(19)
(11) EP 2 647 802 A1

(12) EUROPÄISCHE PATENTANMELDUNG

(43) Veröffentlichungstag:
09.10.2013  Patentblatt  2013/41

(21) Anmeldenummer: 12163194.9

(22) Anmeldetag:  04.04.2012
(51) Internationale Patentklassifikation (IPC): 
F01K 7/22(2006.01)
F01K 7/24(2006.01)
F01K 13/02(2006.01)
(84) Benannte Vertragsstaaten:
AL AT BE BG CH CY CZ DE DK EE ES FI FR GB GR HR HU IE IS IT LI LT LU LV MC MK MT NL NO PL PT RO RS SE SI SK SM TR
Benannte Erstreckungsstaaten:
BA ME

(71) Anmelder: Siemens Aktiengesellschaft
80333 München (DE)

(72) Erfinder:
  • Bauer, Günter
    91074 Herzogenaurach (DE)
  • Pieper, Norbert
    47178 Duisburg (DE)
  • Thierbach, Hans-Ulrich Dr.
    51674 Wiehl (DE)
  • Wechsung, Michael
    45470 Mülheim an der Ruhr (DE)

   


(54) Kraftwerk und Verfahren zum Betreiben einer Kraftwerksanlage


(57) Ein Kraftwerk und ein Verfahren zum Betreiben eines Kraftwerks, wobei im Teillastbetrieb die Temperatur am Ausgang der Hochdruck-Teilturbine durch eine Androsselung mittels des Mitteldruck-Ventils erfolgt.


Beschreibung


[0001] Die Erfindung betrifft ein Verfahren zum Betreiben einer Kraftwerksanlage umfassend eine Dampfturbine, die in eine Hochdruck-Teilturbine, Mitteldruck-Teilturbine und Niederdruck-Teilturbine unterteilt ist und zwischen der Hochdruck-Teilturbine und der Mitteldruck-Teilturbine eine Zwischenüberhitzereinheit angeordnet wird.

[0002] Des Weiteren betrifft die Erfindung ein Kraftwerk, das nach dem erfindungsgemäßen Verfahren betrieben wird.

[0003] Kraftwerksanlagen, in denen großvolumige Dampfturbinen eingesetzt werden, werden u.a. in der kommunalen Energieversorgung eingesetzt. Die in solchen Kraftwerken eingesetzten Dampfturbinen weisen vergleichsweise hohe Massen auf und sind in der Regel für eine vorgegebene Nennleistung ausgelegt. Diese Kraftwerke, die auch als konventionelle Kraftwerke bezeichnet werden können, können in erster Näherung in reine Dampfkraftwerke und in Gas- und Dampfkraftwerke eingeteilt werden. Beiden ist gemeinsam, dass fossile Brennstoffe benötigt werden, um elektrische Energie zu erzeugen. Solche Kraftwerke wurden bislang derart konzipiert, dass diese für eine Grundlast ausgelegt wurden. Durch den zunehmenden Anteil an erneuerbaren Energiequellen, wie z. B. die Windenergie, die im Wesentlichen nicht regelbar sind, müssen die vorgenannten konventionellen Kraftwerke immer häufiger in einer Teillast betrieben werden. Das bedeutet, dass die Kraftwerke nicht dauerhaft die Nennleistung liefern, sondern einen Prozentsatz der Nennleistung als Teillast liefern. Die Teillasten können in manchen Fällen beispielsweise bei 25% der Volllast liegen.

