreies Zuschalten
des Störgrößenkompensators möglich. Dies gilt ganz besonders, wenn der Anfangswert
des Aufschaltfaktors Null ist und der Endwert des Aufschaltfaktors Eins ist.
[0014] Der Gießspiegelregler ist üblicherweise als Regler mit Integralverhalten ausgebildet,
beispielsweise als PI-Regler oder als PID-Regler. Auf Grund seines Integralverhaltens
weist der Gießspiegelregler eine Nachstellzeit auf. Die Nachstellzeit ist dafür charakteristisch,
wie schnell der Gießspiegelregler auf Störungen reagiert. Insbesondere reagiert der
Gießspiegelregler bei einer kleinen Nachstellzeit schnell auf Störungen, neigt aber
zu Überschwingungen. Umgekehrt reagiert der Gießspiegelregler bei großer Nachstellzeit
zwar stabil auf Gießspiegelstörungen, reagiert dafür aber langsamer. In einer bevorzugten
Ausgestaltung der vorliegenden Erfindung ist vorgesehen, dass die Nachstellzeit des
Gießspiegelreglers während und/oder nach dem Erhöhen des Aufschaltfaktors von einem
Anfangswert auf einen Endwert erhöht wird. Der Anfangswert und der Endwert der Nachstellzeit
sind selbstverständlich andere Werte als der Anfangswert und der Endwert des Aufschaltfaktors.
[0015] Es ist möglich, dass der Endwert der Nachstellzeit endlich ist. In diesem Fall bleibt
ein Integralanteil des Gießspiegelreglers in jedem Betriebszustand erhalten. Es ist
jedoch ebenso möglich, dass der Endwert der Nachstellzeit unendlich ist. Dies entspricht
einem vollständigen Abschalten des Integralanteils des Gießspiegelreglers. Wenn der
Gießspiegelregler beispielsweise als PI-Regler ausgebildet ist, arbeitet er mit einer
Nachstellzeit von unendlich nur noch als P-Regler. Ebenso kann beispielsweise ein
PID-Regler durch Erhöhen der Nachstellzeit auf den Wert unendlich zu einem PD-Regler
reduziert werden.
[0016] Der Differenzregler ist (zumindest) als Proportionalregler ausgebildet. Er weist
daher eine Proportionalverstärkung auf. In einer bevorzugten Ausgestaltung der vorliegenden
Erfindung wird die Proportionalverstärkung während und/oder nach dem Erhöhen des Aufschaltfaktors
von einem Anfangswert auf einen Endwert erhöht. Der Anfangswert und der Endwert der
Proportionalverstärkung sind hierbei andere Werte als der Anfangswert und der Endwert
des Aufschaltfaktors.
[0017] Das Erhöhen der Proportionalverstärkung des Differenzreglers und das Erhöhen der
Nachstellzeit des Gießspiegelreglers sind unabhängig voneinander. Es ist also möglich,
nur den einen Wert zu erhöhen und den anderen Wert konstant zu halten oder beide Werte
zu erhöhen. Auch kann in dem Fall, dass beide Werte erhöht werden, das Erhöhen in
voneinander verschiedenen Zeitfenstern erfolgen.
[0018] Der Anfangswert der Proportionalverstärkung des Differenzreglers kann nach Bedarf
bestimmt sein. Vorzugsweise ist der Anfangswert gleich einer Proportionalverstärkung
des Gießspiegelreglers.
[0019] Der Differenzregler kann beispielsweise als PI-Regler oder als noch komplexerer Regler
ausgebildet sein. Bevorzugt ist jedoch, dass der Differenzregler als reiner P-Regler
ausgebildet ist.
[0020] Die vorliegende Erfindung wird weiterhin durch ein Computerprogramm der eingangs
genannten Art gelöst, wobei die Ausführung des Computerprogramms bewirkt, dass die
Steuereinrichtung den Gießspiegel der Stranggießkokille gemäß einem erfindungsgemäßen
Regelverfahren regelt. Das Computerprogramm kann beispielsweise auf einem Datenträger
in maschinenlesbarer Form gespeichert sein. Der Datenträger kann insbesondere Bestandteil
der Steuereinrichtung sein.
