Technisches Gebiet
[0001] Die Erfindung bezieht sich auf das Gebiet der Werkstofftechnik. Sie betrifft ein
Verfahren zur Herstellung einer aus einer Nickel-Basis-Superlegierung bestehenden
Einkristallkomponente oder gerichtet erstarrten Komponente mit vergleichsweise grossen
Abmessungen. Mit Hilfe des erfindungsgemässen Verfahrens werden besonders gute Eigenschaften,
insbesondere sehr gute Ermüdungsfestigkeit bei niederzyklischer Beanspruchung der
Komponente erreicht.
Stand der Technik
[0002] Einkristallkomponenten aus Nickel-Basis-Superlegierungen weisen bei hohen Beanspruchungstemperaturen
u. a. eine sehr gute Materialfestigkeit, aber auch gute Korrosions- und Oxidationsbeständigkeit
sowie eine gute Kriechfestigkeit auf. Aufgrund dieser Eigenschaften kann beim Einsatz
derartiger Werkstoffe z. B. in Gasturbinen, die Einlasstemperatur der Gasturbinen
erhöht werden, wodurch die Effizienz der Gasturbinenanlage steigt.
[0003] Vereinfacht gesagt gibt es zwei Typen von Einkristall-Nickel-Basis-Superlegierungen.
[0004] Der erste Typ, auf den sich die vorliegende Erfindung bezieht, kann vollständig lösungsgeglüht
werden, so dass sich die gesamte γ'-Phase in Lösung befindet. Dies ist beispielsweise
der Fall bei der bekannten Legierung CMSX4 mit folgender chemischer Zusammensetzung
(Angaben in Gew.- %): 5.6 Al, 9.0 Co, 6.5 Cr, 0.1 Hf, 0.6 Mo, 3 Re, 6.5 Ta, 1.0 Ti,
6.0 W, Rest Ni oder der Legierung PWA 1484 mit folgender chemischer Zusammensetzung
(Angaben in Gew.- %): 5 Cr, 10 Co, 6 W, 2 Mo, 3 Re, 8.7 Ta, 5.6 Al, 0.1 Hf sowie der
bekannten Legierung MC2, welche im Gegensatz zu den vorher genannten Legierungen nicht
mit Rhenium legiert ist und folgende chemische Zusammensetzung (Angaben in Gew.- %)
aufweist: 5 Co, 8 Cr, 2 Mo, 8 W, 5 Al, 1.5 Ti, 6 Ta, Rest Ni.
[0005] Eine typische Standardwärmebehandlung für CMSX4 ist beispielsweise die folgende:
Lösungsglühen bei 1320 °C/2h/Schutzgas, Schnellkühlung mit Ventilator.
[0006] Der zweite Typ von Einkristall-Nickel-Basis-Superlegierungen ist nicht vollständig
wärmebehandelbar, d.h. hier geht nicht der gesamte Anteil der γ'-Phase bei einem Lösungsglühen
in Lösung, sondern nur ein bestimmter Teil. Dies ist beispielsweise der Fall bei der
bekannten Superlegierung CMSX186 mit folgender chemischer Zusammensetzung (Angaben
in Gew.- %): 0.07 C, 6 Cr, 9 Co, 0.5 Mo, 8 W, 3 Ta, 3 Re, 5.7 Al, 0.7 Ti, 1.4 Hf,
0.015 B, 0.005 Zr, Rest Ni und der Legierung CMSX486 mit folgender chemischer Zusammensetzung
(Angaben in Gew.- %): 0.07 C, 0.015 B, 5.7 Al, 9.3 Co, 5 Cr, 1.2 Hf, 0.7 Mo, 3 Re,
4.5 Ta, 0.7 Ti, 8.6 W, 0.005 Zr, Rest Ni.
[0007] Die Nickel-Basis-Superlegierungen des zweiten Typs werden meist einer zweifstufigen
Wärmebehandlung (Alterungsprozess bei niedrigeren Temperaturen) ausgesetzt, da bei
höheren Temperaturen, wie sie bei den Legierungen des ersten Typs zum Lösungsglühen
typischerweise verwendet werden, bereits die Schmelzpunkt-Starttemperatur erreicht
wird, und die Legierung somit unerwünscht zu schmelzen beginnt.
