(19)
(11) EP 2 592 850 A1

(12) EUROPÄISCHE PATENTANMELDUNG

(43) Veröffentlichungstag:
15.05.2013  Patentblatt  2013/20

(21) Anmeldenummer: 12190342.1

(22) Anmeldetag:  29.10.2012
(51) Internationale Patentklassifikation (IPC): 
H04R 25/00(2006.01)
(84) Benannte Vertragsstaaten:
AL AT BE BG CH CY CZ DE DK EE ES FI FR GB GR HR HU IE IS IT LI LT LU LV MC MK MT NL NO PL PT RO RS SE SI SK SM TR
Benannte Erstreckungsstaaten:
BA ME

(30) Priorität: 08.11.2011 DE 102011085936

(71) Anmelder: Siemens Medical Instruments Pte. Ltd.
Singapore 139959 (SG)

(72) Erfinder:
  • Aubreville, Marc
    90478 Nürnberg (DE)
  • Fischer, Eghart
    91126 Schwabach (DE)

(74) Vertreter: Maier, Daniel Oliver 
Siemens AG Postfach 22 16 34
80506 München
80506 München (DE)

   


(54) Automatisches Aktivieren und Deaktivieren eines binauralen Hörsystems


(57) Beim Betreiben eines binauralen Hörsystems, das eine linke Hörvorrichtung (10) und eine rechte Hörvorrichtung (11) aufweist, soll Energie eingespart werden. Daher wird ein Verfahren mit folgenden Schritten bereitgestellt: Bereitstellen eines linken internen Eingangssignals (1s) in der linken Hörvorrichtung (10), Bereitstellen eines rechten internen Eingangssignals (rs) in der rechten Hörvorrichtung (11), Einschalten eines Sendebetriebs der linken Hörvorrichtung und/oder der rechten Hörvorrichtung und Ausschalten des Sendebetriebs. Dabei erfolgt das Einschalten des Sendebetriebs in einer der Hörvorrichtungen automatisch in Abhängigkeit von dem jeweils internen Eingangssignal (1s, rs), und das Ausschalten des Sendebetriebs in einer der Hörvorrichtungen (10, 11) automatisch in Abhängigkeit von dem jeweils internen Eingangssignal (1s, rs) und einem von der jeweils anderen Hörvorrichtung empfangenen Kommunikationssignal.




Beschreibung


[0001] Die vorliegende Erfindung betrifft ein Verfahren zum Betreiben eines binauralen Hörsystems, das eine linke Hörvorrichtung und eine rechte Hörvorrichtung aufweist, durch Bereitstellen eines linken internen Eingangssignals in der linken Hörvorrichtung, Bereitstellen eines rechten internen Eingangssignals in der rechten Hörvorrichtung, Einschalten eines Sendebetriebs der linken Hörvorrichtung und/oder der rechten Hörvorrichtung und Ausschalten des Sendebetriebs. Darüber hinaus betrifft die vorliegende Erfindung ein entsprechendes binaurales Hörsystem mit zwei Hörvorrichtungen. Unter einer Hörvorrichtung wird hier jedes im oder am Ohr tragbare, einen Hörreiz verursachende Gerät, insbesondere ein Hörgerät, ein Headset, Kopfhörer und dergleichen, verstanden.

[0002] Hörgeräte sind tragbare Hörvorrichtungen, die zur Versorgung von Schwerhörenden dienen. Um den zahlreichen individuellen Bedürfnissen entgegenzukommen, werden unterschiedliche Bauformen von Hörgeräten wie Hinter-dem-Ohr-Hörgeräte (HdO), Hörgerät mit externem Hörer (RIC: receiver in the canal) und In-dem-Ohr-Hörgeräte (IdO), z.B. auch Concha-Hörgeräte oder Kanal-Hörgeräte (ITE, CIC), bereitgestellt. Die beispielhaft aufgeführten Hörgeräte werden am Außenohr oder im Gehörgang getragen. Darüber hinaus stehen auf dem Markt aber auch Knochenleitungshörhilfen, implantierbare oder vibrotaktile Hörhilfen zur Verfügung. Dabei erfolgt die Stimulation des geschädigten Gehörs entweder mechanisch oder elektrisch.

