[0001] Die Erfindung betrifft eine Rollenwickelvorrichtung mit einer Bereitstellungsposition
und einer Abwickelposition für eine Materialbahnrolle, insbesondere für eine Papier-
oder Kartonbahn auf einem Wickelkern.
[0002] Die Erfindung betrifft ferner ein Verfahren zur Behandlung einer Materialbahnrolle,
insbesondere einer Papier- oder Kartonbahn auf einem Wickelkern, in einer Rollenwickelvorrichtung,
die eine Abwickelposition und eine Bereitstellungsposition aufweist.
[0003] Die Erfindung wird im Folgenden im Zusammenhang mit der Behandlung einer Papierbahn
erläutert. Sie ist jedoch auch bei anderen Bahnen entsprechend anwendbar, die ähnlich
zu handhaben sind. Dabei handelt es sich beispielsweise, jedoch nicht erschöpfend,
um Bahnen aus Tissue oder Karton, beziehungsweise aus Kunststoff- oder Metallfolien.
[0004] In einer Papierfabrik werden Papierbahnen in relativ großen Breiten von bis zu 11
m in einer Papiermaschine produziert. Dabei ist die Papiermaschine und weitere zur
Behandlung der Papierbahn vorgesehene Maschinen oder Vorrichtungen im Allgemeinen
auf einer gemeinsamen Hallenebene angeordnet. In einer Hallenebene darunter befinden
sich in der Regel Versorgungsaggregate und die Stoffaufbereitung. Zentrale Einrichtung
der Stoffaufbereitung sind ein oder mehrere Pulper, in denen die zur Herstellung einer
Papierbahn nötigen Fasern in einer flüssigen Lösung aufbereitet und von wo aus sie
dem Stoffauflauf der Papiermaschine zugeführt werden. Die Produktion erfolgt dann
quasi endlos. Dabei definiert die Warenlaufrichtung der Papiermaschine für alle in
der Papierfabrik befindlichen Maschinen und Einrichtungen die Längs- und in horizontaler
Ebene senkrecht dazu die Querrichtung. Zur Vereinfachung der vorliegenden Schrift
wird im Weiteren an geeigneten Stellen die Längsrichtung als X-Richtung, die Querrichtung
als Y-Richtung und die auf einer durch diese beiden Richtungen aufgespannten Ebene
senkrecht stehende Höhenrichtung als Z-Richtung bezeichnet. Am Ende der Papiermaschine
wird die erzeugte Papierbahn in voller Breite auf einen Wickelkern, insbesondere einen
Tambour, aufgewickelt. Dieser Wickelkern wird zyklisch, in aller Regel bei laufender
Produktion, ersetzt. Die auf diese Weise entstehende, bahnbreite Materialbahnrolle
wird üblicherweise als Mutterrolle oder Volltambour bezeichnet.
Die Materialbahnrolle kann dann optional in verschiedenen nach geschalteten Vorrichtungen
bearbeitet werden, die der Fachmann dann unter der Bezeichnung "offline" Maschinen
zusammenfasst. So können beispielsweise Kalander oder Streichmaschinen "offline" stehen.
Rollenschneidmaschinen, die zur Formatänderung der Mutterrollen dienen, sind stets
eigenständig als "offline" Maschinen ausgebildet.
All diese, von dem direkten Materialfluss der Papiermaschine getrennten Vorrichtungen
umfassen eine Rollenwickelvorrichtung die wenigstens einen Abwickelbereich aufweist,
in dem die Materialbahnrolle abwickelbar ist.
[0005] Zur Sicherung der Wettbewerbsfähigkeit und zur Erzielung einer hohen Produktivität
ist man bestrebt, hohe Produktionsgeschwindigkeiten zu erreichen. Dabei haben sich
alle in der Produktionskette einer Papierfabrik befindlichen Vorrichtungen beziehungsweise
Maschinen an dieser durch die Papiermaschine vorgegebenen Produktionsgeschwindigkeit
beziehungsweise deren Produktionsausstoß zu orientieren. Da eine Papiermaschine, von
Störungsfällen einmal abgesehen, kontinuierlich arbeitet, ist es für die diskontinuierlich
arbeitenden "offline" Maschinen schwierig, der vorgelegten Geschwindigkeit zu folgen,
da Rüst-, Beschleunigungs- und Verzögerungszeiten entsprechend ihren Aufgaben relativ
häufig anfallen und deshalb nur durch deutlich höhere Produktionsgeschwindigkeiten
auszugleichen sind.
