[0001] Die Erfindung betrifft die Herstellung passivierter, an der Luft handhabbarer feinster
Metallpulver der Elemente Zirkonium, Titan und / oder Hafnium, mit einer mittleren
Korngröße unter 10 µm (gemessen nach Permeabilitätsmethoden wie dem Blaine- oder Fisher-Verfahren)
durch metallothermische Reduktion ihrer Oxide mittels Calcium und Magnesium sowie
ein dafür speziell geeignetes Reaktionsgefäß bestehend aus Retortentiegel, Retortendeckel
und Innentiegel, welches die Zugabe phlegmatisierend wirkender Gase und/oder Feststoffe
vor, während und/oder nach der Reduktionsreaktion ermöglicht.
[0002] Als phlegmatisierend wirkende Zusätze werden insbesondere Wasserstoff in einer Menge
von mind. 500 ppm und Stickstoff in einer Menge von mindestens 1000 ppm verwendet,
als phlegmatisierend wirkende feste Zusätze Kohlenstoff, Silizium, Bor, Nickel, Chrom
und Aluminium in Mengen von mindestens 2000 ppm.
[0003] Die Oxide können einzeln reduziert werden, um reine Metallpulver herzustellen. Sie
können aber auch im Gemisch untereinander oder im Gemisch mit Metallpulvern und /
oder Oxiden der Elemente Nickel, Chrom und Aluminium reduziert werden, um Legierungen
von Titan, Zirkonium und Hafnium mit diesen Elementen herzustellen.
Stand der Technik / Grundsätze metallothermischer Reduktionen
[0004] Metallothermische Reduktionen unter Verwendung von Calcium und Magnesium als Reduktionsmittel
werden zur Gewinnung seltener Metalle aus ihren Oxiden dann eingesetzt, wenn diese
auf andere Weise, z.B. elektrochemisch aus wässrigen Lösungen, aus geschmolzenen Salzen
oder durch Reduktion ihrer Oxide mit Kohlenstoff oder mit Gasen wie Wasserstoff oder
Kohlenmonoxid nicht oder nur in geringer Reinheit zu gewinnen sind. Ein typisches
industrielles Beispiel dafür ist die Herstellung der Metalle der Seltenen Erden wie
Yttrium, Cer, Lanthan und andere sowie des Metalls Beryllium aus ihren Oxiden oder
Halogeniden mit Magnesium, Calcium oder Aluminium [Römpps Chemie-Lexikon "Metallothermie"].
Außerdem setzt man die metallothermische Reduktion ein, um die seltenen Metalle in
einer definierten fein - pulvrigen Form zu gewinnen, etwa für Anwendungen in der Pulvermetallurgie,
der Pyrotechnik oder als Getter in der Vakuumtechnik. Dabei kann die Korngröße des
zu erzielenden Metallpulvers durch die Wahl der Korngröße des entsprechenden zu reduzierenden
Metalloxids weitgehend vorbestimmt werden [
Petrikeev, et al., Tsvetnye Met., Nr. 8 (1991) 71-72].
[0005] Weiterhin beschreibt auch die
EP 1 644 544 B1 ein Verfahren zur Herstellung von Metallpulvern, bzw. Metallhydridpulvern, der Elemente
Ti, Zr, Hf, V, Nb, Ta und Cr bei dem ein Oxid dieser Elemente mit einem Reduktionsmittel
gemischt und diese Mischung in einem Ofen gegebenenfalls unter Wasserstoffatmosphäre
erhitzt wird, bis die Reduktionsreaktion beginnt, das Reaktionsprodukt gelaugt wird
und anschließend gewaschen und getrocknet wird, wobei das eingesetzte Oxid eine durchschnittliche
Korngrösse von 0,5 bis 20 pm, eine spezifische Oberfläche nach BET von 0,5 bis 20
m2/g und einen Mindestgehalt von 94Gew.-% aufweist. Die Ausgestaltung eines geeigneten
Reaktionsgefäßes wird dabei nicht erläutert.
[0006] Durch Mischung verschiedener reduzierbarer Oxide kann man pulverförmige Legierungen
herstellen, beispielsweise durch Mischen von Zirkoniumoxiod mit Titanoxid eine Legierung
aus Zr und Ti oder von Zirkoniumoxid mit Nickel und Nickeloxid eine Legierung aus
Zirkonium und Nickel. Durch Mischen der Reduktionsmetalle und geeignete Wahl der Korngrößen
der Reduktionsmittel kann man den Start und die Kinetik des Reduktionsverlaufs beeinflussen.
Die Wärmetönung der Reduktion richtet sich nach den zu reduzierenden Oxiden, dem Reduktionsmetall
und möglichen Nebenreaktionen. Sie kann nach thermodynamischen Grundsätzen anhand
der freien Reaktionsenthalpie der Edukte und der Produkte berechnet werden. Die stärkste
Reduktionswirkung hat im Allgemeinen das Metall Calcium, gefolgt von Aluminium und
Magnesium. Bei der Wahl des Reduktionsmittels ist zu beachten, dass dieses keine Legierung
mit dem durch die Reduktion gewonnenen seltenen Metalls bilden sollte, es sei denn,
dass dieses gerade gewollt wäre. Auch sollte das bei der Reduktion gebildete Metalloxid
des Reduktionsmetalls mit dem zu reduzierenden Oxid keine Doppeloxide oder andere
Mischoxide bilden, weil durch diese parallel laufende Nebenreaktion die Ausbeute vermindert
wird. Da metallothermische Reduktionen meistens rasch und heftig mit hoher Wärmetönung
ablaufen, ist der Dampfdruck des Reduktionsmetalls bei der zu erwartenden Reaktionstemperatur
(meist 800 bis 1400°C) zu beachten und ggfls. zu berechnen. Darüber hinaus muss das
bei der Reduktion gebildete Oxid des Reduktionsmetalls in Wasser oder wässrigen Säuren
löslich sein, um es nach beendeter Umsetzung durch Laugung aus der Reaktionsmasse
entfernen zu können. Die schlechte Löslichkeit der Oxide des Siliziums und Aluminiums
sowie ihre Neigung zur Bildung von Mischoxiden ist der Grund dafür, dass diese an
sich preisgünstigen Elemente als Reduktionsmittel häufig nicht eingesetzt werden.
Metallothermische Reduktionsreaktionen sind im Allgemeinen selbstgängig. Man versteht
darunter Reaktionen, die durch eine Initialzündung eingeleitet werden und danach ohne
weitere Energiezufuhr von außen automatisch weiter laufen. Die Initialzündung kann
chemisch, elektrisch (durch einen Glühdraht oder durch Induktion) oder einfach durch
scharfes Erhitzen eines Teilbereichs des Metall / Metalloxid - Gemischs eingeleitet
werden [
DE PS 96317]. Man spricht daher auch von einer hot - spot - Zündung.
[0007] Als Reduktionsofen eignen sich gasbefeuerte Tiegelöfen oder elektrisch beheizte Öfen.
Ansonsten spielt die Bauart des Reduktionsofens nur eine untergeordnete Rolle, theoretisch
könnte die Reaktion auch durch ein Holz- oder Kohlefeuer unter der Retorte gestartet
werden. Ein gasbeheizter Tiegelofen hat den Vorteil, dass die Retorte schnell erwärmt
wird. Bei einer Temperatur von ca. 100 bis 450°C, abhängig von den Korngrößen und
der Art der Einsatzstoffe, setzt eine Initialzündung ein, die an einem hot spot startet,
der meist seitlich im unteren Drittel des Tiegels liegt, in dem sich die umzusetzende
Mischung befindet. Bei der Reduktion der Oxide von Ti, Zr und Hf steigt die Temperatur
danach innerhalb weniger Minuten auf Werte zwischen 900°C und 1200°C an, abhängig
davon, ob Calcium oder Magnesium als primäres Reduktionsmetall eingesetzt wird. Calcium
führt zu hohen über 1000°C liegenden, Magnesium zu etwas niedrigeren Spitzentemperaturen.
Während des Aufheizens und besonders während der einsetzenden Reduktion steigt der
Druck im Inneren der Retorte. Bei Erreichen eines Überdrucks von ca. 50 bis 100 mbar
wird daher ein Ventil geöffnet und der Überdruck abgelassen, Es handelt sich meistens
um Wasserstoff, der sich aus der Feuchtigkeit der Einsatzstoffe bildet, Magnesiummetalldampf
sowie Alkalimetalldämpfe aus Verunreinigungen der Einsatzstoffe. Dabei kann es zu
einer Flammenerscheinung am Ablassventil kommen. Entstehende Dämpfe und Stäube müssen
am Ort ihrer Entstehung abgesaugt werden. Das Öffnen des Ventils kann manuell erfolgen,
aber auch elektromechanisch oder pneumatisch, und es kann aus Sicherheitsgründen aus
der Ferne z.B. unter Videobeobachtung gesteuert werden. Als Ablassventile für den
Überdruck kommen in erster Linie dichtungslose Kükenhähne oder Kugelhähne mit großem
Querschnitt zum Einsatz.
[0008] Metallothermische Reduktionen laufen - wenn sie gezündet wurden - unaufhaltsam weiter.
Die einmal in Gang gesetzte Reaktion kann unter Anwendung üblicher Verfahrenstechniken
wie Kühlen oder Zufügen von Verdünnungsmitteln nicht mehr gestoppt werden.
