(19)
(11) EP 2 658 289 A1

(12) EUROPÄISCHE PATENTANMELDUNG

(43) Veröffentlichungstag:
30.10.2013  Patentblatt  2013/44

(21) Anmeldenummer: 13164027.8

(22) Anmeldetag:  17.04.2013
(51) Internationale Patentklassifikation (IPC): 
H04R 25/00(2006.01)
(84) Benannte Vertragsstaaten:
AL AT BE BG CH CY CZ DE DK EE ES FI FR GB GR HR HU IE IS IT LI LT LU LV MC MK MT NL NO PL PT RO RS SE SI SK SM TR
Benannte Erstreckungsstaaten:
BA ME

(30) Priorität: 25.04.2012 DE 102012206759

(71) Anmelder: Siemens Medical Instruments Pte. Ltd.
Singapore 139959 (SG)

(72) Erfinder:
  • Aubreville, Marc
    90478 Nürnberg (DE)
  • Fischer, Eghart
    91126 Schwabach (DE)
  • Wehr, Stefan
    96114 Hirschaid - Seigendorf (DE)

(74) Vertreter: Maier, Daniel Oliver 
Siemens AG Postfach 22 16 34
80506 München
80506 München (DE)

   


(54) Verfahren zum Steuern einer Richtcharakteristik und Hörsystem


(57) Eine Richtcharakteristik einer Mikrofoneinrichtung eines Hörsystems soll zuverlässiger gesteuert werden können. Hierzu wird ein Verfahren vorgeschlagen, bei dem ein erster Merkmalswert (m1) bezüglich Sprache in einem einer ersten Richtung zugeordneten ersten Signal einer Mikrofoneinrichtung und ein zweiter Merkmalswert (m2) bezüglich Sprache in einem einer zweiten Richtung zugeordneten zweiten Signal der Mikrofoneinrichtung ermittelt wird. Aus der Differenz der beiden Merkmalswerte (m1, m2) wird ein Steuerwert (w) gewonnen. Mit diesem Steuerwert wird die Richtcharakteristik der Mikrofoneinrichtung gesteuert.




Beschreibung


[0001] Die vorliegende Erfindung betrifft ein Verfahren zum Steuern einer Richtcharakteristik einer Mikrophoneinrichtung eines optional (binauralen) Hörsystems mit einer ersten Hörvorrichtung und einer zweiten Hörvorrichtung. Darüber hinaus betrifft die vorliegende Erfindung ein entsprechendes (binaurales) Hörsystem. Unter einer Hörvorrichtung wird hier jedes im oder am Ohr tragbare, einen Schallreiz verursachende Gerät, insbesondere ein Hörgerät, ein Headset, Kopfhörer und dergleichen verstanden.

[0002] Hörgeräte sind tragbare Hörvorrichtungen, die zur Versorgung von Schwerhörenden dienen. Um den zahlreichen individuellen Bedürfnissen entgegenzukommen, werden unterschiedliche Bauformen von Hörgeräten wie Hinter-dem-Ohr-Hörgeräte (HdO), Hörgerät mit externem Hörer (RIC: receiver in the canal) und In-dem-Ohr-Hörgeräte (IdO), z.B. auch Concha-Hörgeräte oder Kanal-Hörgeräte (ITE, CIC), bereitgestellt. Die beispielhaft aufgeführten Hörgeräte werden am Außenohr oder im Gehörgang getragen. Darüber hinaus stehen auf dem Markt aber auch Knochenleitungshörhilfen, implantierbare oder vibrotaktile Hörhilfen zur Verfügung. Dabei erfolgt die Stimulation des geschädigten Gehörs entweder mechanisch oder elektrisch.

