[0001] Die vorliegende Erfindung ein Verfahren zur Herstellung eines Kernpapiers.
[0002] Kernpapier ist im Stand der Technik bekannt und wird meist als Träger für Dekorpapiere
verwendet, um Laminate herzustellen, die beispielsweise oftmals Anwendung in Form
von Schichtstoff- und Arbeitsplatten, Fußbodenbelägen, etc. finden.
[0003] Der Aufbau eines solchen Laminates besteht aus mehreren, flächig miteinander verbundenen
Schichten, welche aus gleichen oder unterschiedlichen Materialien zur Erfüllung spezieller
Funktionen und Eigenschaften bestehen. Bei der Herstellung von Dekorpapierlaminaten
wird als eine dieser Schichten beispielsweise Kernpapier verwendet. Die Verklebung
dieser Schichten erfolgt meist durch Vorbehandlung der Einzellagen, wie beispielsweise
vorheriger Tränkimprägnierung und anschließender Verpressung der Schichten im Stapel
unter Druck und Temperatur.
[0004] Im Stand der Technik bekanntes Kernpapier wird aus Frischfaserstoff als Rohstoff
hergestellt, welcher die anspruchsvollen Bedingungen an die geforderten Festigkeiten,
Imprägnier- und Papiereigenschaften erfüllt.
[0005] Nachteil des Einsatzes von Frischfaserstoff sind neben dem Verbrauch natürlicher
Resourcen u.a. auch die hohen Rohstoffkosten. Wiederaufbereitete Faserstoffe hingegen,
wie beispielsweise recyceltes Altpapier genügen oftmals nicht den geforderten Bedingungen
an Festigkeiten, Imprägnierverhalten und Papiereigenschaften.
[0006] Der enorme Kostendruck in der heutigen Papierindustrie führt zur ständigen Produktionsoptimierung
und der Nachfrage hinsichtlich Einsparungen an Rohstoff- und Transportkosten. Dies
bedingt den Trend hin zu niedrigen Flächengewichten, bei der Forderung nach gleich
bleibenden Qualitätsparametern wie beispielsweise gleich bleibenden Festigkeiten,
d.h. bei geringeren Flächengewichten steigen die Festigkeitsanforderungen dementsprechend
an.
[0007] Bei den herkömmlichen Imprägnierverfahren, wie beispielsweise der Tauchimprägnierung
mit Tränkharzen wird die gesamte Papierbahn durch diese Flüssigkeit geführt. Damit
es bei diesem Verfahren zu keinem Abriss der Papierbahn in der Produktion oder anderen
Produktionsstörungen kommt, ist eine bestimmte Nassfestigkeit der Kernpapierbahn Grundvoraussetzung.
Diese Nassfestigkeit wird meist mit der Zudosierung chemischer Additive, sog. Nassverfestiger
erreicht, wobei diese optimal auf die Chemie im System abgestimmt sein sollten.
[0008] Im Stand der Technik wie in der
WO 2008/057390 sind beispielsweise technisierte Holzprodukte bekannt, bei welchen zur Herstellung
von laminierbaren Trägermaterial wiederaufbereitete Faserstoffe und Nassverfestiger
eingesetzt werden.Aufgabe der vorliegenden Erfindung ist es, die im Stand der Technik
bekannten Nachteile wenigstens teilweise zu überwinden. Die vorstehende Aufgabe wird
durch ein Verfahren zur Herstellung des Kernpapiers gelöst.
[0009] Besonders bevorzugte Ausführungsformen sind Gegenstand der Unteransprüche.
[0010] Die vorliegende Aufgabe wird durch das erfindungsgemäße Verfahren gemäß Anspruch
1 zur Herstellung eines Kernpapiers gelöst. Das Kernpapier besteht wenigstens aus
einem Anteil eines wiederaufbereiteten Faserstoffgemisches und einem Nassverfestiger
als erstes Additiv. Gekennzeichnet ist das Kernpapier durch die Zugabe einer grenzflächenaktiven
Wirksubstanz als zweites Additiv bei der Herstellung, zur Erhöhung der Kapillarität.
[0011] Unter dem Kernpapier wird entsprechend der vorliegenden Erfindung ein Trägerpapier
verstanden, wie es beispielsweise beim Laminieren von Dekorpapieren zum Einsatz kommt.
