[0001] Die vorliegende Erfindung betrifft ein Ermittlungsverfahren für einen Verschleiß
einer Walze eines ersten Walzgerüsts zum Walzen von Walzgut,
- wobei während des Walzens des Walzgutes im ersten Walzgerüst den Walzvorgang beschreibende
Prozessgrößen entgegen genommen werden,
- wobei anhand der Prozessgrößen in Verbindung mit das erste Walzgerüst beschreibenden
Walzgerüstgrößen und das Walzgut beschreibenden Walzgutgrößen in Echtzeit der Verschleiß
der Walze des ersten Walzgerüsts ermittelt wird,
- wobei der ermittelte Verschleiß für Walzgutabschnitte des Walzgutes jeweils einen
relativbewegungsabhängigen Verschleißanteil umfasst.
[0002] Die vorliegende Erfindung betrifft weiterhin ein Computerprogramm, das Maschinencode
umfasst, der von einem Rechner unmittelbar abarbeitbar ist und dessen Abarbeitung
durch den Rechner bewirkt, dass der Rechner ein derartiges Ermittlungsverfahren ausführt.
[0003] Die vorliegende Erfindung betrifft weiterhin einen Rechner, der derart ausgebildet
ist, dass er ein derartiges Ermittlungsverfahren ausführt.
[0004] Die vorliegende Erfindung betrifft weiterhin ein Walzwerk, das mindestens ein Walzgerüst
zum Walzen von Walzgut umfasst und das mit einem derartigen Rechner ausgestattet ist.
[0005] Beim Walzen von Metallen tritt an den Walzen Verschleiß auf. Das Ausmaß, in dem der
Verschleiß auftritt, ist von verschiedenen Parametern abhängig. Beispielsweise hängt
das Ausmaß des Verschleißes von der Art der Walzen (Arbeitswalze, Stützwalze, ...),
der Art des Walzens (Kaltwalzen oder Warmwalzen), der Anordnung der Walzen im Walzwerk
(erstes, zweites, drittes Walzgerüst des Walzwerks usw.) bzw. - im Falle eines Reversierwalzwerks
- der Stichnummer, dem Material des Walzgutes (Stahl, Aluminium, Kupfer, ...), dem
Material der Walzen (Gusseisen, Stahlguss, Hochleistungsschnellstahl, ...) usw. ab.
[0006] Der Verschleiß hat Auswirkungen auf die Qualität des gewalzten Walzgutes. Insbesondere
muss der Verschleiß durch entsprechende Anstellungskorrekturen - bei flachem Walzgut
gegebenenfalls auch in Bezug auf Profil und Planheit - berücksichtigt und nach Möglichkeit
kompensiert werden. Weiterhin müssen die Walzen von Zeit zu Zeit gewechselt und nachgeschliffen
werden.
[0007] Eine direkte Messung des Walzenverschleißes ist nur möglich, wenn die betreffende
Walze aus dem Walzgerüst ausgebaut ist und vermessen werden kann. Im laufenden Walzprozess
ist eine direkte Messung des Walzenverschleißes hingegen nicht möglich. Es ist jedoch
bekannt, Prozessgrößen des Walzprozesses zu erfassen und den Walzenverschleiß mittels
eines Verschleißmodells in Echtzeit mitzurechnen. Mittels des Verschleißmodells wird
in Abhängigkeit von der gewalzten Strecke des Walzgutes, dem Verlauf der Walzkraft
über diese Strecke usw. der Verschleiß der jeweiligen Walze ermittelt. Das Verschleißmodell
stellt den ermittelten Verschleiß anderen Steuerungssystemen zur Verfügung, beispielsweise
zur entsprechenden Korrektur der Anstellung. Auch ist bekannt, ähnliche Berechnungen
offline durchzuführen. Die verwendeten Prozessgrößen können in diesem Fall beispielsweise
modellgestützt ermittelte erwartete Größen sein.
[0008] In jüngerer Zeit hat sich die Erkenntnis durchgesetzt, dass der Verschleiß verschiedene
Verschleißanteile aufweisen kann, insbesondere einen thermischen Verschleißanteil
und einen relativbewegungsabhängigen Verschleißanteil. Der thermische Verschleißanteil
ist im Wesentlichen durch das intermittierende Aufheizen der Walze während des Kontakts
mit dem heißen Walzgut und das Abkühlen der Walze zwischen den Kontaktzeiten verursacht.
Der relativbewegungsabhängige Verschleißanteil entsteht durch die Relativbewegung
zwischen Walzgut und Walze (Voreilung und Nacheilung). Er bewirkt insbesondere eine
Abrasion der Walze (abrasiver Verschleißanteil).
[0010] Die vorliegende Erfindung betrifft die Ermittlung des relativbewegungsabhängigen
Verschleißanteils. Auf die Ermittlung und Berücksichtigung des thermischen Verschleißanteils
wird daher nachfolgend nur am Rande eingegangen.
[0011] Bei der Ermittlung der Anstellungskorrektur muss im Stand der Technik ggf. auch eine
thermische Balligkeit (thermal crown) der Walze berücksichtigt werden. Auch die Ermittlung
und Berücksichtigung der thermischen Balligkeit ist nicht Gegenstand der vorliegenden
Erfindung.
[0012] In der Regel erfolgt die Ermittlung des jeweiligen relativbewegungsabhängigen Verschleißanteils
gemäß der Beziehung

[0013] Hierbei bedeuten dA den erwarteten jeweiligen relativbewegungsabhängigen Verschleißanteil,
c einen konstanten Verschleißkoeffizienten, Φ die Druckverteilung im Walzspalt, α
den - für die Länge des Kontaktbereichs von Walzgut und Walze im Wesentlichen charakteristischen
- Kontaktwinkel und 1 die Länge des jeweiligen Walzgutabschnittes. Der Verschleißkoeffizient
c wird geeignet eingestellt. Er kann von den oben genannten Parametern abhängen.
[0014] In der Praxis zeigt sich jedoch, dass diese Vorgehensweise die tatsächlichen Verhältnisse
nur unzureichend wiedergibt.
[0015] Die Aufgabe der vorliegenden Erfindung besteht darin, Möglichkeiten zu schaffen,
den relativbewegungsabhängigen Verschleiß der Walze auf zuverlässige Weise modellgestützt
ermitteln zu können.
[0016] Die Aufgabe wird durch ein Ermittlungsverfahren mit den Merkmalen des Anspruchs 1
gelöst. Vorteilhafte Ausgestaltungen des erfindungsgemäßen Ermittlungsverfahrens sind
Gegenstand der abhängigen Ansprüche 2 bis 13.
[0017] Erfindungsgemäß ist vorgesehen, ein Ermittlungsverfahren der eingangs genannten Art
dadurch auszugestalten,
- dass anhand der Prozessgrößen in Verbindung mit das erste Walzgerüst beschreibenden
Walzgerüstgrößen und das Walzgut beschreibenden Walzgutgrößen für die Walzgutabschnitte
jeweils eine Gleitzone ermittelt wird, innerhalb derer das Walzgut unter Relativbewegung
zur Walze auf der Walzenoberfläche gleitet, und
- dass der jeweilige relativbewegungsabhängige Verschleißanteil unter Berücksichtigung
der Länge der jeweiligen Gleitzone ermittelt wird.
