(19)
(11) EP 2 657 400 A1

(12) EUROPÄISCHE PATENTANMELDUNG

(43) Veröffentlichungstag:
30.10.2013  Patentblatt  2013/44

(21) Anmeldenummer: 12165477.6

(22) Anmeldetag:  25.04.2012
(51) Internationale Patentklassifikation (IPC): 
D21F 7/02(2006.01)
(84) Benannte Vertragsstaaten:
AL AT BE BG CH CY CZ DE DK EE ES FI FR GB GR HR HU IE IS IT LI LT LU LV MC MK MT NL NO PL PT RO RS SE SI SK SM TR
Benannte Erstreckungsstaaten:
BA ME

(71) Anmelder:
  • Siemens Aktiengesellschaft
    80333 München (DE)
  • Robert Nyblad GmbH
    26871 Papenburg (DE)

(72) Erfinder:
  • Braun, Stefan
    26831 Bunde (DE)
  • Haschka, Markus Stephan
    90419 Nürnberg (DE)

(74) Vertreter: Maier, Daniel Oliver 
Siemens AG Postfach 22 16 34
80506 München
80506 München (DE)

   


(54) Antriebssystem und Produktionsanlage mit einem solchen Antriebssystem


(57) Die Erfindung betrifft ein Antriebssystem mit zumindest zwei Motoren (16, 18), wobei jeder Motor (16, 18) eine rotierende Last (12, 14) antreibt und wobei jeder der mindestens zwei Motoren (16, 18) über ein Verbindungselement (20, 22) mit der jeweils angetriebenen rotierenden Last (12, 14) gekoppelt ist, wobei eine Torsionssteifigkeit der Verbindungselemente (20, 22) so gewählt ist, dass sie im Verhältnis zu einer Trägheit der rotierenden Lasten (12, 14) zu gleichen Eigenfrequenzen jedes jeweils eine rotierende Last (12, 14) und das die Last (12, 14) an den jeweiligen Motor (16, 18) koppelnde Verbindungselement (20, 22) umfassenden schwingfähigen Systems führt.




Beschreibung


[0001] Die Erfindung betrifft ein Antriebssystem sowie eine Produktionsanlage mit einem solchen Antriebssystem.

[0002] Häufig sollen bei zum Beispiel industriellen Fertigungsprozessen verschiedene Lasten synchron positioniert werden. Als Beispiel wären sogenannte Querschneider mit zwei parallelen Walzen zu nennen, auf denen Messerklingen montiert sind. Die Walzen mit den jeweiligen Messerklingen müssen schon zum Erhalt einer jeweils erforderlichen Maßhaltigkeit des Schnittguts sehr genau zueinander positioniert werden. Gelingt dieses synchrone Positionieren nicht hinreichend genau, so können die Klingen im Extremfall aufeinander stoßen und dabei beschädigt oder zerstört werden. Mit einer mechanischen Kopplung der Walzen über Zahnräder lässt sich dieses Problem grundsätzlich umgehen. Für eine solche Kopplung ist allerdings eine hohe mechanische Vorspannung der die Kopplung bewirkenden Zahnräder erforderlich. Diese hohe Vorspannung führt aber auch zu einem starken Verschleiß im Bereich der Verzahnung, so dass eine solche Lösung wartungsanfällig ist. Zudem benötigt die starre mechanische Kopplung Platz, der nicht immer zur Verfügung steht.

[0003] Werden jedoch die Walzen mechanisch getrennt voneinander angetrieben und nur über elektronische Maßnahmen (Steuerung /Regelung) zueinander synchron positioniert, so erfordert diese Vorgehensweise eine sehr steife Anbindung der Motoren an die Walzen. Eine solche steife Anbindung erfordert aber zum Beispiel die Verwendung von Momentenstützen am Stator der Motoren, um die Motorlager zu entlasten. Momentenstützen erfordern zusätzlichen Bauraum und erfordern zusätzlich einen höheren konstruktiven Aufwand. Eine Versteifung der Motor /Last-Verbindung erhöht damit zwangsläufig die Trägheitsmomente des Systems. Gerade bei einem hoch dynamischen Prozess, zum Beispiel einem Verpackungsprozess, bei dem eine Materialbahn oder mehrere Materialbahnen mit hohen Geschwindigkeiten be- und verarbeitete werden, ist dieses unerwünscht.

