[0001] Die Erfindung betrifft eine Hochleistungswirkmasse für ein beim Abbrand spektral
strahlendes pyrotechnisches Infrarotscheinziel. Ein beim Abbrand spektral strahlendes
pyrotechnisches Infrarotscheinziel emittiert beim Abbrand überwiegend Strahlung einer
Wellenlänge von 3,5 bis 4,6 µm, d. h. eine Strahlung im sogenannten B-Band, und nur
zu einem geringeren Teil Strahlung im Bereich einer Wellenlänge von 1,8 bis 2,6 µm,
dem sogenannten A-Band. Das A-Band und das B-Band sind die Wellenlängen, die von herkömmlichen
Suchköpfen erfasst werden. Bekannte spektral strahlende Wirkmassen für Schwarzkörperstrahler
enthalten Nitrozellulose oder Ammoniumperchlorat oder Kaliumperchlorat und ein Bindemittel,
wie Hydroxyl-terminiertes Polybutadien.
[0002] Wirkmassen mit Ammoniumperchlorat sind mechanisch und thermisch sehr empfindlich
und erfüllen damit nicht die Kriterien einer insensitiven Munition. Splitterschlag,
Brand und langsames Erhitzen können bei diesen Wirkmassen eine heftige Explosion auslösen.
Die praktisch erreichbare Dichte dieser Wirkmassen beträgt maximal ca. 1500 kg/m
3, so dass verhältnismäßig wenig davon in einem Scheinziel eines gegebenen Kalibers
untergebracht werden kann. Ein weiterer Nachteil derartiger Wirkmassen besteht darin,
dass Ammoniumperchlorat nur sehr eingeschränkt mit anderen Chemikalien und/oder Materialien
verträglich ist. Dies führt einerseits zu Sicherheitsproblemen und andererseits dazu,
dass eine Vielzahl wirksamer Anfeuerungssätze, z. B. auf Basis von Schwarzpulver,
Magnesium oder Zirkonium, nicht verwendet werden können, weil diese in Kombination
mit Ammoniumperchlorat, zu empfindlich wären. Ein weiterer Nachteil Ammoniumperchlorat
enthaltender Wirkmassen besteht darin, dass deren Strahlungsleistung beim Abbrand
verhältnismäßig gering ist und darüber hinaus sehr viel Strahlungsleistung als Funktion
der Luftgeschwindigkeit verloren geht. Dadurch muss für die Simulation eines mit mehr
als 150 m/s fliegenden Flugzeugs eine große Menge der Wirkmasse eingesetzt werden,
um eine ausreichende Strahlungsleistung zu erzeugen. In der Praxis bedeutet dies,
dass derartige Scheinziele ein verhältnismäßig großes Kaliber haben müssen und dadurch
die in einem gegebenen Munitionsraum transportierbare Menge auf Grund des Platzbedarfs
der Munition gering ist.
[0003] Nitrozellulose enthaltende Wirkmassen sind ebenfalls nicht insensitiv und können
leicht explodieren. Weiterhin ist es nachteilig, dass solche Wirkmassen an sich nur
bei geringer Windgeschwindigkeit brennen und deren Strahlungsleistung beim Abbrand
nicht hoch ist. Zur Sicherstellung des Abbrands im Wind sind aufwändige Vorrichtungen
erforderlich, die auf Grund ihres Platzbedarfs die effektiv in einem Scheinziel zu
transportierende Wirkmasse verringern. Die Dichte einer Nitrozellulose enthaltenden
Wirkmasse beträgt ebenfalls maximal etwa 1500 kg/m
3. Ein wesentlicher Nachteil einer derartigen Wirkmasse besteht darin, dass deren Zündung
einen starken Zündimpuls erfordert, der einen starken, oft nicht spektralen Blitz
verursacht. Dieser Blitz kann einem Suchkopf verraten, dass es sich bei der abbrennenden
Wirkmasse nur um ein Scheinziel handelt.
[0004] Aufgabe der vorliegenden Erfindung ist es, eine Wirkmasse bereitzustellen, die beim
Abbrand mit hoher Strahlungsleistung spektral strahlt, d. h. Strahlung im B-Band emittiert,
die weit intensiver ist, als die beim Abbrand im A-Band emittierte Strahlung. Weiterhin
soll die Wirkmasse verhältnismäßig insensitiv sein, sich aber dennoch schnell und
leicht zünden lassen und beim Abbrand mit zunehmender Geschwindigkeit der umgebenden
Luft einen verhältnismäßig geringen Verlust an Strahlungsleistung aufweisen.
