(19)
(11) EP 2 636 635 A1

(12) EUROPÄISCHE PATENTANMELDUNG

(43) Veröffentlichungstag:
11.09.2013  Patentblatt  2013/37

(21) Anmeldenummer: 12008264.9

(22) Anmeldetag:  11.12.2012
(51) Internationale Patentklassifikation (IPC): 
B66D 1/52(2006.01)
(84) Benannte Vertragsstaaten:
AL AT BE BG CH CY CZ DE DK EE ES FI FR GB GR HR HU IE IS IT LI LT LU LV MC MK MT NL NO PL PT RO RS SE SI SK SM TR
Benannte Erstreckungsstaaten:
BA ME

(30) Priorität: 09.03.2012 DE 102012004914

(71) Anmelder: Liebherr-Werk Nenzing GmbH
6710 Nenzing (AT)

(72) Erfinder:
  • Langer, Karl
    6700 Bludenz (AT)
  • Schneider, Klaus
    88145 Hergatz (DE)
  • Küchler, Sebastian
    71034 Böblingen (DE)
  • Sawodny, Oliver
    70186 Stuttgart (DE)

(74) Vertreter: Laufhütte, Dieter et al
Lorenz - Seidler - Gossel Widenmayerstrasse 23
80538 München
80538 München (DE)

   


(54) Kransteuerung mit Seilkraftmodus


(57) Die vorliegende Erfindung zeigt eine Kransteuerung für einen Kran (1), welcher ein Hubwerk zum Heben einer an einem Seil (4) hängenden Last (3) aufweist, wobei die Kransteuerung einen Seilkraftmodus aufweist, in welchem die Kransteuerung das Hubwerk so ansteuert, dass sich ein Sollwert der Seilkraft einstellt.


Beschreibung


[0001] Die vorliegende Erfindung betrifft eine Kransteuerung für einen Kran, welcher ein Hubwerk zum Heben einer an einem Seil hängenden Last aufweist.

[0002] Bei bekannten Kransteuerungen wird dabei üblicherweise eine Steuerung bzw. Regelung eingesetzt, bei welcher die gewünschte Position oder Geschwindigkeit der Last als Sollwert dient. Beispielsweise gibt der Kranführer dabei über einen Handhebel eine gewünschte Geschwindigkeit der Last vor, welche dann als Eingangsgröße für die Kransteuerung dient.

[0003] Die Erfinder der vorliegenden Erfindung haben erkannt, dass eine solche Ansteuerung des Hubwerks in gewissen Konstellationen von Nachteil sein kann.

[0004] Aufgabe der vorliegenden Erfindung ist es daher, eine verbesserte Kransteuerung zur Verfügung zu stellen.

[0005] Diese Aufgabe wird erfindungsgemäß durch Anspruch 1 gelöst.

[0006] Die vorliegende Erfindung zeigt dabei eine Kransteuerung für einen Kran, welcher ein Hubwerk zum Heben einer an einem Seil hängenden Last aufweist. Erfindungsgemäß weist die Kransteuerung einen Seilkraftmodus auf, in welchem die Kransteuerung das Hubwerk so ansteuert, dass sich ein Sollwert der Seilkraft einstellt. Eine solche Ansteuerung des Hubwerks auf Grundlage der gewünschten Kraft, welche im Seil wirkt, kann dabei für bestimmte Hubsituationen Vorteile gegenüber einer Kransteuerung haben, welche anhand einer Sollposition bzw. Sollgeschwindigkeit der Last arbeitet. Insbesondere kann durch den Seilkraftmodus der erfindungsgemäßen Kransteuerung die Entstehung von Schlaffseil beim Aufsetzen der Last verhindert werden. Vorteilhafterweis erfolgt die Ansteuerung dabei automatisch.

[0007] Bevorzugt wird dabei die Geschwindigkeit und/oder Position der Winde angesteuert. Insbesondere kann dabei die Geschwindigkeit und/oder Position der Winde unter Berücksichtigung der Elastizität des Systems so angesteuert wird, dass sich der Sollwert der Seilkraft einstellt.

[0008] Vorteilhafterweise kann dabei die Seilkraft im Seilkraftmodus auf einem konstanten Sollwert gehalten werden. Vorteilhafterweise steuert die Kransteuerung das Hubwerk dabei im Seilkraftmodus so an, dass die Seilkraft automatisch auf einem vorgegebenen Sollwert eingestellt wird.

[0009] Dabei kann eine Seilkraftbestimmungseinheit vorgesehen sein, welche einen Istwert der Seilkraft bestimmt. Vorteilhafterweise erfolgt die Ansteuerung dann auf Grundlage eines Vergleichs des Istwertes und des Sollwertes der Seilkraft.

[0010] Erfindungsgemäß kann die Seilkraft im Seilkraftmodus durch Rückführung mindestens eines Messwertes geregelt werden. Vorteilhafterweise bestimmt die Seilkraftbestimmungseinheit dabei den Istwert der Seilkraft auf Grundlage eines Messsignals eines Seilkraftsensors.

[0011] Erfindungsgemäß kann der Seilkraftsensor dabei am Hubwerk angeordnet sein, insbesondere an einer Befestigung der Hubwinde und/oder einer Befestigung einer Seilrolle. Beispielsweise kann der Seilkraftsensor dabei in einer Lasche angeordnet sein, welche die Hubwinde an einem Hubwindenpodest befestigt, oder welche eine Seilrolle, über welche das Hubseil geführt ist, hält.

[0012] Weiterhin die Seilkraftbestimmungseinheit den Istwert der Seilkraft über eine Filterung von Messwerten oder eine modellbasierte Schätzung bestimmen. Insbesondere kann dabei ein Beobachter vorgesehen sein, welcher die Seilkraft auf Grundlage von Messwerten sowie einem physikalischen Modell der Dynamik des Seiles bestimmt.

[0013] Weiterhin kann die erfindungsgemäße Kransteuerung eine Sollwertbestimmungseinheit aufweisen, welche den Sollwert der Seilkraft anhand von Messwerten und/oder Steuersignalen und/oder Eingaben eines Benutzers bestimmt.

[0014] Beispielsweise kann die Sollwertbestimmungseinheit dabei die auf das Seil wirkende statische Kraft während eines Hubes bestimmen. Insbesondere kann dabei während eines dem Seilkraftmodus vorangegangenen Hubvorgang die auf das Seil wirkende statische Kraft bestimmt werden. Die statische Kraft entspricht dabei insbesondere dem Gewicht der gehobenen Last. Der dynamische Anteil der im Seil wirkenden Kräfte kann dabei beispielsweise durch eine Filterung entfernt werden.

[0015] Weiterhin kann erfindungsgemäß die Seillänge in die Sollwertbestimmungseinheit eingehen. Gerade bei Hüben mit großer Seillänge hängt dabei die am Seilaufhängepunkt wirkende Last auch von der Länge des abgewickelten Seiles bzw. dessen Gewicht ab. Vorteilhafterweise berücksichtigt die Sollwertbestimmungseinheit daher das Gewicht des abgewickelten Seils.

[0016] Insbesondere kann das Gewicht der gehobenen Last dabei dadurch bestimmt werden, dass bei einer frei hängenden Last von einem statischen Anteil einer gemessenen Kraft das Gewicht des abgewickelten Seils abgezogen wird. Vorteilhafterweise berücksichtigt die Sollwertbestimmungseinheit dann das so bestimmte Gewicht der gehobenen Last und das Gewicht des im Seilkraftmodus aktuell abgewickelten Seils.

[0017] Eine Sollwertbestimmungseinheit, welche die Seillänge berücksichtigt, ist insbesondere dann von Vorteil, wenn die Seilkraft über einen Sensor gemessen wird, welcher nicht am Lasthaken angeordnet ist, sondern beispielsweise am Hubwerk.

[0018] Weiterhin kann eine erfindungsgemäße Kransteuerung ein Eingabeelement umfassen, über welches der Kranführer den Sollwert der Seilkraft verändern kann. Hierdurch kann der Kranführer einstellen, welche Spannung während des Seilkraftmodus im Seil aufrecht erhalten werden soll.

[0019] Vorteilhafterweise ist hierfür ein Faktor eingebbar, der das Verhältnis zwischen dem Sollwert der Seilkraft und der statischen Kraft während eines Hubes bestimmt. Beispielsweise kann der Kranführer so vorgeben, dass zumindest ein Anteil der Seilkraft während des Seilkraftmodus in einem gewissen Verhältnis zu der zuvor auf das Seil wirkenden Gewichtskraft der Last stehen soll.

[0020] Vorteilhafterweise wird der Sollwert der Seilkraft dabei so bestimmt, dass er immer oberhalb der durch das abgewickelte Lastseil erzeugten Gewichtskraft liegt. Hierdurch wird sichergestellt, dass im Seilkraftmodus kein Schlaffseil entstehen kann. Vorteilhafterweise wird hierfür wie bereits oben beschrieben die Seillänge berücksichtigt und das Gewicht des abgewickelten Seiles bestimmt. Insbesondere kann der Sollwert der Seilkraft dabei aus der Summe aus der durch das abgewickelte Lastseil erzeugten Gewichtskraft und einer Kraft bestehen, welche in einem bestimmten Verhältnis zu der zuvor auf das Seil wirkenden Gewichtskraft der Last steht.