[0003] Hörgeräte besitzen prinzipiell als wesentliche Komponenten einen Eingangswandler, einen Verstärker und einen Ausgangswandler. Der Eingangswandler ist in der Regel ein Schallempfänger, z. B. ein Mikrofon, und/oder ein elektromagnetischer Empfänger, z. B. eine Induktionsspule. Der Ausgangswandler ist meist als elektroakustischer Wandler, z. B. Miniaturlautsprecher, oder als elektromechanischer Wandler, z. B. Knochenleitungshörer, realisiert. Der Verstärker ist üblicherweise in eine Signalverarbeitungseinheit integriert. Dieser prinzipielle Aufbau ist in FIG 1 am Beispiel eines Hinter-dem-Ohr-Hörgeräts dargestellt. In ein Hörgerätegehäuse 1 zum Tragen hinter dem Ohr sind ein oder mehrere Mikrofone 2 zur Aufnahme des Schalls aus der Umgebung eingebaut. Eine Signalverarbeitungseinheit 3, die ebenfalls in das Hörgerätegehäuse 1 integriert ist, verarbeitet die Mikrofonsignale und verstärkt sie. Das Ausgangssignal der Signalverarbeitungseinheit 3 wird an einen Lautsprecher bzw. Hörer 4 übertragen, der ein akustisches Signal ausgibt. Der Schall wird gegebenenfalls über einen Schallschlauch, der mit einer Otoplastik im Gehörgang fixiert ist, zum Trommelfell des Geräteträgers übertragen. Die Energieversorgung des Hörgeräts und insbesondere die der Signalverarbeitungseinheit 3 erfolgt durch eine ebenfalls ins Hörgerätegehäuse 1 integrierte Batterie 5.

[0004] Hochentwickelte, binaurale Signalverarbeitungsalgorithmen in Hörgeräten, wie beispielsweise binaurale Strahlformung oder binaurale, räumliche Geräuschunterdrückung, benötigen eine kontinuierliche Datenverbindung zum jeweils anderen Hörgerät des binauralen Hörsystems. Das Problem einer ständig in Betrieb befindlichen Datenverbindung ist jedoch, dass die dabei stattfindende Audiosignalübertragung eine Menge Energie benötigt, was wiederum die Lebensdauer einer Batterie vermindert.

[0005] Bei derzeitig bekannten binauralen Hörsystemen wird die binaurale Übertragung üblicherweise manuell aktiviert. Dies erfolgt beispielsweise dadurch, dass in einer bestimmten Situation ein geeignetes Hörprogramm manuell gewählt wird.

[0006] Die Aufgabe der vorliegenden Erfindung besteht somit darin, den Energiebedarf eines binauralen Hörsystems zu reduzieren.

[0007] Erfindungsgemäß wird diese Aufgabe gelöst durch ein Verfahren zum Betreiben eines binauralen Hörsystems, das eine linke Hörvorrichtung und eine rechte Hörvorrichtung aufweist, durch
  • Bereitstellen eines linken internen Eingangssignals in der linken Hörvorrichtung,
  • Bereitstellen eines rechten internen Eingangssignals in der rechten Hörvorrichtung,
  • Einschalten eines Sendebetriebs der linken Hörvorrichtung und/oder der rechten Hörvorrichtung und
  • Ausschalten des Sendebetriebs, wobei
  • das Einschalten des Sendebetriebs in einer der Hörvorrichtungen automatisch in Abhängigkeit von dem jeweils internen Eingangssignal erfolgt und
  • das Ausschalten des Sendebetriebs in einer der Hörvorrichtungen automatisch in Abhängigkeit von dem jeweils internen Eingangssignal und einem von der jeweils anderen Hörvorrichtung empfangenen Kommunikationssignal erfolgt.


[0008] Darüber hinaus wird erfindungsgemäß bereitgestellt ein binaurales Hörsystem, das eine linke Hörvorrichtung und eine rechte Hörvorrichtung aufweist, wobei
  • ein linkes internes Eingangssignal in der linken Hörvorrichtung bereitstellbar ist,
  • ein rechtes internes Eingangssignal in der rechten Hörvorrichtung bereitstellbar ist,
  • ein Sendebetrieb der linken Hörvorrichtung und/oder der rechten Hörvorrichtung einschaltbar ist und
  • der Sendebetrieb ausschaltbar ist, wobei
  • der Sendebetrieb in einer der Hörvorrichtungen automatisch in Abhängigkeit von dem jeweils internen Eingangssignal einschaltbar ist, und
  • der Sendebetrieb in einer der Hörvorrichtungen automatisch in Abhängigkeit von dem jeweils internen Eingangssignal und einem von der jeweils anderen Hörvorrichtung empfangenen Kommunikationssignal ausschaltbar ist.


