[0001] Die Erfindung betrifft einen Sprengstoff enthaltend ein 5,5'-Azotetrazolat.
[0002] Aus der
US 2,090,745 ist ein Initialsprengstoff bekannt, der neben anderen Bestandteilen ein Bleisalz
eines Diazoaminotetrazols enthält. Die Verwendung von Bleisalzen sollte jedoch generell
aus Umweltschutzgründen und wegen der Gefährdung der Gesundheit der an der Produktion
beteiligten Personen vermieden werden.
[0003] Aus
Hammerl, A. et al., Eur. J. Inorg. Chem. 2002, Seiten 834 bis 845 sind Salze von 5,5'-Azotetrazolat mit Alkalimetallen, Erdalkalimetallen und einigen
trivalenten Kationen als potentielle Initialsprengstoffe bekannt. Die Alkali- und
Erdalkalimetallsalze haben sich jedoch als so unempfindlich erwiesen, dass sie als
Initialsprengstoffe nicht in Frage kommen. Die Aluminium-, Magnesium-, Cer- und Seltenerdmetallsalze
zerfallen von selbst, wenn enthaltenes Kristallwasser abgespalten wird. Durch den
Verlust von Wasser erhöht sich die Empfindlichkeit der Verbindungen gegenüber Schlag
und Reibung stark. Wird das Kristallwasser unter Vakuum entfernt, explodieren viele
der genannten Verbindungen von selbst. Das aus
Jiao et al., Journal of Hazardous Materials 142(2007), Seiten 550-554 bekannte Mangansalz ist relativ unempfindlich und thermisch instabil. Die genannten
Nachteile schließen eine praktische Verwendung in einem Sprengstoff, insbesondere
einem Initialsprengstoff, aus.
[0004] Aus der
WO 2006/128910 ist ein pyrotechnisches Mittel bekannt, das als Komponente ein oder mehrere Azotetrazolate
enthält. Die Azotetrazolatkomponente kann ein Aminoguanidin-5,5'- Azotetrazolat, ein
Guanidin-5,5'-azotetrazolat oder eine Mischungen aus beiden sein.
[0005] Zur Einstellung der Empfindlichkeit von Initialsprengstoffen wird üblicherweise Tetrazen
eingesetzt. Tetrazen ist jedoch thermisch sehr instabil. Es zerfällt bereits bei 120°C.
Pro Jahr zersetzen sich 2 bis 5% des Tetrazens unter normalen Lagerungsbedingungen
eines Sprengstoffs. Dadurch verändern sich die Eigenschaften eines Tetrazen enthaltenden
Sprengstoffs. Darüber hinaus setzt der Zusatz von Tetrazen die Zündleistung eines
Sprengstoffs herab. Wird zum Ausgleich Bleiazid und/oder Bleitrizinat beigemischt,
wird der Sprengstoff thermisch instabil und bleihaltig. Tetrazen ermöglicht daher
nicht die Herstellung eines bleifreien Sprengstoffs. Auch das ersatzweise eingesetzte
Diazol zerfällt bereits bei 150°C. Bei Lagerung zersetzt es sich so, dass eine sichere
Einsatzfähigkeit nach 5 bis 10 Jahren nicht mehr gewährleistet werden kann.
[0006] Als Ersatz für Tetrazen ist ein Bleisalz von bis-Tetrazolyltriazenat bekannt. Bleisalze
sollten jedoch aus den oben genannten Gründen nicht mehr zur Anwendung kommen.
[0007] Um die für Initialsprengstoffe erforderliche Empfindlichkeit zu erreichen wird diesen
häufig ein Chlorat und/oder ein Perchlorat beigemischt. Diese Bestandteile sind jedoch
mit anderen üblichen Bestandteilen der Initialsprengstoffe auf Dauer unverträglich
und verursachen starke Korrosion an Metallen, die mit dem Sprengstoff oder nach einer
Detonation mit den daraus entstandenen Schwaden in Kontakt kommen. Daher können chlorat-
oder perchlorathaltige Sprengstoffe nicht in Schusswaffen eingesetzt werden.
[0008] Zur Einstellung der Empfindlichkeit eines Sprengstoffs werden oft Gemische mit so
vielen Komponenten eingesetzt, dass nicht vorherzusagen ist, wie sich ein solches
Gemisch bei längerer Lagerung verändert und wie sich dadurch die Zündeigenschaften
des Sprengstoffs ändern.
