[0001] Die vorliegende Erfindung betrifft zunächst ein Verfahren zum Behandeln eines Stahlprodukts
gemäß dem Oberbegriff von Patentanspruch 1. Weiterhin betrifft die Erfindung eine
Vorrichtung zum Behandeln eines Stahlprodukts gemäß dem Oberbegriff von Patentanspruch
12. Schließlich betrifft die Erfindung auch ein Stahlprodukt.
[0002] Es ist bereits bekannt, dass ein Stahlprodukt, beispielsweise ein Knüppel für ein
Fertigerzeugnis Stabstahl erwärmt, anschließend entzundert und dann in einer Walzstraße
auf den geforderten Enddurchmesser gewalzt wird. Im Anschluss erfolgt die Abkühlung
des noch etwa 900 bis 1000 °C heißen Walzgutes am Rechenkühlbett. Während der Abkühlung
am Rechenkühlbett wandelt das austenitische Walzgut sukzessive in ein kubisch raumzentriertes
Gefüge um. Dabei scheiden sich entsprechend dem thermodynamischen Gleichgewicht zuerst
Ferrit und bei weiterer Abkühlung Ferrit und Karbide in Form von Perlit als Gleichgewichtsphasen
aus (mitunter werden die Karbide (M
3C) auch als Zementit bezeichnet). Am Ende der Abkühlung liegt im Stabstahl ein homogenes
perlitisch-ferritisches Gefüge vor, sofern es sich nicht um lufthärtende Stähle handelt.
[0003] Eine nachfolgende Wärmebehandlung bewirkt, dass sich die Zementitlamellen des Perlits
als kugelige Karbide einformen. Nach der Glühbehandlung besteht das Gefüge aus Ferrit,
kugelig eingeformtem Zementit (Eisen-Karbid) sowie einem Anteil an nicht eingeformten
Zementitlamellen. Das Material besitzt entsprechend dem eingestellten Gefüge eine
hohe Duktilität, was sich in hohen Bruchdehnungs- und Brucheinschnürungswerten widerspiegelt.
Die Zugfestigkeit ist auf Grund des hohen Ferritgehaltes entsprechend niedrig.
[0004] Das über diese bekannte Prozessroute erzeugte Gefüge besitzt zwar eine sehr gute
Kaltumformbarkeit. Allerdings sind die Streckgrenze sowie die Zugfestigkeit gering.
[0005] Die Aufgabe der vorliegenden Erfindung besteht deshalb darin, ein Verfahren und eine
Vorrichtung der eingangs genannten Art derart zu verbessern, dass bei dem Stahlprodukt
insbesondere eine im Vergleich zum Stand der Technik verbesserte Streckgrenze und
eine verbesserte Zugfestigkeit realisiert werden kann. Weiterhin soll ein entsprechend
verbessertes Stahlprodukt bereitgestellt werden.
[0006] Diese Aufgabe wird erfindungsgemäß gelöst durch das Verfahren mit den Merkmalen gemäß
dem unabhängigen Patentanspruch 1, die Vorrichtung mit den Merkmalen gemäß dem unabhängigen
Patentanspruch 12 sowie das Stahlprodukt mit den Merkmalen gemäß dem unabhängigen
Patentanspruch 14. Weitere Merkmale und Details der Erfindung ergeben sich aus den
Unteransprüchen, der Beschreibung sowie dem Beispiel. Dabei gelten Merkmale und Details,
die im Zusammenhang mit dem erfindungsgemäßen Verfahren beschrieben sind, selbstverständlich
auch im Zusammenhang mit der erfindungsgemäßen Vorrichtung und dem erfindungsgemäßen
Stahlprodukt, und jeweils umgekehrt, so dass Merkmale und Details, die im Zusammenhang
mit einem der Erfindungsaspekte beschrieben sind, vollumfänglich stets auch als im
Zusammenhang mit den anderen Erfindungsaspekten offenbart gelten.
