Gebiet der Erfindung
[0001] Die Erfindung betrifft eine Vorrichtung und ein Verfahren zum Zuschneiden von faserigen
Materialbahnen als Halbzeug zur Herstellung von Werkstücken nach dem Oberbegriff des
Anspruches 1 bzw. 10.
Stand der Technik
[0002] Fasermatten sind mit entsprechendem Zuschnitt als Halbzeug für die Herstellung z.B.
von Kunststoffverbundmaterialien vor allem im Leichtbau vielseitig einsetzbar. Derartige
Gewebe wie Glasfaser- oder Kohlefasergewebe werden nach dem derzeitigen Stand der
Technik industriell in Großanlagen zum Beispiel durch Wasserstrahlschneiden für die
weiteren Verarbeitungsschritte zugeschnitten. Klein- und Kleinstmengen sind durch
solche komplexe Anlagen wirtschaftlich nicht herstellbar. In diesen Bereichen wird
daher das Material mit Schere und Messer geschnitten, beziehungsweise getrennt. Dies
führt beim bisherigen manuellen Einlegen von derartigen zugeschnittenen Gewebezuschnitten
in die vorbereitete Laminierform im Bereich der offenen Gewebezuschnitte häufig zu
einem Herauslösen und Ausfransen der Fasern. Damit gehen Qualitätsprobleme beim Laminieren
der Bauteile in diesen Bereichen als auch bei den fertiggestellten Werkstücken einher.
Eine Prozesssicherheit beim Einlegen der zugeschnittenen Faserteile ist bisher nicht
gegeben. In den Bereichen, in denen die Fasern ausfransen oder unkontrollierte Überlappungen
die Folge sind, kann es zu Schwachstellen oder zu Inhomogenitäten kommen, welche die
Belastungsfähigkeit der hieraus gefertigten Bauteile und Werkstücke beeinträchtigen.
[0003] Zur Lösung dieser Problematik ist es zum Beispiel aus der
AT 006 638 U1 bekannt, zunächst den Zuschnitt abzunähen und dann mittels eines Schneidmittels entsprechend
abzutrennen. Dies führt allerdings dazu, dass die Konturen von der Naht bestimmt werden,
die mitunter nicht so exakt geführt werden kann wie eine Schneidvorrichtung. Ähnliches
gilt für die
DE 199 52 443, die zwei Nähte bildet, zwischen denen dann der Schnitt erfolgt.
[0004] Alternativ erfolgt im Stand der Technik ein Umsäumen mit einem Umschlag der Matten
im Randbereich, was allerdings zu einem unerwünschten Auftragen der Matten beim Einbringen
in die Laminierform und damit ebenfalls zu Inhomogenitäten im Endprodukt führt.
[0005] Eine weitere Möglichkeit besteht darin, die Fasern im Schnittbereich miteinander
zu verkleben. Dies führt allerdings bei der Fertigstellung des Werkstücks dazu, dass
in diesem Bereich der Kunststoff nicht mehr vollständig in die Fasermatte infiltrieren
kann, sodass es auch hier zu Inhomogenitäten im Endprodukt kommt.
Aufgabe der Erfindung
[0006] Ausgehend von diesem Stand der Technik liegt der vorliegenden Erfindung die Aufgabe
zugrunde, eine Vorrichtung und ein Verfahren zu schaffen, die einen passgenauen homogenen
Gewebezuschnitt ermöglichen.
[0007] Diese Aufgabe wird durch eine Vorrichtung und ein verfahren mit den Merkmalen des
Anspruches 1 bzw. 10 gelöst.
[0008] Bei dieser Lösung erfolgt zuerst das Schneiden oder Trennen des Materials, bevor
es unmittelbar im Anschluss daran wenigstens einseitig, das heißt auf der Seite des
Gutteils vernäht wird. Die Nähstation ist damit der Schnittstation in Bearbeitungsrichtung
nachgeschaltet. Das Schneiden und Nähen erfolgt vorzugsweise gleichzeitig und damit
synchronisiert entlang der Schnittkante des Gutteils. Damit werden das Auseinanderfallen
des Fasermaterials und die damit verbundenen Festigkeitsverluste an den Schnittkanten
verhindert. Die Umkehrung der im Stand der Technik bekannten Reihenfolge, d.h. hier
zuerst Schneiden und dann Nähen, hat den Vorteil, dass eine enge Schneid -und Nähführung
bei engen, kurvenartigen Konturen möglich wird. Gleichzeitig ist eine Verletzung der
Nähte beim Schneiden damit ausgeschlossen. Aufwändige Antriebe oder Steuerungen sind
nicht erforderlich.
