[0001] Die Erfindung betrifft ein Verfahren und eine Vorrichtung zur Herstellung eines gehärteten
metallischen Bauteils mit mindestens zwei Bereichen unterschiedlicher Duktilität aus
einer Platine. Insbesondere betrifft die vorliegende Erfindung die thermische Prozessführung
sowie die dazu notwendige Kühl-und Beheizungseinrichtung, um ein Karosserieteil eines
Automobils auf örtlich unterschiedliche Festigkeits- bzw. Zähigkeitseigenschaften
zu vergüten, wobei die genannte Prozessführung Teil innerhalb einer Presshärtelinie
ist.
[0002] Aus dem Bereich der Karosserieteilfertigung ist es bekannt, Formteile gezielt mit
gewünschten Werkstoffeigenschaften herzustellen. Beispielsweise werden in der Automobilindustrie
Stoßfänger, A- oder B-Säulen durch eine vollständige Erwärmung mit einer anschließenden
Abschreckung gehärtet. Daran kann sich für eine Vergütung ein Anlassverfahren anschließen.
Um Karosserieteile zu realisieren, welche in mehreren Bereichen unterschiedlichen
Beanspruchungen genügen, werden gegenwärtig verschiedene Verfahren angewandt, um A-
oder B-Säulen eines Automobiles derart zu vergüten, dass sie in Bereichen, die bei
einem Fahrzeugcrash hohe Festigkeiten aufweisen sollen, vorwiegend martensitisch gehärtet
werden, wohingegen bei demselben Bauteil in anderen Bereichen, die bei einem Fahrzeugcrash
hohe Energien durch Verformung aufnehmen sollen, duktilere Gefüge, wie beispielsweise
Bainit oder Ferrit-/Perlit eingestellt werden, um die gewünschte Zähigkeit zu erzielen.
[0003] Zur Herstellung von Karosserieteilen mit wenigstens zwei Gefügebereichen sind aus
dem Stand der Technik verschiedene Verfahren und Vorrichtungen bekannt. So beschreibt
die
DE 102 08 216 C1 ein Verfahren, bei dem eine dünne Platine vollständig auf eine definierte Austenitisierungstemperatur
gebracht wird. Anschließend wird der später duktile Bereich der Platine gezielt mit
einer Abschreckvorrichtung auf eine Abkühl-Stopptemperatur gebracht und bei dieser
Temperatur isotherm im Bereich der Ferrit-/Perlitbildung gehalten. Dabei verbleibt
der später gehärtete Bereich der Platine auf Austenitisierungstemperatur. Die so temperierte
Platine wird anschließend in einem gekühlten Presswerkzeug umgeformt. Nachteilig bei
diesem Verfahren ist die verhältnismäßig lange Herstellungsdauer des Karosserieteils.
[0004] Demgegenüber beschreibt die
DE 200 14 361 U1 ein Verfahren, bei dem Teile einer Platine beim Durchgang durch einen Ofen vorher
gegen Temperatureinwirkung isoliert werden, so dass sie bis zum späteren Pressen nicht
den A
C1-Punkt der Austenit-Umwandlung erreichen und somit nicht an der Vergütung teilnehmen.
Es wird des Weiteren eine Möglichkeit beschrieben, ein Längsprofil zunächst komplett
zu erwärmen und dann einen Teil des Profils durch gezieltes und nicht zu schroffes
Abkühlen, beispielsweise durch Anblasen, auf eine Temperatur deutlich unter Austenitisierungstemperatur
zu bringen. Im Härtungswerkzeug stellt sich dann kein reines martensitisches Gefüge
ein, sondern ein Mischgefüge mit deutlichen Anteilen an Ferrit und Bainit.
[0005] Auch in der
DE 10 2007 057 855 B3 wird ein Verfahren zur Herstellung eines Karosserieteils mit mindestens zwei Gefügebereichen
unterschiedlicher Duktilität beschrieben. Dabei werden zwei grundsätzlich verschiedene
Temperaturführungen offenbart. Bei der ersten Temperaturführung ist vorgesehen, dass
eine Platine zunächst vollständig auf die Austenitisierungstemperatur aufgeheizt wird
und dann in einem Zwei-Zonen-Ofen überführt wird. Die erste Zone des Ofens ist in
etwa auf die Austenitisierungstemperatur beheizt, die zweite Zone hingegen weist eine
Temperatur im Bereich von etwa 550°C bis 700°C auf. Beim später folgenden Presshärten
wird der Bereich der Platine, der sich in der ersten Zone befand, hart und fest, der
Bereich, der sich in der zweiten Zone befand, vergleichsweise weicher und duktiler.
Bei der zweiten Temperaturführung ist hingegen vorgesehen, die gesamte Platine vorzuvergüten,
indem sie vollständig in einem Vorofen erwärmt und anschließend insgesamt abgekühlt
wird. Die kalte Platine wird später in einem Zwei-Zonen-Ofen erwärmt, wobei die Platine
mit einem Bereich in der ersten Zone des Ofens erneut austenitisiert wird, in der
zweiten Zone des Ofens aber nur auf eine (Anlass-)Temperatur von etwa 550°C-700°C
gebracht wird. Beim anschließenden Presshärten wird der Bereich, der sich in der ersten
Zone des Ofens befand, martensitisch gehärtet, wohingegen der Bereich aus der zweiten
Zone des Ofens nicht erneut gehärtet wird, sondern ein Gefüge aus angelassenem Martensit
aufweist.
[0006] Ferner beschreibt die
DE 102 56 621 B3 ein Verfahren und einen Durchlaufofen zur Herstellung eines Formbauteils mit mindestens
zwei Gefügebereichen unterschiedlicher Duktilität. Der Durchlaufofen besteht aus einem
vollständig geschlossenen Ofengehäuse mit mindestens einer innen liegenden Trennwand,
die unterschiedlich eingestellte Temperaturzonen voneinander trennt. Der dort dargestellte
Ofen eignet sich, um die zuvor genannten thermischen Prozessführungen durchzuführen.
[0007] Die bekannten Verfahren sind insbesondere für einen Massenbetrieb mit kurzer Taktzeit
und den im Kraftfahrzeugbau gegebenen Anforderungen an die Prozesssicherheit nicht
geeignet, da sie den vorgeschriebenen Härteverlauf im Bauteil nicht dauerhaft sicherstellen
können.
[0008] Der Erfindung liegt daher die Aufgabe zugrunde, ein Verfahren zur Herstellung eines
metallischen Formbauteils mit mindestens zwei Gefügebereichen unterschiedlicher Duktilität
dahingehend weiterzuentwickeln, dass es für die Massenproduktion mit kurzen Taktzeiten
geeignet ist. Die gestellte Aufgabe beinhaltet ferner, eine Vorrichtung zur Durchführung
des Verfahrens bereitzustellen.
[0009] Diese Aufgabe wird erfindungsgemäß gelöst durch ein Verfahren zur Herstellung eines
gehärteten metallischen Bauteils mit mindestens zwei Bereichen unterschiedlicher Duktilität
aus einer Platine mit den Merkmalen gemäß dem Patentanspruch 1.