[0004] Zur Kopplung jeweils eines Motors mit der Walze und um eine Lagerüberbestimmung zu vermeiden, werden als Verbindungselemente zwischen jeweils einem Motor und einer Walze Kupplungen und dergleichen eingesetzt. Ist der Platzbedarf der Motoren so groß, dass beispielsweise eine Anbringung nebeneinander nicht möglich ist, ergibt es sich im Allgemeinen, dass die Verbindungselemente (Wellen und Kupplungen) zwischen den Motoren und der Last unterschiedlich sind, insbesondere unterschiedlich lang sind. Daraus folgt zusätzlich, dass bei einem Beschleunigungsvorgang die unterschiedlichen Verbindungselemente unterschiedlich stark aufgespannt werden und daher ein synchrones Positionieren unmöglich wird.

[0005] Eine Aufgabe der Erfindung besteht entsprechend darin, eine Lösung anzugeben, welche die oben genannten Nachteile vermeidet oder zumindest deren Auswirkungen reduziert, insbesondere darin, eine Lösung anzugeben, die bei getrennt angetriebenen Lasten eine exakte und synchrone Positionierung ermöglicht.

[0006] Diese Aufgabe wird erfindungsgemäß mit einem Antriebssystem mit den Merkmalen des Anspruchs 1 gelöst. Dazu ist bei einem Antriebssystem mit zumindest zwei Motoren , wobei jeder Motor eine rotierende Last, nämlich zum Beispiel eine Walze, antreibt und wobei jeder der mindestens zwei Motoren über ein zumindest im Rahmen seiner Materialeigenschaften drehelastisches Verbindungselement mit der jeweils angetriebenen rotierenden Last gekoppelt ist, vorgesehen, dass eine Torsionssteifigkeit der Verbindungselemente jeweils so gewählt ist, dass sie im Verhältnis zur Trägheit der rotierenden Lasten zu gleichen Eigenfrequenzen jedes jeweils eine rotierende Last und das die Last an den jeweiligen Motor koppelnden Verbindungselement umfassenden schwingfähigen Systems führt.

[0007] Der Vorteil der Erfindung besteht darin, dass sich bei einer solchen Auslegung (Dimensionierung) der Verbindungselemente und gleichen Umfangsbeschleunigungen der rotierenden Lasten, insbesondere rotierenden Walzen als Lasten, die zumindest zwei von jeweils einem Motor angetriebenen Antriebsstränge synchron verhalten. Als Antriebsstrang wird dabei hier und im Folgenden die rotierende Masse und das die rotierende Masse an den jeweiligen Motor koppelnde Verbindungselement bezeichnet. Nachdem dafür oben bereits der Ausdruck "schwingfähiges System" gebraucht wurde, werden die Begriffe "Antriebsstrang" und "schwingfähiges System" demnach hier synonym verwendet.

[0008] Insgesamt wird der Verzicht auf die bisher übliche mechanische Kopplung der angetriebenen Lasten möglich. Durch den hier vorgeschlagenen Ansatz wird die zu regelnde Mechanik des Systems so entworfen, dass durch den Einsatz von moderner Regelungstechnik ein sehr präzises, aber dennoch hoch dynamisches Positionieren möglich wird. Es kann davon ausgegangen werden, dass die Leistungsfähigkeit von Maschinen und Anlagen mit einem solchen Antriebssystem größer ist als bei einer Ausführung mit rein mechanischen Verbindungen zwischen den Walzen. Dabei meint größere Leistungsfähigkeit vor allem auch größere Geschwindigkeiten, aber auch größere Positioniergenauigkeit und / oder geringere Ausfallwahrscheinlichkeiten. Die beiden letzten Aspekte ergeben sich dabei nicht zuletzt aufgrund von Fertigungstoleranzen, wie sie bei einer mechanischen Verbindung unvermeidlich sind.