Bei der Herstellung dieses Papieres aus wiederaufbereiteten, sog. recyceltem Faserstoffen
kommt neben herkömmlichen Nassverfestigern zusätzlich wenigstens eine grenzflächenaktive
Substanz zum Einsatz.
[0012] Unter laminierbar im Sinne der vorliegenden Erfindung werden entsprechend dem lat.
Wortstamm "Lamina" in der Bedeutung als "Schicht", alle Arten der Vereinigung verschiedener
Werkstoffschichten verstanden. Der Begriff Trägermaterial bezieht sich auf Werkstoffschichten,
auf welche oder unter welche eine (oder mehrere) weitere Schicht(en) laminiert werden
kann / können. Laminate werden häufig auch als Schichtverbundwerkstoffe bezeichnet.
[0013] Unter wiederaufbereiteten Faserstoff im Sinne der vorliegenden Erfindung werden alle
Arten von Faserstoffen verstanden, welche zur Produktion von Papier, Pappe und Karton
insbesondere von Kernpapier wiederaufbereitet und bei der Herstellung von Papier,
Pappe und Karton insbesondere von Kernpapier eingesetzt werden. Insbesondere sind
diese Altpapiersorten gemäß dem CEN European Standard EN 643 bestimmt.
[0014] Unter Nassverfestiger im Sinne der vorliegenden Erfindung werden alle Additive verstanden,
welche die Festigkeiten von Papier, Pappe, Karton und Kernpapier u.a. im nassen Zustand
erhöhen. Neben den beim Blattbildungsprozess sich ausbildenden mechanischen Verflechtungen
der Fasern und der Ausbildung von Wasserstoffbrücken, welche für die Festigkeit des
Papiers verantwortlich sind, verbinden Nassfestmittel u.a. die Fasern an den Berührungs-
und Kreuzungspunkten. Wird das Papier nun feucht oder nass, wodurch die Wasserstoffbrückenbindungen
und hiermit auch die Festigkeit verloren geht, hält das Nassfestmittel einen Teil
der Festigkeit im nassen Zustand des Papiers. Bestimmt wird die Nassfestigkeit beispielsweise
über die Zugbelastung eines nassen Papierstreifens in einer Zugprüfmaschine, die mit
konstantem Vorschub bis zum Bruch des nassen Papierstreifens führt. Notwendig ist
der Einsatz von Nassfestmitteln in allen Einsatzbereichen, in denen Papier nass oder
sehr feucht wird, wie beispielsweise im Hygiene- oder Dekorpapierbereich. Im Dekorpapierbereich
ist die Nassfestigkeit für den Verfahrensschritt der Tränkharzimprägnierung, bei dem
die Papierbahn durch ein Flüssigkeitsbad geführt wird, eine Grundvoraussetzung. Viele
Nassverfestiger bzw. Nassfestmittel müssen im Papiergefüge auskondensieren und polymerisieren.
Dies findet nur zum Teil in der Trockenpartie einer Papiermaschine statt. Zur vollständigen
Ausbildung der Nassfestigkeit ist meist eine Nach- oder Ausreifezeit notwendig.
[0015] Unter grenzflächenaktiver Substanz im Sinne der vorliegenden Erfindung werden alle
Arten von Substanzen verstanden, welche die Oberflächen- bzw. die Grenzflächenspannung
zwischen zwei Phasen herabsetzen. Unter einer Grenzfläche versteht man die Fläche
zwischen zwei nicht mischbaren Phasen. Von einer Oberfläche dagegen spricht man, wenn
eine der Phasen ein Gas, wie beispielsweise Luft ist. Die Phasengrenzen können durch
Grenzflächen- oder Oberflächenspannung charakterisiert werden, die das Bestreben beschreibt,
die Grenzfläche zu verkleinern. Je nach ihrer chemischen Zusammensetzung und Anwendung
werden grenzflächenaktive Substanzen auch als Netzmittel, Detergenzien (Tenside, Seife)
oder Emulgatoren bezeichnet. Derartige Stoffe zeichnen sich durch ihre polare Struktur
dadurch aus, dass sie sich bevorzugt an Grenzflächen eines dispersen Systems anlagern.
Während "grenzflächenaktive Substanz" alle derartigen Stoffe bezeichnet, beschränkt
sich der Begriff "oberflächenaktive Substanz" auf Stoffe, die sich an die "Oberfläche"
einer Flüssigkeit an der Grenze zur Gasphase anlagern, also beispielsweise an der
Oberfläche von Wasser, was z.B. zur Bildung von Schaum führen kann.