[0021] Die Aufgabe wird weiterhin durch eine Steuereinrichtung für eine Stranggießanlage
gelöst, die derart ausgebildet ist, dass sie im Betrieb ein erfindungsgemäßes Regelverfahren
ausführt. Schließlich wird die Aufgabe durch eine Stranggießanlage gelöst, die von
einer erfindungsgemäßen Steuereinrichtung gesteuert wird.
[0022] Weitere Vorteile und Einzelheiten ergeben sich aus der nachfolgenden Beschreibung
von Ausführungsbeispielen in Verbindung mit den Zeichnungen. Es zeigen in Prinzipdarstellung:
- FIG 1
- schematisch eine Stranggießanlage,
- FIG 2
- ein regelungstechnisches Blockschaltbild einer Regelanordnung,
- FIG 3
- schematisch die interne Struktur eines Störgrößenkompensators und
- FIG 4 und 5
- Zeitdiagramme.
[0023] Gemäß FIG 1 weist eine Stranggießanlage eine Stranggießkokille 1 auf. In die Stranggießkokille
1 wird über ein Tauchrohr 2 flüssiges Metall 3 gegossen, beispielsweise Stahl oder
Aluminium. Der Zufluss des flüssigen Metalls 3 in die Stranggießkokille 1 wird mittels
einer Verschlusseinrichtung 4 eingestellt. Dargestellt ist in FIG 1 eine Ausbildung
der Verschlusseinrichtung 4 als Verschlussstopfen. In diesem Fall entspricht eine
Stellung der Verschlusseinrichtung 4 einer Hubposition des Verschlussstopfens. Alternativ
kann die Verschlusseinrichtung 4 als Schieber ausgebildet sein. In diesem Fall entspricht
die Verschlussstellung der Schieberposition.
[0024] Das in der Stranggießkokille 1 befindliche flüssige Metall 3 wird mittels Kühleinrichtungen
gekühlt, so dass sich eine Strangschale 5 bildet. Der Kern 6 des Metallstrangs 7 ist
jedoch noch flüssig. Er erstarrt erst später. Die Kühleinrichtungen sind in FIG 1
nicht mit dargestellt. Der teilerstarrte Metallstrang 7 (erstarrte Strangschale 5,
flüssiger Kern 6) wird mittels einer Abzugseinrichtung 8 aus der Stranggießkokille
1 abgezogen.
[0025] Der Gießspiegel 9 des flüssigen Metalls 3 in der Stranggießkokille 1 soll möglichst
konstant gehalten werden. Eine Abzugsgeschwindigkeit v, mit welcher der teilerstarrte
Metallstrang 7 aus der Stranggießkokille 1 abgezogen wird, ist in der Regel konstant.
Daher wird - sowohl im Stand der Technik als auch bei der vorliegenden Erfindung -
die Stellung der Verschlusseinrichtung 4 nachgeführt, um den Zufluss des flüssigen
Metalls 3 in die Stranggießkokille 1 so einzustellen, dass der Gießspiegel 9 möglichst
konstant gehalten wird. Mittels einer entsprechenden Messeinrichtung 10 (als solche
bekannt) wird ein Istwert hG des Gießspiegels 9 erfasst. Der Istwert hG wird einer
Steuereinrichtung 11 für die Stranggießanlage zugeführt. Die Steuereinrichtung 11
ermittelt gemäß einem Regelverfahren, das nachstehend näher erläutert wird, eine von
der Verschlusseinrichtung 4 anzunehmende Sollstellung p*. Die Verschlusseinrichtung
4 wird sodann von der Steuereinrichtung 11 entsprechend angesteuert. In der Regel
gibt die Steuereinrichtung 11 ein entsprechendes Stellsignal an eine Verstelleinrichtung
12 für die Verschlusseinrichtung 4 aus. Bei der Verstelleinrichtung 12 kann es sich
beispielsweise um eine Hydraulikzylindereinheit handeln.
[0026] In der Regel wird weiterhin mittels einer entsprechenden Messeinrichtung 13 (als
solche bekannt) eine Iststellung p der Verschlusseinrichtung 4 erfasst und der Steuereinrichtung
11 zugeführt. Üblicherweise erfolgt daher ein Regeln (closed loop control) der Verschlussposition.
Alternativ wäre auch eine reine Steuerung (open loop control) möglich.