[0021] Erfindungsgemäß kann die Kransteuerung im Seilkraftmodus ein Vorsteuerteil umfassen, welches die Dynamik des Seiles berücksichtigt, und ein Rückführungsteil, über welches die durch die Seilkraftbestimmungseinheit bestimmte Seilkraft zurückgeführt wird. Beispielsweise kann der Vorsteuerteil dabei auf der Invertierung eines die Schwingungsdynamik des Seils beschreibenden Modells beruhen. Vorteilhafterweise wird in diesem das Gewicht des abgewickelten Seils berücksichtigt. Die Ansteuerung wird dann über den Rückführungsteil stabilisiert.

[0022] Weiterhin kann die erfindungsgemäße Kransteuerung eine Zustandserfassung aufweisen, wobei die Kransteuerung automatisch anhand der Zustandserfassung in den und/oder aus dem Seilkraftmodus wechselt. Vorteilhafterweise kann die Zustandserfassung dabei ein Absetzen und/oder Aufnehmen der Last detektieren. Hierdurch kann die Kransteuerung automatisch in bzw. aus den Seilkraftmodus wechseln, wenn sie ein Absetzen bzw. Aufnehmen der Last erkennt.

[0023] Alternativ kann der Wechsel in einer oder in beiden Richtungen auch manuell durch den Kranführer erfolgen.

[0024] Vorteilhafterweise kann die Zustandserkennung den jeweils aktuellen Zustand anzeigen.

[0025] Vorteilhafterweise überwacht die Zustandserfassung dabei die Seilkraft, um den Zustand des Kranes zu erfassen und insbesondere um ein Absetzen und/oder Aufnehmen der Last zu detektieren. Vorteilhafterweise wird dabei ein Absetzen der Last erkannt, wenn ein negativer Lastwechsel vorliegt und/oder wenn die Ableitung der Seilkraft unter einem gewissen Schwellwert liegt, während der Kranfahrer ein Absenken der Last über eine Eingabeeinrichtung vorgibt. Umgekehrt kann ein Aufnehmen der Last erkannt werden, wenn ein positiver Lastwechsel vorliegt und/oder wenn die Ableitung der Seilkraft über einem gewissen Schwellwert liegt, während der Kranfahrer ein Anheben der Last über eine Eingabeeinrichtung vorgibt.

[0026] Die erfindungsgemäße Kransteuerung kann weiterhin einen Hubmodus umfassen, in welchem das Hubwerk auf Grundlage eines Sollwerts der Lastposition und/oder der Lastgeschwindigkeit, und/oder eines Sollwerts der Seilposition und/oder Seilgeschwindigkeit angesteuert wird. Dabei kann eine Regelung vorgesehen sein, welche im Hubmodus einen Istwert der Lastposition und/oder Lastgeschwindigkeit und/oder Seilposition und/oder Seilgeschwindigkeit zurückführt.

[0027] Vorteilhafterweise wechselt die Kransteuerung dabei von dem Hubmodus in den Seilkraftmodus, wenn sie ein Absetzen der Last detektiert.

[0028] Weiterhin kann die Kransteuerung oder der Kranführer von dem Seilkraftmodus in den Hubmodus wechseln, wenn die Kransteuerung ein Aufnehmen der Last detektiert und ggf. anzeigt.

[0029] Die Kransteuerung gemäß der vorliegenden Erfindung kann besonders bevorzugt bei Hüben eingesetzt werden, bei welchen sich entweder der Seilaufhängepunkt oder der Lastabsetzpunkt bewegt, wie dies beispielsweise bei auf einem Schiff angeordneten Kranen oder auf einem Schiff abzulegenden Lasten aufgrund des Seegangs der Fall ist.

[0030] Durch den erfindungsgemäßen Seilkraftmodus kann dabei das Entstehen von Schlaffseil trotz einer Bewegung des Seilaufhängepunktes bzw. des Lastabsetzpunktes verhindert werden, da über den Seilkraftmodus eine konstante Spannung im Seil aufrecht erhalten wird. Hierdurch werden die teilweise enormen Belastungen auf das Seil sowie auf den Kran, welche bei Schlaffseilsituationen entstehen können, vermieden.

[0031] Die erfindungsgemäße Kransteuerung kann dabei eine aktive Seegangskompensation aufweisen, welche durch eine Ansteuerung des Hubwerks die Bewegung des Seilaufhängepunktes und/oder eines Lastabsetzpunktes aufgrund des Seegangs zumindest teilweise ausgleicht. Hierdurch kann eine nochmals verbesserte Ansteuerung des Kranes bei Seegang erreicht werden.

[0032] Vorteilhafterweise erfolgt die aktive Seegangskompensation dabei auf Grundlage einer Prädiktion, welche die zukünftige Bewegung des Seilaufhängepunktes bzw. des Lastabsetzpunktes aufgrund des Seegangs vorhersagt und durch eine entsprechende Ansteuerung des Hubwerks zumindest teilweise ausgleicht.

[0033] Die aktive Seegangskompensation kann dabei im Hubmodus und/oder im Seilkraftmodus der erfindungsgemäßen Kransteuerung zum Einsatz kommen.

[0034] Die vorliegende Erfindung umfasst weiterhin einen Kran mit einer Kransteuerung, wie sie oben beschrieben wurde.

[0035] Insbesondere kann es sich bei dem erfindungsgemäßen Kran um einen Schiffskran handeln. Bei einem Schiffskran handelt es sich um einen Kran, welcher auf einem Schwimmkörper angeordnet ist. Bei solchen Kranen kann sich daher der Seilaufhängepunkt aufgrund des Seegangs bewegen.

[0036] Alternativ kann es sich bei dem erfindungsgemäßen Kran bspw. auch um einen Hafenkran oder Offshorekran oder Seilbagger handeln, insbesondere um einen Hafenmobilkran. Ein Hafenkran wird dabei dazu eingesetzt, um Lasten auf ein Schiff zu laden bzw. von einem Schiff abzuladen. Ein Kran gemäß der vorliegenden Erfindung kann daher auch auf einer Bohrplattform installiert sein. Bei solchen Kranen, welche zum Be- oder Entladen eines Schiffes eingesetzt werden, kann sich der Lastabsetzpunkt aufgrund des Seegangs bewegen.

[0037] Die vorliegende Erfindung umfasst weiterhin die Verwendung einer erfindungsgemäßen Kransteuerung in Hubsituationen, bei welchen sich der Seilaufhängepunkt und/oder der Lastabsetzpunkt aufgrund von externen Einflüssen wie beispielsweise aufgrund des Seegangs bewegt. Als externe Einflüsse kommen jedoch auch Windlasten in Frage, welche den Seilaufhängepunkt bewegen.

[0038] Hier kann der erfindungsgemäße Seilkraftmodus verhindern, dass Schlaffseil aufgrund dieser externen Bewegung entsteht. Bei dem Seilaufhängepunkt kann es sich dabei insbesondere um die Kranspitze handeln, von welcher das Hubseil zur Last geführt ist. Wird diese beispielsweise aufgrund des Seegangs bewegt, überträgt sich diese Bewegung auf das Seil und damit auf die Last. Bei dem Lastabsetzpunkt kann es sich beispielsweise um die Ladefläche eines Schwimmkörpers, insbesondere eines Schiffes handeln. Bewegt sich diese, kann bei abgesetzter Last entweder Schlaffseil entstehen oder die Last abgehoben werden.

[0039] Die vorliegende Erfindung umfasst weiterhin die Verwendung einer erfindungsgemäßen Kransteuerung bei abgesetzter Last. Insbesondere sorgt der erfindungsgemäße Seilkraftmodus dabei automatisch dafür, dass ein gewünschter Sollwert der Seilkraft eingehalten wird. Vorteilhafterweise erfolgt dies erfindungsgemäß durch eine Regelung der Seilkraft.

[0040] Die vorliegende Erfindung umfasst weiterhin ein Verfahren zur Ansteuerung eines Krans, welcher ein Hubwerk zum Heben einer an einem Seil hängenden Last aufweist. Erfindungsgemäß wird dabei das Hubwerk auf Grundlage eines Sollwerts der Seilkraft angesteuert. Auch hierdurch ergeben sich die Vorteile, welche weiter oben bereits im Hinblick auf die Kransteuerung sowie deren Verwendung näher dargestellt wurden.

[0041] Vorteilhafterweise erfolgt das Verfahren dabei so, wie dies bereits oben im Hinblick auf die erfindungsgemäße Kransteuerung bzw. deren Verwendung näher beschrieben wurde.

[0042] Insbesondere kann das erfindungsgemäße Verfahren dabei mit einer Kransteuerung, wie sie oben beschrieben wurde, durchgeführt werden.

[0043] Vorteilhafterweise wechselt die erfindungsgemäße Kransteuerung dabei bei Detektion eines Absetzvorgangs automatisch in den Seilkraftmodus. Vorteilhafterweise erfolgt dabei ein rampenförmiger Übergang von der aktuell bei der Detektion des Absetzvorgangs gemessenen Kraft zur eigentlichen Sollkraft, um Sollwertsprünge in der Führungsgröße zu vermeiden.

[0044] Weiterhin kann zum Anheben der Last zunächst die Sollkraft so weit angehoben werden, dass die Last angehoben wird. Weiterhin vorteilhafterweise wird dann ein Wechsel vom Sollkraft- zum Hubmodus bei frei hängender Last durchgeführt.