[0016] Als Kapillarität wird gemäß der vorliegenden Erfindung ein Effekt, der in Folge der
Oberflächenspannung von Flüssigkeiten vorzugsweise in Hohlräumen auftritt, bezeichnet.
Grundsätzlich beruht der Effekt der Kapillarität auf den Molekülkräften, die innerhalb
eines Stoffes (Kohäsionskräfte) und an der Grenzfläche zwischen einer Flüssigkeit,
einem festen Körper (Gefäßwand) und einem Gas (z.B. Luft) auftreten (Adhäsionskräfte).
Auf der Kappilarität beruht u.a. die Saugwirkung von Schwämmen, Dochten, Putzlappen,
Stoffen und Papier. Je größer die innere Oberfläche (pro Volumen), desto größer ist
die Saugwirkung. Die Imprägniereigenschaften des Kernpapiers und die entsprechend
der vorliegenden Erfindung bezeichneten Kapillarität werden über Saugverhalten, Steighöhe,
Flüssigkeitsaufnahmevermögen, Benetzung, Randwinkel, Oberflächenspannung beeinflusst
bzw. charakterisiert.
[0017] Unter atro wird absolut trocken verstanden. Atro wird häufig auch als otro (ofentrocken)
bezeichnet. Diese Bezeichnung ist der Massstab für die Messung des Trockengehalts
von Papier und Zellstoff. Die Bestimmung erfolgt beispielsweise nach der Norm: BS
EN ISO 638 Papier, Pappe und Faserstoff - Bestimmung des Trockengehaltes - Wärmeschrankverfahren.
Herkömmlicherweise werden Dosiermengen von Additiven auf den trockenen Stoff berechnet.
[0018] In einer weiteren Ausführungsform des Kernpapiers ist der Anteil wiederaufbereiteten
Faserstoffgemisches größer 25%, des weiteren zwischen größer 40 und 100%, vorzugsweise
zwischen 50 und 95%, besonders bevorzugt zwischen 70 und 90%, vorzugsweise im Bereich
von 75%, besonders bevorzugt über 80%, ganz besonders bevorzugt über 95% und insbesondere
bis zu 100% und insbesondere ist der Faserstoff aus einer Gruppe ausgewählt, welche
beispielsweise Kraftzellstoff und/ oder Kraftliner insbesondere von Kaufhausabfällen
aus Wellpappen und Karton mit mindestens 70% Wellpappen und Resten von Festkarton
und/ oder Verpackungspapieren, gebrauchten Wellkartonschachteln, Schnitzeln aus ungebrauchter
Wellpappe mit Schichten aus Kraft- oder Testliner, gebrauchte Wellpappen mit Kraftliner
und/ oder Wellenstoff auf Zellstoff und/ oder Thermo-Chemical Pulp, gebrauchte Wellpappen
mit Schichten aus Test- oder Kraftliner und mindestens einer Schicht aus Kraftliner,
gebrauchten Säcken aus Kraftzellstoff nassreißfest oder nicht nassreißfest ausgerüstet,
ungebrauchten Säcken aus Kraftzellstoff nassreißfest oder nicht nassreißfest ausgerüstet,
gebrauchten Pappen und Papieren aus Kraftzellstoff naturfarbig und/ oder weiss, Schnitzeln
aus ungebrauchten Pappen und Papieren aus Kraftzellstoff ungefärbt, neuen Tragtaschen
aus Kraftzellstoff mit oder ohne nassreißfeste Papiere enthaltend, Hüllen aus Kraftpapier
mehrfach überzogen und/ oder beschichtet und/ oder gebraucht, Magazinpapieren, Zeitungen,
insbesondere Tageszeitungen, Kombinationen hiervon und dergleichen, aufweist.
[0019] Der Anteil an wiederaufbereitetem Faserstoff am Gesamtfaserstoff wird prozentual
angegeben. Bestandteile des Gesamtfaserstoffes können auch sogenannter Frischfaserstoff
sowie auch künstliche Faserstoffe beinhalten. Hierbei zeigen Frischfaserstoffe, die
mittels chemischer und / oder mechanischer Aufschlussverfahren gewonnen werden im
Gegensatz zu wiederaufbereiteten Faserstoffen meist höhere Festigkeiten, sind aber
auch teurer.