[0009] Aufgabe der vorliegenden Erfindung ist es, einen Sprengstoff bereitzustellen, der
als Initialsprengstoff verwendet werden kann und bei dem weder Tetrazen noch kompliziert
zusammengesetzte Gemische zum Erreichen der erforderlichen Empfindlichkeit und Zündleistung
erforderlich sind. Darüber hinaus soll der Sprengstoff lagerstabiler sein als bisher
bekannte, insbesondere Tetrazen, Chlorat und/oder Perchlorat enthaltende Sprengstoffe.
Weiterhin soll eine Verwendung des Sprengstoffs angegeben werden.
[0010] Die Aufgabe wird durch die Merkmale der Patentansprüche 1 und 13 gelöst. Zweckmäßige
Ausgestaltungen ergeben sich aus den Merkmalen der Ansprüche 2 bis 12.
[0011] Erfindungsgemäß ist ein Sprengstoff vorgesehen, der
- a) ein 5,5'-Azotetrazolat umfasst, wobei das 5,5'-Azotetrazolat ein Eisen-, Kobalt-,
Nickel-, Kupfer- oder Cadmiumsalz oder ein Guanylharnstoffsalz ist,
oder
- b) ein Gemisch aus mindestens einem 5,5'-Azotetrazolat und mindestens einem bis-Tetrazolyltriazenat
oder mindestens einem weiteren 5,5'-Azotetrazolat umfasst, wobei das weitere 5,5'-Azotetrazolat
ein Metallsalz oder ein Guanylharnstoffsalz ist.
[0012] Die Erfinder des erfindungsgemäßen Sprengstoffs haben festgestellt, dass Eisen-,
Kobalt-, Nickel-, Kupfer-, Cadmium- und Guanylharnstoff-5,5'-azotetrazolat und das
Gemisch gemäß lit. b) Sprengstoffe mit tetrazenähnlichen Eigenschaften darstellen.
Sie haben weiterhin festgestellt, dass sich die Empfindlichkeit und die thermischen
Eigenschaften des erfindungsgemäßen Sprengstoffs durch die Wahl des Gegenions bzw.
der Gegenionen des 5,5'-Azotetrazolats, des weiteren 5,5'-Azotetrazolats und gegebenenfalls
des bis-Tetrazolyltriazenats einstellen lassen. Dadurch kann die Empfindlichkeit an
die vorgesehene Anwendung angepasst werden. Der Einsatz von Tetrazen ist nicht erforderlich.
[0013] Die Eigenschaften des Gemischs gemäß lit. b) können außer durch die jeweils eingesetzten
Gegenionen auch durch das Mengenverhältnis der darin enthaltenen Bestandteile eingestellt
werden. Es sind auch Gemische aus mehreren Salzen, beispielsweise aus einem 5,5'-Azotetrazolat,
einem bis-Tetrazolyltriazenat und einem weiteren 5,5'-Azotetrazolat möglich. Bei einem
Gemisch, welches nur 5,5'-Azotetrazolate umfasst, besteht ein großer Vorteil darin,
dass sich das Gemisch in seiner Gesamtzusammensetzung durch darin erfolgende Ionenaustauschreaktionen
an den identischen Anionen nicht verändert. Dadurch behält das Gemisch auch bei langer
Lagerung seine Eigenschaften, insbesondere seine Zündfähigkeit. Bei Gemischen mit
unterschiedlichen Anionen führen Ionenaustauschreaktionen dagegen zu einer Veränderung
der Eigenschaften des Gemischs.
[0014] Von den 5,5'-Azotetrazolaten gemäß lit. a) weist das Kupfersalz die niedrigste und
das Kobaltsalz die höchste thermische Stabilität auf. Das Kupfersalz zerfällt bereits
bei 130°C, während das Kobaltsalz erst bei 230°C zerfällt. Das Kupfer im Kupfersalz
kann 1- oder 2-wertig sein. Das Zink- und das Chromsalz haben sich als nicht lagerungsstabil
erwiesen. Das Silbersalz ist für eine sichere Handhabung zu empfindlich. Die 5,5'-Azotetrazolate
gemäß lit. a) sind jedoch im Gegensatz zu allen anderen von den Erfindern getesteten
5,5'-Azotetrazolaten ausreichend empfindlich und ausreichend lagerungsstabil. Sie
enthalten kein Blei und detonieren nicht von selbst bei Kristallwasserentzug. Das
Eisensalz und das Cadmiumsalz sind im Verhältnis zu den anderen 5,5'-Azotetrazolaten
gemäß lit. a) relativ unempfindlich und eignen sich dadurch gut dazu, die Empfindlichkeit
des Gemischs gemäß lit. b) zu reduzieren.