[0009] Der Schneidvorgang erfolgt durch ein vorzugsweise elektrisch angetriebenes Schermesser,
welches an einer definierten Schnittkante das Gewebe trennt. Danach erfolgt das Abnähen
der Schnittkante des Gutteils. Beide Arbeitsschritte erfolgen synchron in einem Arbeitsgang
in einem Gehäuse.
[0010] Vorzugsweise ist die Nähstation in Bearbeitungsrichtung seitlich versetzt zur Schnittstation
angeordnet, um in einem entsprechenden Abstand zur Schnittkante die Naht führen zu
können. Die Schneide des Messers ist vorteilhafterweise gezahnt, um ein unkontrolliertes
Ausweichen der Fasern entlang des Schnitts zu verhindern. Das Vernähen selbst erfolgt
wie bei normalen industriellen Nähmaschinen mit einem entsprechend konstruierten Nähkopf.
[0011] Bedarfsweise können auch beide durch die Schnittstation gebildeten Schnittkanten
in der Materialbahn abgenäht werden. Hierzu kann entweder mit einer Nähstation beidseitig
genäht werden oder es können auf jeder Seite gesonderte Nähstationen vorgesehen sein.
[0012] Vorzugsweise sind Schnittstation und Nähstation in ein Handgerät integriert. Insbesondere,
aber nicht nur dann ergibt sich ein mobiles System, welches an jedem Ort einsetzbar
ist. Eine mechanische Führung ist bei einem derart handgeführten Gerät nicht erforderlich.
Es ergibt sich somit ein leichtes und einfaches Handling von Hand.
[0013] Weitere Vorteile ergeben sich aus den Unteransprüchen und der nachfolgenden Beschreibung
eines bevorzugten Ausführungsbeispiels.
Kurzbeschreibung der Figuren
[0014] Im Folgenden wird die Erfindung anhand eines Ausführungsbeispiels näher erläutert.
Es zeigen:
- Fig. 1
- eine dreidimensionale Ansicht einer erfindungsgemäßen Vorrichtung von schräg vorne,
- Fig. 2
- die Vorrichtung gemäß Fig. 1 in einer dreidimensionalen Ansicht von schräg hinten,
- Fig. 3
- eine dreidimensionale Ansicht der Vorrichtung gemäß Fig. 1 von der gegenüberliegenden
Seite,
- Fig. 4
- eine Draufsicht auf die Vorrichtung,
- Fig. 5
- eine Seitenansicht der Vorrichtung gemäß Fig. 3,
- Fig. 6
- eine Rückansicht der Vorrichtung.
Beschreibung bevorzugter Ausführungsbeispiele
[0015] Bevor die Erfindung im Detail beschrieben wird, ist darauf hinzuweisen, dass sie
nicht auf die jeweiligen Bauteile der Vorrichtung sowie die jeweiligen Verfahrensschritte
beschränkt ist, da diese Bauteile und Verfahren variieren können. Die hier verwendeten
Begriffe sind lediglich dafür bestimmt, besondere Ausführungsformen zu beschreiben
und werden nicht einschränkend verwendet. Wenn zudem in der Beschreibung oder in den
Ansprüchen die Einzahl oder unbestimmte Artikel verwendet werden, bezieht sich dies
auch auf die Mehrzahl dieser Elemente, solange nicht der Gesamtzusammenhang eindeutig
etwas Anderes deutlich macht.
[0016] Die Figuren zeigen eine Vorrichtung zum Zuschneiden von faserigen Materialbahnen
als Halbzeug zur Erstellung von Werkstücken, wie sie insbesondere für Hochleistungsverbundwerkstoffe
eingesetzt werden. Derartige faserige Materialbahnen können zum Beispiel Kohlefaser-
oder Glasfasermatten und -gewebe sein. Mit der Vorrichtung wird dabei ein Schneiden
und Fügen von Glasfaser- und Kohlefasergeweben in einem einzigen Arbeitsprozess realisiert.
Die faserige Materialbahn wird entlang vorgegebener Konturen des Halbzeugs zugeschnitten
und am Rand der Kontur abgenäht. Dazu sind in der Vorrichtung eine Schnittstation
10 und eine Nähstation 11 vorgesehen. Die Schnittstation dient dem Zuschneiden der
Materialbahnen des zeichnerisch nicht dargestellten Halbzeugs, also zum Beispiel des
Glasfaser- oder Kohlefasergewebes, wobei auch andere faserige Materialien mit dieser
Vorrichtung bearbeitet werden können. Die wenigstens eine Nähstation 11 dient zum
Abnähen der Materialbahn am Rand der Kontur.