[0009] In vorteilhafter Weise wird also der Sendebetrieb einer der Hörvorrichtungen des binauralen Hörsystems automatisch eingeschaltet, wenn dies die aktuelle Hörsituation erfordert. Dazu wird das interne Eingangssignal durch die jeweilige Hörvorrichtung analysiert. Somit kann das Einschalten des Sendebetriebs sehr bedarfsgerecht gesteuert werden. Darüber hinaus wird der Sendebetrieb automatisch ausgeschaltet, wenn die aktuelle Hörsituation dies zulässt. Hierzu wird nicht nur das interne Eingangssignal durch die Hörvorrichtung, sondern auch ein von der anderen Hörvorrichtung empfangenes Kommunikationssignal ausgewertet. Für das Ausschalten des Sendebetriebs können in jeder Hörvorrichtung also binaurale Daten ausgewertet werden. Letztlich lässt sich durch das automatische Ein- und Ausschalten der Kommunikation zwischen beiden Hörvorrichtungen Energie einsparen, denn die Kommunikation wird nur solange aufrechterhalten, wie sie in der aktuellen Hörsituation notwendig ist.

[0010] Vorzugsweise wird eine Entscheidung einer der Hörvorrichtungen bezüglich eines Einschaltens der jeweils anderen Hörvorrichtung mitgeteilt, so dass die andere Hörvorrichtung den Sendebetrieb in Abhängigkeit von der empfangenen Entscheidung einschaltet. Auf diese Weise kann erreicht werden, dass die beiden Hörvorrichtungen möglichst zeitgleich den Sendebetrieb aufnehmen. Wenn es für eine spezielle Verarbeitung jedoch genügt, dass nur eine der Hörvorrichtungen die binauralen Daten zur Verfügung hat, muss die Einschaltentscheidung nicht übertragen werden.

[0011] Günstigerweise besitzt die empfangene Entscheidung für das Einschalten der anderen Hörvorrichtung eine höhere Priorität als das interne Eingangssignal der Hörvorrichtung. Liegen also sowohl die empfangene Einschaltentscheidung als auch ein Analyseergebnis des internen Eingangssignals vor, so wird der Sendebetrieb der Hörvorrichtung eingeschaltet und zwar unabhängig von dem Analyseergebnis des internen Eingangssignals. Die binaurale Verarbeitung hat somit Vorrang.

[0012] In einer Weiterbildung des erfindungsgemäßen Verfahrens wird für das Einschalten des Sendebetriebs das jeweils interne Eingangssignal von der jeweiligen Hörvorrichtung hinsichtlich eines Hintergrundgeräuschs analysiert, und, wenn das Hintergrundgeräusch einen kontinuierlichen Pegel über einem vorgegeben Schwellwert besitzt, der Sendebetrieb eingeschaltet. Hierdurch wird es möglich, dass beispielsweise ein binaurales Richtmikrofon aktiviert wird, wenn das Hintergrundgeräusch einen bestimmten Pegel besitzt.

[0013] Entsprechend einer anderen Weiterbildung werden für das Ausschalten des Sendebetriebs Signalanteile eines binauralen Richtmikrofonsignals in einem Winkelbereich jeweils um + 45° und - 45° bezogen auf eine vorgegebene Frontalrichtung, aber nicht Signalanteile um die vorgegebene Frontalrichtung herangezogen. Werden beispielsweise Störsignale von den frontalen Seitenbereichen (etwa + 45° und - 45°) empfangen, so ist es günstig, den Sendebetrieb nicht auszuschalten und das binaurale Richtmikrofon entsprechend zu aktivieren. Dabei ist man nicht auf + 45° und - 45° festgelegt. Vielmehr können für diese Funktion auch Winkel von beispielsweise + 30° und -30° oder + 60° und - 60° verwendet werden. Wesentlich ist nur, dass die Signalanteile aus der Frontalrichtung gegenüber Signalen aus benachbarten Richtungen für die Ausschaltentscheidung deutlich gedämpft sind. Für die Ausschaltentscheidung wird somit ein so genanntes "binaurale Acht"-Signal ausgewertet.

[0014] Darüber hinaus können für das Einschalten des Sendebetriebs in einer der Hörvorrichtungen die Wahrscheinlichkeiten berechnet werden, mit denen ein Sprachschall bezogen auf eine vorgegebene Frontalrichtung von einer Seite und von vorne oder hinten eintrifft, wobei, wenn die Wahrscheinlichkeit für ein Eintreffen von der Seite höher als die Wahrscheinlichkeit für ein Eintreffen von vorne oder hinten ist, der Sendebetrieb eingeschaltet wird. Hierdurch ist es möglich, dass ein so genannter "Seitwärtsblick" des Hörsystems aktiviert wird, wenn von der Seite eintreffende Sprache detektiert wird. Derartige Situationen kommen beispielsweise häufig in Fahrzeugen vor, wenn der Blick nicht zur sprechenden Person hingewandt werden kann.