[0045] Vorteilhafterweise kann der Kranfahrer dabei manuell vom Seilkraftmodus in einen Hubmodus wechseln. Alternativ erfolgt dies durch die Kransteuerung automatisch

[0046] Weiterhin vorteilhafterweise wird während des Seilkraftmodus zudem die Eingabevorrichtung, über welche der Kranführer im Hubmodus die Bewegung der Last vorgibt, automatisch deaktiviert.

[0047] Die vorliegende Erfindung umfasst weiterhin Software mit Code zur Durchführung eines Verfahrens, wie es oben beschrieben wurde. Die Software kann dabei insbesondere auf einem maschinenlesbaren Datenspeicher abgespeichert sein. Vorteilhafterweise kann durch die erfindungsgemäße Software, wenn sie auf eine Kransteuerung aufgespielt wird, eine erfindungsgemäße Kransteuerung implementiert werden.

[0048] Die erfindungsgemäße Kransteuerung und insbesondere der Seilkraftmodus wird dabei vorteilhafterweise durch eine elektronische Steuerung realisiert. Insbesondere kann dabei ein Steuerrechner vorgesehen sein, welcher mit Eingabeelementen und/oder Sensoren in Verbindung steht und Ansteuersignale zum Ansteuern des Hubwerks erzeugt. Der Steuerrechner kann dabei weiterhin mit einer Anzeigevorrichtung in Verbindung stehen, welche dem Kranführer Informationen zum Zustand der Kransteuerung visuell anzeigt. Vorteilhafterweise wird dabei erfindungsgemäß angezeigt, ob die Kransteuerung sich im Seilkraftmodus und/oder im Hubmodus befindet. Weiterhin kann der Sollwert erfindungsgemäß visualisiert werden. Vorteilhafterweise steht der Steuerrechner dabei mit einem Eingabeelement in Verbindung, über welches die gewünschte Seilkraft eingestellt werden kann. Weiterhin vorteilhafterweise steht der Steuerrechner mit einem Seilkraftsensor in Verbindung. Die vorliegende Erfindung wird nun anhand eines Ausführungsbeispiels sowie Zeichnungen näher dargestellt.

[0049] Dabei zeigen:
Figur 0:
einen auf einem Schwimmkörper angeordneten Kran gemäß der vorliegenden Erfindung,
Figur 1:
die Struktur einer getrennten Trajektorienplanung für die Seegangskompensation und die Bedienersteuerung,
Figur 2:
eine Integratorkette vierter Ordnung zur Planung von Trajektorien mit stetigem Ruck,
Figur 3:
eine nicht äquidistante Diskretisierung für die Trajektorienplanung, welche gegen Ende des Zeithorizontes größere Abstände verwendet als zu Anfang des Zeithorizontes,
Figur 4:
die Berücksichtigung von sich ändernden Beschränkungen zunächst am Ende des Zeithorizontes am Beispiel der Geschwindigkeit,
Figur 5:
die für die Trajektorienplanung der Bedienersteuerung verwendete Integratorkette dritter Ordnung, welche anhand einer Ruckaufschaltung arbeitet,
Figur 6:
die Struktur der Bahnplanung der Bedienersteuerung, welche Beschränkungen des Antriebs berücksichtigt,
Figur 7:
ein beispielhafter Ruckverlauf mit zugehörigen Schaltzeiten, aus welchen anhand der Bahnplanung eine Trajektorie für die Position und/oder Geschwindigkeit und/oder Beschleunigung des Hubwerks berechnet wird,
Figur 8:
ein mit der Ruckaufschaltung generierter Verlauf einer Geschwindigkeits- und Beschleunigungstrajektorie,
Figur 9:
eine Übersicht über das Ansteuerungskonzept mit einer aktiven Seegangskompensation und einem Sollkraftmodus, hier als Konstantspannungsmodus bezeichnet,
Figur 10:
ein Blockschaltbild der Ansteuerung für die aktive Seegangskompensation und
Figur 11:
ein Blockschaltbild der Ansteuerung für den Sollkraftmodus.


[0050] Figur 0 zeigt ein Ausführungsbeispiel eines Kranes 1 mit einer erfindungsgemäßen Kransteuerung zur Ansteuerung des Hubwerks 5. Das Hubwerk 5 weist eine Hubwinde auf, welche das Seil 4 bewegt. Das Seil 4 ist über einen Seilaufhängepunkt 2, im Ausführungsbeispiel eine Umlenkrolle am Ende des Kranauslegers, am Kran geführt. Durch das Bewegen des Seiles 4 kann eine am Seil hängende Last 3 angehoben oder abgesenkt werden.

[0051] Dabei kann mindestens ein Sensor vorgesehen sein, welche die Position und/oder Geschwindigkeit des Hubwerkes misst und entsprechende Signale an die Kransteuerung übermittelt.

[0052] Weiterhin kann mindestens ein Sensor vorgesehen sein, welche die Seilkraft misst und entsprechende Signale an die Kransteuerung übermittelt. Der Sensor kann dabei im Bereich des Kranaufbaus angeordnet sein, insbesondere in einer Befestigung der Winde 5 und/oder in einer Befestigung der Seilrolle 2.

[0053] Der Kran 1 ist im Ausführungsbeispiel auf einem Schwimmkörper 6 angeordnet, hier einem Schiff. Wie ebenfalls in Figur 0 zu erkennen, bewegt sich der Schwimmkörper 6 aufgrund des Seegangs um seine sechs Freiheitsgrade. Hierdurch wird auch der auf dem Schwimmkörper 6 angeordnete Kran 1 sowie der Seilaufhängepunkt 2 bewegt.

[0054] Die Kransteuerung gemäß der vorliegenden Erfindung kann eine aktive Seegangskompensation aufweisen, welche durch eine Ansteuerung des Hubwerks und die Bewegung des Seilaufhängepunktes 2 aufgrund des Seegangs zumindest teilweise ausgleicht. Insbesondere wird dabei die vertikale Bewegung des Seilaufhängepunktes aufgrund des Seegangs zumindest teilweise ausgeglichen.

[0055] Die Seegangskompensation kann eine Messvorrichtung umfassen, welche eine aktuelle Seegangsbewegung aus Sensordaten ermittelt. Die Messvorrichtung kann dabei Sensoren umfassen, welche am Kranfundament angeordnet sind. Insbesondere kann es sich dabei um Gyroskope und/oder Neigungswinkelsensoren handeln. Besonders bevorzugt sind drei Gyroskope und drei Neigungswinkelsensoren vorgesehen.

[0056] Weiterhin kann eine Prognosevorrichtung vorgesehen sein, welche eine zukünftige Bewegung des Seilaufhängepunktes 2 anhand der ermittelten Seegangsbewegung und eines Modells der Seegangsbewegung prognostiziert. Insbesondere prognostiziert die Prognosevorrichtung dabei allein die vertikale Bewegung des Seilaufhängepunktes. Ggfls. kann dabei im Rahmen der Mess- und/oder der Prognosevorrichtung eine Bewegung des Schiffes am Punkt der Sensoren der Messvorrichtung in eine Bewegung des Seilaufhängepunktes umgerechnet werden.

[0057] Die Prognosevorrichtung und die Messvorrichtung sind vorteilhafterweise so ausgeführt, wie dies in der DE 10 2008 024513 A1 ausführlicher beschrieben ist.

[0058] Alternativ könnte es sich bei dem erfindungsgemäßen Kran auch um einen Kran handeln, welcher zum Anheben und/oder Absenken einer Last von bzw. auf einen auf einem Schwimmkörper angeordneten Lastabsetzpunkt eingesetzt wird, welcher sich daher mit dem Seegang bewegt. Die Prognosevorrichtung muss in diesem Fall die zukünftige Bewegung des Lastabsetzpunktes prognostizieren. Dies kann analog zu dem oben beschrieben Vorgehen erfolgen, wobei die Sensoren der Messvorrichtung auf dem Schwimmkörper des Lastabsetzpunktes angeordnet sind. Bei dem Kran kann es sich dabei bspw. um einen Hafenkran, einen Offshorekran oder einen Seilbagger handeln.

[0059] Die Hubwinde des Hubwerks 5 ist im Ausführungsbeispiel hydraulisch angetrieben. Insbesondere ist dabei ein Hydraulikkreislauf aus Hydraulikpumpe und Hydraulikmotor vorgesehen, über welchen die Hubwinde angetrieben wird. Bevorzugt kann dabei ein Hydraulikspeicher vorgesehen sein, über welchen Energie beim Absenken der Last gespeichert wird, so dass diese Energie beim Anheben der Last zur Verfügung steht.

[0060] Alternativ könnte ein elektrischer Antrieb eingesetzt werden. Auch dieser könnte mit einem Energiespeicher verbunden werden.

[0061] Im Folgenden wird nun ein Ausführungsbeispiel der vorliegenden Erfindung gezeigt, bei welchem eine Vielzahl von Aspekten der vorliegenden Erfindung gemeinsam verwirklicht sind. Die einzelnen Aspekte können jedoch auch jeweils getrennt voneinander zur Weiterbildung der im allgemeinen Teil der vorliegenden Anmeldung beschriebenen Ausführungsform der vorliegenden Erfindung herangezogen werden.

1 Planung von Referenztrajektorien



[0062] Zur Umsetzung des geforderten prädiktiven Verhaltens der aktiven Seegangskompensation wird im Ausführungsbeispiel eine aus einer Vorsteuerung und einer Rückführung in Form einer Zwei-Freiheitsgrade-Struktur bestehende Folgeregelung eingesetzt. Die Vorsteuerung berechnet sich dabei durch eine differentielle Parametrierung und setzt zweifach stetig differenzierbare Referenztrajektorien voraus.