[0010] Bei dem erfindungsgemäßen Verfahren wird die Platine durch einen Erwärmungsofen,
dann durch eine Kühl- und Heizstrecke und anschließend zu einer Presse quasikontinuierlich
und im Wesentlichen unterbrechungsfrei transportiert, wobei die Platine in dem Erwärmungsofen
auf eine Temperatur oberhalb der Austenitisierungstemperatur homogen erwärmt wird.
Während des quasikontinuierlichen Transports durch die Kühl- und Heizstrecke wird
ein erster Bereich der Platine derart durch einen sich an den Erwärmungsofen anschließenden
Ofen transportiert, dass der erste Bereich weiterhin auf einer Temperatur oberhalb
der Austenitisierungstemperatur ohne zwischenzeitliche Temperaturabsenkung gehalten
wird. Währenddessen wird ein zweiter Bereich der Platine außerhalb des Ofens transportiert
und abgekühlt. Nach dem Transport am Endbereich der Kühl- und Heizstrecke kann die
Platine in die Presse eingelegt werden, auch wenn die Gefügeumwandlungen in dem zweiten
Bereich der Platine noch nicht vollständig abgeschlossen sind. Dabei ist im Rahmen
der Erfindung unter einem quasikontinuierlichen und im Wesentlichen unterbrechungsfreien
Transport zu verstehen, dass die Platine ohne Umlagerung und Umkehr der Transportrichtung
auf einer einzigen Durchlaufstrecke im Durchlaufverfahren transportiert wird, so dass
die Platine über die gesamte Durchlaufstrecke eine gewünschte und vorbestimmte Temperaturverteilung
aufweist.
[0011] Ebenso wird die der Erfindung zugrundeliegende Aufgabe erfindungsgemäß durch eine
Vorrichtung zur Herstellung eines gehärteten metallischen Bauteils mit mindestens
zwei Bereichen unterschiedlicher Duktilität aus einer Platine mit den Merkmalen gemäß
dem Patentanspruch 8 gelöst.
[0012] Die erfindungsgemäße Vorrichtung umfasst eine Transporteinrichtung zum quasikontinuierlichen
Transport wenigstens einer Platine, einen Erwärmungsofen zur homogen Erwärmung der
wenigstens einen Platine auf eine Temperatur oberhalb der Austenitisierungstemperatur
und eine Kühl- und Heizstrecke. Die die wenigstens eine Platine transportierende Transporteinrichtung
führt durch den Erwärmungsofen und die Kühl- und Heizstrecke, wobei die Kühl- und
Heizstrecke einen sich direkt an den Erwärmungsofen anschließenden Ofen aufweist,
der eine seitliche und sich in Transportrichtung erstreckende Durchtrittsöffnung aufweist.
Die Transporteinrichtung ist über ihre gesamte Breite oder in ihrer Breitenrichtung
abschnittsweise in dem Ofen anordenbar, wobei bei einer Anordnung mit einem im Ofen
angeordneten Breitenabschnitt der Transporteinrichtung der übrige Breitenabschnitt
der Transporteinrichtung sich durch die Durchtrittsöffnung hindurch erstreckt und
außerhalb des Ofens angeordnet ist bzw. verläuft. Die Durchtrittsöffnung kann optional
verschließbar sein, was besonders dann von Vorteil ist, wenn eine Platine über ihre
gesamte Breite in dem Ofen angeordnet ist.
[0013] Vorteilhafte und zweckmäßige Ausgestaltungen und Weiterbildungen der Erfindung ergeben
sich aus den entsprechenden Unteransprüchen.
[0014] Durch die Erfindung werden Möglichkeiten bereitgestellt, mit welcher eine thermische
Prozessführung für die Vergütung von Karosserieteilen mit örtlich unterschiedlichen
Festigkeits- bzw. Zähigkeitseigenschaften auf konstruktiv einfache Weise und kostengünstig
bei verhältnismäßig kurzen Taktzeiten möglich ist. Mit Hilfe der erfindungsgemäßen
Prozessführung sind Karosserieteile mit unterschiedlichen Temperaturbereichen und
dadurch auch mit unterschiedlichen Gefügen herstellbar, wobei es sich um einen schnellen
Prozess handelt, mit dem sich kurze Taktzeiten realisieren lassen und bei dem die
Gefügebildungen und damit die Eigenschaften des so hergestellten Karosserieteils stets
verlässlich und gleichbleibend, insbesondere reproduzierbar, eingestellt werden können.
Dabei können mehrere Karosserieteile gleichzeitig hintereinander liegend von der Transporteinrichtung
durch den Erwärmungsofen und anschließend durch die Kühl- und Heizstrecke nach Art
einer Durchlaufstrecke bewegt werden, was den Durchsatz einer solchen Vorrichtung
gegenüber reinen Durchlauföfen erhöht. Die homogene bzw. vollständige Austenitisierung
der Platine hat den Vorteil, dass das Ausgangsgefüge für das erfindungsgemäße Verfahren
von geringerer Bedeutung ist.
[0015] Um die gewünschten Proportionen des Gefüges der Platine bzw. des Karosserieteils
zu erzielen, sieht die Erfindung in Ausgestaltung des Verfahrens vor, dass während
des quasikontinuierlichen Transports durch die Kühl- und Heizstrecke der zweite Bereich
der Platine mit wenigstens zwei unterschiedlichen Abkühlraten bis auf eine Temperatur
oberhalb der Martensitstart-temperatur gezielt und kontrolliert abgekühlt wird. Eine
im Wesentlichen kontinuierliche Abkühlkurve darf dabei nicht beliebig geführt werden,
da sonst die Gefügeproportionen aus Perlit, Bainit und Martensit nicht wie gewünscht
erzielt werden. So wird eine Platine, die frei an Luft abkühlt, entweder zu schnell
oder zu langsam abkühlen. Nur in sehr wenigen Ausnahmefällen, nämlich dann, wenn der
thermische Emissionsgrad und die Dicke der Platine zufällig genau im richtigen Verhältnis
zueinander stehen, kann das gewünschte Gefüge erreicht werden. Durch die gezielte
und kontrollierte Abkühlung mit unterschiedlichen Abkühlraten sind Gefügeproportionen
möglich, die bei einfacher kontinuierlicher Abkühlung nicht eingestellt werden können.
Auch wird auf diese Weise das gewünschte Gefüge besonders effizient, also in möglichst
kurzer Zeit erzeugt, was gerade in der Massenproduktion einen wichtigen Vorteil darstellt.
