(19)
(11) EP 2 527 014 A1

(12) EUROPÄISCHE PATENTANMELDUNG

(43) Veröffentlichungstag:
28.11.2012  Patentblatt  2012/48

(21) Anmeldenummer: 11180996.8

(22) Anmeldetag:  13.09.2011
(51) Internationale Patentklassifikation (IPC): 
A63C 5/056(2006.01)
(84) Benannte Vertragsstaaten:
AL AT BE BG CH CY CZ DE DK EE ES FI FR GB GR HR HU IE IS IT LI LT LU LV MC MK MT NL NO PL PT RO RS SE SI SK SM TR
Benannte Erstreckungsstaaten:
BA ME

(30) Priorität: 26.05.2011 EP 11167686

(71) Anmelder: Head Technology GmbH
6921 Kennelbach (AT)

(72) Erfinder:
  • Hotter, Nikolaus
    6900 Bregenz (AT)
  • Lammer, Herfried
    9300 St. Veit (AT)

(74) Vertreter: Vossius & Partner 
Siebertstrasse 4
81675 München
81675 München (DE)

   


(54) Skibelag


(57) Die vorliegende Erfindung bezieht sich auf einen Kunststoff-Skibelag mit einer Füllstoffmischung zur Verbesserung der Gleiteigenschaften, dadurch gekennzeichnet, dass die Füllstoffmischung Graphen und/oder Graphenoxid und Ruß enthält.




Beschreibung


[0001] Die Erfindung betrifft einen Kunststoff-Skibelag mit einer Füllstoffinischung zur Verbesserung der Gleiteigenschaften.

[0002] Für Kunststoff-Skibelage werden bevorzugt Materialien mit hydrophobem Charakter eingesetzt, insbesondere Polyethylen.

[0003] Der dem Gleiten auf Schnee und Eis bei Skiern, zu denen hier auch "Snowboards" gerechnet werden, zugrundeliegende Gleitvorgang ist komplex und nicht bis in alle Einzelheiten bekannt. Immerhin hat sich gezeigt, dass infolge der Reibung zwischen dem Laufflächenmaterial einerseits und den Schneekristallen anderseits durch die entstehende Reibungswarme Schneekristalle lokal schmelzen und dass das dabei gebildete Wasser zu hydrodynamischen Schmierverhältnissen führt. Dadurch lassen sich die beim Skilaufen gemessenen niedrigen kinetischen Reibungskoeffizienten von etwa 0,02 bis 0,05 erklären. Die bei Festkörperreibung gemessenen kinetischen Reibungskoeffizienten liegen etwa 10 mal höher.

[0004] Es ist auch bekannt, dass bei höheren Geschwindigkeiten das lokal gebildete Schmelzwasser sich über die ganze Laufflache ausbreiten kann, was zu einem unerwünschten und die Gleitgeschwindigkeit negativ beeinflussenden "Saugeffekt" führt. Durch Beimischungen von Materialien, wie zum Beispiel Kohlenstoff in den Modifikationen Ruß und/oder Graphit, die gegenüber dem nicht modifizierten Polyethylen höhere Wärmeleitfähigkeiten aufweisen, kann dieser negative Effekt verhindert oder reduziert werden (vgl. z.B. CH-A-657993 oder CH-A-660018).

[0005] Das Dokument EP-A-0821 030 beschreibt reibungsarme Materialien aus Polyethylen mit Beimischungen von Fluorgraphit der Formel CFn wobei n von 0,5 bis 1,3 variieren kann. Messungen an pressgesinterten Proben aus Polyethylen mit 10 bis 30 % CFn gegen Stahl ergaben nach ASTM 03702 kinetische Reibungskoeffizienten von 0,27 bis 0,13, im Vergleich zu 0,35 für Polyethylen gegen Stahl. In EP-A-0821 030 wird auch die Verwendung solcher Materialien für Skibeläge vorgeschlagen. Da, wie im vorstehenden erläutert, beim Gleiten von Skiern auf Schnee hydrodynamische Schmierung vorliegt, kann allerdings nicht ohne weiteres angenommen werden, dass Skibeläge aus solchen Materialien beim Gleiten auf Schnee eine verringerte Reibung aufweisen würden. Messungen mit realen Skiern unter Verwendung der in den Beispielen von EP-A-0821 030 beschriebenen Materialien aus Polyethylen mit Fluorgraphit als Skibelag haben gezeigt, dass Fluorgraphit als Additiv in Polyethylen keine signifikante Verringerung der Reibung bzw. Erhöhung der Gleitgeschwindigkeit ergibt. EP-0 960 905 zeigt, dass Mischungen von Fluorgraphit mit Ruß als Additiv zu Polyethylen aber die Reibung von Skiern auf Schnee zum Teil markant verringern bzw. die Gleitgeschwindigkeit erhöhen.

