(19)
(11) EP 2 359 997 A1

(12) EUROPÄISCHE PATENTANMELDUNG

(43) Veröffentlichungstag:
24.08.2011  Patentblatt  2011/34

(21) Anmeldenummer: 11154156.1

(22) Anmeldetag:  11.02.2011
(51) Internationale Patentklassifikation (IPC): 
B28B 1/00(2006.01)
B28B 21/02(2006.01)
B28B 7/22(2006.01)
(84) Benannte Vertragsstaaten:
AL AT BE BG CH CY CZ DE DK EE ES FI FR GB GR HR HU IE IS IT LI LT LU LV MC MK MT NL NO PL PT RO RS SE SI SK SM TR
Benannte Erstreckungsstaaten:
BA ME

(30) Priorität: 11.02.2010 DE 202010000169 U

(71) Anmelder: B+S GmbH
48432 Rheine (DE)

(72) Erfinder:
  • Sehliger, Stephan
    49479 Ibbenbüren (DE)

(74) Vertreter: Habbel, Ludwig 
Habbel & Habbel, Patentanwälte, Am Kanonengraben 11
48151 Münster
48151 Münster (DE)

   


(54) Gussteil mit planparallelen Flächen, und Vorrichtung zu dessen Herstellung


(57) Bei einem Gussteil, welches aus einem Beton-Grundwerkstoff (7) besteht, und welches zwei planparallele Flächen (8,10) aufweist, schlägt die Erfindung vor, dass das Gussteil an einer der beiden planparallelen Flächen (8,10) eine Schicht aus einem zweiten Gusswerkstoff (9) aufweist, der die planparallele Fläche bildet, wobei dieser zweite Gusswerkstoff (9) in seinem fließfähigen Zustand eine geringere Viskosität aufweist als der Beton-Grundwerkstoff (7). Zur Herstellung eines derartigen Gussteils schlägt die Erfindung eine Bodenplatte (8) vor, die eine exakt horizontal ausgerichtete Oberfläche aufweist, und wenigstens zwei Schalungswände (4,5), die zwischen sich einen Gießhohlraum bilden, wobei die Bodenfläche des Gießhohlraums durch die horizontal ausgerichtete Oberfläche der Bodenplatte (8) gebildet ist.




Beschreibung


[0001] Die Erfindung betrifft ein Gussteil nach dem Oberbegriff des Anspruchs 1.

[0002] Beton-Gussteile mit zwei planparallelen Flächen sind aus der Praxis bekannt. Im Schachtbau beispielsweise werden Rohrelemente aus Beton verwendet, die in axialer Ausrichtung aufeinander gesetzt werden, um so insgesamt den gewünschten Schacht, beispielsweise einen Abwasserschacht, von der gewünschten Höhe bzw. im Boden angeordneten Tiefe zu ergeben. Dabei ist bekannt, dass die Betonoberflächen an den beiden planparallelen Stirnflächen des jeweiligen Rohrabschnittes nicht stets genau plan verlaufen. Um lokale Druckspitzen zu vermeiden ist es daher bekannt, bei derartigen Schächten ein Druckausgleichsmaterial zwischen zwei übereinander angeordneten Rohrabschnitten vorzusehen, welches dann die Auflagedrücke vergleichmäßigt.

[0003] Während die genannten Rohrabschnitte zum Erstellen eines Schachtes lediglich durch das Eigengewicht des Schachtes belastet sind, treten erheblich höhere Kräfte bei dem unterirdischen Rohrvortrieb auf. Dabei werden einzelne Rohrabschnitte in eine Pressgrube abgesenkt und dann unterirdisch durch einen zuvor gebohrten Tunnel gepresst. Nach entsprechendem Vortrieb wird der Pressstempel zurückgezogen, ein weiterer Rohrabschnitt wird in die Pressgrube abgesenkt und dann durch den Pressstempel beaufschlagt, so dass die gesamten Presskräfte auf diesen sowie auf davor befindliche Rohrabschnitte übertragen werden. Diese Presskräfte werden lediglich über die Stirnflächen der Rohrwandungen übertragen.