[0018] Die vorliegende Erfindung beruht somit in der Anwendung des - an sich bekannten -
Umstandes, dass beim Walzen ein Bereich (Haftzone) existiert, in dem das Walzgut ohne
Relativbewegung zur Walze an der Walze anliegt (anhaftet), während es für den relativbewegungsabhängigen
Verschleiß auf die sogenannte geschliffene Länge ankommt, d.h. auf diejenige Länge
der Walze, bei der durch die Vor- und Nacheilung des Walzgutes eine Relativbewegung
zwischen Walze und Walzgut auftritt.
[0020] Die bekannten Modelle werden im Stand der Technik lediglich zur Ermittlung von Walzkraft,
Walzmoment und Voreilung verwendet. Sie ermitteln die genannten Größen unter Verwendung
der Fließeigenschaften des Walzgutes, des Reibwerts zwischen Walze und Walzgut, der
gewünschten Stichabnahme, der Geometrie des Walzgutes und dergleichen mehr. Sie können
jedoch erfindungsgemäß auch für die Ermittlung der Haftzone und damit indirekt der
Gleitzone herangezogen werden, wobei anhand der Gleitzone die Ermittlung des relativbewegungsabhängigen
Verschleißes erfolgen kann.
[0021] In einer bevorzugten Ausgestaltung ist vorgesehen, dass der jeweilige relativbewegungsabhängige
Verschleißanteil gemäß der Beziehung

ermittelt wird, wobei dA der jeweilige relativbewegungsabhängige Verschleißanteil,
c ein von den Prozessgrößen unabhängiger Anpassungsfaktor, 1 die Länge des jeweiligen
Walzgutabschnitts, L die Länge der Gleitzone und Z eine von den Prozessgrößen abhängige
weitere Einflussgröße sind. Durch diese Vorgehensweise kann ein relativ einfaches
Verschleißmodell implementiert werden, welches bereits recht gute Ergebnisse liefert.
[0022] Im einfachsten Fall ist es möglich, dass die weitere Einflussgröße vom mittleren
Druck im Walzspalt (d.h. dem Quotienten von Walzkraft und Kontaktfläche) abhängt.
Diese Vorgehensweise führt oftmals zu akzeptablen bis guten Ergebnissen. Es führt
jedoch zu besseren Ergebnissen, wenn die weitere Einflussgröße von der (exakten) Druckverteilung
im Walzspalt abhängt. Die Druckverteilung kann beispielsweise anhand der mittleren
Fließspannung oder anhand des Maximums der Fließkurve (als Funktion des Umformgrades)
ermittelt werden.
[0023] Die Ermittlung der Druckverteilung im Walzspalt und die Ausbildung der Haftzone sind
- je nach Ermittlungsweise - sehr rechenintensiv. Vorzugsweise ist daher vorgesehen,
- dass die Druckverteilung im Walzspalt beim erstmaligen Entgegennehmen der Prozessgrößen
anhand der Prozessgrößen in Verbindung mit den Walzgerüstgrößen und den Walzgutgrößen
ermittelt wird,
- dass die ermittelte Druckverteilung gespeichert wird,
- dass bei einem späteren Entgegennehmen der Prozessgrößen anhand der Prozessgrößen
geprüft wird, ob sich die Prozessgrößen geändert haben, und
- dass in Abhängigkeit davon, ob die Prozessgrößen sich geändert haben oder nicht, die
Druckverteilung im Walzspalt anhand der neuen Prozessgrößen in Verbindung mit den
Walzgerüstgrößen und den Walzgutgrößen neu ermittelt wird oder die gespeicherte Druckverteilung
im Walzspalt verwendet wird.
[0024] Durch diese Vorgehensweise kann die Echtzeitfähigkeit des erfindungsgemäßen Ermittlungsverfahrens
mit einer relativ geringen Rechenleistung realisiert werden.
[0025] Alternativ zur Druckverteilung im Walzspalt kann die weitere Einflussgröße von der
Oberflächenhärte der Walze abhängen. Beispielsweise kann - entsprechend der in der
älteren europäischen Patentanmeldung
10 174 341.7 erläuterten Vorgehensweise - der relativbewegungsabhängige Verschleißanteil in Abhängigkeit
von der Oberflächenhärte und der Fließspannung des Walzgutes ermittelt werden. Alternativ
kann der relativbewegungsabhängige Verschleißanteil in Abhängigkeit sowohl von der
Druckverteilung im Walzspalt als auch von der Oberflächenhärte der Walze, ggf. unter
zusätzlicher Berücksichtigung der Fließspannung des Walzgutes, ermittelt werden. Auch
andere Vorgehensweisen sind möglich.
[0026] Wenn die weitere Einflussgröße (auch) von der Oberflächenhärte der Walze abhängt,
wird vorzugsweise anhand der Prozessgrößen in Verbindung mit den Walzgerüstgrößen
und den Walzgutgrößen in Echtzeit einer obere Temperatur ermittelt, auf die sich die
Oberfläche der Walze während des Kontakts mit dem Walzgut aufheizt. Die Oberflächenhärte
der Walze wird in diesem Fall vorzugsweise in Abhängigkeit von der ermittelten oberen
Temperatur ermittelt.
[0027] Vorzugsweise wird bei der Ermittlung der Gleitzone eine Walzspaltschmierung berücksichtigt.
[0028] Es ist möglich, dass der ermittelte Verschleiß im Rahmen der Ermittlung von Stellgrößen
für das erste Walzgerüst verwendet wird. Alternativ oder zusätzlich ist es möglich,
dass der ermittelte Verschleiß zur Ermittlung eines Walzenwechselzeitpunkts herangezogen
wird. Sofern eine Ermittlung eines Walzenwechselzeitpunktes erfolgt, kann die Ermittlung
des erwarteten Verschleißanteils ggf. mit einer in die Zukunft gerichteten Verschleißprognose
verknüpft sein. Eine derartige Verschleißprognose ist in der älteren, am Anmeldetag
der vorliegenden Erfindung nicht vorveröffentlichten europäischen Patentanmeldung
10 174 297.1 (Anmeldetag 27.08.2010, Titel "Betriebsverfahren für ein Walzwerk zum Walzen von
flachem Walzgut mit Walzenverschleißprognose") der Anmelderin detailliert beschrieben.
[0029] Modelle für Prozesse in Walzwerken sind in der Regel fehlerbehaftet. Es ist daher
üblich, sie anhand erfasster (= gemessener) Prozessgrößen zu adaptieren. Falls auch
im Rahmen des erfindungsgemäßen Ermittlungsverfahrens eine Adaption erfolgen soll,
sind verschiedene bevorzugte Vorgehensweisen möglich.