[0015] Vorteilhaft ist darüber hinaus, wenn der Sendebetrieb nicht eingeschaltet wird bzw. wenn er ausgeschaltet wird, wenn die Eingangssignale beider Hörvorrichtungen einen vorgegebenen Pegel unterschreiten. Wenn die Eingangssignale nämlich sehr gering sind, deutet dies auf eine ruhige Umgebungssituation hin, sodass auf Richtmikrofonie verzichtet werden kann. In einer ruhigen Situation ist es eher vorteilhaft, den Omnidirektionalbetrieb zu wählen, wodurch auf die binaurale Signalübertragung verzichtet werden kann, so dass letztlich wieder Energie eingespart werden kann.

[0016] Parallel zu dem Einschalten des Sendebetriebs kann auch eine binaurale Verarbeitung, nämlich ein binaurales Richtmikrofon, eine binaurale Windgeräuschunterdrückung und/oder eine binaurale Rückkopplungsunterdrückung aktiviert werden. Somit werden zeitgleich mit dem Bereitstellen der binauralen Daten auch die entsprechenden binauralen Algorithmen aktiviert.

[0017] Der Sendebetrieb kann jedoch abgeschaltet werden, wenn eine Wirkungsstärke der binauralen Verarbeitung ein vorgegebenes Maß unterschreitet. Ist die Wirkungsstärke der binauralen Verarbeitung, die durch einen Vergleich von Eingangssignal und Ausgangssignal gemessen werden kann, zu gering, so ist es wiederum günstig, auf die binaurale Verarbeitung und eben auch auf die binaurale Signalübertragung zu verzichten, was schließlich wieder energetische Vorteile mit sich bringt.

[0018] Die vorliegende Erfindung wird anhand der beigefügten Zeichnungen näher erläutert, in denen zeigen:
FIG 1
den prinzipiellen Aufbau eines Hörgeräts gemäß dem Stand der Technik und
FIG 2
ein prinzipielles Blockschaltdiagramm eines binauralen Hörsystems mit automatischer Aktivierung und Deaktivierung der binauralen Kommunikation.


[0019] Die nachfolgend näher geschilderten Ausführungsbeispiele stellen bevorzugte Ausführungsformen der vorliegenden Erfindung dar.

[0020] Ein Hörsystem weist beispielsweise zwei Hörgeräte auf: ein linkes Hörgerät (linke Hörvorrichtung) und ein rechtes Hörgerät (rechte Hörvorrichtung). Das linke Hörgerät wird am linken Ohr und das rechte Hörgerät am rechten Ohr getragen. Somit kann eine binaurale Versorgung gewährleistet werden. In FIG 2 ist ein derartiges binaurales Hörsystem schematisch dargestellt. Das Hörsystem umfasst ein linkes Hörgerät 18 und ein rechtes Hörgerät 11. Beide Hörgeräte 10, 11 sind durch eine Systemgrenze 12 voneinander getrennt. Über diese Systemgrenze 12 ist eine drahtlose Audiodatenverbindung 13 gegeben. Es kann sich dabei auch um eine kabelgebundene Verbindung handeln. In FIG 2 ist diese Daten- bzw. Kommunikationsverbindung 13 symbolisiert durch konkrete Leitungen 14, 15 dargestellt.

[0021] Stellvertretend für die einzelnen Hörgeräte 10, 11 sind in FIG 2 lediglich Leitungen und Entscheidungsblöcke eingetragen. Der Übersicht halber sind andere übliche Komponenten eines Hörgeräts in FIG 2 nicht dargestellt.

[0022] Das linke Hörgerät 10 besitzt eine Entscheidungseinheit 16, mit der eine Entscheidung über das Einschalten des Sendebetriebs des linken Hörgeräts 10 getroffen wird. Darüber hinaus besitzt das linke Hörgerät 10 eine Entscheidungseinheit 17, die über das Ausschalten eines Sende- bzw. Übertragungsbetriebs des linken Hörgeräts 10 entscheidet.

