(19)
(11) EP 2 510 198 B1

(12) EUROPÄISCHE PATENTSCHRIFT

(45) Hinweis auf die Patenterteilung:
27.07.2016  Patentblatt  2016/30

(21) Anmeldenummer: 10760329.2

(22) Anmeldetag:  28.09.2010
(51) Internationale Patentklassifikation (IPC): 
F01K 13/00(2006.01)
F22B 35/00(2006.01)
F01K 13/02(2006.01)
F22D 5/26(2006.01)
(86) Internationale Anmeldenummer:
PCT/EP2010/064376
(87) Internationale Veröffentlichungsnummer:
WO 2011/069700 (16.06.2011 Gazette  2011/24)

(54)

VERFAHREN UND VORRICHTUNG ZUM REGELN EINER DAMPFERZEUGUNG IN EINER DAMPFKRAFTANLAGE

METHOD AND DEVICE FOR REGULATING THE PRODUCTION OF STEAM IN A STEAM PLANT

PROCÉDÉ ET DISPOSITIF POUR RÉGULER LA PRODUCTION DE VAPEUR DANS UNE CENTRALE À VAPEUR


(84) Benannte Vertragsstaaten:
AL AT BE BG CH CY CZ DE DK EE ES FI FR GB GR HR HU IE IS IT LI LT LU LV MC MK MT NL NO PL PT RO SE SI SK SM TR

(30) Priorität: 08.12.2009 DE 102009047652

(43) Veröffentlichungstag der Anmeldung:
17.10.2012  Patentblatt  2012/42

(73) Patentinhaber: Siemens Aktiengesellschaft
80333 München (DE)

(72) Erfinder:
  • BACKI, Christoph
    74834 Elztal (DE)
  • TREUER, Michael
    73547 Lorch (DE)
  • GADINGER, Jörg
    90478 Nürnberg (DE)
  • WENDELBERGER, Klaus
    68789 St. Leon-Rot (DE)
  • MEERBECK, Bernhard
    65779 Kelkheim (DE)
  • WEISSBACH, Tobias
    73614 Schorndorf (DE)


(56) Entgegenhaltungen: : 
US-A- 4 577 270
US-A- 4 888 953
   
  • DIMEO R ET AL: "BOILER-TURBINE CONTROL SYSTEM DESIGN USING A GENETIC ALGORITHM", IEEE TRANSACTIONS ON ENERGY CONVERSION, IEEE SERVICE CENTER, PISCATAWAY, NJ, US, Bd. 10, Nr. 4, 1. Dezember 1995 (1995-12-01), Seiten 752-759, XP000552770, ISSN: 0885-8969, DOI: 10.1109/60.475849
   
Anmerkung: Innerhalb von neun Monaten nach der Bekanntmachung des Hinweises auf die Erteilung des europäischen Patents kann jedermann beim Europäischen Patentamt gegen das erteilte europäischen Patent Einspruch einlegen. Der Einspruch ist schriftlich einzureichen und zu begründen. Er gilt erst als eingelegt, wenn die Einspruchsgebühr entrichtet worden ist. (Art. 99(1) Europäisches Patentübereinkommen).


Beschreibung


[0001] Die Erfindung betrifft ein Verfahren zum Regeln der Erzeugung von Dampf aus Speisewasser in einem Verdampfer einer Dampfkraftanlage, bei dem in einem ersten Regelsystem ein Zustandsregler mehrere Mediumszustände im Verdampfer mit Hilfe eines Beobachters berechnet und daraus einen Speisewassermassenstrom als Stellgröße des ersten Regelsystems ermittelt.

[0002] Der Wirkungsgrad einer Dampfkraftwerksanlage steigt mit der Temperatur des im Kraftwerkkessel erzeugten Dampfes und mit der Konstanz der Qualität des nach der Verdampfereinheit bereitgestellten Dampfs. Die Dampferzeugung in einer Dampfkraftanlage erfolgt in der Regel aus Speisewasser, das in einem Hochdruckvorwärmer, auch Economizer genannt, vorgewärmt und dann in einem Verdampfer verdampft wird. Das Speisewasser wird hierbei vor dem Hochdruckvorwärmer mittels einer Speisewasserpumpe auf einen hohen Druck gebracht und durch den Hochdruckvorwärmer und Verdampfer getrieben.

[0003] Die Regelung der Dampftemperatur nach dem Verdampfer erfolgt durch das Einstellen eines Massenstroms des Speisewassers als Stellgröße, das in den Verdampfer eingeführt wird. Das Regelverhalten der Dampftemperatur mit dieser Stellgröße ist sehr träge, so dass sich ein Verstellen des Speisewassermassenstroms erst nach mehreren Minuten auf die zu regelnde Temperatur auswirkt. Zusätzlich wird die zu regelnde Temperatur durch zahlreiche Störungen, wie z.B. Laständerungen, Rußblasen im Kessel, Wechsel des Brennstoffes, usw., stark beeinflusst. Eine genaue Temperaturregelung ist aus diesen Gründen schwer zu erreichen.

[0004] Aus Dimeo R. et al., "Boiler-Turbine Control System Design Using a Genetic Algorithm", IEEE Transactions on Energy Conversion, Vol. 10, No. 4, December 1995, ist ein Verfahren zur Regelung eines Dampferzeugers mittels eines Linear quadratischen Reglers (LQR) bekannt.

[0005] Es ist eine Aufgabe der Erfindung, ein Verfahren anzugeben, mit dem die Dampftemperatur sowohl genau als auch stabil geregelt werden kann.

[0006] Diese Aufgabe wird dadurch gelöst, dass der Zustandsregler erfindungsgemäß ein linear-quadratischer Regler ist. Ein solcher Linear Quadratic Regulator (LQR) kann eine linear-quadratische optimale Zustandsrückführung enthalten. Hierbei können dessen Parameter derart bestimmt werden, dass ein Gütekriterium für die Regelqualität optimierbar ist. Hierdurch kann sowohl eine genaue als auch stabile Regelung erreicht werden.

[0007] Die Erfindung geht hierbei von der Überlegung aus, dass bei einer Zustandsregelung mehrere - teilweise nicht messbare - Zustände zur Ermittlung der Stellgröße, bzw. des Reglerstellsignals, zurückgeführt werden. Für den vorliegenden Anwendungsfall bedeutet dies, dass Zustände, wie eine Temperatur, ein Druck, eine Enthalpie oder eine andere Zustandsgröße, an mehreren Stellen entlang des Verdampfers im Algorithmus verwendet werden können. Da diese Zustände jedoch nicht messbar sind, wird eine so genannte Beobachterschaltung benötigt, mit deren Hilfe die benötigten Zustände, die durch Zustandsgrößen charakterisiert werden können, geschätzt bzw. errechnet werden können. Die Begriffe "schätzen", "berechnen" und "ermitteln" werden im Folgenden als Synonyme verwendet. Der Vorteil dieses Konzepts besteht darin, dass sehr schnell und akkurat auf Störungen, die auf den Verdampfer wirken, reagiert werden kann.