[0008] Eine typische zweistufige Wärmebehandlung der Legierung CMSX186 ist beispielsweise
die folgende:
- 1. Stufe: 1080 °C/4h/Gebläse
- 2. Stufe: 870 °C/20h/Gebläse.
[0009] Die Kriechfestigkeit des ersten Typs der Nickel-Basis-Superlegierungen ist normalerweise
höher als die des zweiten Typs, vorausgesetzt, dass die Legierungen der gleichen Generation
angehören. Dies ist vor allem in der Tatsache begründet, dass das gelöste γ' die Hauptquelle
für die erzielbare Festigkeit ist.
[0010] Nickel-Basis-Superlegierungen für Einkristall-Komponenten, wie sie z. B. aus
US 4,643,782,
EP 0 208 645,
US 5,270,123 und
US 7,115,175 B2 bekannt sind, enthalten mischkristallverfestigende Legierungselemente, beispielsweise
Re, W, Mo, Co, Cr, sowie γ'-Phasen bildende Elemente, beispielsweise Al, Ta, und Ti.
Der Gehalt an hochschmelzenden Legierungselementen (W, Mo, Re) in der Grundmatrix
(austenitische γ-Phase) nimmt kontinuierlich zu mit der Zunahme der Beanspruchungstemperatur
der Legierung. So enthalten z. B. übliche Nickel-Basis-Superlegierungen für Einkristalle
6-8 % W, bis zu 6 % Re und bis zu 2 % Mo (Angaben in Gew.- %). Weiterhin sind oftmals
geringe Anteile an C, B, Hf und Zr vorhanden. Die in den oben genannten Druckschriften
offenbarten Legierungen weisen eine hohe Kriechfestigkeit, eine vergleichsweise gute
LCF (Ermüdung bei niedriger Lastspielzahl)- und HCF (Ermüdung bei hoher Lastspielzahl)-Eigenschaften
sowie einen hohen Oxidationswiderstand auf.
[0011] Diese bekannten Legierungen wurden für Flugzeugturbinen entwickelt und deshalb optimiert
auf den Kurz- und Mittelzeiteinsatz, d.h. die Beanspruchungsdauer wird auf bis zu
20 000 Stunden ausgelegt. Im Gegensatz dazu müssen industrielle Gasturbinen-Komponenten
auf eine Beanspruchungsdauer von bis zu 75 000 Stunden oder auch mehr ausgelegt werden.
[0012] Nach einer Beanspruchungsdauer von 300 Stunden zeigt z. B. die Legierung CMSX-4 aus
US 4,643,782 beim versuchsweisen Einsatz in einer Gasturbine bei einer Temperatur oberhalb von
1000 °C eine starke Vergröberung der γ'-Phase, die nachteilig mit einer Erhöhung der
Kriechgeschwindigkeit der Legierung einhergeht.
[0013] Es ist bekannter Stand der Technik, derartige Superlegierungen nach dem Giessprozess
einer Wärmebehandlung zu unterziehen, bei der in einem ersten Lösungsglühschritt die
während des Giessprozesses ungleichmässig ausgeschiedene γ'-Phase im Gefüge ganz oder
teilweise aufgelöst wird. In einem zweiten Wärmebehandlungsschritt wird diese Phase
wieder kontrolliert ausgeschieden. Um optimale Eigenschaften zu erzielen, wird diese
Ausscheidungswärmebehandlung derart durchgeführt, dass möglichst feine gleichmässig
verteilte Teilchen der γ'-Phase in der γ-Phase (= Matrix) entstehen.
[0014] Es wurde allerdings festgestellt, dass es bei Einwirkung einer mechanischen Belastung
unter langzeitiger Hochtemperaturbeanspruchung (Kriechbeanspruchung) oder nach einer
plastischen Deformation des Materials bei Raumtemperatur, an die sich eine Wärmebehandlung
(Hochtemperatur-Glühen) des Materials anschliesst, im Gefüge derartiger Legierungen
nachteilig zu einer gerichteten Vergröberung der γ'-Teilchen, der sogenannten Flossbildung
(Englisch: rafting) kommt. Bei hohen γ'-Gehalten (d.h. bei einem γ'-Volumenanteil
von mindestens 50%) führt dies zur Invertierung der Mikrostruktur, d.h. γ' wird zur
durchgehenden Phase, in der die frühere γ-Matrix eingebettet ist.