[0009] Daraus ergibt sich, dass metallothermische Reduktionsreaktionen grundsätzlich besondere
Sicherheitsvorkehrungen und wohlüberlegte Konstruktionen der Reaktionsgefäße erfordern:
- um die Reaktion kontrolliert in einer bestimmten Zeit und unter Schutzatmosphäre ablaufen
zu lassen,
- um definiert kleine Mengen an Zusatzstoffen zur Beeinflussung der Materialeigenschaften
der seltenen Metalle über die Gasphase während der Reaktion zufügen zu können,
- um die gesamte Reaktion derart unter Kontrolle zu halten, dass sie sich nicht explosionsartig
entwickelt und
- um ein an der Luft handhabbares, nicht spontan selbstentzündliches Produkt zu erzeugen.
[0010] Eine beinahe immer notwendige Maßnahme bei metallothermischen Reduktionen zur Gewinnung
reaktiver seltener Metalle ist die Inertisierung der Reaktionsmasse vor, während und
nach der Reduktionsreaktion. Dazu wird die Reduktionsreaktion unter einem inerten
Schutzgas, meistens Argon oder Helium, ausgeführt. Alternativ kann die Reduktion auch
im Vakuum gestartet und durchgeführt werden. Würde man die metallothermische Reduktion
des Zirkoniums im Beispiel (1) etwa in einem Keramikbehälter an Luft oder unter einer
Schlackendecke ähnlich wie in
EP 0583670 A1 ausführen, so würde sich nach der Umsetzung beim Erkalten der Reaktionsmasse das
gebildete Zirkoniumpulver mit dem Sauerstoff der Luft wieder verbinden. Man würde
ein Gemenge aus schlecht reduziertem Zirkoniummetall und in der Hauptsache Zirkoniumoxid
finden. Das wenige erhaltene Metall wäre praktisch unbrauchbar. Dies gilt sinngemäß
auch für die Metalle Titan und Hafnium.
[0011] Bei der Herstellung sehr reaktionsfreudiger seltener Metalle wie Zirkonium, Titan
und Hafnium ist es notwendig, die Metallpulver gezielt zu phlegmatisieren, um sie
später an Luft überhaupt handhaben und weiter verarbeiten zu können. Hochreines, völlig
gasfreies und sauerstofffreies Titan, Zirkonium und Hafnium in feinster Pulverform
sind pyrophor, d.h. sie würden sich bei Kontakt mit Luft augenblicklich entzünden
und zu ihren Oxiden verbrennen. In der Literatur [
Anderson, H. und Belz, L., J. Electrochem. Soc. 100 (1953) 240] wird die Grenzlinie unterhalb der gefährliche, selbstentzündliche Zirkoniumpulver
vorliegen, bei einer mittleren Korngröße von 10 µm, gemessen nach Permeabilitätsmethoden
wie der von Blaine oder Fisher, gesehen.
[0013] Metallisches Titan, Zirkonium und Hafnium sowie Legierungen dieser Metalle sind nur
deshalb an Luft beständig, weil sie mit einer dichten, bei Raumtemperatur sauerstoffundurchlässigen
Oxid- oder Oxinitrid-Hülle umgeben sind, der so bezeichneten Passivschicht. Die Passivierung
ist auch von vielen anderen Metallen her bekannt, etwa von Aluminium, Zink und Chrom.
Die Passivierung stellt sich bei den meisten Metallen von selbst ein. Durch Kontakt
der Metalloberfläche mit dem Sauerstoff und Stickstoff der Luft, mit Feuchtigkeit
und dem in Luft enthaltenen Kohlendioxid baut sich der schützende Passivfilm ohne
besonderes Zutun auf. Dies ist nicht so bei den Metallen Ti, Zr und Hf sowie deren
Legierungen, wenn sie in feiner Pulverform vorliegen und in einer schützenden Atmosphäre
unter Argon, Helium oder im Vakuum erzeugt wurden. In diesem Fall muss durch gezielte
Zugabe phlegmatisierender Stoffe, insbesondere der Gase Stickstoff und Wasserstoff,
eventuell auch sauerstoffhaltiger Gase, dafür gesorgt werden, dass sich das Metallpulver
bei Entnahme aus der Schutzgasatmosphäre nicht spontan entzündet oder sich - wie bereits
erwähnt - bei Kontakt mit Wasser explosionsartig umsetzt. Die Aufgabe der vorliegenden
Erfindung bestand nun darin, ein Verfahren und ein Reaktionsgefäß zur Durchführung
dieses Verfahrens zur Herstellung von Metallpulvern oder Legierungspulvern der reaktionsfreudigen
Metalle Zirkonium, Titan oder Hafnium aus den entsprechenden Oxiden bzw. Oxidmischungen
bereitzustellen, wobei die hergestellten reaktionsfreudigen Metallpulver oder Legierungspulver
anschließend, beispielsweise zum Zweck der Weiterverarbeitung, an der Luft handhabbar
sein sollen.
Beschreibung der Erfindung
[0014] Die oben genannte Aufgabe wurde durch ein Verfahren zur Herstellung von Metallpulver
oder Legierungspulver einer mittleren Korngröße unter 10 µm, bestehend aus oder enthaltend
mindestens eines der reaktionsfreudigen Metalle Zirkonium, Titan oder Hafnium, durch
metallothermische Reduktion von Oxiden oder Halogeniden der genannten reaktionsfreudigen
Metalle mit Hilfe eines Reduktionsmetalls gelöst, wobei das Metallpulver oder Legierungspulver
- durch Zugabe eines passivierend wirkenden Gases oder Gasgemisches während und/oder
nach der Reduktion der Oxide oder Halogenide phlegmatisiert wird und/oder
- durch Zugabe eines passivierend wirkenden Feststoffs vor der Reduktion der Oxide oder
Halogenide phlegmatisiert wird,
wobei sowohl die Reduktion als auch die Phlegmatisierung in einem einzigen evakuierbaren
und gasdichten Reaktionsgefäß durchgeführt werden. Dieses Verfahren wird erfindungsgemäß
in einem dazu geeigneten Reaktionsgefäß durchgeführt, welches noch näher erläutert
wird.
[0015] Das erfindungsgemäße Verfahren sowie das Reaktionsgefäß erlauben einerseits die Durchführung
der Reduktionsreaktion unter Schutzgasen wie Argon oder Helium oder im Vakuum, um
unkontrollierten Zutritt von Luft und Feuchtigkeit auszuschließen. Die Konstruktion
erlaubt weiterhin insbesondere die gezielte Zugabe einer abgemessenen Menge von Gasen
während und/oder nach der Reduktionsreaktion, um die gebildeten Metalle oder Legierungen
gezielt zu phlegmatisieren und in ihrem chemischen Verhalten zu beeinflussen. Die
Konstruktion erlaubt ferner die Reduktion der Oxide oder Oxidmischungen unter einer
reaktiven Gasatmosphäre, insbesondere unter Wasserstoff, wenn beabsichtigt wird, Hydride
der Metalle Ti, Zr und Hf herzustellen. Sie erlaubt auch die Hydrierung schmelzmetallurgisch
hergestellter Legierungen, z.B. einer Legierung aus 70 % Zr und 30 % Nickel oder von
Titanschwamm durch Erhitzen und Einleiten von Wasserstoff. Neben Wasserstoff können
auch Ammoniak, Methan, Kohlenmonoxid, Kohlendioxid und Stickstoff in die Retorte eingeleitet
werden, um Hydride, Subhydride, Carbide, Nitride, Hydrid-Nitrid-Gemische oder Oxinitride
der Metalle Zirkonium, Titan und Hafnium herzustellen. Die Konstruktion beinhaltet
eine spezielle Ausführung der Kühlung von Flansch und Deckel, um das ungewollte Eindringen
von Kühlwasser in den Retortenraum zu verhindern. Eine spezielle Abstandshalterung
mit Stützring gestattet es, die Retorte in unterschiedliche Tiefen in den Brennraum
des Reduktionsofens einzusetzen.
[0016] Das dabei eingesetzte Reduktionsmetall ist vorzugsweise Calcium und/oder Magnesium.
Calcium und Magnesium können also einzeln oder auch gemeinsam verwendet werden. Grundsätzlich
können weitere Zusätze, wie Kohlenstoff, Silizium oder Siliziumoxid und andere Stoffe,
zugefügt werden, um die Eigenschaften des bei der Reduktion entstehenden reaktionsfreudigen
Metallpulvers zu beeinflussen
[0017] Als passivierend wirkendes Gas wird vorzugsweise Stickstoff und/oder Wasserstoff
eingebracht. Dabei sollten mindestens 500 ppm Wasserstoff und 1000 ppm Stickstoff
in den Metallpulvern enthalten sein, um die oben geschilderten Reaktionen zu vermeiden.
Aus Sicherheitsgründen sollte die Menge an Wasserstoff besser mindestens 1000 ppm
(0,1 %), vorzugsweise 1000 bis 2000 ppm, und an Stickstoff mindestens 2000 ppm (0,2
%), vorzugsweise 2000 - 3000 ppm, betragen. Stickstoff und Wasserstoff können auch
in der Form von Ammoniak eingebracht werden.