[0006] Solche hohen Anforderungen an die Wickelgeschwindigkeiten bergen jedoch ein hohes
Gefährdungspotential auf Grund zunehmend auftretender Schwingungen, sodass man auch
bestrebt ist, die Rüst- und Zwischenzeiten, also diejenigen Zeiten, in denen die jeweilige
"offline" Maschine und hier im Speziellen die jeweilige Rollenwickelvorrichtung einer
"offline" Maschine, nicht mit voller Produktionsgeschwindigkeit produziert, zu reduzieren,
um das Maß der erforderlichen Produktionsgeschwindigkeit auf einem vertretbaren Niveau
halten zu können. Alternativ dazu müsste eine höhere Anzahl von "offline" Maschinen
installiert werden, was vom Betreiber verständlicherweise nicht gewünscht ist.
[0007] Dazu sind vornehmlich Vorrichtungen und Verfahren bekannt geworden, die den Materialfluss
durch einen raschen Wechsel von der weitgehend abgewickelten alten Materialbahnrolle
zu einer neuen Materialbahnrolle gewährleisten sollen. Damit ein solcher Wechsel der
Materialbahnen gefahrlos ablaufen kann, muss auf dem Wickelkern der alten Materialbahnrolle
noch eine gewisse Restmenge an Materialbahn, hier also insbesondere an Papierbahn,
verbleiben, da, wie bereits angesprochen, das Abwickeln der Materialbahnen mit ausgesprochen
hohen Geschwindigkeiten, nämlich derzeit mit bis zu 3200 m/min, erfolgt. Jedoch ist
es auch wünschenswert, sowohl die Wickelkerne, wie auch die darauf verbleibenden Materialbahnreste,
die auch Schwarte bezeichnet werden, weiter zu verwenden. Handelt es sich bei den
Wickelkernen um Tamboure, also aufwendig und stabil gearbeitete Wickelkerne aus Metall,
ist eine Wiederverwendung wirtschaftlich sogar zwingend notwendig. Der leere Wickelkern
kann also direkt wieder verwendet werden, während die entfernte Materialbahn mit einem
chemischen Lösungsmittel und/oder auf mechanischem Weg wieder aufbereitet werden kann
um in einem Recyclingprozess wieder dem weiteren Herstellungsprozess, hier also dem
Materialfluss der Papiermaschine, zugeführt zu werden. In Papierfabriken sind dazu
sogenannte Pulperöffnungen vorgesehen, durch die Papierbahnreste der Stoffaufbereitung
zugeführt werden können. Da von derartigen Pulperöffnungen jedoch ein zum Teil erhebliches
Gefährdungspotential für das Bedienpersonal ausgeht sind solche Öffnungen mit teuren
Sicherheitsmaßnahmen auszustatten. Darüber hinaus ist auch der Materialfluss der abzutragenden
Papierbahnreste sicher zu stellen, sodass derartige Pulperzuführungen insgesamt recht
teuer sind und damit ihre Anzahl meist gering gehalten wird.
[0008] Der Trennvorgang von Wickelkern und dem auf ihm befindlichen Materialbahnrest, das
so genannte Abschwarten, ist sehr zeitaufwendig, da die restliche Materialbahn entweder
in Kriechgeschwindigkeit abgewickelt werden muss, oder mit speziellen Trennverfahren,
zum Beispiel lageweise manuell mit einem Messer oder maschinell in einer speziellen
Vorrichtung, beispielsweise einer so genannten Guillotine, entfernt werden muss.
[0009] Die Aufgabe der Erfindung besteht darin, den Raumbedarf einer Rollenwickelvorrichtung
gering zu halten und die Produktivität zu erhöhen.
[0010] Die Aufgabe der Erfindung wird vorrichtungsgemäß dadurch gelöst, dass der nicht vollständig
abgewickelte Wickelkern aus der Abwickelposition in die Bereitstellungsposition zurück
bewegbar ist.
[0011] Auf diese Weise ist es möglich den benötigten Bauraum einer Rollenwickelvorrichtung
sehr kompakt zu halten, wobei der nicht vollständig abgewickelte Wickelkern in der
Bereitstellungsposition behandelbar ist.
Somit werden nicht nur Bauraum und Baukosten gespart, sondern auch die Produktivität
und die Effektivität einer Rollenwickelvorrichtung deutlich erhöht und die Aufgaben
der Erfindung vollständig gelöst.
[0012] Es ist von Vorteil, wenn der Wickelkern, insbesondere Tambour, in der Bereitstellungsposition
abschwartbar ist.
