(19)
(11) EP 2 620 233 A1

(12) EUROPÄISCHE PATENTANMELDUNG

(43) Veröffentlichungstag:
31.07.2013  Patentblatt  2013/31

(21) Anmeldenummer: 12152284.1

(22) Anmeldetag:  24.01.2012
(51) Internationale Patentklassifikation (IPC): 
B21B 37/16(2006.01)
(84) Benannte Vertragsstaaten:
AL AT BE BG CH CY CZ DE DK EE ES FI FR GB GR HR HU IE IS IT LI LT LU LV MC MK MT NL NO PL PT RO RS SE SI SK SM TR
Benannte Erstreckungsstaaten:
BA ME

(71) Anmelder: Siemens Aktiengesellschaft
80333 München (DE)

(72) Erfinder:
  • Felkl, Hans-Joachim
    91301 Forchheim (DE)

   


(54) Verfahren zur Bearbeitung von Walzgut in einem Warmwalzwerk


(57) Die Erfindung betrifft ein Verfahren zur Bearbeitung von Walzgut (6) in einem Warmwalzwerk (2) mit einer Walzstraße (3), die mindestens zwei aufeinanderfolgende Walzgerüste (Wi) umfasst, wobei jedes Walzgerüst (Wi) mindestens eine von einem Walzantrieb (8) angetriebene Walze (4) mit einer Walzengeschwindigkeit (vWi) aufweist und das Walzgut (6) aus dem Walzgerüst (Wi) mit einer auslaufseitigen Walzgutgeschwindigkeit (vi), die über eine Voreilung (si) mit der Walzengeschwindigkeit (vWi) zusammenhängt, austritt, mit folgenden Schritten:
a) es werden auslaufseitige Zieldicken (hi) des Walzguts (6) für jedes Walzgerüst (Wi) vorgegeben,
b) gemäß des Massenflussgesetzes werden aus den auslaufseitigen Zieldicken (hi) Sollwerte für die auslaufseitigen Walzgutgeschwindigkeiten (vi,Soll) ermittelt,
c) es wird ein Modellwert für die Voreilung (si) gewählt,
d) aus dem Modellwert der Voreilung (Si) und den Sollwerten der auslaufseitigen Walzgutgeschwindigkeiten (vi,Soll) werden Sollwerte für die Walzengeschwindigkeiten (vWi,Soll) ermittelt,
e) die Walzengeschwindigkeiten (vWi) werden auf die Sollwerte für die Walzengeschwindigkeiten (vWi,Soll) eingeregelt.




Beschreibung


[0001] Die Erfindung betrifft ein Verfahren zur Bearbeitung von Walzgut in einem Warmwalzwerk mit einer Walzstraße mit mindestens zwei aufeinanderfolgenden Walzgerüsten.

[0002] Beim Warmwalzen in einem Warmwalzwerk wird ein Walzgut, z.B. Stahl oder verschiedene Metalle in Form von sogenannten Brammen oder Gusssträngen, in einem Ofen auf eine Temperatur oberhalb der jeweiligen Rekristallisationstemperatur erhitzt. Anschließend durchläuft die heiße Bramme eine Walzstraße mit mehreren Walzgerüsten, in der sie in mehreren Stichen zu Bändern oder Platten ausgewalzt wird. Bei jedem Stich soll das Walzgut dabei auf eine bestimmte Zieldicke gewalzt werden.

[0003] Um an jedem Walzgerüst die gewünschte Zieldicke zu erhalten, müssen die Walzspalte an den Walzgerüsten geeignet eingestellt werden. Dies geschieht mit Hilfe von Anstellsystemen, die in der Regel den oberen Walzensatz gegenüber der Passlinie des Walzwerks verstellen. Die Anstellsysteme werden z.B. mit Hydraulikzylindern oder elektromechanischen Schrauben oder einer Kombination beider betrieben.

[0004] Die Sollwerte für die Walzspalte werden in der Regel aus einem Stichplan vorgegeben, der aus einem Modell der Walzstraße berechnet oder aus einer Liste ausgewählt wird. Vor dem Anstich des Walzguts, d.h. dem Auftreffen des Walzguts auf das Walzgerüst bzw. die Walze, werden die Walzspalte auf die entsprechenden Sollwerte eingestellt. Nach dem Anstich berechnet ein Lastwalzspaltregler, ein sogenanntes Gaugemeter, den aktuellen Walzspalt unter Berücksichtigung der Position des Anstellsystems, der Kräfte und den Gerüstparametern. Weichen aktueller und Sollwert des Walzspalts voneinander ab, regelt der Lastwalzspaltregler auf Basis seines Gerüstmodells den Walzspalt und damit die Walzgutdicke ein.

[0005] Eine verbesserte Möglichkeit den Walzspalt zu regeln besteht darin, einen Massenflussregler einzusetzen. Die Voreinstellung der Walzspalte erfolgt dabei wie oben anhand eines Stichplans. An jedem Walzgerüst Wi läuft das Walzgut mit einer bestimmten einlaufseitigen Walzgutgeschwindigkeit Vi-1 und einlaufseitigen Walzgutdicke hi-1 ein, und verlässt das Walzgerüst mit einer auslaufseitigen Naizgutgeschwindigkeit Vi und auslaufseitigen Walzgutdicke hi. Dabei gilt an jedem Walzgerüst das Massenflussgesetz:



[0006] Durch Messung der ein- und auslaufseitigen Walzgutgeschwindigkeiten und der einlaufseitigen Walzgutdicken kann die aktuelle auslaufseitige Walzgutdicke bestimmt werden. Die berechnete auslaufseitige Walzgutdicke wird dann durch den Massenflussregler auf ihre Zieldicke, eine Soll-Auslaufdicke hi,Soll, geregelt. Der Massenflussregler wirkt dabei auf das Anstellsystem des jeweiligen Walzgerüsts und ersetzt damit prinzipiell den Lastwalzspaltregler, welcher jedoch zusätzlich erhalten bleiben kann.