[0008] Die Dampfkraftanlage ist eine mit Dampfkraft betriebene Anlage. Sie kann eine Dampfturbine, eine Dampfprozessanlage oder jede andere Anlage sein oder umfassen, die mit Energie aus Dampf betrieben wird. Als Verdampfer kann im Folgenden jedes System verstanden werden, in dem Wasser verdampft wird, wobei ein Vorwärmer, insbesondere ein Hochdruckvorwärmer, eingeschlossen sein kann. Das Medium kann Speisewasser, Dampf oder eine Mischung aus Speisewasser und Dampf sein. Ein Mediumszustand - im Folgenden auch vereinfacht Zustand genannt - kann eine Energie, eine Temperatur, ein Druck, eine Enthalpie oder ein anderer Zustand des Mediums sein.

[0009] Als ein Zustandsregler kann im Folgenden ein Regelkreis verstanden werden, der die Regelgröße auf der Grundlage eines geschätzten Zustands, beispielsweise in Form einer Zustandsraumdarstellung, regelt. Dabei können ein oder mehrere Zustände innerhalb der Regelstrecke durch einen Beobachter geschätzt und der Regelstrecke - oder dem Regler - wieder zugeführt, also zurückgeführt, werden. Die Rückführung, die zusammen mit der Regelstrecke den Regelkreis bildet, kann durch den Beobachter geschehen, der somit eine Messeinrichtung ersetzen kann. Der Beobachter berechnet bzw. schätzt die Zustände des Systems, in diesem Fall des Mediums im Verdampfer, und kann eine Zustands-Differentialgleichung, eine Ausgangsgleichung und einen Beobachtervektor umfassen. Der Ausgang des Beobachters kann mit dem Ausgang der Regelstrecke verglichen werden. Die Differenz kann über den Beobachtervektor auf die Zustands-Differentialgleichung wirken. Weiter ist es vorteilhaft, wenn der Beobachter unabhängig vom Zustandsregler arbeitet.

[0010] Zweckmäßigerweise verwendet der Zustandsregler einen Zustand des den Verdampfer verlassenden Dampfs als Regelgröße, wie die Dampftemperatur, oder die Enthalpie des Dampfs. Als Stellgröße wird vorteilhafterweise der Speisewassermassenstrom verwendet.

[0011] In einer vorteilhaften Ausführungsform der Erfindung wird ein Sollwert für den Speisewassermassenstrom an einen Regler eines zweiten Regelsystems zur Regelung des Speisewassermassenstroms weitergegeben. Dieser kann den Sollwert als Regelgröße verwenden. Als Stellgröße des zweiten Regelsystems kann direkt oder indirekt die Drehzahl einer Speisewasserpumpe, die Stellung eines Ventils, z.B. in der Speisewasserleitung, oder ein anderer für die Einstellung des Speisewassermassenstroms geeigneter Parameter verwendet werden.

[0012] Die Erfindung ist gekennzeichnet dadurch, dass zur Berechnung der Mediumszustände als Zustandsgröße eine Enthalpie des Mediums verwendet wird. Zweckmäßigerweise werden mehrere Zustände und in Folge dessen mehrere Enthalpien verwendet. Die Dampfparameter, wie Enthalpie und/oder Druck und Temperatur, sollen, je nach Lastfall, auf gewünschte Werte gehalten und bei Laständerungen entsprechend geregelt werden. Die Vorteile einer Enthalpie-Zustandsregelung, also einer Verwendung einer Enthalpie oder eines Produkts aus Enthalpie und einer weiteren Größe, wie einen Wassermassenstrom, als Zustand, sind, dass Zustandsregelungen eine höhere Regelgüte erreichen und die Regelung schneller wird. Auch verfahrenstechnisch ergeben sich Vorteile: Der Prozess wird zweckmäßigerweise so ausgelegt, dass am Verdampferende schwach überhitzter Dampf austritt, welcher nahe an der Sattdampfgrenze liegt. Mit sich änderndem Druck, z.B. im Gleitdruckbetrieb, ändert sich der Verdampfungsendpunkt bzw. der Sattdampfpunkt, was bei Temperaturbetrachtung dazu führen kann, dass Nassdampf entsteht. Bei Verwendung der Enthalpie als Zustandsgröße muss der Druck nicht explizit mitbetrachtet werden, da die Enthalpie sowohl Temperatur als auch Druck in einer Größe vereinigt.

[0013] Vorteilhafterweise werden als Zustandsgrößen Abweichungen der absoluten Enthalpien von Enthalpie-Sollwerten verwendet. Hierdurch kann im Gleichgewicht auf Null geregelt und das mathematische Problem vereinfacht werden.

[0014] Das LQR-Verfahren bezieht sich auf lineare Regelungsprobleme. Durch eine Umrechnung von Temperaturmesswerten und Temperatursollwerten auf Enthalpien kann das mathematische Reglerproblem bei Verwendung von Enthalpie-Zuständen linearisiert und dadurch einer einfacheren Berechnung zugänglich gemacht werden, denn zwischen Eintritts- und Austrittsenthalpie besteht ein linearer Zusammenhang. Die Umrechnung erfolgt zweckmäßigerweise mit Hilfe entsprechender Wasser-/Dampf-Tafel-Beziehungen unter Verwendung z.B. des gemessenen Dampfdruckes.

[0015] Bei der Regelung der Verdampferstrecke mittels einer Zustandsregelung besteht jedoch das Problem, dass der Zustands am Verdampfereintritt zwar durch eine Enthalpie beschrieben werden kann, die Enthalpie am Verdampfereintritt jedoch nicht eingestellt werden kann, da Druck und Temperatur des Speisewassers nur unwesentlich verändert werden können und als Stellgröße ungeeignet sind. Daher wird zweckmäßigerweise der Speisewassermassenstrom als Stellgröße verwendet und bei der Berechnung der Zustände auf diese aufmultipliziert.

[0016] Der Speisewasserstrom wirkt allerdings in nichtlinearer Weise auf die Regelgröße Enthalpie am Verdampferein- und -austritt, so dass das Reglerproblem - trotz Verwendung von Enthalpien - nichtlinear ist. Zur Lösung dieses Problems wird bei der Berechnung der Zustände zweckmäßigerweise eine Linearisierung verwendet. Im vorliegenden Fall wird vorteilhafterweise angenommen, dass sich die Zustände nur um einen Abweichungsbereich um einen Arbeitspunkt bewegen. In diesen Abweichungsbereichen, der zweckmäßigerweise vorbestimmt ist, kann das System als linear angenommen werden.