[0007] Der Grundgedanke der vorliegenden Erfindung besteht insbesondere darin, dass heißes
Walzgut - die Temperatur wird bevorzugt so gewählt, dass das Walzgutgefüge austenitisch
ist - einer schnellen Abkühlung und einer sich daran anschließenden besonderen Wärmebehandlung,
dem "Glühen auf kugelige Karbide" unterzogen wird. Insbesondere sind die Streckgrenze
und die Zugfestigkeit des entstehenden Stahlprodukts höher als jene, welche über die
bekannte Prozessroute erzielbar sind.
[0008] Gemäß dem ersten Aspekt der vorliegenden Erfindung wird ein Verfahren zum Behandeln
eines Stahlprodukts, insbesondere eines Walzprodukts, nach einem Warmumformprozess,
insbesondere zur Verbesserung der Streckgrenze und der Zugfestigkeit, bereitgestellt,
das durch folgende Schritte gekennzeichnet ist:
- Nach der Warmumformung wird das Stahlprodukt mit hoher Abkühlgeschwindigkeit, insbesondere
mittels Wasserkühlung, abgekühlt;
- Nach der Abkühlung wird das Stahlprodukt einer Wärmebehandlung "Glühen auf kugelige
Karbide" unterzogen
[0009] Gemäß der vorliegenden Erfindung wird ein Stahlprodukt behandelt, wobei die Erfindung
grundsätzlich nicht auf bestimmte Typen oder Sorten von Stahlprodukten beschränkt
ist. Vorzugsweise kann es sich bei dem Stahlprodukt um ein solches handeln, welches
mittels eines Warmumformprozesses umgeformt worden ist. Beispielsweise kann das Stahlprodukt
als Walzprodukt ausgebildet sein, welches mittels eines Walzprozesses hergestellt
worden ist.
[0010] Das Stahlprodukt wird zunächst mittels eines Warmumformverfahrens, beispielsweise
eines Walzverfahrens, hergestellt. Anschließend wird das Stahlprodukt mit dem erfindungsgemäßen
Verfahren behandelt. Ein Herstellungsverfahren beinhaltet insbesondere die Prozessabschnitte
Umformung und Behandlung des Stahlprodukts. In diesem Fall stellt das erfindungsgemäße
Behandlungsverfahren einen Aspekt des Herstellungsverfahrens eines Stahlprodukts dar.
[0011] Beispielsweise kann vorgesehen sein, dass es sich bei dem Stahlprodukt um ein Fertigerzeugnis
Stabstahl handelt. Das hierfür verwendete Ausgangs- oder Vormaterial, beispielsweise
"Knüppel", kann beispielsweise im Hubbalkenofen, ausgehend von Raumtemperatur im Bereich
von -20 bis +30 °C, über 2 Stunden auf Ofenentnahme- beziehungsweise Ziehtemperatur
von 1120 bis 1170 °C erwärmt werden. Das Gussgefüge des Knüppels wandelt während dieses
Prozessschrittes homogen von kubisch raumzentriert bei Raumtemperatur in kubisch flächenzentriert,
ein austenitisches Gefüge, bei Ziehtemperatur um.
[0012] Nach Erreichen der Ziehtemperatur wird der Knüppel aus dem Erwärmungsaggregat, beispielsweise
aus einem Hubbalkenofen, ausgetragen beziehungsweise ausgestoßen. Der an der Knüppeloberfläche
anhaftende Zunder, beispielsweise Eisenoxid, kann mittels einer Hochdruckentzunderung
vom Knüppel entfernt werden. Es folgt die Umformung von der Ausgangsabmessung Knüppel
auf den geforderten Enddurchmesser des Stabstahls in einer Walzstraße.
[0013] Erfindungsgemäß ist vorgesehen, dass nach der erfolgten Warmumformung das Stahlprodukt
mit hoher Abkühlgeschwindigkeit, insbesondere mittels Wasserkühlung, abgekühlt wird.