[0016] Ein ähnlicher, zur Flossbildung der γ'-Phase führender Effekt ergibt sich auch beim
Erstarren von Nickel-Basis-Superlegierungen auf Grund von dendritischen Segregationen.
Besonders in Superlegierungen mit einem hohen Anteil an langsam diffundierenden Elementen,
wie z. B. Rhenium, können die Segregationen dieser Elemente nicht vollständig innerhalb
einer akzeptablen Homogenisierungszeit beseitigt werden. Da die γ'-Phase, die sich
während der Abkühlung ausscheidet, eine kleinere Gitterkonstante als die γ Matrix
hat und der γ/γ'-Gitterversatz in den Dendriten aber grösser ist als in den interdendritischen
Gebieten, kommt es zur Ausbildung von inneren Spannungen während der Wärmebehandlung,
insbesondere während des Abkühlens. Dies führt zu einer Veränderung in der γ'-Mikrostruktur,
indem sich die zunächst kubische Form von γ' in eine gestreckte Form von γ' verändert.
Dies geht einher mit der Verschlechterung von mechanischen Eigenschaften, z. B. der
Ermüdungsfestigkeit bei niedriger Lastspielzahl.
[0017] Ein weiteres Problem vieler bekannter Nickel-Basis-Superlegierungen, beispielsweise
der aus
US 5,435,861 bekannten Legierungen, besteht darin, dass die Giessbarkeit bei grossen Komponenten,
z. B. bei Gasturbinenschaufeln mit einer Länge von mehr als 80 mm, zu wünschen übrig
lässt.
[0018] Das Giessen einer perfekten, relativ grossen gerichtet erstarrten EinkristallKomponente
aus einer Nickel-Basis-Superlegierung ist extrem schwierig. Die meisten dieser Komponenten
weisen Fehler auf, z. B. Kleinwinkelkorngrenzen, "Frecklen", d. h. Fehlstellen bedingt
durch eine Kette von gleichgerichteten Körnern mit einem hohem Gehalt an Eutektikum,
äquiaxiale Streugrenzen, Mikroporositäten u. a. Diese Fehler schwächen die Komponenten
bei hohen Temperaturen, so dass die gewünschte Lebensdauer bzw. die Betriebstemperatur
der Turbine nicht erreicht werden.
[0019] Da aber eine perfekt gegossene Einkristall-Komponente extrem teuer ist, tendiert
die Industrie dazu, so viele Defekte wie möglich zuzulassen ohne dass die Lebensdauer
oder die Betriebstemperatur beeinträchtigt werden.
[0020] Eine andere Möglichkeit wird in
US 7,115,175 B2 vorgeschlagen: Nach dem Giessen der Einkristallkomponente werden die vorhandenen
Mikroporositäten, die beim Giessen entstanden sind, geschlossen und Inseln eutektischer
γ/γ'-Phase in der Matrix werden teilweise gelöst, indem dafür ein HIP-Verfahren (Heissisostatisches
Pressen, Englisch: hot isostatic pressing) angewendet wird, danach wird ein Lösungsglühen
zur vollständigen Lösung der eutektischen γ/γ'-Phase und zur Ausscheidung gleichmässig
verteilter grosser "octet shaped" genannte γ'-Partikel vorgenommen und anschliessend
eine Ausscheidungswärmebehandlung, um zweite und gleichmässig verteilte feine quaderförmige
γ'-Partikel zu erhalten. Damit soll die Festigkeit der Superlegierung erhöht werden.
[0021] Gemäss dem im Dokument
US 7,115,175 B2 beschriebenen Prozesses wird das sich unmittelbar an den Schritt des Giessens anschliessenden
HIP-Verfahren nach einem zweistufigen langsamen Erwärmen des gegossenen Objektes bei
einer HIP-Endtemperatur im Bereich von 1174 °C (2145 °F) bis 1440 °C (2625 °F) durchgeführt,
wobei die Haltezeit 3,5 bis 4,5 Stunden beträgt und der Druck im Bereich von 89,6
MPa (13 ksi) bis 113 MPa (16.5 ksi) liegt, also vergleichsweise niedrig ist.