[0005] Die Aufgabe wird durch die Merkmale des Anspruchs 1 gelöst. Zweckmäßige Ausgestaltungen
der Erfindung ergeben sich aus den Merkmalen der Ansprüche 2 bis 13.
[0006] Erfindungsgemäß ist eine Hochleistungswirkmasse für ein beim Abbrand spektral strahlendes
pyrotechnisches Infrarotscheinziel vorgesehen. Die Hochleistungswirkmasse umfasst
einen Brennstoff, ein Oxidationsmittel, ein Bindemittel und einen Kohlenstoff enthaltenden
Stoff. Dabei sind der Brennstoff und das Oxidationsmittel so gewählt, dass das Oxidationsmittel
den Brennstoff nach dessen Zündung in einer exothermen Primärreaktion unter Entstehung
einer Temperatur von mindestens 1000 K oxidieren kann. Für eine große Zahl bekannter
Kombinationen aus einem Brennstoff und einem Oxidationsmittel sind Verbrennungstemperaturen
bekannt. Soweit die entstehende Temperatur nicht bekannt ist, kann sie aus bekannten
Verbrennungstemperaturen abgeschätzt und/oder ohne großen Aufwand durch Messung bei
der Verbrennung ermittelt werden. Weiterhin ist der Stoff so gewählt, dass der Stoff
durch die bei der Primärreaktion freiwerdende Wärme endotherm pyrolysiert wird und
dabei an Luft, insbesondere mit nicht rußender Flamme, brennbares Gas freisetzt. Infrage
kommende Stoffe sind dem Fachmann in großer Zahl bekannt. Insbesondere Naturstoffe,
wie Holz oder Braunkohle, kommen dafür in Betracht. Für die Auswahl eines derartigen
Stoffs ist das Fachwissen des Fachmanns ausreichend. Besteht bei einem mit hoher Wahrscheinlichkeit
infrage kommenden Stoff Zweifel, ist die Durchführung eines einzigen Experiments ausreichend,
um festzustellen, ob der Stoff bei der freiwerdenden Wärme unter Freisetzung eines
an Luft brennbaren Gases pyrolysiert wird. Der Brennstoff ist nicht so stark reduzierend,
dass entstehendes CO
2 zu Kohlenstoff reduziert werden kann. Der Stoff und dessen Mengenanteil an der Hochleistungswirkmasse
sind so gewählt, dass die Temperatur der Hochleistungswirkmasse nach deren Zündung
wegen des Wärmeentzugs durch die endotherm erfolgende Pyrolyse 2000 K nicht übersteigt.
Die Auswahl eines Stoffs aus den gemäß der obigen Bedingungen infrage kommenden Stoffe
und dessen Mengenanteil an der Wirkmasse erfordert lediglich die Durchführung einer
sehr begrenzten Zahl von Routineexperimenten. Die Ergebnisse der Routineexperimente,
wie bspw. der gemessenen Temperatur der Hochleistungswirkmasse nach deren Zündung,
können vor Durchführung der Experimente anhand bekannter Größen des Stoffs, wie etwa
des spezifischen Wärmebedarfs für dessen Pyrolyse, abgeschätzt werden. Eine präzisere
Angabe der erfindungsgemäßen Merkmale ist ohne unbillige Einschränkung der Erfindung
nicht möglich. Für den Durchschnittsfachmann stellt die durch die Merkmale spezifizierte
Auswahl jedoch kein Problem dar.
[0007] Der Kohlenstoff kann in dem Stoff elementar oder in Form mindestens eines Kohlenstoffatoms
in einem vom Stoff umfassten Molekül enthalten sein. Das Redoxpotential des Brennstoffs
ist mindestens so hoch wie das Redoxpotential von Kohlenstoff, d. h. der Brennstoff
ist höchstens so stark reduzierend wie Kohlenstoff. Das Redoxpotential darf jedoch
auch etwas niedriger sein, so dass CO
2 zu CO reduziert wird, da CO in der Luft sofort zu CO
2 verbrennt, wobei eine große Flamme entsteht, die die Leistung und den Raumeffekt
erhöht. Das bedeutet, dass die freie Enthalpie einer Reaktion des Brennstoffs mit
CO bei der entstehenden Temperatur größer oder gleich 0 ist, eine Reaktion des Brennstoffs
mit CO bei den gegebenen Bedingungen also nicht freiwillig abläuft. Entstehendes CO
2, welches eine starke Strahlung im gewünschten B-Band erzeugt, kann nicht zu Kohlenstoff
reduziert werden.