[0020] Entsprechend des verwendeten Aufschlussverfahrens kann grundsätzlich in ligninhaltige
und ligninfreie Faserstoffe unterschieden werden. Bei wiederaufbereiteten Faserstoffen
ist diese Unterscheidung aufgrund der Durchmischung von Altpapieren bzw. auch Altpapiersorten
oftmals nicht mehr gegeben. Bei den Festigkeitsparametern können statische und dynamische
Festigkeiten unterschieden werden. Unter einer statischen Festigkeit, versteht man
die Kraft, der ein Papier bei langsamer und gleichmäßiger Spannungsbelastung standhalten
kann. Zu den statischen Festigkeitsparametern zählt man beispielsweise Bruchkraft,
Reißlänge, Bruchdehnung, Dehnmodul. Unter einer dynamischen Festigkeit, versteht man
die Kraft, der ein Papier bei schneller und/ oder ungleichmäßiger Spannungsbelastung
standhalten kann. Zu den dynamischen Festigkeitsparametern zählt man beispielsweise
spezifischer Weiterreißwiderstand, Berstfestigkeit, Doppelfalzzahl (Knickfestigkeit).
Beispiele für allgemeine Papiereigenschaften sind die Papierglätte, Porosität, Rauhigkeit,
Luftdurchlässigkeit, Formation, Steifigkeit, Planlage und Opazität.
[0021] Mit den jeweiligen Anteilen an wiederaufbereitetem Faserstoff lassen sich insbesondere
auch die Eigenschaften des Kernpapiers beeinflussen. Besonders von Bedeutung sind
im Zusammenhang mit dem einführend genannten Trend der Reduktion von Flächengewichten
die erzielbaren Festigkeitsparameter und hinsichtlich des Imprägnierverfahrens das
Imprägnierverhalten des Kernpapiers. Entsprechend den geforderten Festigkeiten und
Eigenschaften des Endproduktes werden die jeweilig benötigten Anteile des Gesamtfaserstoffes
zusammengestellt. Für einen Gesamtfaserstoff bestehend aus 100% wiederaufbereiteten
Faserstoffgemisches sind optimierte Produktionsverfahren und spezielles technisches
Know How erforderlich. Wiederaufbereiteter Faserstoff kann auch als Altpapier bezeichnet
werden. Entsprechend Eigenschaften und Herkunft werden im CEN European Standard EN
643 die Altpapiersorten in verschiedenen Klassen aufgelistet. Für die vorliegende
Erfindung sind insbesondere Altpapiersorten aus der Klasse II von Bedeutung.
[0022] In einer weiteren Ausführungsform des Kernpapiers wird der Nassfestiger als erstes
Additiv aus einer Gruppe ausgewählt wird, welche insbesondere Verbindungen von Epichlorhydrinharzen,
Harnstoff-, Melamin-Formaldehydharzen, Phenolharzen, Acrylharzdispersionen, Kunstharzdispersionen
auf Basis von Acrylsäureester und/ oder Styrol-Butadien, Polyurethan-, Polyolefindispersionen,
Polyamidoaminharzen, Polyamidamin-EpichlorhydrinHarzen, Kombinationen hiervon und
dergleichen sind. Die Funktionsweise dieser aufgelisteten Nassverfestiger-Gruppen
in Bezug auf die Verbindung der Fasern an den Berührungs- und Kreuzungspunkten im
Fasernetzwerk wurde zuvor beschrieben.
[0023] In einer weiteren Ausführungsform des Kernpapiers wird die grenzflächenaktive Substanz
als zweites Additiv aus einer Gruppe ausgewählt, welche Verbindungen aufweist, die
sich insbesondere an Grenzflächen stark anreichern. Gemäß ihrer funktionellen chemischen
Gruppen werden die Additive in bifunktionelle, anionische, nichtionogene und kationische
Verbindungen unterschieden. Das charakteristische Merkmal aller grenzflächenaktive
Substanzen ist ihre polare Struktur, meist bedingt durch mindestens einen lipophilen
Kohlenwasserstoff-Rest und mindestens einer hydrophilen funktionalen Gruppe, wodurch
sie sich bevorzugt an Grenzflächen eines dispersen Systems anlagern.
[0024] Beispiele grenzflächenaktiver Substanzen, wie Tensiden sind: amphiphile (bifunktionelle)
Verbindungen mit mindestens einem hydrophoben und einem hydrophilen Molekülteil, wobei
eine Kohlenwasserstoffkette acht bis zweiundzwanzig Kohlenstoff-Atome aufweist, (Dimethyl-)Siloxan-Ketten,
perfluorierte Kohlenwasserstoffketten.