[0022] Mit diesem bekannten Verfahren werden somit Einkristallkomponenten aus Nickel-Basis-Superlegierungen
hergestellt, welche einerseits vorteilhaft porenfrei sind und keine eutektischen γ/γ'-Phasen
aufweisen und welche andererseits eine γ'-Morphologie mit einer bimodalen γ'-Verteilung
aufweisen.
[0023] Eine positive Beeinflussung des Gefüges im Hinblick auf die oben beschriebene unerwünschte
Flossbildung ist mit dem im Dokument
US 7,115,175 B2 offenbarten Verfahren nicht möglich.
Darstellung der Erfindung
[0024] Ziel der Erfindung ist es, die genannten Nachteile des Standes der Technik zu vermeiden.
Der Erfindung liegt die Aufgabe zu Grunde, ein geeignetes Verfahren zur Herstellung,
inklusive Wärmebehandlung, von vergleichsweise grossen Einkristallkomponenten bzw.
Komponenten mit gerichtet erstarrtem Gefüge aus bekannten Nickel-Basis-Superlegierungen
zu schaffen, mit welchem ein Gefüge eingestellt werden kann, dass nicht zur Flossbildung
der γ'-Phase neigt und daher zu verbesserten mechanischen Eigenschaften, insbesondere
einer verbesserte Ermüdungsfestigkeit bei niedriger Lastspielzahl (LCF) der Komponenten
führt.
[0025] Erfindungsgemäss wird dies dadurch erreicht, dass bei einem Verfahren gemäss Obergriff
des Anspruches 1 folgende Schritte nach dem gemäss üblichem Stand der Technik erfolgten
Giessen der Komponente durchgeführt werden:
- A) Bestimmung des Dendritenarmabstandes (λ) in verschiedenen Bereichen der gegossenen
Komponente,
- B) Identifizierung des langsamsten Diffusionselementes in der Zusammensetzung der
jeweiligen Nickel-Basis-Superlegierung zur Ermittlung des Diffusionskoeffizienten
(D),
- C) Kalkulation der erforderlichen Zeit (t), die notwendig ist, um die Segregation
dieses langsamsten Diffusionselementes auf ≤ 5% zu reduzieren bei einer Lösungsglühtemperatur
(T1), welche einerseits niedriger als die Startschmelztemperatur (Tmi) ist, andererseits aber hoch genug ist, um im notwendigen Wärmebehandlungsfenster
zu liegen,
- D) Lösungsglühen der gegossenen Komponente, umfassend ein Erwärmen der Komponente
auf die Lösungsglühtemperatur (T1), ein Halten bei dieser Temperatur mit der im Schritt C) kalkulierten Zeit (t) und
ein Abschrecken von der Lösungsglühtemperatur (T1) auf Raumtemperatur (RT) mit einer Geschwindigkeit (v1) ≥ 50 °C/min,
- E) Durchführung der zweistufigen Ausscheidungsbehandlung zur Ausscheidung der γ'-Phase
bei jeweils niedrigeren Temperaturen (T2) und (T3) im Anschluss an den Schritt D), wobei in der ersten Stufe der Ausscheidungsbehandlung
ein HIP-Verfahren mit einem Druck (p) grösser 160 MPa bei der Haltetemperatur (T2) und einer anschliessenden Abkühlung auf Raumtemperatur (RT) mit einer Abkühlgeschwindigkeit
(v2) ≥ 50 °C/min durchgeführt wird, und in der nachfolgenden zweiten Stufe der Ausscheidungsbehandlung
eine Wärmebehandlung der Komponente bei einer Haltetemperatur (T3) und anschliessender Abkühlung auf Raumtemperatur (RT) mit einer Abkühlgeschwindigkeit
(v3) von 10 bis 50 °C/min durch geführt wird.
[0026] Mit dem erfindungsgemässen Verfahren ist es möglich, grosse Einkristallkomponenten
bzw. Komponenten mit gerichtet erstarrtem Gefüge aus bekannten Nickel-Basis-Superlegierungen
herzustellen, welche einerseits porenfrei sind und die anderseits eine Mikrostruktur
aufweisen, bei der die Flossbildung der γ'-Phase vermieden wird. Daher weisen die
so hergestellten Komponenten verbesserte mechanischen Eigenschaften, insbesondere
eine verbessert Ermüdungsfestigkeit bei niedriger Lastspielzahl (LCF) auf. Das Verfahren
hat den Vorteil, dass es relativ einfach umsetzbar ist.