[0023] Eingangssignal der Entscheidungseinheit 16 für das Einschalten des Sendebetriebs ist ein linkes Signal ls, das ein internes Eingangssignal der linken Hörvorrichtung bzw. des linken Hörgeräts 10 darstellt. Beispielsweise handelt es sich bei dem linken Signal ls um ein Mikrofonsignal von einem Mikrofon des linken Hörgeräts 10. Die Entscheidungseinheit 16 analysiert das interne Eingangssignal ls und gibt ein entsprechendes Ausgangssignal atl zur Aktivierung des Sendebetriebs bzw. der Übertragung aus. Mit diesem Ausgangssignal atl lässt sich symbolisch ein Schalter 18 ansteuern, mit dem das Senden bzw. Übertragen aktiviert und deaktiviert werden kann. In dem in FIG 2 dargestellten Beispiel ist der Sendebetrieb aktiviert (Schalter 18 ist eingeschaltet), so dass das interne Eingangssignal ls des linken Hörgeräts 10 als Kommunikationssignal über die (virtuelle) Leitung 15 an das rechte Hörgerät 11 drahtlos oder drahtgebunden übertragen werden kann.

[0024] In gleicher Weise besitzt das rechte Hörgerät 11 eine Entscheidungseinheit 19, zum Entscheiden, ob der Sendebetrieb des rechten Hörgeräts 11 aufgenommen werden soll oder nicht. Eingangssignal der Entscheidungseinheit 19 ist ein rechtes Signal rs, das auch hier ein internes Eingangssignal des rechten Hörgeräts 11 darstellt und beispielsweise ein Mikrofonsignal sein kann. Darüber hinaus besitzt auch hier das rechte Hörgerät 11 eine Entscheidungseinheit 20, um zu entscheiden, ob der Sendebetrieb des rechten Hörgeräts 11 ausgeschaltet wird oder nicht.

[0025] Mit dem Ausgangssignal atr der Entscheidungseinheit 19 ist der Sendebetrieb des rechten Hörgeräts 11 aktivierbar. Daher dient das Signal atr als Ansteuersignal für einen Schalter 21. Befindet sich der Schalter 21 wie in dem in FIG 2 dargestellten Beispiel im eingeschalteten Zustand, so wird das rechte Signal rs als Kommunikatinssignal über die (virtuelle) Leitung 14 an das linke Hörgerät 10 übertragen.

[0026] Der Entscheidungseinheit 17 zum Ausschalten des Sendebetriebs des linken Hörgeräts 10 steht nicht nur das linke Signal ls, sondern wegen der aktivierten binauralen Datenübertragung auch das rechte Signal rs zur Verfügung. Die Entscheidungseinheit 17 analysiert diese beiden Signale und liefert ein entsprechendes Deaktivierungssignal dtl des linken Hörgeräts 10. Auch mit dem Deaktivierungssignal dtl lässt sich der Schalter 18 ansteuern. Soll der Sendebetrieb deaktiviert werden, wird der Schalter 18 entsprechend umgelegt, so dass keine Datenverbindung mehr über die (virtuelle) Leitung 15 besteht. Das linke Signal ls wird dann nicht mehr an das rechte Hörgerät 11 übertragen.

[0027] Analog hierzu wird die Entscheidungseinheit 20 des rechten Hörgeräts 11 mit den beiden internen Eingangssignalen rs und ls gespeist, wenn entsprechend dem Beispiel von FIG 2 die Kommunikationsverbindung 13 noch steht. In Abhängigkeit von diesen beiden Signalen rs und ls erzeugt die Entscheidungseinheit 20 ein Deaktivierungssignal dtr des rechten Hörgeräts 11. Auch mit diesem Deaktivierungssignal dtr wird der Schalter 21 des rechten Hörgeräts 11 angesteuert. Nach einer Deaktivierungsentscheidung wird demnach der Schalter 21 geöffnet, so dass über die (virtuelle) Leitung 14 das rechte Signal rs nicht mehr länger zum linken Hörgerät 10 übertragen wird.

[0028] Die Entscheidungen der Hörgeräte über das Aktivieren und Deaktivieren der Kommunikationsverbindung 13 sind zunächst unabhängig voneinander. Dies bedeutet beispielsweise auch, dass ein Sendebetrieb vom linken Hörgerät 10 zum rechten Hörgerät 11 aktiviert sein kann, während ein Sendebetrieb vom rechten Hörgerät 11 zum linken Hörgerät 10 deaktiviert ist (oder umgekehrt). Natürlich können sich auch beide Hörgeräte 10, 11 im Sendebetrieb befinden, oder es sind bei beiden Hörgeräten der Sendebetrieb ausgeschaltet.