[0025] Beispiele anionischer Tenside sind insbesondere Seifen, lineare Alkylbenzolsulfonate,
Alkansulfonate, Alkylsulfate, Alkylethersulfate, Fettalkylpolyethylenglykolethersulfate,
Fettalkylsulfate.
[0026] Beispiele nichtionogener Tenside sind insbesondere Fettalkylpolyethylenglykolether,
Fettalkoholethoxylate, Fettsäurekondensate, Ethylenoxid/Propylenoxid-Copolymere (EO/PO),
Alkylphenolethoxylate, Sorbitanfettsäureester, Sorbitanmono-(di, tri)laurat, -oleat,
-palmitat, -stearat, Polysorbate, Sorbitansesquioleate, Alkylpolyglucoside, N-Methylglucamide,
Alkylphenolpolyethylenglykolether, Fettalkohole, Oxo-Alkohole, Ziegler-Alkohole, Alkylphenole
und Ethylenoxid.
[0027] Beispiele kationischer Tenside sind insbesondere quartäre Ammonium-Verbindungen mit
hydrophoben Gruppen, Salze langkettiger primärer Amine.
[0028] Beispiele amphoterer Tenside sind insbesondere Betaine, Aminosäure-Tenside, N-(Acylamidoalkyl)betaine,
Propylenoxid.
[0029] Weitere Beispiele grenzflächenaktiver Substanzen sind Polyelektrolyte, Emulgatoren,
Netz- und Dispergiermittel, Feuchtmittel und Polysaccharide insbesondere Sorbitol.
[0030] In einer weiteren Ausführungsform des Kernpapiers kann die Stoffsuspension weitere
Additive enthalten, die als sogenannte chemische Hilfsmittel oder Zusatzstoffe im
Papierherstellungsprozess zur Erzielung bestimmter Eigenschaften, Effekte und Prozessbedingungen
kontrolliert zudosiert werden oder aber auch bereits in abgewandelter Form im wiederaufbereiteten
Faserstoff bzw. Altpapier enthalten sind. Dies können insbesondere Retentionsmittel,
Entwässerungshilfsmittel, Retentionsmittel-Dual-Systeme oder Mikropartikelsysteme,
Nass- und Trockenverfestiger, Füllstoffe und oder Pigmente, insbesondere aus einer
Gruppe von Talkum, Titandioxid, Aluminiumhydroxid, Bentonit, Bariumsulfat, Calciumcarbonat,
Kaolin, Gips ausgewählt, Bindemittelkomponenten, Streichfarbenkomponenten, Entschäumer,
Entlüfter, Biozide, Enzyme, Bleichhilfsmittel, optische Aufheller, Farbstoffe, Nuancierfarbstoffen,
Störstofffänger, Fällungsmittel (Fixiermittel), Benetzungsmittel, pH-Regulatoren Kombinationen
hiervon und dergleichen sein. Neben den gewünschten Funktionen der Additive können
sich durch Wechselwirkungen aber auch unerwünschte Effekte ergeben, wodurch die Additive
dann als sog. "Störstoffe" die Verfahrensprozesse negativ beeinflussen.
[0031] In einer weiteren Ausführungsform des Kernpapiers wird die grenzflächenaktive Wirksubstanz
insbesondere in einem Gewichtsanteil 0,5% bis 1%, vorzugsweise von 1%, bezogen auf
atro Stoff, zugesetzt. Der hier aufgezeigte Dosierbereich der grenzflächenaktiven
Wirksubstanz wurde aus Versuchsreihen ermittelt und stellt einen optimierten Wirkungsbereich
zur Erzielung der optimalen Papiereigenschaften, insbesondere zur Erhöhung der Kapillarität,
dar.