[0063] Entscheidend bei der Planung ist, dass der Antrieb den vorgegebenen Trajektorien folgen kann. Somit müssen auch Beschränkungen des Hubwerkes beachtet werden. Ausgangspunkt für die Betrachtung sind die Vertikalposition und/oder - geschwindigkeit des Seilaufhängepunkts

und

welche z.B. mit Hilfe des in der DE 10 2008 024 513 beschriebenen Algorithmus über einen festen Zeithorizont vorhergesagt werden. Zusätzlich wird bei der Trajektorienplanung noch das Handhebelsignal des Kranfahrers, über das er die Last im inertialen Koordinatensystem verfährt, miteinbezogen.

[0064] Aus Sicherheitsgründen ist es notwendig, dass sich die Winde auch bei einem Ausfall der aktiven Seegangskompensation weiterhin über das Handhebelsignal verfahren lässt. Daher erfolgt bei dem verwendeten Konzept zur Trajektorienplanung eine Trennung zwischen der Planung der Referenztrajektorien für die Kompensationsbewegung und derer infolge eines Handhebelsignals, wie dies in Fig. 1 dargestellt ist.

[0065] In der Abbildung bezeichnen



und

die für die Kompensation geplante Position, Geschwindigkeit und Beschleunigung und

und

die auf Basis des Handhebelsignals geplante Position, Geschwindigkeit und Beschleunigung zum überlagerten Ab- oder Aufwickeln des Seils. Innerhalb des weiteren Verlaufs der Ausführung werden geplante Referenztrajektorien für die Bewegung der Hubwinde grundsätzlich mit y*, ẏ* bzw. ÿ* bezeichnet, da sie als Referenz für den Systemausgang der Antriebsdynamik dienen.

[0066] Aufgrund der getrennten Trajektorienplanung ist es möglich, bei ausgeschalteter Seegangskompensation oder bei einem kompletten Ausfall der Seegangskompensation (z. B. durch Ausfall der IMU) für,die Handhebelsteuerung im manuellen Betrieb die gleiche Trajektorienplanung und den gleichen Folgeregler zu verwenden und dadurch ein identisches Fahrverhalten wie bei eingeschalteter Seegangskompensation zu erzeugen.

[0067] Um die gegebenen Beschränkungen in Geschwindigkeit vmax und Beschleunigung amax trotz der komplett unabhängigen Planung nicht zu verletzen, werden vmax und amax mit Hilfe eines Gewichtungsfaktors 0 ≤ kl ≤ 1 aufgeteilt (vgl. Fig. 1). Dieser wird durch den Kranfahrer vorgegeben und ermöglicht damit die individuelle Aufteilung der Leistung, welche für die Kompensation bzw. das Verfahren der Last zur Verfügung steht. Somit folgt für die maximale Geschwindigkeit und Beschleunigung der Kompensationsbewegung (1-kl)vmax und (1-kl)amax sowie für die Trajektorien zum überlagerten Ab- und Aufwickeln des Seils klvmax und klamax.

[0068] Eine Änderung von kl lässt sich dabei während des Betriebs durchführen. Da die maximal mögliche Verfahrgeschwindigkeit bzw. -beschleunigung abhängig von der Gesamtmasse aus Seil und Last sind, können sich auch vmax und amax im Betrieb ändern. Deshalb werden die jeweils gültigen Werte ebenfalls an die Trajektorienplanung übergeben.

[0069] Durch die Aufteilung der Leistung nutzt man zwar die Stellgrößenbeschränkungen unter Umständen nicht vollständig aus, doch kann der Kranfahrer den Einfluss der aktiven Seegangskompensation einfach und intuitiv einstellen.

[0070] Eine Gewichtung von kl = 1 ist gleichzusetzen mit einem Ausschalten der aktiven Seegangskompensation, wodurch sich ein glatter Übergang zwischen ein- und ausgeschalteter Kompensation ermöglichen lässt.

[0071] Der erste Teil des Kapitels erläutert zunächst die Generierung der Referenztrajektorien

und

zur Kompensation der Vertikalbewegung des Seilaufhängepunkts. Der wesentliche Aspekt hierbei ist, dass mit den geplanten Trajektorien die Vertikalbewegung so weit kompensiert wird, wie es aufgrund der gegebenen und durch kl eingestellten Beschränkungen möglich ist.

[0072] Daher wird zunächst mit Hilfe der über einen kompletten Zeithorizont vorhergesagten Vertikalpositionen und -geschwindigkeiten des Seilaufhängepunkts

ein Optimalsteuerungsproblem formuliert, welches zyklisch gelöst wird, wobei Kp die Anzahl der vorhergesagten Zeitschritte bezeichnet. Die zugehörige numerische Lösung und Implementierung werden im Anschluss diskutiert.

[0073] Der zweite Teil des Kapitels befasst sich mit der Planung der Trajektorien

und

zum Verfahren der Last. Diese werden direkt aus dem Handhebelsignal des Kranfahrers whh generiert. Die Berechnung erfolgt durch eine Aufschaltung des maximal zulässigen Rucks.

1.1 Referenztrajektorien für die Kompensation



[0074] Bei der Trajektorienplanung für die Kompensationsbewegung der Hubwinde sollen aus den vorhergesagten Vertikalpositionen und -geschwindigkeiten des Seilaufhängepunkts unter Beachtung der gültigen Antriebsbeschränkungen hinreichend glatte Trajektorien generiert werden. Diese Aufgabe wird nachfolgend als ein beschränktes Optimierungsproblem aufgefasst, welches in jedem Zeitschritt online zu lösen ist. Daher ähnelt die Herangehensweise dem Entwurf einer modellprädiktiven Regelung, allerdings im Sinne einer modellprädiktiven Trajektoriengenerierung.

[0075] Als Referenzen bzw. Sollwerte für die Optimierung dienen die zum Zeitpunkt tk über einen kompletten Zeithorizont mit Kp Zeitschritten vorhergesagten Vertikalpositionen und -geschwindigkeiten des Seilaufhängepunkts

welche mit der entsprechenden Prädiktionszeit, z.B. mit Hilfe des in der DE 10 2008 024 513 beschriebenen Algorithmus, berechnet werden.

[0076] Unter Beachtung der durch kl, vmax und amax gültigen Beschränkungen lässt sich daraufhin eine optimale Zeitfolge für die Kompensationsbewegung bestimmen.

[0077] Allerdings wird analog zur modellprädiktiven Regelung nur der erste Wert der dadurch berechneten Trajektorie für die anschließende Regelung verwendet. Im nächsten Zeitschritt wird die Optimierung mit einer aktualisierten und dadurch genaueren Vorhersage der Vertikalposition und -geschwindigkeit des Seilaufhängepunkts wiederholt.

[0078] Der Vorteil der modellprädiktiven Trajektoriengenerierung mit nachgeschalteter Regelung gegenüber einer klassischen modellprädiktiven Regelung besteht zum Einen darin, dass sich der Regelungsteil und die damit verbundene Stabilisierung mit einer im Vergleich zur Trajektoriengenerierung höheren Abtastzeit berechnen lassen. Daher kann man die rechenzeitintensive Optimierung in einen langsameren Task verlagern.

[0079] Zum Anderen lässt sich bei diesem Konzept eine Notfallfunktion, für den Fall dass die Optimierung keine gültige Lösung findet, unabhängig von der Regelung realisieren. Sie besteht aus einer vereinfachten Trajektorienplanung, worauf die Regelung in einer solchen Notsituation zurückgreift und weiterhin die Winde ansteuert.

1.1.1 Systemmodell für die Planung der Kompensationsbewegung



[0080] Um die Anforderungen an die Stetigkeit der Referenztrajektorien für die Kompensationsbewegung zu erfüllen, darf frühestens deren dritte Ableitung

als sprungfähig erachtet werden. Allerdings sind bei der Kompensationsbewegung im Hinblick auf die Windenlebensdauer Sprünge im Ruck zu vermeiden, wodurch erst die vierte Ableitung

als sprungfähig betrachtet werden kann.

[0081] Somit ist der Ruck

mindestens stetig zu planen und die Trajektoriengenerierung für die Kompensationsbewegung erfolgt anhand der in Fig. 2 veranschaulichten Integratorkette vierter Ordnung. Diese dient bei der Optimierung als Systemmodell und lässt sich im Zustandsraum als

ausdrücken. Hier beinhaltet der Ausgang

die geplanten Trajektorien für die Kompensationsbewegung. Zur Formulierung des Optimalsteuerungsproblems und in Hinblick auf die spätere Implementierung wird dieses zeitkontinuierliche Modell zunächst auf dem Gitter

diskretisiert, wobei Kp die Anzahl der Prädiktionsschritte für die Vorhersage der Vertikalbewegung des Seilaufhängepunkts darstellt. Um die diskrete Zeitdarstellung bei der Trajektoriengenerierung von der diskreten Systemzeit tk zu unterscheiden, wird sie mit τk = kΔτ bezeichnet, wobei k = 0,···,Kp und Δτ das für die Trajektoriengenerierung verwendete Diskretisierungsintervall des Horizonts Kp ist.