[0029] In einer speziellen Ausführungsform werden die Entscheidungen der Hörgeräte 10, 11 jedoch synchronisiert. Dies ist in FIG 2 mit dem Doppelpfeil 22 symbolisiert. Die diesbezügliche Synchronisation beider Hörgeräte 10, 11 erfolgt mit einem Synchronisationssignal syn. Dieses Synchronisationssignal wird beispielsweise auch über die Kommunikationsverbindung 13 übertragen.

[0030] Beim Betrieb des binauralen Systems wird die akustische Umgebung kontinuierlich auf monauraler Basis analysiert. Dies bedeutet, dass parallel im linken Hörgerät 10 und im rechten Hörgerät 11 eine Analyse stattfindet. Jede Seite kann auf der Basis vorbestimmter Kriterien entscheiden, ob der Einsatz einer binauralen Verbindung bzw. Kommunikation 13 (z. B. über eine oder zwei Leitungen 14, 15) hilfreich wäre. Die beiden Hörgeräte 10, 11 werden dann gegebenenfalls miteinander verbunden. Die Verbindung erfolgt vorzugsweise über eine niedrig ratige Datenverbindung.

[0031] Günstigerweise wird die von einem Hörgerät getroffene Entscheidung zur Synchronisation an das andere Hörgerät übertragen. Hierdurch können beide Seiten zu einer gemeinsamen Entscheidung kommen, wobei vorgegebene Regeln beachtet werden. Sobald die Verbindung steht, wird sie auf der Basis anderer Kriterien aufrechterhalten oder deaktiviert. Für das Deaktivieren werden, wie oben geschildert wurde, durch das Audiosignal von der anderen Seite zusätzliche Informationen bereitgestellt.

[0032] Nachfolgend werden einige beispielhafte Kriterien vorgestellt, gemäß denen die Entscheidungseinheiten 16, 17, 19 und 20 über die Aktivierung und Deaktivierung des jeweiligen Sendebetriebs entscheiden können. Zum einen können die Entscheidungseinheiten als Kriterium das Hintergrundgeräusch nutzen. Bei monauraler Auswertung vor dem Aufbau der Kommunikationsverbindung kann überprüft werden, ob der kontinuierliche Rauschpegel der Hintergrundgeräusche in dem monauralen, direktionalen Mikrofonsignal für eine gewisse Zeitspanne über einem vorbestimmten Pegel liegt. Dies ist ein Anzeichen für eine schwierige Hörsituation, in der man von binauraler, direktionaler Verarbeitung profitieren kann. In einer solchen Situation wird also ein binaurales Richtmikrofon aktiviert (z. B. um den Fokus in frontaler Richtung zu verengen), wenn das gemessene Grundrauschen auf einer Seite über einem bestimmten Pegel liegt. Hierzu wird ein Aktivierungsbefehl für die binaurale Audioverbindung auf die andere Seite, d. h. zum anderen Hörgerät geschickt.

[0033] Wenn die binaurale Verbindung steht, stehen zusätzliche Informationsquellen zur Verfügung, die es erlauben, auch andere Kriterien für die Entscheidung zu überprüfen, ob die binaurale Verarbeitung aufrecht erhalten oder deaktiviert werden soll. So besteht beispielsweise die Möglichkeit, ein Signal entsprechend der so genannten "binauralen Acht" zu berechnen. Dieses Signal entspricht einer phasenkorrekten Subtraktion von zwei monauralen Strahlformersignalen oder von zwei omidirektionalen Signalen. Dieses Signal besteht im Wesentlichen aus Schallanteilen von den Seitwärtsrichtungen und Signale von vorne werden ausgeblendet. Die binaurale Acht schließt explizit Signale aus, die von vorne eintreffen (Nullgrad-Richtung). Dies ist der wesentliche Unterschied zu dem monauralen Fall. Da mit dem engen Fokus erreicht wird, dass exakt diese Signale von frontalen Seitwärtsrichtungen (z. B. Bereiche um + 45° und - 45°) eliminiert werden, ist mithilfe des Pegels des Grundrauschens des so erhaltenen Signals eine genauere und zuverlässigere Steuerung der Aktivierung möglich, weil das Nullgrad-Nutzsignal nicht enthalten ist.