[0017] Diese Linearisierung ist für einen Zustand nur für den Arbeitspunkt und den um diesen liegenden Abweichungsbereich sinnvoll. Wandert der tatsächliche Zustand aus dem Abweichungsbereich hinaus, so wird die Linearisierung zu unvorteilhaften Ergebnissen führen. Es ist daher vorteilhaft, den Arbeitspunkt zu aktualisieren. Dies geschieht zweckmäßigerweise dadurch, dass der Arbeitspunkt durch Einsetzen von Messwerten aktualisiert wird. Die Messwerte sind zweckmäßigerweise aktuelle Messwerte, die durch Messung eines aktuell vorliegenden Mediumsparameters, wie Druck, Temperatur und dergleichen, erfasst wurden. Der der Zustandsberechnung zugrunde gelegte Arbeitspunkt kann an einen aktuellen Mediumszustand angepasst werden. Es kann ein nichtlineares Regelsystem verwendet werden, das durch Einsetzen aktueller Messwerte linearisiert wird. Durch die Linearisierung wird ein sehr robustes Regelverhalten erzielt, d.h. die Regelqualität hängt nicht mehr vom aktuellen Betriebspunkt der Anlage ab.

[0018] Eine weitere vorteilhafte Ausführungsform der Erfindung sieht vor, dass das Regelsystem des Zustandsreglers eine Matrixgleichung, beispielsweise in Form einer Rückführmatrix, beinhaltet, zu deren Berechnung während der Dampferzeugung gemessene Mediumswerte verwendet werden. So kann z.B. die Zustandsrückführung über eine Matrixgleichung erfolgen, deren Parameter zumindest teilweise unter Verwendung aktueller Messwerte bestimmt werden. Durch die Verwendung aktueller Messwerte, z.B. in einer Online-Berechnung der Rückführmatrix, kann sich der Regler ständig an die tatsächlichen Betriebsbedingungen anpassen. Hierdurch kann einer lastabhängigen Änderung des dynamischen Verdampferverhaltens automatisch Rechnung getragen werden. Auch durch diesen Schritt kann eine Erhöhung der Robustheit des Regelalgorithmus erzielt werden. Aufgrund der Tatsache, dass der Regleralgorithmus sehr robust ist, müssen bei der Inbetriebsetzung nur sehr wenige Parameter eingestellt werden. Inbetriebsetzungszeit und -aufwand ist gegenüber allen bislang bekannten Verfahren daher erheblich reduziert.

[0019] Vorteilhafterweise wird die Matrixgleichung durch eine Leittechnik der Dampfkraftanlage berechnet. Die Leittechnik kann hierbei ein Steuersystem sein, das die Dampfkraftanlage in ihrem regulären Betrieb steuert. Um die mathematischen Bausteine der Leittechnik einfach zu halten, ist es vorteilhaft, wenn die Matrixgleichung in einen Satz skalarer Differentialgleichungen überführt wird. Eine relativ einfache Integration der Matrixgleichung kann durch eine Integration rückwärts über die Zeit erreicht werden. Da im Realfall keine Information aus der Zukunft zur Verfügung steht, kann eine der Rückwärtsintegration äquivalente Integration erreicht werden, wenn der Satz skalarer Differentialgleichungen mit umgekehrtem Vorzeichen integriert wird, was stabil zur selben stationären Lösung führt.

[0020] In einer vorteilhaften Ausführungsform der Erfindung ist der Beobachter ein Kalman-Filter, der auf die linear-quadratische Zustandsrückführung ausgelegt ist. Das Zusammenspiel des linear-quadratischen Reglers mit dem Kalman-Filter wird als LQG (Linear Quadratic Gaussian)-Regler bzw. LQG-Algorithmus bezeichnet.

[0021] Vorteilhafterweise berechnet der Beobachter die im Verdampfer in das Medium eingetragene Wärme. Diese kann als Störgröße definiert und im Regelalgorithmus verwendet werden. Hierbei können nicht nur die Enthalpien oder ein davon abgeleiteter Parameter entlang des Verdampfers sondern zusätzlich die Störgröße als Zustand definiert werden und insbesondere mit Hilfe des Beobachters geschätzt bzw. ermittelt werden. Störungen, die direkt auf den Verdampfer wirken, drücken sich dadurch aus, dass sich die Aufwärmspanne im Verdampfer verändert. Durch eine solche Beobachtung der Störgrößen ist eine sehr schnelle, akkurate aber gleichzeitig robuste Reaktion auf entsprechende Störungen möglich.

[0022] Die Erfindung betrifft außerdem eine Vorrichtung zum Regeln der Erzeugung von Dampf aus Speisewasser in einem Verdampfer einer Dampfkraftanlage, mit einem Regelsystem, der einen Beobachter und einen Zustandsregler umfasst, der dazu vorbereitet ist, mehrere Mediumszustände im Verdampfer mit Hilfe eines Beobachters zu berechnen und daraus einen Speisewassermassenstrom als Stellgröße des ersten Regelsystems zu ermitteln.

[0023] Es wird vorgeschlagen, dass der Zustandsregler ein linear-quadratischer Regler ist. Es kann eine genaue und stabile Regelung erreicht werden.

[0024] Vorteilhafterweise ist die Vorrichtung dazu ausgelegt, einen, mehrere oder alle der oben vorgeschlagenen Verfahrensschritte auszuführen.

[0025] Die Erfindung wird anhand von Ausführungsbeispielen näher erläutert, die in den Zeichnungen dargestellt sind.

[0026] Es zeigen:
FIG 1
einen Ausschnitt aus einem Dampfkraftwerk mit einem Verdampfer,
FIG 2
ein Schema einer Regelkaskade,
FIG 3
ein Modell des Verdampfers,
FIG 4
ein lineares Streckenmodell als Grundlage für eine Reglerentwurf,
FIG 5
eine Struktur eines Beobachters und
FIG 6
eine Übersicht über einen Regleraufbau.


[0027] FIG 1 zeigt eine schematische Darstellung eines Ausschnitts aus einem Dampfkraftwerk mit einer Dampfkraftanlage, die eine Dampfturbine 2, einen Kessel 4, einen Verdampfer 6 und einen Überhitzer 8 umfasst. Der Kessel 4 gibt Wärme an den Verdampfer 6 ab, in den Speisewasser 10 einströmt, das von einer Speisewasserpumpe 12 zum Verdampfer 6 gepumpt wird und das die Wärme aufnimmt. Mit Hilfe eines Ventils 14 kann der Speisewasserstrom reguliert werden.

[0028] Durch die Aufnahme von Wärme wird das Speisewasser 10 im Verdampfer 6 verdampft, und der entstandene Dampf 16 strömt zum Überhitzer 8 weiter, um dort zu Frischdampf überhitzt und anschließend der Dampfturbine 2 zugeführt zu werden. Zur Regelung der Temperatur des Dampfs 16 wird der Speisewasserstrom mit Hilfe des Ventils 14 und/oder der Speisewasserpumpe 12 geregelt, wobei ein Sollstrom des Speisewassers 10 vor dem Verdampfer 6 die Regelgröße und eine Ventilstellung und/oder eine Pumpenleistung die Stellgröße ist.

[0029] Ein Temperatursensor 18 und ein Drucksensor 19 messen die Temperatur TW bzw. den Druck pW des Speisewassers 10 und ein Sensor 20 den Ist-Speisewasserstrom mi vor dem Verdampfer 6. Ein Temperatursensor 22 und ein Drucksensor 24 messen die Dampftemperatur TD bzw. den Dampfdruck pD des Dampfs 16 nach dem Verdampfer 6.