[0009] Vorteilhafte Ausgestaltungen der Erfindung sind Gegenstand der Unteransprüche. Dabei verwendete Rückbeziehungen weisen auf die weitere Ausbildung des Gegenstandes des Hauptanspruches durch die Merkmale des jeweiligen Unteranspruches hin; sie sind nicht als ein Verzicht auf die Erzielung eines selbständigen, gegenständlichen Schutzes für die Merkmalskombinationen der rückbezogenen Unteransprüche zu verstehen. Des Weiteren ist im Hinblick auf eine Auslegung der Ansprüche bei einer näheren Konkretisierung eines Merkmals in einem nachgeordneten Anspruch davon auszugehen, dass eine derartige Beschränkung in den jeweils vorangehenden Ansprüchen nicht vorhanden ist.

[0010] Bei einer Ausführungsform des Antriebssystems ist vorgesehen, dass dieses eine Regelungseinrichtung umfasst und dass die Regelungseinrichtung zur synchronen Positionierung jedes der mindestens zwei Motoren wirksam ist. Eine solche durch eine geeignete Regelung erreichbare synchrone Positionierung der mindestens zwei Motoren erlaubt es, gleiche Umfangsbeschleunigungen der jeweiligen rotierenden Massen zu erreichen, insbesondere solche gleichen Umfangsbeschleunigungen auch dauerhaft beizubehalten. Mit der oben beschriebenen Auslegung der Verbindungselemente, die zunächst nur deren dynamisches Verhalten im angeregten Zustand festlegt, und der durch die Regelung erreichten synchronen Positionierung und der daraus folgenden gleichen Umfangsbeschleunigungen ergibt sich damit insgesamt das synchrone Verhalten der zumindest zwei Antriebsstränge.

[0011] Bei einer weiteren Ausführungsform des Antriebssystems ist vorgesehen, dass die Regelungseinrichtung das Ausschwingen der zumindest zwei schwingfähigen Systeme dämpft. Diese Dämpfung trägt der Tatsache Rechnung, dass es häufig nicht gelingen wird, absolut identische Eigenfrequenzen der zumindest zwei schwingfähigen Systeme zu erreichen. Solche verbleibenden Unterschiede der Eigenfrequenzen führen aber bei Positioniervorgängen zum Beispiel zu einem unterschiedlichen Ausschwingverhalten der rotierenden Massen. Wenn dieses Ausschwingen nicht ausreichend gedämpft wird, wenn also beim Positionieren auftretende Schwingungen nicht schnell genug abklingen, kann dies die Synchronizität der zumindest zwei Antriebsstränge in Frage stellen. Bei einer durch die Regelungseinrichtung bewirkten ausreichend starken Dämpfung solcher Ausschwingvorgänge tritt das Problem nicht auf und die Synchronizität bleibt erhalten.

[0012] Eine besondere Ausführungsform des hier beschriebenen Antriebssystems mit mindestens zwei Antriebssträngen, also rotierenden Lasten, besteht darin, dass es sich bei zumindest einer der rotierenden Lasten um eine Walze mit Klingen oder einem Schneidmesser, also eine Messerwalze, handelt, dass also als rotierende Last mindestens eine Messerwalze fungiert. Solche Messerwalzen, die zum Beispiel bei einer ablaufenden Papierbahn oder dergleichen eine Abtrennung von Abschnitten von der Papierbahn bewirken, müssen sehr genau positioniert werden. Das hier und im Folgenden beschriebene Antriebssystem gewährleistet eine derartige hochgenaue Positionierung, speziell wenn es um eine hochgenaue Positionierung im Verhältnis zu einer Positionierung einer weiteren rotierenden Last (Antriebsstrang) geht. Als eine derartige weitere rotierende Last kommt zum Beispiel eine Walze zum Auftragen von Klebstellen oder dergleichen in Betracht.

[0013] Bei einer speziellen Ausführungsform des hier beschriebenen Antriebssystems mit mindestens zwei Antriebssträngen ist vorgesehen, dass als rotierende Lasten zwei Messerwalzen fungieren. Zwei derartige Messerwalzen werden zum Beispiel verwendet, um von einer ablaufenden Bahn Abschnitte mit einer exakt gleichen Länge oder mit einer zumindest innerhalb vorgegebener Toleranzen gleichen Länge abzutrennen. Für die beiden Messerwalzen ist damit eine hochgenaue synchrone Positionierung erforderlich, die das hier und im Folgenden beschriebene Antriebssystem ermöglicht. Die hochgenaue Positionierung vermeidet zudem zuverlässig, dass es zum Beispiel zu Kollisionen der Klingen / Schneidmesser der beiden Messerwalzen kommt. Damit werden Beschädigungen der jeweiligen Produktionsanlage, zumindest aber Stillstandszeiten vermieden, die normalerweise unvermeidlich sind, wenn es innerhalb der Produktionsanlage zu einer Ausnahmesituation, also zum Beispiel einer Kollision zweier Werkzeuge, kommt.