[0030] Zum einen ist es möglich,
- dass die Prozessgrößen eine beim Walzen des Walzgutes auftretende Walzkraft umfassen,
- dass die Walzkraft erfasst wird,
- dass unter Verwendung einer Fließkurve des Walzgutes eine erwartete Walzkraft ermittelt
wird,
- dass der jeweilige relativbewegungsabhängige Verschleißanteil in direkter oder indirekter
Abhängigkeit von der Fließkurve ermittelt wird und
- dass die Fließkurve in Abhängigkeit von der erfassten Walzkraft und der erwarteten
Walzkraft nachgeführt wird.
[0031] Zum anderen ist es möglich,
- dass die Prozessgrößen eine beim Walzen des Walzgutes auftretende Walzkraft und eine
beim Walzen des Walzgutes auftretende Voreilung umfassen,
- dass die Walzkraft und die Voreilung erfasst werden,
- dass unter Verwendung einer Fließkurve des Walzgutes und eines Reibwerts des Walzgutes
relativ zur Walze eine erwartete Walzkraft und eine erwartete Voreilung ermittelt
werden,
- dass der jeweilige relativbewegungsabhängige Verschleißanteil in direkter oder indirekter
Abhängigkeit von der Fließkurve und dem Reibwert ermittelt wird und
- dass die Fließkurve und der Reibwert in Abhängigkeit von der erfassten Walzkraft,
der erwarteten Walzkraft, der erfassten Voreilung und der erwarteten Voreilung nachgeführt
werden.
[0032] Vorzugsweise wird im letztgenannten Fall die Fließkurve nicht ausschließlich anhand
der Walzkraft nachgeführt. Weiterhin wird vorzugsweise der Reibwert nicht ausschließlich
anhand der Voreilung nachgeführt. Vorzugsweise erfolgt vielmehr die Nachführung der
Fließkurve anhand sowohl der Walzkraft als auch der Voreilung. Gleiches gilt vorzugsweise
für den Reibwert. Zur Nachführung von Fließkurve und Reibwert kann insbesondere ein
nicht linearer Optimierer verwendet werden. Geeignete Optimierer sind als solche bekannt.
Rein beispielhaft wird auf den Fachaufsatz "
Adaptive Rolling Model for a Cold Strip Tandem Mill" von Matthias Kurz et al., AISE
2001, verwiesen.
[0033] Zum Erfassen der Voreilung ist eine Einrichtung erforderlich, mittels derer die auslaufseitige
Geschwindigkeit des Walzgutes exakt erfassbar ist. Beispielsweise kann dem Walzgerüst
ein Schlingenheber nachgeordnet sein, dessen Rolle an das Walzgut angestellt ist.
Die Umfangsgeschwindigkeit der Schlingenheberrolle entspricht in sehr guter Näherung
der auslaufseitigen Geschwindigkeit des Walzgutes. Im Falle eines Grobblech-Reversierwalzwerks
kann weiterhin die Länge des Walgutes vor (nach) dem Walzen messtechnisch erfasst
werden und anhand der erfassten Länge in Verbindung mit der Dauer des Walzstichs und
dem während dieser Zeit von der Walze zurückgelegten Umfangsweg die Voreilung (Nacheilung)
ermittelt werden.
[0034] Die Walzkraft kann - eine entsprechende Messeinrichtung vorausgesetzt - bei jedem
Walzgerüst erfasst werden. Es ist jedoch möglich, dass eine Erfassung der Voreilung
nur bei manchen Walzgerüsten implementiert ist. In diesem Fall kann beispielsweise
bei einem Walzgerüst, bei dem zusätzlich zur Walzkraft auch die Voreilung erfasst
wird, (erstes Walzgerüst im Sinne des Anspruchs 11) eine Nachführung sowohl der Fließkurve
als auch des Reibwertes erfolgen. Bei den anderen Walzgerüsten, bei denen ausschließlich
die Walzkraft, nicht aber auch die Voreilung erfasst wird, (zweite Walzgerüste im
Sinne des Anspruchs 11) kann anhand der Walzkraft nur die Fließkurve nachgeführt werden.
Es ist jedoch möglich, dass ein im Rahmen der Ermittlung des Verschleißes der Walze
des zweiten Walzgerüsts verwendeter Reibwert des Walzgutes relativ zur Walze des zweiten
Walzgerüsts anhand des für das erste Walzgerüst nachgeführten Reibwerts bestimmt wird.
Insbesondere kann der Reibwert des ersten Walzgerüsts übernommen werden oder mit einem
Faktor skaliert werden.
[0035] In vielen Fällen durchläuft das Walzgut zuerst das zweite Walzgerüst und erst danach
das erste Walzgerüst. Beispielsweise können das zweite Walzgerüst ein Vorgerüst einer
Vorstraße sein und das erste Walzgerüst ein Fertiggerüst einer Fertigstraße sein.
[0036] Weiterhin ist es möglich, nach einem Ausbau der Walze aus dem Walzgerüst die Walze
zu vermessen und so den tatsächlichen Verschleiß der Walze zu ermitteln. In diesem
Fall kann das Verschleißmodell offline anhand des mittels des Verschleißmodells ermittelten
erwarteten Verschleißes und des gemessenen tatsächlichen Verschleißes adaptiert werden.
[0037] Die erfindungsgemäße Aufgabe wird weiterhin durch ein Computerprogramm der eingangs
genannten Art gelöst. Das Computerprogramm ist in diesem Fall derart ausgestaltet,
dass die Abarbeitung des Maschinencodes durch den Rechner bewirkt, dass der Rechner
ein Ermittlungsverfahren mit allen Schritten eines erfindungsgemäßen Ermittlungsverfahrens
ausführt.
[0038] Die Aufgabe wird weiterhin durch einen Rechner gelöst, der derart ausgebildet ist,
dass er ein derartiges Ermittlungsverfahren ausführt.
[0039] Die Aufgabe wird weiterhin durch ein Walzwerk der eingangs genannten Art gelöst,
das mit einem derartigen Rechner ausgestattet ist.
[0040] Die oben beschriebenen Eigenschaften, Merkmale und Vorteile dieser Erfindung sowie
die Art und Weise, wie diese erreicht werden, werden klarer und deutlicher verständlich
im Zusammenhang mit der folgenden Beschreibung der Ausführungsbeispiele, die in Verbindung
mit den Zeichnungen näher erläutert werden. Hierbei zeigen
- FIG 1
- schematisch ein Walzwerk,
- FIG 2
- ein Ablaufdiagramm,
- FIG 3
- schematisch einen Walzspalt,
- FIG 4 bis 7
- Ablaufdiagramme,
- FIG 8
- schematisch ein Walzwerk und
- FIG 9 und 10
- Ablaufdiagramme.
[0041] Gemäß FIG 1 weist ein Walzwerk mehrere Walzgerüste 1 auf. Alternativ könnte das Walzwerk
- beispielsweise im Falle eines Reversierwalzwerks - nur ein einziges Walzgerüst 1
aufweisen. In den Walzgerüsten 1 wird ein Walzgut 2 gewalzt. Das Walzgut 2 besteht
aus Metall, beispielsweise aus Kupfer, Aluminium, Messing oder Stahl. Es kann in dem
Walzgerüst 1 alternativ kalt oder warm gewalzt werden, wobei im Rahmen der vorliegenden
Erfindung in der Regel ein Warmwalzen erfolgt.