[0018] Als passivierend wirkende Feststoffe können mindestens 2000 ppm (0,2 Gew.%) und höchstens
30000 ppm (3 Gew.%) Kohlenstoff, Silizium, Bor, Nickel, Chrom und/oder Aluminium eingebracht
werden. Der passivierend wirkende Feststoff kann auch in Form eines feinen Oxids der
Elemente Ni, Cr, Al, Si und B mit einer mittleren Korngröße unter 20 µm eingebracht
und mit dem Metalloxid gemeinsam reduziert werden. Alternativ ist auch das Einbringen
des passivierend wirkenden Feststoffs in Form eines feinen Pulvers der Elemente Ni,
Cr, Al, Si, B oder C mit einer mittleren Korngröße unter 20 µm möglich. Gemäß einer
weiteren Ausführungsvariante des Verfahens kann Kohlenstoff über die Gasphase in Form
von Methan, Kohlendioxid oder Kohlenmonoxid eingebracht werden. Schließlich können
die passivierend wirkenden Gase und Feststoffe auch gemeinsam eingebracht werden.
[0019] Die Zündwilligkeit der phlegmatisierte Metallpulver oder Legierungspulver kann durch
Auswaschen submikroskopisch kleiner Teilchen von weniger als 0,2 µm Korngröße während
des Laugens und/oder Waschens weiter verringert werden.
[0020] Der Mechanismus bzw. der Grund dieser Phlegmatisierung ist nicht genau bekannt. Man
kann vermuten, aber nicht unbedingt davon ausgehen, dass diese geringen Gasmengen
zu einer "Schichtbildung" von Metallhydrid oder Metallnitrid auf der Partikeloberfläche
führen. Bei einer eventuellen Porosität, verbunden mit einer hohen spez. Oberfläche
des Metallpulvers, sind dann gewisse Mindestmengen an N und H erforderlich, um eine
mindestens monomolekulare Bedeckung der Metalloberfläche sicher zu stellen. Andererseits
besitzen die Metalle Ti, Zr und Hf eine beträchtliche Löslichkeit für Gase. Im Zirkonium-Metallgitter
können sich beispielsweise 5 Atom% Wasserstoff und bis zu 20 Atom% Stickstoff in fester
Lösung befinden [
J. Fitzwilliam et. al. J. Chem. Phys. 9 (1941) 678]. Für Titan werden 7,9 At.% für Wasserstoff und 18,5 At.% für Stickstoff genannt
[
J.D. Fast, Metallwirtschaft 17 (1938) 641-644]. Eine Phasen- oder Verbindungsbildung, etwa von TiH
2, ZrH
2, ZrN auf der Oberfläche ist daher nicht sicher, weil dafür die Grenzen der Löslichkeit
überschritten werden müßten.
[0021] Eine hypothetische Vorstellung des Erfinders ist folgende: durch die Einlagerung
der Gase in das Metallgitter wird das gesamte Energieniveau der freien Elektronen
im Metall soweit abgesenkt, dass die spontane Umsetzung mit Sauerstoff unter Verbrennung
oder die Reaktion mit Wasser unterbleibt. Bei der folgenden nasschemischen Aufbereitung
der Metallpulver in Wasser und Säure bildet sich erst die eigentliche, oxidische Passivschicht
auf der Partikeloberfläche durch eine langsame Oxidationsreaktion mit Luftsauerstoff
bzw. durch langsame Reaktion mit Wasser. Da das Metallpulver bei der nasschemischen
Aufarbeitung auf Raumtemperatur oder höchstens auf Siedetemperatur des Wassers erwärmt
wird, sind alle Diffusionsvorgänge langsam und es kann sich in der Tat jetzt eine
dichte, fest haftende "Passivschicht" aus Metalloxid (und Metallnitrid) ausbilden,
die das Metall dauerhaft vor der weiteren Oxidation schützt. Diese Hypothese wird
durch hier nicht näher erläuterte Versuche des Erfinders gestützt, in denen bei der
Aufbereitung schwach oxidierende Stoffe wie Wasserstoffperoxid, Hypochlorit, Alkalinitrit
oder schichtbildende Stoffe wie Phosphorsäure, Phosphate und Chromate zugesetzt wurden,
welche die Passivierung der Metallpulver erhöhten. Gestützt wird diese Hypothese auch
dadurch, dass man in der Praxis während der Aufbereitung der Metallpulver in Säuren
und später im Waschwasser stets eine schwache Gasentwicklung (Wasserstoff) in Form
feinster Gasbläschen beobachten kann, die nach einer Zeit von 3 bis 12 h beendet ist.
Auch muss man feststellen, dass die in den Metallpulvern analysierten Gehalte von
Wasserstoff stets höher sind als die aufgrund der Wasserstoffzugabe theoretisch ermittelten
Werte. Die Metalle nehmen also auch während der nasschemischen Aufbereitung nochmals
Wasserstoff auf, dessen Ursprung in der Zersetzung überschüssigen Reduktionsmittels
(Mg, Ca) aber auch in einer an der Oberfläche stattfindenden Reaktion zwischen dem
Metall und Wasser liegt.
[0022] Erfindungsgemäß soll insbesondere der Effekt der Einlagerung von Gasen in das Metallgitter
ausgenutzt werden. Eine solche Einlagerung wird vorteilhafterweise gerade dadurch
erreicht, dass die phlegmatisierenden Verbindungen insbesondere bereits während der
Reduktionsreaktion hinzugefügt werden.
[0023] Der Grad der Passivierung ist schwer zu quantifizieren, er kann am besten noch aus
dem Zündpunkt der Metallpulver an Luft abgeleitet werden. Zur Messung des Zündpunktes
fester Stoffe stehen verschiedene, z.T. auch genormte Methoden zur Verfügung. Für
die Metalle Ti, Zr und Hf eignet sich folgende einfache Versuchsanordnung: in einen
Kupfer- oder Stahlzylinder mit einem Durchmesser und einer Höhe von jeweils 70 mm
wird mittig ein Loch von 15 mm Durchmesser und 35 mm Tiefe gebohrt. Im Abstand von
4 mm wird ein 5 mm dickes Loch von ebenfalls 35 mm Tiefe gebohrt, das zur Aufnahme
eines Thermoelements dient. Der Block wird auf ca. 140 - 150°C gleichmäßig vorgewärmt,
dann wird eine Menge von 1 - 2 g des zu prüfenden Metallpulvers in die größere Bohrung
eingefüllt und es wird weiter erhitzt, bis zur Zündung. Diese kann optisch (z.B. mittels
Videokamera) erkannt werden. Durch Auswertung der Zeit / Temperatur - Kurve des Thermoelements
kann man den Zündpunkt recht genau bestimmen. Liegen die Zündpunkte unter 150°C kann
man nicht von einer sicheren Passivierung oder Phlegmatisierung ausgehen. Metallpulver
mit solch niedrigen Zündpunkten sollten durch Verbrennung an einem sicheren Ort vernichtet
werden.
[0025] In der vorliegenden Erfindung erfolgt die Phlegmatisierung der Metallpulver von Ti,
Zr und Hf sowie von Legierungspulvern dieser Metalle mit Ni, Cr und Al während und/oder
nach der Reduktion in der evakuierbaren und gasdichten Retorte durch Zugabe einer
abgemessenen Menge an Wasserstoff und / oder Stickstoff. Ein Teil dieser Gase kann
auch bereits von Anfang an in der Retorte vorhanden sein. Besser und genauer können
die passivierend wirkenden Gase nach dem Erreichen der Spitzentemperatur beim Abkühlen
der ausreagierten Masse in das Reaktionsgefäß (die Retorte) eingeleitet werden.
[0026] Die Elemente Ni, Cr und Al haben eine doppelte Funktion, sie können nicht nur zur
Herstellung von Legierungen des Ti, Zr und Hf dienen, sondern wirken in kleinen Mengen
zwischen 2000 ppm bis zu 3 % auch als phlegmatisierende feste Zusätze in den reinen
Metallen.
[0027] Daneben vermögen nichtmetallische Zusätze wie Kohlenstoff, Silizium, Bor oder metallische
Zusätze wie Eisen, Nickel, Chrom, Aluminium und andere die Reaktionsfreudigkeit des
Zirkoniums, Titans und Hafniums gegenüber Wasser, Luft und Oxidationsmitteln zu beeinflussen.
Ein Zusatz von Silizium oder Bor verlangsamt im Allgemeinen die Brenngeschwindigkeit
nur wenig, kann aber die Zündtemperatur heraufsetzen. Ein eher negatives Beispiel
ist Eisen, Zusätze von Eisen führen zu Sprühfunken, setzen die Zündtemperatur des
Zirkoniummetalls eher herab und erhöhen meist die Zündwilligkeit gegenüber Reibung.