[0007] Die einlaufseitige Walzgutdicke h0 am ersten Walzgerüst wird dabei aus einem bekannten Erstwert, z.B. einer Dickenmessung in der Vorstraße oder aus einem konstanten Wert bei einer Bramme, ermittelt. Für die jeweils nachfolgenden Walzgerüste kann eine erneute Dickenmessung erfolgen oder die jeweils auslaufseitige Walzgutdicke des vorhergehenden Walzgerüsts verwendet werden.

[0008] Die Messung der Walzgutgeschwindigkeiten Vi kann beispielsweise über eine direkte Messung am Walzgut mit einer Walzgutgeschwindigkeitsmesseinrichtung erfolgen. Hierbei wird gemessen, mit welcher Geschwindigkeit das Walzgut einen festen Ort bzw. einen Kontrollpunkt der Walzstraße passiert. Hierfür sind z.B. Laser oder Pulsgeber an Rollen mit Walzgutkontakt bekannt. Eine weitere Möglichkeit wäre die Geschwindigkeit über die Zeit, die ein bestimmter Naizgutabschnitt, z.B. der Kopf des Walzguts, für das Zurücklegen einer festgelegten Strecke, z.B. zwischen zwei Walzgerüsten, benötigt, zu bestimmen.

[0009] Zu Beginn eines Walkprozesses stehen jedoch noch keine Messwerte zur Verfügung und selbst während der Bearbeitung gestaltet es sich oft schwierig die Prozessparameter, insbesondere die Walzgutgeschwindigkeiten Vi, mit hinreichender Zuverlässigkeit zu messen. Daher ist auch eine gegebenenfalls notwendige Anpassung oder Optimierung der Prozessparameter erst nach einiger Zeit möglich.

[0010] Aufgabe der Erfindung ist es ein verbessertes Verfahren zur Bearbeitung von Walzgut in einem Warmwalzwerk anzugeben, bei dem die oben genannten Nachteile vermieden werden.

[0011] Erfindungsgemäß wird die Aufgabe gelöst durch ein Verfahren mit den Merkmalen des Patentanspruches 1.

[0012] Die Bearbeitung von Walzgut in einem Warmwalzwerk mit einer Walzstraße, die mindestens zwei aufeinanderfolgende Walzgerüste umfasst, wobei jedes Walzgerüst Wi mindestens eine von einem Walzantrieb angetriebene Walze mit einer Naizengeschwindigkeit vWi aufweist und das Walzgut aus dem Walzgerüst Wi mit einer auslaufseitigen Walzgutgeschwindigkeit vi, die über eine Voreilung si mit der Walzengeschwindigkeit vWi zusammenhängt, austritt, erfolgt mit folgenden Schritten:

[0013] In einem ersten Schritt a) werden auslaufseitige Zieldicken hi des Walzguts für jedes Walzgerüst Wi vorgegeben. Diese Sollwerte für die auslaufseitigen Walzgutdicken hi,Soll werden anhand eines für den Bearbeitungsprozess im Warmwalzwerk gebildeten Modells ermittelt oder aus einem Stichplan oder einer Liste entnommen.

[0014] In einem zweiten Schritt b) werden gemäß des Massenflussgesetzes aus den auslaufseitigen Zieldicken hi Sollwerte für die auslaufseitigen Walzgutgeschwindigkeiten vi,Soll ermittelt. Dies geschieht wiederum mit Hilfe eines Modells oder eines Stichplans.

[0015] Anschließend wird in Schritt c) ein Modellwert für die Voreilung si gewählt. Die modellierte Voreilung si soll die reale Voreilung möglichst genau nachbilden und wird von einem Modell der Walzstraße berechnet oder einer Liste entnommen.

[0016] Im nächsten Schritt d) werden aus dem Modellwert der Voreilung si und den Sollwerten der auslaufseitigen Walzgutgeschwindigkeiten vi,Soll Sollwerte für die Walzengeschwindigkeiten vWi,Soll ermittelt.

[0017] In einem letzten Schritt e) werden die Walzengeschwindigkeiten vWi auf die Sollwerte für die Walzengeschwindigkeiten vWi,Soll eingeregelt. Dadurch ergeben sich die gewünschten auslaufseitigen Walzgutgeschwindigkeiten vi,Soll. Durch die Vorgabe und Einhaltung der auslaufseitigen Walzgutgeschwindigkeiten bzw. der auslaufseitigen Bandgeschwindigkeiten stellen sich die auslaufseitigen Walzgutdicken hi und somit die geforderten Zieldicken hi nach den einzelnen Walzgerüsten Wi mit hoher Genauigkeit ein.

[0018] Die Erfindung beruht auf der Erkenntnis, dass sich die Walzengeschwindigkeit vWi aus der auslaufseitigen Walzgutgeschwindigkeit vi und der zugehörigen Voreilung si wie folgt berechnen lässt:



[0019] In einem Walzprozess soll das Walzgut auf eine bestimmte Zieldicke hi gewalzt werden. Hierfür ist es notwendig, dass auch die jeweiligen Zieldicken hi nach den einzelnen Walzgerüsten Wi vorgegeben werden. Mit anderen Worten wird eine Zieldicke hi nach dem letzten Walzgerüst Wi vorgegeben und anhand eines Modells werden die restlichen Zieldicken hi, nämlich die nach den einzelnen Walzgerüsten Wi der Walzstra-βe, ermittelt und somit ebenfalls vorgegeben. Unter der Zieldicke hi ist also diejenige Dicke zu verstehen, mit der das Walzgut das Walzgerüst Wi verlassen soll. Aus diesen Zieldicken hi bzw. damit sich diese nach den jeweiligen Walzgerüsten einstellen, werden ebenfalls anhand eines Modells die zugehörigen auslaufseitigen Walzgutgeschwindigkeiten Vi modelliert und Sollwerte für die auslaufseitigen Walzgutgeschwindigkeiten vi,Soll festgelegt. Grundlage für diese modellbasierten Berechnungen ist das Massenflussgesetz.