[0030] Der Verdampfer 6 kann ein nicht dargestellter Vorwärmer Umfassen. Dies ist jedoch für die Erfindung unerheblich, und es wird im Folgenden unter dem Begriff "Verdampfer" auch ein System aus einem Verdampfer mit einem Vorwärmer verstanden.

[0031] Der Verdampfer 6 ist ein Zwangsdurchlaufdampferzeuger, bei dem der Durchlauf des Wasser- bzw. Dampfstroms von der Speisepumpe 12 erzwungen wird. Das Speisewasser 10 kann hierbei nacheinander einen Speisewasservorwärmer und den Verdampfungsteil durchströmen, insbesondere auch den Überhitzer 8, so dass die Erwärmung des Speisewassers 10 bis zur Sattdampftemperatur, die Verdampfung und die Überhitzung kontinuierlich in einem Durchlauf erfolgen. Hierbei wird keine Trommel benötigt. Insbesondere ist der Verdampfer 6 Teil eines Bensonkessels. Dieser kann im überkritischen Bereich gefahren werden, wobei das Speisewasser 10 von der Speisewasserpumpe 12 auf einen Druck von über 230 bar gebracht werden kann. Der Speisewassermassenstrom kann lastabhängig geregelt werden.

[0032] In FIG 2 ist eine Regelkaskade mit einem ersten bzw. äußeren Regelsystem 26 und einem zweiten bzw. inneren Regelsystem 28 schematisch dargestellt. Das äußere Regelsystem 26 umfasst einen linear-quadratischen Regler 30, insbesondere einen LQG-Regler. Diesem werden als Eingangsgrößen der gemessene Ist-Speisewasserstrom mi, die gemessene Temperatur TW des Speisewassers 10, die gemessene Temperatur TD und der gemessene Druck pD des Dampfs 16 sowie die Solltemperatur TS des Dampfs 16 nach dem Verdampfer 6 zugeführt. Die Solltemperatur TS des Dampfs 16 ist die Regelgröße des Reglers 30. Der Sollmassenstrom mS des Speisewassers 10 wird als Stellgröße vom Regler 30 ausgegeben.

[0033] Dieser Sollmassenstrom mS wird einem Regelkreis 32 des inneren Regelsystems 28 als Sollwert für die Regelgröße vorgegeben. Der gemessene Speisewasserstrom mi ist die Regelgröße des Regelkreises 32. Der Regelkreis 32 hat eine Stellung des Regelventils 14 und/oder eine Leistung der Speisewasserpumpe 12 als Stellgröße.

[0034] Der Regler 30 wirkt nicht direkt über ein Stellorgan auf den Prozess ein, sondern übergibt den Sollwert mS für Speisewassermassenstrom an den unterlagerten Regelkreis 32, mit dem er somit eine Kaskade aus äußerem Regelsystem 26 und innerem Regelsystem 28 bildet. Die gemessene Temperatur TW und der Druck pW des Speisewassers 10 vor dem Verdampfer 6 werden vom Regler 30 als zusätzliche Information benötigt, um die spezifische Enthalpie h1 des Speisewassers 10 vor dem Verdampfer 6 zu ermitteln. Die Enthalpie h1 lässt sich über die Wasser-Dampf-Tafel bestimmen. Aus dem Dampfdruck pD und der Dampftemperatur TD wird die spezifische Enthalpie h2 des Dampfs 16 nach dem Verdampfer 6 berechnet.

[0035] FIG 3 zeigt ein Modell der Verdampfungsstrecke im Verdampfer 6, die in drei Verzögerungsglieder 34 erster Ordnung eingeteilt ist, so dass sich in deren Reihenschaltung ein verzögerndes Verhalten dritter Ordnung ergibt. Die drei Verzögerungsglieder können jeweils PT1-Glieder sein, die durch einen negativ rückkoppelnden Integrator 36 realisiert sind. Die Zeitkonstanten dieser Verzögerungsglieder sind lastabhängig und werden mit sinkender Last größer und umgekehrt. Nach jedem Verzögerungsglied 34 ist ein Zustand xi angegeben, mit i = 1, 2, 3, wobei der Zustand x1 die Ausgangsenthalpie h2 angibt. Ein Eingangszustand ist durch die Eingangsenthalpie h1 der Verdampfungsstrecke charakterisiert. Die beiden mittleren Zustände x2, x3 sind rechnerische und nicht messbare Zustände, die durch den Beobachter geschätzt werden. Alle Zustände xi sind zeitabhängige Größen.

[0036] In die Verdampfungsstrecke strömt Speisewasser 10 mit der Enthalpie h1 ein. Im Prinzip könnte diese Enthalpie h1 als Stellgröße des ersten bzw. äußeren Regelsystems 26 verwendet werden, da mit Enthalpien anstelle von Temperaturen die Annahme eines linearen Verhaltens der Verdampfungsstrecke gerechtfertigt ist. Allerdings lässt sich die Enthalpie h1 kaum einstellen, da der Druck pW und die Temperatur TW des Speisewassers kaum in genügendem Maße und schnell genug einstellbar sind, um als Stellgröße dienen zu können.

[0037] Zur Lösung dieses Problems wird der Ist-Massenstrom mi des Speisewassers 10 auf die Enthalpie h1 aufmultipliziert, so dass sich aus dem Produkt eine Leistung ergibt. Diese ist einfach mittels der Speisewasserpumpe 12 und/oder dem Ventil 14 einstellbar und kann somit als Stellgröße verwendet werden. Da die Enthalpie h1 im Wesentlichen konstant ist, kann der Ist-Massenstrom mi des Speisewassers 10 alleine als Stellgröße verwendet werden.

[0038] Entsprechend wird im dynamischen Modell, das in FIG 3 dargestellt ist, in jedes Verzögerungsglied 34 jeweils mi auf die vorliegende Enthalpie aufmultipliziert, wie durch Multiplikatoren 38 dargestellt ist, so dass als Größe eine Leistung gebildet wird. Auf diese Leistungen wird in jeder der drei Verzögerungsstufen 34 jeweils 1/3 einer angenommenen Feuerungsleistung QF aufaddiert, so dass die gesamte Feuerungsleistung QF in das dynamische Modell der gesamten Verdampfungsstrecke eingebracht wird.

[0039] Diese Leistungssumme wird mit einem Zeitglied G multipliziert, die eine verzögernde Zeitkonstante im Nenner enthält, z.B. die verzögernde Zeitkonstante t eines PT1-Gliedes bei Volllast. Außerdem enthält G = (mt)-1 einen Speisewassermassenstrom m im Nenner, z.B. denjenigen bei Volllast, so dass nach dem Zeitglied G eine spezifische Enthalpie pro Zeit vorliegt. Diese wird in jedem Verzögerungsglied 34 durch jeweils die Integratoren 36 aufintegriert, so dass als Ergebnis eine Enthalpie vorliegt. Diese wird von der Eingangsenthalpie des jeweiligen Verzögerungsglieds 34 abgezogen. Es ergibt sich als Gleichungen für die Zustände xi nach den drei Verzögerungsgliedern 34:







[0040] Der Zustand xi ist die Ausgangsenthalpie h2. Es ist zu erkennen, dass ein Zustand x konstant ist, seine Ableitung also Null ist, wenn die Enthalpiedifferenz über ein Verzögerungsglied 34 multipliziert mit dem Speisewasserstrom mi in Addition mit dem Drittel der Feuerungsleistung QF Null ist, sich Enthalpiedifferenz mal Speisewasserstrom mi und QF/3 die Waage halten. In diesem Fall ist das System in einem eingeschwungenen Zustand und somit im Gleichgewicht von Speisewasserzufuhr und Erhitzung.

