(19)
(11) EP 2 458 894 A2

(12) EUROPÄISCHE PATENTANMELDUNG

(43) Veröffentlichungstag:
30.05.2012  Patentblatt  2012/22

(21) Anmeldenummer: 11183293.7

(22) Anmeldetag:  29.09.2011
(51) Internationale Patentklassifikation (IPC): 
H04R 25/00(2006.01)
(84) Benannte Vertragsstaaten:
AL AT BE BG CH CY CZ DE DK EE ES FI FR GB GR HR HU IE IS IT LI LT LU LV MC MK MT NL NO PL PT RO RS SE SI SK SM TR
Benannte Erstreckungsstaaten:
BA ME

(30) Priorität: 25.11.2010 DE 102010061945

(71) Anmelder: Siemens Medical Instruments Pte. Ltd.
Singapore 139959 (SG)

(72) Erfinder:
  • Pape, Sebastian
    91054 Erlangen (DE)
  • Serman, Maja
    91054 Erlangen-Buckenhof (DE)
  • Giese, Ulrich
    90762 Fürth (DE)

(74) Vertreter: Maier, Daniel Oliver 
Siemens AG Postfach 22 16 34
80506 München
80506 München (DE)

   


(54) Verfahren zum Betrieb eines Hörgeräts und Hörgerät mit einer Dehnung von Reibelauten


(57) Die Erfindung gibt ein Verfahren zum Betrieb eines Hörgeräts (1) und das zugehörige Hörgerät (1) mit mindestens einem einen Umgebungsschall (11) aufnehmenden Mikrofon (3) und einem einen Ausgangsschall (12) abgebenden Hörer (5) an, wobei ein Reibelaut des Umgebungsschalls (11) durch das Hörgerät (1) im Ausgangsschall (12) zeitlich gedehnt wiedergegeben wird. Durch die Verlängerung von Reibelauten kann die Sprachverständlichkeit für Schwerhörende verbessert werden.




Beschreibung


[0001] Die Erfindung betrifft ein Verfahren zum Betrieb eines Hörgeräts und ein zugehöriges Hörgerät, wobei Reibelaute eines Eingangsschallsignals in einem Ausgangsschallsignal zeitlich gedehnt wiedergegeben werden.

[0002] Hörgeräte besitzen prinzipiell als wesentliche Komponenten einen Eingangswandler, einen Verstärker und einen Ausgangswandler. Der Eingangswandler ist in der Regel ein Schallempfänger, z. B. ein Mikrofon, und/oder ein elektromagnetischer Empfänger, z. B. eine Induktionsspule. Der Ausgangswandler ist meist als elektroakustischer Wandler, z. B. Miniaturlautsprecher, oder als elektromechanischer Wandler, z. B. Knochenleitungshörer, realisiert. Der Verstärker ist üblicherweise in eine Signalverarbeitungseinheit integriert.

[0003] Dieser prinzipielle Aufbau ist in Figur 1 am Beispiel eines Hinter-dem-Ohr Hörgeräts 1 dargestellt. In ein Hörgerätegehäuse 2 zum Tragen hinter dem Ohr sind üblicherweise zwei Mikrofone 3 zur Aufnahme des Schalls aus der Umgebung eingebaut. Oberhalb der Mikrofone 3 sind Mikrofonöffnungen 7 in dem Hörgerätegehäuse 2 ausgebildet. Durch diese Schallöffnungen 7 kann der Schall zu den Mikrofonen 3 im Inneren des Hörgerätegehäuses gelangen. Eine Signalverarbeitungseinheit 4, die ebenfalls in das Hörgerätegehäuse 2 integriert ist, verarbeitet die Mikrofonsignale und verstärkt sie. Das Ausgangssignal der Signalverarbeitungseinheit 4 wird an einen Lautsprecher bzw. Hörer 5 übertragen, der ein akustisches Signal ausgibt. Der Schall wird gegebenenfalls über einen nicht dargestellten Schallschlauch, der mit einer Otoplastik im Gehörgang fixiert ist, zum Trommelfell des Hörgeräteträgers übertragen. Die Energieversorgung des Hörgeräts 1 und insbesondere die der Signalverarbeitungseinheit 4 erfolgt durch eine ebenfalls ins Hörgerätegehäuse 2 integrierte Batterie 6.

[0004] Ein Reibelaut, auch Frikativ, Engelaut, Konstriktiv, Spirans oder Spirant genannt, ist ein nach seiner Artikulationsart benannter Konsonant, beispielsweise f, s, v, z. Bei seiner Artikulation wird eine Engstelle gebildet, die die ausströmende Luft verwirbelt und den Reibelaut erzeugt. Reibelaute können stimmlos oder stimmhaft sein. Eine große Untergruppe der Reibelaute bilden die Zischlaute, die im vorderen Mundbereich gebildet werden und sich durch ein hörbares Pfeifen bzw. Zischen auszeichnen.