[0020] Auch die zugehörige Voreilung si wird anhand eines Modells bestimmt und zwar so, dass sie möglichst genau der realen Voreilung entspricht. Die Voreilung si ist sehr gering, erfahrungsgemäß liegt sie im einstelligen Prozentbereich, und hat daher gemäß obiger Formel nur einen geringen Einfluss auf das Verhältnis von auslaufseitiger Walzgutgeschwindigkeit vi und Walzengeschwindigkeit vWi. Es ist daher ausreichend, die Voreilung si zu Beginn des Walzprozesses anhand eines Modells auf einen Wert festzulegen oder auch einer Liste zu entnehmen.

[0021] Aus den modellbasierten Werten für die auslaufseitige Walzgutgeschwindigkeit vi,Soll und Voreilung si, werden nun gemäß obiger Formel Sollwerte für die Walzengeschwindigkeiten vWi,Soll ermittelt. Die Walzengeschwindigkeiten vWi werden anschließend auf die Sollwerte für die Walzengeschwindigkeiten vWi,Soll eingeregelt. Mit anderen Worten werden diese Sollwerte für die Walzengeschwindigkeiten vWi,Soll nun tatsächlich an den jeweiligen Walzgerüste Wi bzw. Walzen eingestellt. Dies geschieht über Impulsgeber an den Walzantrieben.

[0022] Vorteilhaft bei diesem Verfahren ist, dass sich die Walzengeschwindigkeiten vWi über Impulsgeber an den Walzantrieben mit großer Genauigkeit einstellen lassen. Im Vergleich zu den Walzgutgeschwindigkeiten vi lassen sich die Walzengeschwindigkeiten vWi auch wesentlich einfacher und genauer messen und regeln. Darüber hinaus bleiben somit auch die auslaufseitigen Walzgutgeschwindigkeiten vi annähernd konstant und die sich gemäß Massenflussgesetz einstellenden Zieldicken hi sind folglich geringeren Schwankungen unterworfen. Dadurch dass die Walzengeschwindigkeiten vWi anhand von modellbasiert berechneten Sollwerten für die Walzengeschwindigkeiten vWi,Soll, welche wiederum über eine ebenfalls modellbasiert ermittelte Voreilung si berechnet werden, eingestellt werden, ist es zudem nicht notwendig, die Walzgutgeschwindigkeiten vi zu messen, was sich bisweilen als problematisch zeigt.

[0023] Gemäß einer bevorzugten Ausführungsform des Verfahrens wird ein Massenflussregler eingesetzt, der aus den Messwerten für die einlaufseitige Walzgutgeschwindigkeit v0,M, die einlaufseitige Walzgutdicke h0,M und die Walzengeschwindigkeit vW1 des ersten Walzgerüstes W1 unter Verwendung der Voreilung S1 die Zieldicke h1 einstellt.

[0024] In einer weiteren bevorzugten Variante des Verfahrens wird an jedem Walzgerüst ein Massenflussregler eingesetzt, der aus der einlaufseitigen Walzgutgeschwindigkeit vi-1, der einlaufseitigen Walzgutdicke hi-1 und der Walzengeschwindigkeit vWi des Walzgerüstes Wi unter Verwendung der Voreilung si die Zieldicke hi einstellt. Diese Massenflussregler wirken dabei auf das Anstellsystem und die Walzengeschwindigkeit vWi des jeweiligen Walzgerüstes Wi.

[0025] Bei einer vorteilhaften Gestaltung des Verfahrens werden Zieldicken-Fehler Δhi aufweisende Walzgutabschnitte erfasst, Anstich-Zeitpunkte Ti+1 der Walzgutabschnitte im Walzgerüst Wi+1 ermittelt und zum Zeitpunkt Ti+1 die Walzengeschwindigkeit VWi des Walzgerüsts Wi so angepasst, dass sich gemäß dem Massenflussgesetz im Walzgerüst Wi+1 die Zieldicke hi+1 einstellt. Mit anderen Worten wird die Lage bzw. Position eines zu dicken oder zu dünnen Walzgutabschnitts erfasst und der Zeitpunkt Ti+1, zu dem dieser auf ein Walzgerüst Wi+1 auftrifft bestimmt. Dieser kann beispielsweise über die Walzgutgeschwindigkeit vi dieses Walzgutabschnitts und eine Strecke, z.B. zwischen zwei Walzgerüsten Wi, ermittelt werden. Zu diesem Zeitpunkt Ti+1 wird dann die Walzengeschwindigkeit vWi des vorhergehenden Walzgerüstes Wi verändert, um die Gültigkeit des Massenflussgesetzes an dem Walzgerüst Wi+1 wieder herzustellen. Ist ein Walzgutabschnitt zu dick, wird die Walzengeschwindigkeit vWi des vorhergehenden Walzgerüstes Wi reduziert, bei einem zu dünnen Walzgutabschnitt erhöht. So lassen sich Dickenfehler des Walzgutes vorsteuernd und schnell korrigieren. Dies führt insbesondere im erweiterten Kopfbereich des Walzguts zu einer Verbesserung der Dickenqualität. Der Kopf des Walzgutes bezeichnet das in Bewegungsrichtung gesehen vordere Ende des Walzguts.

