[0001] Die Erfindung betrifft ein Verfahren und eine Vorrichtung zum Umformen eines Werkstücks
gemäß den Oberbegriffen der Ansprüche 1 und 11.
[0002] Das umzuformende Werkstück weist eine Mittenachse, einen radial inneren Bereich und
einen radial äußeren Bereich auf. Bei dem Verfahren wird der radial innere Bereich
des Werkstücks mittels eines Stempels und einer Matrize durch Ziehen in Achsrichtung
umgeformt. Dabei wird ein axialer Formabschnitt gebildet.
[0003] Die Vorrichtung umfasst eine Matrize und einen Stempel zum Umformen des radial inneren
Bereichs des Werkstücks durch Ziehen.
[0004] Mit dem beschriebenen Umformverfahren und der beschriebenen Vorrichtung lassen sich
durch sogenanntes Ziehen oder Tiefziehen eine Vielzahl von Formen herstellen. Dabei
erfolgt üblicherweise eine Durchmesserreduzierung des Werkstücks. Die bei der Umformung
auftretenden Spannungen, insbesondere radiale Zug- und tangentiale Druckspannungen,
bewirken einen äußerst komplexen Materialfluss.
[0005] Die durch Ziehen oder Tiefziehen hergestellten Formen weisen üblicherweise einen
radialen Flanschabschnitt und einen axialen Formabschnitt auf. Unter dem axialen Formabschnitt
wird hierbei insbesondere ein aus der Ebene des radialen Flanschabschnittes herausragender
Werkstückabschnitt verstanden.
[0006] Eine bekannte Schwachstelle bei der Umformung durch Tiefziehen ist die Kante beziehungsweise
der Übergang zwischen dem radialen Flanschabschnitt und dem axialen Formabschnitt.
In diesem Bereich tritt häufig eine Materialschwächung auf, die im ungünstigsten Fall
auch zu einem Materialabriss führen kann. Zur Vermeidung einer übermäßigen Materialschwächung
ist es beispielsweise bekannt, das Werkstück bei der Umformung zu erwärmen, im Übergangsbereich
relativ große Biegeradien vorzusehen und/oder den Ziehvorgang mehrstufig durchzuführen.
[0007] Durch Ziehen beziehungsweise Tiefziehen lassen sich beispielsweise Näpfe herstellen.
Die Umformung durch Tiefziehen erfordert hohe axiale Presskräfte.
[0008] Ein weiteres Anwendungsgebiet für das Ziehen beziehungsweise Tiefziehen ist die Herstellung
von Getriebeteilen mit einer mittigen Nabe. Das Verfahren wird beispielsweise bei
der Herstellung von Riemenscheiben oder Lamellenträgern angewendet. Hierbei wird durch
Tiefziehen zunächst eine Vorform mit einer Nabe hergestellt, die anschließend, beispielsweise
auf einer Drück- oder Drückwalzmaschine, weiter umgeformt wird. Das Tiefziehen eines
Werkstücks zur Herstellung eines Lamellenträgers ist beispielsweise in der
DE 43 27 746 A1 beschrieben.
[0009] Bei einem alternativen Verfahren zum Anformen einer Nabe an ein rondenförmiges Ausgangswerkstück
wird ein Außenbereich des Werkstücks mittels einer Drückrolle umgeformt und das dabei
gewonnene Material zu einem zylindrischen Vorsprung um einen das Werkstück durchdringenden
Werkzeugstift geformt. Dieses Verfahren zur Herstellung eines eine Nabe aufweisenden
Getriebeteils ist beispielsweise in der
DE 44 00 257 C1 beschrieben.
[0010] In der
EP 0 997 210 A2 ist ein Verfahren zur Nabenanformung beschrieben, bei dem der Außenbereich des Werkstücks
durch eine Rolle mit einer Schneidkante bearbeitet wird. Das von dem Außenbereich
abgetrennte Material wird in einer Kammerung der Rolle zu der Nabe geformt.
[0011] Bei der Nabenherstellung durch Drücken oder Spalten bestehen Limitierungen hinsichtlich
der Formgestaltung und Wandstärke der Nabe.
[0012] Der Erfindung liegt die
Aufgabe zugrunde, ein Verfahren und eine Vorrichtung zum Umformen eines Werkstücks anzugeben,
welche eine besonders wirtschaftliche und effiziente Umformung ermöglichen.
[0013] Die Aufgabe wird erfindungsgemäß durch ein Verfahren mit den Merkmalen des Anspruchs
1 und eine Vorrichtung mit den Merkmalen des Anspruchs 11 gelöst. Bevorzugte Ausgestaltungen
sind in den jeweils abhängigen Ansprüchen angegeben.
[0014] Das Verfahren ist erfindungsgemäß dadurch gekennzeichnet, dass während der Umformung
durch Ziehen das Werkstück um die Mittenachse in Drehung versetzt und bei drehendem
Werkstück der radial äußere Bereich des Werkstücks mittels mindestens einer Umformrolle
beaufschlagt wird, wobei ein Materialfluss in Richtung des radial inneren Bereichs
des Werkstücks erzeugt beziehungsweise unterstützt wird.
[0015] Bei einer Vorrichtung ist erfindungsgemäß vorgesehen, dass die Matrize und der Stempel
drehbar gelagert sind und dass eine Umformrolle angeordnet ist, durch welche während
der Umformung des Werkstücks durch Ziehen ein radial äußerer Bereich des Werkstücks
beaufschlagbar ist, wobei ein Materialfluss in Richtung des radial inneren Bereichs
des Werkstücks erzeugbar ist.
[0016] Ein Grundgedanke der Erfindung besteht darin, während des Ziehvorgangs eine Materialverdrängung
mittels der Umformrolle aus dem radial äußeren Bereich in den radial inneren Bereich
zu bewirken oder zu unterstützen. Die Beaufschlagung oder Umformung des radial äußeren
Bereichs des Werkstücks mittels der Umformrolle kann derart erfolgen, dass gezielt
ein radial nach innen gerichteter Materialfluss erzeugt wird, Material also radial
nach innen verschoben wird.
[0017] Der durch die Umformrolle erzeugte Materialfluss unterstützt den Materialfluss beim
Ziehen. Die Materialschwächung an der Kante zwischen dem durch Ziehen umgeformten,
radial inneren Bereich und dem radial äußeren Bereich des Werkstücks wird substantiell
vermindert. Damit eignen sich das Verfahren und die Vorrichtung insbesondere für die
Herstellung von Getriebeteilen, wie beispielsweise Nabenscheiben, Riemenscheiben,
Lamellenträgern oder Drehschwingungsdämpfern, bei welchen gerade dieser Übergangsbereich
großen Belastungen ausgesetzt ist. Zudem lassen sich ohne Materialschwächung kleinere
Radien an dem Übergang beziehungsweise der Kante formen. Durch das Nachschieben von
Material nach innen können außerdem die erforderlichen Presskräfte zwischen Stempel
und Matrize reduziert werden. Zudem kann eine Beaufschlagung mit einer Umformrolle
zu einem Spannungsabbau im radial äußeren Bereich und damit zur Verminderung einer
Wellenbildung beitragen.