[0082] Fig. 3 verdeutlicht, dass das gewählte Gitter nichtäquidistant ist, womit die Anzahl der notwendigen Stützstellen auf dem Horizont reduziert wird. Dadurch ist es möglich, die Dimension des zu lösenden Optimalsteuerungsproblems klein zu halten. Der Einfluss der gröberen Diskretisierung gegen Ende des Horizonts hat keine nachteiligen Auswirkungen auf die geplante Trajektorie, da die Vorhersage der Vertikalposition und -geschwindigkeit gegen Ende des Prädiktionshorizonts ungenauer ist.

[0083] Die für dieses Gitter gültige zeitdiskrete Systemdarstellung lässt sich anhand der analytischen Lösung

exakt berechnen. Für die Integratorkette aus Fig. 2 folgt sie zu

wobei Δτk = τk+1 - τk die für den jeweiligen Zeitschritt gültige Diskretisierungsschrittweite beschreibt.

1.1.2 Formulierung und Lösung des Optimalsteuerungsproblems



[0084] Durch Lösen des Optimalsteuerungsproblems soll eine Trajektorie geplant werden, welche der vorhergesagten Vertikalbewegung des Seilaufhängepunkts möglichst nahe folgt und gleichzeitig den gegebenen Beschränkungen genügt.

[0085] Um diese Anforderung zu erfüllen, lautet die Gütefunktion wie folgt:

wobei wa(τk) die zum jeweiligen Zeitschritt gültige Referenz bezeichnet. Da hierfür nur die vorhergesagte Position

und Geschwindigkeit

des Seilaufhängepunkts zur Verfügung stehen, werden die zugehörige Beschleunigung und der Ruck zu Null gesetzt. Der Einfluss dieser inkonsistenten Vorgabe lässt sich allerdings durch eine entsprechende Gewichtung der Beschleunigungs- und Ruckabweichung klein halten. Somit gilt:



[0086] Über die positiv semidefinite Diagonalmatrix

werden Abweichungen von der Referenz in der Gütefunktion gewichtet. Der skalare Faktor ru bewertet den Stellaufwand. Während ru, qw,3 und qw,4 über den gesamten Prädiktionshorizont konstant sind, werden qw,1 und qw,2 in Abhängigkeit vom Zeitschritt τk gewählt. Dadurch lassen sich Referenzwerte am Anfang des Prädiktionshorizonts stärker gewichten als diejenigen am Ende. Mithin kann man die mit steigender Prognosezeit nachlassende Genauigkeit der Vertikalbewegungsprognose in der Gütefunktion abbilden. Wegen des Nichtvorhandenseins der Referenzen für die Beschleunigung und den Ruck bestrafen die Gewichte qw,3 und qw,4 nur Abweichungen von Null, weshalb sie kleiner als die Gewichte für die Position qw,1k) und Geschwindigkeit qw,2k) gewählt werden.

[0087] Die zugehörigen Beschränkungen für das Optimalsteuerungsproblem folgen aus der verfügbaren Leistung des Antriebs und dem aktuell gewählten Gewichtungsfaktor kl (vgl. Fig. 1). Demnach gilt für die Zustände des Systemmodells aus (1.4):


und für den Eingang:



[0088] Hier stellt δak) einen Reduktionsfaktor dar, der so gewählt wird, dass die jeweilige Beschränkung am Ende des Horizonts 95% derjenigen am Anfang des Horizonts beträgt. Für die dazwischenliegenden Zeitschritte folgt δa(τk) aus linearer Interpolation. Die Reduktion der Beschränkungen entlang des Horizonts erhöht die Robustheit des Verfahrens in Bezug auf die Existenz zulässiger Lösungen.

[0089] Während die Geschwindigkeits- und Beschleunigungsbeschränkungen sich im Betrieb ändern können, sind die Beschränkungen des Rucks jmax und der Ableitung des Rucks

konstant. Um die Lebensdauer der Hubwinde und des gesamten Krans zu erhöhen, werden sie in Hinblick auf eine maximal zulässige Schockbelastung gewählt. Für den Positionszustand gelten keine Beschränkungen.

[0090] Da die maximale Geschwindigkeit vmax und Beschleunigung amax sowie der Gewichtungsfaktor der Leistung kl im Betrieb extern bestimmt sind, ändern sich zwangsläufig auch die Geschwindigkeits- und Beschleunigungsbeschränkungen für das Optimalsteuerungsproblem. Die damit verbundenen zeitvarianten Beschränkungen berücksichtigt das vorgestellte Konzept folgendermaßen: Sobald sich eine Beschränkung ändert, wird der aktualisierte Wert zuerst nur am Ende des Prädiktionshorizonts für den Zeitschritt τκρ einbezogen. Anschließend schiebt man ihn mit fortschreitender Zeit an den Anfang des Prädiktionshorizonts.

[0091] Fig. 4 verdeutlicht dieses Vorgehen anhand der Geschwindigkeitsbeschränkung. Bei der Reduzierung einer Beschränkung ist zusätzlich darauf zu achten, dass sie zu ihrer maximal zulässigen Ableitung passt. Dies bedeutet, dass beispielsweise die Geschwindigkeitsbeschränkung (1-kl)vmax maximal so schnell reduziert werden darf, wie es die aktuelle Beschleunigungsbeschränkung (1-kl)amax erlaubt. Wegen des Durchschiebens der aktualisierten Beschränkungen existiert für eine in den Beschränkungen liegende Anfangsbedingung xa (τ0) immer eine Lösung, die wiederum nicht gegen die aktualisierten Beschränkungen verstößt. Allerdings dauert es den kompletten Prädiktionshorizont bis sich eine geänderte Beschränkung endgültig auf die geplanten Trajektorien am Anfang des Horizonts auswirkt.

[0092] Somit ist das Optimalsteuerungsproblem durch die zu minimierende quadratische Gütefunktion (1.5), das Systemmodell (1.4) und die Ungleichungsbeschränkungen aus (1.8) und (1.9) in Form eines linear-quadratischen Optimierungsproblems (QP-Problem für Quadratic Programming Problem) vollständig gegeben. Bei erstmaliger Ausführung der Optimierung wird die Anfangsbedingung zu xa0)=[0,0,0,0]T gewählt. Anschließend verwendet man den im letzten Optimierungsschritt für den Zeitschritt τ1 berechneten Wert xa1) als Anfangsbedingung.

[0093] Die Berechnung der eigentlichen Lösung des QP-Problems erfolgt in jedem Zeitschritt über ein numerisches Verfahren, das man als QP-Solver bezeichnet.

[0094] Infolge des Rechenaufwands für die Optimierung ist die Abtastzeit für die Trajektorienplanung der Kompensationsbewegung größer als die Diskretisierungszeit aller restlichen Komponenten der aktiven Seegangskompensation; somit gilt Δτ > Δt. Damit die Referenztrajektorien allerdings für die Regelung im schnelleren Takt zur Verfügung stehen, findet die Simulation der Integratorkette aus Fig. 2 außerhalb der Optimierung mit der schnelleren Abtastzeit At statt. Sobald neue Werte aus der Optimierung vorliegen, werden die Zustände xa(τ0) als Anfangsbedingung für die Simulation verwendet und die Stellgröße am Anfang des Prädiktionshorizonts ua0) als konstanter Eingang auf die Integratorkette geschrieben.

1.2 Referenztraiektorien für das Verfahren der Last



[0095] Analog zur Kompensationsbewegung sind für die überlagerte Handhebelsteuerung zweimal stetig differenzierbare Referenztrajektorien notwendig (vgl. Fig. 1). Da bei diesen durch den Kranfahrer vorgebbaren Bewegungen im Normalfall keine schnellen Richtungswechsel für die Winde zu erwarten sind, hat sich die Mindestanforderung einer stetig geplanten Beschleunigung

auch in Bezug auf die Lebensdauer der Winde als ausreichend herausgestellt. Somit lässt sich im Gegensatz zu den für die Kompensationsbewegung geplanten Referenztrajektorien schon die dritte Ableitung

welche dem Ruck entspricht, als sprungfähig erachten.

[0096] Wie Fig. 5 zeigt, dient sie gleichzeitig als Eingang einer Integratorkette dritter Ordnung. Neben den Anforderungen an die Stetigkeit müssen die geplanten Trajektorien auch die aktuell gültigen Geschwindigkeits- und Beschleunigungsbeschränkungen erfüllen, welche sich für die Handhebelsteuerung zu klvmax und klamax ergeben.

[0097] Das Handhebelsignal des Kranfahrers -100 ≤ whh ≤ 100 wird als relative Geschwindigkeitsvorgabe in Bezug auf die aktuell maximal zulässige Geschwindigkeit klvmax interpretiert. Somit ergibt sich die durch den Handhebel vorgegebene Sollgeschwindigkeit nach Fig. 6 zu



[0098] Wie daraus hervorgeht hängt die aktuell durch den Handhebel vorgegebene Sollgeschwindigkeit von der Handhebelstellung whh, dem veränderlichen Gewichtungsfaktor kl und der aktuellen maximal zulässigen Windengeschwindigkeit vmax ab.

[0099] Die Aufgabe der Trajektorienplanung für die Handhebelsteuerung lässt sich nun wie folgt angeben: Aus der durch den Handhebel vorgegebenen Sollgeschwindigkeit ist ein stetig differenzierbarer Geschwindigkeitsverlauf zu generieren, sodass die Beschleunigung einen stetigen Verlauf besitzt. Als Verfahren für diese Aufgabenstellung bietet sich eine sogenannte Ruckaufschaltung an.