[0041] Diese drei Gleichungen sind nicht linear, da die Zustände xi mit dem Speisewasserstrom mi multipliziert werden. Dies ist korrekt, da der unbeständige Eintrag der Feuerungswärme nichtlinear abgebildet werden soll. Diese Nichtlinearität der Feuerungswärme wird im Zustandsmodell, genauer: im Beobachter, der in FIG 5 näher beschrieben ist, durch die Multiplikation von Zuständen xi mit dem Speisewasserstrom mi nachgebildet. Hierdurch steht die Veränderung des Speisewasserstroms mi der unbeständigen Feuerungsleistung QF als Gegenspieler zu dessen Ausgleich gegenüber. Folgerichtig wird der Speisewasserstrom mi als Stellgröße des ersten Regelsystems 26 verwendet.

[0042] Um einen LQ-Regler oder einen LQG-Regler verwenden zu können, muss dieses nichtlineare Gleichungssystem mittels einer Linearisierung in ein lineares System überführt werden. Dazu werden die Zustände und der Eingang zunächst als Summe von stationären Werten und den Abweichungen um diese stationären Werte ausgedrückt. Die stationären Zustände ergeben sich aus den nichtlinearen Systemgleichungen, indem die zeitlichen Ableitungen der Zustände gleich Null gesetzt werden. Dies bedeutet, dass keine zeitliche Änderung der Zustände im System mehr stattfindet und diese sich in einer stationären Ruhelage befinden. Zusätzlich wird der stationäre Zustand als Sollzustand definiert.

[0043] Entsprechend gilt für den stationären Zustand:

wobei mS der gewünschte Speisewassermassenstrom ist, mit dem der stationäre Zustand erreicht wird, bei dem der Speisewasserstrom also gerade so groß ist, dass er die Wärmezufuhr QF bei konstanter Ausgangsenthalpie h2 nach dem Verdampfer aufnimmt. Durch Umformung erhält man den Stellwert mS des ersten Regelsystems:



[0044] Dann wird weiter zur Linearisierung angenommen, dass sich die Zustände und der Eingang nur um einen Abweichungsbereich um einen Arbeitspunkt bewegen. Somit kann das System in diesem Arbeitspunkt als linear angenommen werden. Als Arbeitspunkte werden Sollzustände gewählt, u stellt den Eingang des Systems dar:





[0045] Unter der Annahme, dass die Produkte der Abweichungen, also Δu·Axi sehr klein sind und vernachlässigt werden können, ergibt sich folgende linearisierte Zustandsgleichung:







Somit bleibt ein Ausgangsoffset x1s, der direkt auf zum Ausgang aufaddiert wird.

[0046] Es ist zu beachten, dass die Differentialgleichungen nur für kleine Abweichungen um den Arbeitspunkt gelten. Der Arbeitspunkt wird hier durch die lastabhängige Sollenthalpie nach Verdampfer h2s =x1s definiert. Die Arbeitspunkte sind daher anhand aktueller Messungen nachzuführen. Dies geschieht durch Variablen in Matrizen A und B, die sich aus den Grundgleichungen des linearisierten Modells ergeben:



wobei der Eingang u(t) in vielen Fällen nicht direkt auf den Ausgang y(t) wirkt und somit D(t) Null ist. Auf diese Weise ändern sich die Matrizen A und B mit der Last bzw. mit dem aktuellen Sollwert der Enthalpie h2s nach dem Verdampfer 6. Das bedeutet, dass die Dynamiken dem aktuellen Lastfall angepasst werden und der Prozess somit über den gesamten Lastbereich nachgeführt wird.

[0047] FIG 4 zeigt eine Prinzipskizze einer Zustandsregelung. Eine Zustandsregelung ist eine lineare Regelung, bei der Istzustände eines Prozesses 40 mit den entsprechenden Sollzuständen vergleichen werden und die resultierende Differenz mit einem Faktor multipliziert auf den Prozess aufgeschaltet wird. Konkret auf die Verdampfungsstrecke angewendet, werden die berechneten Istzustände x(t) mit vorgegebenen Sollzuständen xsoll(t) verglichen. Mit der fetten Schreibweise ist hier und im Folgenden ein Vektor oder eine Matrix angezeigt, der im vorliegenden Fall die drei Zustände x1, x2, x3 und QF als vierte Größe enthält bzw. die entsprechenden Sollgrößen. Als Faktor kann ein Rückführvektor K(t) mit den Größen K1, K2, K3 verwendet werden. u(t) ist die Stellgröße und y(t) die Ausgangsgröße des Prozesses.

[0048] Um dieses Regelungsprinzip der Zustandsrückführung implementieren zu können, müssen die aktuellen Werte der Istzustände x(t) bekannt sein und zur Verfügung stehen. Nun können aber in realen Prozessen nicht immer alle Zustände gemessen werden. Im vorliegenden System lassen sich zum Beispiel die Zustände x2, x3 und QF nicht messen. Der Grund hierfür liegt darin, dass der genaue Messpunkt der beiden Zustände innerhalb des Verdampfers nicht ermittelt werden kann. Die ersten beiden Verzögerungsglieder des Modells bilden lediglich die zeitliche Dynamik des Prozesses ab. Dies sagt aber nichts über die örtliche Dynamik aus, weshalb ein Messpunkt für die Temperatur nicht bestimmt werden kann. Ferner liegt bei den Zuständen x2 und x3 Nassdampf vor, was eine Bestimmung von deren Enthalpie zusätzlich erschwert. Deshalb muss eine andere Möglichkeit gefunden werden, um die Zustände zu bestimmen.

[0049] Diese Zustandsbestimmung, oder Zustandsschätzung, kann durch eine Zustandsrückführung erreicht werden. Die Regelung per Zustandsrückführung ist eine reine Proportionalregelung. Das bedeutet, dass die Zustände nur durch einen Faktor multipliziert negativ zurückgeführt werden. Diese Art der Rückführung kann zu einer Regelabweichung führen, was bedeutet, dass vorgegebene Sollwerte nicht erreicht werden. Um dafür zu sorgen, dass diese Sollwerte erreicht werden, ist die Implementierung eines Integralanteils sinnvoll. In einer einfachen Ausführung einer Zustandsrückführung wird die Implementierung eines Integralanteils über eine Schaltung gelöst, bei der die Regeldifferenz zwischen Ausgangs- und Führungswert über einen Integrator rückgekoppelt und auf die Stellgröße mit aufgeschaltet wird.