[0032] Kernpapier kann wie folgt hergestellt werden: In einem sogenannten Stoffaufbereitungsprozess
wird eine wässrige Faserstoffsuspension bereitgestellt. Die Faserstoffsuspension hat
vorzugsweise eine Sortierung durchlaufen die insbesondere eine 2-stufige Drucksortierung
und einen 3-stufigen Cleaneranlagenprozess beinhaltet, wobei die Drucksortierung vorzugsweise
Schlitzsortierer verwendet werden, welche insbesondere Schlitzweiten zwischen 0,2
bis 0,3 mm und vorzugsweise 0,25 mm aufweisen. Weitere Prozessschritte können Dispergierstufen
und/ oder Entaschungsprozesse sein. Neben weiteren chemischen Hilfsmitteln bzw. Additiven,
welche den Papierproduktionsprozess als auch die Papiereigenschaften beeinflussen,
wird in diese Faserstoffsuspension ein Nassfestmittel und eine grenzflächenaktive
Substanz, ein sog. Tensid dosiert. Die wässrige Faserstoffsuspension wird nach der
Zugabe aller Rohstoffe/ Additive und kurz vor der Papiermaschine auch als sog. Fertigstoff
bezeichnet. Mit den Papiermaschinenprozessschritten Entwässerung/ Blattbildung, Pressung,
Trocknung, ggf. Glättung und Aufrollung ist das Basis-Kernpapier hergestellt. Nach
der eventuell nötigen Nachreifezeit, in der die endgültige Nassfestigkeit erreicht
wird, ist das Kernpapier bereit für den Verfahrensschritt der Imprägnierung. Beim
Verfahren der Tränkharzimprägnierung wird beispielsweise die Kernpapierbahn durch
ein Tauchbad geführt und mit einem Harz imprägniert.
[0033] In einer weiteren bevorzugten Ausführungsform werden durch die Passivierung von Karbonaten,
welche u.a. durch den Einsatz von Altpapier in das Kernpapier eingetragen werden,
diese geschützt, damit bei pH-Wert Verschiebungen möglichst ein Freisetzen von CO
2 verhindert wird. So können beispielsweise Carbonatanteile durch den Zusatz geringer
Mengen Phosphorsäure passiviert werden. Darüber hinaus können dem Faserstoff auch
geeignete Puffersysteme zugesetzt werden, um eine pH-Wert Verschiebung zu vermeiden.
[0034] Schließlich umfasst ein weiterer Aspekt der Erfindung die Zugabe von Hydrophobierungsmittel,
um hierdurch insbesondere das Penetrationsverhalten des Kernpapiers gezielt durch
die Zugabe zweier gegensätzlich wirkenden Hilfsmitteln, d.h. insbesondere zwischen
Tenside und Hydrophobierungsmittel beeinflussen und einstellen zu können.
[0035] So führt die Zugabe eines Hydrophobierungsmittels zur Reduktion der Benetzungsgeschwindigkeit
und kann insbesondere das ggf. durch Zugabe des Tensides verursachte schlagartige
Benetzungsverhalten dämpfen.
[0036] Die Aufgabe der vorliegenden Erfindung wird ferner auch durch ein Verfahren zur Herstellung
eines Kernpapiers gemäß Anspruch 1 gelöst. Detailliert weist das Verfahren die folgenden
Schritte auf:

Bereitstellen einer Stoffsuspension mit wenigstens einem Anteil eines wiederaufbereiteten
Faserstoffgemisches und einem Nassverfestiger als erstes Additiv, vorzugsweise aus
einem Stoffaufbereitungsprozess. Dieser Verfahrensschritt beschreibt eine Grundvoraussetzung
für den (Dekor-/ Kern-) Papierproduktionsprozess. Vorzugsweise wird das erste Additiv
im Stoffaufbereitungsprozess zugegeben, dies kann jedoch auch wenigstens teilweise
im konstanten Teil erfolgen.

Zugabe einer grenzflächenaktiven Wirksubstanz als zweites Additiv in die Fertigstoffsuspension
im konstanten Teil eines Papierproduktionsprozesses. Mit Zugabe der grenzflächenaktiven
Wirksubstanz wird das erfindungsgemäße Verfahren charakterisiert. Wichtig für diesen
Verfahrensschritt ist eine optimale Homogenisierung der grenzflächenaktiven Wirksubstanz
in der Fertigstoffsuspension, wobei ein zusätzlicher Eintrag von Luft in das System,
der sich üblicherweise in Blasen- oder Schaumbildung bemerkbar macht, zu vermeiden
ist.

Herstellung eines Kernpapiers aus der genannten Stoffsuspension auf einer Papiermaschine,
insbesondere auf einem Langsieb, insbesondere mit Siebschüttelung, sowie mit oder
ohne Egoutteur eventuell auch mit aufgesetztem Hybridformer und Bahnführung durch
ein Glättwerk. Dieser Verfahrensschritt zeigt einige Rahmenbedingungen der Produktion
auf.