[0013] Dadurch, dass die Bereitstellungsposition also gleichzeitig als Abschwartposition
ausgebildet ist, ist die Rüstzeit in der Abwickelposition sehr gering und der Weg
zwischen den beiden Positionen klein haltbar. Auf diese Weise ist die Zeit produktiv
nutzbar und ein nicht vollständig abgewickelter Wickelkern außerhalb des Bewegungsraums
der sich im eigentlichen Wickelprozess befindlichen Materialbahn (der neu in die Wickelposition
eingebrachten Materialbahnrolle) abschwartbar.
[0014] Mit Vorteil ist dafür gesorgt, dass im Wesentlichen unterhalb der Bereitstellungsposition
eine, vorzugsweise verschließbare, Pulperöffnung vorgesehen ist.
[0015] Auf diese Weise sind Materialbahnreste schnell und zuverlässig in den Pulper abführbar.
Durch eine verschließbare Pulperöffnung sind
[0016] Wartungsarbeiten an Bereitstellungsposition und Abwicklungsposition durch das Bedienpersonal
gefahrlos ausführbar.
[0017] Es ist günstig, wenn mindestens eine Nachposition vorgesehen ist, in der der Wickelkern,
insbesondere Tambour, zwischenlagerbar ist und über die der Wickelkern, insbesondere
Tambour, in die Bereitstellungsposition bewegbar ist.
[0018] Auf diese Weise ist ein ungehinderter Bereitstellungsprozess nachkommender Materialbahnrollen
zur Abwickelposition besonders einfach sicher zu stellen.
[0019] Dabei kann es von besonderem Vorteil sein, wenn die mindestens eine Nachposition
durch eine starre Schiene ausgebildet ist, die zur sicheren Lagerung bevorzugt einen
muldenartig ausgestalteten Bereich umfasst. Dabei kann ein muldenartig ausgestalteter
Bereich permanet oder temporär - etwa durch Vorsehen einer elastisch verformbaren
Auflage - ausgebildet sein. Eine elastisch verformbare Auflage kann unter dem Gewicht
des nicht vollständig abgewickelten Wickelkerns temporär eine muldenartige Vertiefung
ausbilden und über den vorzugsweise hohen Reibbeiwert, insbesondere größer 0,6, einen
zusätzlichen sicheren Halt des Wickelkerns bilden.
Eine derartige Ausgestaltung, die dadurch charakterisiert ist, dass die mindestens
eine Nachposition im räumlichen Bereich einer elastischen Auflage ausbildbar ist,
hat den Vorteil, dass der Wickelkern nicht immer punktgenau abgelegt werden muss und
zudem beim Aufprall des Ablagevorgangs geschont wird.
Eine permanete Ausgestaltung einer, eine Nachposition bildenden, Mulde kann beispielsweise
durch Aussparungen im Schienenpaar oder auf das Schienenpaar aufgebrachte, beispielsweise
aufgeschraubte oder aufgeschweißte, Stützkörper realisiert sein.
[0020] Auch kann es von Vorteil sein, wenn zwischen Abwickelposition und Bereitstellungsposition
oder zwischen Nachposition und Bereitstellungsposition eine Weiche vorgesehen ist.
[0021] Auf diese Weise ist das Handling der nicht vollständig abgewickelten Wickelkerne
besonders komfortabel, da fallweise entschieden werden kann, ob und, beispielsweise
bei dem Vorhandensein mehrerer Nachpositionen, welcher Wickelkern zurück in die Bereitstellungsposition
bewegt werden soll.
[0022] Bevorzugt umfasst die Weiche zwei Weichenpfade, wobei der eine Weichenpfad im Wesentlichen
horizontal gerichtet ist und der andere Weichenpfad im Wesentlichen senkrecht gerichtet
ist.
[0023] Auf diese Weise ist der Bauraum einer üblichen Hallenkonstruktion einer Papierfabrik
sehr gut ausnutzbar.
[0024] Besonders bevorzugt ist die Weiche durch mindestens ein bewegbares Schienensegment
ausgebildet.
[0025] Dazu kann das Schienensegment seitlich, dass heißt in Y-Richtung, bewegbar, insbesondere
verschwenkbar oder verschiebbar sein und/oder horizontal, das heißt in Z-Richtung,
bewegbar angeordnet sein. Mit besonderem Vorteil kann das Schienensegment dann über
mindestens einen Seitenrand, der durch die Breite (Y-Richtung) des Wickelkerns vorgegeben
ist, bewegbar angeordnet sein.