[0050] Im vorliegenden Fall wird jedoch eine andere Möglichkeit gewählt, nämlich die Implementierung eines Beobachters oder Störgrößenbeobachters, der ein Zustandsschätzer ist. Dieser beinhaltet einen Integralanteil um die Zustände zu bestimmen wodurch die bleibende Regelabweichung verschwindet. Des Weiteren hat er den Vorteil, dass mit ihm eine auf den Prozess einwirkende Störgröße abschätzbar ist. Dies lässt ein schnelleres Regeln des Prozesses zu, da die Dimension der Störgröße direkt in einem geschätzten Zustand sichtbar wird. Ohne Störgrößenbeobachter kann die Störgröße und deren Einfluss auf den Prozess lediglich indirekt über die Änderungen der einzelnen Zustände gesehen werden.

[0051] Im vorliegenden System gibt es zwei Störgrößen, für welche eine Abschätzung mittels Störgrößenbeobachter in Frage kommt. Zum einen ist dies die Schwankung der Feuerungswärmeleistung QF, die dem Verdampfer 6 zugeführt wird, und zum anderen die Schwankung der Enthalpie h1 vor Verdampfer 6. Die Schwankung von h1 ist jedoch über die Wasser-Dampf-Tafel aus der Messung von Druck und Temperatur bestimmbar und muss somit nicht zwingend abgeschätzt werden.

[0052] Eine nicht messbare Störgröße ist die Schwankung in der Feuerungswärmeleistung QF, welche großen Einfluss auf den vorliegenden Prozess nimmt. Die Schwankung wird hervorgerufen durch variierende Heizwerte der verfeuerten Primärenergieträger (Kohle, Öl oder Gas). Somit bietet es sich an die Feuerungswärmeleistung QF als neuen geschätzten Zustand Q = X4 zu definieren. Die Dynamik wird zu dX4/dt = 0 gewählt. Mit diesen Informationen lässt sich eine erweiterte Zustandsraumform für den Beobachter herleiten.

[0053] Im Folgenden wird der Beobachter beschrieben, auch als Störbeobachter oder Störgrößenbeobachter bezeichnet, da er die Störung beobachtet. FIG 5 zeigt die Struktur des Störgrößenbeobachters. Zu erkennen ist das Modell der Verdampfungsstrecke im Verdampfer 6 analog zu FIG 3, jedoch mit kleinen Veränderungen. So stehen die Zustände X1, X2 und X3 für die geschätzten Zustände, wobei auch der Zustand X1 = H2 die geschätzte Enthalpie H2 am Ausgang des Verdampfers 6 angibt und nicht die reale und messbare Enthalpie h2. Trotz des großen Buchstabens ist mit H2 eine spezifische Enthalpie angegeben. Diese geschätzte Enthalpie H2 wird mit der - via Druck und Temperatur - gemessenen Enthalpie h2 verglichen, und die Differenz, also der Beobachterfehler e, wird auf den beobachteten, also berechneten Prozess aufgeschaltet, jedoch nicht unmittelbar, sondern als Produkt mit einer Beobachterkorrektur L, dem so genannten Beobachtervektor. Dieser ist ein vierdimensionaler Vektor, enthält also vier Komponenten, L1, L2, L3 und L4, die jeweils mit dem Beobachterfehler - einem Skalar - multipliziert werden.

[0054] Die Rekonstruktion der Streckenzustände erfolgt durch die Berechnung eines dynamischen Streckenmodells parallel zum echten Prozess. Die Abweichung zwischen Messgrößen aus dem Prozess und den entsprechenden Werten, die mit dem Streckenmodell ermitteltet werden, ist der Beobachterfehler e. Die einzelnen Zustände des Streckenmodells werden jeweils durch den mit Li gewichteten Beobachterfehler korrigiert, wodurch dieser stabilisiert wird.

[0055] In jedem der drei Verzögerungsglieder 34 wird die entsprechende Korrekturkomponente mit dem Beobachterfehler aufgeschaltet, mit dem Ziel, den eingeschwungenen Zustand, also den Gleichgewichtszustand zu erreichen. Die geschätzte Feuerungsleistung Q - im Gegensatz zur realen Feuerungsleistung QF - wird hierbei als vierte Komponente X4 des Zustandsvektors X verwendet, und entsprechend wird die Korrekturkomponente L4 mit dem Beobachterfehler e auf die geschätzte Feuerungsleistung Q aufgeschaltet.

[0056] Die Beobachterkorrektur L, auch Rückführvektor genannt, ist hierbei so zu berechnen, dass der Beobachterfehler korrigiert wird, also verschwindet. Der Beobachter lässt sich als nichtlinearer Beobachter realisieren, da die Eingangsgröße mi messbar ist. Das nichtlineare System lässt sich somit direkt in eine Zustandsraumdarstellung umschreiben. Dies ist unter der Bezeichnung erweiterter Luenberger-Beobachter bzw. erweiterter Kalman-Filter (extended Kalman filter - EKF) geläufig. Es wird ein nichtlineares Modell parallel zum Prozess gerechnet. Der Rückführvektor L(t), der den Beobachterfehler stabilisiert, wird jedoch aus einem linearen Modell gewonnen. Die Linearisierung erfolgt durch Einsetzen des jeweils gemessenen Speisewassermassenstroms mi.

[0057] Die Regelung im ersten Regelungssystem 26 umfasst einen linear-quadratischen Regler, insbesondere einen LQG-Regler 30. Ein LQG-Regler ist eine gemeinsame Implementierung eines Linear-Quadratic (LQ) Reglers und eines Kalman-Filters. Ein LQ-Regler kann ein so genannter optimaler Regler sein, dem ein quadratisches Gütekriterium zu Grunde liegt. Mit diesem Gütekriterium und einem Algorithmus wird ein Rückführvektor K(t) der Zustandsregelung berechnet. Ein Kalman-Filter ist ein spezieller Beobachter bzw. Zustandsschätzer, bei dem zusätzlich auch Messungenauigkeiten am Ausgang (Messrauschen) und Modellungenauigkeiten (Prozessrauschen) mitberücksichtigt bzw. mitmodelliert werden können. Mittels eines Algorithmus lässt sich der weitere Rückführvektor L(t) für den Beobachter bestimmen.

[0058] Ein solcher LQG-Regler ist in FIG 6 dargestellt. Dem LQG-Regler-Baustein werden als Eingänge die gemessene Enthalpie h2 nach dem Verdampfer 6, der aktuellen Speisewassermassenstrom mi, die Enthalpie h1 vor dem Verdampfer 6 und die Sollenthalpie h2s nach dem Verdampfer 6 übergeben, die sich aus der Solltemperatur des Dampfs 16 und dessen Druck errechnen lässt. Außerdem werden Berechnungsmatrizen A, B, AObs, CObs, RRegler,QRegler, RObs und QObs übergeben.

[0059] A, B, AObs, CObs ergeben sich aus der linearisierten Systemdarstellung, RRegler, QRegler, RObs und QObs enthalten Gewichtungsfaktoren zum einstellen des gewünschten Reglerverhaltens (Empfindlichkeit, Aggressivität).