[0014] Der Ansatz wie hier und nachfolgend beschrieben ist grundsätzlich auf für mehr als zwei Antriebe / Antriebsstränge anwendbar. Damit betrifft die Erfindung auch ein Antriebssystem der hier und im Folgenden beschriebenen Art mit mehr als zwei Motoren und davon jeweils angetriebenen rotierenden Lasten. Schließlich betrifft die Erfindung auch eine Produktionsanlage, insbesondere eine automatische oder zumindest halbautomatische Produktionsanlage, mit mindestens einem Antriebssystem mit einzelnen oder mehreren hier beschriebenen Merkmalen.

[0015] Als Produktionsanlage kommt dabei speziell eine Verpackungsanlage oder allgemein eine Anlage, die Abschnitte von einer ablaufenden Materialbahn abtrennt, in Betracht.

[0016] Der Vorteil der Erfindung und ihrer Ausgestaltungen besteht damit insbesondere darin, dass eine Möglichkeit angegeben wird, eine Synchronizität der Positionierung rotierender Lasten zu ermöglichen, die mit einer reinen Regelung bisher nicht erreichbar war. Eine Notwendigkeit einer solchen Synchronizität ist nicht zwangsläufig auf nahe beieinander angeordnete Antriebsstränge beschränkt, sondern kann auch für weiter voneinander entfernte Antriebsstränge innerhalb ein und derselben Produktionsanlage sinnvoll sein, zum Beispiel indem auf eine ablaufende Materialbahn zunächst Justiermarken und dann Klebstellen aufgebracht werden und schließlich mit zumindest einem weiteren Antriebsstrang oder zwei Antriebssträngen Abschnitte von der Materialbahn abgetrennt werden. Dieses Beispiel würde eine Synchronisierung von drei bzw. vier Antriebssträngen erfordern, die mit dem hier vorgeschlagenen Ansatz ebenfalls ohne Weiteres realisierbar ist.

[0017] Die oben genannte Aufgabe wird hinsichtlich der regelungstechnischen Ausprägungen auch mit einer Regelungseinrichtung zur synchronen Positionierung jedes der mindestens zwei Motoren und/oder zum Dämpfen des Ausschwingens der zumindest zwei schwingfähigen Systeme gelöst. Dieser Aspekt der Erfindung ist in Software oder in Hardware oder einer Kombination von Soft- und Hardware implementiert. Soweit eine Implementation in Software vorgesehen ist, umfasst eine Ausgestaltung der Erfindung damit auch einerseits ein Computerprogramm mit durch einen Computer ausführbaren Programmcodeanweisungen und andererseits ein Speichermedium mit einem derartigen Computerprogramm, also ein Computerprogrammprodukt mit Programmcodemitteln, sowie schließlich auch eine Regelungseinrichtung, in deren Speicher als Mittel zur Durchführung des Verfahrens und seiner Ausgestaltungen ein solches Computerprogramm geladen oder ladbar ist.

[0018] Nachfolgend wird ein Ausführungsbeispiel der Erfindung anhand der Zeichnung näher erläutert. Einander entsprechende Gegenstände oder Elemente sind in allen Figuren mit den gleichen Bezugszeichen versehen.

[0019] Das oder jedes Ausführungsbeispiel ist nicht als Einschränkung der Erfindung zu verstehen. Vielmehr sind im Rahmen der vorliegenden Offenbarung Abänderungen und Modifikationen möglich, insbesondere solche, die zum Beispiel durch Kombination oder Abwandlung von einzelnen in Verbindung mit den im allgemeinen oder speziellen Beschreibungsteil beschriebenen sowie in den Ansprüchen und / oder der Zeichnung enthaltenen Merkmalen bzw. Elementen oder Verfahrensschritten für den Fachmann im Hinblick auf die Lösung der Aufgabe entnehmbar sind und durch kombinierbare Merkmale zu einem neuen Gegenstand oder zu neuen Verfahrensschritten bzw. Verfahrensschrittfolgen führen.