[0100] Ihr Grundgedanke besagt, dass der maximal zulässige Ruck jmax in einer ersten Phase so lange auf den Eingang der Integratorkette einwirkt, bis die maximal zulässige Beschleunigung erreicht ist. In der zweiten Phase wird die Geschwindigkeit mit konstanter Beschleunigung erhöht; und in der letzten Phase schaltet man den maximal zulässigen negativen Ruck so auf, dass die gewünschte Endgeschwindigkeit erreicht wird.

[0101] Daher sind bei der Ruckaufschaltung lediglich die Schaltzeitpunkte zwischen den einzelnen Phasen zu bestimmen. Fig .7 stellt einen beispielhaften Verlauf des Rucks für einen Geschwindigkeitswechsel zusammen mit den Schaltzeitpunkten dar. Dabei bezeichnet Tl,0 den Zeitpunkt, an dem ein Umplanen stattfindet. Die Zeitpunkte Tl,1, Tl,2 und Tl,3 verweisen jeweils auf die berechneten Schaltzeitpunkte zwischen den einzelnen Phasen. Ihre Berechnung skizziert der folgende Absatz.

[0102] Sobald für die Handhebelsteuerung eine neue Situation eintritt, vollzieht sich ein Umplanen der generierten Trajektorien. Eine neue Situation tritt ein, sobald sich die Sollgeschwindigkeit

oder die aktuell gültige maximale Beschleunigung für die Handhebelsteuerung klamax ändert. Die Sollgeschwindigkeit kann sich aufgrund einer neuen Handhebelstellung whh oder durch eine neue Vorgabe von kl bzw. vmax ändern (vgl. Fig. 6). Analog dazu ist eine Variation der maximal gültigen Beschleunigung durch kl oder amax möglich.

[0103] Bei einem Umplanen der Trajektorien wird zunächst aus der aktuell geplanten Geschwindigkeit

und der entsprechenden Beschleunigung

diejenige Geschwindigkeit berechnet, welche sich bei einer Reduzierung der Beschleunigung auf Null ergibt:


wobei die minimal notwendige Zeit durch


gegeben ist und l.1 den Eingang der Integratorkette benennt, also den aufgeschalteten Ruck (vgl. Fig. 5). Er ergibt sich in Abhängigkeit von der aktuell geplanten Beschleunigung

zu



[0104] Abhängig von der theoretisch berechneten Geschwindigkeit und der gewünschten Sollgeschwindigkeit lässt sich nun der Verlauf des Eingangs angeben. Falls

ist, erreicht ν̃ den gewünschten Wert

nicht und die Beschleunigung kann weiter erhöht werden. Falls jedoch

gilt, ist ν̃ zu schnell und die Beschleunigung ist sofort zu reduzieren.

[0105] Aus diesen Überlegungen lassen sich folgende Schaltfolgen des Rucks für die drei Phasen ableiten

mit

und dem in der jeweiligen Phase aufgeschalteten Eingangssignal ul,i. Die Dauer einer Phase ergibt sich zu ΔTi = Tl,i - Tl,i-1 mit i = 1,2,3. Demnach lauten die geplante Geschwindigkeit und Beschleunigung am Ende der ersten Phase:



und nach der zweiten Phase:




wobei ul,2 = 0 angenommen wurde. Nach der dritten Phase folgt schließlich:





[0106] Zur genauen Berechnung der Schaltzeitpunkte Tl,i wird zunächst die Beschleunigungsbeschränkung vernachlässigt, wodurch ΔT2=0 gilt. Aufgrund dieser Vereinfachung lassen sich die Längen der beiden restlichen Zeitintervalle wie folgt angeben:




wobei ã für die maximal erreichte Beschleunigung steht. Durch Einsetzen von (1.21) und (1.22) in (1.15), (1.16) und (1.19) entsteht ein Gleichungssystem, das sich nach ã auflösen lässt. Unter Beachtung von

ergibt sich letztendlich:



[0107] Das Vorzeichen von ã folgt aus der Bedingung, dass ΔT1 und ΔT3 in (1.21) bzw. (1.22) positiv sein müssen.

[0108] In einem zweiten Schritt ermittelt sich aus ã und der maximal zulässigen Beschleunigung klamax die eigentliche Maximalbeschleunigung:



[0109] Mit ihr lassen sich letztendlich die wirklich auftretenden Zeitintervalle ΔT1 und ΔT3 berechnen. Sie resultieren aus (1.21) und (1.22) mit = a̅. Das noch unbekannte Zeitintervall ΔT2 bestimmt sich nun aus (1.17) und (1.19) mit ΔT1 und ΔT3 aus (1.21) und (1.22) zu


wobei

aus (1.15) folgt. Die Schaltzeitpunkte lassen sich direkt aus den Zeitintervallen ablesen:



[0110] Die zu planenden Geschwindigkeits- und Beschleunigungsverläufe

und

kann man mit den einzelnen Schaltzeitpunkten analytisch berechnen. Hierbei ist zu erwähnen, dass die durch die Schaltzeitpunkte geplanten Trajektorien häufig nicht vollständig abgefahren werden, da vor Erreichen des Schaltzeitpunkts Tl,3 eine neue Situation eintritt, dadurch ein Umplanen stattfindet und neue Schaltzeitpunkte berechnet werden. Wie bereits erwähnt tritt eine neue Situation durch eine Änderung von whh, vmax, amax oder kl ein.

[0111] Fig. 8 zeigt eine mittels des vorgestellten Verfahrens beispielhaft generierte Trajektorie. Der Verlauf der Trajektorien beinhaltet beide Fälle, welche aufgrund von (1.24) eintreten können. Im ersten Fall wird die maximal zulässige Beschleunigung zum Zeitpunkt t = 1 s erreicht und es folgt eine Phase mit konstanter Beschleunigung. Der zweite Fall tritt zum Zeitpunkt t = 3,5s ein. Hier wird die maximal zulässige Beschleunigung aufgrund der Handhebelstellung nicht vollständig erreicht. Die Folge ist, dass der erste und zweite Schaltzeitpunkt zusammenfallen und ΔT2 =0 gilt. Der zugehörige Positionsverlauf berechnet sich nach Fig. 5 durch Integration des Geschwindigkeitsverlaufs, wobei die Position bei Systemstart durch die aktuell von der Hubwinde abgewickelte Seillänge initialisiert wird.

2 Ansteuerungskonzept für die Hubwinde



[0112] Prinzipiell besteht die Ansteuerung aus zwei unterschiedlichen Betriebsmodi: der aktiven Seegangskompensation zur Entkopplung der vertikalen Lastbewegung von der Schiffsbewegung bei frei hängender Last und der Konstantspannungsregelung zur Vermeidung von Schlaffseil, sobald die Last auf dem Meeresboden abgesetzt ist. Während eines Tiefseehubs ist zunächst die Seegangskompensation aktiv. Anhand einer Detektion des Absetzvorgangs wird automatisch auf die Konstantspannungsregelung umgeschaltet. Fig. 9 veranschaulicht das Gesamtkonzept mit den zugehörigen Führungs- und Regelgrößen.

[0113] Jeder der beiden unterschiedlichen Betriebsmodi könnte jedoch auch jeweils ohne den anderen Betriebsmodus implementiert werden. Weiterhin kann ein Konstantspannungsmodus, wie er im folgenden beschrieben wird, auch unabhängig vom Einsatz des Kranes auf einem Schiff und unabhängig von einer aktiven Seegangskompensation eingesetzt werden.

[0114] Durch die aktive Seegangskompensation soll die Hubwinde so angesteuert werden, dass die Windenbewegung die Vertikalbewegung des Seilaufhängepunkts

ausgleicht und der Kranfahrer die Last mit Hilfe des Handhebels im als inertial betrachteten h-Koordinatensystem verfährt. Damit die Ansteuerung das geforderte prädiktive Verhalten zur Minimierung des Kompensationsfehlers aufweist, wird sie durch einen Vorsteuerungs- und Stabilisierungsteil in Form einer Zwei-Freiheitsgrade-Struktur umgesetzt. Die Vorsteuerung berechnet sich aus einer differentiellen Parametrierung mit Hilfe des flachen Ausgangs der Windendynamik und ergibt sich aus den geplanten Trajektorien zum Verfahren der Last

und

sowie den negativen Trajektorien für die Kompensationsbewegung

und

(vgl. Fig. 9). Die daraus resultierenden Solltrajektorien für den Systemausgang der Antriebsdynamik bzw. der Windendynamik werden mit

und

bezeichnet. Sie stellen die Sollposition, -geschwindigkeit und -beschleunigung für die Windenbewegung und dadurch für das Auf- und Abwickeln des Seils dar.

[0115] Während der Konstantspannungsphase soll die Seilkraft an der Last Fsl auf einen konstanten Betrag geregelt werden, um Schlaffseil zu vermeiden. Daher wird in diesem Betriebsmodus der Handhebel deaktiviert, und die aus dem Handhebelsignal geplanten Trajektorien werden nicht mehr aufgeschaltet. Die Ansteuerung der Winde erfolgt wiederum durch eine Zwei-Freiheitsgrade-Struktur mit Vorsteuerungs- und Stabilisierungsteil.