[0004] Bei der Erstellung von Windkraftanlagen ist es bekannt, die Türme der Windkraftanlagen aus Beton herzustellen und zwar ebenfalls aus einzelnen Rohrabschnitten, wobei zur Montage des Turms dann die entsprechenden Rohrabschnitte übereinander angeordnet werden. Zur Verbesserung der Standfestigkeit des Turms werden diese Rohrabschnitte miteinander verspannt, wobei entsprechende Spannseile entweder im hohlen Inneren des Turms verlaufen können, oder in Leerrohren verlegt sein können, die von vornherein in der Turmwandung und in den jeweiligen Wandungsabschnitten vorgesehen sind.

[0005] Bei den beiden letzten erwähnten Anwendungsbeispielen von Beton-Gussteilen, nämlich bei den unterirdischen Vortriebsrohren sowie bei den Turmabschnitten von Windkraftanlagen, treten sehr hohe Druckbelastungen auf, die auf die Stirnflächen der einzelnen Rohrabschnitte einwirken. Konstruktiv ist vorgesehen, dass die beiden Stirnenden der jeweiligen Rohrabschnitte planparallel zueinander ausgerichtet sind. In der Praxis tritt jedoch häufig das Problem auf, dass diese konstruktiv vorgesehene Planparallelität nicht exakt eingehalten werden kann. Selbst bei einer perfekt glatten Oberflächenausgestaltung der Rohrabschnitte, die keine unzulässigen Iokalen Druckspitzen aufgrund von Unebenheiten bewirkt, kann allein schon die nicht ausreichende Planparallelität der beiden Stirnflächen der Rohrabschnitte dazu führen, dass bei den auftretenden sehr hohen Druckkräften lokale Spannungsspitzen in den Betonkörpern entstehen, die bis zum Bauteilversagen und somit zur Zerstörung des jeweiligen Gussteils führen können.

[0006] Der Erfindung liegt die Aufgabe zugrunde, ein gattungsgemäßes Gussteil dahingehend zu verbessern, dass dieses eine möglichst optimale Planparallelität der beiden konstruktiv planparallel vorgesehenen Flächen gewährleistet und somit zuverlässig gegen das Auftreten lokaler Druckbelastungsspitzen gesichert ist.

[0007] Diese Aufgabe wird durch ein Gussteil mit den Merkmalen des Anspruchs 1 gelöst sowie mit Hilfe einer Vorrichtung nach Anspruch 5, die zur Herstellung eines solchen Gussteils verwendet werden kann.

[0008] Die Erfindung schlägt mit anderen Worten vor, das Gussteil stehend zu gießen, wobei stehend in diesem Zusammenhang heißt, dass die beiden planparallel herzustellenden Flächen die Oberseite und die Unterseite des Gussteils während des Gießprozesses bilden. Als so genannter Grundwerkstoff des Gussteils wird dabei ein Betonwerkstoff verwendet, beispielsweise ein herkömmlicher Betonwerkstoff. Die Bodenfläche des herzustellenden Beton-Gussteils ist üblicherweise ohne weitere Hilfsmittel in der gewünschten Qualität gegeben, weil der Grundwerkstoff durch sein Eigengewicht in den unteren Bereich des Formhohlraum gedrückt wird, die Gießform durch entsprechend glattwandige Oberflächen des Formhohlraums die gewünschte Oberflächenqualität ermöglicht, und weil die dünnflüssigeren bzw. feinkörnigeren Bestandteile des Beton-Grundwerkstoffs in diesem unteren Bereich den Formhohlraum optimal ausfüllen. Der Beton-Grundwerkstoff bildet jedoch möglicherweise eine unebene oder ggf. schräge obere Oberfläche nach dem Einfüllen in die Gießform, jedenfalls ist nicht in ausreichendem Maße die Planparallelität seiner Oberfläche zur Bodenfläche sichergestellt.

[0009] Daher ist vorschlagsgemäß vorgesehen, die oberste Schicht beim Gießen des Gussteils durch einen zweiten Gusswerkstoff zu bilden, der, solange er noch seinen fließfähigen Zustand aufweist, eine geringere Viskosität aufweist als der Grundwerkstoff. Durch diese niedrigere Viskosität kann dieser zweite Gusswerkstoff problemlos nivelliert werden, beispielsweise durch physikalische Anregung mittels eines Vibrations- oder Rüttelgerätes, oder er kann sogar in an sich bekannter Weise als so genannter "selbst nivellierender Werkstoff" ausgestaltet sein, also so dünnflüssig ausgestaltet sein, dass er selbstständig, ausschließlich durch Einwirken der Schwerkraft, eine perfekt horizontale Oberfläche bildet.