[0016] Im Hinblick auf eine gezielte und kontrollierte Abkühlung des zweiten Bereichs der
Platine kann es nötig sein, den Wärmeverlust des zweiten Bereichs der Platine einerseits
zu vergrößern, wenn die Abkühlung an Luft zu langsam wäre, oder andererseits zu reduzieren,
wenn die Abkühlung ansonsten zu schnell wäre. Diesbezüglich sieht die Erfindung in
Ausgestaltung des Verfahrens vor, die Geschwindigkeit einer jeweiligen Abkühlrate
durch Abschirmung, Isolierung, aktive Beheizung oder aktive Kühlung des zweiten Bereichs
der Platine gesteuert wird. Dadurch ist eine gezielte und kontrollierte Abkühlung
des zweiten Bereichs der Platine auf einfache Weise möglich. Darüber hinaus ist es
insbesondere möglich, zu unterschiedlichen Zeitpunkten unterschiedliche Abkühlraten
einzustellen. So können einerseits Temperaturintervalle, in denen bevorzugte Gefüge
entstehen, in längeren Zeiten durchschritten werden. Andererseits können Temperaturintervalle,
in denen weniger bevorzugte Gefüge entstehen, in kürzeren Zeiten durchlaufen werden.
[0017] Hinsichtlich der Abkühlung des zweiten Bereichs ist es gemäß einer alternativen Ausgestaltung
des erfindungsgemäßen Verfahrens auch möglich, dass während des quasikontinuierlichen
Transports durch die Kühl- und Heizstrecke der zweite Bereich der Platine, der außerhalb
des Ofens angeordnet wird, in freier Umgebung bis auf eine Temperatur oberhalb der
Martensitstart-temperatur oder bis auf eine Temperatur von höchstens 50°C unterhalb
der Martensitstarttemperatur bei maximaler Bildung von 20% Martensit abgekühlt wird.
Wichtig hierbei ist, dass der Bereich des metastabilen Austenits möglichst nicht verlassen
wird, bzw. im Falle der Abkühlung bis zu 50°C unter die Martensitstarttemperatur nur
bis 20%, vorzugsweise aber nur 5%, Martensit entstehen. Es wird dabei der Effekt genutzt,
dass eine dünne Platine sehr schnell frei abkühlt, wenn die Umgebungstemperatur unter
300°C, vorzugsweise aber bei 30°C, liegt. Typische Zeiten hierfür liegen in der Größenordnung
von 15 bis 120 Sekunden.
[0018] Damit die Gefügeausbildung bei Abkühlung in freier Umgebung von geringerer Bedeutung
für das herzustellende Karosserieteil ist, sieht die Erfindung in weiterer Ausgestaltung
vor, dass während des quasikontinuierlichen Transports durch die Kühl- und Heizstrecke
und nach Abkühlung des zweiten Bereichs der Platine der zweite Bereich wieder auf
eine Temperatur unterhalb der Austenitisierungstemperatur, vorzugsweise unterhalb
der Temperatur des A
C1-Punktes, aufgeheizt wird. Die Aufheizung sollte sehr schnell erfolgen, wobei die
Erwärmungstemperatur auf keinen Fall die A
C3-Temperatur überschreiten darf. Die Aufheizkurve kann dabei durch den Bereich der
Bainitbildung geführt und anschließend weiter in den Bereich der Ferrit-/Perlitbildung
geführt werden. Besonders von Vorteil für eine schnelle Bainitbildung ist hierbei
das vorherige Abkühlen bis auf eine Temperatur leicht unterhalb der Martensitstart-temperatur,
da diese Temperatur gerade im oberen Temperaturbereich der Bainitbildung durch die
eingebrachten Martensitanteile bereits über Keimstellen verfügt. Somit kann die Inkubationszeit
der Bainitbildung verkürzt werden. Die insgesamt eingebrachten bainitischen Gefügeanteile
liegen vorzugsweise jedoch nicht über 75%.
[0019] Dementsprechend ist es für das erfindungsgemäße Verfahren in weiterer Ausgestaltung
von Vorteil, wenn die Aufheizung des zweiten Bereichs der Platine zumindest durch
das Gebiet der Bainitbildung geführt wird.
[0020] Im Hinblick auf eine gewünschte Taktzeit ist es für das erfindungsgemäße Verfahren
von Vorteil, wenn nach dem Transport der Platine durch die Kühl- und Heizstrecke und
vor dem Einlegen der Platine in die Presse die Temperatur in dem ersten und/oder dem
zweiten Bereich kontrolliert abgesenkt wird.
[0021] In Ausgestaltung der Vorrichtung sieht die Erfindung vor, dass der Ofen quer zur
Transporteinrichtung verschiebbar ist. Somit ist der Ofen auch quer zur Platine verschiebbar,
so dass die Platine nur teilweise, und zwar im ersten Bereich, von dem Ofen umgeben
ist. Auf diese Weise ist es möglich, dass wahlweise unterschiedlich große erste Bereiche
Art ermöglicht werden, die von Platine zu Platine variieren können. Dies geht wahlweise
bis hin zu einer vollständigen Vergütung der Platine unter Wegfall eines ersten Bereichs.
Der Ofen kann aber auch ohne die Möglichkeit der Verschiebbarkeit ausgeführt sein.
In diesem Fall muss die Platine in einem im Vergleich zum Ofen breiteren Erwärmungsofen
versetzt aufgelegt werden, so dass der erste Bereich der Platine innerhalb der Kühl-
und Heizstrecke aus dem Ofen herausragt bzw. nicht im Ofen angeordnet ist.
[0022] Von besonderem Vorteil für die erfindungsgemäße Vorrichtung ist es, wenn die Kühl-
und Heizstrecke zumindest ein den außerhalb des Ofens angeordneten Breitenabschnitt
überdeckendes Haubenelement aufweist, das von der Transporteinrichtung wegschwenkbar
oder wegschiebbar bzw. wegbewegbar ist.
[0023] Der zweite Bereich der Platine befindet sich außerhalb des Ofens, wobei wenigstens
ein, vorzugsweise aber mindestens vier, Haubenelemente in Transportrichtung hintereinander
angeordnet sind. Diese Haubenelemente sind von der Transporteinrichtung wegschwenkbar
oder wegschiebbar bzw. wegbewegbar und weisen auf der dem zweiten Bereich der Platine
zugewandten Seite eine möglichst reflektierende Oberfläche auf, wodurch die thermische
Abstrahlung der Platinen reduziert wird, wenn die Haubenelemente in die Kühl- und
Heizstrecke hineingeschwenkt oder hineingeschoben bzw. hineinbewegt sind. Innerhalb
der Haubenelemente können auch Beheizungseinrichtungen eingebaut sein, die noch langsamere
Abkühlungen ermöglichen. Je nach Bedarf können einzelne oder alle Hauben aus dem System
herausgeschwenkt oder herausgeschoben bzw. herausbewegt werden. Zu diesem Zweck ist
in Ausgestaltung der Vorrichtung erfindungsgemäß vorgesehen, dass das zumindest eine
Haubenelement auf seiner der Transporteinrichtung zugewandten Seitenfläche eine reflektierende
Oberfläche oder eine Beheizungseinrichtung aufweist.