[0027] Es ist vorteilhaft, wenn die Bestimmung des Dendritenarmabstandes (λ) gemäss Schritt
A) auf metallographischem Wege erfolgt. Dies ist relativ einfach zu realisieren und
kann beispielsweise bereits im Vorfeld des Verfahrens anhand von entsprechenden Proben
erfolgen.
[0028] Weiterhin ist es von Vorteil, wenn die Abschreckgeschwindigkeit (v1) von Lösungsglühtemperatur
(T
1) auf Raumtemperatur grösser als 70 °C/min ist, weil dann extrem feine gleichmässig
verteilte γ'-Partikel in der γ-Matrix erhalten werden.
[0029] Schliesslich ist es vorteilhaft, wenn das erfindungsgemässe Verfahren zur Herstellung
einer Komponente aus einer Nickel-Basis-Superlegierung mit folgender chemischer Zusammensetzung
(Angaben in Gew.- %): 5.6 Al, 9.0 Co, 6.5 Cr, 0.1 Hf, 0.6 Mo, 3 Re, 6.5 Ta, 1.0 Ti,
6.0 W, Rest Ni bei folgenden Behandlungsparametern durchgeführt wird:
- Lösungsglühen bei 1290-1310 °C/4-6h/Schnellabkühlung mit v1 ≥ 50 °C/min
- HIP-Prozess (isostatischer Druck > 160 MPa) mit Erwärmen und Glühen bei 1150 °C/4-8h/Schnellabkühlung
mit v2 ≥ 50 °C/min
- Glühen bei 870 °C/16-20h/Abkühlung mit v3 im Bereich von 10-20 °C/min umfasst.
Kurze Beschreibung der Zeichnungen
[0030] In der Zeichnung ist ein Ausführungsbeispiel der Erfindung dargestellt. Es zeigen
schematisch:
- Fig. 1
- das Zeit-Temperatur-Diagramm des sich an den Giessprozess anschliessenden Behandlungsverfahren
zur Herstellung einer Einkristallkomponente
- Fig.2a-2c
- die jeweiligen zu Fig. 1 zugehörenden Gefüge (<001> Orientierung) und
- Fig.3a-3c
- die Zeit-Temperatur- bzw. Druck-Temperatur-Diagramme für den HIP-Prozess in drei möglichen
Varianten.
Wege zur Ausführung der Erfindung
[0031] Nachfolgend wird die Erfindung anhand eines Ausführungsbeispieles und der Zeichnungen
näher erläutert.
[0032] Zur Herstellung einer grossen Einkristallkomponente/gerichtet erstarrten Komponente
wurde die aus dem Stand der Technik bekannten Nickel-Basis-Superlegierungen CMSX4
mit folgender chemischer Zusammensetzung (Angaben in Gew.- %) verwendet: 5.6 Al, 9.0
Co, 6.5 Cr, 0.1 Hf, 0.6 Mo, 3 Re, 6.5 Ta, 1.0 Ti, 6.0 W, Rest Ni.
[0033] Zunächst wurde die Komponente, beispielsweise eine Gastubinenschaufel, in ihre Form
gegossen. Beim Erstarren dieser gegossenen Legierung entstehen aufgrund der Zusammensetzung,
insbesondere des vergleichsweise hohen Re-Anteils, dendritischen Segregationen.
[0034] Rhenium ist ein sehr langsam diffundierendes Element ist, daher können diese Segregationen
beim nachfolgenden Lösungsglühprozess nicht vollständig innerhalb einer akzeptablen
Homogenisierungszeit beseitigt werden. Da die γ'-Phase, die sich während der Abkühlung
ausscheidet, eine kleinere Gitterkonstante als die γ-Matrix hat und der γ/γ'-Gitterversatz
in den Dendriten aber grösser ist als in den interdendritischen Gebieten, kommt es
zur Ausbildung von inneren Spannungen während der Wärmebehandlung, insbesondere während
des Abkühlens. Dies führt zu einer Degradation in der γ'-Mikrostruktur, indem sich
die zunächst kubische Form von γ' in eine gestreckte Form von γ' verändert. Dies geht
einher mit der Verschlechterung von mechanischen Eigenschaften, z. B. der Ermüdungsfestigkeit
bei niedriger Lastspielzahl.
