[0001] Die Erfindung betrifft eine Rotationskörperanordnung im Bereich der Papierherstellung
oder -veredelung mit einem Rotationskörper, insbesondere in Form einer nicht mit einem
Sieb, einem Filz oder dgl. in Kontakt stehenden Walze oder einer Wickelrolle, die
jeweils mit mindestens einer Lagerung, einem Antrieb und einer Bremseinrichtung verbunden
sind.
[0002] Unter dem Begriff Rotationskörper sind für diese Erfindungsbeschreibung Walzen bzw.
Wickelrollen innerhalb der Papierproduktion zusammengefasst. Sie sind in der Regel
mit einem Antrieb und einer Bremseinrichtung verbunden. Die Begriffe Papierherstellung,
-veredelung und -produktion stehen in dieser Erfindungsbeschreibung auch für die analogen
Bereiche bei einem Karton oder einer anderen Faserstoffbahn.
[0003] Bei derartigen Walzen bzw. Wickelrollen besteht bei einem Stromausfall ein erhöhtes
Risiko bezüglich Beschädigungen, insbesondere für die Lagerungen. Bei den in Rede
stehenden Rotationskörpern muss man von Gewichten bei Walzen zwischen 20000 und 80000
kg und bei Wickelrollen weiter bis 150000 kg ausgehen. Solche großen und schweren
Rotationskörper können ungebremst bis zu mehrere Stunden auslaufen, wenn der Antrieb
aussetzt. Besonders kritisch ist die Situation bei Walzen, die gut gelagert sind und
keinen Kontakt zu einem bremsenden Sieb oder Filz aufweisen. Da bei einem Stromausfall
vielfach auch der Lagerschmierkreis unterbrochen wird, ist die Gefahr sowohl für Wälzlager
als auch für hydrostatische Lager sehr groß, zerstört zu werden.
[0004] Aber auch der Einsatz von federunterstützten Scheibenbremsen, die vielfach als Notbremse
eingesetzt werden, ist mit vielen Nachteilen behaftet. Dazu muss man wissen, dass
bei einem Stromausfall selbstverständlich auch die Produktion der Papierbahn beendet
wird. Dann ist es beispielsweise bei einer Heizwalze so, dass die Walze aufgrund der
plötzlich fehlenden Energieabnahme durch die Papierbahn stark aufheizt und Temperaturspannungen
ausgesetzt wird. Wenn nun eine Bremsscheibe mit druckfederbetätigten Bremszangen eingesetzt
wird, so werden relative große und unmittelbar wirkende Bremsmomente in die Zapfen
der Walze eingeleitet, die die Spannung in der Walze noch einmal erhöhen. Diese gefährliche
Situation ist sehr unbefriedigend.
[0005] Zudem kann es vorkommen, dass durch ein ruckartiges Abbremsen einer Heizwalze in
einem Kalander, wo die Heizwalze also eine elastische Gegenwalze besitzt, der Belag
der elastischen Walze durch das Anliegen der Heizwalze im nicht mehr rotierenden Zustand
verbrennt, was erhebliche Reparaturkosten mit sich bringt.
[0006] Es ist die Aufgabe der Erfindung große Rotationskörper im Bereich der Papierproduktion
wie beispielsweise eine große Walze oder eine Wickelrolle, insbesondere deren Lagerungen,
besser vor Beschädigungen bei Stromausfällen zu schützen.
[0007] Die Aufgabe wird dadurch gelöst, dass die Bremseinrichtung Mittel aufweist, die für
ein sich über eine bestimmte Zeitverzögerung aufbauendes maximales Bremsmoment sorgen.