Kohlenstoff kann in der erfindungsgemäßen Retorte durch Zugabe abgemessener Mengen
Kohlenstoffdioxid oder Methan eingeführt werden. Er führt im Allgemeinen zu einer
Phlegmatisierung. Andere Elemente setzt man besser in Form ihrer Oxide oder direkt
als Pulver in elementarer Form dem Ansatz zu. Der Zusatz fester Stoffe in geringer
Menge ist allerdings mit dem Problem verbunden, dass aufgrund ungenügender Vermischung
oder durch Entmischung nicht alle Metallpartikel mit dem Zusatz in Kontakt kommen,
so dass neben dotierten, phlegmatisierten Metallpartikeln auch solche existieren,
die nicht mit dem Zusatz legiert wurden. Letztere können sich bei der Aufbereitung
entzünden und zur Verbrennung des gesamten Ansatzes führen. Gasförmige Zusätze verteilen
sich demgegenüber gleichmäßig im gesamten Retortenraum und erreichen im Allgemeinen
alle gebildeten Metallpartikel. Es ist daher empfehlenswert, in erster Linie mit gasförmigen
Zusätzen zu arbeiten.
[0028] Die erfindungsgemäße Phlegmatisierung der Metallpulver von Titan, Zirkonium und Hafnium
oder deren Legierungspulver mit Gasen kann im industriellen Maßstab unter Einsatz
eines speziellen Reaktionsgefäßes (einer Retorte) verwirklicht werden. Dieses erfindungsgemäße
Reaktionsgefäß zur Herstellung von phlegmatisiertem Metallpulver oder Legierungspulver
einer mittleren Korngröße unter 10 µm, bestehend aus oder enthaltend mindestens eines
der reaktionsfreudigen Metalle Zirkonium, Titan oder Hafnium, durch metallothermische
Reduktion von Oxiden oder Halogeniden der genannten reaktionsfreudigen Metalle mit
Hilfe eines Reduktionsmetalls nach dem beschriebenen Verfahrens ist dadurch gekennzeichnet,
dass das Reaktionsgefäß aus einem in einen beheizbaren Reduktionsofen einsetzbaren
Retortentiegel mit einem kühlbaren Deckel und einem Innentiegel besteht, wobei in
den kühlbaren Deckel mindestens ein Stutzen zum Einleiten eines passivierend wirkenden
Gases oder Feststoffs eingearbeitet ist und an den Retortentiegel zum Aufsetzen des
Retortendeckels ein Flansch angeschweißt ist auf den unterseitig eine Kühlung für
ein Kühlmedium aufgeschweißt ist. Anstelle der genannten Schweißverbindungen sind
auch andere geeignete Verbindungsarten im Sinne dieser Erfindung.
[0029] In der Literatur wird bei der Beschreibung metallothermischer Reduktionsreaktionen
meistens nur erwähnt, dass die Reaktion in einer geschlossenen stählernen Retorte
unter Schutzgas ausgeführt wird, ohne auf konstruktive Merkmale solcher Retorten einzugehen.
Oft werden fest verschraubte Stahlretorten erwähnt, sogenannte Bombenrohre, die keine
Öffnungen besitzen, allenfalls einen Anschluß für ein Manometer. Derartige Konstruktionen
erlauben zwar die Zugabe von inerten Gasen (Ar, He), reaktiven Gasen (H
2, CO, CO
2, NH
3, CH
4) oder festen Zusätzen (Ni, NiO, Cr, Cr
2O
3, C, Si, SiO
2, B, B
2O
3) vor der Umsetzung in dem Maß, wie es der freie Retortenraum gestattet, nicht aber
während und nach der Reduktion. Derartige Retorten sind für die wissenschaftliche
Ermittlung der Eigenschaften seltener Metalle durchaus geeignet, nicht aber, um in
kurzer Zeit große Mengen der seltenen Metalle herzustellen. Mit fest verschlossenen
Reaktionsgefäßen können die in der Pyrotechnik und Gettertechnik wichtigen Eigenschaften
wie Brenngeschwindigkeit, Zündpunkt und der Grad der Phlegmatisierung nicht gezielt
eingestellt werden. Auch ist das Öffnen fest verschlossener Stahlretorten nach erfolgter
Umsetzung eine nicht ungefährliche Angelegenheit, da oft keine Information über den
herrschenden Druck besteht. Nicht gekühlte verschraubte Retorten erfordern zwischen
dem Deckel und dem Retortentiegel eine hitzefeste metallische oder keramische Dichtung
(Kupfer, Silber oder hitzefeste Fasern), die in den meisten Fällen nur einmal verwendet
werden kann. Auch können große Retorten auf diese Weise nur schlecht gedichtet werden,
solche Dichtungen erlauben nur das Verwenden kleiner Retorten im kg - Maßstab oder
darunter.
[0030] Gemäß einer vorteilhaften Ausführung des Reaktionsgefäßes liegt die Kühlung deckungsgleich
unter einer auf dem Flansch ringförmig verlaufenden Dichtung und diese Kühlung hat
keine Verbindung zum eigentlichen Retortentiegel.
[0031] Für die Kühlung am Tiegelflansch bzw. zur Kühlung des Deckels können als Alternative
zu Wasser auch beliebige weitere Kühlmedien genutzt werden. So können beispielsweise
organische Wärmeübertragungsmedien, wie Wärmeträgeröle, vorzugsweise Silikonöle, oder
auch Luft verwendet werden. Ein geeignetes Silikonöl kann beispielsweise als Therminol®
VP von der Firma Solutia GmbH bezogen werden. Die Kühlmedien zirkulieren in einem
gemeinsamen oder in unabhängigen geeigneten Kühlkreisläufen.
[0032] In den kühlbaren Deckel ist neben dem Stutzen zum Einleiten eines passivierend wirkenden
Gases oder Feststoffs mindestens ein weiterer Stutzen für den Anschluss einer Vakuumpumpe
eingearbeitet. Weiterhin kann der Deckel folgende Anschlüsse besitzen: einen Stutzen
mit einem hitzefesten, dichtungslosen Kugelhahn oder Kükenhahn zum Ablassen von Überdruck,
einen Stutzen für den Anschluss einer Vakuumpumpe zum Evakuieren der Retorte, einen
Stutzen zum Einleiten von Schutzgas, wie Argon, aus einer Leitung, einen Stutzen zum
Einleiten reaktiver Gase, wie H
2 oder N
2, aus einer Leitung, einen Stutzen zur Aufnahme eines Sicherheitsventils, einen Stutzen
zum Anschluss an ein Vakuum- und Druckmessgerät und einen Stutzen zum Durchführen
eines oder mehrerer Thermoelemente (Pt / RhPt). Gegebenenfalls kann am Deckel weiterhin
eine Rille zur Aufnahme eines Dichtungsrings, vorzugsweise aus Viton, sofern nicht
am Retortentiegel vorhanden, vorgesehen sein. Die Wasserkühlung kann beispielweise
als auf dem Deckel verlaufender Ringkanal ausgestaltet sein. Der Deckel kann vorzugsweise
über eine Verschraubung mit dem Flansch verbunden werden.
[0033] Von besonderer Bedeutung ist weiterhin, dass die Kühlung des Retortendeckels keine
Verbindung zu den Stutzen und Durchführungen der Deckelplatte aufweist. Dabei sollte
insbesondere die Kühlung des Flansches keine Verbindung zum Retortentiegel und der
Retortenwand hin aufweisen.
[0034] Weitere Vorteile und Einzelheiten des erfindungsgemäßen Verfahrens sowie des Reaktionsgefäßes
zur Durchführung metallothermischer Reduktionen zur Gewinnung der Metalle Zirkonium,
Titan, Hafnium und ihrer Legierungen sowie anderer seltener Metalle in fein - pulvriger,
phlegmatisierter Form ergeben sich aus der nachfolgenden nicht einschränkenden Darstellung
im Zusammenhang mit den Zeichnungen. Dabei zeigen:
- Fig. 1
- einen Reduktionsofen mit einem Reaktionsgefäß zur Durchführung metallothermischer
Reduktionen zur Gewinnung der Metalle Zirkonium, Titan, Hafnium und ihrer Legierungen
sowie anderer seltener Metalle,
- Fig. 2
- einen Retortentiegel,
- Fig. 3
- einen gekühlten Retortendeckel,
- Fig. 4
- eine Distanzhalterung und
- Fig. 5
- einen Innentiegel.
[0035] Der Retortentiegel 1 besteht gemäß den Fig. 1 und 2 aus dem hitzefesten Stahl 1.4841
oder einem vergleichbaren Stahl, der eine kurzzeitige Belastung bis zu Temperaturen
von 1300 bis 1400°C ertragen kann und besitzt vorzugsweise einen Innendurchmesser
von Di = 500 mm. Die Wandstärke beträgt mind. 10 mm, vorzugsweise 15 mm. An den Retortentiegel
1 ist ein Flansch 2 mit einer Materialdicke von 30 mm und einer Ringbreite von 150
mm angeschweißt, auf den unterseitig eine Kühlung 3 für Kühlwasser aufgeschweißt ist.