[0034] Als weiteres Kriterium für die Entscheidungseinheiten kann die Wahrscheinlichkeit eines Sprachsignals genutzt werden. Hierzu werden auf beiden Seiten getrennt die Wahrscheinlichkeiten des Vorhandenseins von Sprache in den aktuellen Signalen berechnet. Darauf basierend wird ein Richtstrahl zur Seite (so genannter "Seitenblick") aktiviert, wenn die Wahrscheinlichkeit, dass von der Seite ein Sprachsignal eintrifft, höher ist, als beispielsweise die Wahrscheinlichkeit, dass Sprache von vorne, von hinten oder von der gegenüberliegenden Seite eintrifft. Diese Entscheidung wird jedoch getroffen, ohne dass ein direktionaler Strahl auf beide Seiten gerichtet wird. Sobald dann eine binaurale Audiodatenverbindung besteht, stehen die Strahlen zur linken und rechten Seite bzw. die omnidirektionalen Signale von der linken und rechten Seite zur Verfügung. Somit kann die Entscheidung, den "Seitwärtsblick" (Strahl zur linken oder rechten Seite) aufrecht zu erhalten oder zu deaktivieren auf die Wahrscheinlichkeit, dass Sprache in dem Richtsignal vorliegt, gestützt werden. Dies ist deutlich zuverlässiger als das Stützen der Entscheidung auf nur die beiden monauralen Signale vom linken und rechten Hörgerät.

[0035] Darüber hinaus ist es auch möglich, eine Aussage darüber zu gewinnen, in welchem Maß man von der Strahlformung mithilfe der Wahrscheinlichkeit eines Sprachsignals in den monauralen Signalen oder den binauralen Richtsignalen profitiert. Wenn beispielsweise die Wahrscheinlichkeit eines Sprachsignals in einem omnidirektionalen Signal hoch ist, und die Wahrscheinlichkeit eines Sprachsignals auf der anderen Seite des Kopfes in dem anderen omnidirektionalen Signal ebenfalls hoch ist, wird man von der binauralen Verarbeitung nicht sehr viel profitieren, da es sehr viele Schallinterferenzen gibt. Darüber hinaus wird man auch in einer ruhigen Umgebung anstreben, die Strahlformung zu vermeiden, um den omnidirektionalen Schalleindruck zu erhalten und um Batterieleistung einzusparen.

[0036] Noch ein weiteres Kriterium für die Entscheidung, ob eine binaurale Audioverbindung hergestellt werden soll oder nicht, kann die Stärke des angestrebten Effekts sein. Für unterschiedliche Anwendungen der binauralen Audioverbindung wie beispielsweise für die Windgeräuschunterdrückung oder die Rückkopplungsunterdrückung kann das Kriterium der Wirkstärke herangezogen werden. Wurde die Verbindung beispielsweise auf der Basis eines monauralen Kriteriums, das "Wind" oder "Rückkopplung" signalisiert, aktiviert, und der binaurale Algorithmus beginnt zu arbeiten, kann dessen Wirkstärke berechnet werden. Dies kann daraus ermittelt werden, wie stark sich die entsprechende Windgeräuschereduktion oder Rückkopplungsreduktion im Ausgangssignal verglichen mit dem Eingangssignal bemerkbar macht. Aufgrund des ermittelten Werts kann dann die binaurale Datenverbindung aufrechterhalten oder deaktiviert werden.

[0037] Erfindungsgemäß ist somit eine binaurale Audioverbindung auf der Basis monauraler Entscheidungen möglich. Darüber hinaus kann die binaurale Audioverbindung auf der Basis zusätzlicher binauraler Entscheidungen aufrechterhalten oder deaktiviert werden. Parallel hierzu können binaurale Algorithmen automatisch aktiviert und deaktiviert werden. Dies sind beispielsweise enge Richtkeule (binaurales Richtmikrofon mit schmaler Keule (+/- 20°) in frontaler Richtung), "Seitenblick" (binaurale Richtkeule zur linken oder rechten Seite), binaurale Windgeräuschunterdrückung und/oder binaurale Rückkopplungsunterdrückung. Mit dieser automatischen Aktivierung und Deaktivierung der binauralen Algorithmen und der binauralen Kommunikation kann Energie eingespart und die Lebensdauer einer Batterie vergrößert werden.