[0026] Ist das Schienenelement seitlich bewegbar, ist die Umstellung zwischen zwei Weichenpfaden
auf einfache Weise möglich. Auch ist ein seitlicher Transport, das heißt ein Transport
in Y-Richtung, des gesamten Wickelkerns realisierbar, während eine Bewegung des Wickelkerns
in X-Richtung vorzugsweise entlang des Schienensegments beziehungsweise einer benachbarten
Schiene vollziehbar ist.
[0027] Ist das Schienenelement in Z-Richtung bewegbar angeordnet, kann es beispielsweise
die Funktion eines Aufzuges übernehmen, sodass der Wickelkern Höhenunterschiede überwinden
kann.
[0028] Insgesamt ist eine Schienenführung eine sehr elegante und sichere Methode zur Handhabung
von Wickelkernen, wobei in die Schienenführung erfindungsgemäß eine Weiche integriert
ist.
[0029] Ferner ist es von Vorteil, wenn die mindestens eine Nachposition oberhalb der Abwickelposition
angeordnet ist.
[0030] Auch dies trägt zu einer guten Raumausnutzung und einer kostengünstigen Konstruktion
bei, da eine nicht vollständig abgewickelte Materialbahnrolle auf ihrem Wickelkern
nur noch einen relativ geringen Durchmesser aufweist und deswegen mit einem relativ
geringen Bauraum oberhalb der Rangierhöhe eines vollen Tambours auskommt. Auch wiegt
eine solche Materialbahnrolle nur noch einen Bruchteil einer vollen Materialbahn-
beziehungsweise Mutterrolle, sodass die Belastungen auf eine höher bauende Trägerkonstruktion
gering sind, zumal auch die wirksamen Hebelarme auf Grund der insgesamt kompakten
Bauweise relativ gering sind.
[0031] Vorzugsweise ist der Wickelkern mittels einer Hilfseinrichtung bewegbar.
[0032] Auf diese Weise ist der Bewegungsablauf der Wickelkerne außerhalb der Behandlungspositionen
individuell beeinflussbar und das Handling besonders sicher.
[0033] Dabei umfasst die Hilfseinrichtung mit besonderem Vorteil einen Kran.
[0034] Auf diese Weise sind Bewegungen der Wickelkerne Raumachsen, insbesondere in x- Richtung
und z-Richtung besonders einfach und kostengünstig ausführbar.
[0035] Verfahrensgemäß wird die Aufgabe der Erfindung dadurch gelöst, dass der nicht vollständig
abgewickelte Wickelkern aus der Abwickelposition im darauffolgenden Verfahrensschritt
direkt oder über eine Nachposition in die Bereitstellungsposition zurück bewegt wird.
[0036] Auf diese Weise wird es möglich, den nicht vollständig abgewickelten Wickelkern in
der Bereitstellungsposition nach dem eigentlichen Abwickelprozess in der Abwickelposition
weiter- beziehungsweise nachzubehandeln. Dabei ermöglichen die kurzen Wege in der
kompakt haltbaren Rollenwickelvorrichtung ein besonders produktives Arbeiten. Beispielsweise
können beide Funktionspositionen, also die Abwickelposition und die Bereitstellungsposition
von einer einzigen Bedienperson beobachtet und gehandhabt werden. So können neben
den baulichen Kosten auch Betriebskosten gespart werden.
[0037] Mit Vorteil wird gleichzeitig eine neue Materialbahnrolle aus der Bereitstellungsposition
in die Abwickelposition bewegt und insbesondere der Abwickelprozess der neuen Materialbahnrolle
bereits begonnen, bevor der nicht vollständig abgewickelte Wickelkern erneut in der
Bereitstellungsposition zur Ruhe kommt.
[0038] Auf diese Weise kann die Gesamtwechselzeit, also die Zeit in der nicht mit voller
Produktionsgeschwindigkeit abgewickelt wird, besonders kurz gehalten werden. Somit
ist ein besonders produktives Arbeiten möglich. Dazu kann es von Vorteil sein, wenn
Sensoren vorgesehen sind, die rechtzeitig vor einer möglichen Kollision der beiden
bewegten Rollen, also dem nicht vollständig abgewickelten Wickelkern und der neuen
Materialbahnrolle, warnen. Mit besonderem Vorteil stehen solche optischen, akustischen
oder mechanischen Sensoren, mit einer Steuerungs-/Regelungseinrichtung der Rollenwickelvorrichtung
in Verbindung. Dabei ist es denkbar, dass eine drohende Kollision durch einen automatischen
Notstop verhindert wird.