[0027] Die Steuereinrichtung 11 ist derart ausgebildet, dass sie im Betrieb ein erfindungsgemäßes
Regelverfahren ausführt. In der Regel wird die Wirkungsweise der Steuereinrichtung
11 durch ein Computerprogramm 14 bestimmt, mit dem die Steuereinrichtung 11 programmiert
ist. Zu diesem Zweck ist das Computerprogramm 14 innerhalb der Steuereinrichtung 11
in einem Datenträger 15 gespeichert, beispielsweise einem Flash-EPROM. Der Datenträger
15 ist Bestandteil der Steuereinrichtung 11. Die Speicherung erfolgt in maschinenlesbarer
Form.
[0028] Das Computerprogramm 14 kann der Steuereinrichtung 11 über einen mobilen Datenträger
16 zugeführt worden sein, beispielsweise einen USB-Memorystick (dargestellt) oder
eine SD-Speicherkarte (nicht dargestellt). Auch auf dem mobilen Datenträger 16 ist
das Computerprogramm 14 in maschinenlesbarer Form gespeichert. Alternativ ist es möglich,
das Computerprogramm 14 der Steuereinrichtung 11 über eine Rechnernetzanbindung oder
ein Programmiergerät zuzuführen.
[0029] Das Computerprogramm 14 umfasst Maschinencode 17, der von der Steuereinrichtung 11
unmittelbar ausführbar ist. Das Ausführen des Maschinencodes 17 durch die Steuereinrichtung
11 bewirkt, dass die Steuereinrichtung 11 den Gießspiegel 9 der Stranggießkokille
1 gemäß einem erfindungsgemäßen Regelverfahren regelt. Dieses Regelverfahren wird
nachfolgend in Verbindung mit den FIG 2 und 3 näher erläutert.
[0030] FIG 2 zeigt eine von der Steuereinrichtung 11 implementierte Regelanordnung. Der
Betrieb der Regelanordnung von FIG 2 ermöglicht ein erfindungsgemäßes Regelverfahren
für den Gießspiegel 9 der Stranggießkokille 1.
[0031] Gemäß FIG 2 weist die Regelanordnung einen Gießspiegelregler 18 auf. Der Gießspiegelregler
18 ermittelt anhand eines Sollwertes hG* für den Gießspiegel 9 und des mittels der
Messeinrichtung 10 erfassten Istwertes hG für den Gießspiegel 9 gemäß einer Reglercharakteristik
die Sollstellung p* für die Verschlusseinrichtung 4. Die Reglercharakteristik des
Gießspiegelreglers 18 ist gemäß der Darstellung von FIG 2 proportional-integral. Es
sind jedoch alternativ andere Regelcharakteristiken möglich, beispielsweise PID. Unabhängig
von seiner konkreten Ausgestaltung ist der Gießspiegelregler 18 jedoch vorzugsweise
als Regler mit Integralverhalten ausgebildet.
[0032] Die Sollstellung p* für die Verschlusseinrichtung 4 wird der Verschlusseinrichtung
4 zugeführt. Wie bereits erwähnt, erfolgt das Einstellen der Verschlusseinrichtung
4 üblicherweise geregelt. In diesem Fall, der in FIG 2 dargestellt ist, wird die Sollstellung,
einem Positionsregler 19 zugeführt, dem weiterhin auch die Iststellung p der Verschlusseinrichtung
4 zugeführt wird. Der Positionsregler 19 kann beispielsweise als P-Regler ausgebildet
sein.
[0033] Die Iststellung p der Verschlusseinrichtung 4 wirkt auf Grund des dadurch eingestellten
Zuflusses an flüssigem Metall 3 auf den tatsächlichen Gießspiegel 9. Der Istwert hG
des Gießspiegels 9 wird erfasst und, wie bereits erwähnt, dem Gießspiegelregler 18
zugeführt.
[0034] Auf die Stranggießkokille 1 können Störgrößen wirken, welche den Gießspiegel 9 beeinflussen.
Zur Kompensation der Störgrößen ist ein Störgrößenkompensator 20 vorgesehen. Dem Störgrößenkompensator
20 werden der gemessene Istwert hG des Gießspiegels 9 sowie die Iststellung p der
Verschlusseinrichtung 4 zugeführt.
[0035] Der Aufbau und die Wirkungsweise des Störgrößenkompensators 20 werden nachfolgend
in Verbindung mit FIG 3 näher erläutert.