[0014] Grundsätzlich ist die Erfindung nicht auf bestimmte Arten oder Verfahren der Abkühlung
beschränkt. Wichtig ist lediglich, dass im Anschluss an die Umformung eine Intensivkühlung
des Stahlprodukts, beispielsweise des Walzguts, erfolgt. Das kann bevorzugt dadurch
realisiert werden, dass die Abkühlung mittels Wasserkühlung erfolgt.
[0015] Erfindungsgemäß ist vorgesehen, dass die Abkühlung mit hoher Abkühlgeschwindigkeit
erfolgt. Eine hohe Abkühlgeschwindigkeit bedeutet dabei insbesondere, dass die Abkühlgeschwindigkeit
höher ist als die Abkühlgeschwindigkeit einer Abkühlung an Luft, einer so genannten
Luftabkühlung. Eine solche Luftabkühlung kann beispielsweise auf einem Rechenkühlbett
erfolgen.
[0016] Die Abkühlung mit hoher Abkühlungsgeschwindigkeit kann insbesondere durch die Prozessrandbedingungen,
wie beispielsweise Walzgeschwindigkeit und/oder Wassertemperatur und/oder Kühlstreckenlänge
und/oder Anzahl der verwendeten Kühldüsen und/oder Kühlwassermenge und/oder Kühlwasserdruck
beeinflusst werden. Bevorzugt kann das Stahlprodukt unter die A1-Linie abgekühlt werden,
beispielsweise auf 350 bis 550 °C oder etwa 350 bis 550 °C abgekühlt werden.
[0017] Bevorzugte, jedoch nicht ausschließliche Beispiele zu der Abkühlung mit hoher Abkühlgeschwindigkeit
werden im weiteren Verlauf der Beschreibung näher erläutert.
[0018] Nach der erfolgten Abkühlung wird das Stahlprodukt einem weiteren Prozess unterzogen.
Hierbei handelt es sich um eine Wärmebehandlung "Glühen auf kugelige Karbide". Das
"Glühen auf kugelige Karbide" ist grundsätzlich bekannt und dem Fachmann geläufig.
Es wird auch als "GKZ-Glühen" bezeichnet. Eine solche Wärmebehandlung kann beispielsweise
in einem Wärmebehandlungsofen erfolgen.
[0019] Durch das GKZ-Glühen, das heißt eine Wärmebehandlung wenig unterhalb oder oberhalb
der A
1-Linie, mit anschließender definierter Abkühlung, wird insbesondere ein Gefügezustand
erreicht, mit dem eine Umformung des Strahlprodukts bei Raumtemperatur leichter durchführbar
ist. Hierzu ist ein Gefüge notwendig, das möglichst weitgehend aus duktilem, das heißt
zähem Ferrit besteht, in dem die harten Bestandteile, die Eisen-Karbide, kugelig eingelagert
sind. Ziel der GKZ-Glühung sind somit insbesondere kugelig eingeformte Eisenkarbide
in einer Ferrit-Matrix.
[0020] Nach Abschluss des Behandlungsverfahrens weist das Stahlprodukt insbesondere im Vergleich
zu einem entsprechend der eingangs beschriebenen bekannten Prozessroute hergestellten
Stahlprodukt eine verbesserte Streckgrenze sowie eine verbesserte Zugfestigkeit auf.
Ebenso sind vergleichbare Werte für die Bruchdehnung und die Brucheinschnürung relativ
zu einem Stahlprodukt, welches mittels der bekannten Prozessroute hergestellt wird,
realisierbar.
[0021] Bevorzugt weist das Stahlprodukt vor der Abkühlung eine Temperatur auf, bei der das
Gefüge des Stahlprodukts im austenitischen Bereich vorliegt. Die Einlauftemperatur
des Materials in eine Abkühlvorrichtung, in der die Abkühlung erfolgt, ist somit in
jedem Fall noch so hoch, dass das Stahlproduktgefüge, beispielsweise das Walzgutgefüge,
in austenitischem Zustand vorliegt. Beispielsweise kann die Einlauftemperatur im Bereich
von etwa 900 bis 1000 °C liegen.