[0004] Das bedeutet, dass diese Kraftwerke flexibel betrieben werden müssen, wobei der Wechsel von vergleichsweise niedriger Teillast auf Volllast möglichst schnell und ohne Begrenzung der Anzahl der Lastwechsel erfolgen soll. Problematisch hierbei ist, dass die Temperatur des Dampfes am Austritt der Zwischenüberhitzereinheit wegen des geringeren Wärmeangebots aus dem kälter werdenden Rauchgas sehr stark sinkt bei extremer Teillast, wie beispielsweise bei 25%. Diese Temperatursenkung kann bis zu 60 Kelvin betragen. Diese Temperaturschwankungen werden allerdings auch auf die Bauteile übertragen. Das bedeutet, dass die großvolumigen und großmassigen Bauteile im ungünstigen Fall ständig erwärmt und abgekühlt werden müssen. Insbesondere dickwandige Bauteile, wie eine Mitteldruck-Teilturbinenwelle, dürfen unter Beachtung von gewünschten Lastwechseln nur vergleichsweise langsam aufgewärmt werden. Dies steht allerdings im Widerspruch zu der Anforderung, das Kraftwerk in möglichst kurzer Zeit von extremer Teillast auf Volllast zu fahren.

[0005] Bisher wurden daher die Zwischenüberhitzerheizflächen überdimensioniert und die heiße Zwischenüberhitzertemperatur im oberen Lastbereich, beispielsweise zwischen 70% und 100%, geregelt unter Inkaufnahme des dadurch resultierenden thermodynamischen Wirkungsgradverlustes. Als "hZÜ" wird die heiße Zwischenüberhitzertemperatur bezeichnet, die nach der Zwischenüberhitzereinheit vorhanden ist. Ein weiterer Lösungsansatz ist, im unteren Lastbereich die Lastgradienten entsprechend zu begrenzen oder die zulässigen Lastwechsel zu reduzieren, wobei auch ein erhöhter Verschleiß in Betracht gezogen wird, so dass die dickwandigen Bauteile frühzeitig ausgetauscht werden müssen.

[0006] An dieser Stelle setzt die Erfindung an. Es ist Aufgabe der Erfindung, das Kraftwerk derart zu betreiben, dass die Lebensdauer der Bauteile trotz häufiger Lastwechsel erhöht ist. Gelöst wird diese Aufgabe durch ein Verfahren zum Betreiben einer Kraftwerksanlage umfassend eine Dampfturbine, die in eine Hochdruck-Teilturbine, Mitteldruck-Teilturbine und Niederdruck-Teilturbine unterteilt ist und zwischen der Hochdruck-Teilturbine und der Mitteldruck-Teilturbine eine Zwischenüberhitzereinheit angeordnet wird, mit den Schritten:
  • Betrieb der Kraftwerksanlage in Teillast,
  • Erhöhung der Temperatur am Eintritt zur Zwischenüberhitzereinheit durch Androsselung eines Ventils, das vor der Mitteldruck-Teilturbine angeordnet wird.


[0007] Des Weiteren wird die Aufgabe gelöst durch ein Kraftwerk, das nach einem Verfahren gemäß einem der Ansprüche 1 bis 5 betrieben wird und des Weiteren durch ein Kraftwerk, das als Dampfkraftwerk oder als Gas- und Dampfkraftwerk ausgelegt und nach dem erfindungsgemäßen Verfahren betrieben wird.

[0008] Vorteilhafte Weiterbildungen sind in den Unteransprüchen angegeben.

[0009] Die Erfindung geht von dem Gedanken aus, dass nach wie vor ein häufiger Lastwechsel stattfinden kann, der aber nicht zu einer Lebensdauerverkürzung der Bauteile führt. Der Erfindung liegt der Gedanke zugrunde, dass im Allgemeinen bei gleichen Temperaturgradienten die Anzahl der zulässigen Lastwechsel nicht zum Temperatursprung proportional ist. Beispielsweise führt ein Temperatursprung von 30 Kelvin zu ca. 1.000.000 zulässigen Lastwechseln, wohingegen ein Temperatursprung von 60 Kelvin nicht zu einer Halbierung der zulässigen Lastwechsel führt, sondern zu einer viel geringeren Anzahl an Lastwechseln, und zwar ca. 10.000 zulässigen Lastwechseln. Somit ändert sich bei Verdopplung des Temperatursprungs die Anzahl der zulässigen Lastwechsel um eine oder mehrere Größenordnungen. Die vorgenannten Werte dienen lediglich zur Veranschaulichung. Die Anzahl an zulässigen Lastwechseln in Abhängigkeit vom Temperatursprung hängen stark von den Geometrien der Bauteile, von den Werkstoffeigenschaften sowie Temperaturniveaus und vielen anderen weiteren Parametern ab.