[0015] Obwohl die wenigstens 5,5'-Azotetrazolate für einen Einsatz in einem Initialsprengstoff
geeignet sind, hat sich überraschenderweise gezeigt, dass das Eisen-, Kobalt-, Nickel-,
Kupfer-, Cadmium- und Guanylharnstoffsalz dazu geeignet sind, in einem Initialsprengstoff
Tetrazen zu ersetzen. Diese Salze sind auch deutlich stabiler als Tetrazen, so dass
durch deren Einsatz in einem Initialsprengstoff eine wesentlich höhere Lagerstabilität
als bei Tetrazen enthaltenden Initialsprengstoffen erreicht werden kann. Der Einsatz
von Bleisalzen ist dadurch überflüssig. Durch die Einstellbarkeit der Empfindlichkeit
ist auch kein Zusatz von Chlorat oder Perchlorat erforderlich, so dass die damit einhergehenden
Nachteile vermieden werden können.
[0016] Der Sprengstoff kann weiterhin ein Oxidationsmittel, beispielsweise ein Nitrat, insbesondere
Strontiumnitrat, enthalten. Weiterhin können in dem Sprengstoff Metalle, wie Bor oder
Aluminium enthalten sein, um die Reaktionstemperatur bei einer Detonation zu erhöhen.
[0017] Vorteilhaft ist es, wenn das Metallsalz in dem Gemisch ein Eisen-, Kobalt-, Nickel-,
Kupfer- oder Cadmiumsatz ist. Die Empfindlichkeit des Gemischs kann durch die Wahl
der Gegenionen des 5,5'-Azotetrazolats und des weiteren 5,5'-Azotetrazolats eingestellt
werden
[0018] Ein weiterer Vorteil des erfindungsgemäßen Sprengstoffs besteht darin, dass dieser
wesentlich energetischer als herkömmliche Initialsprengstoffe ist. Die Zündleistung
des Sprengstoffs ist verhältnismäßig hoch. Sie ist höher als die Zündleistung von
Bleiazid.
[0019] Weiterhin ist der erfindungsgemäße Sprengstoff neutral, d. h. weder sauer noch basisch.
Daher verträgt sich der erfindungsgemäße Sprengstoff sowohl mit sauren als auch mit
basischen Verbindungen, insbesondere Sekundärsprengstoffen, d. h. es kommt nicht zu
Zersetzungsreaktionen mit anderen Sprengstoffen während der Lagerung. Die 5,5'-Azotetrazolate
sind darüber hinaus äußerst schwerlöslich. Auch dadurch wird eine ungewollte Zersetzungsreaktion
mit anderen Sprengstoffen vermieden.
[0020] Durch die gute Verträglichkeit kann der erfindungsgemäße Sprengstoff im Vergleich
zu Tetrazen mit einer größeren Zahl anderer Stoffe, insbesondere Sekundärsprengstoffe,
in Kontakt gebracht werden. Bei der Gestaltung von Sprengsätzen ergibt sich dadurch
eine größere Gestaltungsfreiheit im Hinblick auf deren Zusammensetzung.
[0021] Ein weiterer wesentlicher Vorteil des erfindungsgemäßen Sprengstoffs besteht darin,
dass dieser sehr einfach und aus wässriger Lösung durch Ausfällen hergestellt werden
kann. Dadurch sind die Investitionskosten für Produktionsanlagen gering. Auch ein
möglicher Ausgangsstoff für die Herstellung des im erfindungsgemäßen Sprengstoff enthaltenen
5,5'-Azotetrazolats bzw. weiteren 5,5'-Azotetrazolats, Natriumazotetrazolat, kann
aus wässriger Lösung und aus günstigen, handelsüblichen Chemikalien in einer Stufe
hergestellt werden.
[0022] Im Gegensatz zu anderen Initialsprengstoffen ist der erfindungsgemäße Sprengstoff
nicht lichtempfindlich. Er kann daher ohne größere Vorsichtsmaßnahmen gehandhabt werden.
Der erfindungsgemäße Sprengstoff enthält im Gegensatz zu anderen Initialsprengstoffen
vorzugsweise weder Chlor noch andere Halogene. Er verursacht keine durch die Halogene
bewirkte Korrosion. Dadurch ist die Handhabung und Herstellung einfach und die Lagerfähigkeit
von den erfindungsgemäßen Sprengstoff enthaltenden Wirkmitteln hoch.
[0023] Bei einer vorteilhaften Ausgestaltung des erfindungsgemäßen Sprengstoffs ist mindestens
einer der Tetrazolylreste des 5,5'-Azotetrazolats und/oder des weiteren 5,5'-Azotetrazolats
mit einer Methylgruppe oder einer Aminogruppe substituiert.
[0024] Vorzugsweise enthält der Sprengstoff kein Tetrazen. Dadurch können die mit Tetrazen
einhergehenden oben beschriebenen Nachteile vermieden werden.