[0026] Bei einer möglichen Ausführungsform des Verfahrens wird der Modellwert für die Voreilung si konstant gesetzt. Wie oben bereits beschrieben, hat eine Änderung der Voreilung si nur einen geringen Einfluss auf die Walzengeschwindigkeit vWi. Es ist daher im einfachsten Fall ausreichend die Voreilung si anhand des Modells zu berechnen oder einer Liste zu entnehmen und diesen Wert während des gesamten Bearbeitungsprozesses beizubehalten. Die Walzengeschwindigkeiten vWi werden dann nur zu Beginn des Walkprozesses auf Grundlage der im Modell berechneten Sollwerte für die Walzengeschwindigkeiten vWi,Soll eingestellt.

[0027] Bei einer bevorzugten Ausführungsform des Verfahrens wird die Voreilung si während der gesamten Bearbeitung modellgestützt angepasst. Hierfür finden weitere Größen, wie z.B. während des Walzvorgangs ermittelte Messwerte, Eingang in das Modell. Dadurch wird dieses ständig aktualisiert und die anhand des wiederholt angepassten Modells ermittelte Voreilung si somit stetig verfeinert bzw. besser an die reale Voreilung angepasst.

[0028] Die modellierte Voreilung si wird dabei aus einem Grundwert SGi und einem Korrekturwert SKi nach


gebildet. Der Korrekturwert wird hierbei anhand eines Messwertes während des Walzvorgangs ermittelt.

[0029] Als Startwert für die Voreilung si, das heißt als Grundwert SGi, kann wieder in bekannter Weise ein entsprechender Voreilungswert einem Walzmodell oder einer Liste entnommen werden. Gemäß der Erfindung wird die vorgegebene Voreilung in Form des Grundwertes anhand von Messungen - d.h. in Form des Korrekturwertes - korrigiert bzw. feinabgestimmt und an die tatsächlich vorhandene Voreilung si besser angenähert. Dies ermöglicht die Ermittlung eines ständig aktuellen Voreilungsfaktors. Mit anderen Worten wird die Voreilung also durch adaptive Anpassung eines Standardwertes anhand der Messwerte verbessert. Gemäß dem Verfahren ergibt sich also eine korrigierte Voreilung: Z.B. wird pro Walzgang ein Korrekturwert ermittelt, um für nachfolgende, beispielsweise gleichartige Walzvorgänge Verwendung zu finden. Auch beim nächsten Walzvorgang wird dann ein neuer Korrekturwert ermittelt, der dann für den übernächsten Walzvorgang verwendet werden kann. So wird eine ständige Optimierung und Nachführung der Exaktheit der Voreilung erreicht. Dies wirkt sich unmittelbar auf die Exaktheit der ermittelten Walzengeschwindigkeit vWi und somit auf die auslaufseitigen Walzgutgeschwindigkeiten vi und Zieldicken hi aus.

[0030] In einer weiteren bevorzugten Ausführungsform des Verfahrens wird die Voreilung si während der Bearbeitung des Walzguts ständig anhand des Messwertes der Walzgutgeschwindigkeit vi,M nachgeführt. Es wird zusätzlich mit bekannten Messverfahren ein Walzgutgeschwindigkeitsmesswert vi,M hinter einem Walzgerüst Wi ermittelt. Diese gemessene Walzgutgeschwindigkeit vi,M wird zusammen mit der erfindungsgemäß ermittelten Voreilung si in einer einen weiteren Korrekturwert SKi und eine weitergehend korrigierte Voreilung si ermittelnden Regelungseinrichtung mit einem Voreilungsadaptionsregler verarbeitet. Mit anderen Worten gehen in der Regelungseinrichtung der Walzgutgeschwindigkeitsmesswert vi,m und die gemäß der Erfindung korrigierte Voreilung si ein. Hier kann insbesondere eine bestimmte Gewichtung zwischen Messwert und Voreilungswert gewählt werden. Mit anderen Worten wird durch den Voreilungsadaptionsregler eine nach dem Walzgerüst beziehungsweise zwischen Walzgerüsten gemessene Walzgutgeschwindigkeit zwar benutzt. Die Benutzung erfolgt jedoch zur Erhöhung der Robustheit der Massenflussregelung nur indirekt, nämlich über die Walzengeschwindigkeit vWi zusammen mit der erfindungsgemäß ermittelten Voreilung si in der Regelungseinrichtung.

[0031] Bei dieser Ausführungsform der Walzgutgeschwindigkeitsregelung wird ein optimaler Kompromiss zwischen robuster Dynamik und hoher stationärer Genauigkeit erzielt. Die Walzengeschwindigkeitsmessung über die Impulsgeber an den Walzenantrieben bildet die dynamischen Anteile, wie z.B. Beschleunigen der Walzstraße, Drehzahländerungen durch Geschwindigkeitskorrekturen der Regelungen oder Lastreaktionen, robust ab.

[0032] Die Soll-Walzengeschwindigkeit vWi,Soll wird über den modellierten und über die Regelung nachgeführten Voreilungsfaktor so vorgegeben, dass sich die gewünschte auslaufseitige Walzgutgeschwindigkeit hinter jedem Walzgerüst einstellt. So erhält die Walzgutgeschwindigkeitsregelung die hohe Dynamik der Walzengeschwindigkeitsregelung.

[0033] Die Umrechnung der Walzgut- auf die Walzengeschwindigkeit erfolgt über eine Voreilung, die modelliert vorliegt und durch eine messwertfilternde Regelung adaptiert wird.

[0034] Die gemessene beziehungsweise durch den Voreilungs- oder Voreilungsadaptionsregler ermittelte Ist-Voreilung ist ein direktes Indiz für die Modellierungsgüte der Voreilung und kann somit ideal zur Adaption der Prozessmodelle benutzt werden.