[0024] Für eine gegebenenfalls gewünschte schnellere Abkühlung des zweiten Bereichs der
Platine können beispielsweise Düsen innerhalb der Kühl- und Heizstrecke eingebracht
sein. Hierzu sieht die Erfindung vor, dass die Kühl- und Heizstrecke eine Vielzahl
von in Transportrichtung angeordneten Düsen aufweist, die außerhalb und seitlich vom
Ofen im Bereich des außerhalb des Ofens angeordneten Breitenabschnitts der Transporteinrichtung
angeordnet sind.
[0025] Für diverse Prozessführungen ist es auch möglich, die Vorrichtung so auszuführen,
dass anstatt der schwenkbaren bzw. schiebbaren Haubenelemente andere Strahlungsabschirmungen
vorgesehen sind. So können zum Beispiel einfache Bleche mit guten Reflektionseigenschaften
klappbar oder fest angebracht in der Kühl- und Heizstrecke vorgesehen sein. Die Kühl-
und Heizstrecke kann sogar in einigen Fällen ohne aktive Beheizung auskommen. Darüber
hinaus kann in einigen Fällen auch die Notwendigkeit einer aktiven Kühlung entfallen,
so dass die Vorrichtung deutlich vereinfacht werden kann, was zu einer besonders kostengünstigen
Ausführungsweise verhilft.
[0026] Bei der Variante, bei welcher der zweite Bereich der Platine frei an Luft angeordnet
ist und nicht von einem Haubenelement überdeckt bzw. abgeschirmt ist, kann für eine
mögliche Ausgestaltung vorgesehen sein, dass sich zur Unterstützung der freien Abkühlung
oberhalb und unterhalb der Platine temperierte Kühlkörper befinden können, die jedoch
nicht in Kontakt mit der Platine stehen, sondern die lediglich die Abstrahlung gegen
eine konstante Temperatur gewährleisten. Zu diesem Zweck sieht die Erfindung in Weiterbildung
vor, dass die Kühl- und Heizstrecke zumindest einen Kühlkörper aufweist, der außerhalb
und seitlich vom Ofen im Bereich des außerhalb des Ofens angeordneten Breitenabschnitts
der Transporteinrichtung angeordnet ist.
[0027] Im Anschluss an die Abkühlung erfolgt dann eine Schnellbeheizung des zweiten Bereichs
der Platine mit Hilfe einer Schnellbeheizungseinrichtung, die das Aufheizen gemäß
der gewünschten Gefügeerfordernisse im zweiten Bereich der Platine ermöglicht. Hierzu
sieht die Erfindung vor, dass die Kühl- und Heizstrecke wenigstens eine Schnellbeheizungseinrichtung
aufweist, die außerhalb und seitlich vom Ofen im Bereich des außerhalb des Ofens angeordneten
Breitenabschnitts der Transporteinrichtung angeordnet ist. Sollte die Kühl- und Heizstrecke
einen Kühlkörper aufweisen, so ist die Schnellbeheizungseinrichtung in Bezug auf die
Transportrichtung hinter dem zumindest einen Kühlkörper angeordnet.
[0028] Schließlich ist in weiterer Ausgestaltung der Vorrichtung erfindungsgemäß vorgesehen,
dass die Schnellbeheizungseinrichtung eine Strahlungserwärmungseinrichtung mit wenigstens
einem Gasbrenner und/oder wenigstens einem Infrarotstrahler ist oder dass die Schnellbeheizungseinrichtung
eine Induktivheizeinrichtung und/oder eine Resistivheizung umfasst.
[0029] Es versteht sich, dass die vorstehend genannten und nachstehend noch zu erläuternden
Merkmale nicht nur in der jeweils angegebenen Kombination, sondern auch in anderen
Kombinationen oder in Alleinstellung verwendbar sind, ohne den Rahmen der vorliegenden
Erfindung zu verlassen. Der Rahmen der Erfindung ist nur durch die Ansprüche definiert.
[0030] Weitere Einzelheiten, Merkmale und Vorteile des Gegenstandes der Erfindung ergeben
sich aus der nachfolgenden Beschreibung im Zusammenhang mit der Zeichnung, in der
beispielhafte Ausführungsbeispiele der Erfindung dargestellt sind. In der Zeichnung
zeigt:
Figur 1 ein Zeit-Temperatur-Diagramm zur Veranschaulichung eines ersten Weges des
erfindungsgemäßen Verfahrens,
Figur 2 ein Zeit-Temperatur-Umwandlungs-Diagramm zur Veranschaulichung des ersten
Weges des Verfahrens,
Figur 3 ein Zeit-Temperatur-Diagramm zur Veranschaulichung eines zweiten Weges des
erfindungsgemäßen Verfahrens,
Figur 4 ein Zeit-Temperatur-Umwandlungs-Diagramm zur Veranschaulichung des zweiten
Weges des Verfahrens,
Figur 5 eine erfindungsgemäße Vorrichtung in seitlicher Ansicht,
Figur 6 eine Kühl- und Heizstrecke der Vorrichtung aus Figur 5 in einer Vorderansicht
und
Figur 7 die in Figur 6 dargestellte Kühl- und Heizstrecke in einer Draufsicht.
[0031] Ausgehend von dem einleitend angeführten Stand der Technik betrifft die Erfindung
insbesondere das vorstehend ausgeführte Verfahren zur thermischen Prozessführung bei
der Vergütung eines Karosserieteils mit örtlich unterschiedlichen Festigkeits- bzw.
Zähigkeitseigenschaften, das auf zwei anderen Wegen als den bisher aus dem Stand der
Technik bekannten Wegen die geforderten Bauteileigenschaften ermöglicht. Es wird neben
einer detaillierten Beschreibung des Verfahrens zusätzlich nachstehend eine mögliche
Anlagentechnik bzw. Vorrichtung beschrieben, um die geforderte Prozessführung zu gewährleisten
bzw. um das erfindungsgemäße Verfahren durchzuführen.
[0032] Die erfindungsgemäße Vorrichtung zur Durchführung des Verfahrens gemäß der Erfindung
ist in einer Gesamtdarstellung in Figur 5 in Seitenansicht gezeigt. Die Vorrichtung
umfasst eine Aufgabestation 1, an die eine dünne Platine 2 zur Herstellung des gehärteten
Bauteils übergeben wird. An die Aufgabestation 1 schließt sich ein Erwärmungsofen
3 an, der nach Art eines Durchlaufofens ausgebildet ist. Dem Erwärmungsofen 3 folgt
dann in Transportrichtung R der Platine 2 betrachtet eine Kühl- und Heizstrecke 4,
an die sich eine Übergabestation 5 anschließt. Von der Übergabestation 5, die einen
Endbereich der Kühl- und Heizstrecke 4 darstellt, gelangt die Platine 2 dann zu einer
Presse 6. Dabei wird die Platine 2 mit Hilfe einer Transporteinrichtung 7 von der
Aufgabestation 1 durch den Erwärmungsofen 3 und die Kühl- und Heizstrecke 4 zu der
Übergabestation 5 quasikontinuierlich und unterbrechungsfrei bzw. im Wesentlichen
unterbrechungsfrei transportiert, bevor die Platine 2 in die Presse 6, die kühlbare
Werkzeuge aufweisen kann, eingelegt wird. Die Transporteinrichtung 7 ist als Rollenförderer
ausgebildet, so dass die auf die Rollen der Transporteinrichtung 7 abgelegte Platine
2 von den angetriebenen Rollen in Transportrichtung R bewegt wird. Die weiteren Merkmale
der erfindungsgemäßen Vorrichtung werden nachstehend in Verbindung mit der Beschreibung
des erfindungsgemäßen Verfahrens näher erläutert.