[0018] Ein weiterer Vorteil des erfindungsgemäßen Verfahrens besteht darin, dass durch die
Umformung des Außenbereichs mittels Umformrolle eine hohe Kaltverfestigung des Materials
bewirkt werden kann. Somit lässt sich wirtschaftlich ein besonders belastbares Bauteil
herstellen.
[0019] Die Umformung des radial inneren Bereichs durch Ziehen ermöglicht überdies eine weitgehend
freie Formgestaltung, wobei auch nicht-rotationssymmetrische Konturen, beispielsweise
polygonale Konturen oder Riffelungen, geformt werden können. Durch den verbesserten
Materialfluss können komplexe Werkstückformen hergestellt werden.
[0020] Bei dem umzuformenden Werkstück kann es sich insbesondere um ein Flachmaterial, insbesondere
einen Blechrohling, mit einer Haupterstreckungsrichtung quer oder radial zur Mittenachse
handeln. Beispielsweise kann es sich bei dem Werkstück um eine Ronde handeln. Vorzugsweise
ist das Ausgangswerkstück vor der erfindungsgemäßen Umformung zumindest weitgehend
rotationssymmetrisch zu der Mittenachse.
[0021] Das Ziehen des Werkstücks erfolgt vorzugsweise in einem Ziehspalt zwischen dem Stempel
und der Matrize. Die Matrize weist hierzu einen mittigen Aufnahme- oder Freiraum auf,
in welchen der Stempel zum Umformen des Werkstücks durch Ziehen eingefahren wird.
Die Umformung erfolgt durch koaxiales Einfahren des Stempels in den Aufnahmeraum der
Matrize.
[0022] Erfindungsgemäß wird das Werkstück zumindest während einer gewissen Bearbeitungszeit
gleichzeitig durch Ziehen mittels Stempel und Matrize und durch Beaufschlagung mittels
der Umformrolle bearbeitet. Die Vorrichtung ist entsprechend dazu eingerichtet, eine
gleichzeitige Bearbeitung des Werkstücks durch die Matrize und den Stempel sowie durch
die Umformrolle zu gewährleisten.
[0023] Durch das Ziehen des Werkstücks wird ein aus der Ebene des Werkstücks beziehungsweise
des radial äußeren Bereichs herausragender Abschnitt gebildet, welcher als axialer
Formabschnitt bezeichnet wird. Der axiale Formabschnitt kann beispielsweise eine ringförmige,
insbesondere zylinderförmige oder konische Wand aufweisen, die sich um die Mittenachse
des Werkstücks erstreckt. Bei der Ausbildung des axialen Formabschnitts entsteht an
dem radial äußeren Bereich ein als Flanschabschnitt bezeichneter radialer Außenbereich
des Werkstücks.
[0024] Bei der Umformrolle kann es sich insbesondere um eine Drückrolle oder Drückwalze
handeln. Durch Beaufschlagung des Werkstücks wird die Dicke des radial äußeren Bereichs
verringert und das hierbei verdrängte Material radial nach innen gedrückt. Die Umformung
erfolgt bei rotierendem Werkstück. Es kann auch eine Profilierrolle zum Anstauchen
bzw. Verdicken des Materials eingesetzt werden, die vorzugsweise radial zugestellt
wird.
[0025] Grundsätzlich kann es ausreichend sein, durch die Umformrolle lediglich eine axiale
Andruckkraft zu erzeugen, so dass das Material radial nach innen ausweicht. Eine effektivere
Materialverschiebung wird jedoch erzeugt, wenn die Umformrolle den Flanschabschnitt
des Werkstücks durch eine radiale Bewegung umformt.
[0026] Ein wirksamer, nach innen gerichteter Materialfluss kann insbesondere dadurch erzielt
werden, dass die Umformrolle in Richtung des radial inneren Bereichs des Werkstücks
beziehungsweise in Richtung des axialen Formabschnitts zugestellt wird. Die Umformrolle
wird hierbei zunächst axial an den äußeren Bereich des Werkstücks zugestellt und dann
radial nach innen verfahren. Durch die Materialverschiebung nach innen wird die axiale
Ausdehnung, also die Dicke, des radialen Außenbereiches in dem beaufschlagten Bereich
reduziert.
[0027] Vorzugsweise wird der radial äußere Bereich des Werkstücks zur Beschränkung eines
nach außen gerichteten Materialflusses umfangsseitig abgestützt. Die Abstützung erfolgt
vorzugsweise über ein Widerlager, beispielsweise einen Ring, der ein Auswandern des
Materials nach außen begrenzt. Vorzugsweise bildet das Widerlager einen Anschlag für
den äußeren Bereich des Werkstücks. Das Material kann bei Beaufschlagung durch die
Umformrolle somit weitgehend nur nach innen ausweichen, wodurch ein effektiver Materialfluss
in Richtung des Ziehspalts zwischen Stempel und Matrize beziehungsweise der Übergangskante
zwischen Flanschabschnitt und axialem Formabschnitt erfolgt.
[0028] Um eine Aufwölbung des radial äußeren Bereichs des Werkstücks möglichst zu unterbinden,
wird der radial äußere Bereich des Werkstücks vorzugsweise mittels einer Niederhalterrolle
niedergehalten. Die Niederhalterrolle liegt an dem äußeren Bereich des Werkstücks
an und drückt axial gegen diesen, so dass ein Aufwölben in axialer Richtung verhindert
wird. Im Gegensatz zur Umformrolle erfolgt durch die Niederhalterrolle vorzugsweise
keine aktive Umformung des Werkstücks.
[0029] Ein besonders wirtschaftliches Verfahren lässt sich dadurch erzielen, dass der radial
äußere Bereich des Werkstücks auf einer Drückoberfläche der Matrize umgeformt wird.
Die Matrize dient also gleichsam als Umformwerkzeug für das Ziehen des Werkstücks
und als Drückfutter für das Umformen mittels der Umformrolle. Das Werkstück kann somit
gleichzeitig auf der Matrize durch Ziehen beziehungsweise Tiefziehen und durch Drücken
beziehungsweise Drückwalzen umgeformt werden.