[0017] In den Figuren ist ein Handgerät dargestellt, das zum Zuschneiden und gleichzeitigen,
synchronisierten Vernähen des Gutteils an der Schnittkante dient, d.h., dass Schnittstation
10 und Nähstation 11 in das Handgerät integriert sind. Eine entsprechend ausgerüstete
Vorrichtung kann jedoch auch computergesteuert eingesetzt und aufgebaut werden, sodass
dann auf die Handgriffe 16, 17 der Vorrichtung verzichtet werden kann. Die Figuren
1 und 2 zeigen in Verbindung mit Fig. 4, dass die zur Schnittstation 10 benachbarte
Nähstation 11 in Bearbeitungsrichtung b-b (Fig.4) der Schnittstation 10 nachgeschaltet
ist. In Fig. 1 wird also die Materialbahn von links der Vorrichtung zugeführt, wobei
die Materialbahn unter den Niederhalter 15 für das Gewebe geführt wird. Das Material
gelangt dann zunächst zu der Schnittvorrichtung 10, die durch ein Schneidmesser 12
gebildet ist, das vorzugsweise oszillierend das Material an einer Schnittkante, die
zeichnerisch nicht dargestellt unter dem Niederhalter angeordnet ist, abtrennt. Das
Schneidmesser pendelt also quer zur Ebene des Materials, d.h. es bewegt sich in einem
beliebigen Winkel, vorzugsweise im rechten Winkel zum Gewebe durch das Gewebe hindurch.
Die zeichnerisch nicht dargestellte Abschnittkante ist leicht geneigt, um eine Scherwirkung
in Schnittrichtung zu erreichen. Das Schneidmesser Messer kann auch als ein z.B. runder
Stempel analog zu einem Stanzstempel in einer Blechstanzmaschine ausgebildet sein.
Vorzugsweise ist das Schneidmesser 12 gezahnt, um ein unkontrolliertes Ausweichen
an der Faser entlang der Schnittstelle zu verhindern.
[0018] Nach der Schnittstation 10 gelangt das Material zu einer Nähstation 11, wobei die
Nähstation vorzugsweise unmittelbar nach der Schnittstation angeordnet ist. Schnittstation
und Nähstation arbeiten gleichzeitig synchronisiert. Die Nähstation 11 ist dabei wenige
Zentimeter, vorzugsweise etwa ein Zentimeter in Bearbeitungsrichtung b-b hinter der
Schnittstation 10 angeordnet. Die Figuren 1 und 2 machen deutlich, dass die Nähstation
11 in Bearbeitungsrichtung seitlich versetzt zur Schnittstation angeordnet ist. Damit
kann ein Nähen neben der geschnittenen Kontur im Ausführungsbeispiel auf der Seite
des Gutteils erfolgen.
[0019] Gemäß den Figuren 3 und 4 ist auf der einen Seite der Vorrichtung eine Aussparung
19 vorgesehen, über die der nicht benötigte Teil der Materialbahn, also das Schlechtteil
unter der Vorrichtung abgeführt werden kann. Die Aussparung 19 ist im Fuß 18 vorgesehen.
[0020] Alternativ zu der einseitig arbeitenden Nähstation ist es auch möglich, hinter der
Schnittstation entweder in einer Nähstation beide Schnittkanten abzunähen oder gegebenenfalls
auch in Bearbeitungsrichtung hintereinander versetzt auf jeder Seite eine Nähstation
vorzusehen, um die Schnittkanten abzunähen. Damit lassen sich Materialreste bedarfsweise
weiter verwenden.
[0021] Durch den Einsatz der Vorrichtung können derartige Hochleistungsgewebe zielgerichtet
auch in Klein- oder Kleinstmengen bearbeitet werden. Damit können die Materialien
des Leichtbaus auch in Bereiche vordringen, in denen sie heute noch keine Verwendung
finden, da die Bearbeitung der Gewebe stark erleichtert und vereinfacht wird. Derartige
Technologiegebiete sind der Modellbaubereich in Kombination mit der mechanischen Bearbeitung
von metallischen High-End-Materialien, ebenso können aber derartige Vorrichtungen
auch ganz allgemein in der Automobilindustrie, Flugzeugindustrie, bei Windkraftanlagen
und deren Zulieferern oder auch im Rennsport und Schiffsbau eingesetzt werden. Mit
dem verstärkten Einsatz der Leichtbaumaterialien entsteht auch ein verstärkter Bedarf
an Reparatur und Ausbesserungsdienstleistungen, die mit einer derartigen Vorrichtung
bedient werden können.