[0116] Die genaue Lastposition zl und die Seilkraft an der Last Fsl stehen für die Regelung nicht als Messgrößen zur Verfügung, da der Kranhaken aufgrund der langen Seillängen und großen Tiefen mit keinerlei Sensorik ausgestattet ist. Des Weiteren existiert keinerlei Information über Form und Art der angehängten Last. Deshalb sind die einzelnen lastspezifischen Parameter wie Lastmasse ml, Koeffizient der hydrodynamischen Massenerhöhung Ca, Widerstandskoeffizient Cd und eingetauchtes Volumen ∇l, allgemein nicht bekannt, wodurch eine zuverlässige Schätzung der Lastposition in der Praxis nahezu unmöglich ist.

[0117] Mithin stehen als Messgrößen für die Regelung lediglich die abgewickelte Seillänge ls und die zugehörige Geschwindigkeit is sowie die Kraft am Seilaufhängepunkt Fc zur Verfügung. Die Länge ls ergibt sich indirekt aus dem mit einem Inkrementalgeber gemessenen Windenwinkel ϕh und dem von der Wicklungslage jl abhängigen Windenradius rh(jl). Die zugehörige Seilgeschwindigkeit is lässt sich durch numerische Differentiation mit geeigneter Tiefpassfilterung berechnen. Die am Seilaufhängepunkt angreifende Seilkraft Fc wird mit Hilfe einer Kraftmessachse erfasst.

2.1 Ansteuerung für die aktive Seegangskompensation



[0118] Fig. 10 verdeutlicht die Ansteuerung der Hubwinde für die aktive Seegangskompensation mit einem Blockschaltbild im Frequenzbereich. Wie darin ersichtlich, erfolgt nur eine Rückführung der Seillänge und -geschwindigkeit yh =ls und h =is aus dem Teilsystem des Antriebs Gh(s). Dadurch vollzieht sich die Kompensation der als Eingangsstörung auf das Seilsystem Gs,z(s) wirkenden Vertikalbewegung des Seilaufhängepunkts

rein vorsteuernd; Seil- und Lastdynamik werden vernachlässigt. Zwar wird infolge einer nicht vollständigen Kompensation der Eingangsstörung oder einer Windenbewegung die Seileigendynamik angeregt, aber man kann in der Praxis davon ausgehen, dass die resultierende Lastbewegung im Wasser stark gedämpft ist und sehr schnell abklingt.

[0119] Die Übertragungsfunktion des Antriebssystems von der Stellgröße Uh(s) auf die abgewickelte Seillänge Yh(s) lässt sich als lT1-System approximieren und ergibt sich zu


mit dem Windenradius rh(jl). Da der Systemausgang Yh(s) gleichzeitig einen flachen Ausgang darstellt, folgt die invertierende Vorsteuerung F(s) zu

und lässt sich im Zeitbereich in Form einer differentiellen Parametrierung als

schreiben. (2.3) zeigt, dass die Referenztrajektorie für die Vorsteuerung mindestens zweimal stetig differenzierbar sein muss.

[0120] Die Übertragungsfunktion des geschlossenen Kreises, bestehend aus der Stabilisierung Ka(s) und dem Windensystem Gh(s), lässt sich aus Fig. 10 zu

ablesen. Unter Vernachlässigung der Kompensationsbewegung

kann die Führungsgröße

bei konstanter bzw. stationärer Handhebelauslenkung als rampenförmiges Signal angenähert werden, da in solch einem Fall eine konstante Sollgeschwindigkeit

vorliegt. Zur Vermeidung einer stationären Regelabweichung bei einer derartigen Führungsgröße muss die offene Kette Ka(s)Gh(s) deshalb l2-Verhalten besitzen [9]. Dies lässt sich beispielsweise durch einen PID-Regler mit

erreichen. Demnach folgt für den geschlossenen Kreis:


wobei die genauen Werte von κAHC.i in Abhängigkeit von der jeweiligen Zeitkonstante Th gewählt werden.

2.2 Detektion des Absetzvorgangs



[0121] Sobald die Last auf den Meeresgrund trifft, soll von der aktiven Seegangskompensation in die Konstantspannungsregelung umgeschaltet werden. Hierfür ist eine Detektion des Absetzvorgangs notwendig (vgl. Fig. 9). Für sie und die anschließende Konstantspannungsregelung wird das Seil als einfaches Feder-Masse-Element approximiert. Somit berechnet sich die wirkende Kraft am Seilaufhängepunkt näherungsweise zu


wobei kc und Δlc die zur Elastizität des Seils äquivalente Federkonstante und die Auslenkung der Feder bezeichnen. Für letztere gilt:



[0122] Die äquivalente Federkonstante kc lässt sich aus folgender stationärer Betrachtung bestimmen. Für eine mit der Masse mf belastete Feder gilt im stationären Fall:



[0123] Durch Umformen von (2.8) ergibt sich



[0124] Anhand eines Koeffizientenvergleichs zwischen (2.9) und (2.10) lässt sich die äquivalente Federkonstante als

ablesen. Außerdem ist in (2.9) zu erkennen, dass die Auslenkung der Feder Δlc im stationären Fall von der effektiven Lastmasse me und der halben Seilmasse

beeinflusst wird. Dies liegt daran, dass bei einer Feder die angehängte Masse mf als in einem Punkt konzentriert angenommen wird. Die Seilmasse ist jedoch über die Seillänge gleichmäßig verteilt und belastet daher die Feder nicht in vollem Umfang. Trotzdem fließt in die Kraftmessung am Seilaufhängepunkt die volle Gewichtskraft des Seils µslsg ein.

[0125] Mit dieser Approximation des Seilsystems lassen sich nun Bedingungen für die Detektion des Absetzvorgangs auf dem Meeresgrund ableiten. In Ruhe setzt sich die am Seilaufhängepunkt angreifende Kraft aus der Gewichtskraft des abgewickelten Seils µslsg und der effektiven Gewichtskraft der Lastmasse meg zusammen. Daher ergibt sich die gemessene Kraft Fc bei einer auf dem Meeresboden befindlichen Last näherungsweise zu

mit

wobei Δls das nach dem Auftreffen auf dem Meeresboden abgewickelte Seil bezeichnet. Aus (2.13) folgt, dass Δls proportional zur Änderung der gemessenen Kraft ist, da die Lastposition nach dem Aufsetzen konstant ist. Anhand von (2.12) und (2.13) lassen sich nun folgende Bedingungen für eine Detektion ableiten, die gleichzeitig erfüllt sein müssen:

■ Die Abnahme der negativen Federkraft muss kleiner als ein Schwellwert sein:

■ Die zeitliche Ableitung der Federkraft muss kleiner als ein Schwellwert sein:

■ Der Kranfahrer muss die Last absenken. Diese Bedingung wird anhand der mit dem Handhebelsignal geplanten Trajektorie überprüft:

■ Zur Vermeidung einer Fehldetektion beim Eintauchen in das Wasser muss eine Mindestseillänge abgewickelt sein:



[0126] Die Abnahme der negativen Federkraft ΔFc berechnet sich dabei jeweils in Bezug auf den letzten Hochpunkt c im gemessenen Kraftsignal Fc. Zur Unterdrückung von Messrauschen und hochfrequenten Störungen wird das Kraftsignal durch ein entsprechendes Tiefpassfilter vorverarbeitet.

[0127] Da die Bedingungen (2.14) und (2.15) gleichzeitig erfüllt sein müssen, wird eine Fehldetektion infolge einer dynamischen Seileigenschwingung ausgeschlossen: Als Resultat der dynamischen Seileigenschwingung oszilliert das Kraftsignal Fc, wodurch die Änderung der Federkraft ΔFc in Bezug auf den letzten Hochpunkt Fc und die zeitliche Ableitung der Federkraft c eine verschobene Phase aufweisen. Folglich können bei geeigneter Wahl der Schwellwerte Δc und c im Fall einer dynamischen Seileigenschwingung beide Bedingungen nicht gleichzeitig erfüllt serin. Hierfür muss der statische Anteil der Seilkraft abfallen, wie es beim Eintauchen in das Wasser oder beim Absetzen auf den Meeresgrund geschieht. Eine Fehldetektion beim Eintauchen in das Wasser wird allerdings durch Bedingung (2.17) verhindert.

[0128] Der Schwellwert für die Änderung der Federkraft berechnet sich in Abhängigkeit vom letzten Hochpunkt im gemessenen Kraftsignal zu


wobei χl <1 und der Maximalwert Δc,max experimentell bestimmt wurden. Der Schwellwert für die Ableitung des Kraftsignals Fc lässt sich aus der zeitlichen Ableitung von (2.7) und der maximal zulässigen Handhebelgeschwindigkeit klvmax zu

abschätzen. Die beiden Parameter χ2 <1 und c,max wurden ebenfalls experimentell ermittelt.

[0129] Da bei der Konstantspannungsregelung statt der Positionsregelung eine Kraftregelung Anwendung findet, wird als Führungsgröße eine Sollkraft

in Abhängigkeit von der Summe aller an der Last angreifenden statischen Kräfte Fl,stat vorgegeben. Dazu wird Fl,stat in der Phase der Seegangskompensation unter Beachtung der bekannten Seilmasse µsls berechnet:



[0130] Dabei bezeichnet Fc,stat den statischen Kraftanteil der gemessenen Kraft am Seilaufhängepunkt Fc. Er stammt aus einer entsprechenden Tiefpassfilterung des gemessenen Kraftsignals. Die bei der Filterung entstehende Gruppenlaufzeit ist kein Problem, da lediglich der statische Kraftanteil von Interesse ist und eine Zeitverzögerung hierauf keinen signifikanten Einfluss hat. Aus der Summe aller an der Last angreifenden statischen Kräfte folgt die Sollkraft unter Berücksichtung der zusätzlich auf den Seilaufhängepunkt wirkenden Gewichtskraft des Seils zu


wobei mit 0 < ps <1 die resultierende Spannung im Seil durch den Kranfahrer vorgegeben wird. Zur Vermeidung eines Sollwertsprungs in der Führungsgröße erfolgt nach einer Detektion des Absetzvorgangs ein rampenförmiger Übergang von der aktuell bei der Detektion gemessenen Kraft zur eigentlichen Sollkraft



[0131] Zum Aufheben der Last vom Meeresgrund führt der Kranfahrer den Wechsel vom Konstantspannungsmodus in die aktive Seegangskompensation bei frei hängender Last manuell durch.