[0008] Durch das Vermeiden der Entstehung elementaren Kohlenstoffs entsteht kein Ruß und
dadurch auch wenig Schwarzkörperstrahlung, d. h. Strahlung mit einem hohen Anteil
an Strahlung im A-Band und einem niedrigen Anteil an Strahlung im B-Band. Dadurch
resultiert aus dem Kohlenstoff enthaltenden Stoff eine starke Emission von Strahlung
im B-Band.
[0009] Die Strahlungsleistung der abbrennenden erfindungsgemäßen Hochleistungswirkmasse
übersteigt die Strahlungsleistung herkömmlicher Ammoniumperchlorat enthaltender Wirkmassen
teilweise um mehr als das Dreifache und kann unter Einsatzbedingungen, d. h. bei hoher
Geschwindigkeit der umgebenden Luft, sogar die Strahlungsleistung des Schwarzkörperstrahlers
MTV im B-Band übersteigen.
[0010] Der Brennstoff kann ebenfalls Kohlenstoff enthalten. Zumindest die stoffliche Beschaffenheit
des Stoffs und des Brennstoffs können identisch sein. Bei identischer stofflicher
Beschaffenheit kann der Stoff jedoch in einer anderen Form, beispielsweise als Komprimat
in einer losen Schüttung des Brennstoffs, vorliegen. Selbst wenn der Brennstoff und
der Stoff eine identische Beschaffenheit aufweisen, kann ein Teil davon als Brennstoff
und der Rest als Stoff dienen, wenn die Menge des Oxidationsmittels nur für die Oxidation
des als Brennstoff dienenden Teils ausreicht. Der Rest wird als Stoff pyrolysiert.
Der Stoff und der Brennstoff können auch eine unterschiedliche stoffliche Beschaffenheit
aufweisen.
[0011] Die Sauerstoffbilanz einer erfindungsgemäßen Hochleistungswirkmasse ist im Allgemeinen
negativ und dennoch wird durch die Vermeidung der Entstehung von Ruß eine intensive
Strahlung im A-Band vermieden, die ansonsten bei sauerstoffunterbilanzierten Wirkmassen
üblich ist. Ein Merkmal der erfindungsgemäßen Hochleistungswirkmasse besteht darin,
dass die Primärreaktion eine Temperatur erzeugt, die durch die endotherme Pyrolyse
reduziert wird. Es findet eine räumliche Trennung der Primärreaktion und der Reaktion
des Gases mit dem Luftsauerstoff statt.
[0012] Das bei der Pyrolyse entstehende Gas vergrößert eine entstehende Flamme, die aus
einer von der Primärreaktion gebildeten Primärflamme und einer von der Reaktion des
Gases mit Luftsauerstoff gebildeten Sekundärflamme bestehen kann. Unter Primärflamme
wird eine Flamme verstanden, in der keine Reaktion mit dem Luftsauerstoff erfolgt,
d. h. eine anaerobe Flamme. Unter Sekundärflamme wird eine Flamme verstanden, in der
eine Reaktion mit Sauerstoff erfolgt, d. h. eine aerobe Flamme. Das freigesetzte brennbare
Gas entzündet sich sofort, wenn es mit der Luft in Kontakt kommt, da es durch die
Primärreaktion auf eine Temperatur oberhalb der Anzündtemperatur erhitzt wird. Dabei
entsteht eine Sekundärflamme mit ähnlichen Eigenschaften wie eine Flamme aus einem
Düsentriebwerk, die ebenfalls von brennbaren Gasen gebildet wird, die in der Luft
brennen. Das Spektrum der Sekundärflamme ist ähnlich dem Spektrum einer Kerosinflamme.
Durch die räumliche Trennung der Sekundärflamme von der Oberfläche der Hochleistungswirkmasse
wird diese Oberfläche nicht oder zumindest nicht wesentlich von der Sekundärflamme
erwärmt und dadurch eine Verschiebung der Wellenlänge der von der Hochleistungswirkmasse
emittierten Strahlung vom B-Band hin zum A-Band vermieden.