[0039] Mit besonderem Vorteil wird der nicht vollständig abgewickelte Wickelkern nach Wiedereintritt
in die Bereitstellungsposition abgeschwartet, insbesondere während eine neue Materialbahnrolle
in der Abwickelposition abgewickelt wird.
[0040] Das Abschwarten eines nicht vollständig abgewickelten Wickelkerns stellt eine besonders
vorteilhafte Form der Weiterbehandlung nach Wiedereinbringung in die Bereitstellungsposition
dar.
Durch das Belassen einer Schwarte auf dem Wickelkern ist eine besonders hohe Produktivität
möglich, da aus voller Wickelgeschwindigkeit scharf verzögert werden kann, ohne dass
der Betreiber Gefahr läuft, die Rollenwickelvorrichtung und nachfolgende Maschinen
durch ungewolltes Leerlaufen des alten Wickelkerns zu beschädigen.
[0041] Andererseits ist ein räumlich nahes Abschwarten der Restlagen von großem Vorteil,
da für den Fall eines Bahnrisses auch die Abwickelposition die gleiche Pulperöffnung,
wie die Bereitstellungsbeziehungsweise Abschwartposition nutzen kann.
Ferner werden die Wickelkerne rasch wieder für einen erneuten Wickelprozess frei und
das Management dieser Wickelkerne somit vereinfacht. Schließlich werden über einen
Produktionszeitraum von beispielsweise einem Jahr auch nennenswerte Energiemengen
eingespart, da das Gewicht der Restschwarten nur über einen äußerst kurzen Weg von
Abwickelposition zurück in die Bereitstellungsposition bewegt werden muss.
[0042] Ferner ist es von Vorteil, wenn die abgeschwarteten Materialbahnreste in eine Pulperöffnung
abgeführt werden.
[0043] Auf diese Weise werden der Abschwartprozess besonders komfortabel und die Gefahr
von Verschmutzungen besonders gering gehalten. Dabei ist es von besonderem Vorteil,
wenn die Pulperöffnung lediglich bei Bedarf geöffnet wird. Dann wird ein besonders
hohes Maß an Sicherheit für das Bedienpersonal erreicht und ungünstige Klimabeeinflussungen
der abzuwickelnden Materialbahnrollen verhindert.
[0044] Weitere vorteilhafte Ausgestaltungen der erfindungsgemäßen Vorrichtung ergeben sich
aus der Beschreibung in Zusammenhang mit der Figur.
[0045] Die Erfindung wird im Folgenden anhand von Ausführungsbeispielen unter Bezugnahme
auf die Zeichnungen näher erläutert. Diese zeigen:
- Figur 1
- eine schematische Darstellung einer bevorzugten Ausführungsform einer erfindungsgemäßen
Rollenwickelvorrichtung in einer Seitenansicht während eines ersten Prozessabschnitts
- Figur 2
- dieselbe Rollenwickelvorrichtung während eines zweiten Prozessabschnitts
- Figur 3
- dieselbe Rollenwickelvorrichtung während eines dritten Prozessabschnitts
- Figur 4
- dieselbe Rollenwickelvorrichtung während eines vierten Prozessabschnitts
[0046] Die in den Figuren dargestellte bevorzugte Ausführungsform einer erfindungsgemäßen
Rollenwickelvorrichtung 1 ist im gezeigten Beispiel Bestandteil einer "offline" stehenden
Rollenschneidmaschine in einer Papierfabrik. Die Raumrichtungen sind durch ein Koordinatensystem
gegeben. Die Rollenwickelvorrichtung 1 weist eine Bereitstellungsposition 2 auf, in
der eine, auf einen Wickelkern 4 gewickelte, volle Materialbahnrolle 5 lagerbar ist.
Aus dieser Bereitstellungsposition 2 ist die Materialbahnrolle 5 rasch in die Abwickelposition
3 verbringbar. Im dargestellten, bevorzugten Ausführungsbeispiel ist dazu rechts und
links der Bereitstellungsposition 2 eine Einlaufschiene 9 vorgesehen, die in einem
geringen Gefälle in Richtung der Abwickelposition geneigt ist. Dabei ist es ebenso
denkbar, dass die Einlaufschiene horizontal ausgebildet ist und Transporteinrichtungen,
beispielseweise in Form eines Transportwagens oder Stop- und Beschleunigungseinrichtungen,
aufweist. Die Funktionspositionen, also die Bereitstellungsposition 2, die Abwickelposition
3 und die später noch genauer beschriebenen Nachpositionen 4, weisen Arretierungseinrichtungen
auf, mit deren Hilfe die Materialbahnrollen stopbar, arretierbar und optional auch
wieder beschleunigbar sind. Die Arretierungseinrichtung 3A der Abwickelposition ist
zwecks Lagerung während des jeweiligen Wickelprozesses am aufwendigsten ausgestaltet.