[0020] Es zeigen
FIG 1
eine Querschneider-Einheit mit zwei Schneidwalzen,
FIG 2
die Situation gemäß FIG 1 in einer schematisch vereinfachten Darstellung,
FIG 3
eine nochmals verallgemeinerte Darstellung der Situation gemäß FIG 2 und
FIG 4
sowie
FIG 5
Darstellungen von Simulationsergebnissen.


[0021] FIG 1 zeigt als Beispiel für eine Anwendungssituation des im Folgenden beschriebenen Antriebssystems eine Querschneider-Einheit 10. Diese umfasst angetriebene, rotierende Lasten 12, 14. Bei diesen handelt es sich in der dargestellten Situation um Walzen, nämlich Walzen mit Klingen oder einem Schneidmesser (Schneidwalzen), so dass die Funktion als Querschneider erfüllt werden kann. Die weitere Beschreibung wird anhand des Anwendungsfalls eines Querschneiders 10 fortgesetzt, so dass im Folgenden, aber ohne Verzicht auf eine weitergehende Allgemeingültigkeit, rotierende Lasten allgemeiner Art dementsprechend auch als Walzen 12, 14 bezeichnet werden.

[0022] Jede Walze 12, 14 wird von einem Motor 16, 18 angetrieben. Jeder Motor 16, 18 ist mit der jeweils angetriebenen Walze 12, 14 über ein zumindest im Rahmen von dessen Materialeigenschaften drehelastisches Verbindungselement 20, 22 gekoppelt.

[0023] Die Darstellung in FIG 2 ist eine schematisch vereinfachte Darstellung eines Ausschnitts der Situation in FIG 1. FIG 2 berücksichtigt dabei speziell die Situation, dass der jeweilige Platzbedarf der Motoren 16, 18 deren Anbringung nebeneinander verhindert, so dass die Verbindungselemente 20, 22 unterschiedlich, insbesondere unterschiedlich lang sind. Hier ist eine Situation unterschiedlicher Längen dargestellt und die Längen der Verbindungselemente sind symbolisch als L1 und L2 eingetragen. Solche und ähnliche Unterschiede der jeweiligen Verbindungselemente 20, 22 bewirken, dass diese bei einem Beschleunigungsvorgang unterschiedlich stark aufgespannt werden. Dies macht an sich ein synchrones Positionieren der beiden Walzen 12, 14 unmöglich. Bisher hat man im Wesentlichen versucht diesem Problem dadurch zu begegnen, dass die Walzen 12, 14 mechanisch gekoppelt wurden. Eine solche mechanische Kopplung lässt sich zum Beispiel mit zwei im Eingriff befindlichen und jeweils einer Walze 12, 14 zugeordneten und zwischen Walze 12, 14 und Verbindungselement 20, 22 angeordneten Zahnrädern realisieren. Eine solche mechanische Kopplung hat allerdings die eingangs skizzierten Nachteile, so dass hier eine andere Lösungsmöglichkeit vorgeschlagen wird.

[0024] Während in FIG 2 noch die Motoren 16, 18 und die Walzen 12, 14 mit den dazwischen befindlichen Verbindungselementen 20, 22 dargestellt sind, lassen sich die Verbindungselemente 20, 22 auch ganz allgemein, nämlich als Torsionsfeder, betrachten, wie dies in FIG 3 gezeigt ist. Dabei ist unerheblich, wie die Verbindungselemente 20, 22 im Einzelnen beschaffen und ausgeführt sind und ob sie zum Beispiel Wellenabschnitte und Kupplungselemente umfassen. Ganz abstrakt sind diese Verbindungselemente 20, 22 unterschiedlich lang und besitzen jeweils eine noch nicht festgelegte und im Folgenden auch als Torsionssteifigkeit c1, c2 bezeichnete Federkonstante.

[0025] Auch wenn FIG 3 eine abstrahierte Situation zeigt, sind dennoch die Bezugsziffern aus den vorangehenden Figuren verwendet, um die Zusammenhänge klar zu machen.