[0036] Gemäß FIG 3 umfasst der Störgrößenkompensator 20 unter anderem einen Integrator 21.
Eine Integrationszeitkonstante TK des Integrators 21 ist vorzugsweise durch den Querschnitt
der Stranggießkokille 1, den Messbereich δhG der Messeinrichtung 10 für den Istwert
hG des Gießspiegels 9 und den Messbereich δp der Messeinrichtung 13 für die Istposition
p sowie die Kennlinie K der Verschlusseinrichtung 4 bestimmt. Insbesondere kann die
Integrationszeitkonstante TK zu

ermittelt werden. Der konkrete Wert für die Kennlinie K ergibt sich durch einen fiktiven
Arbeitspunkt der Verschlusseinrichtung 4, das heißt die Stellung der Verschlusseinrichtung
4, bei welcher der Zufluss an flüssigem Metall 3 in die Stranggießkokille 1 und die
bei der gegebenen Abzugsgeschwindigkeit v abgezogene Menge an Metall im Gleichgewicht
stehen.
[0037] Dem Integrator 21 wird innerhalb des Störgrößenkompensators 20 ein Eingangswert zugeführt,
auf den später noch eingegangen wird. Der Integrator 21 ermittelt durch Integrieren
des Eingangswerts entsprechend der Integrationszeitkonstante TK ein Ausgangssignal
hE. Das Ausgangssignal hE entspricht einem Erwartungswert hE für den Gießspiegel 9.
[0038] Der Erwartungswert hE wird innerhalb des Störgrößenkompensators 20 einem Knotenpunkt
22 zugeführt, dem weiterhin der Istwert hG des Gießspiegels 9 zugeführt wird. Im Knotenpunkt
22 wird der Erwartungswert hE vom Istwert hG subtrahiert. Die Differenz wird nachfolgend
mit dem Bezugszeichen e bezeichnet.
[0039] Die Messeinrichtung 10 für den Gießspiegel 9 ist verzögerungsbehaftet. Der Istwert
hG des Gießspiegels 9 weist daher eine Verzögerungszeit auf. Es ist möglich, den Erwartungswert
hE durch ein Verzögerungselement entsprechend aktiv zu verzögern. Das Verzögerungselement
müsste zu diesem Zweck zwischen dem Integrator 21 und dem Knotenpunkt 22 angeordnet
sein. Vorzugsweise aber ist kein derartiges Verzögerungselement vorhanden. Der Erwartungswert
hE für den Gießspiegel 9 wird daher vorzugsweise unverzögert vom gemessenen Istwert
hG des Gießspiegels 9 subtrahiert.
[0040] Die Differenz e wird innerhalb des Störgrößenkompensators 20 einem Differenzregler
23 zugeführt. Der Differenzregler 23 ermittelt anhand der Differenz e ein Reglerausgangssignal
e'. Der Differenzregler 23 kann nach Bedarf ausgebildet sein. Beispielsweise kann
der Differenzregler 23 als PI-Regler ausgebildet sein. Bevorzugt ist, dass der Differenzregler
23 als reiner P-Regler ausgebildet ist. Unabhängig von seiner konkreten Ausgestaltung
weist der Differenzregler 23 jedoch eine Proportionalverstärkung kP auf.
[0041] Das Reglerausgangssignal e' entspricht vom Ansatz her bereits einem Störgrößenkompensationswert
z, der auf die Sollstellung p* der Verschlusseinrichtung 4 aufgeschaltet werden soll.
Vor dem Aufschalten wird das Reglerausgangssignal e' jedoch in einem Multiplizierer
24 mit einem Aufschaltfaktor k multipliziert. Das Produkt von Aufschaltfaktor k und
Reglerausgangssignal e' entspricht dem Störgrößenkompensationswert z.
[0042] Der Aufschaltfaktor k kann einen festen Wert aufweisen. Insbesondere ist es möglich,
dass der Aufschaltfaktor k konstant den Wert Eins aufweist. Bevorzugt ist jedoch,
dass der Aufschaltfaktor k entsprechend der Darstellung von FIG 4 zu Beginn des Regelverfahrens
einen Anfangswert kA aufweist und im Laufe des Regelverfahrens stetig auf einen Endwert
kE erhöht wird. Insbesondere ist es möglich, dass der Anfangswert kA Null ist und
der Endwert kE Eins ist.