[0025] Vorzugsweise enthält der erfindungsgemäße Sprengstoff kein Chlorat und/oder Perchlorat.
Durch den erfindungsgemäßen Sprengstoff können die Eigenschaften des Sprengstoffs
ohne weitere Zusatzstoffe so eingestellt werden, dass der Sprengstoff einem Chlorat
und/oder Perchlorat enthaltenden Sprengstoff entspricht. Das Vorsehen von Chlorat
und/oder Perchlorat ist daher nicht erforderlich. Dadurch können die mit diesen Stoffen
einhergehenden Probleme, insbesondere die dadurch bewirkte Korrosion, vermieden werden.
[0026] Weiterhin ist es vorteilhaft, wenn der erfindungsgemäße Sprengstoff kein Bleisalz,
insbesondere von 5,5'-Azotetrazolat oder bis-Tetrazolyltriazenat, enthält. Dadurch
kann eine Bleibelastung der Umwelt und eine Gesundheitsgefährdung von in der Produktion
eingesetztem Personal vermieden werden.
[0027] Das bis-Tetrazolyltriazenat kann ein Guanidinsalz, ein Guanylharnstoffsalz, ein Melaminsalz
oder ein Salz eines Alkalimetalls oder eines Erdalkalimetalls sein. Diese Salze stellen
hoch energetische Sprengstoffe dar, welche die ungewöhnliche Eigenschaft einer hohen
thermischen Stabilität und Unempfindlichkeit gegenüber äußeren Einflüssen, insbesondere
gegenüber Schlag, aufweisen. Durch diese Salze kann die Hitzebeständigkeit des erfindungsgemäßen
Sprengstoffs erhöht und eine Reduzierung der Empfindlichkeit des erfindungsgemäßen
Sprengstoffs, insbesondere gegenüber Schlag, erreicht werden. Darüber hinaus kann
ein Sprengstoffs bereitgestellt werden, der auch in heißer Umgebung sicher zu handhaben
ist.
[0028] Das Alkalimetall kann Natrium oder Kalium und das Erdalkalimetall Magnesium, Kalzium,
Strontium oder Barium sein. Die bis-Tetrazolyltriazenate dieser Metalle weisen eine
besonders hohe thermische Stabilität auf.
[0029] Das Gemisch kann eine Mischung aus mindestens zwei verschiedenen bis-Tetrazolyltriazenaten
umfassen. Dadurch kann ein hochenergetischer Sprengstoff bereitgestellt werden, bei
dem durch die Wahl des Mischungsverhältnisses der bis-Tetrazolyltriazenate und des
5,5'-Azotetrazolats über weite Bereiche eine stufenlose Einstellung der Hitzebeständigkeit
und Empfindlichkeit sowie der Anzündleistung des Sprengstoffs und der für eine Zündung
des Sprengstoffs erforderlichen Zündleistung möglich ist.
[0030] Vorzugsweise enthält die Mischung mindestens ein bis-Tetrazolyltriazenat eines Übergangsmetalls,
insbesondere eines inneren Übergangsmetalls, ein Mono-, Di- oder
[0031] Triaminoguanidinsalz, ein Ammoniaksalz oder ein Hydrazinsalz und/oder mindestens
ein bis-Tetrazolyltriazenat eines Metalls, insbesondere In oder Al. Bei dem Übergangsmetall
kann es sich um Lanthan, Kupfer, Nickel, Zink, Kobalt, Mangan, Cadmium oder Chrom
handeln.
[0032] Vorzugsweise ist in dem Sprengstoff kein Eisensalz von bis-Tetrazolyltriazen enthalten,
weil dieses im Vergleich zu anderen bis-Tetrazolyltriazenaten eine verhältnismäßig
geringe Stabilität aufweist.
[0033] Weiterhin betrifft die Erfindung die Verwendung des erfindungsgemäßen Sprengstoffs
als Initialsprengstoff.
[0034] Nachfolgend wird die Erfindung anhand der Fig. 1 und von Ausführungsbeispielen erläutert.
- Fig.1
- zeigt die Strukturformel von 5,5'-Azotetrazol ((Z)-1,2-di(1H-tetrazol-5-yl)diazen),
dessen Salze die erfindungsgemäßen 5,5'-Azotetrazolate sind.
[0035] Bei den folgenden Versuchen wurde die Reibempfindlichkeit mittels eines genormten
Reibeapparats der Bundesanstalt für Materialprüfung (BAM), kleine Ausführung, ermittelt.