[0035] Die Adaption der modellierten Voreilung kann im Regler außerdem einfach begrenzt werden: Z.B. wird bei einer bekannten Fehlmessung der Walzgutgeschwindigkeit der vom Voreilungsregler ermittelte Korrekturwert für die Voreilung SKi eingefroren, d.h. der Wert der Voreilung bleibt erhalten und wird nicht weiter angepasst. Dies ermöglicht ein ungestörtes Weiterwalzen bei Fehlmessung der Walzgutgeschwindigkeit, in dem der Voreilungsadaptionsregler eingefroren wird, d.h. der zum Zeitpunkt der Fehlmessung geltende Voreilungsfaktor nicht noch weiter korrigiert, sondern konstant weiter verwendet wird. Dies kann beispielsweise so lange geschehen, bis erneut ein gültiger Messwert gemessen wird. Die Anpassung der Voreilung kann dann fortgeführt werden, um noch genauere Voreilungswerte zu erhalten.

[0036] Bei einer weiteren vorteilhaften Ausgestaltung des Verfahrens wird die Breitung des Walzgutes bei der Ermittlung der Walzgutgeschwindigkeiten Vi und der Walzengeschwindigkeiten vwi berücksichtigt. Das Verhältnis von einlaufseitiger Breitung Bi-1 des Walzguts zu auslaufseitiger Breitung Bi des Walzguts hat Einfluss auf die Zieldicke hi nach dem jeweiligen Walzgerüst. Mit anderen Worten sind Zieldicke hi und Verhältnis von einlaufseitiger Bereitung Bi-1 des Walzguts zu auslaufseitiger Breitung Bi des Walzguts zueinander proportional:



[0037] Wird die Breitung des Walzguts beim erfindungsgemäßen Verfahren berücksichtigt, erfolgt dies in Form dieses Korrekturterms, der im Massenflussgesetz berücksichtigt wird.



[0038] Dadurch wird die Genauigkeit der Walzgut- bzw. Bandgeschwindigkeiten, die für die geforderten Walzgutdicken notwendig sind, noch weiter gesteigert. Die Breitung des Walzgutes ist aus einem Walzmodell oder einer Liste bekannt.

[0039] Gemäß einer bevorzugten Ausführungsform ist jeweils zwischen zwei Walzgerüsten Wi-1, Wi ein Bandzugregler angeordnet, der die Bandzüge Zi-1,i zwischen zwei Walzgerüsten über das Einstellen der Walzspalte regelt. Die Bandzüge Zi-1,i werden erfasst und über das Anstellsystem des jeweils in Walzrichtung liegenden Walzgerüsts Wi geregelt. Ist der Bandzug Zi-1,i beispielsweise zu groß, wird der Walzspalt des nachfolgenden Walzgerüstes Wi enger eingestellt, um die Kraft die auf das Walzgut wirkt zu erhöhen. Bei einem zu geringen Bandzug Zi-1,i, wird der Walzspalt erweitert, so dass eine geringere Kraft wirkt. Ohne eine solche Bandzugregelung besteht eine erhöhte Gefahr, dass das Walzgut reißt, bei zu großem Bandzug, oder sich Schlingen im Walzgut bilden, wenn der Bandzug zu gering ist.

[0040] Wenn ein solcher Bandzugregler eingesetzt wird, kann der Bandzug bzw. der Walzgutzug mit Hilfe von Schlingenhebern erfasst werden. Diese fahren positionsgeregelt nach Anstrich des in Walzrichtung folgenden Walzgerüsts Wi auf eine Sollposition oberhalb der Passlinie. Der Band- bzw. Walzgutzug wird über die Kraft, mit der das Walzgut auf den jeweiligen positionsgeregelten Schlingenheber drückt, berechnet. Bekannte Verfahren sind Kraftmessdosen oder indirekte Berechnungen über die Stellkräfte der Schlingenheberregelung. Ab dem Zeitpunkt, an dem der Schlingenheber Walzgutkontakt bekommt, wird die Walzgutzugregelung über das Anstellsystem des in Walzrichtung liegenden Walzgerüstes Wi aktiv. Vorteilhaft bei der Verwendung von Schlingenhebern für die Erfassung der Bandzüge ist, dass diese bereits in der Walzstraße vorhanden sind und lediglich positionsgeregelt mit festem Winkel, also statisch und nicht dynamisch, betrieben werden müssen.

[0041] Alternativ kann der aufwändige Schlingenheber durch eine einfachere Zugmessrolle ersetzt werden, die den Walzgutzug z.B. über integrierte Kraftmessdosen erfasst. Die Zugmessrolle wird vorteilhaft versenkbar ausgeführt: Zum Einfädeln liegt sie in einer Endstellung unterhalb der Passlinie. Nach Anstich des in Walzgutrichtung liegenden Gerüsts wird sie soweit über die Passlinie gefahren, dass ein ausreichender Umschlingungswinkel zur Walzgutzugmessung gewährleistet ist. Im Vergleich zum Schlingenheber lässt sich die Erfassung des Bandzugs mit einer Zugmessrolle kostengünstiger realisieren.

[0042] Die oben beschriebenen Eigenschaften, Merkmale und Vorteile dieser Erfindung sowie die Art und Weise, wie diese erreicht werden, werden klarer und deutlicher verständlich im Zusammenhang mit der folgenden Beschreibung der Ausführungsbeispiele, die im Zusammenhang mit den Zeichnungen näher erläutert werden.