[0042] Die Walzgerüste 1 weisen gemäß FIG 1 zusätzlich zu Arbeitswalzen 3 Stützwalzen 4
auf. Das Walzgut 2 ist daher ein flaches Walzgut, d.h. ein Band oder Grobblech. Alternativ
könnten - insbesondere zum Walzen von profiliertem, stabförmigem oder rohrförmigem
Walzgut 2 - die Stützwalzen 4 entfallen, also nur die Arbeitswalzen 3 vorhanden sein.
[0043] Das Walzwerk ist mit einem Rechner 5 ausgestattet. Der Rechner 5 kann entsprechend
der Darstellung von FIG 1 das Walzwerk steuern, also als Steuerrechner ausgebildet
sein. Dies ist jedoch nicht zwingend erforderlich. Der Rechner 5 ist mit einem Computerprogramm
6 programmiert. Das Computerprogramm 6 kann dem Rechner 5 beispielsweise über einen
Datenträger 7 zugeführt werden, auf dem das Computerprogramm 6 in maschinenlesbarer
Form gespeichert ist. Rein beispielhaft ist der Datenträger 7 in FIG 1 als USB-Memory-Stick
dargestellt. Diese Darstellung ist jedoch nicht beschränkend zu verstehen.
[0044] Das Computerprogramm 6 umfasst Maschinencode 8, der von dem Rechner 5 unmittelbar
abarbeitbar ist. Das Abarbeiten des Maschinencodes 8 durch den Rechner 5 bewirkt,
dass der Rechner 5 ein Ermittlungsverfahren ausführt, das nachfolgend in Verbindung
mit FIG 2 näher erläutert wird. Die Programmierung mit dem Computerprogramm 6 bewirkt
somit eine entsprechende Ausbildung des Rechners 5.
[0045] Gemäß FIG 2 - siehe ergänzend FIG 1 - setzt der Rechner 5 in einem Schritt S1 für
eine bestimmte Walze 3, 4 - beispielsweise die obere Arbeitswalze 3 des in FIG 1 mittleren
Walzgerüsts 1 - den Verschleiß d auf einen Anfangswert d0. Der Anfangswert d0 kann
dem Rechner 5 beispielsweise von einem Bediener 9 oder anderweitig zur Verfügung gestellt
werden. Eine Möglichkeit, den Anfangswert d0 anderweitig zur Verfügung zu stellen,
besteht beispielsweise darin, dass der Anfangswert d0 dem Rechner 5 automatisiert
aus einer Schleiferei übermittelt wird, in welcher die betreffende Walze 3, 4 nachgeschliffen
wurde.
[0046] In einem Schritt S2 werden dem Steuerrechner 5 Walzgutgrößen W1 bekannt, die das
zu walzende Walzgut 2 beschreiben. Die Walzgutgrößen W1 umfassen beispielsweise die
chemische Zusammensetzung, die Temperatur und Geometriedaten des Walzgutes 2. Insbesondere
die Geometriedaten und in der Regel auch die Temperatur sind auf den Zustand bezogen,
in dem das Walzgut 2 in das betrachtete Walzgerüst 1 einläuft. Die Geometriedaten
können im Falle eines flachen Walzgutes 2 insbesondere dessen Breite und dessen Dicke
umfassen. Die Walzgutgrößen W1 können dem Rechner 5 auf zum Anfangswert d0 analoge
Weise bekannt werden.
[0047] In einem Schritt S3 werden dem Rechner 5 Walzgerüstgrößen W2 bekannt, die das Walzgerüst
1 und dessen Walzen 3, 4 beschreiben. Die Walzgerüstgrößen W2 umfassen beispielsweise
den Einbauort der betrachteten Walze 3, also beispielsweise im ersten, zweiten, dritten
usw. Walzgerüst 1 einer mehrgerüstigen Walzstraße. Weiterhin umfassen die Walzgerüstgrößen
W2 das Material der Walze 3 (beispielsweise Hochleistungsschnellstahl - HSS), die
Art der Walze 3 (Arbeitswalze, Stützwalze, Zwischenwalze usw.) sowie die statischen
Geometriedaten (Breite und Durchmesser) der betrachteten Walze 3. Die Walzgerüstdaten
W2 können dem Rechner 5 auf zu den Walzgutdaten W1 analoge Weise bekannt werden.
[0048] In einem Schritt S4 nimmt der Rechner 5 während des Walzens des Walzgutes 2 in dem
betrachteten Walzgerüst 1 Prozessgrößen P entgegen. Die Prozessgrößen P beschreiben
den Walzvorgang im betrachteten Walzgerüst 1. Sie können beispielsweise vollständig
oder teilweise mittels entsprechender Messgeber erfasst und dem Rechner 5 zugeführt
werden. Insbesondere die Walzkraft FW kann mittels entsprechender Kraftmessdosen ohne
Weiteres erfasst werden. In analoger Weise kann mittels entsprechender Sensoren die
Drehzahl nW der betrachteten Walze 3 erfasst werden, so dass sich in Verbindung mit
dem - bekannten - Durchmesser der betrachteten Walze 3 sofort deren Umfangsgeschwindigkeit
ergibt. Alternativ können die Prozessgrößen P ganz oder teilweise rechnerisch ermittelt
werden. Beispielsweise kann die Voreilung oftmals nur rechnerisch ermittelt werden.
Falls die Geschwindigkeit des aus dem Walzgerüst 1 auslaufenden Walzgutes 2 messtechnisch
erfasst wird, ist jedoch auch die Voreilung durch das Verhältnis dieser Geschwindigkeit
zur Umfangsgeschwindigkeit der betrachteten Walze 3 ermittelbar. Sie stellt also in
diesem Fall ebenfalls eine auf Messungen basierende Größe dar. Die Geschwindigkeit
des aus dem Walzgerüst 1 auslaufenden Walzgutes 2 kann beispielsweise über die Drehzahl
nS einer Schlingenheberrolle 10, die hinter dem betrachteten Walzgerüst 1 an das Walzgut
2 angestellt ist, erfasst werden. Andere Prozessgrößen P - beispielsweise eine Anstellung
des Walzgerüsts 1 oder eine Schmierung zwischen Walze 3 und Walzgut 2 - können beispielsweise
aufgrund einer Stichplanberechnung bekannt sein.