Die Werte geben jeweils die Kraft an, die ein in dem Reibeapparat enthaltener Stift
auf eine in dem Reibeapparat enthaltene Reibfläche, auf die eine Probe des zu untersuchenden
Stoffs aufgebracht ist, ausübt. Die Schlagempfindlichkeit wurde bei den folgenden
Versuchen mittels eines auf eine Probe des zu untersuchenden Stoffs fallenden genormten
Fallhammers der Bundesanstalt für Materialprüfung, kleine Ausführung, ermittelt. Dabei
wurde jeweils die Fallhöhe und das Gewicht des Fallhammers variiert. Es wurden jeweils
6 Versuche durchgeführt. Die in Newton (N) angegebenen Werte für Reibempfindlichkeit
und in Joule (J) angegebenen Werte für Schlagempfindlichkeit sind jeweils die niedrigsten
Werte, bei denen bei allen 6 Versuchen eine Zündung des zu untersuchenden Stoffs erreicht
wurde.
1. Herstellung von Natrium-5,5'-azotetrazolat als Ausgangsstoff für andere 5,5'-Azotetrazolate
[0036] 100 g (0,97 mol) Aminotetrazolmonohydrat wurden in 500 ml einer 15 %igen Natriumhydroxidlösung
in einem 2-Liter-Becherglas unter Rühren gelöst. Die resultierende Lösung wurde auf
60°C aufgeheizt. 100 g Kaliumpermanganat wurden in kleinen Portionen als Feststoff
zugegeben. Alternativ hätte auch eine auf 60°C erwärmte Lösung von 100 g Kaliumpermanganat
in 400 ml Wasser tropfenweise zugegeben werden können. Durch die Zugabe des Kaliumpermanganats
kam es zu einer exothermen Reaktion, bei der die Temperatur der Lösung zwischen 60
und 70°C gehalten wurde. Nach der Zugabe wurde die Lösung noch 30 Minuten gerührt.
Anschließend erfolgte eine Zugabe von 100 ml Ethanol und ein Erhitzen der Lösung auf
90°C, um nicht umgesetztes Kaliumpermanganat umzusetzen.
[0037] Die heiße Lösung wurde mittels einer 2-Liter-Saugflasche und Filternutsche schnell
filtriert und der Niederschlag aus Mangandioxid zweimal mit 100 ml siedendem Wasser
gewaschen. Das Produkt wurde aus der klaren filtrierten Lösung auskristallisiert.
Dazu wurde die Lösung zunächst bei Raumtemperatur für 2 Stunden stehen gelassen und
anschließend auf 5°C gekühlt.
[0038] Die dabei gebildeten glänzenden hellgelben Kristalle wurden abfiltriert und mit 20
ml eiskaltem Wasser gewaschen. Die Kristalle wurden dann aus einer minimalen Wassermenge
umkristallisiert. Die Ausbeute betrug 76,4 g Natrium-5,5'-azotetrazolat (52 % der
Theorie unter der Annahme, dass das Produkt ein Pentahydrat ist).
[0039] Die verbliebenen Lösungen aus der Synthese und der Umkristallisation wurden vereinigt,
mittels eines Rotationsverdampfers auf 150 ml eingedampft und danach auf 0°C gekühlt.
Daraus wurden zusätzliche 15,0 g Natrium-5,5'-azotetrazolat erhalten.
2. Herstellung anderer 5,5'-Azotetrazolate
2.1 Basislösung
[0040] 5 g (0,018 mol) Natrium-5,5'-azotetrazolat-Pentahydrat wurden in 100 ml entionisiertem
Wasser unter Erwärmung auf 50°C gelöst. Die resultierende orangengelbe Lösung diente
nach dem Abkühlen als Basislösung für die Ausfällung anderer 5, 5'-Azotetrazolate.
2.2 Kupfer(II)-5,5'-azotetrazolat
[0041] Zu 10 ml der Basislösung wurde 1 Äquivalent, d. h. 0,45 g (0,0018 mol) in 10 ml entionisiertem
Wasser gelöstes Kupfersulfatpentahydrat unter Rühren tropfenweise zugegeben. Nach
der Zugabe wurde das Gemisch noch 15 Minuten gerührt. Das Produkt fällt als graugrüner
Niederschlag aus. Der Niederschlag wurde filtriert, auf dem Filter mit 20 ml entionisiertem
Wasser, dann mit 10 ml Ethanol und anschließend mit 10 ml Aceton gewaschen und abschließend
möglichst trockengesaugt. Der so gewonnene Niederschlag wurde bei 40°C im Trockenschrank
bei normalem Druck über Nacht getrocknet. Die Ausbeute war quantitativ.