[0043] Für eine weitere Beschreibung der Erfindung wird auf die Ausführungsbeispiele der Zeichnungen verwiesen. Es zeigen jeweils in einer schematischen Prinzipskizze:

Fig. 1 einen Ausschnitt aus einem Warmwalzwerk mit drei aufeinanderfolgenden Walzgerüsten,

Fig. 2 eine schematische Darstellung einer Regelungseinrichtung



[0044] Fig. 1 zeigt einen Ausschnitt aus einem Warmwalzwerk 2 mit einer Walzstraße 3 mit beliebig vielen aufeinanderfolgenden Walzgerüste Wi und Walzen 4 zur Bearbeitung des Walzguts 6. In Fig. 1 sind beispielhaft drei aufeinanderfolgende Walzgerüste Wi, W2 und W3 dargestellt, welche jeweils zwei Walzen 4 aufweisen. An jedem Walzgerüst Wi läuft das Walzgut 6, hier in Form einer Bramme, mit einer einlaufseitigen Walzgutdicke hi-1 und einer einlaufseitigen Walzgutgeschwindigkeit vi-1 ein, und verlässt dieses mit einer auslaufseitigen Walzgutdicke hi und einer auslaufseitigen Walzgutgeschwindigkeit vi.

[0045] Das Walzgut 6 wird dem ersten Walzgerüst W1 mit einer einlaufseitigen Walzgutdicke h0 und einer einlaufseitigen Walzgutgeschwindigkeit v0 zugeführt. In jedem Walzgerüst Wi soll das Walzgut 6 auf eine vorgegebene auslaufseitige Zieldicke hi, im Fall des ersten Walzgerüsts W1 auf eine Zieldicke h1, gewalzt werden. Aus diesen auslaufseitigen Zieldicken hi werden gemäß dem Massenflussgesetz auslaufseitige Walzgutgeschwindigkeiten vi,Soll für jedes Walzgerüst ermittelt. Gemäß dem in Fig. 1 dargestellten Ausführungsbeispiel werden in einem ersten Schritt a) des erfindungsgemäßen Verfahrens anhand eines Modells Zieldicken hi, hier also h1, h2 und h3 des Walzguts für jedes Walzgerüst Wi, hier also W1, W2 und W3 vorgegeben und in einem zweiten Schritt b) gemäß des Massenflussgesetzes Sollwerte für die auslaufseitigen Walzgutgeschwindigkeiten vi,Soll, v2,Soll und v3,Soll ermittelt.

[0046] Im dritten Schritt c) wird ein Modellwert für die Voreilung si gewählt. In einer einfachen Ausführungsform dieses Verfahrens wird dieser Modellwert einer Liste entnommen oder anhand eines Walzmodells gewählt und bleibt während des gesamten Walkprozesses konstant.

[0047] Gemäß Fig. 1 wird für jedes Walzgerüst W1, W2 und W3 als Modellwert für die Voreilung si derselbe Wert s gewählt und dieser während des gesamten Walzprozesses konstant gehalten. Eine weitere Möglichkeit ist, den Modellwert für die Voreilung während des Walzprozesses modellgestützt anzupassen, wobei sich die modellierte Voreilung si aus einem Grundwert SGi, der z.B. einer Liste oder einem Walzmodell entnommen wird, und einem Korrekturwert SKi, der anhand eines Messwertes ermittelt wird, zusammensetzt. Die vorgegebene Voreilung SGi wird dabei anhand von Messungen - d.h. in Form des Korrekturwertes SKi - korrigiert bzw. feinabgestimmt und an die tatsächlich vorhandene Voreilung si besser angenähert. Die Genauigkeit kann weiter dadurch erhöht werden, dass diese modellierte Voreilung si während der Bearbeitung des Walzguts 6 ständig anhand des Messwertes der Walzgutgeschwindigkeit vi,M nachgeführt wird. Der Messwert für die Walzgutgeschwindigkeit vi,M wird dabei mit Hilfe einer geeigneten Messeinrichtung 18 ermittelt.

[0048] Aus dem Modellwert für die Voreilung si und den Sollwerten für die auslaufseitigen Walzgutgeschwindigkeiten vi,Soll werden in dem nächsten Verfahrensschritt d) nun modellbasiert Sollwerte für die Walzengeschwindigkeiten vWi,Soll, bezogen auf die drei dargestellten Walzgerüste W1, W2 und W3 Sollwerte für die Walzengeschwindigkeiten vW1,Soll vW2,Soll und vW3,Soll ermittelt.

[0049] Während des Bearbeitungsprozesses drehen sich die Walzen 4 eines Walzgerüsts Wi mit einer Walzengeschwindigkeit vWi. Die Walzengeschwindigkeit vWi wird über einen Walzantrieb 8 eingestellt. In einem letzten Schritt e) werden die Walzen 4 der Walzgerüste W1, W2 und W3 hier auf die Sollwerte für die Walzengeschwindigkeiten vW1,Soll, vW2,Soll und vW3,Soll eingeregelt. Durch Vorgabe und Einhaltung der Walzengeschwindigkeiten vW1,Soll, vW2,Soll und vW3,Soll stellen sich die auslaufseitigen Walzgutgeschwindigkeiten v1,Soll, v2,Soll und v3,Soll und somit die auslaufseitigen Zieldicken h1, h2 und h3 mit großer Genauigkeit ein.

[0050] Dem ersten Walzgerüst W1 ist ein Massenflussregler 10 zugeordnet. Während des Walkprozesses werden Messwerte für die einlaufseitige Walzgutgeschwindigkeit v0,M und die einlaufseitige Walzgutdicke h0,M des ersten Walzgerüstes W1 aufgenommen. Aus diesen Messwerten und der Walzengeschwindigkeit vW1 des ersten Walzgerüstes W1 stellt der Massenflussregler 10 unter Verwendung der Voreilung S1 die Zieldicke h1 ein. Hierfür regelt der Massenflussregler 10 über ein Anstellsystem 12 der Walzen 4 bzw. des ersten Walzgerüstes W1 die Einstellung des veränderlichen Walzspaltes. Auch an den Walzgerüsten W2 und W3 kann prinzipiell ein solcher - hier nicht dargestellter - Massenflussregler 10 verwendet werden.