[0049] In einem Schritt S5 ermittelt der Rechner 5 anhand der Prozessgrößen P in Verbindung
mit den Walzgutgrößen W1 und den Walzgerüstgrößen W2 mittels eines Walzspaltmodells
11 eine Gleitzone 13 (siehe FIG 3) und deren Länge L. Die Gleitzone 13 entspricht
- siehe FIG 3 - demjenigen Bereich des Walzspalts, innerhalb dessen das Walzgut 2
unter Relativbewegung zur Walze 3 auf der Walzenoberfläche gleitet. Innerhalb der
Gleitzone 13 ist daher die Walzgutgeschwindigkeit am betrachteten Ort also entweder
(nämlich im einlaufseitigen Bereich) kleiner als die Umfangsgeschwindigkeit der Walze
3 oder (nämlich im auslaufseitigen Bereich) größer als die Umfangsgeschwindigkeit
der betrachteten Walze 3. Die Gleitzone 13 steht im Kontrast zu einer Haftzone 14,
innerhalb derer die Walzgutgeschwindigkeit am betrachteten Ort gleich der Umfangsgeschwindigkeit
der betrachteten Walze 3 ist. Die Gleitzone 13 und die Haftzone 14 bilden zusammen
einen Kontaktbereich 15 der Walze 3, innerhalb dessen die Walze 3 das Walzgut 2 kontaktiert.
Die Gleitzone 13 und die Haftzone 14 sind in FIG 3 - rein zeichentechnisch - dadurch
unterschieden, dass eine Geschwindigkeit des Walzgutes 2 in der einlaufseitigen Gleitzone
13 mit einem kleinen und in der auslaufseitigen Gleitzone 13 mit einem großen Pfeil
angedeutet ist, während die Geschwindigkeit des Walzgutes 2 in der Haftzone 14 mit
einem Pfeil mittlerer Größe angedeutet ist. Bei der Ermittlung der Gleitzone 13 berücksichtigt
der Rechner 5 vorzugsweise unter anderem eine Walzspaltschmierung.
[0050] Für die Ermittlung der Gleitzone 13 gibt es verschiedene Möglichkeiten. Derzeit ist
bevorzugt, zunächst in an sich bekannter Weise - noch ohne Unterscheidung zwischen
Gleitzone 13 und Haftzone 14 - den Kontaktbereich 15 zu ermitteln, sodann in ebenfalls
an sich bekannter Weise die Haftzone 14 zu ermitteln und schließlich - je nachdem,
ob die Haftzone 14 als absoluter oder als relativer Wert ermittelt wird - die Gleitzone
13 gemäß einer der Beziehungen

zu ermitteln. Gegebenenfalls kann bei der Ermittlung der Gleitzone 13, der Haftzone
14 und/oder des Kontaktbereichs 15 eine Walzenabplattung mit berücksichtigt werden.
Zum Ermitteln des Kontaktbereichs 15 und der Haftzone 14 kann insbesondere das Walzspaltmodell
11 verwendet werden. Entsprechende Walzspaltmodelle 11 sind an sich bekannt. Rein
beispielhaft wird auf den eingangs genannten Fachaufsatz von Garber et al. verwiesen.
[0051] In einem Schritt S6 ermittelt der Rechner 5 einen relativbewegungsabhängigen Verschleißanteil
dA. Der Rechner 5 ermittelt den relativbewegungsabhängigen Verschleißanteil dA im
Schritt S6 unter Berücksichtigung der im Schritt S5 ermittelten Gleitzone 13. Insbesondere
ist der relativbewegungsabhängige Verschleißanteil dA proportional zur Länge L der
Gleitzone 13.
[0052] In einem optionalen Schritt S7 ermittelt der Rechner 5 weitere Verschleißanteile,
insbesondere einen thermischen Verschleißanteil dT. Für die Ermittlung der zweiten
Verschleißanteile ist in der Regel zwar der Kontaktbereich 15 von Bedeutung. Zwischen
Gleitzone 13 und Haftzone 14 muss in der Regel jedoch nicht unterschieden werden.
Die Ermittlung des thermischen Verschleißanteils dT kann insbesondere gemäß dem Verfahren
erfolgen, das in der eingangs erwähnten europäischen Patentanmeldung
10 174 341.7 detailliert erläutert ist.
[0053] In einem Schritt S8 aktualisiert der Rechner 5 den Verschleiß d dadurch, dass er
den relativbewegungsabhängigen Verschleißanteil dA und ggf. die weiteren Verschleißanteile
dT zum bisher aufgelaufenen Verschleiß d hinzu addiert.
[0054] In einem Schritt S9 verwertet der Rechner 5 den ermittelten Verschleiß d. Beispielsweise
kann der Rechner 5, falls er entsprechend der Darstellung von FIG 1 das Walzwerk steuert,
den ermittelten Verschleiß d im Rahmen der Ermittlung von Stellgrößen S für das betrachtete
Walzgerüst 1 verwenden. Alternativ oder zusätzlich kann der Rechner 5 den ermittelten
Verschleiß d mit einem maximal zulässigen Verschleiß vergleichen und ggf. eine Warnmeldung
an den Bediener 9 ausgeben, dass zu einem - in Abhängigkeit von dem Verschleiß d ermittelten
- Walzenwechselzeitpunkt ein Austausch der betrachteten Walze 3 erfolgen muss. Auch
andere Vorgehensweisen sind möglich.
[0055] In einem Schritt S10 prüft der Rechner 5, ob das Walzen des Walzgutes 2 beendet ist.
Falls dies nicht der Fall ist, geht der Rechner 5 zum Schritt S4 zurück, so dass er
erneut die Schritte S4 bis S10 ausführt.
[0056] Aus den oben stehenden Ausführungen ist ersichtlich, dass der Rechner 5 den relativbewegungsabhängigen
Verschleißanteil dA und ggf. auch die weiteren Verschleißanteile dT jeweils nur für
einen Walzgutabschnitt 16 ausführt, der während des betreffenden Durchlaufs durch
die aus den Schritten S4 bis S10 bestehende Schleife im betrachteten Walzgerüst 1
gewalzt wird. Der Rechner 5 ermittelt den relativbewegungsabhängigen Verschleißanteil
dA im Schritt S6 daher, wie im Schritt S6 von FIG 2 angegeben, gemäß der Beziehung

wobei c ein von den Prozessgrößen P unabhängiger Anpassungsfaktor, 1 die Länge des
jeweiligen Walzgutabschnitts 16 und Z eine weitere, von den Prozessgrößen P abhängige
Einflussgröße sind.
[0057] Die Ermittlung der weiteren Einflussgröße Z kann auf verschiedene Weise erfolgen.
Nachfolgend wird in Verbindung mit FIG 4 eine mögliche Vorgehensweise zur Ermittlung
der weiteren Einflussgröße Z erläutert.
[0058] Gemäß FIG 4 ermittelt der Rechner 5 in einem Schritt S21 anhand der Prozessgrößen
P, der Walzgutgrößen W1 und der Walzgerüstgrößen W2 wie beispielsweise der Temperatur
und der chemischen Zusammensetzung des Walzgutes 2 in Verbindung mit der Geometrie
des Walzgutes 2 und der gewünschten Stichabnahme eine Druckverteilung im Walzspalt.
Auch hierfür kann das Walzspaltmodell 11 verwendet werden. Die Auslegung des Walzspaltmodells
11 ist dem Fachmann bekannt.