[0013] Beim Verbrennen des entstehenden Gases an der Luft dient der Luftsauerstoff als weiteres
Oxidationsmittel. Dadurch wird weniger Oxidationsmittel benötigt und die Leistung
der erfindungsgemäßen Hochleistungswirkmasse und das daraus erzeugbare Gasvolumen
sind im Verhältnis zu ihrer Masse erheblich gegenüber den bisher bekannten, beim Abbrand
spektral strahlenden pyrotechnischen Wirkmassen gesteigert. Bisherige Versuche zur
Steigerung der Strahlungsleistung derartiger Wirkmassen beruhten stets auf Änderung
des darin enthaltenen Brennstoffs und des darin enthaltenen Oxidationsmittels bzw.
auf einer Änderung des Mengenverhältnisses von Brennstoff zu Oxidationsmittel. Die
Versuche resultierten immer in der Erzeugung einer höheren Temperatur und damit in
einer Verschiebung der Wellenlänge der emittierten Strahlung hin zum A-Band.
[0014] Dadurch, dass die erfindungsgemäße Hochleistungswirkmasse kein Ammoniumperchlorat
enthalten muss, kann die Hochleistungswirkmasse so unempfindlich gestaltet werden,
dass diese als insensitive Munition klassifiziert werden kann. Ein weiterer Vorteil
der erfindungsgemäßen Hochleistungswirkmasse besteht darin, dass diese aus sehr kostengünstigen
Bestandteilen zusammengesetzt werden kann. Die Hochleistungswirkmasse kann mit nahezu
jedem Bindemittel gebunden werden. Beim Pressen der Hochleistungswirkmasse müssen
weder härtende Harze, wie HTPB (Hydroxyl-terminiertes Polybutadien) noch Lösemittel,
beispielsweise zum Lösen von Nitrozellulose, verwendet werden. Die Herstellung und
Verarbeitung der Hochleistungswirkmasse ist dadurch deutlich vereinfacht und trägt
dazu bei, deren Kosten gering zu halten.
[0015] Pro Masseeinheit kann mit der erfindungsgemäßen Hochleistungswirkmasse ein größeres
Gasvolumen erzeugt werden, als mit bekannten spektral strahlenden Wirkmassen, weil
die erfindungsgemäße Hochleistungswirkmasse weniger Oxidationsmittel enthält und den
Luftsauerstoff zur Oxidation mitverwendet. Der wesentliche Vorteil der erfindungsgemäßen
Hochleistungswirkmasse besteht darin, dass das Strahlungsspektrum der abbrennenden
und sich bewegenden Hochleistungswirkmasse sehr genau das Spektrum eines sich bewegenden
Düsentriebwerks nachbildet.
[0016] Der Brennstoff kann elementaren Kohlenstoff, z. B. in Form von Grafit, Bor, Silizium,
Schwefel, Antimon, Eisen, Mangan, Kobalt oder Nickel oder eine Mischung, z. B. aus
Pulvern dieser Stoffe, oder eine Legierungen dieser Stoffe, umfassen. Die Reaktionsprodukte
des Brennstoffs mit dem Oxidationsmittel sollten nicht flüchtig sein, da flüchtige
Reaktionsprodukte eine sehr heiße Flamme und damit die Emission von Schwarzkörperstrahlung
bewirken.
[0017] Vorzugsweise ist der Brennstoff so gewählt, dass er nach der Primärreaktion ein festes,
also weder flüchtiges noch flüssiges, Reaktionsprodukt hinterlässt. Dabei kann es
sich beispielsweise um Asche handeln. Durch das Freisetzen dieses Reaktionsprodukts
beim Abbrand der Hochleistungswirkmasse entsteht ein spektraler Raumeffekt. Nach der
Primärreaktion einen festen Rückstand, d. h. ein festes Reaktionsprodukt hinterlassende
Brennstoffe sind dem Fachmann in großer Anzahl bekannt. Das Oxidationsmittel kann
ein Perchlorat, Chlorat, Oxid, Sulfat, Nitrat, Dinitramin, Nitrit, Peroxid, Dinitromethanat,
insbesondere Natrium-, Kalium- oder Ammoniumdinitromethanat, eine Nitroverbindung,
einen Nitratester, Hexogen, Oktogen, Nitrozellulose oder Nitropenta umfassen.
[0018] Der durch die bei der Primärreaktion freiwerdende Wärme pyrolysierte Stoff kann Zucker,
Holz, insbesondere in Form von Holzmehl oder Sägespänen, Getreidemehl, insbesondere
Weizenmehl, Braunkohle, Torf, Zellulose, Stärke, Tabak, ein Oxalat, insbesondere Calciumoxalat,
ein Formiat, insbesondere Magnesiumformiat, ein Acetat, insbesondere Calciumacetat,
ein Propionat, insbesondere Calciumpropionat, Polyethylenglycol, Polyoxymethylen,
Polyamid, insbesondere Nylon
®, Harnstoff, Hexamethylentetramin, Trioxan, Paraformaldehyd, Nitrozellulose, Hexogen,
Oktogen, Dinitromethanat, insbesondere Natrium-, Kalium- oder Ammoniumdinitromethanat,
oder Nitropenta umfassen. Der Brennstoff, das Oxidationsmittel und der Stoff können,
je nachdem, wie die jeweils anderen Bestandteile der Hochleistungswirkmasse gewählt
sind, aus Gruppen ausgewählt sein, die identische organische Verbindungen umfassen.