Die Arretierungseinrichtungen in den anderen beiden Funktionspositionstypen sind einfacherer
Art und hier aus Gründen der Übersichtlichkeit nicht näher dargestellt. Im Falle der
Nachposition ist es dazu sogar bevorzugt, dass die zur sicheren Lagerung nötige Arretierung
im Wesentlichen unter Ausnutzung der Schwerkraft des nicht vollständig abgewickelten
Wickelkerns realisiert wird und die Schiene 10 dazu muldenförmige Ausgestaltungen
oder eine elastische Auflage 10A aufweist. Im Falle der Bereitstellungsposition ist
ein Stopmechanismus üblich, der optional auch mit einer Einrichtung in Verbindung
stehen kann, die es erlaubt, die Materialbahnrolle 5 aus Ihrer Ruhelage in Richtung
Abwickelposition 3 zu beschleunigen. Dies hängt häufig von dem vorhandenen Gefälle
und den gewünschten Taktzeiten oder den vorgegebenen Sicherheitsbestimmungen ab. Im
Falle der Ausgestaltung einer Arretiereinrichtung an einer Nachposition 4 ist oftmals
eine Mulde oder Ähnliches ausreichend, aus der die - weitgehend abgewickelte - Materialbahnrolle
beispielsweise mit einer Hilfseinrichtung 14, die im vorliegenden Fall einen Kran
15 umfasst, ausgehoben werden kann.
Der Kran 15 wird von einem Gestell 8 getragen, das auch die Funktionspositionen von
unten abstützt. Ferner weist das Gestell 8 eine weitere Schiene 10 auf, die oberhalb
der Rangierebene der sich auf der Einlaufschiene bewegenden vollen Materialbahnrollen
5 befindet und mindestens eine Nachposition 4 ausbildet. Das Gestell 8 kann frei neben
der Einlaufschiene 9 montiert sein, was einer Nachrüstbarkeit besonders entgegen kommt.
Zur Erhöhung der Stabilität können Gestell und Einlaufschiene jedoch auch verbunden
sein oder eine Einheit bilden. Die Schiene 10 kann eine Weiche 11 umfassen. Eine solche
Weiche 11 kann mit Vorteil durch ein bewegbares Schienensegment ausgebildet sein,
kann aber ebensogut durch eine Unterbrechung des Schienenlaufs oder einem sinnvoll
positionierten Schienenpaarende ausgebildet sein, und weist dann zweckmäßigerweise
zwei Weichenpfade 12, 13 auf, wovon der eine Weichenpfad 12 mit besonderem Vorteil
im wesentlichen in horizontaler Richtung, das heißt in x- oder y- Richtung weist,
während der andere Weichenpfad 13 in vertikaler Richtung, das heißt in z-Richtung
weist. Auch der dargestellte Kran 15 kann, beispielsweise durch regelungstechnisch
festgelegte Fixpunkte, eine Weichenfunktion übernehmen, wenn er, wie im dargestellten
Beispiel mit einer Steuerungs-/Regelungseinheit 16 in Wirkverbindung steht. Eine derartige
Ausgestaltung bietet dann zum einen den Vorteil, bautechnischen Aufwand zu sparen,
da keine Schinensegmente bewegt werden müssen. Zum anderen wird durch die einprogrammierten
Fixpunkte eine gute Voraussetzung für eine einfache und störungsunanfällige Steuerung/Regelung
zur Verfügung gestellt.
Erfindungsgemäß ist es vorgesehen, dass der nicht vollständig abgewickelte Wickelkern
6 aus der Abwickelposition 3 in die Bereitstellungsposition 2 zurück bewegbar ist.
Dazu ist das bevorzugte Ausführungsbeispiel in den Figuren 1 bis 4 zu vier aufeinander
folgenden Zeitpunkten abgebildet.