[0022] Das Gerät erlaubt in kompakter, leichter und handlicher Bauweise dem Anwender ein
ergonomisches und prozesssicheres Zuschneiden passgenauer Gewebezuschnitte. Dadurch
ist ein zeitoptimiertes, effektives und kostensparendes Verarbeiten der Zuschnitte
möglich, wobei sich auch komplexe Konturen exakt zuschneiden lassen. Das Auftreten
von Inhomogenitäten im Endprodukt lässt sich dadurch nachhaltig vermeiden.
[0023] Schnittstation und Nähstation werden durch einen zeichnerisch nicht dargestellten
Antrieb angetrieben, der im Antriebsgehäuse 13 aufgenommen ist.
Bezugszeichenliste
[0024]
- 10
- Schnittstation
- 11
- Nähstation
- 12
- gezahntes Schneidemesser
- 13
- Antriebsgehäuse
- 14
- Nadel
- 15
- Niederhalter
- 16, 17
- Griff
- 18
- Fuß
- 19
- Aussparung
- b-b
- Bearbeitungsrichtung
1. Vorrichtung zum Zuschneiden von faserigen Materialbahnen als Halbzeug zur Herstellung
von Werkstücken, mit
- einer Schnittstation zum Zuschneiden der Materialbahn entlang vorgegebener Konturen
des Halbzeugs entlang einer Bearbeitungsrichtung (b-b),
- wenigstens einer Nähstation (11) zum Abnähen der Materialbahn am Rand der Kontur,
dadurch gekennzeichnet, dass die zur Schnittstation (10) benachbarte Nähstation (11) in Bearbeitungsrichtung (b-b)
der Schnittstation (10) nachgeschaltet ist.
2. Vorrichtung nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, dass die synchron mit der Schnittstation (10) arbeitende Nähstation (11) der Schnittstation
(10) unmittelbar benachbart ist.
3. Vorrichtung nach Anspruch 1 oder 2, dadurch gekennzeichnet, dass die Nähstation (11) wenige Zentimeter, vorzugsweise etwa einen Zentimeter in Bearbeitungsrichtung
(b-b) hinter der Schnittstation (10) angeordnet ist.
4. Vorrichtung nach einem der vorhergehenden Ansprüche, dadurch gekennzeichnet, dass die Nähstation (11) in Bearbeitungsrichtung (b-b) seitlich versetzt zur Schnittstation
(10) angeordnet ist.
5. Vorrichtung nach einem der vorhergehenden Ansprüche, dadurch gekennzeichnet, dass die Schnittstation (10) ein gezahntes Schneidmesser (12) aufweist.
6. Vorrichtung nach Anspruch 5, dadurch gekennzeichnet, dass das Schneidmesser (12) quer zur Ebene der Materialbahn oszillierend bewegbar ist.
7. Vorrichtung nach einem der vorhergehenden Ansprüche, dadurch gekennzeichnet, dass die Nähstation (11) so angeordnet ist, dass sie an beiden Rändern der durch die Schnittstation
(10) entstehenden Kanten näht.
8. Vorrichtung nach einem der Ansprüche 1 bis 6, dadurch gekennzeichnet, dass je eine Nähstation auf beiden Seiten der durch die Schnittstation (10) entstehenden
Kanten gegebenenfalls in Bearbeitungsrichtung zueinander versetzt vorgesehen ist.
9. Vorrichtung nach einem der vorhergehenden Ansprüche, dadurch gekennzeichnet, dass Schnittstation (10) und Nähstation (11) in ein Handgerät integriert sind.
10. Verfahren zum Zuschneiden von faserigen Materialbahnen als Halbzeug zur Herstellung
von Werkstücken, mit den Schritten
- Zuschneiden der Materialbahn entlang vorgegebener Konturen des Halbzeugs entlang
einer Bearbeitungsrichtung (b-b),
- Abnähen der Materialbahn am Rand der Kontur,
dadurch gekennzeichnet, dass das Zuschneiden der Materialbahn benachbart zu einer Nähstation (11) erfolgt, die
in Bearbeitungsrichtung (b-b) dem Zuschneiden nachgeschaltet die Kontur abnäht.
11. Verfahren nach Anspruch 10, dadurch gekennzeichnet, dass zuerst das Schneiden oder Trennen des Materials, bevor es unmittelbar im Anschluss
daran gleichzeitig und damit synchronisiert entlang der Schnittkante wenigstens einseitig
vernäht wird.
12. Verfahren nach Anspruch 10 oder 11, dadurch gekennzeichnet, dass hinter der Schnittstation beide Schnittkanten gegebenenfalls auch in Bearbeitungsrichtung
hintereinander versetzt abgenäht werden.
13. Verfahren nach einem der vorhergehenden Ansprüche, dadurch gekennzeichnet, dass ein Nähen neben der geschnittenen Kontur des Gutteils erfolgt.