Der Flansch 2 ist vorzugsweise ebenfalls aus dem hitzefesten Stahl 1.4841 oder einem
vergleichbaren Stahl gefertigt. Entscheidendes Konstruktionsmerkmal ist, dass die
Kühlung 3 genau unter einer auf dem Flansch 2 ringförmig verlaufenden Dichtung 4 liegt
und diese Kühlung 3 keine Verbindung zum eigentlichen Retortentiegel 1 hat. Der Flansch
2 erlaubt das Aufsetzen des Deckels 5, wobei zwischen dem Deckel 5 und dem Flansch
2 der Dichtring 4 aus Viton, Perbunan, Teflon oder einem anderen gängigen Dichtungswerkstoff
eingesetzt wird, der die gas- und vakuumdichte Verbindung zwischen Deckel und Retortentiegel
ermöglicht. Der Dichtring 4 kann gegebenenfalls in eine in den Flansch eingefräste
Rille eingesetzt werden. Weiter ist am Tiegelflansch 2 ein Stützring mit einer Abstandshalterung
20 angeschraubt, der es ermöglicht, die Retorte in unterschiedlichen Tiefen in den
Ofenraum bzw. die Brennkammer 18 des beheizbaren Reduktionsofens 17 einzusetzen. Die
Beheizung des Reduktionsofens 17 kann vorzugsweise mit Hilfe einer elektrischen Beheizung
16.1 oder alternativ einer Gasbeheizung 16.2 erfolgen.
[0036] Der kühlbare Deckel besteht gemäß der Fig. 3 aus folgenden konstruktiven Merkmalen:
- einem Deckel 5 aus mindestens 25 mm, vorzugsweise 30 mm, dickem hitzefestem Stahl,
1.4841 oder einem vergleichbaren Material,
- einem Stutzen 12 mit einem hitzefesten, dichtungslosen Kugelhahn oder Kükenhahn zum
Ablassen von Überdruck,
- einem Stutzen 13 für den Anschluss einer Vakuumpumpe zum Evakuieren der Retorte,
- einem Stutzen 7 zum Einleiten von Schutzgas, wie Argon, aus einer Leitung,
- einem Stutzen 8 zum Einleiten reaktiver Gase, wie H2 oder N2, aus einer Leitung,
- einem Stutzen 9 zur Aufnahme eines Sicherheitsventils (p = 0,25 bar),
- einem Stutzen 11 zum Anschluss an ein Vakuum- und Druckmessgerät, (eines Monometers,
0,1 - 1500 mbar),
- einem Stutzen 10 zum Durchführen eines oder mehrerer Thermoelemente (Pt / RhPt),
- der Wasserkühlung 6 und
- gegebenenfalls einer Rille zur Aufnahme eines Dichtungsrings, vorzugsweise aus Viton,
sofern nicht am Retortentiegel vorhanden. Die Wasserkühlung 6 kann beispielweise als
auf dem Deckel 5 verlaufender Ringkanal ausgestaltet sein. Der Deckel 5 kann vorzugsweise
über eine Verschraubung 19 mit dem Flansch 2 verbunden werden.
[0037] Gemäß der Fig. 4 ist zwischen dem Flansch 2 und dem beheizbaren Reduktionsofen 17
ein Distanzhalter 20 mit Stützring vorgesehen.
[0038] Der Innentiegel 14 dient gemäß der Fig. 5 zur Aufnahme der Ansatzmischung 15, also
der zu reduzierenden Mischung aus dem Metalloxid und dem Reduktionsmetall. Der Innentiegel
14 besteht je nach Reinheitsanforderungen aus Baustahl, hitzefestem Stahl oder Edelstahl,
vorzugsweise St37 oder VA, in einer Stärke von 2 bis 5 mm, vorzugsweise 2 bis 4 mm.
Durch den Innentiegel 14 wird die Reaktionsmasse von der eigentlichen Retorte ferngehalten,
die nur als "Aufnahmegefäß" während der Dauer der Reduktionsreaktion dient. Nach dem
Erkalten kann der Innentiegel aus der Retorte entfernt und gegebenenfalls unter Schutzgas
in einem anderen Gefäß, z.B. einem Edelstahlfass, gelagert werden bis zur Aufbereitung
der in ihm enthaltenen reduzierten Masse. In die Ansatzmischung 15 kann ein Schutzrohr
21 zur Aufnahme eines oder mehrerer Thermoelemente eingelassen werden.
[0039] Ein besonderes erfinderisches Merkmal besteht in der Ausführung der Kühlung an Deckel
5 und Flansch 2 der Reduktionsretorte. Deckel 5 und Retortentiegel 1 werden durch
einen Dichtungsring 4 aus Viton, Perbunan, Teflon oder anderen gebräuchlichen Dichtungswerkstoffen
gasdicht und vakuumdicht verbunden. Die Dichtungen 4 können als Flachring oder als
O-Ring ausgeführt sein. Die Dichtungen 4 müssen gekühlt werden, da sie bei den hohen
Reaktionstemperaturen zersetzt würden. Die Kühlung erfolgt bei dieser Ausführungsvariante
mit Wasser. Es wäre katastrophal, wenn Wasser während der Reduktionsreaktion durch
Risse oder Korrosionslöcher in den Retortenraum gelangte. Dies würde zu einer heftigen
Wasserstoffentwicklung und einer Explosion der Retorte führen. Die Konstruktion der
Kühlung ist daher ein ganz wesentliches Merkmal des Reaktionsgefäßes. Die Kühlung
3 am Tiegelflansch ist unten auf den Flansch 2 aufgesetzt und hat nur eine Verbindung
zum Flansch selbst, nicht aber zur Retortenwand. So kann aus diesem Bereich niemals
Wasser in die Retorte eindringen. Am Deckel 5 ist die Kühlung so ausgeführt, dass
sie nur die Fläche des Deckels 5 kühlt, jedoch keine Verbindung zu den Stutzen und
Durchführungen hat. Das Kühlwasser müßte durch den massiven Deckel 5 dringen, um in
die Retorte zu gelangen, was bei einer Wandstärke von mind. 30 mm hitzefestem Stahl
sehr unwahrscheinlich ist. Die Kühlung ist als Wasserkühlung 6 in
Fig. 3 genauer dargestellt.
[0040] Verbunden werden Retortentiegel und Retortendeckel mit einer geeigneten Anzahl von
Schrauben und Muttern 19. Die aus dem Retortendeckel 5 und Retortentiegel 1 bestehende
Retorte kann nach Entnahme des Innentiegels 14 mit der ausreagierten und phlegmatisierten
Masse umgehend wieder zur Aufnahme eines anderen Innentiegels mit einem neuen Ansatz
eingesetzt werden. In einem Ofen können somit mehrere Retorten nacheinander zur Reaktion
gebracht werden.
[0041] Die in den Abbildungen angegebenen Maße sind geeignet für eine Retorte zur Durchführung
der Beispiele, d.h. für die Gewinnung von etwa 25 kg Metallpulver / Ansatz.
Beispiel 1
[0042] Ein Beispiel für eine metallothermische Reduktion unter Anwendung der genannten Grundsätze
und die vorliegende Erfindung ist die Gewinnung von Zirkonium in Pulverform durch
Reduktion von Zirkoniumoxid mit Calcium für Anwendungen in der Gettertechnik (Lampen,
Vakuumbauteile) und der militärischen Pyrotechnik, z.B. zur Herstellung von Thermalbatterien.
[0043] Es wird Zirkoniumoxid mit einer mittleren Korngröße von 5 +/- 0,5 Mikrometer, gemessen
nach der Blaine Methode oder dem Fisher Sub Sieve Sizer Verfahren, mit Calciumspänen
oder Granalien von 0,5 bis 5 mm Größe vermischt. Calciummetall wird in der theoretisch
notwendigen stöchiometrischen Menge zugesetzt. Zur Steuerung der Reduktionsreaktion
wird zusätzlich eine kleine Menge, z.B. 2 bis 10 Gew.% der theoretisch notwendigen
stöchiometrischen Menge an Magnesiumspänen ähnlicher Größe wie des Calciums zugesetzt.
Grundsätzlich können weitere Zusätze, etwa Kohlenstoff, Silizium oder Siliziumoxid
und andere Stoffe zugefügt werden, um die Eigenschaften des bei der Reduktion entstehenden
Zirkoniumpulvers zu beeinflussen. Die Menge der gasförmigen Zusätze bemißt sich so,
dass sie sich im später isolierten Zirkoniumpulver im Bereich von 500 bis etwa 5000
ppm, bei Feststoffen von mindestens 2000 bis zu 3 % als "Verunreinigung" wiederfinden.
Im vorliegenden Beispiel wird eine kleine Menge Siliziumoxid eingesetzt, die als Si
- Verunreinigung im isolierten Zirkoniumpulver wieder auftaucht. Die Mischung der
Einsatzstoffe erfolgt unter Argon in einem Rhönradmischer, einem Wendelmischer oder
einem anderen vergleichbaren Mischorgan für feste Stoffe. Alle Einsatzstoffe müssen
peinlich trocken gehalten werden. Durch die Zugabe einer kleinen Menge des zweiten
Reduktionsmetalls
[0044] (Magnesium) erniedrigt sich die Schwelle der Initialzündung, so dass die Reaktionsmischung
leichter zur Zündung gebracht wird als bei Verwendung von Calcium alleine. Da Magnesium
früher verdampft als Calcium, wird durch die Verdampfung des Magnesiums Wärme aus
der Reaktionsmasse entzogen, so dass die Spitzentemperatur der reagierenden Masse
begrenzt wird.
[0045] Durch Zusatz von 3 bis 15 Gew. % Calciumoxid (Branntkalk) oder von nicht gesintertem
Magnesiumoxid könnte man auch - alternativ - die Reaktionsmasse verdünnen, die Reaktionsgeschwindigkeit
bremsen und die Maximaltemperatur der Reaktion erniedrigen. Diese Verfahrensweise
geht aber meistens zu Lasten der Reinheit des zu gewinnenden Zirkoniumpulvers, so
dass im vorliegenden Beispiel besser mit Magnesiumzusatz gearbeitet wird.