[0051] Zwischen zwei Walzgerüsten Wi-1, Wi ist ferner ein Bandzugregler 14 angeordnet, der die Bandzüge Zi-1,i zwischen den beiden Walzgerüsten Wi-1, Wi über das Einstellen der Walzspalte regelt. Gemäß Fig. 1 ist sowohl zwischen den Walzgerüsten W1 und W2 als auch zwischen den Walzgerüsten W2, W3 ein Bandzugregler 14 angeordnet, der den Bandzug Z1,2 bzw. Z2,3 über das Einstellen der Walzspalte der Walzgerüste W2 bzw. W3 regelt.

[0052] Der Bandzug wird im dargestellten Ausführungsbeispiel über einen Schlingenheber 16 erfasst, der positionsgeregelt mit festem Winkel betrieben wird. Alternativ kann anstelle des Schlingenhebers 16 auch eine Zugmessrolle - nicht dargestellt - verwendet werden. Der Bandzug Zi-1,i wird über die jeweilige Kraft F, mit der das Walzgut 6 auf den Schlingenheber 16 drückt berechnet. Der Bandzugregler 14 regelt den Bandzug Zi-1,i über das Anstellsystem 12 des jeweils in Walzrichtung liegenden Walzgerüsts Wi nach.

[0053] Bei der Bearbeitung von Walzgut 6 kann es passieren, dass dieses beim Verlassen eines Walzgerüstes Wi nicht die vorgegebene Zieldicke hi und somit einen Zieldicken-Fehler Δhi aufweist. Ein derartiger Walzgutabschnitt 6 wird während des Walzprozesses erfasst, sein Anstich-Zeitpunkt Ti+1 im Walzgerüst Wi+1 ermittelt und zum Zeitpunkt Ti+1 wird die Walzengeschwindigkeit vWi des Walzgerüsts Wi so angepasst, dass sich gemäß dem Massenflussgesetz im Walzgerüst Wi+1 die Zieldicke hi+1 einstellt. In Fig. 1 ist exemplarisch ein Walzgutabschnitt 6' dargestellt, der nach dem ersten Walzgerüst W1 einen Zieldicken-Fehler Δh1, in diesem Fall einen zu dicken Walzgutabschnitt 6' - hier durch einen schraffierten Bereich dargestellt - aufweist. Dieser zu dicke Walzgutabschnitt 6' trifft zum Zeitpunkt T2 auf das Walzgerüst W2 auf. Zu diesem Zeitpunkt wird die Walzengeschwindigkeit vW1 des ersten Walzgerüsts W1 soweit reduziert, dass sich gemäß dem Massenflussgesetz im Walzgerüst W2 die richtige Zieldicke h2 einstellt.

[0054] Wie oben bereits erwähnt, besteht die Möglichkeit, die modellierte Voreilung si während des gesamten Walzprozesses ständig nachzuführen. Fig. 2 zeigt eine schematische Darstellung einer Regelungseinrichtung 20 zur Regelung der Walzgutgeschwindigkeit vi über die Walzengeschwindigkeit vWi mittels derer ein ständiges Nachführen der modellierten Voreilung si erfolgt. Die Voreilung wird also durch adaptive Anpassung der Voreilung si anhand von weiteren Messwerten, im Ausführungsbeispiel gemäß Fig. 2 anhand von Messwerten der Walzgutgeschwindigkeit vi,M nachgeführt . Dieser Walzgutgeschwindigkeitsmesswert vi,M wird mit einer Messeinrichtung 18 hinter einem Walzgerüst Wi ermittelt.

[0055] Diese Regelungseinrichtung 20 umfasst einen Voreilungsadaptionsregler 22 und eine Limitierungs- und Plausibilisierungsstufe 24. Am Walzgut 6 wird mit Hilfe einer Meßeinrichtung 18 eine tatsächliche auslaufseitige Walzgutgeschwindigkeit vi,M gemessen. Diese tatsächlich hinter einem Walzgerüst Wi gemessene auslaufseitige Walzgutgeschwindigkeit vi,M sowie der Sollwert für die auslaufseitige Walzgutgeschwindigkeit vi,Soll werden dem Voreilungsadaptionsregler 22 zugeführt. Aus diesen Größen wird ein Korrekturwert für die Voreilung SKi ermittelt.

[0056] Anschließend wird dieser Korrekturwert für die Voreilung SKi zusammen mit dem Grundwert der Voreilung SGi einer Limitierungs- und Plausiblisierungsstufe 24 zugeführt. Dadurch ergibt sich eine weitergehend korrigierte und nochmals fein abgestimmte Voreilung Si. Diese wird anschließend in einem inversen Streckenmodell 26 verwendet, um die Sollwerte für die Walzengeschwindigkeiten vWi,Soll zu adaptieren. Mit anderen Worten wird die modellgestützt angepasste bzw. modellierte Voreilung si durch den Voreilungsadaptionsregler 22 und die Limitierungs- und Plausibilisierungsstufe 24 nochmals fein abgestimmt, um unter Umständen demgegenüber nochmals eine besser adaptierte modellierte Voreilung si zu erzeugen. Diese besser adaptierte modellierte Voreilung si wird im Modell wiederum zur Ermittlung der Sollwerte für die Walzengeschwindigkeiten vWi,Soll verwendet, die anschließend über die Walzantriebe eingeregelt werden. Dadurch stellen sich auch die auslaufseitigen Zieldicken hi mit immer größerer Genauigkeit ein. Mit anderen Worten gehen in der Regelungseinrichtung 20 der Walzgutgeschwindigkeitsmesswert vi,M und die gemäß der Erfindung korrigierte Voreilung si, nämlich der Grundwert SGi und der Korrekturwert SKi, ein. Hier kann insbesondere eine bestimmte Gewichtung zwischen Messwert, hier dem Walzgutgeschwindigkeitsmesswert vi,M, und dem Voreilungswert si gewählt werden. Mit anderen Worten wird durch die Regelungseinrichtung 20 eine nach dem Walzgerüst Wi beziehungsweise zwischen Walzgerüsten gemessene Walzgutgeschwindigkeit zwar benutzt. Die Benutzung erfolgt jedoch zur Erhöhung der Robustheit der Massenflussregelung nur indirekt, nämlich zusammen mit der erfindungsgemäß ermittelten Voreilung si in der Regelungseinrichtung 20.