[0033] Das erfindungsgemäße Verfahren zur Herstellung eines gehärteten metallischen Bauteils
bzw. Karosserieteils mit mindestens zwei Bereichen unterschiedlicher Duktilität aus
einer Platine sieht für einen ersten und einen zweiten Weg der Prozessführung vor,
dass die Platine 2 von der Aufgabestation 1 zu einem Zeitpunkt t
0 bis zu der Übergabestation 5 zu einem Zeitpunkt t
P quasikontinuierlich und im Wesentlichen unterbrechungsfrei transportiert wird. Wie
den Zeit-Temperatur-Diagrammen der Figuren 1 und 3 zu entnehmen ist, wird dabei die
aus einem Vergütungsstahl bestehende Platine 2 bei ihrem Transport durch den Erwärmungsofen
3 während eines Zeitraumes von t
0 bis t
A zunächst vollständig auf eine Temperatur oberhalb der Austenitisierungstemperatur
T
A homogen erwärmt und ggf. für einen vorgegebenen Zeitraum (bis t
A) auf dieser Temperatur gehalten. Die Austenitisierungstemperatur T
A liegt vorzugsweise oberhalb des A
C3-Punktes und somit typischerweise bei 950°C. Damit liegt am austrittsseitigen Ende
des Erwärmungsofens 3 eine vollständig austenitisierte Platine 2 vor, die dann mit
Hilfe der Transporteinrichtung 7 zu der Kühl- und Heizstrecke 4 befördert wird.
[0034] Die in den Figuren 6 und 7 näher dargestellte Kühl- und Heizstrecke 4 umfasst einen
sich direkt an den Erwärmungsofen 3 anschließenden Ofen 8, der eine seitliche und
sich in Transportrichtung R erstreckende Durchtrittsöffnung 9 aufweist, wobei die
Durchtrittsöffnung 9 optional verschließbar ausgebildet sein kann. Ein Breitenabschnitt
10 der Transporteinrichtung 7 verläuft innerhalb des Ofens 8, wohingegen der übrige
Breitenabschnitt 11 der Transporteinrichtung 7 außerhalb und seitlich vom Ofen 8 angeordnet
ist, wie aus Figur 6 ersichtlich ist. Dementsprechend ist die Transporteinrichtung
7 in ihrer Breitenrichtung B abschnittsweise in dem Ofen 8 anordenbar, wobei bei einer
Anordnung mit dem im Ofen 8 angeordneten Breitenabschnitt 10 der Transporteinrichtung
7 der übrige Breitenabschnitt 11 der Transporteinrichtung 7 sich durch die Durchtrittsöffnung
9 hindurch erstreckt und außerhalb des Ofens 8 angeordnet ist.
[0035] Aufgrund dieser Ausgestaltung der Vorrichtung ist für beide Wege des erfindungsgemäßen
Verfahrens während des Transports der Platine 2 durch die Kühl- und Heizstrecke 4
ein erster Bereich 12 der Platine 2 innerhalb des Ofens 8 angeordnet, wohingegen ein
zweiter Bereich 14 der Platine 2 außerhalb des Ofens 8 angeordnet und transportiert
wird (siehe Figuren 6 und 7). Der Transport der Platine 2 durch die Kühl- und Heizstrecke
4 erfolgt mit Bezug auf die Figuren 1 und 3 in einem Zeitraum zwischen t
A und t
P, wobei t
P dem Zeitpunkt entspricht, zu dem die Platine 2 in die Presse 6 eingelegt wird, was
zusätzlich mit einem x in den Figuren 1 bis 4 gekennzeichnet ist.
[0036] Damit von der Platine 2 die beiden Bereiche 12, 14 entsprechend innerhalb bzw. außerhalb
des Ofens 8 angeordnet werden können, kann der Ofen 8 quer zur Transporteinrichtung
R verschiebbar ausgebildet sein, damit der Ofen 8 die Platine 2 nur teilweise und
insbesondere im ersten Bereich 12 umgibt. Durch die Verschiebbarkeit des Ofens 8 wird
gewährleistet, dass wahlweise unterschiedlich große erste Bereiche 12 im Ofen 8 angeordnet
sein können, die von Platine zu Platine variieren können. Dies geht wahlweise bis
hin zu einer vollständigen Vergütung der Platine 2 unter Wegfall des zweiten Bereichs
14, d.h. in diesem Fall ist die Platine 2 vollständig im Inneren des Ofens 8 angeordnet
bzw. von diesem vollständig umgeben. Der Ofen 8 kann aber auch ohne die Möglichkeit
der Verschiebbarkeit ausgeführt sein. In diesem Fall muss die Platine 2 auf der Transporteinrichtung
7 entsprechend versetzt aufgelegt werden, wobei der Erwärmungsofen 3 dann breiter
als der Ofen 8 ausgebildet werden müsste.
[0037] Bei beiden Wegen des erfindungsgemäßen Verfahrens wird der erste Bereich 12 der Platine
2 innerhalb des Ofens 8, d.h. zwischen den in den Figuren 1 und 3 dargestellten Zeitpunkten
t
A und t
P, weiterhin auf einer Temperatur oberhalb des A
C3-Punktes bzw. auf einer Temperatur oberhalb der Austenitisierungstemperatur T
A ohne zwischenzeitliche Temperaturabsenkung gehalten (siehe Linie 12a in Figur 1 bzw.
3), wohingegen der zweite Bereich 14 der Platine 2 außerhalb des Ofens 8 transportiert
und abgekühlt wird (siehe Linie 14a in den Figuren 1 und 3). Allerdings unterscheidet
sich die Prozessführung für den zweiten Bereich 14 der Platine 2 für beide Wege innerhalb
der Kühl- und Heizstrecke 4.