[0030] Durch das Ziehen des radial inneren Bereichs des Werkstücks kann beispielsweise eine
napf- oder hülsenförmige Kontur geformt werden. Zur Formung einer hülsenförmigen Kontur
kann beispielsweise zunächst eine Mittenöffnung in das Werkstück eingebracht oder
ein Ausgangswerkstück mit einer Mittenöffnung verwendet werden. Die Mittenöffnung
kann mittels des Stempels und der Matrize durch Ziehen aufgeweitet werden. Durch den
Ziehvorgang kann die Öffnung bei der Umformung vergrößert werden, so dass Material
durch das Ziehwerkzeug aus dem Zentrum auf einen größeren Durchmesser verdrängt wird.
[0031] In einer bevorzugten Ausgestaltung des Verfahrens wird der innere Bereich des Werkstücks
beim Ziehen mittels eines Abstreckringes abgestreckt. Hierdurch lässt sich die Wandstärke
des Axialabschnitts beim Ziehen effizient verringern und eine zusätzliche Verfestigung
des Materials erzeugen. Die mindestens eine Umformrolle führt dem Ziehspalt das für
das Abstrecken und/oder Umformen erforderliche Material zu.
[0032] Vorzugsweise wird beim Umformen des Werkstücks mittels der Umformrolle eine definierte
Struktur in den radial äußeren Bereich des Werkstücks eingeformt. Die Drückoberfläche
der Matrize weist hierzu vorzugsweise eine entsprechende, definierte Struktur auf,
in welche das Material mittels der Umformrolle eingeformt wird. Unter einer definierten
Struktur werden insbesondere Vorsprünge, Einkerbungen, Nuten, Rillen, oder Verzahnungen
verstanden. Gleichzeitig mit dem Ziehen lässt sich somit besonders effektiv der äußere
Bereich des Werkstücks gestalten. Durch das Verfahren lassen sich in den Flanschabschnitt
des Werkstückes beispielsweise radial verlaufende, axiale Versteifungen anformen.
[0033] Die Zuverlässigkeit der Umformung des Werkstücks kann weiter dadurch erhöht werden,
dass der Stempel pulsierend in die Matrize eingefahren wird. Vorzugsweise erfolgt
dabei, insbesondere in sehr kurzer Zeitabfolge, nach jedem Zustellhub ein kürzerer
Rückhub zur Materialentlastung. Die Kombination einer kontinuierlichen Bewegung der
Umformrolle mit einer pulsierenden Bewegung des Stempels beim Pressvorgang bewirkt
eine besonders gute Formausprägung und Materialverfestigung, insbesondere an der Übergangskante
zwischen Außenflansch und axialem Formabschnitt. Zudem reduziert es die Kraft beim
axialen Formen von Verzahnungen mittels des Stempels.
[0034] Ein inkrementelles Ziehen oder Tiefziehen verringert zudem die Gefahr einer Rissbildung
im Werkstück.
[0035] In einer weiteren bevorzugten Ausgestaltung des Verfahrens ist vorgesehen, dass das
Werkstück zunächst im Stillstand, also ohne Rotation, mittels des Stempels vorgezogen
und anschließend bei rotierendem Werkstück und unter Beaufschlagung durch die Umformrolle
weiter gezogen wird. Das Vorziehen ohne Beaufschlagung durch die Umformrolle ermöglicht
eine zuverlässige Zentrierung des Werkstücks und eine Reduzierung der Taktzeit beziehungsweise
der Umformzeit.
[0036] In einer bevorzugten Ausgestaltung erfolgt die Umformung des Werkstücks zumindest
weitgehend unter Beibehaltung des Durchmessers, also im Wesentlichen ohne Durchmesserreduzierung.
Der radial äußere Bereich des Werkstücks kann hierzu an der Matrize entsprechend fixiert
werden.
[0037] Vorzugsweise erfolgt eine interpolierende Zustellung der Umformrolle zum Stempel.
[0038] Zur Nachformung des Werkstücks werden nach dem Ziehen vorzugsweise weitere Umformschritte,
insbesondere durch Drücken, Drückwalzen, Abstreckdrücken, Spalten und/oder Profilieren
durchgeführt, während das Werkstück zwischen der Matrize und dem Stempel eingespannt
ist. Beispielsweise lässt sich der Ziehbereich anschließend auf der Vorrichtung durch
mindestens eine Umformrolle weitergehend verformen. Der Ziehbereich kann auch durch
mindestens eine Drückwalze weitergehend verformt und die Wanddicke zumindest partiell
reduziert werden. Dabei kann das verdrängte Material eine Außenverzahnung bilden.
[0039] Auf ein und derselben Maschine lässt sich somit vorzugsweise eine Vielzahl von Umformschritten
durchführen, wobei die Halterung des Werkstücks zwischen der Matrize und dem Stempel
beibehalten wird. Alternativ oder zusätzlich zur Einspannung des Werkstücks zwischen
Matrize und Stempel können jedoch gegebenenfalls auch andere Halteeinrichtungen vorgesehen
sein.
[0040] Vorrichtungsmäßig ist es bevorzugt, dass die Matrize ein Drückfutter für die Umformrolle
bildet und eine ringförmige Drückoberfläche aufweist. Die Drückoberfläche erstreckt
sich hierbei quer zur Mittenachse des Werkstücks beziehungsweise quer zur Drehachse
der Vorrichtung. Auf der Drückoberfläche kann der Außenbereich des Werkstücks durch
die Umformrolle beaufschlagt beziehungsweise umgeformt werden.
[0041] Zum Einformen einer definierten Oberflächenstruktur in den radial äußeren Bereich
des Werkstücks weist die Matrize vorzugsweise eine Drückoberfläche mit einer entsprechenden,
definierten Struktur auf. Die strukturierte Drückoberfläche kann beispielsweise Vorsprünge,
Einkerbungen, Nuten, Rillen, Verzahnungen oder dergleichen aufweisen.
[0042] Des Weiteren kann die Matrize und/oder der Stempel zum Formen einer definierten Kontur
an dem radial inneren Bereich des Werkstücks eine entsprechende, definierte Kontur,
insbesondere eine polygonale Kontur und/oder eine Profilierung, aufweisen. Beispielsweise
kann der Aufnahmeraum der Matrize eine definierte Innenkontur aufweisen, die der zu
formenden Außenkontur des Werkstücks im Bereich des axialen Formabschnitts entspricht.
Zum Formen einer definierten Innenkontur des Werkstücks im Bereich des axialen Formabschnitts
kann der Stempel eine entsprechende Außenkontur aufweisen. Die erfindungsgemäße Vorrichtung
kann insbesondere dazu eingerichtet sein, neben rotationssymmetrischen Formen auch
nicht-rotationssymmetrische Formen herzustellen. Beispielsweise lässt sich ein polygonaler
oder geriffelter axialer Formabschnitt des Werkstücks herstellen.