Man erreicht dadurch einen sanften Aufbau des Bremsmomentes, so dass die Walze oder
die Wicklung keiner spannungsmäßigen Überlastung mehr ausgesetzt ist. Dabei hat es
sich als ausreichend und bevorzugt herausgestellt, wenn die Zeitverzögerung im Bereich
von 0,4 bis 10 Sekunden, vorzugsweise von 0,8 bis 3 Sekunden liegt. Bei einem derartig
langen kontinuierlichen Aufbau des maximalen Bremsmomentes werden übergroße Spannungen
gänzlich vermieden. In dieser Zeit können auch empfindliche Anlagewalzen weggefahren
oder weggeschwenkt werden, so dass sie von dem abbremsenden Rotationskörper nicht
in Mitleidenschaft gezogen werden.
[0008] Vorzugsweise ist eine Steuerung vorgesehen, die die Bremseinrichtung bei einem Stromausfall
selbsttätig aktiviert. Gleichzeitig werden die Mittel eingesetzt, die den verzögerten
Aufbau des Bremsmomentes realisieren. Das Bedienpersonal braucht sich so nicht im
gefährdeten Bereich um die Rotationskörperanordnung aufzuhalten.
[0009] Es ist von Vorteil, wenn die Bremseinrichtung als Mittel einen hydrodynamischen Wandler
besitzt. Einen solchen Wandler findet man beispielsweise in einem Retarder, wie man
ihn aus dem Bereich von Bremseinrichtungen von Lastkraftwagen kennt. Im Gehäuse des
Wandlers befinden sich oft zwei gegenüberliegende Schaufelräder, von denen eines fest
steht (Stator), das heißt mit dem Gehäuse verbunden ist, und eines mit der Antriebs-
oder Abtriebswelle frei rotierbar (Rotor) angeordnet ist. Durch die Beschickung des
Gehäuses mit einer Flüssigkeit, wobei sich beispielweise auch das Öl anbietet, mit
dem Heizwalzen beheizt werden oder mit dem man in Durchbiegungsausgleichswalzen eines
Kalanders für die einstellbare Walzendurchbiegung sorgt, wird ein Bremsvorgang eingeleitet.
Dabei wird das am Rotor umgelenkte Öl zum Stator geleitet. Die entstehende Reibung
wird in Wärme umgewandelt, so dass unmittelbar oder mittelbar, zum Beispiel über ein
Getriebe oder eine Gelenkwelle, die Walze oder die Wickelrolle abgebremst werden kann.
Die Einspeisung der Flüssigkeit in das Gehäuse kann beispielsweise pneumatisch über
eine Druckluftsteuerung erfolgen. Bei Stromausfall kann ein sich öffnendes Ventil,
insbesondere ein Magnetventil, geschaltet werden, wobei die Druckluft, die in jeder
Papierfabrik an nahezu jeder Stelle der Produktionslinie zur Verfügung steht, auch
ohne Pumpenstrom mindestens 10 - 15 Minuten auf ausreichendem Druckniveau verbleibt.
Um das Ansteigen des Bremsmomentes sehr zügig einleiten zu können, ist es bevorzugt,
wenn der hydrodynamische Wandler über einen zugeordneten Flüssigkeitsspeicher verfügt.
[0010] Mit Vorteil ist dafür gesorgt, dass die Bremseinrichtung mit einer Kühlwasserversorgungseinrichtung
ausgestattet ist. Dabei ist besonders bevorzugt, Trinkwasser einzusetzen, da das Trinkwassernetz
unabhängig von einer Stromversorgung ist.
[0011] Vorzugsweise ist die Bremseinrichtung im Antriebstrang der Rotationskörperanordnung
zwischen einem Motor und dem Rotationskörper selbst angeordnet. Auf diese Weise kann
auch eine abrupte Drehzahländerung über die Bremseinrichtung abgefangen werden und
Stöße werden nicht auf den Rotationskörper übertragen.
[0012] Die Erfindung wird im Folgenden anhand einer schematischen Zeichnung näher erläutert.
[0013] Diese zeigt eine Rotationskörperanordnung 1 innerhalb der
[0014] Papierproduktion, die einen Rotationskörper 2, beispielsweise eine beheizte Kalanderwalze
oder eine Wickelrolle für die Papierbahn umfasst. In dieser Beschreibung wird das
bevorzugte Beispiel einer Kalanderwalze gewählt.