[0042] Das so gewonnene Kupfer(II)-5,5'-azotetrazolat ist äußerst empfindlich. Es weist
eine Reibempfindlichkeit von 0,2 N und eine Schlagempfindlichkeit von 0,3 J (Fallhöhe:
30 cm; Gewicht: 100 g) auf.
2.3 Nickel-5,5'-azotetrazolat
[0043] Es wird wie unter 2.2 beschrieben vorgegangen, wobei statt 0,0018 ml Kupfersulfatpentahydrat
0,0018 mol Nickelsulfat eingesetzt werden. Das Produkt fällt als gelbgrüner Niederschlag
aus. Es weist eine Reibempfindlichkeit von über 20 N und eine Schlagempfindlichkeit
von über 1 J (Fallhöhe: 100 cm; Gewicht: 100 g) auf. Ein Sprengstoff mit einer so
geringen Empfindlichkeit ist als Initialsprengstoff ungeeignet.
2.4 Kobalt-5,5'-azotetrazolat
[0044] Es wird wie unter 2.2 beschrieben vorgegangen, wobei statt 0,0018 ml Kupfersulfatpentahydrat
0,0018 mol Kobalt(II)chlorid eingesetzt werden. Das Produkt fällt als braunoranger
Niederschlag aus. Es weist eine Reibempfindlichkeit von über 20 N Stiftbelastung und
eine Schlagempfindlichkeit von über 1 J (Fallhöhe: 100 cm; Gewicht: 100 g) auf.
2.5 Dichromtri(5,5'-azotetrazolat)
[0045] Es wird wie unter 2.2 beschrieben vorgegangen, wobei statt 0,0018 ml Kupfersulfatpentahydrat
0,0012 mol Chrom(III)chlorid eingesetzt werden. Das Produkt fällt als graugrüner Niederschlag
aus. Es bilden sich langsam Gasbläschen. Das deutet auf einen Zerfall des Produkts
hin. Es weist eine Reibempfindlichkeit von über 20 N und eine Schlagempfindlichkeit
von über 1 J (Fallhöhe: 100 cm; Gewicht: 100 g) auf.
2.6 Disilber-5,5'-azotetrazolat
[0046] Es wird wie unter 2.2 beschrieben vorgegangen, wobei statt 0,0018 ml Kupfersulfatpentahydrat
0,0036 mol Silbernitrat eingesetzt werden. Das Produkt fällt als oranger Niederschlag
aus. Es ist äußerst empfindlich. Es weist eine Reibempfindlichkeit von unter 0,1 N
und eine Schlagempfindlichkeit von 0,2 J (Fallhöhe: 20 cm; Gewicht 100 g) auf.
2.7 Blei-5,5'-azotetrazolat
[0047] Es wird wie unter 2.2 beschrieben vorgegangen, wobei statt 0,0018 ml Kupfersulfatpentahydrat
0,0018 mol Bleinitrat eingesetzt werden. Das Produkt fällt als gelber Niederschlag
aus. Es weist eine Reibempfindlichkeit von 20 N und eine Schlagempfindlichkeit von
über I J (Fallhöhe: 100 cm; Gewicht: 100 g) auf.
2.8 Zink-5,5'-azotetrazolat
[0048] Es wird wie unter 2.2 beschrieben vorgegangen, wobei statt 0,0018 ml Kupfersulfatpentahydrat
0,0018 mol Zinkchlorid eingesetzt werden. Das Produkt fällt als blassgelber Niederschlag
aus. Es bilden sich langsam Gasblasen. Das deutet auf einen Zerfall des Produkts hin.
Das Produkt weist eine Reibempfindlichkeit von über 20 N und eine Schlagempfindlichkeit
von über 1 J (Fallhöhe: 100 cm; Gewicht: 100 g) auf.
2.9 Eisen-5,5'-azotetrazolat
[0049] Es wird wie unter 2.2 beschrieben vorgegangen, wobei statt 0,0018 ml Kupfersulfatpentahydrat
0,0018 mol Eisen(II)sutfat eingesetzt werden. Das Produkt fällt als schwarzer Niederschlag
aus. Es weist eine Reibempfindlichkeit von über 20 N und eine Schlagempfindlichkeit
von über 1 J (Fallhöhe: 100 cm; Gewicht: 100 g) auf.
2.10 Mangan-5,5'-azotetrazolat
[0050] Es wird wie unter 2.2 beschrieben vorgegangen, wobei statt 0,0018 ml Kupfersulfatpentahydrat
0,0018 mol Mangan(II)sulfat eingesetzt werden. Das Produkt fällt als gelber Niederschlag
aus. Es weist eine Reibempfindlichkeit von über 20 N und eine Schlagempfindlichkeit
von über 1 J (Fallhöhe: 100 cm; Gewicht: 100 g) auf.