[0026] Um die dem hier vorgeschlagenen Ansatz zugrunde liegende optimale Wahl dieser Torsionssteifigkeiten c1, c2 vornehmen zu können, wird die Aufspannung der Motor / Last-Verbindung hergeleitet. In FIG 3 sind die mechanischen Zusammenhänge dargestellt, die für diese Herleitung von Bedeutung sind. Um die jeweilige Last 12, 14 zu beschleunigen, wirkt ein Moment J1, J2, das die als Verbindungselement fungierende jeweilige Torsionsfeder 20, 22 aufspannt. Die Federaufspannung ergibt sich durch das Hookesche Gesetz in Verbindung mit dem dritten newtonschen Axiom, wonach einer auf einen Körper ausgeübten Kraft stets eine gleich große Gegenkraft entgegenwirkt,


und kann nach dem gesuchten Aufspannwinkel ϕi umgeformt werden:



[0027] Dabei bezeichnet ω=dω/dt die Änderung der Winkelgeschwindigkeit ω über der Zeit.

[0028] Sollen sich die beschleunigten Walzen 12, 14, nämlich deren wirksame Last-Trägheitsmomente J1, J2, am Umfang synchron verhalten, so ist die Schreibweise


empfehlenswert.

[0029] Dabei ist fi,Tilger die im Folgenden auch als Tilgerfrequenz bezeichnete Eigenfrequenz des jeweiligen schwingfähigen Systems. Das schwingfähige System ist der jeweilige Antriebsstrang (FIG 1, FIG 2), also die Kombination aus Last 12, 14 und Verbindungselement 20, 22. Die Eigenfrequenz stellt sich zum Beispiel ein, wenn der Motor 16, 18 steht und die Last 12, 14 mit der Torsionsfeder (dem Verbindungselement 20, 22) schwingt:



[0030] Der Umfangfehler si (siehe oben, Gleichung 3) wird so mit der Beschleunigung ai der Last 12, 14 am Umfang des Radius ri in einen Zusammenhang gebracht. Sollen beide Lastträgheiten J1, J2 synchron bewegt werden, so muss auf beide die gleiche Beschleunigung ai am Umfang wirken. Damit auch beide Federn (Verbindungselemente 20, 22) den gleichen Umfangfehler si verursachen, müssen sie die gleiche Tilgerfrequenz fi, Tilger besitzen.

[0031] Aus f1,Tilger = f2,Tilger folgt bei gleicher Umfangbeschleunigung a1, a2 ein jeweils gleicher Umfangsfehler S1=S2.

[0032] Im Verhältnis zueinander tritt dann kein Fehler am Umfang der Walzen 12, 14 auf. Beide Federn (Verbindungselemente 20, 22) werden zwar ausgelenkt, aber jeweils um den gleichen Betrag und in die gleiche Richtung. Außerdem schwingen sie auch synchron zueinander aus. Ein sehr präzises Positionieren der beiden Walzen 12, 14 oder auch mehrerer Walzen (nicht gezeigt) wird somit möglich.

[0033] Durch eine geeignete Reglereinstellung einer nicht separat gezeigten Regelungseinrichtung zur Ansteuerung der beiden Motoren 16, 18 sollte zudem angestrebt werden, dass die Motoren 16, 18 synchron positioniert werden und dass die Regelung das Ausschwingen der beiden Antriebsstränge hinreichend stark dämpft. Die synchrone Positionierung bewirkt gleiche oder zumindest ausreichend gleiche Umfangsbeschleunigungen a1, a2.

[0034] Eine hohe Dämpfung ist sinnvoll, weil es praktisch niemals gelingt, die Verbindungselemente 20, 22 so auszuführen, dass sich wirklich identische Eigenfrequenzen ergeben. Dementsprechend ist damit zu rechnen, dass stets kleine Unterschiede bei den Tilgerfrequenzen verbleiben. Klingen beim Positionieren die Schwingungen nicht schnell genug ab, so besteht die Gefahr, dass die Synchronizität nach einigen Schwingungsperioden verloren geht. Bei einem stark gedämpften Abklingen der Schwingungen tritt dieses Problem nicht auf.

[0035] Wenn im Einzelfall die Lastträgheiten J1, J2 identisch sind, genügt das Gleichsetzen der Torsionssteifigkeiten c1, c2, um die Tilgerfrequenzen f1,Tilger, f2,Tilger anzupassen.