[0057] Obwohl die Erfindung im Detail durch das bevorzugte Ausführungsbeispiel näher illustriert und beschrieben wurde, so ist die Erfindung nicht durch die offenbarten Beispiele eingeschränkt und andere Variationen können vom Fachmann hieraus abgeleitet werden, ohne den Schutzumfang der Erfindung zu verlassen.


Ansprüche

1. Verfahren zur Bearbeitung von Walzgut (6) in einem Warmwalzwerk (2) mit einer Walzstraße (3), die mindestens zwei aufeinanderfolgende Walzgerüste (Wi) umfasst, wobei jedes Walzgerüst (Wi) mindestens eine von einem Walzantrieb (8) angetriebene Walze (4) mit einer Walzengeschwindigkeit (VWi) aufweist und das Walzgut (6) aus dem Walzgerüst (Wi) mit einer auslaufseitigen Walzgutgeschwindigkeit (Vi), die über eine Voreilung (Si) mit der Walzengeschwindigkeit (VWi) zusammenhängt, austritt, mit folgenden Schritten:

a) es werden auslaufseitige Zieldicken (hi) des Walzguts (6) für jedes Walzgerüst (Wi) vorgegeben,

b) gemäß des Massenflussgesetzes werden aus den auslaufseitigen Zieldicken (hi) Sollwerte für die auslaufseitigen Walzgutgeschwindigkeiten (vi,Soll) ermittelt,

c) es wird ein Modellwert für die Voreilung (Si) gewählt,

d) aus dem Modellwert der Voreilung (Si) und den Sollwerten der auslaufseitigen Walzgutgeschwindigkeiten (vi,Soll) werden Sollwerte für die Walzengeschwindigkeiten (vWi,Soll) ermittelt,

e) die Walzengeschwindigkeiten (vwi) werden auf die Sollwerte für die Walzengeschwindigkeiten (vWi,Soll) eingeregelt.


 
2. Verfahren nach Anspruch 1, bei dem ein Massenflussregler (10) aus den Messwerten für die einlaufseitige Walzgutgeschwindigkeit (v0,M), die einlaufseitige Walzgutdicke (h0,M) und die Walzengeschwindigkeit (vW1) des ersten Walzgerüstes W1 unter Verwendung der Voreilung (S1) die Zieldicke (h1) einstellt.
 
3. Verfahren nach Anspruch 1 oder 2, bei dem ein Massenflussregler (10) an jedem Walzgerüst (Wi) aus der einlaufseitigen Walzgutgeschwindigkeit (vi-1), der einlaufseitigen Walzgutdicke (hi-1) und der Walzengeschwindigkeit (Vwi) des Walzgerüstes (Wi) unter Verwendung der Voreilung (Si) die Zieldicke (hi) einstellt.
 
4. Verfahren nach einem der vorhergehenden Ansprüche, bei dem Zieldicken-Fehler (Δhi) aufweisende Walzgutabschnitte (6') erfasst, Anstich-Zeitpunkte der Walzgutabschnitte (6') im Walzgerüst (Wi+1) ermittelt werden und zum Zeitpunkt die Walzengeschwindigkeit (vWi) des Walzgerüsts (Wi) so angepasst wird, dass sich gemäß dem Massenflussgesetz im Walzgerüst (Wi+1) die Zieldicke (hi+1) einstellt.
 
5. Verfahren nach einem der vorhergehenden Ansprüche, bei dem der Modellwert für die Voreilung (Si) konstant gesetzt wird.
 
6. Verfahren nach einem der vorhergehenden Ansprüche, bei dem die Voreilung (Si) während der gesamten Bearbeitung modellgestützt angepasst wird.
 
7. Verfahren nach einem der vorhergehenden Ansprüche, bei dem die Voreilung (Si) während der Bearbeitung des Walzgutes (6) ständig anhand des Messwertes der Walzgutgeschwindigkeit (vi,M) nachgeführt wird.
 
8. Verfahren nach einem der vorhergehenden Ansprüche, bei dem die Breitung des Walzgutes (6) bei der Ermittlung der Walzgutgeschwindigkeiten (vi) und der Walzengeschwindigkeiten (VWi) berücksichtigt wird.
 
9. Verfahren nach einem der vorhergehenden Ansprüche, bei dem jeweils zwischen zwei Walzgerüsten (Wi) ein Bandzugregler (14) angeordnet ist, der die Bandzüge (Zi-1,i) über das Einstellen der Walzspalte regelt.
 
10. Verfahren nach Anspruch 9, bei dem der Bandzug (Zi-1,i) mittels eines Schlingenhebers (16) erfasst wird.
 
11. Verfahren nach Anspruch 9, bei dem der Bandzug (Zi-1,i) mittels einer Zugmessrolle erfasst wird.
 




Zeichnung










Recherchenbericht









Recherchenbericht