Einsatzstoffe:
[0046]
| Zirkoniumoxid (mittlere Korngröße 4,5 - 5,5 µm) |
36,0 kg |
| Calcium (Granalien, min. 99,7 %, 0,5-5 mm) |
26,5 kg |
| Magnesium (Späne) |
1,5 kg |
| Siliziumoxid |
0,1 kg (= 46 g Si => 1840 ppm) |
| Titanoxid |
0,05 kg (= 30 g Ti => 1200 ppm) |
[0047] Die Einsatzstoffe werden in einem Fassmischer unter Ar Atmosphäre eingewogen, innig
vermischt, in einen Innentiegel umgefüllt und bis zum Einsatz in der erfindungsgemäßen
Reduktionsretorte unter Argonatmosphäre trocken gelagert.
[0048] Zur Durchführung der Reduktionsreaktion wird der Innentiegel mit der Mischung der
Einsatzstoffe in den erfindungsgemäßen Retortentiegel eingesetzt, die Retorte durch
Aufsetzen des Deckels verschlossen, die gesamte Retorte zweimal auf einen Enddruck
von weniger als 1 mbar ausgepumpt zur Entfernung der Luft und etwaiger Feuchtigkeit,
und mit Argon geflutet. Über Durchführungen im Deckel wird mindestens ein Thermoelement
eingesetzt, um die Temperatur im Reaktionsraum zu messen. Es wird ein Manometer angeschlossen,
das sowohl Unterdruck bis 0,1 mbar wie Überdruck bis +1000 mbar anzeigt. Es werden
Verbindungen zu Gasdruckflaschen mit Argon, Stickstoff und Wasserstoff hergestellt.
Die Gasdruckflaschen sind mit Feindruckminderern ausgestattet, die auf einen max.
Druck von 100 mbar eingestellt sind. Die Druckflaschen für Stickstoff und Wasserstoff
sind mit abgemessenen Mengen dieser Gase befüllt. Das Schutzgas Argon muss immer in
genügender überschüssiger Menge zur Verfügung stehen. Anschließend wird die Reduktion
durch Aufheizen der Retorte in einem gasbefeuerten Tiegelofen gestartet. Etwa 45 Minuten
später setzt die metallothermische Reduktionsreaktion ein :
ZrO
2 + 2 Ca => 2 CaO + Zr
und parallel
ZrO
2 + 2 Mg => 2 MgO + Zr
[0049] Im vorliegenden Beispiel erfolgt der Reaktionsstart bei einer Temperatur von circa.
100 - 140°C und es werden binnen 2 Minuten 1100°C erreicht. Nach Überschreiten der
Spitzentemperatur, erkenntlich am Abfallen der gemessenen Temperatur im Reaktionsraum
mittels eines Thermoelements, werden die zur Phlegmatisierung bzw. zur Einstellung
der Brenn- und Zündeigenschaften des Zirkoniummetallpulvers notwendigen Gasmengen
eingeleitet. Im Beispiel werden 50 Ltr. Stickstoff und 130 Ltr. Wasserstoff aus den
angeschlossenen Druckgasflaschen im Lauf der Abkühlphase zugegeben. Dies entspricht
einer Menge von 500 ppm Wasserstoff und 2500 ppm Stickstoff im entstandenen Zirkoniummetallpulver.
Die Gase werden in der Abkühlphase rasch vom Zirkoniummetall absorbiert. Sind alle
Gase zugegeben, erfolgt der weitere erforderliche Druckausgleich während der Abkühlung
durch Zugabe von Argon. Nach dem Abkühlen der Retorte auf etwa 600°C im abgeschalteten
Ofen wird die Retorte aus dem Reduktionsofen entnommen und in ein Abkühlgestell umgehängt,
wo sie über unter weiterer Argonzufuhr auf RT abkühlen kann. Der Reduktionsofen wird
frei und kann zum Heizen und Zünden einer weiteren, in der Zwischenzeit vorbereiteten
Reduktionsmischung in einer zweiten erfindungsgemäßen Retorte eingesetzt werden.
[0050] Nach vollständiger Abkühlung wird der Innentiegel mit der Reaktionsmasse aus der
Retorte entnommen, die Reaktionsmasse herausgebrochen, mit einem Backenbrecher zerkleinert
und in Salzsäure gelaugt. Dabei werden Magnesiumoxid und Calciumoxid zu den entsprechenden
Chloriden umgesetzt und ausgewaschen. Zurück bleibt ein Metallschlamm aus feinem Zirkoniummetallpulver,
dessen Korngröße etwa der des eingesetzten Zirkoniumoxids entspricht, also 5 +/- 1
µm gemessen nach Blaine oder Fisher. Das Metallpulver wird ausgewaschen, nass gesiebt
(< 45 µm) und vorsichtig (< 80°C) getrocknet. Aufgrund der zugesetzten Hilfsstoffe
(hier SiO
2) und der Gase, hier N
2 und Wasserstoff, kann das Metallpulver gefahrlos in Wasser und Säure aufbereitet
werden, ohne dass eine Reaktion mit Wasser eintritt, und es kann später ohne spontane
Selbstentzündung an Luft gehandhabt werden. Die Ausbeute beträgt 25 - 26 kg eines
feinen, grauen Zirkoniummetallpulvers.
[0051] Die Brenngeschwindigkeit des so erhaltenen Metallpulvers wird wie folgt gemessen:
in einen Stahlblock von 60 cm Länge, 1 cm Höhe und 4 cm Breite wird durchgehend eine
rechteckige Rinne eingefräst, die 2 mm tief und 3 mm breit ist. Die Rinne wird mit
15 g des zu prüfenden Metallpulvers gefüllt, die Pulverfüllung wird an einem Ende
entzündet und die Zeit gemessen, die die brennende Front benötigt um eine markierte
Strecke von 500 mm Distanz zu durchlaufen. Im vorliegenden Fall beträgt die Brennzeit
80 +/-10 Sekunden / 50 cm. Die Zündtemperatur liegt bei 240 +/- 20 °C. Die elektrische
Energie zur Zündung beträgt ca. 18 µJ. Im Endprodukt findet man, bedingt durch eine
weitere Wasserstoffaufnahme bei der wässrigen Aufarbeitung, insgesamt 2000 ppm Wasserstoff.
Auch Verunreinigungen der Reduktionsmetalle finden sich in den Metallpulvern, allerdings
sind diese Mengen i.a. gering. Die gefundene Menge von 1800 ppm Silicium, 2500 ppm
Stickstoff und 1000 ppm Titan entspricht recht gut der theoretischen Menge.
Beispiel 2
[0052] Bei einer Abwandlung der Verfahrensweise von Beispiel (1) wird die Retorte nach erfolgter
Reduktionsreaktion mit der reagierten Masse im Reduktionsofen belassen. Durch weiteres
Heizen von außen wird Einfluss auf die Korngröße des seltenen Metalls bzw. dessen
Brenneigenschaften und chemische Eigenschaften genommen. Durch ein mehrstündiges Heizen
bei ca. 900°C kann ein Sinterungseffekt erzielt werden, der zu einer Kornvergröberung
des gewonnenen Zirkoniummetalls führt. Im vorliegenden Beispiel kann man durch 3-4
stündiges Heizen die mittlere Korngröße des Zirkoniummetalls von ca. 5 µm auf 6 -
7 µm erhöhen und die Brenngeschwindigkeit von ca. 75 s / 50 cm auf 100 bis 120 s /
50 cm verlangsamen. Der Zündpunkt des Metalls bleibt bei dieser Verfahrensweise nahezu
unverändert und liegt bei 250°C +/- 20°C.
Beispiel 3
[0053] Zur Herstellung von Zirkoniummetall, das geeignet ist für die Verwendung in Zündsystemen
von Airbag Zündern und militärisch genutzten Zündsätzen wird wie in Beispiel (1) vorgegangen,
jedoch werden folgende Einsatzstoffe verwendet :
| Zirkoniumoxid (mittl. Korngröße 1,5/-0,25/+0,5 µm) |
36,0 kg |
| Magnesium (Späne, min. 99,8 %, Schüttdichte 0,45 g/cm3 ) |
17,1 kg |
| Siliziumoxid |
0,35 kg |
[0054] Die Einsatzstoffe werden wie in Beispiel (1) gemischt, in den Innentiegel gefüllt
und in die Retorte eingesetzt. Anders als in Beispiel (1) wird die Retorte zweimal
ausgepumpt und danach mit 100 I Wasserstoff, 50 l Stickstoff und Rest Argon aufgefüllt.
Nach dem Aufheizen startet die Reduktionsreaktion bei Erreichen einer Temperatur von
150°C +/- 20 °C und erreicht einen Maximalwert von 960 bis 1050°C nach der Gleichung
Zr02 + 2 Mg => 2 MgO + Zr
[0055] In der Abkühlphase werden nochmals 150 l Wasserstoff und 50 l Stickstoff zur Phlegmatisierung
des Zirkoniummetallpulvers zugesetzt. Der letzte Druckausgleich beim Abkühlen erfolgt
mit Argon. Nach dem Ausbrechen der erkalteten Reaktionsmasse und nach Laugung mit
Salzsäure, Waschen, nass sieben unter 45 µm und Trocknen erhält man ein sehr feines,
zündwilliges Metallpulver, das an Luft wegen der Phlegmatisierung jedoch nicht selbstentzündlich
ist. Beim Waschen wird mehrfach dekantiert, um feinste, in Schwebe befindliche Metallpartikel
mit Korngrößen unter 0,2 µm zu entfernen. Die Ausbeute beträgt ca. 25 kg. Das Metallpulver
kann vorsichtig bei Temperaturen unter 70°C getrocknet werden.