[0036] Das exemplarische Anwendungsszenario eines Querschneiders 10 (FIG 1) macht den Vorteil der hier beschriebenen mechanischen Symmetrierung anschaulich. Hier werden zwei Walzen 12, 14 mit zum Beispiel identischer Trägheit (J=4 kgm2) angetrieben und sollen synchron am Umfang positioniert werden. Innerhalb von ca. 0,2 s werden die Walzen 12, 14 vom Stillstand startend um 180° gedreht und wieder zum Stillstand abgebremst. Dabei sind als Motoren 16, 18 zwei Torquemotoren pro Welle eingesetzt. Beide Torquemotoren werden auf jeweils einer Seite der Walze 12, 14 über eine Kupplung mit einer Verbindungshülse angebracht und mit den Walzen 12, 14 verbunden, so dass die Kombination aus Kupplung und Verbindungshülse als Verbindungselement 20, 22 fungiert.

[0037] Die beiden Verbindungselemente 20, 22 (Kupplung mit Verbindungshülse) sind - wie oben beschrieben - so entworfen, dass sie bei der angetriebenen Last 12, 14 zur gleichen Tilgerfrequenz f1,Tilgen, f2,Tilger führen. Da beide Walzen 12, 14 im angenommenen Beispiel die gleiche Trägheit J=4 kgm2 besitzen, werden also die beiden Verbindungselemente 20, 22 für die gleiche Torsionssteifigkeit c1, c2 entworfen.

[0038] Ein Finite-Elemente-Modell eines solchen Antriebssystems ermöglicht eine rechnergestützte numerische Simulation des Positioniervorgangs. Die Darstellungen in FIG 4 und FIG 5 zeigen die Ergebnisse zweier unterschiedlicher Simulationen.

[0039] In FIG 4 werden in einem Koordinatensystem, in dem auf der Abszisse die Zeit t in Sekunden und auf der Ordinate die Aufspannung des Antriebsstrangs, nämlich insbesondere die Aufspannung des jeweiligen Verbindungselements 20, 22, in Millimetern abgetragen ist, die Umfangfehler si dargestellt, die durch die Aufspannungen der Verbindungselemente 20, 22 entstehen. Dabei werden zwei verschiedene Rechnungen verglichen. In einer ersten Rechnung wird angenommen, dass die beiden Walzen 12, 14 unterschiedliche Tilgerfrequenzen f1,Tilger, f2,Tilger besitzen, da unterschiedlich lange Verbindungshülsen in den Kupplungen zu dieser Verstimmung führt.

[0040] Das Ergebnis dieser Simulation ist durch eine erste und eine zweite Kurve 30, 32 dargestellt. Die erste Kurve 30 zeigt den Aufspannfehler der aufgrund der größeren Länge L2 (FIG 2) weicheren Verbindung an der unteren Walze 14, die zweite Kurve 32 den Fehler an der kurzen Kupplung der oberen Walze 12. Der durch die Aufspannung verursachte Fehler beträgt zeitweise sogar mehr als 0,5 mm am Umfang. Dabei fällt auf, dass die Kurven sehr deutlich voneinander abweichen. Die weichere Verbindungskupplung an der unteren Walze 14 führt zu einer fast doppelt so großen Aufspannung.

[0041] In FIG 5 werden über der auf der Abszisse abgetragenen Zeit in Sekunden die Differenz der Aufspannungen der beiden Antriebsstränge, nämlich insbesondere eine Differenz der beiden Aufspannungen der jeweiligen Verbindungselemente 20, 22, gezeigt. Die Differenz (Kurve 34), also die Fehlpositionierung, beträgt über 0,2 mm und klingt erst nach einigen Perioden ab. Dieser Fehler kann bei vielen Anwendungen zu Problemen führen. Bei einem Querschneider kann dieser relative Fehler die auf die Walzen 12, 14 montierten Klingen zerstören.