[0038] Bei dem ersten Weg wird der zweite Bereich 14 der Platine 2 während des quasikontinuierlichen
Transports durch die Kühl- und Heizstrecke 4 kontinuierlich abgekühlt, wobei die Abkühlung
mit wenigstens zwei unterschiedlichen Abkühlraten erfolgt. In Figur 2 ist die Abkühlung
des zweiten Bereichs 14 in einem Zeit-Temperatur-Umwandlungs-Diagramm dargestellt,
wobei die Abkühlung mit Hilfe von zumindest zwei unterschiedlichen Abkühlraten 15,
16 und 17 bis auf eine Temperatur oberhalb der Martensitstarttemperatur M
S gezielt und kontrolliert erfolgt. Somit setzt sich die Abkühlkurve 14a aus den Abkühlraten
15, 16 und 17 zusammen, wobei die in Figur 1 dargestellten Punkte die Änderung der
Abkühlbedingungen anzeigen. Die Abkühlkurve 14a darf dabei nicht beliebig geführt
werden, da sonst die Gefügeproportionen aus Perlit, Bainit und Martensit nicht wie
gewünscht erzielt werden. So wird beispielsweise eine Platine 2, die frei an Luft
abkühlt, entweder zu schnell oder zu langsam abkühlen. Nur in sehr wenigen Ausnahmefällen,
wenn der thermische Emissionsgrad und die Dicke der Platine 2 zufällig genau im richtigen
Verhältnis zueinander stehen, kann das gewünschte Gefüge erreicht werden. Daher kann
es nötig sein, den Wärmeverlust der Platine 2 durch eine Abschirmung und/oder eine
Isolierung und ggf. durch eine aktive Beheizung zu reduzieren, wenn die Abkühlung
ansonsten zu schnell wäre. Im Gegenzug kann es nötig sein, wenn die Abkühlung ansonsten
zu langsam wäre, die Abkühlung des zweiten Bereichs 14 der Platine 2 durch eine aktive
Abkühlung, zum Beispiel durch Anblasen mit Luft, zu unterstützen. Auch ist es insbesondere
möglich, zu unterschiedlichen Zeitpunkten t unterschiedliche Abkühlraten einzustellen.
So können einerseits Temperaturintervalle, in denen bevorzugte Gefüge entstehen, in
längeren Zeiten durchschritten werden. Andererseits können Temperaturintervalle, in
denen weniger bevorzugte Gefüge entstehen, in kürzeren Zeiten durchlaufen werden.
Dementsprechend kann die Geschwindigkeit einer jeweiligen Abkühlrate 15, 16, 17 durch
Abschirmung, Isolierung, aktive Beheizung oder aktive Kühlung des zweiten Bereichs
14 der Platine 2 kontrolliert gesteuert werden. Nachdem die Platine 2 die Kühl- und
Heizstrecke 4 durchlaufen hat, kann sie insbesondere zum Zeitpunkt t
P auch dann bereits in die Presse 6 eingelegt werden, wenn die Gefügeumwandlungen im
zweiten Bereich 14 noch nicht vollständig abgeschlossen sind. Erst während des Pressens
entstehen im ersten und zweiten Bereich 12, 14 die Endgefüge, wobei der erste Bereich
12 eine vorwiegend martensitische Gefügeumwandlung erfährt und hohe Härte- und Festigkeitseigenschaften
erhält.
[0039] Die Vorrichtung weist für den ersten und zweiten Weg lediglich leichte konstruktive
Unterschiede im Bereich der Kühl-und Heizstrecke 4 auf. Im Hinblick auf die in den
Figuren 1 und 2 dargestellte Verfahrensführung weist die Kühl- und Heizstrecke 4 für
die Durchführung des ersten Verfahrensweges zumindest ein den außerhalb des Ofens
4 angeordneten Breitenabschnitt 12 der Transporteinrichtung 7 überdeckendes Haubenelement
18 auf, das von der Transporteinrichtung 7 wegschwenkbar oder wegschiebbar bzw. wegbewegbar
ist. Das in Figur 6 dargestellte Haubenelement 18 ist somit oberhalb der Transporteinrichtung
7 angeordnet und schirmt eine Oberflächenseite der Platine 2 einseitig ab, wobei auch
eine Anordnung des Haubenelements 18 unterhalb der Transporteinrichtung 7 denkbar
ist. In den Figuren 5 und 7 sind insgesamt drei Haubenelemente 18 abgebildet, wobei
in Figur 6 durch die gestrichelte Linie das teilweise Auf- bzw. Wegschwenken des Haubenelements
18 angedeutet ist. Die Haubenelemente 18 sind in Transportrichtung R hintereinander
liegend angeordnet und weisen auf der der Transporteinrichtung 7 bzw. der Platine
2 zugewandten Seite eine möglichst reflektierende Oberfläche auf, wodurch die thermische
Abstrahlung der Platinen 2 reduziert wird, wenn die Haubenelemente 18 in die Kühl-
und Heizstrecke hineingeschwenkt sind bzw. wenn die Haubenelemente 18 die Transporteinrichtung
7 und eine darauf transportierte Platine 2 überdecken bzw. abschirmen. Innerhalb der
Haubenelemente 18 können auch Beheizungseinrichtungen eingebaut sein, die eine noch
langsamere Abkühlung ermöglichen. Je nach Bedarf können einzelne oder alle Haubenelemente
18 aus dem System herausgeschwenkt oder herausgeschoben bzw. herausbewegt werden.
Für eine ggf. gewünschte schnellere Abkühlung können beispielsweise in Transportrichtung
R angeordnete Düsen innerhalb der Kühl- und Heizstrecke 4, aber außerhalb des Ofens
4, eingebracht sein. Für diverse Prozesse ist es auch möglich, die Vorrichtung für
den ersten beschriebenen Weg so auszuführen, dass anstatt der schwenkbaren oder schiebbaren
bzw. bewegbar Haubenelemente 18 andere Strahlungsabschirmungen vorgesehen werden.
So können zum Beispiel einfache Bleche mit guten Reflektionseigenschaften klappbar
oder fest angebracht in der Kühl- und Heizstrecke 4 außerhalb des Ofens 8 eingebaut
sein. Diese kann sogar in einigen Fällen ohne aktive Beheizung auskommen. Darüber
hinaus kann in einigen Fällen auch die Notwendigkeit einer aktiven Kühlung entfallen,
so dass die Vorrichtung deutlich vereinfacht werden kann, was zu einer besonders kostengünstigen
Ausführungsweise verhilft. Insbesondere ist es auch möglich, zusätzlich auf der Unterseite
der Rollen der Transporteinrichtung 7 ebenfalls alle genannten Ausführungen der Haubenelemente
8 bzw. Strahlungsabschirmungen und Heiz- und Kühlvorrichtungen von schwenkbarer oder
schiebbarer Ausführung einzubauen, wie dies in Figur 6 für ein gestrichelt eingezeichnetes
Haubenelement 18' dargestellt ist. Auf diese Weise ist die Ober- und Unterseite des
zweiten Bereichs 14 der Platine 2 von oberhalb und unterhalb angeordneten Haubenelementen
18 und 18' zweiseitig überdeckt bzw. abgeschirmt.