[0060] Der Ausgang ist der geforderte Speisewassermassenstrom mS, der sich aus der Differenz der Störgrößenaufschaltung mGs und der Zustandsreglung Δm berechnet. Hierbei ist zu beachten, dass die Störgrößenaufschaltung mGS mit der geschätzten Feuerungswärmeleistung Q berechnet wird. Diese Störgrößenaufschaltung mGS wird in anderen Konzepten über den Kohlenmassenstrom vorgesteuert, hier wird er jedoch direkt über die geschätzte Feuerungswärmeleistung Q berechnet. Die Zustandsreglung Δm hingegen ist das Ergebnis der Zustandsregelung.

[0061] Der LQG-Regler 30 umfasst den in FIG 5 dargestellten Beobachter 42, dem als Eingangsgrößen die gemessene Eingangsenthalpie h1, die gemessene Ausgangsenthalpie h2 und der gemessene Speisewasserstrom mi zugeführt werden. Weiter wird dem Beobachter der Rückführvektor L(t) zum Ausgleich des Beobachterfehlers e zugeführt. Der Rückführvektor L(t) wird mittels eines Lösers L KR der Kalman-Riccati-Differentialgleichung berechnet, dem die Berechnungsmatrizen AObs, CObs, RObs und QObs übergeben werden.

[0062] Als weiteren Baustein umfasst der LQG-Regler 30 einen Baustein 44 zum Berechnen der Sollzustände Xs, die für die Zustandsrückführung benötigt werden. Die Eingänge in den Baustein 44 sind die Eingangsenthalpie h1 und die Soll-Ausgangsenthalpie h2s. Der LQG-Regler 30 verwendet zur Zustandsrückführung jedoch nicht die Zustände X(t) direkt, sondern die Abweichung der Zustände von ihrem Arbeitspunkt, also von den Sollzuständen Xs(t). Als weiter zu verwendende Zustandsgrößen stehen somit Abweichungen der absoluten Enthalpien von Enthalpie-Sollwerten zur Verfügung. Die Abweichung jedes Zustands Xi von seinem Arbeitspunkt Xis wird im Arbeitspunkt zu Null. Ist die gewichtete Summe X(t)- Xs(t) = 0, so erfolgt kein Reglereingriff. Daher werden die Zustände X(t) direkt mit den Sollzuständen Xs(t) verglichen und die Differenz wird weiter verwendet.

[0063] Weiter umfasst der LQG-Regler 30 einen Löser L RR für die Regler-Riccati-Differentialgleichung, der den Rückführvektor K(t) berechnet. Diesem werden die Berechnungsmatrizen A, B, RRegler und QPegler übergeben. Der Einsatz des Rückführvektors K(t) ist analog dem des Rückführvektors L(t). Während das Ziel von L(t) ist, den Beobachterfehler e durch Aufmultiplikation und Rückführung auszugleichen, wird der Rückführvektor K(t) einem Zustandsfehler aufmultipliziert und dient zur Zustandsregelung, also zu einer Schwankungsausregelung bzw. zum Ausgleich des Regelfehlers des LQG-Reglers 30: Aus der Differenz des Zustandsvektors X(t) mit den Komponenten X1, X2 und X3 und dem ebenfalls dreidimensionalen Zustandsvektor für die Sollzustände Xs(t) wird der dynamische Anteil des LQG-Reglers 30 erzeugt, mit der die Zustandsregelung ausgeführt wird:



[0064] Der dynamische Anteil bzw. die Zustandsreglung Δm ist ein Anteil des Speisewassermassenstroms, der mit der berechneten Störgrößenaufschaltung mGs· verglichen wird, der also die Störgrößenaufschaltung ergänzt. Die Störgrößenaufschaltung mGs ist ein berechneter Sollmassenstrom, auch Grundsollwert genannt, der sich aus dem Quotient aus der geschätzten Feuerungsleistung Q und der sich daraus ergebenden Enthalpiedifferenz Δh über die Verdampfungsstrecke ergibt.

[0065] Diesem Sollmassenstrom bzw. Grundsollwert mGs wird der dynamische Regelanteil Δm negativ aufaddiert, so dass sich der Soll-Speisewassermassentrom mS ergibt, die Stellgröße des ersten Regelsystems 26. Dieser Sollmassentrom mS wird dem zweiten Regelsystem 28 als Regelgröße übergeben, das diesen Sollmassentrom mS mit Hilfe einer oder mehrerer geeigneter Komponenten einstellt, z.B. der Speisewasserpumpe 12 und/oder dem Ventil 14.

[0066] Die Berechnung der beiden Rückführvektoren, nämlich der Beobachterkorrektur L(t) und dem Vektor K(t) zur Regelkorrektur ist dem mit thermodynamischen Zustandsberechnungen vertrauten Fachmann bekannt. Hierzu sind das Filterproblem mit dem Löser L KR der Kalman-Riccati-Differentialgleichung und das Reglerproblem mit dem Löser L RR für die Regler-Riccati-Differentialgleichung zu lösen. Die Lösung des LQ-Regler-Problems erfolgt über die Matrix-Riccati-DGL:



[0067] Mit der Lösungsmatrix S(t) lässt sich auch die Reglerrückführmatrix K(t) berechnen:



[0068] Selbes gilt für die Lösung des Kalman-Filter-Problems, welches ebenfalls über eine Matrix-Riccati-DGL gelöst wird:



[0069] Hier lässt sich der Beobachterrückführmatrix L(t) mit Hilfe der Lösungsmatrix P(t) berechnen:



[0070] P bzw S sind die Matrizen, nach denen die Matrix-Riccati-Gleichungen gelöst werden und stellen hier nur Zwischengrößen dar, um L bzw K zu bestimmen.


Ansprüche

1. Verfahren zum Regeln der Erzeugung von Dampf (16) aus Speisewasser (10) in einem Verdampfer (6) einer Dampfkraftanlage, bei dem ein Zustandsregler (30) mehrere Mediumszustände im Verdampfer (6) mit Hilfe eines Beobachters (42) berechnet und daraus einen Speisewassermassenstrom (ms) als Stellgröße ermittelt, wobei der Zustandsregler (30) ein linear-quadratischer Regler ist, dadurch gekennzeichnet, dass zur Berechnung eines Mediumszustands (Xi) als Zustandsgröße eine Enthalpie des Mediums verwendet wird.
 
2. Verfahren nach Anspruch 1,
dadurch gekennzeichnet, dass ein Sollwert für den Speisewassermassenstrom (ms) an einen weiteren Regler (32) zur Regelung des Speisewassermassenstroms (mi) weitergegeben wird.
 
3. Verfahren nach einem der vorhergehenden Ansprüche, dadurch gekennzeichnet, dass als Zustandsgrößen Abweichungen der absoluten Enthalpien von Enthalpie-Sollwerten verwendet werden.
 
4. Verfahren nach einem der vorhergehenden Ansprüche, dadurch gekennzeichnet, dass ein nichtlineares Regelsystem verwendet wird, das in einem vorgegebenen Abweichungsbereich um einen Arbeitspunkt linearisiert wird.
 