[0010] Durch die horizontale Oberfläche, die mit dem zweiten Gusswerkstoff erzielt wird, ist eine Planparallelität dieser Oberfläche zur Bodenfläche des Gussteils sichergestellt, ohne dass das Gussteil im ausgehärteten Zustand nachbearbeitet werden müsste, beispielsweise planparallel geschliffen werden müsste. Voraussetzung dafür ist lediglich, dass die Gießform derart aufgestellt wird, dass die Bodenfläche ihres Formhohlraums exakt horizontal ausgerichtet ist, so dass dementsprechend die Bodenfläche des Gussteils ebenfalls exakt horizontal verläuft, solange es sich in der Gießform befindet.

[0011] Bei der Gießform, in welcher das Gussteil hergestellt wird, ist in an sich bekannter Weise eine Schalung vorgesehen, welche den Gießhohlraum begrenzt, in den der Beton-Grundwerkstoff sowie der zweite Gusswerkstoff eingefüllt wird. Damit sich umlaufend an der Oberfläche des Gussstücks keine über die Oberfläche hinaus nach oben ragenden Ränder oder Kanten ergeben, ist die Gießform in diesem Bereich für den zweiten Gusswerkstoff abstoßend ausgestaltet. Ähnlich wie Wasser sich nicht an einer hydrophoben Oberfläche nach oben zieht, wird durch eine derartige abstoßende Beschichtung sichergestellt, dass der zweite Gusswerkstoff keine über seine Oberfläche hinausragenden Seitenkanten dort ausbildet, wo er den Schalungswänden anliegt. Auf diese Weise ist sichergestellt, dass das Gussteil nachbearbeitungsfreie, planparallele Oberflächen aufweist.

[0012] Ein Ausführungsbeispiel der Erfindung wird anhand der rein schematischen Darstellung nachfolgend näher erläutert. Dabei zeigt
Fig. 1
einen Vertikalschnitt durch eine Gießform mit einem darin befindlichen Gussteil, und
Fig. 2
eine Ausschnittsvergrößerung aus Fig. 1 in dem Bereich der Oberkante des in der Gießform befindlichen Gussteiles.


[0013] In den Zeichnungen ist mit 1 ein Gussteil bezeichnet, welches innerhalb einer Vorrichtung 2 angeordnet ist, die eine Gießform bildet. Die Vorrichtung 2 weist eine Bodenplatte 3 auf, die in an sich bekannter Weise exakt horizontal ausnivelliert ist, d. h., eine exakt horizontal verlaufende Oberfläche aufweist. Diese Nivellierung kann beispielsweise mit Hilfe von mehreren Stellschrauben erfolgen, durch Unterlegkeile, oder dadurch, dass diese Bodenplatte 3 auf Hydrostößeln gelagert ist, die nach dem Prinzip kommunizierender Röhren durch Flüssigkeitsleitungen miteinander verbunden sind und sich insofern automatisch selbst ausnivellieren.

[0014] Auf der Bodenplatte 3 sind eine Außenschalung 4 und eine Innenschalung 5 angeordnet, die jeweils ringförmig verlaufen, so dass insgesamt ein Gießhohlraum 6 geschaffen wird zur Herstellung eines konischen Rohrabschnitts.

[0015] In den Gießhohlraum 6 ist zunächst ein Beton-Grundwerkstoff 7 eingefüllt worden, so dass das Gussteil 1 aufgrund der exakt horizontal nivellierten Bodenplatte 3 eine exakt horizontal verlaufende untere Bodenfläche 8 ausbildet. Der Beton-Grundwerkstoff 7 ist allerdings nicht bis zur vollen Höhe des herzustellenden Gussteils 1 in den Gießhohlraum eingefüllt worden. Vielmehr ist eine obere Schicht des Gussteils 1 durch einen zweiten Gusswerkstoff 9 gebildet, der erheblich dünnflüssiger ist als der Beton-Grundwerkstoff 7. Diese Dünnflüssigkeit kann entweder eine Materialeigenschaft des zweiten Grundwerkstoffes sein, bis dessen Aushärtung einsetzt oder es kann sich um ein thixotropes Material handeln, welches bei mechanischer Anregung besonders dünnflüssig wird und demgegenüber dickflüssiger wird, sobald die mechanische Anregung entfällt. Die mechanische Anregung kann beispielsweise in Form von auf den Werkstoff einwirkenden Vibrationen vorgesehen sein. Jedenfalls bildet dieser zweite Gusswerkstoff automatisch eine exakt horizontale obere Oberfläche 10 und somit eine zur unteren Bodenfläche 8 planparallele Oberfläche.