[0056] Die Brenngeschwindigkeit in einer Rinne (vgl. Beispiel (1) an Luft beträgt 10 +/-3
s/50 cm. Die mittlere Korngröße des Metallpulvers beträgt 1,7 +/- 0,3 µm. Der Zündpunkt
liegt bei 180 +/-10 °C. Die elektrische Mindestzündenergie wurde mit ca. 2 µJ gemssen.
[0057] Der Gehalt an Silizium entspricht etwa dem Einsatz und liegt bei 5900 ppm (theor.
6530 ppm). Der Wasserstoffgehalt liegt im Endprodukt bei 1400 ppm (theor. 900 ppm),
bedingt durch eine weitere Wasserstoffaufnahme bei der Säurelaugung. Der Stickstoffgehalt
im Endprodukt liegt bei 4000 ppm (theor. 5000 ppm).
[0058] Die hohe Zündwilligkeit des Metallpulvers resultiert aus der hohen Feinheit und der
großen Empfindlichkeit gegen elektrostatische Aufladung. Diese Metallpulver werden
im Allgemeinen nicht getrocknet, sondern in Suspension unter mindestens 30 Gew. %
Wasser gelagert und gehandelt.
Beispiel 4
Herstellung einer Zr / Ni Legierung.
[0059] Es wird wie in Beispiel (1) vorgegangen, jedoch ohne Zusätze von Si02 und Ti02.
| Zirkoniumoxid (mittlere Korngröße 4,5 µm) |
36,0 kg |
| Calcium - Granalien |
26,5 kg |
| Magnesium (Späne) |
1,5 kg |
[0060] Die Umsetzung erfolgt wie in Beispiel (1), jedoch wird die Retorte nach dem Auspumpen
nicht mit Argon, sondern mit 100 l Stickstoff (99,995) befüllt. Durch Aufheizen wird
die Umsetzung in Gang gesetzt, sie startet in diesem Fall bereits bei 80 bis 100°C
und erreicht einen Spitzenwert von ca. 1050°C.
[0061] Während der Abkühlung werden zur Phlegmatisierung des Zirkoniummetalls weitere 100
Ltr. Stickstoff in die Retorte eingeleitet, der weitere Druckausgleich erfolgt durch
Argon.
[0062] Nach dem vollständigen Erkalten wird die Reaktionsmasse ausgebrochen, zerkleinert
aber nicht gelaugt, sondern unter Argonatmosphäre und Ausschluss von Feuchtigkeit
fein gemahlen auf eine Körnung unter 150 µm. Zu dieser Masse aus Zr-Metall, Calciumoxid
und Magnesiumoxid sowie noch überschüssigem Magnesium und Calcium werden 12 kg Nickelpulver
(mittlere Korngröße nach Fsss 5 µm) zugefügt (Achtung, Ni-Pulver sind cancerogen)
und unter Argonatmosphäre in einem Fassmischer untergemischt. Die Masse wird anschließend
in den Innentiegel gefüllt, in die erfindungsgemäße Retorte eingesetzt, evakuiert
und unter Argonatmosphäre langsam aufgeheizt, wobei die Ofentemperatur auf 860°C begrenzt
wird. Die Ofentemperatur wird nach etwa 1 h erreicht, die Innentemperatur gemessen
in der Reaktionsmischung beginnt erst nach ca. 3 bis 5 h zu steigen, sie läuft dann
innerhalb von 15 Minuten von ca. 400°C auf 880 -900 °C. Die Heizung wird abgeschaltet,
sobald die Umsetzung in Gang kommt. Bei der Reaktion wird das im Nickelpulver stets
enthaltene Nickeloxid durch den Reduktionsmittelüberschuss, der in der Zr-Reduktionsmasse
noch enthalten ist, zu Ni reduziert und gleichzeitig verbindet sich das Zr-Pulver
mit dem Nickel zu einer Zr-Ni-Legierung mit einer Zusammensetzung von 70 Gew. % Zr
und 30 Gew. % Nickel. In der Abkühlphase werden 200 I Wasserstoff zugegeben.
[0063] Die Reaktionsmasse läßt man über Nacht in der Retorte in einem Auskühlgestell unter
Argonzufuhr erkalten. Nach Öffnen wird die Masse ausgebrochen, zerkleinert und in
Säure gelaugt, um Calcium- und Magnesiumoxid auszuwaschen. In diesem Fall muss die
Laugung in einer stark acetatgepufferten Salzsäure durchgeführt werden, da die ZrNi-Legierung
durch reine Salzsäure angegriffen würde. Die als Suspension zurück bleibende Zr/Ni-Legierung
wird nass gesiebt (< 45 µm) und getrocknet.
[0064] Das erhaltene Zr-Ni-Legierungspulver hat eine Korngröße von 4 - 6 µm gemessen nach
Blaine oder Fisher. Die Ausbeute beträgt ca. 36 kg. Die eine Brennzeit liegt bei 200
+/- 30 s / 50 cm gemessen in der in Beispiel (1) beschriebenen Brennrinne. Der Zündpunkt
liegt bei 260 - 280°C, der Wasserstoffgehalt bei 0,2 % (2000 ppm) gegenüber 500 ppm
theoretisch. Auch hier zeigt sich, dass Wasserstoff bei der chemischen Aufbereitung
in Säure gebildet und vom Metall aufgenommen wird. Der Stickstoffgehalt wurde nicht
ermittelt, theoretisch liegt er bei 1 %. (10000 ppm). Als elektrische Mindestzündenergie
wurde ca. 100 µJ ermittelt.
[0065] Das Legierungspulver eignet sich zur Herstellung von Verzögerungszündsätzen nach
der US Spezifikation MIL-Z-114108.
Sonstige Hinweise
[0066] Die in den geschilderten Beispielen hergestellten Zirkoniummetallpulver sind erfindungsgemäß
phlegmatisiert und nicht spontan selbstentzündlich, d.h. bei Zutritt von Luft handhabbar.
Durch Auswaschen submikroskopisch kleiner Teilchen unter 0,2 µm Korngröße etwa durch
Dekantieren während des Laugens und Waschens kann die Zündwilligkeit weiter reduziert
werden. Auch die wässrige Aufarbeitung selbst trägt zur Passivierung der Metalloberfläche
bei. Letzteres führt aber auch dazu, dass sich Zr-, Ti- und Hf- Metallpulver mit einem
dünnen Oxidfilm umgeben und dadurch elektrostatisch aufgeladen werden können. Es kann
dann eine spontane Entzündung eintreten, die nicht auf der "klassischen" Selbstentzündlichkeit
beruht sondern auf eine elektrostatische Entladung zurückzuführen ist. Zr-, Ti- und
Hafnium - Metallpulver müssen daher immer in geerdeten, möglichst metallischen Gefäßen
gehandhabt werden und soweit als möglich unter Argon verarbeitet werden. Bei der Nacharbeit
der in der Erfindung angegeben Beispiele sind entsprechende Sicherheitsmaßnahmen zu
treffen und es sollte professionelle Beratung durch ausgebildete Sicherheitsfachkräfte
eingeholt werden.
Bezugszeichenliste
[0067]
- 1
- Retortentiegel
- 2
- Flansch
- 3
- Kühlung am Tiegelflansch
- 4
- Dichtung (O - Ring oder Flachband)
- 5
- Deckel
- 6
- Wasserkühlung
- 7
- Stutzen zum Einleiten von Schutzgas (Argonanschluß)
- 8
- Stutzen zum Einleiten von H2, N2 und anderer reaktiver Gase
- 9
- Stutzen zur Aufnahme eines Sicherheitsventils
- 10
- Stutzen zum Durchführen eines oder mehrerer Thermoelemente Thermoelement
- 11
- Stutzen zum Anschluss eines Vakuum- und Druckmessgeräts (Manometer)
- 12
- Stutzen für Druckablassventil (Kugelhahn o. Kükenhahn, dichtungslos)
- 13
- Stutzen für Anschluss einer Vakuumpumpe
- 14
- Innentiegel
- 15
- Ansatzmischung
- 16.1
- Heizung (Elektrizität)
- 16.2
- Heizung (Gas)
- 17
- beheizbarer Reduktionsofen
- 18
- Ofenraum / Brennkammer
- 19
- Verschraubung
- 20
- Distanzhalter mit Stützring
- 21
- Schutzrohr für Thermoelement
1. Verfahren zur Herstellung von Metallpulver oder Legierungspulver einer mittleren Korngröße
unter 10 µm, bestehend aus oder enthaltend mindestens eines der reaktionsfreudigen
Metalle Zirkonium, Titan oder Hafnium, durch metallothermische Reduktion von Oxiden
oder Halogeniden der genannten reaktionsfreudigen Metalle mit Hilfe eines Reduktionsmetalls,
dadurch gekennzeichnet, dass das Metallpulver oder Legierungspulver
- durch Zugabe eines passivierend wirkenden Gases oder Gasgemisches während und/oder
nach der Reduktion der Oxide oder Halogenide phlegmatisiert wird, wobei als passivierend
wirkendes Gas Stickstoff in einer Menge von mindestens 1000 ppm und/oder Wasserstoff
in einer Menge von 1000 bis 2000 ppm in das Metallpulver oder Legierungspulver eingebracht
werden und/oder
- durch Zugabe von mindestens 2000 ppm (0,2 Gew.%) und höchstens 30000 ppm (3 Gew.%)
eines passivierend wirkenden Feststoffs vor der Reduktion der Oxide oder Halogenide
phlegmatisiert wird,
wobei sowohl die Reduktion als auch die Phlegmatisierung in einem einzigen evakuierbaren
und gasdichten Reaktionsgefäß durchgeführt werden.