[0015] Die Kalanderwalze 2 hat im Produktionsfall Kontakt zu einer Gegenwalze 10, die einen
elastischen Belag 11 besitzt. Anstelle einer Gegenwalze kann aber beispielsweise auch
ein umlaufendes Band aus Kunststoff als Anlageband verwendet werden. Die zwischen
den Walzen 2, 10 zu behandelnde Papierbahn ist nicht dargestellt. Selbstverständlich
kann es sich anstelle einer Papierbahn auch um eine Kartonbahn handeln.
[0016] Die Kalanderwalze 2 ist in einer nicht dargestellten Stuhlung mittels eines Lagers
3 gelagert und mit einer Antriebsgelenkwelle 12 verbunden, die an ein Getriebe 13
gekoppelt ist. Vom Getriebe 13 aus führt eine Welle 14 direkt zu einer Kupplung 21,
die mit der Bremseinrichtung 5 verbunden ist. Jenseits der Bremseinrichtung 5 ist
der Antriebsmotor 16 angeschlossen.
[0017] Im Stand der Technik wäre die Bremseinrichtung 5 vielleicht eine Bremsscheibe mit
druckfederbetätigten Bremszangen, die bei einem Stromausfall greifen. Diese Art von
Bremseinrichtungen belasten aber den Antrieb 4 der heißen Kalanderwalze 2 häufig über
Gebühr und viel zu ruckartig. Die an die heiße Kalanderwalze 2 angelegte elastische
Walze 10 würde ihren Belag 11 verbrennen, denn die Kalanderwalze 2 wirkt nach einem
Stromausfall durch die fehlende Energieabgabe an die Papierbahn und durch die verlorene
Isolierung der Papierbahn mit besonders hoher Temperatur auf die Gegenwalze 10, die
eine gewisse Zeit benötigt, bis sie abschwenken kann (angedeutet durch die Pfeile
17). In der in der Figur dargestellten Erfindung sind dagegen Mittel 6 zur Verzögerung
und Aufbau des Bremsmomentes vorgesehen. Die Zeitverzögerung bis zum maximalen Bremsmoment
mit stetig steigendem Anstieg beträgt 0,8 bis 3 Sekunden. Aber auch ein weiter gefasster
Bereich von 0,4 bis 10 Sekunden wäre noch zu vertreten.
[0018] Als Mittel 6 wirkt in diesem Ausführungsbeispiel ein hydrodynamischer Wandler 7 in
Gestalt eines Retarders. Dieser besitzt zwei Schaufelräder 18,19, eines davon feststehend
und eines verbunden mit dem Antrieb innerhalb eines Gehäuses 20. Hier ist das Schaufelrad
18 mit der angekoppelten Welle verbunden ist, die zu der Kupplung 15 führt, und das
andere Schaufelrad 19 steht fest. Eine Verbindung der drehbaren Welle 14 verläuft
bis zu Kupplung 21 des Getriebes 13, das wiederum an seinem abtriebseitigen Ende über
die Gelenkwelle 12 mit dem Rotationskörper 2, in diesem Fall der Walze, verbunden
ist.
[0019] Im Falle eines Stromausfalles in der Papierfabrik wird das federbelastete Elektromagnetventil
22 geschaltet und die durchgeleitete Druckluft bewirkt, dass Flüssigkeit aus dem Flüssigkeitsspeicher
8 in den hydrodynamischen Wandler 7 gepresst wird. Der Flüssigkeitsspeicher 8 ist
dicht neben dem Retarder 7 angeordnet, so dass der Eintritt der Flüssigkeit in den
hydrostatischen Wandler schnell erfolgen kann. Die Flüssigkeit, in der Regel Öl, trifft
zunächst auf das rotierende Schaufelrad 18 und wird von dort gegen das feststehende
Schaufelrad 19 geleitet. Durch die Reibung dort wird die Bremswirkung eingeleitet.