[0059] In einem Schritt S22 ermittelt der Rechner 5 anhand der Prozessgrößen P, der Walzgutgrößen
W1 und der Walzgerüstgrößen W2 wie beispielsweise des Walzendurchmessers, der Walzendrehzahl,
der Walzgutgeometrie und der Walzguttemperatur eine obere Temperatur der betrachteten
Walze 3. Die obere Temperatur entspricht - zumindest im Wesentlichen - derjenigen
Temperatur, auf welche sich die Oberfläche der betrachteten Walze 3 während des Kontakts
mit dem Walzgut 2 aufheizt. Entsprechende Walzenmodelle sind dem Fachmann bekannt.
In einem Schritt S23 ermittelt der Rechner 5 sodann in Abhängigkeit von der oberen
Temperatur der Walze 3 eine Oberflächenhärte der betrachteten Walze 3.
[0060] In einem Schritt S24 ermittelt der Rechner 5 die weitere Einflussgröße Z. Beispielsweise
kann der Rechner 5 entsprechend der Ausgestaltung des Schrittes S24 die weitere Einflussgröße
Z
- anhand der Druckverteilung im Walzspalt ermitteln, insbesondere proportional zur Druckverteilung
im Walzspalt ermitteln,
- anhand der Oberflächenhärte der betrachteten Walze 3 ermitteln, beispielsweise derart,
dass die weitere Einflussgröße Z umso kleiner ist, je größer die Oberflächenhärte
ist,
- anhand weiterer Prozessgrößen (insbesondere der Walzspaltschmierung) ermitteln oder
- gemäß einer kombinierten Vorgehensweise ermitteln.
[0061] Im Schritt S6 ermittelt der Rechner 5 den relativbewegungsabhängigen Verschleiß dA
entsprechend der bereits erläuterten Beziehung

[0062] Die Ermittlung der Druckverteilung im Walzspalt ist relativ rechenintensiv. Die Vorgehensweise
von FIG 4 wird daher vorzugsweise gemäß FIG 5 ausgestaltet.
[0063] Gemäß FIG 5 prüft der Rechner nach dem Entgegennehmen der Prozessgrößen P in einem
Schritt S31, ob die Prozessgrößen P sich geändert haben. Wenn dies der Fall ist, ermittelt
der Rechner 5 im Schritt S21 die Druckverteilung im Walzspalt und speichert sie in
einem Schritt S32 in einem Speicher 17 (siehe FIG 1) ab. Wenn die Prozessgrößen P
sich nicht geändert haben, geht der Rechner 5 vom Schritt S31 zu einem Schritt S33
über, in dem der Rechner 5 die Druckverteilung im Walzspalt ohne erneute Ermittlung
aus dem Speicher 17 ausliest.
[0064] Bei der erstmaligen Abarbeitung des Schrittes S31 muss gewährleistet sein, dass der
Rechner zu den Schritten S21 und S32 übergeht. Dies kann beispielsweise dadurch erreicht
werden, dass der Rechner 5 die Prozessgrößen P bei der Initialisierung, also noch
bevor der erste Abschnitt 16 des Walzgutes 2 gewalzt wird, auf sinnlose Werte setzt,
beispielsweise die Walzkraft FW auf den Wert 0 setzt.
[0065] Falls die Ermittlung des relativbewegungsabhängigen Verschleißanteils dA unter Verwendung
der Fließspannung des Walzgutes 2 erfolgt, werden der Reibwert und/oder die Fließspannung
vorzugsweise von Zeit zu Zeit aktualisiert. Falls der Reibwert und/oder die Fließspannung
außerhalb des erfindungsgemäßen Ermittlungsverfahrens aktualisiert werden - beispielsweise
im Rahmen eines Walzkraftmodells oder einer Stichplanberechnung -, ist es möglich,
diese Werte jeweils in das erfindungsgemäße Ermittlungsverfahren zu übernehmen. Alternativ
kann das Ermittlungsverfahren zur Ermittlung des Verschleißes d adaptiert werden.
Die FIG 6 und 7 zeigen zwei bevorzugte Vorgehensweisen.
[0066] Gemäß FIG 6 ermittelt der Rechner 5 anhand der Prozessgrößen P, der Walzgutgrößen
W1 und der Walzgerüstgrößen W2 mittels des Walzspaltmodells 11 in einem Schritt S41
die Druckverteilung im Walzspalt, eine erwartete Walzkraft FW' und eine erwartete
Voreilung v'.
[0067] Die Prozessgrößen P umfassen in der Regel unter anderem die Walzkraft FW und die
Voreilung v. Die Walzkraft FW wird in der Regel messtechnisch erfasst. Diese Walzkraft
FW, also die tatsächliche Walzkraft, wird im Rahmen des Schrittes S41 jedoch nicht
verwendet. Bei der Ausführung des Schrittes S41 wird stattdessen eine Fließkurve des
Walzgutes 2 verwendet, die sowohl in die Ermittlung der Druckverteilung als auch in
die Ermittlung der erwarteten Walzkraft FW' und der erwarteten Voreilung v' eingeht.
Aufgrund der Abhängigkeit des relativbewegungsabhängigen Verschleißanteils dA von
der Druckverteilung im Walzspalt wird daher der relativbewegungsabhängige Verschleißanteil
dA in Abhängigkeit von der Fließkurve ermittelt. Die Abhängigkeit ist im vorliegenden
Fall indirekter Natur. Alternativ wäre unter Umständen eine direkte Abhängigkeit möglich.
[0068] Der Rechner 5 kann daher gemäß FIG 6 in einem Schritt S42 die von ihm ermittelte
erwartete Walzkraft FW' mit der tatsächlichen Walzkraft FW vergleichen. Ergeben sich
(deutliche) Abweichungen, geht der Rechner 5 zu einem Schritt S43 über. Im Schritt
S43 führt der Rechner 5 die Fließkurve in Abhängigkeit von der erfassten Walzkraft
FW und der erwarteten Walzkraft FW' nach.
[0069] FIG 7 geht im Wesentlichen von FIG 6 aus. Es sind jedoch die Schritte S42 und S43
durch Schritte S46 und S47 ersetzt.
[0070] Bei der Ausgestaltung von FIG 7 wird vorausgesetzt, dass zusätzlich zur Walzkraft
FW auch die Voreilung v als tatsächliche Messgröße zur Verfügung steht, also erfasst
wird. Die Ermittlung der erwarteten Voreilung v' des Schrittes S41 hingegen erfolgt
ohne Verwertung der tatsächlichen Voreilung v. Stattdessen wird die erwartete Voreilung
v' unter Verwendung der Fließkurve und eines Reibwertes des Walzgutes 2 relativ zur
betrachteten Walze 3 ermittelt. Die Ermittlung der erwarteten Walzkraft FW' erfolgt
wie bereits beschrieben unter Verwendung auch der Fließkurve.