[0005] Die mit Abstand wichtigste Aufgabe, die ein Hörgerät zu erfüllen hat, ist die Unterstützung der zwischenmenschlichen Kommunikation durch eine nachhaltige Verbesserung der Sprachverständlichkeit. In lärmender Umgebung, bei fortdauernden Störgeräuschen oder in Situationen, in welchen mehrere Menschen gleichzeitig sprechen, ist dieses Problem besonders groß.

[0006] Im Störschall haben selbst Normalhörende oft Schwierigkeiten, die Stimmen von Gesprächspartnern herauszuhören und zu verstehen, was diese mitteilen wollen. Ist der Störschallpegel 6 Dezibel lauter als das gesprochene Wort, so hören auch Personen mit gutem Hörvermögen nur noch etwa 40 Prozent der gesprochenen Worte. Leute mit Hörverlusten verstehen in solchen Situationen fast nichts mehr.

[0007] Es ist Aufgabe der Erfindung ein Verfahren zum Betrieb eines Hörgeräts und ein zugehöriges Hörgerät anzugeben, die die Sprachverständlichkeit nachhaltig verbessern.

[0008] Gemäß der Erfindung wird die gestellte Aufgabe mit dem Verfahren zum Betrieb eines Hörgeräts und mit dem Hörgerät der unabhängigen Patentansprüche gelöst.

[0009] Die Erfindung beansprucht ein Verfahren zum Betrieb eines Hörgeräts mit mindestens einem einen Umgebungsschall aufnehmenden Mikrofon und einem einen Ausgangsschall abgebenden Hörer. Dabei wird ein Reibelaut des Umgebungsschalls durch das Hörgerät im Ausgangsschall zeitlich gedehnt wiedergegeben. Durch die Verlängerung von Reibelauten kann die Sprachverständlichkeit für Schwerhörende verbessert werden.

[0010] In einer Weiterbildung kann die zeitliche Dehnung einen Hall des Reibelauts umfassen.

[0011] In einer weiteren Ausführungsform kann die zeitliche Dehnung eine n-fache Vervielfachung des Reibelauts umfassen, wobei n ∈ R und n > 1 ist.

[0012] Des Weiteren kann das Verfahren folgende Schritte umfassen:
  • Ermitteln eines Reibelautsignals in einem Mikrofonsignal und
  • Mischen eines Hörereingangssignals mit dem Reibelautsignal oder einem veränderten Reibelautsignal.


[0013] Die Erfindung beansprucht auch ein Hörgerät mit mindestens einem einen Umgebungsschall aufnehmenden Mikrofon und mit einem einen Ausgangsschall abgebenden Hörer. Das Hörgerät ist derart ausgebildet, dass es in einem Mikrofonsignal einen Reibelaut ermittelt und den Reibelaut in einem Hörereingangssignal zeitlich gedehnt wiedergibt.

[0014] In einer Weiterbildung kann das Hörgerät folgende Komponenten umfassen:
  • eine Ermittlungseinheit, die einen Reibelaut in einem Mikrofonsignal ermittelt,
  • eine Änderungseinheit, die den ermittelten Reibelaut verändert und
  • einen Addierer, der den veränderten Reibelaut zu dem Hörereingangssignal addiert.


[0015] Weitere Besonderheiten und Vorteile der Erfindung werden aus den nachfolgenden Erläuterungen mehrerer Ausführungsbeispiele anhand von schematischen Zeichnungen ersichtlich.

[0016] Es zeigen:
Figur 1:
ein Hinter-dem-Ohr Hörgerät gemäß Stand der Tech-nik,
Figur 2:
ein Ablaufdiagramm eines Verfahrens zum Betrieb eines Hörgeräts mit einer Dehnung von Reibelauten und
Figur 3:
ein Blockschaltbild eines Hörgeräts mit einer Deh-nung von Reibelauten.


[0017] Figur 2 zeigt ein Ablaufdiagramm eines Verfahrens zum Betrieb eines Hörgeräts mit einer Dehnung von Reibelauten. Im Schritt 100 wird ein Reibelautsignal 15 in einem Mikrofonsignal 13 des Hörgeräts ermittelt. Im folgenden Schritt 101 wird das Reibelautsignal 15 oder ein verändertes Reibelautsignal 16 zu einem Hörereingangssignal 14 des Hörgeräts derart gemischt bzw. addiert, dass ein Reibelaut eines Umgebungsschalls durch das Hörgerät in einem durch einen Hörer des Hörgeräts wiedergegebenen Ausgangsschall zeitlich gedehnt wiedergegeben wird. Die zeitliche Dehnung kann beispielweise einen Hall des Reibelauts oder eine n-fache Vervielfachung des Reibelauts umfassen, wobei n ∈ R und n > 1 ist.

[0018] Figur 3 zeigt ein Blockschaltbild eines Hörgeräts 1 mit einem Mikrofon 3, das einen Umgebungsschall 11 aufnimmt und in ein elektrisches Mikrofonsignal 13 wandelt. Das Mikrofonsignal 13 wird in einer Signalverarbeitungseinheit 4 aufbereitet und verstärkt und als elektrisches Signalverarbeitungssignal 17 abgegeben.