So kann z. B. Hexogen in Kombination mit einem Perchlorat ein Brennstoff sein, dagegen
ist es ein Oxidationsmittel, wenn ein Metall als Brennstoff dient. Hexogen kann auch
als beim Abbrand zu pyrolysierender Stoff dienen, beispielsweise wenn Perchlorat das
Oxidationsmittel und ein Metall den Brennstoff bildet.
[0019] Vorzugsweise handelt es sich bei dem Brennstoff nicht um Schwefel, wobei jedoch Schwefel
in der Hochleistungswirkmasse enthalten ist. Der Schwefel kann verhindern, dass eine
bei der Primärreaktion entstehende Primärflamme bei hoher Windgeschwindigkeit ausgeblasen
wird.
[0020] Vorzugsweise sind der Brennstoff, das Oxidationsmittel und der Stoff und die Menge
des Brennstoffs, des Oxidationsmittels und des Stoffs so gewählt, dass bei einem Abbrand
der Hochleistungswirkmasse an der Luft das Verhältnis zwischen der spezifischen Leistung
der emittierten Strahlung im Wellenlängenbereich von 1,8 bis 2,6 µm zur spezifischen
Leistung der emittierten Strahlung im Wellenlängenbereich von 3,5 bis 4,6 µm höchstens
1:3, insbesondere höchstens 1:5, insbesondere höchstens 1:10, beträgt. Dabei ist das
genannte Verhältnis umso kleiner, je geringer die Temperatur ist, die die Hochleistungswirkmasse
nach deren Zündung erreicht. Die Auswahl und die Mengenermittlung erfordert hier lediglich
die Durchführung von Routineexperimenten. Da hier nur zwei Parameter gemessen werden
müssen, nämlich die Leistung der Strahlung in den beiden Wellenlängenbereichen, kann
der Fachmann schnell ermitteln, in welche Richtung er ein Mengenverhältnis ändern
muss, um in den richtigen Bereich des Verhältnisses zwischen den beiden hier spezifizierten
Leistungen zu gelangen. Vorzugsweise sind der Brennstoff, das Oxidationsmittel und
der Stoff und die Mengen des Brennstoffs, des Oxidationsmittels und des Stoffs so
gewählt, dass die Temperatur der Hochleistungswirkmasse nach deren Zündung 1770 K,
insbesondere 1270 K, insbesondere 970 K, nicht übersteigt. Wenn die Temperatur 970
K nicht übersteigt, liegt die Wellenlänge der emittierten Strahlung fast ausschließlich
im B-Band und nur zu einem ganz geringen Anteil im A-Band. Für eine intensive Strahlung
im B-Band und wenig Strahlung im A-Band ist es weiterhin vorteilhaft, wenn der Stoff
so gewählt ist, dass das daraus durch Pyrolyse freisetzbare Gas ein Gas ist, welches
an der Luft mit einer maximalen Flammentemperatur unterhalb von 2000 K verbrennt.
Abgesehen davon, dass die Flammentemperaturen für eine große Zahl von durch Pyrolyse
freisetzbaren Gasen aus der Literatur bekannt sind, lässt sich die Temperatur auch
ohne Weiteres durch Messung bestimmen. Die Auswahl solcher Stoffe, deren durch Pyrolyse
freigesetzte Gase eine maximale Flammentemperatur unterhalb von 2000 K aufweisen,
übersteigt nicht den in diesem Fachgebiet üblichen zumutbaren Aufwand von Routineexperimenten.
[0021] Vorzugsweise ist das Bindemittel so gewählt, dass es beim Abbrand der Hochleistungswirkmasse
keine Rußbildung bewirkt. Derartige Bindemittel sind dem Fachmann bekannt. Soweit
es für ein infrage kommendes Bindemittel nicht bekannt ist, ob es beim Abbrand Ruß
erzeugt, genügt ein einfaches Experiment zur Klärung dieser Frage. Rußbildung würde
zu einer hier nicht gewünschten stärkeren Strahlung im Bereich des A-Bands führen.