2. Verfahren nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, dass als passivierend wirkendes Gas Stickstoff in einer Menge von 2000 - 3000 ppm in das
Metallpulver oder Legierungspulver eingebracht wird.
3. Verfahren nach Anspruch 1 oder 2, dadurch gekennzeichnet, dass Stickstoff und Wasserstoff in der Form von Ammoniak eingebracht werden.
4. Verfahren nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, dass Kohlenstoff über die Gasphase in Form von Methan, Kohlendioxid oder Kohlenmonoxid
eingebracht wird.
5. Verfahren nach einem der Ansprüche 1 bis 4, dadurch gekennzeichnet, dass die passivierend wirkenden Gase nach dem Erreichen der Spitzentemperatur beim Abkühlen
der ausreagierten Masse in das Reaktionsgefäß eingeleitet werden.
6. Verfahren nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, dass als passivierend wirkender Feststoff Kohlenstoff, Silizium, Bor, Nickel, Chrom und/oder
Aluminium eingebracht wird, wobei der passivierend wirkende Feststoff vorzugsweise
in Form eines feinen Oxids der Elemente Ni, Cr, Al, Si und B mit einer mittleren Korngröße
unter 20 µm eingebracht und mit dem Metalloxid gemeinsam reduziert wird; und/oder
der passivierend wirkende Feststoff in Form eines feinen Pulvers der Elemente Ni,
Cr, Al, Si, B oder C mit einer mittleren Korngröße unter 20 µm eingebracht wird.
7. Verfahren nach den Ansprüchen 1 bis 6, dadurch gekennzeichnet, dass die Zündwilligkeit der phlegmatisierten Metallpulver oder Legierungspulver durch
Auswaschen submikroskopisch kleiner Teilchen von weniger als 0,2 µm Korngröße während
des Laugens und/oder Waschens weiter verringert wird.
8. Reaktionsgefäß zur Herstellung von phlegmatisiertem Metallpulver oder Legierungspulver
einer mittleren Korngröße unter 10 µm, bestehend aus oder enthaltend mindestens eines
der reaktionsfreudigen Metalle Zirkonium, Titan oder Hafnium, durch metallothermische
Reduktion von Oxiden oder Halogeniden der genannten reaktionsfreudigen Metalle mit
Hilfe eines Reduktionsmetalls nach einem Verfahren gemäß einem der Ansprüche 1 bis
7, dadurch gekennzeichnet, dass das Reaktionsgefäß aus einem in einen beheizbaren Reduktionsofen (17) einsetzbaren
Retortentiegel (1) mit einem kühlbaren Deckel (5) und einem Innentiegel (14) besteht,
wobei in den kühlbaren Deckel (5) mindestens ein Stutzen (8) zum Einleiten eines passivierend
wirkenden Gases eingearbeitet ist und an den Retortentiegel (1) zum Aufsetzen des
Deckels (5) ein Flansch (2) angeschweißt ist auf den unterseitig eine Kühlung (3)
für ein Kühlmedium aufgeschweißt ist.
9. Reaktionsgefäß nach Anspruch 8, dadurch gekennzeichnet, dass die Kühlung (3) deckungsgleich unter einer auf dem Flansch (2) ringförmig verlaufenden
Dichtung (4) liegt und diese Kühlung (3) keine Verbindung zum eigentlichen Retortentiegel
(1) hat, wobei das Kühlmedium vorzugsweise Wasser, ein Wärmeträgeröl oder Luft ist.
10. Reaktionsgefäß nach Anspruch 8 oder 9, dadurch gekennzeichnet, dass der Deckel (5) weiterhin einen Stutzen (13) für den Anschluss einer Vakuumpumpe besitzt.
11. Reaktionsgefäß nach den Ansprüchen 8 bis 10, dadurch gekennzeichnet, dass der Retortentiegel (1) sowie der gekühlte Retortendeckel (5) aus hitzefestem Stahl
und der Innentiegel (14) aus Baustahl, hitzefestem Stahl oder Edelstahl besteht.
12. Reaktionsgefäß nach den Ansprüchen 8 bis 11, dadurch gekennzeichnet, dass die Kühlung (6) des Retortendeckels (5) keine Verbindung zu den Stutzen und Durchführungen
der Deckelplatte (5) aufweist.
13. Reaktionsgefäß nach den Ansprüchen 8 bis 12, dadurch gekennzeichnet, dass der Retortentiegel (1) durch einen Distanzhalter (20) mit Stützring in variabler
Tiefe in eine Brennkammer (18) des beheizbaren Reduktionsofens (17) eingesetzt wird.
14. Metallpulver oder Legierungspulver einer mittleren Korngröße unter 10 µm, gemessen
nach Permeabilitätsmethoden wie dem Blaine- oder Fisher-Verfahren, bestehend aus oder
enthaltend die reaktionsfreudigen Metalle Zirkonium, Titan und / oder Hafnium, hergestellt
durch metallothermische Reduktion von Oxiden oder Halogeniden dieser Metalle mit Hilfe
von Calcium oder Magnesium als Reduktionsmetall, aufbereitet und isoliert durch Laugung
in wässrigen Säuren, dadurch gekennzeichnet, dass das Metallpulver oder Legierungspulver als passivierend wirkendes Gas Stickstoff
in einer Menge von mindestens 1000 ppm, insbesondere in einer Menge von 2000 bis 3000
ppm, und/oder Wasserstoff in einer Mindestmenge von 500 ppm, insbesondere in einer
Menge von 1000 bis 2000 ppm, und/oder einen passivierend wirkenden Feststoff mit einem
Anteil von mindestens 2000 ppm (0,2 Gew.%) und höchstens 30000 ppm (3 Gew.%) enthält.
15. Metallpulver oder Legierungspulver nach Anspruch 14, dadurch gekennzeichnet, dass Stickstoff und Wasserstoff in der Form von Ammoniak im Metallpulver oder Legierungspulver
enthalten sind.
16. Metallpulver oder Legierungspulver nach Anspruch 14, dadurch gekennzeichnet, dass Kohlenstoff über die Gasphase in Form von Methan, Kohlendioxid oder Kohlenmonoxid
in das Metallpulver oder Legierungspulver eingebracht wurde oder das Metallpulver
oder Legierungspulver als passivierend wirkenden Feststoff Kohlenstoff, Silizium,
Bor, Nickel, Chrom und/oder Aluminium enthält.
17. Metallpulver oder Legierungspulver nach Anspruch 16, dadurch gekennzeichnet, dass der passivierend wirkende Feststoff in Form eines feinen Oxids der Elemente Ni, Cr,
Al, Si und B mit einer mittleren Korngröße unter 20 µm eingebracht und mit dem Metalloxid
gemeinsam reduziert wurde; oder der passivierend wirkende Feststoff in Form eines
feinen Pulvers der Elemente Ni, Cr, Al, Si, B oder C mit einer mittleren Korngröße
unter 20 µm eingebracht wurde.
18. Metallpulver oder Legierungspulver nach den Ansprüchen 14 bis 17, dadurch gekennzeichnet, dass die passivierenden Gase und Feststoffe gemeinsam eingebracht wurden.
19. Metallpulver oder Legierungspulver einer mittleren Korngröße unter 10 µm, bestehend
aus oder enthaltend mindestens eines der reaktionsfreudigen Metalle Zirkonium, Titan
oder Hafnium, wobei das das Metallpulver oder Legierungspulver mit Hilfe von Calcium
oder Magnesium als Reduktionsmetall durch metallothermische Reduktion von Oxiden oder
Halogeniden der genannten reaktionsfreudigen Metalle nach einem Verfahren gemäß einem
der Ansprüche 1 bis 7 hergestellt wurde.
20. Verwendung eines Metallpulvers oder Legierungspulvers einer mittleren Korngröße unter
10 µm, bestehend aus oder enthaltend mindestens eines der reaktionsfreudigen Metalle
Zirkonium, Titan oder Hafnium und hergestellt durch metallothermische Reduktion von
Oxiden oder Halogeniden der genannten reaktionsfreudigen Metalle mit Hilfe eines Reduktionsmetalls
nach einem Verfahren gemäß einem der Ansprüche 1 bis 7 in der Pulvermetallurgie, der
Pyrotechnik oder als Getter in der Vakuumtechnik, vorzugsweise zur Herstellung von
Verzögerungszündsätzen.