Ansprüche

1. Verfahren zum Betreiben eines binauralen Hörsystems, das eine linke Hörvorrichtung (10) und eine rechte Hörvorrichtung (11) aufweist, durch

- Bereitstellen eines linken internen Eingangssignals (ls) in der linken Hörvorrichtung,

- Bereitstellen eines rechten internen Eingangssignals (rs) in der rechten Hörvorrichtung,

- Einschalten eines Sendebetriebs der linken Hörvorrichtung (10) und/oder der rechten Hörvorrichtung (11) und

- Ausschalten des Sendebetriebs,
dadurch gekennzeichnet, dass

- das Einschalten des Sendebetriebs in einer der Hörvorrichtungen automatisch in Abhängigkeit von dem jeweils internen Eingangssignal (ls, rs) erfolgt und

- das Ausschalten des Sendebetriebs in einer der Hörvorrichtungen automatisch in Abhängigkeit von dem jeweils internen Eingangssignal (ls, rs) und einem von der jeweils anderen Hörvorrichtung empfangenen Kommunikationssignal erfolgt.


 
2. Verfahren nach Anspruch 1, wobei eine Entscheidung einer der Hörvorrichtungen (10, 11) bezüglich eines Einschaltens des Sendebetriebs der jeweils anderen Hörvorrichtung mitgeteilt wird, so dass die andere Hörvorrichtung den Sendebetrieb in Abhängigkeit von der empfangenen Entscheidung einschaltet.
 
3. Verfahren nach Anspruch 2, wobei die empfangene Entscheidung für das Einschalten des Sendebetriebs der anderen Hörvorrichtung eine höhere Priorität besitzt als das interne Eingangssignal der jeweiligen Hörvorrichtung.
 
4. Verfahren nach einem der vorhergehenden Ansprüche, wobei für das Einschalten des Sendebetriebs das jeweils interne Eingangssignal (ls, rs) von der jeweiligen Hörvorrichtung (10, 11) hinsichtlich eines Hintergrundgeräuschs analysiert wird, und, wenn das Hintergrundgeräusch einen kontinuierlichen Pegel über einem vorgegebenen Schwellwert besitzt, der Sendebetrieb eingeschaltet wird.
 
5. Verfahren nach einem der vorhergehenden Ansprüche, wobei für das Ausschalten des Sendebetriebs Signalanteile eines binauralen Richtmikrofonsignals ohne Signalanteile um eine vorgegebene Frontalrichtung herangezogen werden.
 
6. Verfahren nach einem der vorhergehenden Ansprüche, wobei für das Einschalten des Sendebetriebs in einer der Hörvorrichtungen (10, 11) die Wahrscheinlichkeiten berechnet werden, mit denen ein Sprachschall bezogen auf eine vorgegebene Frontalrichtung von einer Seite und von vorne oder hinten eintrifft, und, wenn die Wahrscheinlichkeit für ein Eintreffen von der Seite höher als die Wahrscheinlichkeit für ein Eintreffen von vorne oder hinten ist, der Sendebetrieb eingeschaltet wird.
 
7. Verfahren nach einem der vorhergehenden Ansprüche, wobei der Sendebetrieb nicht eingeschaltet oder ausgeschaltet wird, wenn die Eingangssignale beider Hörvorrichtungen (10, 11) einen vorgegebenen Pegel unterschreiten.
 
8. Verfahren nach einem der vorhergehenden Ansprüche, wobei mit dem Einschalten des Sendebetriebs eine binaurale Verarbeitung, nämlich ein binaurales Richtmikrofon, eine binaurale Windgeräuschunterdrückung und/oder eine binaurale Rückkopplungsunterdrückung aktiviert wird.
 
9. Verfahren nach Anspruch 8, wobei der Sendebetrieb ausgeschaltet wird, wenn eine Wirkungsstärke der binauralen Verarbeitung ein vorgegebenes Maß unterschreitet.
 
10. Binaurales Hörsystem, das eine linke Hörvorrichtung (10) und eine rechte Hörvorrichtung (11) aufweist, wobei

- ein linkes internes Eingangssignal (ls) in der linken Hörvorrichtung bereitstellbar ist,

- ein rechtes internes Eingangssignal (rs) in der rechten Hörvorrichtung bereitstellbar ist,

- ein Sendebetrieb der linken Hörvorrichtung (10) und/oder der rechten Hörvorrichtung (11) einschaltbar ist und

- der Sendebetrieb ausschaltbar ist,
dadurch gekennzeichnet, dass

- der Sendebetrieb in einer der Hörvorrichtungen (10, 11) automatisch in Abhängigkeit von dem jeweils internen Eingangssignal (ls, rs) einschaltbar ist, und

- der Sendebetrieb in einer der Hörvorrichtungen (10, 11) automatisch in Abhängigkeit von dem jeweils internen Eingangssignal (ls, rs) und einem von der jeweils anderen Hörvorrichtung empfangenen Kommunikationssignal ausschaltbar ist.


 




Zeichnung










Recherchenbericht









Recherchenbericht