[0022] Bevorzugt wird weiterhin, dass die Abkühlung des Stahlprodukts derart erfolgt, dass
die Gefügeverteilung und/oder Temperaturverteilung des Stahlprodukts nach erfolgter
Abkühlung über den Querschnitt inhomogen ist.
[0023] Bevorzugt ist vorgesehen, dass das Stahlprodukt mit solch einer Abkühlgeschwindigkeit
abgekühlt wird, dass diffusionsgesteuerte Umwandlungsprozesse zumindest im oberflächennahen
Bereich des Stahlprodukts nicht ablaufen. Während des Abkühlvorgangs, beispielsweise
während einer Wasserabkühlung, die beispielsweise in einer weiter unten näher erläuterten
Wasserkühlstrecke erfolgen kann, wird das Stahlprodukt, beispielsweise das Walzgut,
so schnell abgekühlt, dass die diffusionsgesteuerten Umwandlungsvorgänge, insbesondere
die Umwandlung des Austenits in Ferrit und Perlit, mangels Zeit zumindest im oberflächennahen
Bereich des Stahlprodukts nicht ablaufen können. Dadurch bedingt bildet sich vorwiegend
in der Randzone des Stahlprodukts das äußerst harte Ungleichgewichtsgefüge Martensit
mit dem im Eisenmatrixgitter zwangsgelösten Kohlenstoff aus.
[0024] Bevorzugt wird das Stahlprodukt mit solch einer Abkühlgeschwindigkeit abgekühlt,
dass sich in einer Übergangszone zwischen dem Randbereich und dem Kern des Stahlprodukts
in Richtung Kern Bainit bildet. Die in Richtung Kern angrenzende Übergangszone erreicht
die hohe Abkühlgeschwindigkeit des Randbereiches nicht, sodass sich in diesem Bereich
nicht Martensit sondern Bainit bildet.
[0025] Bevorzugt wird das Stahlprodukt mit solch einer Abkühlgeschwindigkeit abgekühlt,
dass im Kern des Stahlprodukts neben Bainit die Gefüge Troostit, Sorbit und Ferrit
gebildet werden. Im Kern des Stahlprodukts, beispielsweise im Walzgutkern, können
sich auf Grund der über dem Querschnitt des Stahlprodukts geringsten Abkühlgeschwindigkeit
neben Bainit die keimbildungs- und diffusionsgesteuerten Gefüge Troostit, Sorbit und
Ferrit bilden.
[0026] Verlässt das Stahlprodukt die Abkühleinrichtung, beziehungsweise ist der Abkühlvorgang
abgeschlossen, liegt das Gefüge des Strahlprodukts insbesondere vollständig beziehungsweise
fast vollständig im kubisch raumzentrierten Zustand vor. Allerdings ist/sind die Gefügeverteilung
- etwa Martensit im Randbereich, Bainit in der Übergangszone sowie Bainit, Troostit,
Sorbit und Ferrit im Kern - und/oder auch die Temperaturverteilung zwischen Oberfläche
und Kern stark inhomogen.
[0027] Bevorzugt wird das Stahlprodukt derart abgekühlt, dass der im Kern verbleibende Wärmeinhalt
so hoch ist, dass zumindest die Übergangszone zwischen dem Kern und dem Randbereich
des Stahlprodukts aus dem Kern wieder erwärmt wird. Ergänzend kann die Abkühlung auch
so gewählt werden, dass die im Kern verbliebene Wärme neben der Übergangszone auch
den Randbereich wieder erwärmt. Die Oberfläche des Stahlprodukts, beispielsweise die
Walzgutoberfläche, die im direkten Kontakt mit dem Kühlwasser stand, sowie die angrenzende
Randzone zeigen die niedrigste Temperatur am Stahlprodukt. Beide werden aus dem Kernbereich,
der eine höhere Temperatur aufweist, bevorzugt wieder erwärmt beziehungsweise angelassen.