2.3 Ansteuerung für den Konstantspannungsmodus



[0132] Fig. 11 zeigt die umgesetzte Ansteuerung der Hubwinde im Konstantspannungsmodus in einem Blockschaltbild im Frequenzbereich. Im Gegensatz zu der in Fig. 10 veranschaulichten Regelungsstruktur wird hier der Ausgang des Seilsystems Fc(s), d. h. die am Seilaufhängepunkt gemessene Kraft, anstelle vom Ausgang des Windensystems Yh(s) zurückgeführt. Die gemessene Kraft Fc(s) setzt sich nach (2.12) aus der Kraftänderung ΔFc(s) und der statischen Gewichtskraft meg + µslsg , die im Bildbereich mit M(s) bezeichnet wird, zusammen. Für die eigentliche Regelung wird das Seilsystem wiederum als Feder-Masse-System approximiert.

[0133] Die Vorsteuerung F(s) der Zwei-Freiheitsgrade-Struktur ist identisch mit der für die aktive Seegangskompensation und durch (2.2) bzw. (2.3) gegeben. Allerdings wird im Konstantspannungsmodus das Handhebelsignal nicht aufgeschaltet, weswegen die Referenztrajektorie nur aus der negativen Sollgeschwindigkeit und - beschleunigung

und

für die Kompensationsbewegung besteht. Der Vorsteuerungsanteil kompensiert zunächst wiederum die Vertikalbewegung des Seilaufhängepunkts

Jedoch erfolgt keine direkte Stabilisierung der Windenposition durch eine Rückführung von Yh(s). Dies erfolgt indirekt durch die Rückführung des gemessenen Kraftsignals.

[0134] Der gemessene Ausgang Fc(s) ergibt sich aus Fig. 11 zu


mit den beiden Übertragungsfunktionen




wobei die Übertragungsfunktion des Seilsystems für eine am Boden stehende Last aus (2.12) folgt:



[0135] Wie aus (2.22) hervorgeht, wird durch eine stabile Übertragungsfunktion GCT,1(s) der Kompensationsfehler Ea(s) ausgeregelt und die Windenposition indirekt stabilisiert. Die Anforderung an den Regler Ks(s) resultiert auch in diesem Fall aus dem erwarteten Führungssignal

welches nach einer Übergangsphase durch die konstante Sollkraft

aus (2.21) gegeben ist. Zur Vermeidung einer stationären Regelabweichung bei solch einer konstanten Führungsgröße muss die offene Kette Ks(s)Gh(s)Gs,F(s) /-Verhalten besitzen. Da die Übertragungsfunktion der Winde Gh(s) solch ein Verhalten schon implizit aufweist, lässt sich diese Anforderung mit einer P-Rückführung realisieren; somit gilt:




Ansprüche

1. Kransteuerung für einen Kran, welcher ein Hubwerk zum Heben einer an einem Seil hängenden Last aufweist,
dadurch gekennzeichnet,
dass die Kransteuerung einen Seilkraftmodus aufweist, in welchem die Kransteuerung das Hubwerk so ansteuert, dass sich ein Sollwert der Seilkraft einstellt.
 
2. Kransteuerung nach Anspruch 1, wobei die Geschwindigkeit und/oder Position der Winde insbesondere unter Berücksichtigung der Elastizität des Systems so angesteuert wird, dass sich der Sollwert der Seilkraft einstellt.
 
3. Kransteuerung nach Anspruch 1 oder 2, wobei die Seilkraft im Seilkraftmodus auf einem konstanten Sollwert gehalten werden kann, wobei vorteilhafterweise eine Seilkraftbestimmungseinheit vorgesehen ist, welche einen Istwert der Seilkraft bestimmt, wobei die Ansteuerung vorteilhafterweise auf Grundlage eines Vergleichs des Istwertes und des Sollwertes der Seilkraft erfolgt.
 
4. Kransteuerung nach einem der vorangegangene Ansprüche, wobei die Seilkraft im Seilkraftmodus durch Rückführung mindestens eines Messwertes geregelt wird, wobei vorteilhafterweise eine Seilkraftbestimmungseinheit vorgesehen ist, die einen Istwert der Seilkraft auf Grundlage eines Messsignals eines Seilkraftsensors bestimmt, wobei der Seilkraftsensor vorteilhafterweise am Hubwerk angeordnet ist, insbesondere an einer Befestigung der Hubwinde und/oder einer Befestigung einer Seilrolle.
 
5. Kransteuerung nach einem der vorangegangene Ansprüche, wobei eine Seilkraftbestimmungseinheit vorgesehen ist, die den Istwert der Seilkraft über eine Filterung von Messwerten oder eine modellbasierte Schätzung bestimmt.
 
6. Kransteuerung nach einem der vorangegangene Ansprüche, mit einer Sollkraftbestimmungseinheit, welche den Sollwert der Seilkraft anhand von Messwerten und/oder Steuersignalen und/oder Eingaben eines Benutzers bestimmt.
 
7. Kransteuerung nach Anspruch 6, wobei die Sollkraftbestimmungseinheit die auf das Seil wirkende statische Kraft während eines Hubes bestimmt und/oder wobei die Seillänge in die Sollkraftbestimmungseinheit eingeht, wobei vorteilhafterweise die Sollkraftbestimmungseinheit das Gewicht des abgewickelten Seils berücksichtigt und/oder wobei die Kransteuerung ein Eingabeelement umfasst, über welches der Kranführer den Sollwert der Seilkraft verändern kann, wobei vorteilhafterweise ein Faktor eingebbar ist, der das Verhältnis zwischen dem Sollwert der Seilkraft und der statischen Kraft während eines Hubes bestimmt.
 
8. Kransteuerung nach einem der vorangegangene Ansprüche, wobei die Kransteuerung im Seilkraftmodus einen Vorsteuerteil umfasst, welcher die Dynamik des Seils berücksichtigt, und einen Rückführungsteil, über welchen die durch die Seilkraftbestimmungseinheit bestimmte Seilkraft zurückgeführt wird.
 
9. Kransteuerung nach einem der vorangegangene Ansprüche, mit einer Zustandserfassung, wobei die Kransteuerung automatisch anhand der Zustandserfassung in den und/oder aus dem Seilkraftmodus wechselt, wobei die Zustandserfassung vorteilhafterweise ein Absetzen und/oder Aufnehmen der Last detektieren kann.
 
10. Kransteuerung nach einem der vorangegangene Ansprüche, mit einem Hubmodus, in welchem das Hubwerk auf Grundlage eines Sollwerts der Lastposition und/oder Lastgeschwindigkeit und/oder Seilposition und/oder Seilgeschwindigkeit angesteuert wird, wobei vorteilhafterweise eine Regelung vorgesehen ist, welche im Hubmodus einen Istwert der Lastposition und/oder Lastgeschwindigkeit und/oder Seilposition und/oder Seilgeschwindigkeit zurückführt.
 
11. Kransteuerung nach einem der vorangegangene Ansprüche, mit einer aktiven Seegangskompensation, welche durch eine Ansteuerung des Hubwerks die Bewegung des Seilaufhängepunkts und/oder eines Lastabsetzpunktes aufgrund des Seegangs zumindest teilweise ausgleicht.
 
12. Kran mit einer Kransteuerung nach einem der vorangegangene Ansprüche, insbesondere Schiffskran, Hafenkran, Offshore-Kran oder Seilbagger, insbesondere Hafenmobilkran.
 
13. Verwendung eines Krans oder einer Kransteuerung nach einem der vorangegangene Ansprüche unter Hubbedingungen, bei welchen der Seilaufhängepunkt und/oder der Lastabsetzpunkt durch externe Kräfte bewegt wird, und/oder Verwendung bei abgelegter Last.
 
14. Verfahren zur Ansteuerung eines Krans, welcher ein Hubwerk zum Heben einer an einem Seil hängenden Last aufweist, insbesondere mittels einer Kransteuerung nach einem der Ansprüche 1 bis 12,
dadurch gekennzeichnet,
dass das Hubwerk auf Grundlage eines Sollwerts der Seilkraft angesteuert wird.
 
15. Software mit Code zur Durchführung eines Verfahrens nach Anspruch 14.
 




Zeichnung

























Recherchenbericht









Recherchenbericht




Angeführte Verweise

IN DER BESCHREIBUNG AUFGEFÜHRTE DOKUMENTE



Diese Liste der vom Anmelder aufgeführten Dokumente wurde ausschließlich zur Information des Lesers aufgenommen und ist nicht Bestandteil des europäischen Patentdokumentes. Sie wurde mit größter Sorgfalt zusammengestellt; das EPA übernimmt jedoch keinerlei Haftung für etwaige Fehler oder Auslassungen.

In der Beschreibung aufgeführte Patentdokumente