[0043] Auf das Reglerausgangssignal e' wird weiterhin innerhalb des Störgrößenkompensators
20 ein Zuflusssignal Z aufgeschaltet. Das Zuflusssignal Z wird gemäß FIG 3 aus der
Iststellung p der Verschlusseinrichtung 4 abgeleitet. Insbesondere kann gemäß FIG
3 das Zuflusssignal Z dadurch ermittelt werden, dass anhand der Iststellung p der
Verschlusseinrichtung 4 und der Kennlinie der Verschlusseinrichtung 4 der Zufluss
Z ermittelt wird, der sich bei der gegebenen Iststellung p der Verschlusseinrichtung
4 ergibt. Das Aufschaltergebnis wird innerhalb des Störgrößenkompensators 20 dem Integrator
21 als dessen Eingangssignal zugeführt.
[0044] Wie bereits erwähnt, ist der Gießspiegelregler 18 vorzugsweise als Regler mit Integralverhalten
ausgebildet. Der Gießspiegelregler 18 weist daher vorzugsweise eine Nachstellzeit
TN auf. Die Nachstellzeit TN ist charakteristisch für das Integralverhalten des Gießspiegelreglers
18.
[0045] Es ist möglich, dass die Nachstellzeit TN des Gießspiegelreglers 18 zeitlich konstant
gehalten wird. Bevorzugt ist jedoch entsprechend der Darstellung der Figuren 4 und
5, dass die Nachstellzeit TN des Gießspiegelreglers 18 während und/oder nach dem Erhöhen
des Aufschaltfaktors k von einem Anfangswert TA auf einen Endwert TE erhöht wird.
FIG 4 zeigt ein Erhöhen der Nachstellzeit TN während des Erhöhens des Aufschaltfaktors
k. FIG 5 zeigt ein Erhöhen der Nachstellzeit TN nach dem Erhöhen des Aufschaltfaktors
k. Auch andere Ausgestaltungen sind möglich. Beispielsweise kann das Erhöhen der Nachstellzeit
TN mit dem Erhöhen des Aufschaltfaktors k begonnen werden und über den Zeitpunkt,
zu dem der Aufschaltfaktor k seinen Endwert kE erreicht, hinaus beibehalten werden.
Ebenso ist es möglich, mit dem Erhöhen der Nachstellzeit TN zu einem Zeitpunkt zu
beginnen, zu dem der Aufschaltfaktor k zwar bereits größer als sein Anfangswert kA,
aber noch kleiner als sein Endwert kE ist.
[0046] Entsprechend der durchgezogenen Darstellung der FIG 4 und 5 ist es möglich, dass
der Endwert TE der Nachstellzeit TN endlich ist. In diesem Fall wird auch nach Erreichen
des Endwerts TE der Nachstellzeit TN ein - wenn auch reduziertes - Integralverhalten
des Gießspiegelreglers 18 beibehalten. Alternativ ist es entsprechend der gestrichelten
Darstellung der FIG 4 und 5 möglich, die Nachstellzeit TN auf den Endwert TE = unendlich
zu erhöhen. In diesem Fall wird das Integralverhalten des Gießspiegelreglers 18 vollständig
unterdrückt.
[0047] In analoger Weise ist es möglich, dass die Proportionalverstärkung kP des Differenzreglers
23 während des gesamten Regelverfahrens konstant ist. Bevorzugt ist jedoch entsprechend
den Darstellungen der FIG 4 und 5, dass die Proportionalverstärkung kP während (siehe
FIG 4) und/oder nach (siehe FIG 5) dem Erhöhen des Aufschaltfaktors k von einem Anfangswert
kPA auf einen Endwert kPE erhöht wird. Analog zum Erhöhen der Nachstellzeit TN sind
auch hier Ausgestaltungen möglich, dass beispielsweise zwar das Erhöhen der Proportionalverstärkung
kP des Differenzreglers 23 zusammen mit dem Erhöhen des Aufschaltfaktors k begonnen
wird, sich aber über den Zeitpunkt hinaus erstreckt, zu dem der Aufschaltfaktor k
seinen Endwert kE erreicht. Ebenso ist es möglich, beispielsweise mit dem Erhöhen
der Proportionalverstärkung kP des Differenzreglers 23 zu beginnen, während der Aufschaltfaktor
k einen Zwischenwert zwischen seinem Anfangswert kA und seinem Endwert kE aufweist.