[0028] Bevorzugt ist vorgesehen, dass das Stahlprodukt in einer Wasserkühlstrecke abgekühlt
wird. Beispielsweise kann vorgesehen sein, dass das Stahlprodukt durch ein Wasserbad
oder Kühlrohre hindurchgeführt wird, oder dass das Stahlprodukt mit Wasser besprüht
wird. Die vorliegende Erfindung ist nicht auf bestimmte Ausgestaltungsformen der Wasserkühlstrecke
beschränkt. Beispielsweise kann die Abkühlung in einer bis zu 22 Meter langen Wasserkühlstrecke
erfolgen.
[0029] Beispielsweise kann vorgesehen sein, dass das abzukühlende Stahlprodukt, beispielsweise
das Walzgut durch einen mit Wasser gefüllten Kasten läuft, oder dass das Stahlgut
durch eine Einrichtung läuft, in welcher Wasser mit definierten Prozessparametern
auf das abzukühlende Stahlprodukt aufgebracht wird. Bevorzugt ist vorgesehen, dass
das Wasser mit einem Vordruck von 0 bis 10 bar und/oder mit einem Volumenstrom von
0 bis 1000 m
3/h auf das abzukühlende Stahlprodukt aufgebracht wird. Mit hoher Abkühlgeschwindigkeit
wird das Stahlprodukt abgekühlt, beispielsweise auf etwa 350 bis 550 °C. Dabei findet
eine Gleichgewichtsumwandlung zumindest in der Randzone des Stahlproduktes nicht statt
und der Kohlenstoff verbleibt zwangsgelöst im Metallgitter. Nach der Abkühlung wird
somit bewusst kein homogenes Gefüge, sondern ein inhomogenes Gefüge eingestellt, da
anschließend noch eine Wärmebehandlung folgt.
[0030] Bevorzugt ist zudem ein Verfahren, bei dem das Stahlprodukt nach der Abkühlung mit
hoher Abkühlgeschwindigkeit und vor der Wärmebehandlung "Glühen auf kugelige Karbide"
einer weiteren Kühlung, insbesondere auf einem Rechenkühlbett, unterzogen wird.
[0031] Die nachfolgende Wärmebehandlung "Glühen auf kugelige Karbide" bewirkt im "oberflächennahen
Bereich" des Materials insbesondere, dass der im Martensit vormals zwangsgelöste Kohlenstoff
in die Eisen-Karbidform übergeht und sich als kugelig eingeformter Zementit fein dispers
ausscheidet. Die Matrix, in welcher dieser Zementit nach der Wärmebehandlung vorliegt,
ist Ferrit. Ebenso scheidet der im "Übergangs- und Kernbereich" vorliegende Bainit
Eisen-Karbide in feinster Form aus. Auch die Zementitlamellen des im Kernbereich vorliegenden
Sorbits und Trostits formen im Zuge der Glühbehandlung zu globularem Zementit ein.
[0032] Im Gegensatz zur eingangs beschriebenen bekannten Prozessroute erfolgt die Karbideinformung
auf Grund des sehr geringen Zementitlamellenabstandes des Sorbits und Troostits äußerst
fein und homogen.
[0033] Zusammenfassend ist festzuhalten, dass der nach der Glühbehandlung im gesamten Material
in eine Ferritmatrix eingebettete, fein dispers vorliegende globulare Zementit aus
den vor der Wärmebehandlung vorgelegenen Gefügebestandteilen: angelassener Martensit,
Bainit sowie feinlamellarer Perlit - Sorbit und Troostit - ausgeschieden beziehungsweise
eingeformt wurde. Die Duktilität des erfindungsgemäß erzeugten Stahlprodukts ist auf
Grund des hohen Ferritanteils im Gefüge und des homogen eingeformten Zementits vergleichbar
mit jener, die über die bekannte Prozessroute eingestellt werden kann. Sowohl die
Streckgrenze als auch die Zugfestigkeit des erfindungsgemäß erzeugten Stahlprodukts
liegen auf Grund des fein dispers ausgeschiedenen und globular eingeformten Zementits
deutlich über jenen der konventionellen Route.
[0034] Das erfindungsgemäße Verfahren kann insbesondere als HSA-Verfahren (Hardened and
Soft Annealed) bezeichnet werden.