Bei dem Bindemittel kann es sich z. B. um Polychloropren handeln.
[0022] Nachfolgend wird die Erfindung anhand von Ausführungsbeispielen näher erläutert.
[0023] Aus sämtlichen der im Folgenden angegebenen Zusammensetzungen wurden jeweils 5 Tabletten
mit ca. 21 mm Durchmesser und einem Gewicht von 10 g bei einem Pressdruck von 1500
bar gepresst. Die Tabletten wurden abgebrannt und deren Leistung in Form von Strahlungsleistung
mit einem Radiometer gemessen und für atmosphärische Dämpfung korrigiert. Die spezifische
Leistung wurde im Verhältnis zur Leistung von Tabletten aus MTV (Magnesium-Teflon-Viton)
als Standard bestimmt. Die Energie wurde jeweils in Joule/(g/sr) im B-Band im Standversuch,
d. h. ohne Wind, gemessen. Zusätzlich wurden die Leistungen der als Scheinziele mit
einem Kaliber von 36 mm ausgebildeten abbrennenden Wirkmassen auf einem Schlitten
mit einer Geschwindigkeit von 75 m/s und 150 m/s dynamisch gemessen. Dabei wurden
jeweils zwischen 120 und 170 g Wirkmasse eingesetzt.
[0024] Alle Daten sind, soweit nicht anders angegeben, in fünf parallelen Messreihen jeweils
im Vergleich zu MTV mit dem Radiometer in einem Abstand von 1 m gemessen worden.
[0025] MTV-Standard:
Stoff |
Typ |
Gewichtsprozent |
Sonstiges |
Magnesiumpulver |
LNR 61 |
60,0 |
TMD=1893 |
Teflonpulver |
Hoechst TF 9202 |
23,0 |
Viton |
3M Fluorel FC-2175 |
12,0 |
Grafit (als Gleitmittel) |
Merck |
5,0 |
Beispiel 1
[0026] Wirkmasse nach dem Stand der Technik auf Basis von Ammoniumperchlorat:
Stoff |
Typ |
Gewichtsprozent |
Sonstiges |
Ammoniumperchlorat |
Körnung < 200 µm |
86,98 |
TMD=1702 |
HTPB |
Sartomer R45HT-M M=2800 |
12,10 |
IPDI |
Hüls |
0,91 |
Eisenacetonylacetat |
|
0,02 |
[0027] "IPDI" steht für Isophorondiisocyanat
Beispiel 2
[0028] Weitere Wirkmasse nach dem Stand der Technik auf Basis von Ammoniumperchlorat:
Stoff |
Typ |
Gewichtsprozent |
Sonstiges |
Ammoniumperchlorat |
Körnung < 50 µm |
85,50 |
TMD=1678 |
HTPB |
Sartomer R45HT-M M=2800 |
13,47 |
IPDI |
Hüls |
1,01 |
Eisenacetonylacetat |
|
0,02 |
Beispiel 3
[0029] Erfindungsgemäße Hochleistungswirkmasse mit Bor als Brennstoff, Kaliumnitrat als
Oxidationsmittel und Braunkohle als zu pyrolysierenden Stoff:
[0030] Der Schwefel unterstützt die Primärreaktion bei hoher Windgeschwindigkeit, indem
er dabei verhindert, dass die Primärflamme ausgeblasen wird. Die Hochleistungswirkmasse
erzeugt beim Abbrand bei Geschwindigkeiten von 75 m/s und 150 m/s einen ca. 30 m langen
spektralen Raumeffekt.
Stoff |
Typ |
Gewichtsprozent |
Sonstiges |
Braunkohle |
Heizprofi, fein gemahlen, Körnung < 100 µm |
32,0 |
TMD=1712 |
Kaliumnitrat |
fein gemahlen, Körnung < 10 µm |
53,0 |
Bor |
Körnung < 1 µm |
4,0 |
Schwefel |
fein gepulvert |
8,0 |
Chloropren |
Macroplast |
3,0 |
Beispiel 4
[0031] Weitere erfindungsgemäße Hochleistungswirkmasse mit Silizium als Brennstoff und ansonsten
denselben Komponenten wie die Hochleistungswirkmasse gemäß Beispiel 3:
[0032] Die Hochleistungswirkmasse erzeugt beim Abbrand bei Geschwindigkeiten von 75 m/s
und 150 m/s jeweils einen ca. 30 m langen Raumeffekt.