[0043] Bei dem Ziehprozess kann in dem Ziehbereich eine innenliegende und/oder eine außenliegende
Form, vorzugsweise eine Steckverzahnung, angeformt werden. Bei dem Verfahren kann
außerdem eine Hirthverzahnung außerhalb und/oder innerhalb, vorzugsweise im Napf-
bzw. Nabenbereich am Boden und/oder am Flanschbereich angeformt bzw. geprägt werden.
[0044] Für eine wirksame Erzeugung eines nach innen gerichteten Materialflusses durch die
Umformrolle ist vorzugsweise ein, insbesondere einteiliger, Stützring vorgesehen,
welcher zur Beschränkung eines Materialflusses nach außen eine Anschlagfläche für
einen äußeren Umfang des Werkstücks bereitstellt und/oder zum Zentrieren des Werkstücks
und/oder zur Drehmomentübertragung auf das Werkstück dient. Der Stützring kann auch
geteilt ausgeführt werden, wobei die einzelnen Teile oder Segmente dann vorzugsweise
in radialer Richtung verfahrbar sind.
[0045] Zum Abstrecken des inneren Bereichs des Werkstücks beim Ziehen umfasst die Matrize
vorzugsweise einen Abstreckring. Der Abstreckring kann beim Ziehen des Axialabschnitts
des Werkstücks eine Materialverdünnung bewirken.
[0046] Erfindungsgemäß ist es bevorzugt, dass sowohl die Matrize als auch der Stempel drehend
antreibbar sind. Vorzugsweise ist eine Synchronisierungseinrichtung vorgesehen, welche
die Drehgeschwindigkeiten der Matrize und des Stempels synchronisiert. Durch den drehenden
Antrieb der Matrize und des Stempels lässt sich eine besonders präzise Umformung erzielen.
[0047] In der Vorrichtung oder bei dem Prozess wird vorzugsweise ein Trennmittel, insbesondere
ein Schmiermittel, eingesetzt, welches den Ziehvorgang und die spätere Entnahme des
Bauteils erleichtert. Als Trennmittel kann auch eine Emulsion eingesetzt werden, die
eine höhere Wärmeabfuhr während des Prozesses ermöglicht.
[0048] Zur Vermeidung der Faltenbildung kann bei dem Ziehvorgang ein Ziehring zum Niederhalten
des Materials eingesetzt werden. Zur Vermeidung der Faltenbildung kann auch eine zusätzliche
Rolle als Gegenhalter eingesetzt werden.
[0049] Die Vorrichtung kann vorzugsweise mit einem Auswerfer und/oder einer automatischen
Be- und Entladung versehen sein.
[0050] Die Zustellung des Stempels und/oder der Umformrolle kann vorzugsweise als weg-oder
kraftgesteuerte Achse, insbesondere als interpolierende weg- oder kraftgesteuerte
Achse, erfolgen.
[0051] Mit dem erfindungsgemäßen Verfahren ist auch die Anformung eines zweiten, sich axial
erstreckenden nabenförmigen Bereiches möglich, der sich auch entgegengesetzt zum Ziehbereich
erstrecken kann. Die Anformung der weiteren Nabe kann beispielsweise durch Drückwalzen
oder Abspalten und/oder mit einer gekammerten Umformrolle erfolgen. Auch der Einsatz
von Schiebehülsenwerkzeugen zur Anformung einer dritten Nabe in einer Aufspannung
ist möglich.
[0052] Das Verfahren ermöglicht die Anformung von Naben, die nahezu die Wanddicke des Ausgangsmaterial
haben.
[0053] Die Erfindung wird nachfolgend anhand von bevorzugten Ausführungsformen, welche in
den beigefügten Zeichnungen dargestellt sind, weiter beschrieben. In den Zeichnungen
zeigt:
- Fig. 1
- eine erste Ausführungsform einer Umformvorrichtung und eines Umformverfahrens;
- Fig. 2
- eine weitere Ausführungsform einer Umformvorrichtung und eines Umformverfahrens;
- Fig. 3
- eine weitere Ausführungsform einer Umformvorrichtung und eines Umformverfahrens;
- Fig. 4
- eine weitere Ausführungsform einer Umformvorrichtung und eines Umformverfahrens;
- Fig. 5
- eine weitere Ausführungsform einer Umformvorrichtung und eines Umformverfahrens;
- Fig. 6
- eine weitere Ausführungsform einer Umformvorrichtung und eines Umformverfahrens;
- Fig. 7
- eine weitere Ausführungsform einer Umformvorrichtung und eines Umformverfahrens;
- Fig. 8
- eine weitere Ausführungsform einer Umformvorrichtung und eines Umformverfahrens;
- Fig. 9
- eine weitere Ausführungsform einer Umformvorrichtung und eines Umformverfahrens;
- Fig. 10
- eine weitere Ausführungsform einer Umformvorrichtung und eines Umformverfahrens;
- Fig. 11
- eine weitere Ausführungsform einer Umformvorrichtung und eines Umformverfahrens;
- Fig. 12
- eine weitere Ausführungsform einer Umformvorrichtung und eines Umformverfahrens;
- Fig. 13
- eine weitere Ausführungsform einer Umformvorrichtung und eines Umformverfahrens;
- Fig. 14
- eine weitere Ausführungsform einer Umformvorrichtung und eines Umformverfahrens;
- Fig. 15
- eine weitere Ausführungsform einer Umformvorrichtung und eines Umformverfahrens;
- Fig. 16
- eine weitere Ausführungsform einer Umformvorrichtung und eines Umformverfahrens;
- Fig. 17
- eine weitere Ausführungsform einer Umformvorrichtung und eines Umformverfahrens;
- Fig. 18
- eine weitere Ausführungsform einer Umformvorrichtung und eines Umformverfahrens;
- Fig. 19
- eine weitere Ausführungsform einer Umformvorrichtung und eines Umformverfahrens;
- Fig. 20
- eine weitere Ausführungsform einer Umformvorrichtung und eines Umformverfahrens;
- Fig. 21
- eine weitere Ausführungsform einer Umformvorrichtung und eines Umformverfahrens;
- Fig. 22
- Umformschritte zur Herstellung eines komplexen Bauteils;
- Fig. 23
- eine weitere Ausführungsform einer Umformvorrichtung und eines Umformverfahrens;
- Fig. 24
- eine weitere Ausführungsform einer Umformvorrichtung und eines Umformverfahrens;
- Fig. 25
- eine weitere Ausführungsform einer Umformvorrichtung und eines Umformverfahrens;
- Fig. 26
- einen Umformschritt zur Anstauchung einer Nabe und
- Fig. 27
- unterschiedliche Bauteile und Zwischenformen, die durch das Umformverfahren und die
Umformvorrichtung gemäß der Erfindung herstellbar sind.