[0006] Ruß besteht aus kleinsten, meist kugelförmigen Teilchen, die auch Primärpartikel genannt werden. Diese haben meist eine Größe von 10-300 nm, daher spricht man auch von sogenannten Nanoteilchen. Sie sind somit mehr als tausend Mal kleiner als der Durchmesser eines Haars. Diese Primärpartikel sind zu kettenförmigen, teilweise klumpenartigen Aggregaten zusammengewachsen. Viele dieser Aggregate lagern sich zusammen und bilden so die Agglomerate. Durch Variation der Herstellbedingungen können sowohl die Größe der Primärteilchen als auch deren Aggregation gezielt eingestellt werden.

[0007] Bei diesen Dimensionen ist es nicht mehr nur die chemische Zusammensetzung allein, sondern auch die Größe und Form der Partikel, die die Eigenschaften bestimmen. Hinzu kommen Einflüsse durch jene Strukturen, die zwischen dem reinen Kohlenstoff und den großen Molekülen von Kohlenwasserstoff(resten) liegen. Optische, elektrische und magnetische Eigenschaften, aber auch Härte, Zähigkeit oder Schmelzpunkt von Nanomaterialien unterscheiden sich deutlich von denen der makroskopischen Festkörper, darin lassen sich besondere Eigenschaften des Rußes begründen. Die spezifische Oberfläche von Rußpartikeln beträgt etwa 10-1000 m2/g.

[0008] Der Zusatz von Carbonnanotubes in UHMWPE wie für Skibeläge üblich weist laut Literatur zwei Nachteile auf. Zum einen ist der Reibungskoeffizient abhängig von der Geschwindigkeit und steigt leider mit der Geschwindigkeit insbesondere im für das Skifahren interessanten Bereich von 50 km/h und aufwärts einen starken Anstieg auf. Zum anderen ist der Reibungskoeffizient abhängig von der Ausrichtung der CNT, in Richtung der Nanotubes geringer als quer dazu. Leider ist die Ausrichtung der Nanotubes im üblichen Sinterprozess nicht steuerbar.

[0009] Es ist daher eine Aufgabe der vorliegenden Erfindung, einen Belag für einen Ski (bzw. ein Snowboard) mit verbesserter Gleitreibung bereitzustellen, der der oben diskutierten Problematik Rechnung trägt. Diese Aufgabe wird durch einen Belag für einen Ski (bzw. ein Snowboard) gemäß der unabhängigen Ansprüche gelöst.

[0010] Demnach enthält der Skibelag, bevorzugt ein Kunststoff-Skibelag, eine Füllstoffinischung zur Verbesserung der Gleiteigenschaften, wobei die Füllstoffmischung Graphen und Ruß enthält.

[0011] Graphen (engl. graphene, manchmal auf Deutsch auch Graphen geschrieben, um es von den mathematischen Graphen zu unterscheiden) ist die Bezeichnung für eine Modifikation des Kohlenstoffs mit zweidimensionaler Struktur, in der jedes Kohlenstoffatom von drei weiteren umgeben ist, so dass sich ein bienenwabenförmiges Muster ausbildet.

[0012] Die Prinzipskizze in Figur 1 zeigt, wie nun die zweidimensionale Kristallform des Graphens sich um die PE-Körner legen kann, während die Ruß-Primärpartikel den Freiraum zwischen den PE-Teilchen ausfüllen. Hierbei kann anstelle des Polyethylens (PE) auch ein anderer geeigneter Kunststoff Verwendung finden.

[0013] Die Figuren 2A bis 2D zeigen Mikroskopaufnahmen in 50-facher Vergrößerung von Dünnschnitten unterschiedlicher Skibeläge: Die Figuren 2A und 2B zeigen einen herkömmlichen Belag mit Standardruß, die Figur 2C einen erfindungsgemäßen Skibelag mit Graphen und Ruß und die Figur 2D einen herkömmlichen Belag ohne Ruß.