[0035] Gemäß einem zweiten Aspekt der Erfindung wird eine Vorrichtung zum Behandeln eines
Stahlprodukts, insbesondere eines Walzprodukts, nach einem Warmumformprozess, insbesondere
zur Verbesserung der Streckgrenze und der Zugfestigkeit, bereitgestellt, die gekennzeichnet
ist durch eine Einrichtung zum Abkühlen des Stahlprodukts nach der Warmumformung mit
hoher Abkühlgeschwindigkeit, insbesondere mittels Wasserkühlung, die etwa als Wasserkühlstrecke
ausgebildet sein kann, sowie eine Einrichtung zur Wärmebehandlung "Glühen auf kugelige
Karbide" des abgekühlten Stahlprodukts, die etwa als Wärmebehandlungsofen ausgebildet
sein kann.
[0036] Die Vorrichtung weist insbesondere Mittel zur Durchführung des wie vorstehend beschriebenen
erfindungsgemäßen Verfahrens auf, so dass bezüglich der Ausgestaltung und Funktionsweise
der Vorrichtung auf die vorstehenden Ausführungen zum erfindungsgemäßen Verfahren
vollinhaltlich Bezug genommen und verwiesen wird.
[0037] Gemäß einem weiteren Aspekt der Erfindung wird ein Stahlprodukt, insbesondere ein
Walzprodukt, insbesondere mit verbesserter Streckgrenze und Zugfestigkeit, bereitgestellt.
Das Stahlprodukt ist erhältlich durch ein Verfahren mit folgenden Schritten:
- Nach der Warmumformung wird das Stahlprodukt mit hoher Abkühlgeschwindigkeit, insbesondere
mittels Wasserkühlung, abgekühlt;
- Nach der Abkühlung wird das Stahlprodukt einer Wärmebehandlung "Glühen auf kugelige
Karbide" unterzogen
[0038] Das Stahlprodukt ist insbesondere durch ein wie vorstehend beschriebenes erfindungsgemäßes
Verfahren erhältlich, so dass bezüglich der Beschaffenheit und der Eigenschaften des
Stahlprodukts auf die vorstehenden Ausführungen zum erfindungsgemäßen Verfahren vollinhaltlich
Bezug genommen und verwiesen wird. Das Stahlprodukt kann in einer wie vorstehend beschriebenen
erfindungsgemäßen Vorrichtung hergestellt beziehungsweise behandelt werden, so dass
auch auf die entsprechenden Ausführungen zu der Vorrichtung vollinhaltlich Bezug genommen
und verwiesen wird.
[0039] Weitere Merkmale und Details der vorliegenden Erfindung lassen sich auch dem nachfolgend
in größerem Detail beschriebenen konkreten Ausführungsbeispiel entnehmen.
[0040] Bei dem konkreten Beispiel wird ein Stahlprodukt in Form eines Walzprodukts zunächst
mittels eines Umformverfahrens, eines Walzverfahrens erzeugt und anschließend behandelt.
[0041] Das Gefüge des Walzgutes weist nach dem Walzprozess bevorzugt die folgenden Gefügebestandteile
auf:
[0042] Das Gefüge des Walzguts nach dem Walz- und Kühlprozess weist bevorzugt folgende Gefügebestandteile
auf:
- Rand: Angelassener Martensit
- 1/3 Rand: Angelassener Martensit und Bainit
- Kern: Bainit; Sorbit, Trostit und Ferrit
[0043] Das Gefüge des Walzguts nach der Wärmebehandlung weist bevorzugt folgende Gefügebestandteile
auf:
- Ferrit und fein dispers verteilter eingeformter - globularer - Zementit
[0044] Durch die vorliegende Erfindung können gegenüber der bekannten Prozessroute insbesondere
die Werte für Streckgrenze, Zugfestigkeit verbessert werden. Die Zähigkeitseigenschaften
wie Bruchdehnung und Brucheinschnürung können in etwa gehalten werden.