Ferner kann das zuvor beschriebene erfindungsgemäße Verfahren auch folgenden zusätzlichen
Schritt beinhalten.

Imprägnierung des Kernpapiers mit einem Kunstharz, wobei eine Imprägnierung insbesondere
eine Beharzung, eine Durchtränkung und/ oder eine Tränkharzimprägnierung zur Herstellung
eines Teilchen- insbesondere Faserverbundwerkstoffes ist. Bei Teilchen- und Faserverbundwerkstoffen
sind Teilchen bzw. Fasern in eine andere Komponente des Verbundwerkstoffes, der sogenannten
Matrix eingebettet.
Ferner kann das zuvor beschriebene erfindungsgemäße Verfahren auch folgenden zusätzlichen
Schritt beinhalten.

Bildung eines Stapels aus Kernpapier unter Verwendung von Druck und Temperatur zur
Herstellung eines Schichtverbundwerkstoffes. Mit diesem Verfahrensschritt wird neben
der reinen Herstellung des Kernpapiers auch die Verwendung des Kernpapiers zur Herstellung
eines Schichtverbundwerkstoffes beansprucht.
[0037] Das mit dem erfindungsgemäßen Verfahren hergestellte Kernpapier kann als Materialkomponente
in Verbundwerkstoffen, insbesondere von Schichtverbundwerkstoffen, insbesondere Kompaktplatten
(teilweise mit bis zu 10mm Stärke), Faserverbundwerkstoffen, Teilchenverbundwerkstoffen
und Durchdringungsverbundwerkstoffen. Hiermit ist die Verwendung des Kernpapiers für
alle Geometrien des Verbundes abgedeckt.
[0038] Das mit dem erfindungsgemäßen Verfahren hergestellte Kernpapier kann als Trägermaterial
für bahnförmige Schichtgefüge insbesondere von Overlays, Dekorpapieren, Folien und
Vliesmaterialien und/ oder als Deckschicht insbesondere als Overlay und Vorimprägnatpapier
und/ oder als Trägermaterial auf Trägerplatten insbesondere von Holzwerkstoffplatten,
wie beispielsweise Spanplatten, Oriented Strandboard(OSB)-Platten, Faserplatten hoher
oder mittlerer Dichte, Sperrholzplatten, mineralisch gebundene Holzwerkstoffe auf
Kunststoffbasis, Massivholzplatten, Arbeitsplatten, Fußbodenbelägen und vorzugsweise
zur Herstellung von Faserverbundwerkstoffen, wie beispielsweise von Naturfaserverstärkten
Kunststoffen, Holz-Kunststoff-Komposite und Faser-Keramik-Verbunden; und/ oder als
Gegenzug insbesondere als Regeneratpapier zur Beschichtung von Rückseiten wie insbesondere
bei Laminaten, oberflächenbeschichteten Platten, wie Holzwerkstoffplatten, Paneelen,
Kombinationen hiervon und dergleichen. Mit den aufgezählten Produktbeispielen deckt
das Kernpapier die Verwendung als Trägermaterial für alle denkbaren Schichtgefüge
ab.
[0039] Der Hauptvorteil des Kernpapiers ist, dass wenigstens ein Teil wiederaufbereiteten
Faserstoffs eingesetzt wird, was Einsparungen in den Rohstoffkosten ermöglicht, die
Recyclingquoten erhöht und die nachhaltige Verwendung nachwachsender Rohstoffe fördert.
[0040] Weitere Vorteile des Kernpapiers gegenüber dem Stand der Technik können u.a. sein,
dass trotz des Einsatzes wenigstens eines Teils von wiederaufbereiteten Faserstoffs
die anspruchsvollen Bedingungen an die geforderten Festigkeiten, Imprägnier- und Papiereigenschaften
erfüllt und / oder ggf. sogar übertroffen werden.
[0041] Das erfindungsgemäße Verfahren wird nachfolgend anhand bevorzugter Ausführungsbeispiele
erläutert, wobei darauf hingewiesen wird, dass durch diese Beispiele Abwandlungen
beziehungsweise Ergänzungen wie sie sich für den Fachmann unmittelbar ergeben mit
umfasst sind. Darüber hinaus stellen diese bevorzugten Ausführungsbeispiele keine
Beschränkungen der Erfindung in der Art dar, dass Abwandlungen und Ergänzungen im
Umfang der vorliegenden Erfindung liegen.