[0016] Wie insbesondere anhand von Fig. 2 verdeutlicht ist, ist die Vorrichtung 2 zumindest in dem Bereich, in dem die obere Oberfläche 10 des Gussteils 1 vorgesehen ist, auf eine Weise ausgestaltet, dass die zum Gussteil 1 hin ausgerichteten Oberflächen der Innen- und Außenschalung 4 und 5 den zweiten Gusswerkstoff abstoßend beschaffen sind. Dies kann entweder durch die Wahl eines geeigneten Materials der Schalungswände der Fall sein, oder durch eine Oberflächenbeschichtung der Schalungswände, so dass jedenfalls der aus Fig. 2 ersichtliche Oberflächenverlauf der oberen Oberfläche 10 des zweiten Gusswerkstoffs 9 bewirkt wird: Angrenzend an die Innen- und Außenschalungen 4 und 5 zieht sich die obere Oberfläche 10 des zweiten Gusswerkstoffs 9 nach unten. Es ist daher ausgeschlossen, dass sich nach oben vorstehende Kanten oder Ränder ausbilden, die über das Soll-Maß des Gussteils 1 hinaus nach oben ragen.

[0017] Bei dem dargestellten Ausführungsbeispiel wurde davon ausgegangen, dass die Innen- und Außenschalungen 4 und 5 einen ringförmigen Gießhohlraum begrenzen und dass das Gussteil 1 als kompletter Rohrabschnitt ausgestaltet ist. Je nach Größe des insgesamt herzustellenden Bauteils kann vorgesehen sein, dass mit Hilfe einer ähnlichen Vorrichtung kein kompletter Ringquerschnitt hergestellt wird, sondern beispielsweise lediglich eine halbrunde oder segmentartige Form geschaffen wird, so dass dementsprechend das Gussstück 1 als Halbschale oder als Segment ausgestaltet ist und es zweier derartiger Halbschalen bzw. mehrere Segmente bedarf, um insgesamt einen Rohrabschnitt zu schaffen.


Ansprüche

1. Gussteil, welches aus einem Beton-Grundwerkstoff besteht,
und welches zwei planparallele Flächen aufweist, dadurch gekennzeichnet,
dass das Gussteil (1) an einer der beiden planparallelen Flächen eine Schicht aus einem zweiten Gusswerkstoff (9) aufweist, der die planparallele Fläche bildet,
wobei dieser zweite Gusswerkstoff (9) in seinem fließfähigen Zustand eine geringere Viskosität aufweist als der Beton-Grundwerkstoff (7).
 
2. Gussteil nach Anspruch 1,
dadurch gekennzeichnet,
dass der zweite Gusswerkstoff (9) ein selbstnivellierender Werkstoff ist.
 
3. Gussteil nach Anspruch 1 oder 2,
dadurch gekennzeichnet,
dass das Gussteil (1) als Rohrabschnitt einer unterirdisch verpressbaren Rohrleitung ausgestaltet ist.
 
4. Gussteil nach Anspruch 1 oder 2,
dadurch gekennzeichnet,
dass das Gussteil (1) als Turmabschnitt einer Windkraftanlage ausgestaltet ist.
 
5. Vorrichtung zur Herstellung eines Gussteils nach einem der vorhergehenden Ansprüche,
gekennzeichnet durch
eine Bodenplatte (3), die eine exakt horizontal ausgerichtete Oberfläche aufweist,
und wenigstens zwei Schalungswände (4, 5), die zwischen sich einen Gießhohlraum (6) bilden,
wobei die Bodenfläche (8) des Gießhohlraums (6) durch die horizontal ausgerichtete Oberfläche der Bodenplatte (3) gebildet ist.
 
6. Vorrichtung nach Anspruch 5,
dadurch gekennzeichnet,
dass die den Gießhohlraum (6) begrenzenden Schalungswände (4, 5) zumindest in dem Bereich, in welchem die Oberkante des Gießhohlraums (6) vorgesehen ist, auf ihrer zum Gießhohlraum (6) gerichteten Seite mit einer den zweiten Gusswerkstoff (9) abstoßenden Oberfläche ausgestaltet sind.
 




Zeichnung







Recherchenbericht