[0003] Hörgeräte besitzen prinzipiell als wesentliche Komponenten einen Eingangswandler, einen Verstärker und einen Ausgangswandler. Der Eingangswandler ist in der Regel ein Schallempfänger, z. B. ein Mikrofon, und/oder ein elektromagnetischer Empfänger, z. B. eine Induktionsspule. Der Ausgangswandler ist meist als elektroakustischer Wandler, z. B. Miniaturlautsprecher, oder als elektromechanischer Wandler, z. B. Knochenleitungshörer, realisiert. Der Verstärker ist üblicherweise in eine Signalverarbeitungseinheit integriert. Dieser prinzipielle Aufbau ist in FIG 1 am Beispiel eines Hinter-dem-Ohr-Hörgeräts dargestellt. In ein Hörgerätegehäuse 1 zum Tragen hinter dem Ohr sind ein oder mehrere Mikrofone 2 zur Aufnahme des Schalls aus der Umgebung eingebaut. Eine Signalverarbeitungseinheit 3, die ebenfalls in das Hörgerätegehäuse 1 integriert ist, verarbeitet die Mikrofonsignale und verstärkt sie. Das Ausgangssignal der Signalverarbeitungseinheit 3 wird an einen Lautsprecher bzw. Hörer 4 übertragen, der ein akustisches Signal ausgibt. Der Schall wird gegebenenfalls über einen Schallschlauch, der mit einer Otoplastik im Gehörgang fixiert ist, zum Trommelfell des Geräteträgers übertragen. Die Energieversorgung des Hörgeräts und insbesondere die der Signalverarbeitungseinheit 3 erfolgt durch eine ebenfalls ins Hörgerätegehäuse 1 integrierte Batterie 5.

[0004] Viele Hörgeräte haben heute die Möglichkeit, das Direktionalmikrofon zwischen einem Direktionalmodus, einem Anti-Direktionalmodus und einem Omni-Direktionalmodus automatisch zu steuern. Dementsprechend wird der Schall eher von vorne oder von hinten verstärkt, oder aber er wird von allen Richtungen ohne Direktionalität gleich verarbeitet. Das automatische Steuern basiert in der Regel auf der Ermittlung von Sprachmerkmalen, die aus den Mikrofonsignalen extrahiert werden. In einer kritischen Situation, wenn sich beispielsweise mehrere Leute in einem Raum befinden, kann diese automatische Steuerfunktion zu inakzeptablen Entscheidungen führen. Speziell, wenn zwei Sprecher aus unterschiedlichen Richtungen bezüglich des Hörgeräteträgers sprechen, kann dies zu häufigen Schaltvorgängen führen. Daraus ergibt sich ein ständig fluktuierender Schalleindruck, der den Hörgeräteträger verwirrt.

[0005] Wenn in einem konkreten Beispiel ein Direktionalmikrofon dazu verwendet wird, den Schall von einer Seite des Hörgeräteträgers zu verstärken, kann das Schalten zwischen den Richtungen "links" und "rechts" zu sehr unangenehmen Schwankungen im Schalleindruck führen. Insbesondere würde das Hörgerät bei einer sprechenden Person auf der linken Seite und einer sprechenden Person auf der rechten Seite des Hörgeräteträgers ständig zum lauteren Sprecher schaltet. Wenn beide Sprecher einen vergleichbaren Pegel besitzen, würde zwischen ihnen hin- und hergeschaltet werden, was hinsichtlich eines Sprechers zu starken Differenzen des jeweiligen Schallpegels führen würde.

[0006] Dieser Problematik ist man bislang dadurch begegnet, dass zwischen beiden Mikrofonrichtungen sehr langsam hin- und hergeblendet wurde. Hierdurch sind rasche Änderungen hinsichtlich der Richtungsentscheidung für den Träger nicht so sehr wahrnehmbar.

[0007] Die Aufgabe der vorliegenden Erfindung besteht somit darin, ein Hörsystem mit mindestens einer Hörvorrichtung hinsichtlich der Richtcharakteristik stabiler steuern zu können. Darüber hinaus soll ein entsprechendes (optional binaurales) Hörsystem bereitgestellt werden.

[0008] Erfindungsgemäß wird diese Aufgabe gelöst durch ein Verfahren zum Steuern einer Richtcharakteristik einer Mikrofoneinrichtung eines Hörsystems mit mindestens einer Hörvorrichtung durch
  • Ermitteln eines ersten Merkmalwerts bezüglich Sprache in einem einer ersten Richtung zugeordneten ersten Signal der Mikrofoneinrichtung,
  • Ermitteln eines zweiten Merkmalwerts bezüglich Sprache in einem einer zweiten Richtung zugeordneten zweiten Signal der Mikrofoneinrichtung,
  • Gewinnen eines Steuerwerts aus den beiden Merkmalswerten und
  • Steuern der Richtcharakteristik der Mikrofoneinrichtung anhand des Steuerwerts.