[0054] In sämtlichen Figuren sind gleiche oder äquivalente Komponenten mit denselben Bezugszeichen
gekennzeichnet. Die anhand der Figuren erläuterten Aspekte der Erfindung können grundsätzlich
frei miteinander kombiniert werden und sind nicht als sich gegenseitig ausschließende
Alternativen zu verstehen.
[0055] Die Figuren 1 und 2 zeigen grundsätzliche Aspekte des erfindungsgemäßen Verfahrens
und der erfindungsgemäßen Vorrichtung 10 am Beispiel der spanlosen Anformung eines
Napfes beziehungsweise einer Nabe an ein vorzugsweise weitgehend rotationssymmetrisches
Werkstück 100, beispielsweise eine Ronde oder Vorform.
[0056] Die Vorrichtung 10 zum Umformen des Werkstücks 100 weist eine Matrize 20 mit einer
etwa mittigen Aufnahmeöffnung 22 auf, in welche ein Stempel 30 in eine axiale Richtung
linear einführbar ist. Die Matrize 20 und der Stempel 30 sind so aufeinander abgestimmt,
dass zwischen diesen ein Ziehspalt ausgebildet wird, in welchen ein innerer Bereich
102 des Werkstücks 100 beim Einfahren des Stempels 30 in die Matrize 20 hineingezogen
wird.
[0057] Matrize 20 und Stempel 30 sind drehbar um eine Drehachse 12 an einem nicht dargestellten
Maschinenbett gelagert und drehend antreibbar. Das Werkstück 100 ist an der Matrize
20 positionierbar und kann über diese ebenfalls in Drehung versetzt werden. Das Werkstück
100 ist gegebenenfalls an der Matrize 20 zentrierbar und wird durch die Matrize 20
und den Stempel 30 während der Umformung in Position gehalten. Für eine besonders
effektive Umformung kann der Stempel 30 zusätzlich zur Matrize 20 drehzahl- beziehungsweise
drehwinkelsynchron angetrieben werden.
[0058] Des Weiteren umfasst die Vorrichtung 10 eine oder mehrere Umformrollen 40, welche
eingerichtet sind, an einen äußeren, sich im Wesentlichen radial erstreckenden Bereich
104 des Werkstücks 100 axial und/oder radial zugestellt zu werden, während der innere
Bereich 102 des Werkstücks 100 mittels des Stempels 30 und der Matrize 20 umgeformt
wird. Die zumindest eine Umformrolle 40 ist um eine Drehachse 42, welche vorzugsweise
quer oder schräg zu der Drehachse 12 verläuft, drehbar gelagert. Die Matrize 20 weist
eine Drückoberfläche 24 auf, die sich im Wesentlichen quer zur Drehachse 12 erstreckt,
und ist auf einer Welle 14 gelagert.
[0059] Zum Umformen des Werkstücks 100 wird dieses an der Matrize 20 angeordnet. Der Stempel
30 wird axial entlang der Drehachse 12 beziehungsweise koaxial zur Drehachse 12 in
Richtung der Matrize 20 verfahren, so dass das Werkstück 100 zwischen der Matrize
20 und dem Stempel 30 eingeklemmt wird. Matrize 20 und Stempel 30 werden um die Drehachse
12, welche zugleich eine Mittenachse 112 des Werkstücks darstellt, in Drehung versetzt.
Das Werkstück 100 wird über die Matrize 20 ebenfalls in Drehung versetzt.
[0060] Durch weiteres axiales Zustellen des Stempels 30 wird dieser in den Freiraum beziehungsweise
die Aufnahmeöffnung 22 der Matrize 20 eingefahren und zieht das Werkstück 100 in einen
zwischen Matrize 20 und Stempel 30 gebildeten Ziehspalt, so dass ein axialer Formabschnitt
106 und ein radialer Flanschabschnitt 108 gebildet werden. Stempel 30 und Matrize
20 sind zentrisch oder koaxial zueinander angeordnet und geführt. Durch den Ziehstempel
30 wirkt eine Druck- und/oder Zugspannung auf das Werkstück 100 ein.
[0061] Gleichzeitig mit dem Ziehen des Werkstücks 100 wird eine Umformrolle 40 an den radial
äußeren Bereich 104 des Werkstücks 100 zugestellt und bewirkt aktiv einen Materialfluss
aus dem radial äußeren Bereich 104 in Richtung des radial inneren Bereichs 102. Durch
die Umformrolle 40 wird im umgeformten Bereich Material in radialer und/oder axialer
Richtung verschoben und eine axiale Dicke des Bereichs 104 reduziert. Die Umformrolle
40 schiebt insbesondere Material radial nach innen und führt dieses dem Ziehspalt
zu. Hierzu wird die Umformrolle 40 vorzugsweise radial nach innen zu verfahren, wie
den Figuren 1.b und 1.c beziehungsweise 2.b und 2.c zu entnehmen ist.
[0062] Durch die Umformrolle 40, insbesondere Drückrolle oder Drückwalze, wird eine Druckspannung
und/oder Zugspannung auf das umzuformende Werkstück 100 ausgeübt, die den Materialfluss
beim Umformprozess des Stempels 30 unterstützt.
[0063] Die Umformung des Werkstücks 100 erfolgt also durch eine Kombination eines Tiefziehverfahrens
und eines axialen und/oder radialen Drückwalzverfahrens.
[0064] Fig. 1 zeigt ein erfindungsgemäßes Verfahren und Komponenten der erfindungsgemäßen
Vorrichtung am Beispiel der Umformung eines rondenförmigen Werkstücks 100 zu einem
Bauteil mit einem axialen Formabschnitt 106 in Form eines napfförmigen inneren Bereichs.
Der Stempel 30 weist eine vorzugsweise im Wesentlichen zylindrische Form mit einer
zylindrischen Außenfläche 32 auf.
[0065] Fig. 2 zeigt eine Ausgestaltung des erfindungsgemäßen Verfahrens anhand der Umformung
eines im Wesentlichen rondenförmigen Werkstücks 100 mit einer zentralen Mittenöffnung
110 zu einem Bauteil mit einem axialen Formabschnitt 106 in Form eines hülsenförmigen
inneren Bereichs. Der Stempel 30 weist in diesem Fall einen etwa konusförmigen Abschnitt
34 zum Aufweiten des Werkstücks 100 und einen Einführabschnitt 35 zum Einführen und
Zentrieren des Werkstücks 100 auf. Der Einführabschnitt 35 wird zunächst in die zentrale
Mittenöffnung 110 des Werkstücks 100 eingeführt. Sodann wird der Stempel 30 in die
Aufnahmeöffnung 22 eingefahren und das Werkstück 100 in den Ziehspalt zwischen Matrize
20 und Stempel 30 gezogen, wobei die Mittenöffnung 110 aufgeweitet wird. Analog zu
der Ausführungsform gemäß Fig. 1 wird während des Ziehens des Werkstücks 100 der radial
äußere Bereich 104 durch eine Umformrolle 40 beaufschlagt und so ein gezielter Materialfluss
in Richtung des Ziehspalts erzeugt.