[0042] Demgegenüber ist als dritte Kurve 36 in FIG 4 das Ergebnis einer anderen Simulation dargestellt. Hier wurde eine mechanische Symmetrierung nach dem hier beschriebenen Ansatz vorgenommen. Dabei wurden die Tilgerfrequenzen f1,Tilger, f2,Tilger der beiden Walzen 12, 14 durch eine geeignete Ausführung /Dimensionierung der Verbindungselemente 20, 22 aneinander angepasst. In der Darstellung in FIG 4 ist erkennbar, dass am Umfang immer noch ein Fehler von 0,4 mm auftritt. Jedoch liegen im Vergleich zu den klar beabstandeten Kurven 30, 32 die resultierenden Kurven nunmehr so dicht beieinander, dass diese in der Darstellung nicht unterscheidbar sind und wie eine Kurve, nämlich die Kurve 34, erscheinen. Entsprechend ist der relative Fehler (Kurve 38; FIG 5) nach einer solchen mechanischen Symmetrierung deutlich kleiner als in der zuvor betrachteten Simulation. Dies ergibt sich, obwohl die jeweiligen Aufspannungen immer noch vergleichsweise hoch sind. Allerdings sind die in jedem Antriebsstrang vorkommenden Aufspannungen gleich groß. Dies ist speziell für einen Querschneider sehr wichtig und hat verständlicherweise Auswirkungen auf die Schnittgüte.

[0043] Obwohl die Erfindung im Detail durch das Ausführungsbeispiel näher illustriert und beschrieben wurde, so ist die Erfindung nicht durch das oder die offenbarten Beispiele eingeschränkt und andere Variationen können vom Fachmann hieraus abgeleitet werden, ohne den Schutzumfang der Erfindung zu verlassen.

[0044] Einzelne im Vordergrund stehende Aspekte der hier eingereichten Beschreibung lassen sich damit kurz wie folgt zusammenfassen: Es wird ein Antriebssystem mit zumindest zwei Motoren 16, 18, angegeben, wobei jeder Motor 16, 18 eine rotierende Last 12, 14 antreibt und wobei jeder der mindestens zwei Motoren 16, 18 über ein Verbindungselement 20, 22 mit der jeweils angetriebenen rotierenden Last 12, 14 gekoppelt ist. Dabei ist hinsichtlich der Verbindungselemente 20, 22 oder zumindest eines Verbindungselementes 20, 22 vorgesehen, dass eine Torsionssteifigkeit so gewählt ist, dass sie im Verhältnis zu einer Trägheit der rotierenden Lasten 12, 14 zu gleichen Eigenfrequenzen jedes jeweils eine rotierende Last 12, 14 und das die Last 12, 14 an den jeweiligen Motor 16, 18 koppelnde Verbindungselement 20, 22 umfassenden schwingfähigen Systems führt.


Ansprüche

1. Antriebssystem mit zumindest zwei Motoren (16, 18), wobei jeder Motor (16, 18) eine rotierende Last (12, 14) antreibt und wobei jeder der mindestens zwei Motoren (16, 18) über ein Verbindungselement (20, 22) mit der jeweils angetriebenen rotierenden Last (12, 14) gekoppelt ist,
dadurch gekennzeichnet, dass eine Torsionssteifigkeit der Verbindungselemente (20, 22) so gewählt ist, dass sie im Verhältnis zu einer Trägheit der rotierenden Lasten (12, 14) zu gleichen Eigenfrequenzen jedes jeweils eine rotierende Last (12, 14) und das die Last (12, 14) an den jeweiligen Motor (16, 18) koppelnde Verbindungselement (20, 22) umfassenden schwingfähigen Systems führt.
 
2. Antriebssystem nach Anspruch 1, mit einer Regelungseinrichtung zur synchronen Positionierung jedes der mindestens zwei Motoren (16, 18).
 
3. Antriebssystem nach Anspruch 2, wobei die Regelungseinrichtung das Ausschwingen der zumindest zwei schwingfähigen Systeme dämpft.
 
4. Antriebssystem nach einem der vorangehenden Ansprüche, wobei als rotierende Last (12, 14) mindestens eine Messerwalze fungiert.
 
5. Antriebssystem nach Anspruch 4, wobei als rotierende Lasten (12, 14) zwei Messerwalzen fungieren.
 
6. Antriebssystem nach einem der vorangehenden Ansprüche mit mehr als zwei Motoren (16, 18) und davon jeweils angetriebenen rotierenden Lasten (12, 14).
 
7. Produktionsanlage mit mindestens einem Antriebssystem nach einem der vorangehenden Ansprüche.
 
8. Verpackungsanlage mit mindestens einem Antriebssystem nach einem der vorangehenden Ansprüche.
 




Zeichnung
















Recherchenbericht









Recherchenbericht