[0009] Darüber hinaus wird erfindungsgemäß bereitgestellt ein (binaurales) Hörsystem mit
  • mindestens einer Hörvorrichtung, wobei
  • die Hörvorrichtung eine Mikrofoneinrichtung mit einer Richtcharakteristik aufweist, wobei
  • die Mikrofoneinrichtung ausgebildet ist zum Ermitteln eines ersten Merkmalwerts bezüglich Sprache in einem einer ersten Richtung zugeordneten ersten Signal der Mikrofoneinrichtung und zum Ermitteln eines zweiten Merkmalwerts bezüglich Sprache in einem einer zweiten Richtung zugeordneten zweiten Signal der Mikrofoneinrichtung,
  • in der mindestens einen Hörvorrichtung eine Steuereinrichtung ausgebildet ist zum Gewinnen eines Steuerwerts aus den beiden Merkmalswerten und zum Steuern der Richtcharakteristik der Mikrofoneinrichtung anhand des Steuerwerts.


[0010] In vorteilhafter Weise werden also die Signale von zwei verschiedenen Richtungen analysiert im Hinblick auf Sprachmerkmale, d. h. eine oder mehrere für Sprache charakteristische Eigenschaften, analysiert. Diese Analyse führt zu Merkmalswerten, deren Differenz oder andere Verknüpfung zur Steuerung der Richtcharakteristik des Hörsystems verwendet werden kann. Somit dient also der Unterschied zwischen Werten, die für Sprache charakteristisch sind, als zuverlässiges Entscheidungskriterium für die Ausbildung der Richtcharakteristik eines Hörsystems.

[0011] Vorzugsweise ist die erste Richtung zur zweiten Richtung entgegengesetzt. Es werden hinsichtlich der sprachcharakteristischen Eigenschaften also Signale aus entgegengesetzten Richtungen analysiert. Dies hat den Vorteil, dass dadurch zwei Halbräume separat voneinander analysiert werden können, und die Richtcharakteristik entsprechend ausgebildet werden kann. Insbesondere ist es günstig, wenn die Hörvorrichtung bestimmungsgemäß in oder an den beiden Ohren eines Nutzers getragen wird, und die erste Richtung bezüglich des Nutzers nach links oder vorne weist. Dementsprechend weist dann die zweite Richtung bezüglich des Nutzers nach rechts oder hinten.

[0012] Die Merkmalswerte können jeweils eine Wahrscheinlichkeit darstellen, mit der Sprache im jeweiligen Signal der Mikrofoneinrichtung vorhanden ist. Darüber hinaus können sie auch einfach eine Amplitude oder einen Pegel eines als Sprache qualifizierten Signals darstellen.

[0013] Zum Gewinnen des Steuerwerts kann die Differenz der beiden Merkmalswerte auf das Minimum der beiden Merkmalswerte bezogen werden. Der Bezug sollte insbesondere durch Division der Differenz durch das Minimum der beiden Merkmalswerte hergestellt werden. Dadurch ergibt sich ein reiner Zahlenwert, bei dem auch Signal-Rausch-Verhältnisse berücksichtigt sind.

[0014] Der Steuerwert kann gemäß einer Ausführungsform mittels einer frei wählbaren Zuordnungsvorschrift aus der auf das Minimum bezogenen Differenz gewonnen werden. Damit kann die Entscheidungsfindung noch eindeutiger gestaltet werden. Beispielsweise kann auch eine Hysterese eingebaut werden.

[0015] Vorteilhaft ist außerdem, wenn die Richtcharakteristik durch Überlagern eines Direktionalsignals und eines Omnidirektionalsignals der Mikrofoneinrichtung gebildet wird, und dabei das Direktionalsignal und das Omnidirektionalsignal mit Hilfe des Steuerwerts gewichtet werden. Dadurch ist es möglich, dass die Mikrofoneinrichtung von einem Direktionalbetrieb in einen Omnidirektionalbetrieb oder umgekehrt übergeblendet wird.