[0014] In den Figuren ist deutlich zu erkennen, dass die beiden Mischungen mit Ruß ähnliche optische Erscheinungsbilder aufweisen. Bei diesen Additiven fällt zunächst die lokal starke Schwärzung der Dünnschnitte auf. Dies ist auf eine Agglomeratbildung der Komponenten zurückzuführen. Beim erfindungsgemäßen Belag (Figur 2C) ist dies nicht so stark ausgeprägt - die Dispergierung wirkt optisch homogener.

[0015] Diese bessere Dispergierung und das Anlagern des Graphens am PE Korn hat nun überraschende Effekte hinsichtlich der Härte und damit des Abriebverhaltens des Belags und auch bezüglich der Wärmeleitfähigkeit des Materials sowie der Gleitfähigkeit. Eine im allgemeinen nachteilige Richtungsabhängigkeit des Reibungskoeffizienten konnte nicht beobachtet werden.

[0016] Überaschenderweise wurde auch festgestellt, dass signifikant dünnere Belage (0,7-0,9 mm) als der Stand der Technik von 1-1,6 mm den Dauerbelastungen standhielt. Eine vergleichbare Verbesserung dieses Verhaltens mit anderen Zuschlagstoffen inklusive Carbon-Nanotubes konnte bisher nicht beobachtet werden.

[0017] Ebenso überraschend wurde festgestellt, dass durch die Zusätze eine einfachere Schleifbarkeit erreicht wurde. Dies wirkte sich so aus, dass eine hinreichende Oberflächenqualität in der Herstellung und beim Service bereits nach einer merklich geringeren Anzahl an Schleifvorgängen für das Feinschleifen (Reduktion: ca. 25 - 30 %) gegeben war. Eine für die weiteren Arbeitsschritte wie Wachsen bzw. einen fahrfertigen Zustand hinreichende Oberfläche ist durch einen seifigen Griff mit einem gleichmäßigen Rauhigkeitsprofil gekennzeichnet. Weniger Schleifvorgänge führen zu einem Kostenvorteil auf Grund reduzierter Arbeitsschritte.

[0018] Der Kunststoff kann vorzugsweise pressgesintertes Kunststoffpulver oder Kunststoffgranulat sein, vorzugsweise aus Polyethylen, insbesondere Niederdruckpolyethylen mit einer Molmasse von 4 bis 12 x 106 g/mol. Er kann bevorzugt auf 100 Gewichtsteile Kunststoff 5 bis 30, stärker bevorzugt 10 bis 20 Gewichtsteile Ruß sowie 0,1 bis 10 Gewichtsteile Graphen enthalten.

[0019] Die Dicke des erfindungsgemäßen Kunststoff-Skibelags liegt bevorzugt unter 1 mm, vorzugsweise bei 0,7 bis 0,9 mm.

[0020] In einer bevorzugten Ausführungsform ist die Oberfläche des Graphens silanisiert. Funktionalisierte Graphene, insbesondere mit Silan modifizierte, zeigten bessere Eigenschaften hinsichtlich Verschleiß und Reibung.

[0021] Ein erfindungsgemäßer Skibelag kann beispielsweise durch die folgenden Prozessschritte hergestellt werden: In einer ersten Phase wird eine innige Mischung von 100 Gewichtsteilen eines ultrahochmolekularen Niederdruckpolyethylens (UHMWPE) und 5 Gewichtsteilen Graphen hergestellt. In einer zweiten Phase wird die so hergestellte Mischung von UHMWPE und Graphen mit 15 Gewichtsteilen Ruß in einem Mischer 15 Minuten lang innig gemischt und hernach in einer zylindrischen Pressform unter bekannten Wärme- und Druckverhältnissen (wie z.B. in der Broschüre von Hoechst zu deren Niederdruckpolyethylen "Hostalen GUR" [Broschüre HKR112-7089C12299/14] angegeben) zu einem homogenen zylindrischen Sinterkörper pressgesintert.