Stoff |
Typ |
Gewichtsprozent |
Sonstiges |
Braunkohle |
Heizprofi, fein gemahlen, Körnung < 100 µm |
30,0 |
TMD=1735 |
Kaliumnitrat |
fein gemahlen, Körnung < 10 µm |
51,0 |
Silizium |
fein, Körnung < 30 µm |
8,0 |
Schwefel |
fein gepulvert |
8,0 |
Chloropren |
Macroplast |
3,0 |
Beispiel 5
[0033] Weitere erfindungsgemäße Hochleistungswirkmasse:
[0034] Die Primärreaktion erfolgt zwischen Natriumnitrat als Oxidationsmittel und Braunkohle
als Brennstoff. Dabei nicht umgesetzte Braunkohle dient als zu pyrolysierender Stoff.
Stoff |
Typ |
Gewichtsprozent |
Sonstiges |
Braunkohle |
Heizprofi, fein gemahlen, Körnung <100 µm |
33,0 |
TMD=1750 |
Natriumnitrat |
fein gemahlen, Körnung < 10 µm |
56,0 |
Schwefel |
fein gepulvert |
8,0 |
Chloropren |
Macroplast |
3,0 |
Beispiel 6
[0035] Weitere erfindungsgemäße Wirkmasse:
[0036] Diese Wirkmasse erreicht bei 0 m/s Wind 86 % der MTV-Leistung im B-Kanal und weist
ein höheres Spektralverhältnis als die Braunkohlewirkmassen auf.
Stoff |
Typ |
Gewichtsprozent |
Sonstiges |
Holzmehl |
Eichenstaub aus Dielenfußboden-Feinschliff mit Walzenschleifer, Körnung 100 |
30,0 |
TMD=1406 |
Kaliumnitrat |
fein gemahlen, Körnung (d50) < 10 µm |
51,0 |
Silizium |
fein, Körnung < 30 µm |
8,0 |
Schwefel |
fein gepulvert |
8,0 |
Polychloropren |
Macroplast |
3,0 |
[0037] "TMD" steht jeweils für die theoretische mittlere Dichte der gesamten Wirkmasse in
kg/m
3.
[0038] Im Folgenden sind die mit den obigen Wirkmassen beim Abbrand erzielten relativen
Leistungsdaten angegeben. "% MTV" gibt dabei die gemessene Leistung als Prozent der
für den MTV-Standard gemessenen Leistung an.
1. Strahlungsmessungen im Labor ohne Wind:
Satz |
% MTV (B-Kanal) |
Standard MTV |
100 |
Beispiel 1 |
19 |
Beispiel 2 |
29 |
Beispiel 3 |
84 |
Beispiel 4 |
82 |
Beispiel 5 |
87 |
2. Strahlungsmessung unter dynamischen Bedingungen bei 75 m/s Luftgeschwindigkeit:
Satz |
% MTV (B-Kanal) |
Standard MTV |
100 |
Beispiel 1 |
49 |
Beispiel 2 |
75 |
Beispiel 3 |
137 |
Beispiel 4 |
166 |
3. Strahlungsmessungen unter dynamischen Bedingungen bei 150 m/s Luftgeschwindigkeit:
Satz |
% MTV (B-Kanal) |
Standard MTV |
100 |
Beispiel 1 |
17 |
Beispiel 2 |
57 |
Beispiel 3 |
149 |
Beispiel 4 |
131 |
[0039] Alle Ergebnisse der Messung unter dynamischen Bedingungen sind jeweils ein Durchschnitt
von 3 Parallelversuchen, welche mit Scheinzielen aus den jeweils angegebenen Wirkmassen
mit einem Kaliber von 36 mm durchgeführt wurden.
1. Hochleistungswirkmasse für ein beim Abbrand spektral strahlendes pyrotechnisches Infrarotscheinziel,
umfassend einen Brennstoff, ein Oxidationsmittel, ein Bindemittel und einen Kohlenstoff
enthaltenden Stoff, wobei der Brennstoff und das Oxidationsmittel so gewählt sind,
dass das Oxidationsmittel den Brennstoff nach dessen Zündung in einer exothermen Primärreaktion
unter Entstehung einer Temperatur von mindestens 1000 K oxidieren kann, wobei der
Stoff so gewählt ist, dass der Stoff durch die bei der Primärreaktion freiwerdende
Wärme endotherm pyrolysiert wird und dabei an Luft brennbares Gas freisetzt, wobei
der Brennstoff nicht so stark reduzierend ist, dass entstehendes CO2 zu Kohlenstoff reduziert werden kann, wobei der Stoff und dessen Mengenanteil an
der Hochleistungswirkmasse so gewählt sind, dass die Temperatur der Hochleistungswirkmasse
nach deren Zündung wegen des Wärmeentzugs durch die endotherm erfolgende Pyrolyse
2000 K nicht übersteigt.
2. Hochleistungswirkmasse nach Anspruch 1,
wobei der Brennstoff Kohlenstoff enthält.