[0016] Speziell kann das Verfahren so realisiert sein, dass die Direktionalität der Richtcharakteristik mit steigendem Steuerwert ausgehend von der Omnidirektionalität zunimmt. Das System kann aber auch so ausgebildet sein, dass abhängig vom steigenden Steuerwert von einer Richtung auf eine andere Richtung übergeblendet wird.

[0017] Besonders vorteilhaft ist, wenn eine Datenverbindung zwischen der mindestens einen und einer weiteren Hörvorrichtung des Hörsystems in Abhängigkeit von der Richtcharakteristik aktiviert und/oder deaktiviert wird. Hierdurch ist es möglich, dass, falls die automatische Steuerung der Richtcharakteristik eine Omnidirektionaliät der Mikrofoneinrichtung vorgibt, ein Datenaustausch zwischen den beiden Hörvorrichtungen unterbunden wird, was zu erheblichen Energieeinsparungen führt.

[0018] Die vorliegende Erfindung wird anhand der beigefügten Zeichnungen näher erläutert, in denen zeigen:
FIG 1
den prinzipiellen Aufbau eines Hörgeräts gemäß dem Stand der Technik;
FIG 2
ein Blockschaltdiagramm eines erfindungsgemäßen Ausführungsbeispiels und
FIG 3
eine beispielhafte Lookup-Tabelle für die Gewinnung eines Steuersignals.


[0019] Die nachfolgend näher geschilderten Ausführungsbeispiele stellen bevorzugte Ausführungsformen der vorliegenden Erfindung dar.

[0020] Gemäß einer Ausführungsform ist ein Hörgerätesystem mit zwei Hörgeräten (erste Hörvorrichtung und zweite Hörvorrichtung) vorgesehen. Zwischen beiden Hörgeräten besteht eine Datenverbindung, sodass die Ausgangssignale beider Hörgeräte gemeinsam verarbeitbar sind. Insbesondere lässt sich durch die datentechnisch miteinander verbundenen Hörgeräte eine Mikrofoneinrichtung realisieren, deren Richtcharakteristik im gesamten Raum nahezu beliebig variierbar ist, sofern die beiden Hörgeräte bestimmungsgemäß in oder an den Ohren des Hörgeräteträgers getragen werden. Die Richtcharakteristik kann mehr oder weniger scharf auf eine Quelle gerichtet werden. Man spricht von einem direktionalen "Beamformer" (Strahlformer), dessen Intensität bzw. Strahlbreite variierbar ist. Im omnidirektionalen Betrieb wird von allen Richtungen gleichmäßig Schall aufgenommen, während im Direktionalbetrieb der Empfangsstrahl in eine bestimmte Richtung ausgerichtet ist. In dieser Vorzugsrichtung hat die Mikrofoneinrichtung (hier das Richtmikrofon) eine höhere Empfindlichkeit, während sie in anderen Richtungen mehr oder weniger stark gedämpft ist.

[0021] Um nun die Richtung und/oder die Breite der Empfangskeule einzustellen, werden zwei verschiedene Ausgangssignale des Richtmikrofons hinsichtlich Sprachanteilen bzw. Sprachmerkmalen untersucht. Diese Ausgangssignale des Richtmikrofons stammen von verschiedenen Betriebsmodi des Richtmikrofons. So stammen sie beispielsweise von den beiden konkreten Modi, dass die Empfangskeule zum einen nach links und zum anderen nach rechts ausgerichtet ist. Alternativ können die Betriebsmodi auch dadurch definiert sein, dass die Richtkeulen nach vorne oder hinten bezogen auf den Hörgeräteträger gerichtet sind. Es werden also in einem Fall Sprachmerkmale in den Signalen von links und rechts und im anderen Fall in den Signalen von vorne und hinten untersucht.

[0022] Anschließend wird ein Wert f berechnet, der angibt, wie groß die Differenz der Sprachmerkmale zwischen beiden Signalen ist. Sprachmerkmale sind beispielsweise die 4 Hz-Modulation, das so genannte Sprach-Onset (Pegelanstieg bei Sprachbeginn) oder ein auf Sprache bezogenes Signal-Rausch-Verhältnis. Der Absolutwert der Differenz wird dann mit dem Minimum der Merkmalswerte beider Sprachmerkmale normiert. Für den Wert f ergibt sich damit folgende Formel:


wobei abs die Absolutwertfunktion, min die Minimumfunktion und m1 sowie m2 die Merkmalswerte der Sprachmerkmale darstellen.