[0066] Fig. 3 zeigt eine Ausgestaltung des Verfahrens, bei welcher das Werkstück 100 vor
der Ziehumformung des radial inneren Bereichs 102 durch die Umformrolle 40 vorgeformt
und das Werkstück 100 an der Matrize 20 zentriert wird. Die Zentrierung erfolgt durch
Eindrücken des Werkstücks 100 in eine Kontur der Matrize 20. In dem dargestellten
Beispiel wird der Außenbereich des Werkstücks 100 in eine ringförmige Nut in der Matrize
20 eingedrückt.
[0067] Durch die Vorformung des radial äußeren Bereichs 104 des Werkstücks 100 wird das
Werkstück 100 in radialer Richtung an der Matrize 20 fixiert. Bei dem nachfolgenden
Umformschritt durch Ziehen mittels Matrize 20 und Stempel 30 bleibt folglich durch
das in Umfangsrichtung verlaufende Profil des Bereichs 104 die radiale Ausdehnung
des Werkstücks 100 unverändert. Hierdurch entstehen bei dem Ziehen des Werkstücks
100 besonders große Ziehkräfte, die ohne eine Beaufschlagung des radial äußeren Bereichs
104 während der Ziehumformung ein Verlieren der Zentrierung und/oder eine erhebliche
Bruchgefahr des Werkstücks 100 bedeuten würden.
[0068] Fig. 4 zeigt eine weitere Möglichkeit, das Werkstück an der Matrize 20 zu fixieren.
Bei der in Fig. 4 dargestellten Variante umfasst die Matrize 20 einen äußeren Umfangsbereich
26, welcher gegenüber einem inneren Oberflächenabschnitt, an welchem das Werkstück
100 anliegt, angewinkelt ist. Mittels der Umformrolle 40 wird das Werkstück 100 unter
Ausbildung eines etwa ringförmig verlaufenden Knickes an den äußeren Umfangsbereich
26 der Matrize 20 angelegt. Anschließend kann das Werkstück 100 mittels eines Niederhalterrings
28 fixiert werden, wobei das Werkstück 100 zwischen der Matrize 20 und dem Niederhalterring
28 eingeklemmt ist. Nachfolgend wird der radial innere Bereich 102 des Werkstücks
100, wie vorstehend beschrieben, durch Ziehen umgeformt, wobei gleichzeitig der radial
äußere Bereich 104 durch die Umformrolle 40 beaufschlagt beziehungsweise umgeformt
wird.
[0069] In der unteren Darstellung in Fig. 4 ist zusätzlich zu der Umformrolle 40 eine Niederhalterrolle
66 dargestellt, die das Werkstück 100 in axialer Richtung niederhält und ein Aufbäumen
des Werkstücks 100 beziehungsweise Materials verhindert.
[0070] Fig. 5 entspricht im Wesentlichen der Darstellung der Figuren 1.b beziehungsweise
2.b, wobei der Stempel 30 zusätzlich durch eine Stützrolle 54 abgestützt ist. Die
Stützrolle 54 ist im Wesentlichen parallel zum Stempel 30 drehbar gelagert und liegt
an einer Umfangsfläche des Stempels 30 an. Es können auch mehrere Stützrollen 54 in
Umfangsrichtung um den Stempel 30 verteilt angeordnet sein.
[0071] Die Figuren 6 bis 8 zeigen Möglichkeiten, einen Materialfluss nach außen beim Umformen
des äußeren Bereichs 104 zu begrenzen oder zu verhindern und/oder zu unterstützen.
[0072] In Fig. 6 ist radial außerhalb der Umformrolle 40 eine Anpressrolle 68 angeordnet,
die das Werkstück 100 radial nach innen drückt. Hierdurch wird ein Materialfluss nach
außen verhindert und durch Einwirkung der Umformrolle 40 ein im Wesentlichen ausschließlich
radial nach innen gerichteter Materialfluss erzeugt. Dabei kann der radiale Materialfluss
durch die radiale Verschiebung der Rolle 68 unterstützt werden. Ein axiales Aufstauchen
des Materials im äußeren Bereich 104 wird durch den paarweisen Einsatz der Rollen
66 und 67 verhindert beziehungsweise minimiert.
[0073] Fig. 7 zeigt zur Verhinderung eines Materialflusses nach außen einen Stützring 60,
der um das Werkstück 100 angeordnet ist. Ein äußerer Umfangsbereich des Werkstücks
100 liegt an dem Stützring 60 an.
[0074] Fig. 8 zeigt eine weitere Ausgestaltung einer Anpressrolle 68, die im Unterschied
zu der in Fig. 6 dargestellten Gestaltung eine Kammerung aufweist, die das Werkstück
100 in axialer Richtung fixiert und/oder zur gezielten Verdickung des äußeren radialen
Bereiches 104 eingesetzt werden kann.
[0075] Figuren 6 und 8 zeigen weiterhin eine Niederhalterrolle 66 oberhalb des Werkstücks
100 und eine Gegenrolle 67 auf einer der Niederhalterrolle 66 gegenüberliegenden Seite
des Werkstücks 100, neben der Matrize 20. Außerdem können die Rollen 66 und 67 den
axialen Materialfluss im Bereich 104 begrenzen.
[0076] Eine Ausführungsform eines Stützrings 60 ist in Fig. 9 dargestellt. Der Stützring
60 umfasst mehrere Ringsegmente 62, die jeweils radial verschiebbar angeordnet sind.
Durch radiales nach innen Bewegen der Ringsegmente 62 lässt sich das Werkstück 100
einspannen beziehungsweise abstützen, wie in den jeweils unteren Darstellungen der
Fig. 9 gezeigt ist.
[0077] Fig. 10 veranschaulicht eine Möglichkeit, in den radial äußeren Bereich 104 des Werkstücks
100 eine definierte Struktur einzubringen. Die Matrize 20 umfasst hierzu an ihrer
Drückoberfläche 24 eine entsprechend definierte Struktur 25 mit mehreren Strukturelementen,
beispielsweise zur Ausformung von Versteifungsrippen, Verstärkungspunkten oder einer
Verzahnung an dem radial äußeren Bereich 104 des Werkstücks 100. Die Strukturelemente
können grundsätzlich beliebig angeordnet sein, wobei auch eine nicht-rotationssymmetrische
Anordnung möglich ist.