5. Verfahren nach Anspruch 4,
dadurch gekennzeichnet, dass der Arbeitspunkt durch Einsetzen von Messwerten aktualisiert wird.
 
6. Verfahren nach einem der vorhergehenden Ansprüche, dadurch gekennzeichnet, dass das Regelsystem des Zustandsreglers eine Matrixgleichung beinhaltet, zu deren Berechnung während der Dampferzeugung gemessene Mediumswerte verwendet werden.
 
7. Verfahren nach einem der vorhergehenden Ansprüche, dadurch gekennzeichnet, dass der Beobachter (42) ein Kalman-Filter ist, der auf eine linear-quadratische Zustandsrückführung ausgelegt ist.
 
8. Verfahren nach einem der vorhergehenden Ansprüche, dadurch gekennzeichnet, dass der Beobachter (42) die im Verdampfer (6) in das Medium eingetragene Wärme (QF) berechnet.
 
9. Vorrichtung zum Regeln der Erzeugung von Dampf (16) aus Speisewasser (10) in einem Verdampfer (6) einer Dampfkraftanlage, mit einem Regelsystem, das einen Beobachter (42) und einen Zustandsregler (30) umfasst, der dazu vorbereitet ist, mehrere Mediumszustände (Xi) im Verdampfer (6) mit Hilfe des Beobachters (42) zu berechnen und daraus einen Speisewassermassenstrom (ms) als Stellgröße des Regelsystems zu ermitteln, wobei der Zustandsregler (30) ein linear-quadratischer Regler ist, dadurch gekennzeichnet, dass zur Berechnung eines Mediumszustands (Xi) als Zustandsgröße eine Enthalpie des Mediums verwendet wird.
 


Claims

1. Method for regulating the production of steam (16) from feed water (10) in an evaporator (6) of a steam power plant, in which a state controller (30) calculates a plurality of medium states in the evaporator (6) by means of an observer (42) and determines therefrom a feed-water mass flow (mS) as a manipulated variable, wherein
the state controller (30) is a linear-quadratic controller, characterized in that an enthalpy of the medium is used as a state variable for calculating a medium state (Xi).
 
2. Method according to Claim 1,
characterized in that a setpoint value for the feed-water mass flows (mS) is transmitted to an additional controller (32) for controlling the feed-water mass flow (mi).
 
3. Method according to one of the preceding claims, characterized in that deviations of the absolute enthalpies from enthalpy setpoint values are used as state variables.
 
4. Method according to one of the preceding claims, characterized in that use is made of a non-linear control system which is linearized within a predetermined deviation band around an operating point.
 
5. Method according to Claim 4,
characterized in that the operating point is actualized by using measured values.
 
6. Method according to one of the preceding claims, characterized in that the control system of the state controller includes a matrix equation, for the calculation of which use is made of medium values which are measured during the steam.
 
7. Method according to one of the preceding claims, characterized in that the observer (42) is a Kalman filter which is designed upon a linear-quadratic state feedback.
 
8. Method according to one of the preceding claims, characterized in that the observer (42) calculates the heat (QF) which is yielded to the medium in the evaporator (6).
 
9. Device for regulating the production of steam (16) from feed water (10) in an evaporator (6) of a steam power plant, with a control system which comprises an observer (42) and a state controller (30) which is preconfigured to calculate a plurality of medium states (Xi) in the evaporator (6) by means of the observer (42) and to determine therefrom a feed-water mass flow (mS) as a manipulated variable of the control system, wherein the state controller (30) is a linear-quadratic controller, characterized in that an enthalpy of the medium is used as a state variable for calculating a medium state (Xi).
 


Revendications

1. Procédé de régulation de la production de vapeur ( 16 ) à partir d'eau ( 10 ) d'alimentation dans un évaporateur ( 6 ) d'une centrale à vapeur, dans lequel un régleur ( 30 ) d'état calcule plusieurs états de fluide dans l'évaporateur ( 6 ) à l'aide d'un observateur ( 42 ) et on détermine un courant ( mS ) massique d'eau d'alimentation comme grandeur de réglage, dans lequel le régleur d'état est un régleur linéaire-quadratique,
caractérisé en ce que, pour le calcul d'un état ( Xi ) de fluide, on utilise comme grandeur d'état une enthalpie du fluide.
 
2. Procédé suivant la revendication 1,
caractérisé en ce que l'on achemine, pour réguler le courant ( mS ) massique d'eau d'alimentation, une valeur de consigne du courant ( mi ) massique d'eau d'alimentation à un autre régleur ( 32 ).
 
3. Procédé suivant l'une des revendications précédentes, caractérisé en ce que l'on utilise comme grandeurs d'état des écarts des enthalpies absolues à des valeurs de consigne d'enthalpie.
 
4. Procédé suivant l'une des revendications précédentes, caractérisé en ce que l'on utilise un système de régulation non linéaire, que l'on linéarise autour d'un point de travail dans une plage d'écart donnée à l'avance.
 
5. Procédé suivant la revendication 4,
caractérisé en ce que l'on met à jour le point de travail en utilisant des valeurs de mesure.
 
6. Procédé suivant l'une des revendications précédentes, caractérisé en ce que le système de régulation du régleur d'état contient une équation matricielle, pour le calcul de laquelle on utilise des valeurs du fluide mesurées pendant la production de vapeur.
 
7. Procédé suivant l'une des revendications précédentes, caractérisé en ce que l'observateur ( 42 ) est un filtre de Kalman, qui est excité à un bouclage d'état linéaire-quadratique.
 
8. Procédé suivant l'une des revendications précédentes, caractérisé en ce que l'observateur ( 42 ) calcule la chaleur ( QF ) apportée au fluide dans l'évaporateur ( 6 ).
 
9. Dispositif de régulation de la production de vapeur ( 16 ) à partir d'eau ( 10 ) d'alimentation dans un évaporateur ( 6 ) d'une centrale électrique, comprenant un système de régulation qui comprend un observateur ( 42 ) et un régleur ( 30 ) d'état qui est propre à calculer plusieurs états ( Xi ) de fluide dans l'évaporateur ( 6 ) à l'aide de l'observateur ( 42 ) et à en déterminer un courant (mS) massique d'eau d'alimentation comme grandeur de réglage du système de réglage, dans lequel le régleur ( 30 ) d'état est un régleur linéaire-quadratique, caractérisé en ce que l'on utilise pour le calcul d'un état ( Xi ) de fluide comme grandeur d'état une enthalpie du fluide.
 




Zeichnung

















Angeführte Verweise

IN DER BESCHREIBUNG AUFGEFÜHRTE DOKUMENTE



Diese Liste der vom Anmelder aufgeführten Dokumente wurde ausschließlich zur Information des Lesers aufgenommen und ist nicht Bestandteil des europäischen Patentdokumentes. Sie wurde mit größter Sorgfalt zusammengestellt; das EPA übernimmt jedoch keinerlei Haftung für etwaige Fehler oder Auslassungen.

In der Beschreibung aufgeführte Nicht-Patentliteratur