[0048] Der Anfangswert kPA der Proportionalverstärkung kP des Differenzreglers 23 kann nach
Bedarf gewählt sein. Vorzugsweise ist der Anfangswert kPA gleich einer Proportionalverstärkung
k' des Gießspiegelreglers 18.
[0049] Das Erhöhen der Proportionalverstärkung kP des Differenzreglers 23 und das Erhöhen
der Nachstellzeit TN des Gießspiegelreglers 18 sind unabhängig voneinander realisierbar.
Insbesondere ist es möglich, nur die Proportionalverstärkung kP des Differenzreglers
23 zu erhöhen, die Nachstellzeit TN des Gießspiegelreglers 18 hingegen konstant zu
halten. Ebenso ist es umgekehrt möglich, nur die Nachstellzeit TN des Gießspiegelreglers
18 zu erhöhen, die Proportionalverstärkung kP des Differenzreglers 23 hingegen konstant
zu halten. Besonders bevorzugt ist jedoch, sowohl die Proportionalverstärkung kP des
Differenzreglers 23 als auch die Nachstellzeit TN des Gießspiegelreglers 18 zu erhöhen.
In diesem letztgenannten Fall ist es möglich, dass die Erhöhung der Proportionalverstärkung
kP des Differenzreglers 23 und die Erhöhung der Nachstellzeit TN des Gießspiegelreglers
18 im gleichen Zeitraum erfolgen. Es ist jedoch alternativ möglich, die Erhöhung in
voneinander verschiedenen Zeitfenstern vorzunehmen, wobei gegebenenfalls ein Überlappungsbereich
gegeben sein kann.
[0050] Die vorliegende Erfindung weist viele Vorteile auf. Insbesondere übernimmt bei dem
erfindungsgemäßen Regelverfahren der Störgrößenkompensator 20 weitgehend die Ermittlung
der stationären Sollstellung p* der Verschlusseinrichtung 4. Gleichzeitig arbeitet
der Störgrößenkompensator 20 dynamisch günstiger als der Integralanteil des Gießspiegelreglers
18. Die Nachstellzeit TN des Gießspiegelreglers 18 kann daher größer gewählt werden,
weil der Integralanteil nur noch geringfügige Ungenauigkeiten ausgleichen muss. In
Einzelfällen kann der Integralanteil sogar ganz entfallen (Nachstellzeit TN gegen
unendlich). Mit dem erfindungsgemäßen Regelverfahren kann somit erheblich besser auf
sprungartige Störungen beim Zuführen flüssigen Metalls 3 in die Stranggießkokille
1 und beim Abziehen des Metallstrangs 7 aus der Stranggießkokille 1 reagiert werden
und damit der Gießspiegel 9 besser konstant gehalten werden.
[0051] Die obige Beschreibung dient ausschließlich der Erläuterung der vorliegenden Erfindung.
Der Schutzumfang der vorliegenden Erfindung soll hingegen ausschließlich durch die
beigefügten Ansprüche bestimmt sein.
1. Regelverfahren für den Gießspiegel (9) einer Stranggießkokille (1),
- wobei der Zufluss flüssigen Metalls (3) in die Stranggießkokille (1) mittels einer
Verschlusseinrichtung (4) eingestellt und der teilerstarrte Metallstrang (7) mittels
einer Abzugseinrichtung (8) aus der Stranggießkokille (1) abgezogen wird,
- wobei ein gemessener Istwert (hG) des Gießspiegels (9) einem Gießspiegelregler (18)
zugeführt wird, der anhand des Istwerts (hG) und eines korrespondierenden Sollwerts
(hG*) eine Sollstellung (p*) für die Verschlusseinrichtung (4) ermittelt und der Verschlusseinrichtung
(4) zuführt,
- wobei der gemessene Istwert (hG) und eine Iststellung (p) der Verschlusseinrichtung
(4) einem Störgrößenkompensator (20) zugeführt werden,
- wobei innerhalb des Störgrößenkompensators (20) ein Erwartungswert (hE) für den
Gießspiegel (9) ermittelt und vom gemessenen Istwert (hG) des Gießspiegels (9) subtrahiert
wird,
- wobei die Differenz (e) innerhalb des Störgrößenkompensators (20) einem Differenzregler
(23) zugeführt wird, der daraus ein Reglerausgangssignal (e') ermittelt,
- wobei das Reglerausgangssignal (e') einerseits mit einem Aufschaltfaktor (k) multipliziert
wird und das mit dem Aufschaltfaktor (k) multiplizierte Reglerausgangssignal (e')
als Störgrößenkompensationswert (z) auf die Sollstellung (p*) aufgeschaltet wird,
- wobei auf das Reglerausgangssignal (e') andererseits ein aus der Iststellung (p)
abgeleitetes Zuflusssignal (Z) aufgeschaltet wird und das Aufschaltergebnis innerhalb
des Störgrößenkompensators (20) einem Integrator (21) zugeführt wird, dessen Ausgangssignal
(hE) dem Erwartungswert (hE) für den Gießspiegel (9) entspricht.