[0078] Die Figuren 11 bis 13 zeigen Möglichkeiten der Formung einer Kontur oder Profilierung
an dem radial inneren Bereich 102 des Werkstücks 100. In Fig. 11 weist die Matrize
20 an ihrer Aufnahmeöffnung 22 eine definierte Kontur 23 in Form einer Profilierung
auf, in welche das Material beim Ziehen eingedrückt wird, so dass ein profilierter
oder geriffelter Axialabschnitt des Werkstücks 100 formbar ist. In entsprechender
Weise weist der Stempel 30 in Fig. 12 eine strukturierte Außenkontur 33 auf, durch
welche ein strukturierter Bereich in den Axialabschnitt des Werkstücks 100 eingebracht
werden kann. In den Axialabschnitt des Werkstücks 100 können auch beispielsweise polygonale
Konturen 118 eingeformt werden, wie in Fig. 13 dargestellt. Durch das aktive Nachschieben
von Material mittels der Umformrolle 40 kann die Ausformung solcher Konturen besonders
präzise erfolgen und ein Abreißen des Werkstücks 100 wird zuverlässig verhindert.
[0079] Fig. 14 zeigt eine Ausgestaltung des Verfahrens, bei welcher das Material beim Ziehen
abgestreckt wird. Hierdurch lässt sich die Materialstärke in dem Ziehbereich beziehungsweise
dem axialen Formabschnitt 106 des Werkstücks 100 auf eine gewünschte Dicke reduzieren.
In die Matrize 20 ist ein Abstreckring 56 eingebracht, der die Aufnahmeöffnung 22
ringförmig umgibt und einen Abstreckabschnitt aufweist, dessen Durchmesser geringer
ist als der Durchmesser der Aufnahmeöffnung 22. Auf der linken Seite der Fig. 14 ist
ein Verfahrensstadium zu Beginn der Umformung und auf der rechten Seite ein Verfahrensstadium
mit abgeschlossenem Ziehvorgang dargestellt.
[0080] Fig. 15 zeigt eine Ausführungsform, bei welcher die Welle 14 beziehungsweise der
Abschieber als Gegenstempel ausgebildet ist. Durch Ziehen oder Pressen des Werkstücks
100 zwischen dem Stempel 30 und dem Abschieber beziehungsweise Gegenstempel lässt
sich ein Bodenabschnitt 114 in dem Ziehbereich des Werkstücks 100 konturiert formen.
Stempel 30 und Gegenstempel umfassen hierzu jeweils eine axiale Stirnfläche, die der
Kontur des fertig geformten Werkstücks 100 entspricht.
[0081] Die Figuren 16 bis 27 zeigen weitere Umformschritte, die insbesondere nach erfolgtem
Ziehvorgang durchgeführt werden können. Hierbei zeigt Fig. 16 eine Ausführungsform,
bei welcher das Werkstück 100 nach dem Ziehvorgang zwischen Matrize 20 und Stempel
30 an der Matrize 20 verbleibt und der Stempel 30 rückgezogen wird. Mittels einer
Nachformrolle 70, welche im vorliegenden Fall als Innenrolle ausgeführt ist, kann
der axiale Formabschnitt 106 des Werkstücks 100 nachgeformt, insbesondere abgestreckt
werden. Hierbei wird der Innendurchmesser des Formabschnitts 106 verringert. Gleichzeitig
kann, wie dargestellt, der radial äußere Abschnitt 104 des Werkstücks 100 mittels
der Umformrolle 40 beaufschlagt werden, um weiteres Material in den axialen Formabschnitt
106 zu drücken.
[0082] Fig. 17 zeigt eine Möglichkeit, auf der dem axialen Formabschnitt 106 des Werkstücks
100 axial gegenüberliegenden Seite einen zweiten axialen Formabschnitt 106 anzuformen.
Hierzu wird bei zwischen Matrize 20 und Stempel 30 eingespanntem Werkstück 100 und
nach dem Ziehvorgang mittels vorzugsweise einer Umformrolle 40a, 40b weiteres Material
aus dem radial äußeren Bereich 104 nach innen verschoben und an den Stempel 30 angeformt.
Wie in Fig. 17 dargestellt, kann hierbei der Stempel und/oder die Umformrolle 40a,
40b eine Kammerung 38 aufweisen. Bei den Umformrollen 40a, 40b kann es sich grundsätzlich
auch um dieselbe Umformrolle 40 handeln, die während des Ziehvorgangs verwendet wird.
[0083] In den Figuren 18 und 19 ist die Verwendung einer Schiebehülse 74 dargestellt, um
die Flexibilität des Verfahrens weiter zu erhöhen und komplexe Bauteile herstellen
zu können. Die Schiebehülse 74 ist ringförmig um den Stempel 30 angeordnet und gegenüber
dem Stempel 30 axial verschiebbar. Beim Ziehvorgang kann die Schiebehülse 74 rückgezogen
werden, um zu ermöglichen, dass die Umformrolle 40 bis an den Stempel 30 herangefahren
werden kann, um Material wirksam radial nach innen in Richtung des Ziehspalts zu verschieben.
Nach erfolgtem Ziehvorgang kann die Schiebehülse 74 axial bis an das Werkstück 100
herangefahren werden, um einen Drückdorn für einen zweiten Axialabschnitt zu bilden,
wie in Fig. 19 gezeigt. Die radiale Ausdehnung der Schiebehülse 74 ist hierbei grundsätzlich
frei wählbar, so dass unterschiedlichste Formen des Werkstücks 100 hergestellt werden
können.
[0084] Grundsätzlich ist es auch möglich, mehrere Schiebehülsen anzuordnen und nacheinander
zum Einsatz zu bringen, um komplexe Bauteile, wie beispielsweise in Fig. 22 dargestellt,
herzustellen. Beispielsweise ist es möglich, zunächst eine innere Schiebehülse und
anschließend eine äußere Schiebehülse zur Anformung von weiteren axialen Formabschnitten
106 zu verwenden. Eine weiter erhöhte Flexibilität hinsichtlich der zu formenden Bauteile
kann dadurch erzielt werden, dass die Matrize 20 mehrteilig gestaltet ist beziehungsweise
vorzugsweise mindestens ein Teil verschiebbar ist, wie in den Figuren 20 und 21 dargestellt,
so das eine weitere Umformung am äußeren radialen Bereich 104 möglich ist.
[0085] In den Figuren 23 und 24 sind weitere Nachformschritte dargestellt, um einen Außenbereich
des Werkstücks 100 zu formen. Hierbei dienen die Matrize 20 und eine Schiebehülse
74 als Drückdorne, gegen deren Außenumfänge Material gedrückt wird.
[0086] Fig. 25 zeigt ein komplexes Bauteil, welches durch das erfindungsgemäße Verfahren
herstellbar ist. Zur Formung mehrerer Nabenabschnitte werden unterschiedliche Schiebehülsen
74 verwendet.