[0010] Ein erfindungswesentliches Merkmal ist, dass die Temperatur der Zwischenüberhitzereinheit reduziert werden kann, indem die Eintrittstemperatur in die Zwischenüberhitzereinheit angehoben wird. Die Eintrittstemperatur vor der Zwischenüberhitzereinheit wird auch als kalte Zwischenüberhitzung bezeichnet. Diese Anhebung der Temperatur wird dadurch realisiert, dass Regelventile, die vor dem zweiten Expansionsabschnitt, d. h. vor der Mitteldruck-Teilturbine, angedrosselt werden. Durch die Androsselung reduziert sich die Expansion und damit der Temperaturabbau im ersten Expansionsabschnitt, in diesem Fall in der Hochdruck-Teilturbine. Die Folge ist, dass es zu vergrößerten lastabhängigen Temperaturschwankungen am Austritt der Hochdruck-Teilturbine kommt.

[0011] Somit wird der bei Teillast eintretende Abfall der heißen Zwischenüberhitzertemperatur durch eine Anhebung der kalten Zwischenüberhitzertemperatur am Hochdruck-Teilturbinenaustritt reduziert. Erreicht wird diese Temperaturanhebung durch gezielte Druckanhebung im Zwischenüberhitzersystem bei Teillast mittels Drosselung der Ventile. Sofern keine Androsselung stattfindet, würde bei einer Teillast an einer Stelle ein Temperaturwechsel von 60 Kelvin beispielsweise an einem Bauteil auftreten. Durch die erfindungsgemäße Androsselung wird dieser Temperaturabsenkung von 60 Kelvin entgegengewirkt und beispielsweise nur eine Temperaturabsenkung von 30 Kelvin erreicht, wobei diese Temperaturabsenkung von 30 Kelvin auf zwei Bauteile aufzuteilen ist. Die zulässigen Lastwechsel vergrößern sich dadurch um mehr als eine Größenordnung.

[0012] Somit führt das Aufteilen von großen Temperaturwechseln an den Bauteilen im heißen Zwischenüberhitzersystem und der Mitteldruck-Dampfturbine auf kleine Temperaturwechsel an den Bauteilen im kalten Zwischenüberhitzer und heißen Zwischenüberhitzerbauteilen zu einem insgesamt kleineren Temperaturwechsel an allen Bauteilen im System.

[0013] In einer vorteilhaften Weiterbildung wird die Androsselung derart gewählt, dass der Betrag der Temperaturabsenkung nach der Zwischenüberhitzereinheit im ungedrosselten Zustand im Wesentlichen halbiert wird.

[0014] Somit wird die Androsselung derart gesteuert, dass bei Lastwechseln an allen Bauteilen die dann kleineren Temperaturwechsel in erster Näherung gleich groß sind. Ein wesentlicher Vorteil der Erfindung liegt darin, dass nunmehr große Laständerungen mit deutlich schnelleren Gradienten und deutlich häufiger in der Lebensdauer der Dampfturbine gefahren werden können. Dies führt insgesamt zu einer Erhöhung der Lebensdauer.

[0015] Im Folgenden wird nun ein Ausführungsbeispiel der Erfindung näher beschrieben (ohne Figur).