In Figur 1 wird die auf einem in der Abwickelposition gelagerten Wickelkern 6 befindliche
Materialbahn 7 in Pfeilrichtung abgewickelt. Um einen raschen Wechsel ermöglichen
zu können, befindet sich zu diesem Zeitpunkt bereits eine volle Materialbahnrolle
5 in der Bereitstellungsposition 2. Um mit möglichst geringen Unterbrechungen mit
hoher Wickelgeschwindigkeit abwickeln zu können und Beschädigungen der Rollenwickelvorrichtung
zu vermeiden, wird auf dem sich leerenden Wickelkern 6 eine gewisse Anzahl von Lagenschichten
belassen und der Wickelprozess wird scharf verzögert. In der nächsten Figur wird gezeigt,
wie der nicht vollständig abgewickelte Wickelkern 6 mit dem Kran 15 aus der Abwickelposition
ausgehoben wird, während gleichzeitig bereits die neue Materialbahnrolle 5 aus der
Bereitstellungsposition 2 freigegeben wird und sich in Richtung der Abwickelposition
bewegen kann. Bei erreichen der Abwickelposition wird die neue Materialbahnrolle 5
arretiert und die Materialbahn 7 in nicht dargestellter Weise zur Wiederaufnahme des
Wickelprozesses dem weiteren Wickelmechanismus zugeführt. Nach einer kurzen Beschleunigungsphase
kann dann wieder mit voller Produktionsgeschwindigkeit abgewickelt werden.
In Figur 3 ist erkennbar, dass der zuletzt aus der Abwickelposition 3 ausgehobene
Wickelkern 6 in eine Nachposition ablegbar ist. Im dargestellten Fall befindet sich
überdies ein bereits vorher abgelegter Wickelkern in einer ersten Nachposition. Der
Kran 15 bewegt diesen Wickelkern dann, wie in Figur 4 ersichtlich, wieder in die Bereitstellungsposition
2. Selbstverständlich ist es ebenso vorgesehen, dass der Kran 15 den einmal in Figur
2 erfassten Wickelkern 6 direkt in die Bereitstellungsposition 2 verbringt, selbst
dann, wenn bereits ein Wickelkern 6 in einer der vorgesehenen Nachpositionen lagert.
In der Bereitstellungsposition kann der nicht vollständig abgewickelte Wickelkern
6 nachbearbeitet werden. Im Besonderen kann ein solcher Wickelkern hier abgeschwartet
werden, indem die Materialbahn der auf ihm verbliebenen Materialbahnlagen in die unterhalb
der Bereitstellungsposition 2 angeordnete, und im vorliegenden Beispiel wieder verschließbar
ausgeführte, Pulperöffnung 17 abgeführt wird. Dazu bietet der soeben aufgenommene
Wickelprozess der neuen Materialbahnrolle 5 ausreichend Zeit. Erst nach dem Abschwarten
wird der nunmehr vollständig von Materialbahnresten befreite Wickelkern 6 wieder einer
Nachposition zugeführt oder aus dem Bereich der Rollenwickelvorrichtung entfernt.
Dazu kann beispielsweise eine nicht dargestellte Auslaufschiene, die Hilfseinrichtung
14 oder ein nicht dargestellter, separater Hallenkran dienen. Wenn eine neue Materialbahnrolle
5 in die Bereitstellungsposition 2 eingebracht worden ist, hat sich der Kreislauf
geschlossen.
Bezugszeichenliste
[0047]
- 1
- Rollenwickelvorrichtung
- 2
- Bereitstellungsposition
- 3
- Abwickelposition
- 3A
- Arretierungseinrichtung
- 4
- Nachposition
- 5
- Materialbahnrolle
- 6
- Wickelkern
- 7
- Materialbahn
- 7A
- Materialbahnrest / Schwarte
- 8
- Gestell
- 9
- Einlaufschiene
- 10
- Schiene
- 10A
- Elastische Auflage
- 11
- Weiche
- 12
- Weichenpfad
- 13
- Weichenpfad
- 14
- Hilfseinrichtung
- 15
- Kran
- 16
- Steuerungs-/Regelungseinrichtung
- 17
- Pulperöffnung
- X
- X-Richtung
- Y
- Y-Richtung
- Z
- Z-Richtung
1. Rollenwickelvorrichtung (1) mit einer Bereitstellungsposition (2) und einer Abwickelposition
(3) für eine Materialbahnrolle (5), insbesondere für eine Papier- oder Kartonbahn
auf einem Wickelkern (6),
dadurch gekennzeichnet, dass
der nicht vollständig abgewickelte Wickelkern (6) aus der Abwickelposition (3) in
die Bereitstellungsposition (2) zurück bewegbar ist.