[0087] Fig. 26 zeigt die Anstauchung einer Nabe eines Werkstücks 100 als eine Folgebearbeitung
der Herstellung der Nabe durch Ziehen und gleichzeitige Umformung des Flanschabschnitts
108.
[0088] Fig. 27 zeigt weitere Beispiele von Bauteilen, die durch Umformung eines Werkstücks
100 mittels des erfindungsgemäßen Verfahrens und der erfindungsgemäßen Vorrichtung
hergestellt werden können.
[0089] Insgesamt werden durch das erfindungsgemäße Verfahren und die erfindungsgemäße Vorrichtung
eine besonders flexible und zuverlässige Umformung eines insbesondere rondenförmigen
Werkstücks 100 ermöglicht. Es lassen sich auf wirtschaftliche Weise komplexe Bauteile
spanlos herstellen.
1. Verfahren zum Umformen eines Werkstücks (100) mit einer Mittenachse (112), einem radial
inneren Bereich (102) und einem radial äußeren Bereich (104), bei welchem der radial
innere Bereich (102) des Werkstücks (100) mittels eines Stempels (30) und einer Matrize
(20) durch Ziehen in Achsrichtung umgeformt wird, wobei ein axialer Formabschnitt
(106) gebildet wird,
dadurch gekennzeichnet,
- dass das Werkstück (100) während der Umformung durch Ziehen um die Mittenachse (112) in
Drehung versetzt wird und
- dass während der Umformung durch Ziehen bei drehendem Werkstück (100) der radial äußere
Bereich (104) des Werkstücks (100) mittels mindestens einer Umformrolle (40) beaufschlagt
wird, wobei ein Materialfluss in Richtung des radial inneren Bereichs (102) des Werkstücks
(100) erzeugt wird.
2. Verfahren nach Anspruch 1,
dadurch gekennzeichnet,
dass die Umformrolle (40) in Richtung des radial inneren Bereichs (102) des Werkstücks
(100) zugestellt wird.
3. Verfahren nach Anspruch 1 oder 2,
dadurch gekennzeichnet,
dass der radial äußere Bereich (104) des Werkstücks (100) zur Beschränkung eines nach
außen gerichteten Materialflusses umfangsseitig abgestützt wird.
4. Verfahren nach einem der Ansprüche 1 bis 3,
dadurch gekennzeichnet,
dass der radial äußere Bereich (104) des Werkstücks (100) mittels mindestens einer Niederhalterrolle
(66) niedergehalten wird.
5. Verfahren nach einem der Ansprüche 1 bis 4,
dadurch gekennzeichnet,
dass der radial äußere Bereich (104) des Werkstücks (100) auf einer Drückoberfläche (24)
der Matrize (20) umgeformt wird.
6. Verfahren nach einem der Ansprüche 1 bis 5,
dadurch gekennzeichnet,
dass der radial innere Bereich (102) des Werkstücks (100) beim Ziehen mittels eines Abstreckringes
(56) abgestreckt wird.
7. Verfahren nach einem der Ansprüche 1 bis 6,
dadurch gekennzeichnet,
dass beim Umformen des Werkstücks (100) mittels der Umformrolle (40) eine definierte Struktur
in den radial äußeren Bereich (104) des Werkstücks (100) eingeformt wird.
8. Verfahren nach einem der Ansprüche 1 bis 7,
dadurch gekennzeichnet,
dass der Stempel (30) pulsierend in die Matrize (20) eingefahren wird.
9. Verfahren nach einem der Ansprüche 1 bis 8,
dadurch gekennzeichnet,
dass eine interpolierende Zustellung der Umformrolle (40) zum Stempel (30) erfolgt.
10. Verfahren nach einem der Ansprüche 1 bis 9,
dadurch gekennzeichnet,
dass nach dem Ziehen weitere Umformschritte, insbesondere durch Drücken, Drückwalzen,
Abstreckdrücken, Spalten und/oder Profilieren, durchgeführt werden, während das Werkstück
(100) zwischen der Matrize (20) und dem Stempel (30) eingespannt ist.
11. Vorrichtung zum Umformen eines Werkstücks (100), insbesondere zur Durchführung des
Verfahrens nach einem der Ansprüche 1 bis 10, mit einer Matrize (20) und einem Stempel
(30) zum Umformen eines radial inneren Bereichs (102) des Werkstücks (100) durch Ziehen,
dadurch gekennzeichnet,
- dass die Matrize (20) und der Stempel (30) drehbar gelagert sind und
- dass mindestens eine Umformrolle (40) angeordnet ist, durch welche während der Umformung
des Werkstücks (100) durch Ziehen ein radial äußerer Bereich (104) des Werkstücks
(100) beaufschlagbar ist, wobei ein Materialfluss in Richtung des radial inneren Bereichs
(102) des Werkstücks (100) erzeugbar ist.
12. Vorrichtung nach Anspruch 11,
dadurch gekennzeichnet,
dass die Matrize (20) ein Drückfutter für die Umformrolle (40) bildet und eine ringförmige
Drückoberfläche (24) aufweist.
13. Vorrichtung nach Anspruch 11 oder 12,
dadurch gekennzeichnet,
dass die Matrize (20) zum Einformen einer definierten Oberflächenstruktur in den radial
äußeren Bereich (104) des Werkstücks (100) eine Drückoberfläche (24) mit einer entsprechenden,
definierten Struktur (25) aufweist.
14. Vorrichtung nach einem der Ansprüche 11 bis 13,
dadurch gekennzeichnet,
dass die Matrize (20) und/oder der Stempel (30) zum Formen einer definierten Kontur an
dem radial inneren Bereich (102) des Werkstücks (100) eine entsprechende, definierte
Kontur (23, 33), insbesondere eine polygonale Kontur und/oder eine Profilierung, aufweist.
15. Vorrichtung nach einem der Ansprüche 11 bis 14,
dadurch gekennzeichnet,
dass ein einteiliger oder mehrteiliger Stützring (60) vorgesehen ist, welcher zur Beschränkung
eines Materialflusses nach außen eine Anschlagfläche für einen äußeren Umfang des
Werkstücks (100) bereitstellt, und/oder zum Zentrieren des Werkstücks und/oder zur
Drehmomentübertragung auf das Werkstück dient.
16. Vorrichtung nach einem der Ansprüche 11 bis 15,
dadurch gekennzeichnet,
dass die Matrize (20) einen Abstreckring (56) zum Abstrecken des radial inneren Bereichs
(102) des Werkstücks (100) beim Ziehen umfasst.
17. Vorrichtung nach einem der Ansprüche 10 bis 16,
dadurch gekennzeichnet,
dass sowohl die Matrize (20) als auch der Stempel (30) drehend antreibbar sind.