2.11 Kadmium-5,5'-azotetrazolat
[0051] Es wird wie unter 2.2 beschrieben vorgegangen, wobei statt 0,0018 ml Kupfersulfatpentahydrat
0,0018 mol Cadmiumchlorid eingesetzt werden. Das Produkt fällt als gelber Niederschlag
aus. Es weist eine Reibempfindlichkeit von über 20 N und eine Schlagempfindlichkeit
von über 1 J (Fallhöhe: 100 cm; Gewicht: 100 g) auf.
2.12 Dikupfer(I)-5,5'-azotetrazolat
[0052] Es wird wie unter 2.2 beschrieben vorgegangen, wobei statt 0,0018 ml Kupfersulfatpentahydrat
0,0036 mol Kupfer(I)chlorid eingesetzt werden. Das Produkt fällt als schwarzer Niederschlag
aus. Das Produkt ist äußerst empfindlich. Es weist eine Reibempfindlichkeit von unter
0,1 N und eine Schlagempfindlichkeit von 0,2 J (Fallhöhe: 20 cm; Gewicht 100 g) auf.
Das Produkt zerfällt bei Lagerung binnen einen Tages zu Kupferoxid und einem undefinierten
Rückstand.
3. Sprengstoff mit einem Gemisch aus einem 5,5'-Azotetrazolat und einem bis-Tetrazolyltriazenat
3.1 Unempfindliches Gemisch
[0053] Es wurde ein Gemisch hergestellt aus 37 Gewichtsprozent (Gew.-%) Strontiumnitrat,
13 Gew.-% Aluminiumpulver, 10 Gew.-% amorphem Bor mit einer Korngröße von unter 5µm,
5 Gew.-% Kupfer(II)-5,5'-azotetrazolat und 35 Gew.-% Kupfer(II)bis-tetrazolyltriazenat.
Das Gemisch hat sich als verhältnismäßig unempfindlich erwiesen. Es weist eine Reibempfindlichkeit
von etwa 1,3 N auf.
3.2 Empfindliches Gemisch
[0054] Es wurde ein Gemisch hergestellt aus 37 Gew.-% Strontiumnitrat, 13 Gew.-% Aluminiumpulver,
10 Gew.-% amorphem Bor mit einer Korngröße von unter 5µm, 15 Gew.-% Kupfer(II)-5,5'-azotetrazolat
und 25 Gew.-% Kupfer(II)bis-tetrazolyltriazenat. Das Gemisch hat sich als verhältnismäßig
empfindlich erwiesen. Es weist eine Reibempfindlichkeit von etwa 0,3 N auf.
[0055] Durch variieren des Mischungsverhältnisses zwischen Kupfer(II)-5,5'-azotetrazolat
und Kupfer(II)bis-tetrazolyltriazenat lässt sich die Empfindlichkeit zwischen der
Empfindlichkeit der beiden genannten Gemische auf einen für die jeweilige Anwendung
gewünschten Wert einstellen.
4. Sprengstoff mit einem Gemisch aus einem 5,5'-Azotetrazolat und einem weiteren 5,5'-Azotetrazolat
4.1 Unempflindliche Gemische
[0056] Es wurde ein Gemisch hergestellt aus 37 Gew.-% Strontiumnitrat, 13 Gew.-% Aluminiumpulver,
10 Gew.-% amorphem Bor mit einer Korngröße von unter 5µm, 5 Gew.-% Kupfer(II)-5,5'-azotetrazolat
und 35 Gew.-% Nickel-5,5'-azotetrazolat. Das Gemisch hat sich als verhältnismäßig
unempfindlich erwiesen. Es weist eine Reibempfindlichkeit von etwa 20 N auf.
[0057] Weiterhin wurde ein Gemisch hergestellt aus 37 Gew.-% Strontiumnitrat, 13 Gew.-%
Aluminiumpulver, 10 Gew.-% amorphem Bor mit einer Korngröße von unter 5µm, 10 Gew.-%
Kupfer(II)-5,5'-azotetrazolat und 30 Gew.-% Nickel-5,5'-azotetrazolat. Das Gemisch
hat sich als verhältnismäßig unempfindlich erwiesen. Es weist eine Reibempfindlichkeit
von etwa 6 N auf.
4.2 Empfindliche Gemische
[0058] Es wurde ein Gemisch hergestellt aus 37 Gew.-% Strontiumnitrat, 13 Gew.-% Aluminiumpulver,
10 Gew.-% amorphem Bor mit einer Korngröße von unter 5µm, 13 Gew.-% Kupfer(II)-5,5'-azotetrazolat
und 27 Gew.-% Nickel-5,5'-azotetrazolat. Das Gemisch hat eine für viele Einsatzzwecke
geeignete Empfindlichkeit. Es weist eine Reibempfindlichkeit von etwa 3 N auf.