2. Rollenwickelvorrichtung (1) gemäß Anspruch 1,
dadurch gekennzeichnet, dass
der Wickelkern (6) in der Bereitstellungsposition (2) abschwartbar ist.
3. Rollenwickelvorrichtung (1) gemäß einem der Ansprüche 1 oder 2,
dadurch gekennzeichnet, dass
im Wesentlichen unterhalb der Bereitstellungsposition (2) eine, vorzugsweise verschließbare,
Pulperöffnung (17) vorgesehen ist.
4. Rollenwickelvorrichtung (1) gemäß einem der Ansprüche 1 bis 3,
dadurch gekennzeichnet, dass
mindestens eine Nachposition (4) vorgesehen ist, in der der Wickelkern (6) zwischenlagerbar
ist und über die der Wickelkern (6) in die Bereitstellungsposition (2) bewegbar ist.
5. Rollenwickelvorrichtung (1) gemäß einem der Ansprüche 1 bis 4,
dadurch gekennzeichnet, dass
zwischen Abwickelposition (3) und Bereitstellungsposition (2) oder zwischen Nachposition
(4) und Bereitstellungsposition (2) eine Weiche (11) vorgesehen ist.
6. Rollenwickelvorrichtung (1) gemäß Anspruch 5,
dadurch gekennzeichnet, dass
die Weiche (11) zwei Weichenpfade (12,13) umfasst, wobei der eine Weichenpfad (12)
im Wesentlichen horizontal gerichtet ist und der andere Weichenpfad (13) im Wesentlichen
senkrecht gerichtet ist.
7. Rollenwickelvorrichtung (1) gemäß einem der Ansprüche 1 bis 6,
dadurch gekennzeichnet, dass
das die mindestens eine Nachposition (4) im räumlichen Bereich einer elastischen Auflage
(10A) ausbildbar ist.
8. Rollenwickelvorrichtung (1) gemäß einem der Ansprüche 1 oder 7,
dadurch gekennzeichnet, dass
die mindestens eine Nachposition (4) oberhalb der Abwickelposition (3)angeordnet ist.
9. Rollenwickelvorrichtung (1) gemäß einem der Ansprüche 1 bis 8,
dadurch gekennzeichnet, dass
der Wickelkern (6) mittels einer Hilfseinrichtung (14) bewegbar ist.
10. Rollenwickelvorrichtung (1) gemäß einem der Ansprüche 1 bis 9,
dadurch gekennzeichnet, dass
die Hilfseinrichtung (14) einen Kran (15) umfasst.
11. Rollenwickelvorrichtung (1) gemäß einem der Ansprüche 1 bis 10,
dadurch gekennzeichnet, dass
zur Handhabung der Rollenwickelvorrichtung (1) eine Steuerungs-/Regeleinrichtung (16)
vorgesehen ist.
12. Verfahren zur Behandlung einer Materialbahnrolle (5), insbesondere einer Papier- oder
Kartonbahn auf einem Wickelkern (6), in einer Rollenwickelvorrichtung (1), die eine
Abwickelposition (3) und eine Bereitstellungsposition (2) aufweist,
dadurch gekennzeichnet, dass
der nicht vollständig abgewickelte Wickelkern (6) aus der Abwickelposition (3) im
darauffolgenden Verfahrensschritt direkt oder über eine Nachposition (4) in die Bereitstellungsposition
(2) zurück bewegt wird.
13. Verfahren gemäß Anspruch 12,
dadurch gekennzeichnet, dass
gleichzeitig eine neue Materialbahnrolle (5) aus der Bereitstellungsposition (2) in
die Abwickelposition (3) bewegt wird und insbesondere der Abwickelprozess der neuen
Materialbahnrolle (5) bereits beginnt, bevor der nicht vollständig abgewickelte Wickelkern
(6) erneut in der Bereitstellungsposition (2) zur Ruhe kommt.
14. Verfahren gemäß einem der Ansprüche 12 oder 13,
dadurch gekennzeichnet, dass
der nicht vollständig abgewickelte Wickelkern (6) nach Wiedereintritt in die Bereitstellungsposition
(2) abgeschwartet wird, insbesondere während eine neue Materialbahnrolle (5) in der
Abwickelposition (3) abgewickelt wird.
15. Verfahren gemäß Anspruch 14,
dadurch gekennzeichnet, dass
die abgeschwarteten Materialbahnreste (7A) in eine Pulperöffnung (17) abgeführt werden,
in die vorzugsweise auch Materialbahnreste aus der Abwickelposition (3) abgeführt
werden können.