[0071] Der Reibwert geht - ebenso wie die Fließkurve - in die Ermittlung des relativbewegungsabhängigen
Verschleißes dA ein. Insbesondere geht der Reibwert in die Ermittlung der Gleitzone
13 ein. Im Schritt S46 werden daher - zusätzlich zur Walzkraft FW und der erwarteten
Walzkraft FW' - die tatsächliche Voreilung v und die erwartete Voreilung v' miteinander
verglichen. Bei deutlichen Abweichungen geht der Rechner 5 zum Schritt S47 über. Im
Schritt S47 führt der Rechner 5 die Fließkurve und den Reibwert in Abhängigkeit von
der Walzkraft FW, der erwarteten Walzkraft FW', der Voreilung v und der erwarteten
Voreilung v' nach. Das Nachführen kann insbesondere mittels eines nicht linearen Optimierers
(in den FIG nicht dargestellt) erfolgen.
[0072] Die Vorgehensweisen der FIG 6 und 7 können miteinander kombiniert werden. Insbesondere
ist es - siehe FIG 8 - möglich, dass für manche Walzgerüste 1 einer mehrgerüstigen
Walzstraße sowohl die Walzkraft FW als auch die Voreilung v als gemessene Prozessgrößen
P zur Verfügung stehen, während für andere Walzgerüste 1 der Walzstraße nur die Walzkraft
FW, nicht aber die Voreilung v als Messgröße zur Verfügung steht. Gemäß der Darstellung
von FIG 8 wird beispielsweise bei den vorderen Walzgerüsten 1 nur die jeweilige Walzkraft
erfasst, während bei den hinteren Walzgerüsten 1 sowohl die jeweilige Walzkraft FW
als auch - über die Drehzahlen nS, nH von Schlingenheberrollen 10 und eines Haspels
18 - die jeweilige Voreilung v erfasst werden.
[0073] Um für die Walzgerüste 1, bei denen nur die Walzkraft FW, nicht aber auch die Voreilung
v erfasst wird, ein Nachführen des Reibwertes zu ermöglichen, können beispielsweise
die Vorgehensweisen der FIG 6 und 7 gemäß den FIG 9 und 10 modifiziert werden. FIG
9 ist hierbei eine Modifikation von FIG 7, FIG 10 eine Modifikation von FIG 6.
[0074] Gemäß FIG 9 wird für eines der Walzgerüste 1, bei denen auch die Voreilung v als
Messgröße erfasst wird, der nachgeführte Reibwert in einem Schritt S51 für andere
Walzgerüste 1 zur Verfügung gestellt. Gemäß FIG 10 wird in einem Schritt S56 der zur
Verfügung gestellte Reibwert von einem Walzgerüst 1, bei dem keine Voreilung erfasst
wird, entgegengenommen und daraus ein eigener Reibwert ermittelt. Beispielsweise kann
der Reibwert im Schritt S56 mit einem geeigneten Faktor skaliert werden.
[0075] Gemäß FIG 8 durchläuft das Walzgut 2 zuerst diejenigen Walzgerüste 1, bei denen nur
die Walzkraft FW, nicht aber auch die Voreilung verfasst wird, und erst danach die
Walzgerüste 1, bei denen sowohl die Walzkraft FW als auch die Voreilung v erfasst
wird. Insbesondere können die vorderen Walzgerüste 1 Vorgerüste einer Vorstraße sein,
die hinteren Walzgerüste 1 Fertiggerüste einer Fertigstraße.
[0076] Die vorliegende Erfindung weist viele Vorteile auf. Insbesondere ermöglicht die erfindungsgemäße
Vorgehensweise eine gute und zuverlässige Vorhersage des relativbewegungsabhängigen
Verschleißanteils dA. Weiterhin ist insbesondere in Verbindung mit der Ermittlung
des thermischen Verschleißanteils dT gemäß der Lehre der europäischen Patentanmeldung
10 174 341.7 die Möglichkeit gegeben, ein einziges Verschleißmodell 12 vorzusehen, das für alle
Walzgerüste 1 einer mehrgerüstigen Walzstraße verwendet wird. Das Verschleißmodell
12 kann hierbei entsprechend der Darstellung von FIG 1 das Walzspaltmodell 11 mit
umfassen. Alternativ kann das Walzspaltmodell 11 außerhalb des Verschleißmodells 12
- beispielsweise innerhalb einer Stichplanberechnung - angesiedelt sein. Weiterhin
ergibt sich eine verbesserte Sensitivität gegenüber Prozessänderungen, beispielsweise
Variationen in der Walzspaltschmierung oder sonstigen Änderungen im Reibwert zwischen
Walzgut 2 und betrachteter Walze 3. Auch kann der Einfluss der Walzspaltschmierung
auf den Verschleiß d besser modelliert werden.
[0077] Die vorliegende Erfindung wird vorzugsweise beim Warmwalzen von flachem Walzgut 2
angewendet. Sie ist jedoch ebenso beim Kaltwalzen von flachem Walzgut 2 anwendbar.
Auch ist sie sowohl beim Warm- als auch beim Kaltwalzen von andersartigem Walzgut
2, beispielsweise stabförmigem Walzgut 2 oder profiliertem Walzgut 2 anwendbar. Weiterhin
wurde obenstehend nicht darauf eingegangen, ob der relativbewegungsabhängige Verschleißanteil
dA (und ggf. auch die weiteren Verschleißanteile dT im Falle eines flachen Walzgutes
2 in Breitenrichtung mit oder ohne Ortsauflösung ermittelt werden. Selbstverständlich
sind beide Vorgehensweisen möglich.
[0078] Obwohl die Erfindung im Detail durch das bevorzugte Ausführungsbeispiel näher illustriert
und beschrieben wurde, so ist die Erfindung nicht durch die offenbarten Beispiele
eingeschränkt und andere Variationen können vom Fachmann hieraus abgeleitet werden,
ohne den Schutzumfang der Erfindung zu verlassen.
1. Ermittlungsverfahren für einen Verschleiß (d) einer Walze (3) eines ersten Walzgerüsts
(1) zum Walzen von Walzgut (2),
- wobei während des Walzens des Walzgutes (2) im ersten Walzgerüst (1) den Walzvorgang
beschreibende Prozessgrößen (P) entgegen genommen werden,
- wobei anhand der Prozessgrößen (P) in Verbindung mit das erste Walzgerüst (1) beschreibenden
Walzgerüstgrößen (W2) und das Walzgut beschreibenden Walzgutgrößen (W1) in Echtzeit
der Verschleiß (d) der Walze (3) des ersten Walzgerüsts (1) ermittelt wird,
- wobei der ermittelte Verschleiß (d) für Walzgutabschnitte (16) des Walzgutes (2)
jeweils einen relativbewegungsabhängigen Verschleißanteil (dA) umfasst,
- wobei anhand der Prozessgrößen (P) in Verbindung mit das erste Walzgerüst (1) beschreibenden
Walzgerüstgrößen (W2) und das Walzgut beschreibenden Walzgutgrößen (W1) für die Walzgutabschnitte
(16) jeweils eine Gleitzone (13) ermittelt wird, innerhalb derer das Walzgut (2) unter
Relativbewegung zur Walze (3) auf der Walzenoberfläche gleitet, und
- wobei der jeweilige relativbewegungsabhängige Verschleißanteil (dA) unter Berücksichtigung
der Länge (L) der jeweiligen Gleitzone (13) ermittelt wird.