[0023] Der Wert f ist groß für große Differenzen zwischen beiden Merkmalswerten m1 und m2. Ist beispielsweise m1 = 0,1 und m2 = 0,8, so ergibt sich f = 0,7/0,1 = 7. Dies ist der Fall, wenn beispielsweise Rauschen von einer anderen Seite kommt als das gewünschte Signal und wenn der Signal-Rausch-Abstand gering ist.

[0024] Ist das Signal-Rausch-Verhältnis hingegen gut, so wird die Differenz zwischen beiden Merkmalswerten m1 und m2 klein sein. Das Minimum beider Werte wird hingegen verhältnismäßig hoch sein. Dies führt zu einem geringen Wert f. Beispielsweise betragen die Merkmalswerte m1 = 0,8 und m2 = 0,7. Daraus ergibt sich ein f = 0,1/0,7 = 0,14.

[0025] Ist hingegen das Signal-Rausch-Verhältnis schlecht, so wird das Minimum beider Merkmalswerte den Wert f erhöhen. Dies ist beispielsweise der Fall, wenn m1 = 0,1 und m2 = 0,2 ist. Es ergibt sich dann der Wert f = 0,1/0,1 = 1.

[0026] Wenn das Signal-Rausch-Verhältnis zu schlecht ist, wird das direktionale Mikrofon keinen Nutzen bieten. Darüber hinaus ist es auch vorteilhaft, in den Omnidirektional-Betrieb zu schalten, wenn das Signal-Rausch-Verhältnis gering und beispielsweise von beiden Seiten starke Sprachsignale registriert werden. Der Omnidirektional-Betrieb führt dann zu einer verbesserten Sprachwahrnehmung. In beiden Fällen ist der Wert f klein und es sollte daraus ein Steuersignal für den Omnidirektional-Betrieb generiert werden.

[0027] Wenn andererseits, wie oben geschildert, lediglich auf einer Seite ein Sprecher vorhanden ist, ist der Wert f hoch und es sollte der Direktional-Betrieb genutzt werden.

[0028] Mit einer Zuordnungsvorschrift kann der Wert f in einen Steuerwert w gewandelt werden. Die Zuordnungsvorschrift kann eine analytische Funktion sein, die den Wert f auf den Steuerwert w abbildet. Darüber hinaus kann die Zuordnungsvorschrift auch eine Wertetabelle bzw. eine Lookup-Tabelle sein, mit der der Steuerwert w aus einem Wert f ermittelt wird. Eine derartige Lookup-Tabelle ist in FIG 3 angedeutet.

[0029] Mit dem Steuersignal w lässt sich nun die Mikrofoneinrichtung bzw. ihre Richtcharakteristik steuern. Dabei kann beispielsweise in den Omnidirektional-Betrieb oder den Direktional-Betrieb geschaltet werden. Obwohl sich die vorhergehenden und auch die nachfolgenden Beispiele immer darauf beziehen, dass zwischen einem Direktional-Betrieb und einem Omnidirektional-Betrieb hin und her geschaltet wird, kann beispielsweise mithilfe des Steuerwerts auch eine bestimmte Richtung der Richtcharakteristik eingestellt werden. So kann es Vorteile bieten, bei niedrigen Werten f bzw. w den Strahlformer frontal nach vorne auszurichten, sodass bei schlechten Verhältnissen immer die Vorne-Richtung verstärkt wird.

[0030] Die Steuerung der Richtcharakteristik kann auch dahingehend optimiert werden, dass nicht zwischen zwei Zuständen hin- und hergeschaltet wird, sondern dass ein allmählicher Übergang zwischen beiden Zuständen gemäß einer vorgegebenen Funktion erfolgt. Werden beispielsweise durch die Mikrofoneinrichtung ein direktionales Signal und ein omnidirektionales Signal erzeugt, so können beide Signale für ein Ausgangssignal S_out das omnidirektionale Signal S_omni und das direktionale Signal S_dir miteinander gemischt werden. Das Mischen erfolgt beispielsweise in Abhängigkeit des Steuerwerts w gemäß folgender Formel:



[0031] Dieser Algorithmus stellt sicher, dass das direktionale Mikrofon nur in eindeutigen Situationen verwendet wird, wenn beispielsweise nur ein Sprecher in der aktuellen Hörsituation vorhanden ist. Dies erleichtert das rasche Schalten in eindeutigen Situationen gegenüber den bekannten Konzepten des langsamen Überblendens, um Schaltschwankungen zu maskieren. In Situationen mit mehreren Sprechern bleibt das Hörgerät in einem Omnidirektional-Modus und schaltet nicht ständig hin und her. Dies reduziert entsprechende Irritationen beim Hörgeräteträger.