[0040] Mit Bezug auf die Figuren 3 und 4 sieht das Verfahren für den zweiten Weg vor, dass
während des quasikontinuierlichen Transports durch die Kühl- und Heizstrecke 4 der
zweite Bereich 14 der Platine 2, der außerhalb des Ofens 8 angeordnet wird, in freier
Umgebung an Luft bis auf eine Temperatur oberhalb der Martensitstarttemperatur M
S oder wahlweise bis auf eine Temperatur von höchstens 50°C unterhalb der Martensitstart-temperatur
M
S bei maximaler Bildung von 20% Martensit abgekühlt wird. Wichtig bei dem zweiten Weg
ist, dass der Bereich des metastabilen Austenits möglichst nicht verlassen wird, bzw.
im Falle der Abkühlung bis zu 50°C unter die Martensitstart-temperatur nur bis 20%,
vorzugsweise aber nur 5%, Martensit entstehen. Es wird dabei der Effekt genutzt, dass
eine dünne Platine sehr schnell frei abkühlt, wenn die Umgebungstemperatur unter 300°C,
vorzugsweise aber bei 30°C, liegt. Typische Zeiten hierfür liegen in der Größenordnung
von 15-120 Sekunden. Anschließend wird der zweite Bereich 14 sehr schnell erwärmt,
was in Figur 3 durch die Aufheizkurve 12b dargestellt ist, wobei die Erwärmungstemperatur
unterhalb der A
C1-Temperatur liegen sollte, jedoch auf keinen Fall die A
C3-Temperatur überschreiten darf. Die Temperatur-Aufheizkurve 19, die in Figur 4 für
zwei unterschiedliche Verläufe dargestellt ist, kann dabei durch den Bereich der Baintbildung
bzw. durch das Gebiet des Bainit B geführt und anschließend weiter in den Bereich
der Ferrit-/Perlitbildung F, P geführt werden. Besonders von Vorteil für eine schnelle
Bainitbildung ist hierbei das vorherige Abkühlen bis auf eine Temperatur leicht unterhalb
der Martensitstart-temperatur M
S, da diese gerade im oberen Temperaturbereich der Bainitbildung durch die eingebrachten
Martensitanteile bereits über Keimstellen verfügt. Somit kann die Inkubationszeit
der Bainitbildung verkürzt werden. Die insgesamt eingebrachten bainitischen Gefügeanteile
liegen mindestens bei 3% und vorzugsweise nicht über 75%. Wenn die gemäß der mechanischen
Zielvorgaben bezüglich der Härte- und Zähigkeitseigenschaften erforderlichen Gefügebestandteile
Martensit, Bainit, Ferrit und Perlit im gewünschten Verhältnis und in der gewünschten
Verteilung im zweiten Bereich 14 vorliegen, kann die Platine 2 zum Zeitpunkt t
P in die Presse 6 mit vorzugsweise gekühlten Werkzeugen eingelegt und zum Karosserieteil
gepresst werden. Erst während des Pressens entsteht im zweiten Bereich 14 das Endgefüge.
Der erste Bereich 12 erfährt währenddessen eine vorwiegend martensitische Gefügeumwandlung
und erhält hohe Härte- und Festigkeitseigenschaften. Die Platine 2 kann insbesondere
auch bereits in die Presse 6 eingelegt werden, wenn die Gefügeumwandlungen in dem
zweiten Bereich 14 noch nicht vollständig abgeschlossen sind.
[0041] Eine Vorrichtung zur Durchführung des zweiten Verfahrensweges entspricht mit Ausnahme
des Merkmals der Haubenelemente 18 der in Figur 5 dargestellten Anordnung. Das Merkmal
der Haubenelemente 18 ist deshalb entbehrlich, da der zweite Bereich 14 der Platine
2, der während des Transports durch die Kühl- und Heizstrecke 4 außerhalb des Ofens
8 angeordnet ist, in freier Umgebung bis auf eine Temperatur oberhalb der Martensitstarttemperatur
M
S oder bis auf eine Temperatur von höchstens 50°C unterhalb der Martensitstart-temperatur
M
S bei maximaler Bildung von 20% Martensit abgekühlt wird.
[0042] Eine optionale Ergänzung bei der Vorrichtung für den zweiten Weg besteht für die
Kühl- und Heizstrecke 4 darin, dass sich zur Unterstützung der freien Abkühlung des
zweiten Bereiches 14 oberhalb und unterhalb der Platine 2 temperierte Kühlkörper befinden
können, die jedoch nicht in Kontakt mit der Platine 2 stehen, sondern lediglich die
Abstrahlung gegen eine konstante Temperatur gewährleisten. Auf diese Weise kann die
Abkühlung gesteuert werden. Alternativ könnten die für den ersten Weg verwendeten
Haubenelemente 18 mit Kühlkörpern ausgestattet werden, so dass prinzipiell die für
den ersten Weg beschriebene Vorrichtung auch für den zweiten Weg verwendbar ist.
[0043] Im Anschluss an die in Abkühlung an Luft bzw. an die von einem Kühlkörper gesteuerte
Abkühlung erfolgt bei dem zweiten Weg eine Aufheizung des zweiten Bereichs 14 zum
Zeitpunkt T
AH, wie in Figur 3 dargestellt ist. Zu diesem Zweck weist die Kühl-und Heizstrecke 4
wenigstens eine Schnellbeheizungseinrichtung auf, die in Bezug auf die Transportrichtung
R außerhalb und seitlich vom Ofen 4 im Bereich des außerhalb des Ofens 4 angeordneten
Breitenabschnitts 11 der Transporteinrichtung 7 und ggf. in Bezug auf die Transportrichtung
R hinter dem Kühlkörper angeordnet ist. Dabei kann die Schnellbeheizungseinrichtung
eine Strahlungserwärmungseinrichtung mit wenigstens einem Gasbrenner und/oder wenigstens
einem Infrarotstrahler sein. Alternativ kann die Schnellbeheizungseinrichtung eine
Induktivheizeinrichtung und/oder eine Resistivheizung umfassen. Es versteht sich,
dass die hintereinander liegend angeordneten Haubenelemente 18 mit Mitteln zum Kühlen
und anschließendem Aufheizen entsprechend ausgebildet sein können, dass von der Vorrichtung
mit Haubenelementen 18 auch der zweite Weg prozesstechnisch realisiert werden kann.
[0044] Die vorstehend beschriebene Erfindung richtet sich auf eine Anlagentechnik, die eine
vollständige Ausführung des Verfahrens gemäß dem ersten und zweiten Weg im Durchlaufverfahren
auf einer Durchlaufstrecke bei kontinuierlicher bzw. quasikontinuierlicher Verfahrensführung
ermöglicht. Dabei ist die vorstehende Erfindung selbstverständlich nicht auf die beschriebenen
und dargestellten Ausführungsformen beschränkt. An den in der Zeichnung dargestellten
Ausführungsformen können zahlreiche, dem Fachmann entsprechend der beabsichtigten
Anwendung naheliegende Abänderungen vorgenommen werden, ohne dass dadurch der Bereich
der Erfindung verlassen wird. Dabei gehört zur Erfindung alles dasjenige, was in der
Beschreibung enthalten und/oder in der Zeichnung dargestellt ist, einschließlich dessen,
was abweichend von dem konkreten Ausführungsbeispielen für den Fachmann naheliegt.