Es ist also eine Steuerung vorhanden, die die Bremseinrichtung 5 bei einem Stromausfall
automatisch betätigt. Das maximale Bremsmoment baut sich dabei langsamer auf als beispielsweise
bei einer Scheibenbremse.
[0020] Bei dem Bremsvorgang entsteht selbstverständlich Wärme, so dass der hydrodynamische
Wandler 7 über eine durch das Bezugszeichen 9 angedeutete Kühlwasserversorgungseinrichtung
gekühlt wird. Diese Versorgungseinrichtung kann mit dem Kühlwasserkreislauf des Motors
16 verbunden sein.
[0021] Von den dargestellten Ausführungsformen kann in vielfacher Hinsicht abgewichen werden,
ohne den Grundgedanken der Erfindung zu verlassen. Insbesondere kann ein Retarder
auch in dem Getriebe 13 integriert sein (Intarder). Der hydrodynamische Wandler 7
kann sowohl im Antriebsstrang als auch daneben angeordnet sein.
Bezugszeichenliste
[0022]
- 1
- Rotationskörperanordnung
- 2
- Rotationskörper (Heizwalze oder Wickelrolle)
- 3
- Lagerung
- 4
- Antrieb
- 5
- Bremseinrichtung
- 6
- Mittel für Verzögerung und Aufbau des Bremsmomentes
- 7
- Hydrodynamischer Wandler (Retarder)
- 8
- Flüssigkeitsspeicher
- 9
- Kühlwasserversorgungseinrichtung
- 10
- Gegenwalze
- 11
- Belag
- 12
- Antriebsgelenkwelle
- 13
- Getriebe
- 14
- Welle
- 15
- Kupplung
- 16
- Motor
- 17
- Pfeil (Abschwenkrichtung)
- 18
- Schaufelrad
- 19
- Schaufelrad
- 20
- Gehäuse
- 21
- Kupplung
- 22
- Elektromagnetventil
1. Rotationskörperanordnung im Bereich der Papierherstellung oder - veredelung mit einem
Rotationskörper (2), insbesondere in Form einer nicht mit einem Sieb, einem Filz oder
dgl. in Kontakt stehenden Walze oder einer Wickelrolle, die jeweils mit mindestens
einer Lagerung (3), einem Antrieb (4) und einer Bremseinrichtung (5) verbunden sind,
dadurch gekennzeichnet, dass die Bremseinrichtung (5) Mittel (6) aufweist, die für ein sich über eine bestimmte
Zeitverzögerung aufbauendes maximales Bremsmoment sorgen.
2. Rotationskörperanordnung gemäß Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, dass die Zeitverzögerung im Bereich von 0,4 bis 10 Sekunden, vorzugsweise im Bereich von
0,8 bis 3 Sekunden liegt.
3. Rotationskörperanordnung gemäß einem der Ansprüche 1 oder 2, dadurch gekennzeichnet, dass eine Steuerung vorgesehen ist, die die Bremseinrichtung (5) bei einem Stromausfall
selbsttätig aktiviert.
4. Rotationskörperanordnung gemäß einem der Ansprüche 1 bis 3, dadurch gekennzeichnet, dass die Bremseinrichtung (5) als Mittel (6) einen hydrodynamischen Wandler (7) besitzt.
5. Rotationskörperanordnung gemäß Anspruch 4, dadurch gekennzeichnet, dass der hydrodynamische Wandler (7) über einen zugeordneten Flüssigkeitsspeicher (8)
verfügt
6. Rotationskörperanordnung gemäß einem der Ansprüche 1 bis 5, dadurch gekennzeichnet, dass die Bremseinrichtung (5) mit einer Kühlwasserversorgungseinrichtung (9) ausgestattet
ist.
7. Rotationskörperanordnung gemäß einem der Ansprüche 1 bis 6, dadurch gekennzeichnet, dass die Bremseinrichtung (5) im Antriebstrang der Rotationskörperanordnung (1) zwischen
einem Motor (16) und dem Rotationskörper (2) selbst angeordnet ist.