[0042] Im Stand der Technik wird für die Herstellung von Kernpapier im Flächengewichtsbereich
von 40 bis 400 g/m
2, vorzugsweise im Bereich zwischen 140 bis 300 g/m
2, besonders bevorzugt zwischen 150 bis 250 g/m
2, ganz besonders bevorzugt über 150 g/m
2, herkömmlicher weise Kraftliner-Frischfaserstoff, insbesondere auch Kraftzellstoff
eingesetzt. Idealer weise kommt der Frischfaser-Zellstoff aus einer vorgeschalteten
Zellstoffproduktion, so dass keine Trocknungsschritte des Faserstoffs zwischengeschaltet
sind, wodurch insbesondere keine Verhornung des Faserstoffs stattfindet. Die Verhornung
des Faserstoffs hat Einfluss auf die Oberflächeneigenschaften der Fasern und kann
sich negativ auf Festigkeitseigenschaften und die Kapillarität bzw. Saugfähigkeit
des fertigen Kernpapiers auswirken. Weitere Unterschiede hinsichtlich der Kapillarität
sind zwischen ligninhaltigen und ligninfreien Faserstoffen festzustellen. Ligninhaltige
Faserstoffe zeigen im Unterschied zu ligninfreien Faserstoffen aufgrund der wasserabweisenden,
hydrophoben Oberflächeneigenschaften der ligninhaltigen Faserstoffe eine verminderte
Saugfähigkeit.
[0043] Im Gegensatz hierzu erfolgt die Herstellung des Kernpapiers aus bis zu 100% wiederaufbereitetem
Faserstoff. Als wiederaufbereiteter Faserstoff wurden gemäß einem bevorzugten Ausführungsbeispiels
vorwiegend Altpapiersorten aus ungebleichten, nativen Zellstoffen verwendet. Die Blattbildung
des Kernpapiers mit einem Flächengewicht zwischen 40 bis 400 g/m
2 an der Papiermaschine erfolgte beispielsweise einlagig auf einem Langsieb mit aufgesetzter
Obersiebentwässerung, insbesondere einem Hybridformer und / oder nachgeschaltetem
Egoutteur.
[0044] Qualitätskriterium der Versuchsreihen für die Verfahrensschritte in der Produktion
war die positive Beeinflussung der Kapillarität des Kernpapiers.
[0045] Mit der Dosierung einer grenzflächenaktiven Wirksubstanz konnte bei dem Kernpapier
eine wenigstens vergleichbare Kapillarität erreicht werden, was u.a. auch aus einer
vergleichbaren Saughöhe ersichtlich ist. Gleichzeitig konnte die Nassfestigkeit verbessert
werden, was eine Steigerung der Bruchkraft längs (nass) im Bereich von 20 % gegenüber
dem Stand der Technik zeigt. Die Verbesserung der Imprägnierbarkeit ist auf eine verbesserte
Nassfestigkeit des Kernpapiers zurückzuführen. Eine Gegenüberstellung wird im Folgenden
unter Bezug auf Tabellenwerte näher beschrieben.
[0046] Tabelle 1 ist eine Gegenüberstellung der Vergleichsparameter des Kernpapiers. Die
Papierparameter Saughöhe, Bruchkraft längs (trocken), Bruchkraft längs (nass) und
Luftdurchlässigkeit werden beim Stand der Technik (100% Frischfaser/ 0% Altpapier),
bei 100% Altpapier und bei dem Kernpapier einander gegenüber gestellt. Bei dem Kernpapier
sind Saughöhe und Luftdurchlässigkeit auf dem Niveau des Stand der Technik, die Bruchkraft
längs (trocken) ist um die Hälfte reduziert und die Bruchkraft längs (nass) ist gegenüber
dem Stand der Technik um 20% verbessert.
Tabelle 1: Gegenüberstellung der Vergleichsparameter des Kernpapiers.
| Parameter: |
Papiersorte (Stoffzusammensetzung) |
| |
Stand der Technik (100% Frischfaser/ 0% Altpapier |
100% Altpapier |
Kernpapier |
| Saughöhe |
100% |
40% |
100% |
| Bruchkraft längs trocken |
100% |
70% |
50% |
| Bruchkraft längs nass |
100% |
50% |
120% |
| Luftdurchlässigkeit |
100% |
20% |
100% |