[0016] Herkömmliche konventionelle Kraftwerke umfassen eine Dampfturbine, die sich in eine Hochdruck-Teilturbine, Mitteldruck-Teilturbine und Niederdruck-Teilturbine sowie eine Zwischenüberhitzereinheit einteilen lässt, wobei die Zwischenüberhitzereinheit zwischen der Hochdruck-Teilturbine und der Mitteldruck-Teilturbine angeordnet wird. Vor der Hochdruck-Teilturbine erzeugt ein Dampferzeuger einen heißen Frischdampf, der durch die Hochdruck-Teilturbine strömt und anschließend in der Zwischenüberhitzereinheit wieder erhitzt wird und anschließend in die Mitteldruck-Teilturbine strömt sowie anschließend durch die Niederdruck-Teilturbine. Nach der Niederdruck-Teilturbine kondensiert der Dampf zu Wasser und wird über Pumpen wieder zum Dampferzeuger geführt und dort wieder zu Dampf umgewandelt. Solch eine Kraftwerksanlage wird für eine Nennleistung konzipiert, die möglichst permanent auf dieser Nennleistungsebene betrieben werden soll. In einem Teillastbetrieb, das bedeutet, dass die Kraftwerksanlage nicht bei 100% Nennlast, sondern bei beispielsweise 25% der Nennlast betrieben wird, ändern sich die Temperaturen in der Zwischenüberhitzereinheit. Die Temperatur sinkt. Vor der Mitteldruck-Teilturbine wird ein Regelventil angeordnet, das beim Betrieb der Teillast derart angedrosselt wird, dass eine Erhöhung der Temperatur am Eintritt zur Zwischenüberhitzereinheit erfolgt. Das bedeutet, dass ein Regler das Mitteldruck-Ventil derart ansteuert, dass die Dampfströmung angedrosselt wird und zwar derart, dass die Expansion in der Hochdruck-Teilturbine reduziert wird. In Folge dieser Reduzierung erhöht sich die Temperatur am Ausgang der Hochdruck-Teilturbine.


Ansprüche

1. Verfahren zum Betreiben einer Kraftwerksanlage umfassend eine Dampfturbine, die in eine Hochdruck-Teilturbine, Mitteldruck-Teilturbine und Niederdruck-Teilturbine unterteilt ist und zwischen der Hochdruck-Teilturbine und der Mitteldruck-Teilturbine eine Zwischenüberhitzereinheit angeordnet ist, mit den Schritten:

- Betrieb der Kraftwerksanlage in Teillast,

- Erhöhung der Temperatur am Eintritt zur Zwischenüberhitzereinheit durch Androsselung eines Ventils, das vor der Mitteldruck-Teilturbine angeordnet wird.


 
2. Verfahren nach Anspruch 1,
wobei die Androsselung derart erfolgt, dass die Expansion in der Hochdruck-Teilturbine reduziert wird.
 
3. Verfahren nach Anspruch 1 oder 2,
wobei die Androsselung derart gewählt wird, dass der Betrag der Temperaturabsenkung nach der Zwischenüberhitzereinheit im ungedrosselten Zustand im Wesentlichen halbiert wird.
 
4. Verfahren nach einem der vorhergehenden Ansprüche, wobei die Androsselung derart erfolgt, dass bei einem Lastwechsel die Temperaturänderung vor und nach der Zwischenüberhitzereinheit in Folge der Androsselung im Wesentlichen gleich groß ist.
 
5. Verfahren nach einem der vorhergehenden Ansprüche, wobei der Betrieb bei Teillast im Wesentlichen zwischen 20% und 40%, insbesondere bei 25% der Nennlast erfolgt.
 
6. Kraftwerk, das nach einem Verfahren gemäß den Ansprüchen 1 bis 5 betrieben wird.
 
7. Kraftwerk nach Anspruch 6,
wobei das Kraftwerk als Dampfkraftwerk ausgebildet ist.
 
8. Kraftwerk nach Anspruch 6,
wobei das Kraftwerk als Gas- und Dampfkraftwerk ausgebildet ist.
 





Recherchenbericht












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