[0022] Nach dem Abkühlen wird von dem zylindrischen Sinterkörper ein endloses Band in der gewünschten Dicke des Skibelags von z.B. 1,4 mm abgeschält. Der Skibelag wird hernach in bekannter Art und Weise auf einer Seite mit einem Schleifband aufgeraut und durch eine oxidierende Flamme für die Verklebung auf den Skikörper vorbehandelt.

[0023] Selbstverständlich kann der Skibelag nicht nur im Pressinterverfahren mit anschließendem Schälen, sondern zum Beispiel auch im Extrusionsverfahren hergestellt werden, solange eine Beimengung eines Additivs bestehend aus einer Mischung von Ruß und Graphen erfolgt.

[0024] Des weiteren hat sich herausgestellt, dass eine ähnliche Anordnung der Substanzen sowie ähnliche Eigenschaften auch mit Graphenoxiden als einer Vorstufe in der Herstellung von Graphenen erzielt werden können. Demnach kann erfindungsgemäß das Graphen in dem Skibelag entweder vollständig oder teilweise durch Graphenoxid ersetzt werden.

Beispiele:



[0025] Eine Teststrecke wurde mit konstruktiv identischen Skiern, die sich durch den verwendeten Belag unterscheiden, mit einer mittleren Geschwindigkeit von 100 km/h durchfahren und die dafür benötigte Zeit mittels elektronischer Zeitmessung erfasst. Auf Neuschnee mit einer Temperatur von -3 °C, bei Lufttemperaturen von -2,5 bis - 3,5°C und Luftfeuchtigkeiten von 70 bis 85 % wurden folgende Zeiten gemessen:
Zusammensetzung Lauffläche Gemessene Zeit in s Gemessene Zeit in %
85% PE, 15% Ruß 22,84 100
85% PE, 14% Ruß, 1 % Graphen 22,03 96,45
85% PE, 13% Ruß, 2 % Graphen 21,79 95,4
85% PE, 13% Ruß, 2 % Graphenoxid 22,01 96,41


[0026] Wie sich aus der obigen Tabelle ergibt, lässt sich mit einem Belag mit Graphen oder Graphenoxid eine deutlich verbesserte Gleitfähigkeit erzielen, die sich in den gegenüber einem Standardbelag reduzierten Zeiten niederschlagen.


Ansprüche

1. Kunststoff-Skibelag mit einer Füllstoffmischung zur Verbesserung der Gleiteigenschaften, dadurch gekennzeichnet, dass die Füllstoffmischung Graphen und Ruß enthält.
 
2. Kunststoff-Skibelag nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, dass der Kunststoff pressgesintertes Kunststoffpulver oder Kunststoffgranulat ist.
 
3. Kunststoff-Skibelag nach einem der vorhergehenden Ansprüche, dass der Anteil von Graphen zwischen 0,1 und 10 Gew.-% liegt
 
4. Kunststoff-Skibelag nach einem der vorhergehenden Ansprüche mit einer Dicke unter 1 mm.
 
5. Kunststoff Skibelag nach einem der vorhergehenden Ansprüche, wobei die Oberfläche des Graphens silanisiert ist.
 
6. Kunststoff-Skibelag mit einer Füllstoffmischung zur Verbesserung der Gleiteigenschaften, dadurch gekennzeichnet, dass die Füllstoffmischung Graphenoxid und Ruß enthält.
 
7. Kunststoff-Skibelag nach Anspruch 6, dadurch gekennzeichnet, dass der Kunststoff pressgesintertes Kunststoffpulver oder Kunststoffgranulat ist.
 
8. Kunststoff-Skibelag nach Anspruch 6 oder 7, dass der Anteil von Graphenoxid zwischen 0,1 und 10 Gew.-% liegt.
 
9. Kunststoff-Skibelag nach Anspruch 6, 7 oder 8 mit einer Dicke unter 1 mm.
 
10. Kunststoff Skibelag nach einem der Ansprüche 6-9, wobei die Oberfläche des Graphenoxids silanisiert ist.
 
11. Kunststoff-Skibelag nach einem der vorhergehenden Ansprüche, wobei die Füllstoffmischung Graphen und Graphenoxid enthält.
 




Zeichnung










Recherchenbericht












Recherchenbericht




Angeführte Verweise

IN DER BESCHREIBUNG AUFGEFÜHRTE DOKUMENTE



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In der Beschreibung aufgeführte Patentdokumente