[0032] Bei Verwendung eines Beamformer mit binauraler Datenverbindung zwischen beiden Hörgeräten ermöglicht es die Erfindung, dass die Audioübertragung zwischen den beiden Hörgeräten nicht aktiviert bzw. deaktiviert wird, wenn sie in der jeweiligen Situation nicht notwendig bzw. nicht vorteilhaft ist. Auf diese Weise kann deutlich Energie eingespart werden. So kann beispielsweise auf einen binauralen Audiodatentransfer verzichtet werden, wenn in beiden Hörgeräten Omnidirektional-Betrieb gewünscht bzw. eingestellt wird.

[0033] Die obigen Ausführungsbeispiele beziehen sich auf binaurale Hörsysteme. Prinzipiell kann die Steuerung der Richtcharakteristik einer Mikrofoneinrichtung aber auch in einem monauralen Hörsystem in der geschilderten Weise erfolgen.

[0034] Anhand der FIG 2 und 3 wird nun ein konkretes Beispiel erläutert, wie der Steuerwert w ermittelt werden kann. Zunächst werden die Sprachmerkmale m1 und m2 in den gemäß FIG 2 realisierten Algorithmus eingegeben. Beide Merkmalswerte m1 und m2 werden einer Subtrahiereinheit 10 und einer Minimumeinheit 11 zugeführt. Der Minimumeinheit 11 ist eine Begrenzereinheit 12 nachgeschaltet, um eine spätere Division durch 0 zu verhindern. Eine Divisionseinrichtung 13 dividiert das Differenzsignal der Differenzeinheit 10 durch das Minimum der beiden Merkmalswerte m1 und m2, das ggf. von der Begrenzereinheit 12 begrenzt wurde. In einer nachgeschalteten Einheit 14 kann gewählt werden, ob von dem Quotienten der Divisionseinheit 13 der Betrag gebildet wird oder nicht. Hierzu wird der Quotient einerseits über eine Betragseinheit 15 einem Wechselschalter 16 und andererseits direkt dem Wechselschalter 16 zugeführt. Über eine Steuereinheit 17 wird der Wechselschalter 16 entsprechend angesteuert. Dem Wechselschalter 16 ist eine Glättungseinheit 18 nachgeschaltet, mit der der Wert f geglättet wird, um ein zu häufiges Umblenden zwischen verschiedenen Betriebsmodi der Mikrofoneinrichtung zu vermeiden. Anschließend erfolgt eine Betragsbildung in einer Absolutwerteinheit 19. Gegebenenfalls kann daher auf die vorgeschaltete Einheit 14 verzichtet werden. Bis hierher ist nun die Funktion zur Berechnung des Werts f realisiert.

[0035] Mithilfe einer Lookup-Tabelle 20 wird schließlich der Steuerwert w erzeugt. Die Lookup-Tabelle 20 stellt hierbei eine Zuordnungsvorschrift dar. Ein Beispiel hiervon ist in FIG 3 wiedergegeben. Im konkreten Beispiel handelt es sich um eine Funktion, entsprechend der Werte f bis etwa 0,45 auf einen sehr kleinen Steuerwert w unter 0,1 transformiert werden. Für Werte unter einem vorgegebenen Schwellwert kann auf eine Audiodatenverbindung verzichtet werden. Die Mikrofoneinrichtung soll hier im Wesentlichen im Omnidirektional-Betrieb eingesetzt werden. Erst ab Werten von f > 0,75 wird die Situation sicher als für den Direktional-Betrieb günstig eingestuft, und diesen Werten f ein hoher Steuerwert nahe 1 zugeordnet. Für Werte f zwischen 0,45 und 0,75 übergibt sich ein Übergangsbereich, der verhältnismäßig steil verläuft.