3. Hochleistungswirkmasse nach Anspruch 2,
wobei zumindest die stoffliche Beschaffenheit des Stoffs und des Brennstoffs identisch
sind.
4. Hochleistungswirkmasse nach einem der vorhergehenden Ansprüche,
wobei der Brennstoff elementaren Kohlenstoff, Bor, Silizium, Schwefel, Antimon, Eisen,
Mangan, Kobalt oder Nickel oder eine Mischung oder Legierung dieser Stoffe umfasst.
5. Hochleistungswirkmasse nach einem der vorhergehenden Ansprüche,
wobei der Brennstoff so gewählt ist, dass er nach der Primärreaktion ein festes Reaktionsprodukt
hinterlässt.
6. Hochleistungswirkmasse nach einem der vorhergehenden Ansprüche,
wobei das Oxidationsmittel ein Perchlorat, Chlorat, Oxid, Sulfat, Nitrat, Dinitramin,
Nitrit, Peroxid, Dinitromethanat, insbesondere Natrium-, Kalium- oder Ammoniumdinitromethanat,
eine Nitroverbindung, einen Nitratester, Hexogen, Oktogen, Nitrocellulose oder Nitropenta
umfasst.
7. Hochleistungswirkmasse nach einem der vorhergehenden Ansprüche,
wobei der Stoff Zucker, Holz, insbesondere in Form von Holzmehl oder Sägespänen, Getreidemehl,
insbesondere Weizenmehl, Braunkohle, Torf, Cellulose, Stärke, Tabak, ein Oxalt, insbesondere
Calciumoxalat, ein Formiat, insbesondere Magnesiumformiat, ein Acetat, insbesondere
Calciumacetat, ein Propionat, insbesondere Calciumpropionat, Polyethylenglycol, Polyoxymethylen,
Polyamid, Harnstoff, Hexamethylentetramin, Trioxan, Paraformaldehyd, Nitrocellulose,
Hexogen, Oktogen, Dinitromethanat, insbesondere Natrium-, Kalium- oder Ammoniumdinitromethanat,
oder Nitropenta umfasst.
8. Hochleistungswirkmasse nach einem der vorhergehenden Ansprüche,
wobei der Brennstoff nicht Schwefel ist, jedoch Schwefel in der Hochleistungswirkmasse
enthalten ist.
9. Hochleistungswirkmasse nach einem der vorhergehenden Ansprüche,
wobei der Brennstoff, das Oxidationsmittel und der Stoff und die Mengen des Brennstoffs,
des Oxidationsmittels und des Stoffs so gewählt sind, dass bei einem Abbrand der Hochleistungswirkmasse
an der Luft das Verhältnis zwischen der spezifischen Leistung der emittierten Strahlung
im Wellenlängenbereich von 1,8 bis 2,6 µm zur spezifischen Leistung der emittierten
Strahlung im Wellenlängenbereich von 3,5 bis 4,6 µm höchstens 1:3, insbesondere höchstens
1:5, insbesondere höchstens 1:10, beträgt.
10. Hochleistungswirkmasse nach einem der vorhergehenden Ansprüche,
wobei der Brennstoff, das Oxidationsmittel und der Stoff und die Mengen des Brennstoffs,
des Oxidationsmittels und des Stoffs so gewählt sind, dass die Temperatur der Hochleistungswirkmasse
nach deren Zündung 1770 K, insbesondere 1270 K, insbesondere 970 K, nicht übersteigt.
11. Hochleistungswirkmasse nach einem der vorhergehenden Ansprüche,
wobei der Stoff so gewählt ist, dass das daraus durch Pyrolyse freisetzbare Gas ein
Gas ist, welches an der Luft mit einer maximalen Flammentemperatur unterhalb von 2000
K verbrennt.
12. Hochleistungswirkmasse nach einem der vorhergehenden Ansprüche,
wobei das Bindemittel so gewählt ist, dass es beim Abbrand der Hochleistungswirkmasse
keine Rußbildung bewirkt.
13. Hochleistungswirkmasse nach Anspruch 12,
wobei das Bindemittel Polychloropren ist.