[0045] Zur Herstellung des Walzguts wird das Vormaterial in einem als Hubbalkenofen ausgebildeten
Prozessaggregat zunächst erwärmt. Hierbei können beispielsweise folgende Prozessrandbedingungen
eingestellt werden: Erwärmen von Umgebungstemperatur das heißt -20 bis +30 °C auf
Ziehtemperatur 1120 bis 1170 °C in ungefähr 2 Stunden.
[0046] Anschließend wird das Vormaterial in einem als Zunderwäscher ausgebildeten Prozessaggregat
entzundert. Hierbei können beispielsweise folgende Prozessrandbedingungen eingestellt
werden: Entzunderungsdruck: ungefähr 250 bar. Bei dem Entzunderungsdruck handelt es
sich um jenen Druck der vor den Entzunderungsdüsen ansteht.
[0047] Anschließend wird das Material umgeformt, im vorliegenden Beispiel gewalzt. Das Prozessaggregat
weist bevorzugt folgende Merkmale auf:
- Vorstraße 6 gerüstige in Horizontal-, Vertikal-Anordnung (HV-Anordnung)
- Temperaturausgleichstrecke mit einer Länge von 35 m
- Zwischenstraße 8 gerüstige in HV-Anordnung
- Fertigstraße 8 gerüstige in HV-Anordnung
[0048] Hierbei können beispielsweise folgende Prozessrandbedingungen eingestellt werden:
- Walzen der Knüppel im Temperaturfenster von 1170 bis ca. 900 °C
- 2-Walzentechnologie
[0049] Anschließend folgt die Behandlung des hergestellten Walzguts. Zunächst erfolgt eine
Abkühlung mit hoher Abkühlgeschwindigkeit. Hierzu kann ein Prozessaggregat zum Einsatz
kommen, das folgende Merkmale aufweist.
- Wasserkühlstrecke mit einer Länge von bis zu 22 m
- Vordruck von 0 bis 10 bar
- Volumenstrom von 0 bis 1000 m3/h
- Rechenkühlbett mit Luftabkühlung
[0050] Die Prozessrandbedingungen für eine schnelle Wasser-Abkühlung von ungefähr 900 bis
1000 °C auf beispielsweise 350 bis 550 °C werden insbesondere beeinflusst durch die
Walzgeschwindigkeit und/oder die Wassertemperatur und/oder die Kühlstreckenlänge und/oder
die Anzahl der verwendeten Kühldüsen und/oder die Kühlwassermenge und/oder Kühlwasserdruck.
[0051] An diese schnelle Abkühlung kann sich eine langsame oder schnelle weitere Abkühlung
anschließen, beispielsweise am Rechenkühlbett.
[0052] Danach erfolgt eine Wärmebehandlung des abgekühlten Walzguts in einem Prozessaggregat,
das beispielsweise als Wärmebehandlungsofen ausgebildet ist. Die Prozessrandbedingungen
werden dabei so eingestellt, dass ein Glühen auf kugelige Karbide, das so genannte
GKZ-Glühen, erfolgt.
1. Verfahren zum Behandeln eines Stahlprodukts, insbesondere eines Walzprodukts, nach
einem Warmumformprozess, insbesondere zur Verbesserung der Streckgrenze und der Zugfestigkeit,
gekennzeichnet durch folgende Schritte:
(a) Nach der Warmumformung wird das Stahlprodukt mit hoher Abkühlgeschwindigkeit,
insbesondere mittels Wasserkühlung, abgekühlt;
(b) Nach der Abkühlung wird das Stahlprodukt einer Wärmebehandlung "Glühen auf kugelige
Karbide" unterzogen
2. Verfahren nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, dass das Stahlprodukt vor der Abkühlung eine Temperatur aufweist, bei der das Gefüge des
Stahlprodukts im austenitischen Bereich vorliegt.
3. Verfahren nach Anspruch 1 oder 2, dadurch gekennzeichnet, dass die Abkühlung des Stahlprodukts derart erfolgt, dass die Gefügeverteilung und/oder
Temperaturverteilung des Stahlprodukts nach erfolgter Abkühlung über den Querschnitt
inhomogen ist.