[0059] Weiterhin wurde ein Gemisch hergestellt aus 37 Gew.-% Strontiumnitrat, 13 Gew.-%
Aluminiumpulver, 10 Gew.-% amorphem Bor mit einer Korngröße von unter 5µm, 20 Gew.-%
Kupfer(II)-5,5'-azotetrazolat und 20 Gew.-% Nickel-5,5'-azotetrazolat. Das Gemisch
hat sich als verhältnismäßig empfindlich erwiesen. Es weist eine Reibempfindlichkeit
von etwa 0,3 N auf.
[0060] Bei allen oben aufgeführten Beispielen eines Sprengstoffs mit einem Gemisch aus mindestens
einem 5,5'-Azotetrazolat und mindestens einem weiteren 5,5'-Azotetrazolat wird ein
gleiches Gemisch aus Aluminium, Bor und Strontiumnitrat eingesetzt. Der Gesamtgehalt
an Kupfer(II)-5,5'-azotetrazolat und Nickel-5,5'-azotetrazolat beträgt stets 40%,
wobei das Mischungsverhältnis der beiden 5,5'-Azotetrazolate variiert. Durch die Wahl
des Mischungsverhältnisses lässt sich die Empfindlichkeit des Sprengstoffs einstellen.
Die Empfindlichkeit ist umso höher, je höher der Gehalt an Kupfer(II)-5,5'-azotetrazolat
ist.
1. Sprengstoff umfassend
a) ein 5,5'-Azotetrazolat, wobei das 5,5'-Azotetrazolat ein Eisen-, Kobalt-, Nickel-,
Kupfer-, Cadmium- oder Guanylharnstoffsalz ist,
oder
b) ein Gemisch aus mindestens einem 5,5'-Azotetrazolat und mindestens einem bis-Tetrazolyltriazenat
oder mindestens einem weiteren 5,5'-Azotetrazolat, wobei das weitere 5,5'-Azotetrazolat
ein Metallsalz oder ein Guanylharnstoffsalz ist.
2. Sprengstoff nach Anspruch 1,
wobei das Metallsalz ein Eisen-, Kobalt-, Nickel-, Kupfer- oder Cadmiumsalz ist.
3. Sprengstoff nach einem der vorhergehenden Ansprüche,
wobei mindestens einer der Tetrazolyl-Reste des 5,5'-Azotetrazolats und/oder des weiteren
5,5'-Azotetrazolats mit einer Methylgruppe oder einer Aminogruppe substituiert ist.
4. Sprengstoff nach einem der vorhergehenden Ansprüche,
wobei der Sprengstoff kein Tetrazen enthält.
5. Sprengstoff nach einem der vorhergehenden Ansprüche,
wobei der Sprengstoff kein Chlorat und/oder Perchlorat enthält.
6. Sprengstoff nach einem der vorhergehenden Ansprüche,
wobei der Sprengstoff kein Bleisalz enthält.
7. Sprengstoff nach einem der vorhergehenden Ansprüche,
wobei das bis-Tetrazolyltriazenat ein Guanidinsalz, ein Guanylharnstoffsalz, ein Melaminsalz
oder ein Salz eines Alkalimetalls oder eines Erdalkalimetalls ist.
8. Sprengstoff nach Anspruch 7,
wobei das Alkalimetall Na oder K und das Erdalkalimetall Mg, Ca, Sr oder Ba ist.
9. Sprengstoff nach einem der vorhergehenden Ansprüche,
wobei das Gemisch eine Mischung aus mindestens zwei verschiedenen bis-Tetrazolyltriazenaten
umfasst.
10. Sprengstoff nach Anspruch 9,
wobei die Mischung mindestens ein bis-Tetrazolyltriazenat eines Übergangsmetalls,
insbesondere eines inneren Übergangsmetalls, ein Mono-, Di- oder Triaminoguanidinsalz,
ein Ammoniaksalz oder ein Hydrazinsalz und/oder mindestens ein bis-Tetrazolyltriazenat
eines Metalls, insbesondere In oder Al, enthält.
11. Sprengstoff nach Anspruch 10,
wobei das Übergangsmetall La, Cu, Ni, Zn, Co, Mn, Cd oder Cr ist.
12. Sprengstoff nach einem der vorhergehenden Ansprüche,
wobei kein Eisensalz von bis-Tetrazolyltriazen enthalten ist.
13. Verwendung des Sprengstoffs nach einem der vorhergehenden Ansprüchen als Initialsprengstoff.