1. Verfahren zur Herstellung eines gehärteten metallischen Bauteils mit mindestens zwei
Bereichen unterschiedlicher Duktilität aus einer Platine (2),
wobei die Platine (2) durch einen Erwärmungsofen (3), dann durch eine Kühl- und Heizstrecke
(4) und anschließend zu einer Presse (6) quasikontinuierlich und im Wesentlichen unterbrechungsfrei
transportiert wird,
wobei die Platine (2) in dem Erwärmungsofen (3) auf eine Temperatur oberhalb der Austenitisierungstemperatur
(TA) homogen erwärmt wird,
wobei während des quasikontinuierlichen Transports durch die Kühl- und Heizstrecke
(4) ein erster Bereich (12) der Platine (2) derart durch einen sich an den Erwärmungsofen
(3) anschließenden Ofen (8) transportiert wird, dass der erste Bereich (12) weiterhin
auf einer Temperatur oberhalb der Austenitisierungstemperatur (TA) ohne zwischenzeitliche Temperaturabsenkung gehalten wird, und ein zweiter Bereich
(14) der Platine (2) außerhalb des Ofens (8) transportiert und abgekühlt wird, und
wobei nach dem Transport am Endbereich (5) der Kühl- und Heizstrecke (4) die Platine
(2) in die Presse (6) eingelegt werden kann, wenn die Gefügeumwandlungen in dem zweiten
Bereich (14) der Platine (2) noch nicht vollständig abgeschlossen sind.
2. Verfahren nach Anspruch 1, wobei während des quasikontinuierlichen Transports durch
die Kühl- und Heizstrecke (4) der zweite Bereich (14) der Platine (2) mit wenigstens
zwei unterschiedlichen Abkühlraten (15, 16, 17) bis auf eine Temperatur oberhalb der
Martensitstarttemperatur (MS) gezielt und kontrolliert abgekühlt wird.
3. Verfahren nach Anspruch 2, wobei die Geschwindigkeit einer jeweiligen Abkühlrate (15,
16, 17) durch Abschirmung, Isolierung, aktive Beheizung oder aktive Kühlung des zweiten
Bereichs (14) der Platine (2) gesteuert wird.
4. Verfahren nach Anspruch 1, wobei während des quasikontinuierlichen Transports durch
die Kühl- und Heizstrecke (4) der zweite Bereich (14) der Platine (2), der außerhalb
des Ofens (8) angeordnet wird, in freier Umgebung bis auf eine Temperatur oberhalb
der Martensitstarttemperatur (MS) oder bis auf eine Temperatur von höchstens 50°C unterhalb der Martensitstarttemperatur
(MS) bei maximaler Bildung von 20% Martensit abgekühlt wird.
5. Verfahren nach einem der vorhergehenden Ansprüche, wobei während des quasikontinuierlichen
Transports durch die Kühl- und Heizstrecke (4) und nach Abkühlung des zweiten Bereichs
(14) der Platine (2) der zweite Bereich (14) wieder auf eine Temperatur unterhalb
der Austenitisierungstemperatur (TA), vorzugsweise unterhalb der Temperatur des AC1-Punktes, aufgeheizt wird.
6. Verfahren nach Anspruch 5, wobei die Aufheizung des zweiten Bereichs (14) der Platine
(2) zumindest durch das Gebiet der Bainitbildung (B) geführt wird.
7. Verfahren nach Anspruch 5 oder 6, wobei nach dem Transport der Platine (2) durch die
Kühl- und Heizstrecke (4) und vor dem Einlegen der Platine (2) in die Presse (6) die
Temperatur in dem ersten und/oder dem zweiten Bereich (12, 14) kontrolliert abgesenkt
wird.
8. Vorrichtung zur Herstellung eines gehärteten metallischen Bauteils mit mindestens
zwei Bereichen unterschiedlicher Duktilität aus einer Platine (2), umfassend
eine Transporteinrichtung (7) zum quasikontinuierlichen Transport wenigstens einer
Platine (2), einen Erwärmungsofen (3) zur homogen Erwärmung der wenigstens einen Platine
(2) auf eine Temperatur oberhalb der Austenitisierungstemperatur (TA) und eine Kühl- und Heizstrecke (4),
wobei die die wenigstens eine Platine (2) transportierende Transporteinrichtung (7)
durch den Erwärmungsofen (3) und die Kühl- und Heizstrecke (4) führt,
wobei die Kühl- und Heizstrecke (4) einen sich direkt an den Erwärmungsofen (3) anschließenden
Ofen (8) aufweist, der eine seitliche und sich in Transportrichtung (R) erstreckende
Durchtrittsöffnung (9) aufweist, und
wobei die Transporteinrichtung (7) über ihre gesamte Breite oder in ihrer Breitenrichtung
(B) abschnittsweise in dem Ofen (8) anordenbar ist, wobei bei einer Anordnung mit
einem im Ofen (8) angeordneten Breitenabschnitt (10) der Transporteinrichtung (7)
der übrige Breitenabschnitt (11) der Transporteinrichtung (7) sich durch die Durchtrittsöffnung
(9) hindurch erstreckt und außerhalb des Ofens (8) verläuft.
9. Vorrichtung nach Anspruch 8, wobei der Ofen (8) quer zur Transporteinrichtung (7)
verschiebbar ist.
10. Vorrichtung nach Anspruch 8 oder 9, wobei die Kühl-und Heizstrecke (4) zumindest ein
den außerhalb des Ofens (8) angeordneten Breitenabschnitt (11) überdeckendes Haubenelement
(18, 18') aufweist, das von der Transporteinrichtung (7) wegschwenkbar oder wegbewegbar
ist.
11. Vorrichtung nach Anspruch 10, wobei das zumindest eine Haubenelement (18, 18') auf
seiner der Transporteinrichtung (7) zugewandten Seitenfläche eine reflektierende Oberfläche
oder eine Beheizungseinrichtung aufweist.
12. Vorrichtung nach einem der Ansprüche 8 bis 11, wobei die Kühl- und Heizstrecke (4)
eine Vielzahl von in Transportrichtung (R) angeordneten Düsen aufweist, die außerhalb
und seitlich vom Ofen (8) im Bereich des außerhalb des Ofens (8) angeordneten Breitenabschnitts
(11) der Transporteinrichtung (7) angeordnet sind.
13. Vorrichtung nach Anspruch 8 oder 9, wobei die Kühl-und Heizstrecke (4) zumindest einen
Kühlkörper aufweist, der außerhalb und seitlich vom Ofen (8) im Bereich des außerhalb
des Ofens (8) angeordneten Breitenabschnitts (11) der Transporteinrichtung (7) angeordnet
ist.
14. Vorrichtung nach einem der Ansprüche 8, 9 oder 13, wobei die Kühl- und Heizstrecke
(4) wenigstens eine Schnellbeheizungseinrichtung aufweist, die außerhalb und seitlich
vom Ofen (8) im Bereich des außerhalb des Ofens (8) angeordneten Breitenabschnitts
(11) der Transporteinrichtung (7) angeordnet ist.
15. Vorrichtung nach Anspruch 14, wobei die Schnellbeheizungseinrichtung eine Strahlungserwärmungseinrichtung
mit wenigstens einem Gasbrenner und/oder wenigstens einem Infrarotstrahler ist oder
wobei die Schnellbeheizungseinrichtung eine Induktivheizeinrichtung und/oder eine
Resistivheizung umfasst.