[0019] Das Mikrofonsignal 13 wird auch in einer Ermittlungseinheit 8 auf vorgebbare Reibelaute (auch Frikative genannt) hin untersucht. Die ermittelten Reibelaute werden als Reibelautsignal 15 von der Ermittlungseinheit 15 abgegeben. Beispielsweise wird nach dem Reibelaut s" gesucht.

[0020] Mit Hilfe einer Änderungseinheit 9 kann das Reibelautsignal 15 verändert, beispielsweise verstärkt und zeitlich verschoben werden. Das so gebildete veränderte Reibelautsignal 16 wird mittels eines Addierers 10 zum Signalverarbeitungssignal 17 summiert, wodurch ein elektrisches Hörereingangssignal 14 gebildet wird. In dem Hörereingangssignal 14 werden die ermittelten Reiblaute durch das zeitlich versetzte Hinzufügen gedehnt. So klingt beispielsweise der Laut "s" länger nach und kann somit deutlicher erkannt werden, was zu einer verbesserten Sprachverständlichkeit führt.

[0021] Das Hörereingangssignal 14 wird von einem Hörer 5 empfangen und von diesem in ein akustisches Ausgangssignal 12 gewandelt. Das akustische Ausgangssignal 12 wird von einem Träger des Hörgeräts 1 aufgenommen.

[0022] Die Ermittlungseinheit 8, die Änderungseinheit 9 und der Addierer 10 können selbstverständlich auch in die Signalverarbeitungseinheit 4 integriert werden.

Bezugszeichenliste



[0023] 
1
Hörgerät
2
Hörgerätegehäuse
3
Mikrofon
4
Signalverarbeitungseinheit
5
Hörer
6
Batterie
7
Mikrofonöffnung
8
Ermittlungseinheit
9
Änderungseinheit
10
Addierer
11
Umgebungsschall
12
Ausgangsschall / Hörersignal
13
Mikrofonsignal
14
Hörereingangssignal
15
Reibelautsignal
16
Verändertes Reibelautsignal
17
Signalverarbeitungssignal
100
Ermittlung eines Reibelautsignals 15
101
Mischung des Reibelautsignals 15 oder des veränderten Reibelautsignals 16 mit einem Hörereingangssignal 14



Ansprüche

1. Verfahren zum Betrieb eines Hörgeräts (1) mit mindestens einem einen Umgebungsschall (11) aufnehmenden Mikrofon (3) und einem einen Ausgangsschall (12) abgebenden Hörer (5), dadurch gekennzeichnet,
dass ein Reibelaut des Umgebungsschalls (11) durch das Hörgerät (1) im Ausgangsschall (12) zeitlich gedehnt wiedergegeben wird.
 
2. Verfahren nach Anspruch 1,
dadurch gekennzeichnet,
dass die zeitliche Dehnung einen Hall des Reibelauts umfasst.
 
3. Verfahren nach Anspruch 1 oder 2,
dadurch gekennzeichnet,
dass die zeitliche Dehnung eine n-fache Vervielfachung des Reibelauts umfasst, wobei n ∈ R und n > 1 ist.
 
4. Verfahren nach einem der vorhergehenden Ansprüche, gekennzeichnet durch:

- Ermitteln (100) eines Reibelautsignals (15) in einem Mikrofonsignal (13) und

- Mischen (101) eines Hörereingangssignals (17, 14) mit dem Reibelautsignal (15) oder einem veränderten Reibelautsignal (16).


 
5. Hörgerät (1) mit mindestens einem einen Umgebungsschall (11) aufnehmenden Mikrofon (3) und einem einen Ausgangsschall (12) abgebenden Hörer (5),
dadurch gekennzeichnet,
dass das Hörgerät (1) derart ausgebildet ist, dass es in einem von dem Mikrofon (3) abgegebenen Mikrofonsignal (13) einen Reibelaut ermittelt und den Reibelaut in dem Ausgangsschall (12) zeitlich gedehnt wiedergibt.
 
6. Hörgerät (1) nach Anspruch 5,
dadurch gekennzeichnet,
dass die zeitliche Dehnung einen Hall des Reibelauts umfasst.
 
7. Hörgerät (1) nach Anspruch 5 oder 6,
dadurch gekennzeichnet,
dass die zeitliche Dehnung eine n-fache Vervielfachung des Reibelauts umfasst, wobei n ∈ R und n > 1 ist.
 
8. Hörgerät (1) nach einem der Ansprüche 5 bis 7, gekennzeichnet durch:

- eine Ermittlungseinheit (8), die einen Reibelaut in dem Mikrofonsignal (13) ermittelt,

- eine Änderungseinheit (9), die den ermittelten Reibelaut verändert und

- einen Addierer (10), der den veränderten Reibelaut zu einem Hörereingangssignal (17, 14) addiert.


 




Zeichnung