[0035] Um dies zu vermeiden wird daher zunächst der Dendritenarmabstandes λ in verschiedenen,
beispielsweise den kritischen Bereichen der gegossenen Komponente ermittelt. Das kann
z. B. auf metallographischem Wege erfolgen, wobei gegebenenfalls bereits im Vorfeld
des Verfahrens dieser Abstand anhand von entsprechenden vorab gegossenen Proben ermittelt
wird.
[0036] Weiterhin wird das langsamste Diffusionselement in der Zusammensetzung der jeweiligen
Nickel-Basis-Superlegierung identifiziert zur Ermittlung des Diffusionskoeffizienten
D. Im vorliegenden Falle ist dieses Element, wie bereits oben dargelegt, Rhenium.
Im Falle der im Abschnitt ,,Stand der Technik" oben beschriebenen Nickel-Basis-Superlegierung
MC2 ist dieses Element Mo.
[0037] Aus den nun bekannten Daten, d.h. aus D und λ, wird die erforderliche Zeit t kalkuliert,
bei welcher die Komponente bei Lösungsglühtemperatur T
1, welche einerseits niedriger ist als die Startschmelztemperatur T
mi, und andererseits aber hoch genug ist, um im notwendigen Wärmebehandlungsfenster
zu liegen, gehalten werden muss, damit die Mikrosegregation dieses langsamsten Diffusionselementes
auf ≤ 5% reduziert wird.
[0038] Diese kalkulierte Zeit t beträgt im vorliegenden Ausführungsbeispiel 4-6 h bei einer
Lösungsglühtemperatur T
1 von 1290-1310 °C. Man kann sie ermitteln nach folgender Formel:

mit
λ = Dendritenarmabstand
D = Diffusionskoeffizient (von Rh in Ni für das vorliegende Beispiel)
δ = Amplitude der Mikrosegregation (hier: 0.05 für eine Restsegregation von 5 %
[0039] In Fig. 1 ist das Zeit-Temperatur-Diagramm des sich an den Giessprozess anschliessenden
Behandlungsverfahren zur Herstellung der Einkristallkomponente aus der o.g. Superlegierung
schematisch dargestellt. Das Lösungsglühen (Verfahrensschritt D)) der gegossenen Komponente
umfasst im vorliegenden Ausführungsbeispiel somit ein Erwärmen der Komponente auf
die o. g. Lösungsglühtemperatur T
1 von 1290-1310 °C, ein Halten bei dieser Temperatur mit der oben kalkulierten Zeit
t (4-6 h) und ein schnelles Abschrecken von der Lösungsglühtemperatur T
1 auf Raumtemperatur mit einer Geschwindigkeit v1 ≥ 50 °C/min, um nach dem Abschrecken
sehr feine gleichmässig verteilte γ'-Partikel in der γ-Matrix zu erhalten (schematische
Darstellung des Gefüges siehe Fig. 2a). Bevorzugt ist die Abschreckgeschwindigkeit
grösser 70 °C/min, weil dann ein Gefüge mit extrem feinen gleichmässig verteilten
γ'-Partikeln in der γ-Matrix erhalten wird.