2. Ermittlungsverfahren nach Anspruch 1,
dadurch gekennzeichnet,
dass der jeweilige relativbewegungsabhängige Verschleißanteil (dA) gemäß der Beziehung

ermittelt wird, wobei dA der jeweilige relativbewegungsabhängige Verschleißanteil,
c ein von den Prozessgrößen (P) unabhängiger Anpassungsfaktor, 1 die Länge des jeweiligen
Walzgutabschnitts (16), L die Länge der Gleitzone (13) und Z eine von den Prozessgrößen
(P) abhängige weitere Einflussgröße sind.
3. Ermittlungsverfahren nach Anspruch 2,
dadurch gekennzeichnet,
dass die weitere Einflussgröße (Z) von der Druckverteilung im Walzspalt abhängt.
4. Ermittlungsverfahren nach Anspruch 3,
dadurch gekennzeichnet,
- dass die Druckverteilung im Walzspalt beim erstmaligen Entgegennehmen der Prozessgrößen
(P) anhand der Prozessgrößen (P) in Verbindung mit den Walzgerüstgrößen (W2) und den
Walzgutgrößen (W1) ermittelt wird,
- dass die ermittelte Druckverteilung gespeichert wird,
- dass bei einem späteren Entgegennehmen der Prozessgrößen (P) anhand der Prozessgrößen
(P) geprüft wird, ob sich die Prozessgrößen (P) geändert haben, und
- dass in Abhängigkeit davon, ob die Prozessgrößen (P) sich geändert haben oder nicht, die
Druckverteilung im Walzspalt anhand der neuen Prozessgrößen (P) in Verbindung mit
den Walzgerüstgrößen (W2) und den Walzgutgrößen (W1) neu ermittelt wird oder die gespeicherte
Druckverteilung im Walzspalt verwendet wird.
5. Ermittlungsverfahren nach Anspruch 2, 3 oder 4, dadurch gekennzeichnet,
dass die weitere Einflussgröße (Z) von der Oberflächenhärte der Walze (3) abhängt.
6. Ermittlungsverfahren nach Anspruch 5,
dadurch gekennzeichnet,
dass anhand der Prozessgrößen (P) in Verbindung mit den Walzgerüstgrößen (W2) und den
Walzgutgrößen (W1) in Echtzeit einer obere Temperatur ermittelt wird, auf die sich
die Oberfläche der Walze (3) während des Kontakts mit dem Walzgut (2) aufheizt, und
dass die Oberflächenhärte der Walze (3) in Abhängigkeit von der ermittelten oberen
Temperatur ermittelt wird.
7. Ermittlungsverfahren nach einem der obigen Ansprüche, dadurch gekennzeichnet,
dass bei der Ermittlung der Gleitzone (13) eine Walzspaltschmierung berücksichtigt wird.
8. Ermittlungsverfahren nach einem der obigen Ansprüche, dadurch gekennzeichnet,
dass der ermittelte Verschleiß (d) im Rahmen der Ermittlung von Stellgrößen (S) für das
erste Walzgerüst (1) verwendet wird und/oder zur Ermittlung eines Walzenwechselzeitpunkts
herangezogen wird.
9. Ermittlungsverfahren nach einem der Ansprüche 1 bis 8,
dadurch gekennzeichnet,
- dass die Prozessgrößen (P) eine beim Walzen des Walzgutes (2) auftretende Walzkraft (FW)
umfassen,
- dass die Walzkraft (FW) erfasst wird,
- dass unter Verwendung einer Fließkurve des Walzgutes (2) eine erwartete Walzkraft (FW')
ermittelt wird,
- dass der jeweilige relativbewegungsabhängige Verschleißanteil (dA) in direkter oder indirekter
Abhängigkeit von der Fließkurve ermittelt wird und
- dass die Fließkurve in Abhängigkeit von der erfassten Walzkraft (FW) und der erwarteten
Walzkraft (FW') nachgeführt wird.
10. Ermittlungsverfahren nach einem der Ansprüche 1 bis 8,
dadurch gekennzeichnet,
- dass die Prozessgrößen P eine beim Walzen des Walzgutes (2) auftretende Walzkraft (FW)
und eine beim Walzen des Walzgutes (2) auftretende Voreilung (v) umfassen,
- dass die Walzkraft (FW) und die Voreilung (v) erfasst werden,
- dass unter Verwendung einer Fließkurve des Walzgutes (2) und eines Reibwerts des Walzgutes
(2) relativ zur Walze (3) eine erwartete Walzkraft (FW') und eine erwartete Voreilung
(v') ermittelt werden,
- dass der jeweilige relativbewegungsabhängige Verschleißanteil (dA) in direkter oder indirekter
Abhängigkeit von der Fließkurve und dem Reibwert ermittelt wird und
- dass die Fließkurve und der Reibwert in Abhängigkeit von der erfassten Walzkraft (FW),
der erwarteten Walzkraft (FW'), der erfassten Voreilung (v) und der erwarteten Voreilung
(v') nachgeführt werden.
11. Ermittlungsverfahren nach Anspruch 10,
dadurch gekennzeichnet,
dass in Bezug auf eine Walze (3) eines zweiten Walzgerüsts (1) ein zu Anspruch 9 analoges
Ermittlungsverfahren ausgeführt wird und dass ein im Rahmen der Ermittlung des Verschleißes
(d) der Walze (3) des zweiten Walzgerüsts (1) verwendeter Reibwert des Walzgutes (2)
relativ zur Walze (3) des zweiten Walzgerüsts (1) anhand des für das erste Walzgerüst
(1) nachgeführten Reibwerts bestimmt wird.
12. Ermittlungsverfahren nach Anspruch 11,
dadurch gekennzeichnet,
dass das Walzgut (2) zuerst das zweite Walzgerüst (1) und erst danach das erste Walzgerüst
(1) durchläuft.
13. Ermittlungsverfahren nach Anspruch 12,
dadurch gekennzeichnet,
dass das zweite Walzgerüst (1) ein Vorgerüst einer Vorstraße ist und das erste Walzgerüst
(1) ein Fertiggerüst einer Fertigstraße ist.
14. Computerprogramm, das Maschinencode (8) umfasst, der von einem Rechner (5) unmittelbar
abarbeitbar ist und dessen Abarbeitung durch den Rechner (5) bewirkt, dass der Rechner
(5) ein Ermittlungsverfahren mit allen Schritten eines Ermittlungsverfahrens nach
einem der obigen Ansprüche ausführt.
15. Rechner,
dadurch gekennzeichnet,
dass der Rechner derart ausgebildet ist, dass er ein Ermittlungsverfahren mit allen Schritten
eines Ermittlungsverfahrens nach einem der Ansprüche 1 bis 13 ausführt.
16. Walzwerk, das mindestens ein Walzgerüst (1) zum Walzen von Walzgut (2) umfasst,
dadurch gekennzeichnet,
dass das Walzwerk mit einem Rechner (5) nach Anspruch 15 ausgestattet ist.