2. Regelverfahren nach Anspruch 1,
dadurch gekennzeichnet, dass der Erwartungswert (hE) für den Gießspiegel (9) unverzögert vom gemessenen Istwert
(hG) des Gießspiegels (9) subtrahiert wird.
3. Regelverfahren nach Anspruch 1 oder 2,
dadurch gekennzeichnet, dass der Aufschaltfaktor (k) zu Beginn des Regelverfahrens einen Anfangswert (kA) aufweist
und im Laufe des Regelverfahrens stetig auf einen Endwert (kE) erhöht wird.
4. Regelverfahren nach Anspruch 3,
dadurch gekennzeichnet, dass der Anfangswert (kA) des Aufschaltfaktors (k) Null ist und der Endwert (kE) des Aufschaltfaktors
(k) Eins ist.
5. Regelverfahren nach Anspruch 3 oder 4,
dadurch gekennzeichnet, dass der Gießspiegelregler (18) als Regler mit Integralverhalten ausgebildet ist und dass
eine Nachstellzeit (TN) des Gießspiegelreglers (18) während und/oder nach dem Erhöhen
des Aufschaltfaktors (k) von einem Anfangswert (TA) auf einen Endwert (TE) erhöht
wird.
6. Regelverfahren nach Anspruch 5,
dadurch gekennzeichnet, dass der Endwert (TE) der Nachstellzeit (TN) unendlich ist.
7. Regelverfahren nach einem der Ansprüche 3 bis 6,
dadurch gekennzeichnet, dass der Differenzregler (23) eine Proportionalverstärkung (kP) aufweist und dass die
Proportionalverstärkung (kP) während und/oder nach dem Erhöhen des Aufschaltfaktors
(k) von einem Anfangswert (kPA) auf einen Endwert (kPE) erhöht wird.
8. Regelverfahren nach Anspruch 7,
dadurch gekennzeichnet, dass der Anfangswert (kPA) der Proportionalverstärkung (kP) des Differenzreglers (23)
gleich einer Proportionalverstärkung (k') des Gießspiegelreglers (18) ist.
9. Regelverfahren nach einem der obigen Ansprüche,
dadurch gekennzeichnet, dass der Differenzregler (23) als reiner P-Regler ausgebildet ist.
10. Computerprogramm, das Maschinencode (17) umfasst, der von einer Steuereinrichtung
(11) für eine Stranggießanlage unmittelbar ausführbar ist und dessen Ausführung durch
die Steuereinrichtung (11) bewirkt, dass die Steuereinrichtung (11) den Gießspiegel
(9) einer Stranggießkokille (1) der Stranggießanlage gemäß einem Regelverfahren nach
einem der obigen Ansprüche regelt.
11. Computerprogramm nach Anspruch 10,
dadurch gekennzeichnet, dass es auf einem Datenträger (15, 16) in maschinenlesbarer Form gespeichert ist.
12. Computerprogramm nach Anspruch 11,
dadurch gekennzeichnet, dass der Datenträger (15) Bestandteil der Steuereinrichtung (11) ist.
13. Steuereinrichtung für eine Stranggießanlage,
dadurch gekennzeichnet, dass die Steuereinrichtung derart ausgebildet ist, dass sie im Betrieb ein Regelverfahren
nach einem der Ansprüche 1 bis 9 ausführt.
14. Stranggießanlage,
dadurch gekennzeichnet, dass sie von einer Steuereinrichtung (11) nach Anspruch 13 gesteuert wird.