4. Verfahren nach einem der Ansprüche 1 bis 3, dadurch gekennzeichnet, dass das Stahlprodukt mit solch einer Abkühlgeschwindigkeit abgekühlt wird, dass diffusionsgesteuerte
Umwandlungsprozesse zumindest im oberflächennahen Bereich des Stahlprodukts nicht
ablaufen.
5. Verfahren nach einem der Ansprüche 1 bis 4, dadurch gekennzeichnet, dass das Stahlprodukt mit solch einer Abkühlgeschwindigkeit abgekühlt wird, dass sich
in einer Übergangszone zwischen dem Randbereich und dem Kern des Stahlprodukts in
Richtung Kern Bainit bildet.
6. Verfahren nach einem der Ansprüche 1 bis 5, dadurch gekennzeichnet, dass das Stahlprodukt mit solch einer Abkühlgeschwindigkeit abgekühlt wird, dass im Kern
des Stahlprodukts neben Bainit die Gefüge Troostit, Sorbit und Ferrit gebildet werden.
7. Verfahren nach einem der Ansprüche 1 bis 6, dadurch gekennzeichnet, dass das Stahlprodukt derart abgekühlt wird, dass der im Kern verbleibende Wärmeinhalt
so hoch ist, dass zumindest die Übergangszone zwischen dem Kern und dem Randbereich
des Stahlprodukts aus dem Kern wieder erwärmt wird.
8. Verfahren nach einem der Ansprüche 1 bis 7, dadurch gekennzeichnet, dass das Stahlprodukt auf unter die A1-Linie, bevorzugt auf etwa 350 bis 550 °C abgekühlt
wird.
9. Verfahren nach einem der Ansprüche 1 bis 8, dadurch gekennzeichnet, dass das Stahlprodukt in einer Wasserkühlstrecke abgekühlt wird.
10. Verfahren nach Anspruch 9, dadurch gekennzeichnet, dass das Wasser mit einem Vordruck von 0 bis 10 bar und/oder mit einem Volumenstrom von
0 bis 1000 m3/h auf das abzukühlende Stahlprodukt aufgebracht wird.
11. Verfahren nach einem der Ansprüche 1 bis 10, dadurch gekennzeichnet, dass das Stahlprodukt nach der Abkühlung mit hoher Abkühlgeschwindigkeit und vor der Wärmebehandlung
"Glühen auf kugelige Karbide" einer weiteren Kühlung, insbesondere auf einem Rechenkühlbett,
unterzogen wird.
12. Vorrichtung zum Behandeln eines Stahlprodukts, insbesondere eines Walzprodukts, nach
einem Warmumformprozess, insbesondere zur Verbesserung der Streckgrenze und der Zugfestigkeit,
gekennzeichnet durch eine Einrichtung zum Abkühlen des Stahlprodukts nach der Warmumformung mit hoher
Abkühlgeschwindigkeit, insbesondere mittels Wasserkühlung, sowie eine Einrichtung
zur Wärmebehandlung "Glühen auf kugelige Karbide" des abgekühlten Stahlprodukts.
13. Vorrichtung nach Anspruch 12, dadurch gekennzeichnet, dass diese Mittel zur Durchführung des Verfahrens nach einem der Ansprüche 1 bis 11 aufweist.
14. Stahlprodukt, insbesondere Walzprodukt, insbesondere mit verbesserter Streckgrenze
und Zugfestigkeit, erhältlich durch ein Verfahren mit folgenden Schritten:
(a) Nach der Warmumformung wird das Stahlprodukt mit hoher Abkühlgeschwindigkeit,
insbesondere mittels Wasserkühlung, abgekühlt;
(b) Nach der Abkühlung wird das Stahlprodukt einer Wärmebehandlung "Glühen auf kugelige
Karbide" unterzogen
15. Stahlprodukt nach Anspruch 14, dadurch gekennzeichnet, dass dieses durch ein Verfahren gemäß einem der Ansprüche 2 bis 11 erhältlich ist.