[0040] Erfindungsgemäss wird nach dem Lösungsglühen eine zweistufigen Ausscheidungsbehandlung
zur Ausscheidung der γ'-Phase bei im Vergleich zu T
1 jeweils niedrigeren Temperaturen T
2 und T
3 durchgeführt (Verfahrensschritt E)), wobei in der ersten Stufe der Ausscheidungsbehandlung
ein HIP-Verfahren mit einem Druck p grösser 160 MPa und einer Abkühlgeschwindigkeit
v2 ≥ 50 °C/min angewendet wird. Die Endtemperatur des HIP-Verfahrens beträgt im vorliegenden
Ausführungsbeispiel 1150 °C, die Haltezeit 4-6 h. Der aufgebrachte Enddruck während
des HIP-Prozesses ist relativ hoch, er ist grösser als die durch die Inhomogenitäten
im Gefüge hervorgerufenen inneren Spannungen. Durch diesen Verfahrensschritt werden
vorteilhaft einerseits eventuell vorhandene Mikroporen im Gefüge geschlossen und andererseits
Spannungen beseitigt, welche durch die rapide Abkühlung von Lösungsglühtemperatur
T
1 auf Raumtemperatur bzw. durch eventuell vorhanden Restinhomogenitäten im Gefüge hervorgerufen
werden. Dadurch wird eine gerichtete Flossbildung der γ'-Phase verhindert, indem sich
die bereits erwähnten kubischen γ'-Partikeln in der γ-Matrix bilden. Das nach dem
HIP-Behandlungsschritt vorliegende Gefüge besteht aus feinen gleichmässig verteilten
kubischen γ'-Partikeln in der γ-Matrix und ist schematisch in <001> Orientierung in
Fig. 2b dargestellt. Die Realisierung der ersten Stufe des Verfahrensschrittes D)
ist in mehreren Varianten möglich. Entsprechende Zeit-Temperatur- bzw. Druck-Temperatur-Diagramme
für den HIP-Prozess sind schematisch in den Fig. 3 a) bis 3 c) dargestellt.
[0041] Bei der ersten, in Fig. 3a dargestellten Variante, verlaufen die Temperatur und der
Druck in Abhängigkeit von der Zeit nahezu identisch, d.h. während der Aufwärmphase
steigen sowohl der auf die Komponente wirkende isostatische Druck p als auch die Temperatur
T linear mit der Zeit an, bis die Temperatur T
2 und der isostatische Druck p > 160 MPa, also der isostatische Enddruck, erreicht
sind. Nach dem Halten bei diesen Parametern über einen bestimmten Zeitraum erfolgt
wiederum bei beiden Parametern eine lineare Abnahme der Werte in Abhängigkeit von
der Zeit.
[0042] Im Vergleich zu Fig. 3a wird bei der in Fig. 3b dargestellten Variante dagegen phasenverschoben
sofort bei Beginn der ersten Stufe des Verfahrensschrittes D) der isostatische Enddruck
schlagartig aufgebracht, und auch während der Aufwärmphase konstant gehalten. Alle
anderen Parameter sind hier analog zu Fig. 3a.
[0043] Schliesslich ist es in einer weitern Variante auch möglich, die erste Stufe des Verfahrensschrittes
D), d.h. den HIP-Prozess, so wie er in Fig. 3c dargestellt ist, durchzuführen. Der
isostatische Enddruck p wird hier wiederum sofort schlagartig bei Beginn der Aufwärmphase
aufgebracht, und über die gesamte Aufwärmphase, die Haltephase bei T
2 und zusätzlich auch über die gesamte Abkühlphase konstant gehalten. Erst dann, wenn
die Komponente Raumtemperatur angenommen hat, wird die isostatische Druckbelastung
schlagartig weggenommen.
[0044] Mit allen drei Varianten wird vorteilhafte eine Flossbildung im Gefüge verhindert.
[0045] Abschliessend wird als letzter Schritt des Verfahrens eine weitere Stufe der Ausscheidungswärmebehandlung
der Komponente durchgeführt. Gemäss vorliegendem Ausführungsbeispiel wird dabei die
Einkristallkomponente/gerichtet erstarrte Komponente auf eine Temperatur T
3 von 870 °C erwärmt, bei dieser Temperatur T
3 16-20 h lang gehalten und danach mit einer Abkühlgeschwindigkeit v3 von ca. 50 °C/min
auf Raumtemperatur abgekühlt.
[0046] Das nach diesem letzten Behandlungsschritt gebildete End-Gefüge gemäss vorliegender
Erfindung ist schematisch für die <001> Orientierung in Fig. 2c dargestellt.
[0047] Mit dem erfindungsgemässen Verfahren werden vor allem chemische Inhomogenitäten zwischen
dendritischen und interdendritschen Bereichen im Gefüge beseitigt, dadurch die Tendenz
zur lokalen Flossbildung der γ'-Phase reduziert bzw. verhindert (im vorliegenden Ausführungsbeispiel
konnte in den Kühlkanälen der Gasturbinenschaufel die Flossbildung der γ'-Phase verhindert
werden) und somit die Eigenschaften der Komponenten, insbesondere die Ermüdungseigenschaften
bei niedrigen Lastspielzahlen, verbessert.