[0036] Mit den resultierenden Steuerwerten w können nun zwei Signale entsprechend der oben angegebenen Formel gewichtet werden. Insbesondere können damit ein direktionales Signal S_dir und ein omnidirektionales Signal S omni oder ein anderes Signal aus einer festgelegten Richtung miteinander gemischt werden.


Ansprüche

1. Verfahren zum Steuern einer Richtcharakteristik einer Mikrofoneinrichtung eines Hörsystems mit mindestens einer Hörvorrichtung
gekennzeichnet durch

- Ermitteln eines ersten Merkmalwerts (m1) bezüglich Sprache in einem einer ersten Richtung zugeordneten ersten Signal der Mikrofoneinrichtung,

- Ermitteln eines zweiten Merkmalwerts (m2) bezüglich Sprache in einem einer zweiten Richtung zugeordneten zweiten Signal der Mikrofoneinrichtung,

- Gewinnen eines Steuerwerts (w) aus den beiden Merkmalswerten und

- Steuern der Richtcharakteristik der Mikrofoneinrichtung anhand des Steuerwerts.


 
2. Verfahren nach Anspruch 1, wobei die erste Richtung zur zweiten Richtung entgegengesetzt ist.
 
3. Verfahren nach Anspruch 2, wobei die mindestens eine Hörvorrichtung bestimmungsgemäß in oder an einem Ohr eines Nutzers getragen wird, und die erste Richtung bezüglich des Benutzers nach links oder vorne weist.
 
4. Verfahren nach einem der vorhergehenden Ansprüche, wobei die Merkmalswerte (m1, m2) jeweils eine Wahrscheinlichkeit darstellen, mit der Sprache im jeweiligen Signal der Mikrofoneinrichtung vorhanden ist.
 
5. Verfahren nach einem der vorhergehenden Ansprüche, wobei zum Gewinnen des Steuerwerts (w) die Differenz (10) der beiden Merkmalswerte auf das Minimum (11) der beiden Merkmalswerte bezogen wird.
 
6. Verfahren nach Anspruch 5, wobei der Steuerwert mittels einer frei wählbaren Zuordnungsvorschrift (20) aus der auf das Minimum bezogenen Differenz gewonnen wird.
 
7. Verfahren nach einem der vorhergehenden Ansprüche, wobei die Richtcharakteristik durch Überlagern eines Direktionalsignals und eines Omnidirektionalsignals der Mikrofoneinrichtung gebildet wird und dabei das Direktionalsignal und das Omnidirektionalsignal mit Hilfe des Steuerwerts (w) gewichtet werden.
 
8. Verfahren nach einem der vorhergehenden Ansprüche, wobei ein Wert der Direktionalität der Richtcharakteristik mit steigendem Steuerwert (w) ausgehend von der Omnidirektionalität zunimmt.
 
9. Verfahren nach einem der vorhergehenden Ansprüche, wobei eine Datenverbindung zwischen der mindestens einen und einer weiteren Hörvorrichtung des Hörsystems in Abhängigkeit von dem Steuerwert (w) aktiviert und/oder deaktiviert wird.
 
10. Hörsystem mit

- mindestens einer Hörvorrichtung, wobei

- die Hörvorrichtung eine Mikrofoneinrichtung mit einer Richtcharakteristik aufweist,

dadurch gekennzeichnet, dass

- die Mikrofoneinrichtung ausgebildet ist zum Ermitteln eines ersten Merkmalwerts (m1) bezüglich Sprache in einem einer ersten Richtung zugeordneten ersten Signal der Mikrofoneinrichtung und zum Ermitteln eines zweiten Merkmalwerts (m2) bezüglich Sprache in einem einer zweiten Richtung zugeordneten zweiten Signal der Mikrofoneinrichtung, und

- in der mindestens einen Hörvorrichtung eine Steuereinrichtung ausgebildet ist zum Gewinnen eines Steuerwerts (w) aus den beiden Merkmalswerten (m1, m2) und zum Steuern der Richtcharakteristik der Mikrofoneinrichtung anhand des Steuerwerts.


 




Zeichnung













Recherchenbericht









Recherchenbericht