1. Verfahren zur Herstellung einer aus einer Nickel-Basis-Superlegierung bestehenden
Einkristallkomponente oder gerichtet erstarrten Komponente, wobei die Komponente zunächst
in bekannter Art und Weise unter Ausbildung eines Dendriten aufweisenden Gefüges in
Form gegossen und nachfolgend ein Lösungsglühen zur Homogenisierung des Gussgefüges
der Komponente sowie eine zweistufige Ausscheidungswärmebehandlung durchgeführt wird,
gekennzeichnet durch folgende Schritte:
A) Bestimmung des Dendritenarmabstandes (λ) in verschiedenen Bereichen der gegossenen
Komponente,
B) Identifizierung des langsamsten Diffusionselementes in der Zusammensetzung der
jeweiligen Nickel-Basis-Superlegierung zur Ermittlung des Diffusionskoeffizienten
(D),
C) Kalkulation der erforderlichen Zeit (t), die notwendig ist, um die Segregation
dieses langsamsten Diffusionselementes auf ≤ 5% zu reduzieren bei einer Lösungsglühtemperatur
(T1), welche einerseits niedriger als die Startschmelztemperatur (Tmi) ist, andererseits aber hoch genug ist, um im notwendigen Wärmebehandlungsfenster
zu liegen,
D) Lösungsglühen der gegossenen Komponente, umfassend ein Erwärmen der Komponente
auf die Lösungsglühtemperatur (T1), ein Halten bei dieser Temperatur (T1) mit der im Schritt C) kalkulierten Zeit (t) und ein Abschrecken von der Temperatur
(T1) auf Raumtemperatur (RT) mit einer Geschwindigkeit (v1) ≥ 50 °C/min,
E) Durchführung der zweistufigen Ausscheidungsbehandlung zur Ausscheidung der γ'-Phase
bei jeweils niedrigeren Temperaturen (T2) und (T3) im Anschluss an den Schritt D), wobei in der ersten Stufe der Ausscheidungsbehandlung
ein HIP-Verfahren mit einem isostatischen Druck (p) grösser 160 MPa bei der Haltetemperatur
(T2) und einer anschliessenden Abkühlung von der Temperatur (T2) auf Raumtemperatur (RT) mit einer Abkühlgeschwindigkeit (v2) ≥ 50 °C/min durchgeführt
wird, und in der nachfolgenden zweiten Stufe der Ausscheidungsbehandlung eine Wärmebehandlung
der Komponente bei einer Haltetemperatur (T3) und einer anschliessenden Abkühlung von der Temperatur (T3) auf Raumtemperatur (RT) mit einer Abkühlgeschwindigkeit (v3) von 10 bis 50 °C/min
durch geführt wird.
2. Verfahren nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, dass die Bestimmung des Dendritenarmabstandes(λ) gemäss Schritt A) auf metallographischen
Wege erfolgt.
3. Verfahren nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, dass die Abschreckgeschwindigkeit (v1) gemäss Schritt D) > 70 °C/min ist.
4. Verfahren nach einem der Ansprüche 1 bis 3, dadurch gekennzeichnet, dass bei einer Nickel-Basis-Superlegierung mit folgender chemischer Zusammensetzung (Angaben
in Gew.- %): 5.6 Al, 9.0 Co, 6.5 Cr, 0.1 Hf, 0.6 Mo, 3 Re, 6.5 Ta, 1.0 Ti, 6.0 W,
Rest Ni der Schritt des Lösungsglühens bei folgenden Parametern 1290-1310 °C/4-6h/Schnellabkühlung
mit v1 ≥ 50 °C/min durchgeführt wird, der Schritt der ersten Stufe der γ'-Ausscheidungsbehandlung
einen HIP-Prozess mit einem isostatischen Druck (p) > 160 MPa bei einer Haltetemperatur
(T2) von 1150 °C und einer Haltezeit von 4-8h umfasst und eine Schnellabkühlung mit (v2)
≥ 50 °C/min erfolgt und die zweite Stufe der γ'-Ausscheidungsbehandlung ein Erwärmen
und Halten bei 870 °C/16-20h/sowie eine Abkühlung mit eine Geschwindigkeit (v3) von
10-50 °C/min umfasst.