[0001] Die vorliegende Erfindung betrifft ein Verfahren zum Steuern einer Richtcharakteristik
einer Mikrophoneinrichtung eines optional (binauralen) Hörsystems mit einer ersten
Hörvorrichtung und einer zweiten Hörvorrichtung. Darüber hinaus betrifft die vorliegende
Erfindung ein entsprechendes (binaurales) Hörsystem. Unter einer Hörvorrichtung wird
hier jedes im oder am Ohr tragbare, einen Schallreiz verursachende Gerät, insbesondere
ein Hörgerät, ein Headset, Kopfhörer und dergleichen verstanden.
[0002] Hörgeräte sind tragbare Hörvorrichtungen, die zur Versorgung von Schwerhörenden dienen.
Um den zahlreichen individuellen Bedürfnissen entgegenzukommen, werden unterschiedliche
Bauformen von Hörgeräten wie Hinter-dem-Ohr-Hörgeräte (HdO), Hörgerät mit externem
Hörer (RIC: receiver in the canal) und In-dem-Ohr-Hörgeräte (IdO), z.B. auch Concha-Hörgeräte
oder Kanal-Hörgeräte (ITE, CIC), bereitgestellt. Die beispielhaft aufgeführten Hörgeräte
werden am Außenohr oder im Gehörgang getragen. Darüber hinaus stehen auf dem Markt
aber auch Knochenleitungshörhilfen, implantierbare oder vibrotaktile Hörhilfen zur
Verfügung. Dabei erfolgt die Stimulation des geschädigten Gehörs entweder mechanisch
oder elektrisch.
[0003] Hörgeräte besitzen prinzipiell als wesentliche Komponenten einen Eingangswandler,
einen Verstärker und einen Ausgangswandler. Der Eingangswandler ist in der Regel ein
Schallempfänger, z. B. ein Mikrofon, und/oder ein elektromagnetischer Empfänger, z.
B. eine Induktionsspule. Der Ausgangswandler ist meist als elektroakustischer Wandler,
z. B. Miniaturlautsprecher, oder als elektromechanischer Wandler, z. B. Knochenleitungshörer,
realisiert. Der Verstärker ist üblicherweise in eine Signalverarbeitungseinheit integriert.
Dieser prinzipielle Aufbau ist in FIG 1 am Beispiel eines Hinter-dem-Ohr-Hörgeräts
dargestellt. In ein Hörgerätegehäuse 1 zum Tragen hinter dem Ohr sind ein oder mehrere
Mikrofone 2 zur Aufnahme des Schalls aus der Umgebung eingebaut. Eine Signalverarbeitungseinheit
3, die ebenfalls in das Hörgerätegehäuse 1 integriert ist, verarbeitet die Mikrofonsignale
und verstärkt sie. Das Ausgangssignal der Signalverarbeitungseinheit 3 wird an einen
Lautsprecher bzw. Hörer 4 übertragen, der ein akustisches Signal ausgibt. Der Schall
wird gegebenenfalls über einen Schallschlauch, der mit einer Otoplastik im Gehörgang
fixiert ist, zum Trommelfell des Geräteträgers übertragen. Die Energieversorgung des
Hörgeräts und insbesondere die der Signalverarbeitungseinheit 3 erfolgt durch eine
ebenfalls ins Hörgerätegehäuse 1 integrierte Batterie 5.
[0004] Viele Hörgeräte haben heute die Möglichkeit, das Direktionalmikrofon zwischen einem
Direktionalmodus, einem Anti-Direktionalmodus und einem Omni-Direktionalmodus automatisch
zu steuern. Dementsprechend wird der Schall eher von vorne oder von hinten verstärkt,
oder aber er wird von allen Richtungen ohne Direktionalität gleich verarbeitet. Das
automatische Steuern basiert in der Regel auf der Ermittlung von Sprachmerkmalen,
die aus den Mikrofonsignalen extrahiert werden. In einer kritischen Situation, wenn
sich beispielsweise mehrere Leute in einem Raum befinden, kann diese automatische
Steuerfunktion zu inakzeptablen Entscheidungen führen. Speziell, wenn zwei Sprecher
aus unterschiedlichen Richtungen bezüglich des Hörgeräteträgers sprechen, kann dies
zu häufigen Schaltvorgängen führen. Daraus ergibt sich ein ständig fluktuierender
Schalleindruck, der den Hörgeräteträger verwirrt.
[0005] Wenn in einem konkreten Beispiel ein Direktionalmikrofon dazu verwendet wird, den
Schall von einer Seite des Hörgeräteträgers zu verstärken, kann das Schalten zwischen
den Richtungen "links" und "rechts" zu sehr unangenehmen Schwankungen im Schalleindruck
führen. Insbesondere würde das Hörgerät bei einer sprechenden Person auf der linken
Seite und einer sprechenden Person auf der rechten Seite des Hörgeräteträgers ständig
zum lauteren Sprecher schaltet. Wenn beide Sprecher einen vergleichbaren Pegel besitzen,
würde zwischen ihnen hin- und hergeschaltet werden, was hinsichtlich eines Sprechers
zu starken Differenzen des jeweiligen Schallpegels führen würde.
[0006] Dieser Problematik ist man bislang dadurch begegnet, dass zwischen beiden Mikrofonrichtungen
sehr langsam hin- und hergeblendet wurde. Hierdurch sind rasche Änderungen hinsichtlich
der Richtungsentscheidung für den Träger nicht so sehr wahrnehmbar.
[0007] Die Aufgabe der vorliegenden Erfindung besteht somit darin, ein Hörsystem mit mindestens
einer Hörvorrichtung hinsichtlich der Richtcharakteristik stabiler steuern zu können.
Darüber hinaus soll ein entsprechendes (optional binaurales) Hörsystem bereitgestellt
werden.
[0008] Erfindungsgemäß wird diese Aufgabe gelöst durch ein Verfahren zum Steuern einer Richtcharakteristik
einer Mikrofoneinrichtung eines Hörsystems mit mindestens einer Hörvorrichtung durch
- Ermitteln eines ersten Merkmalwerts bezüglich Sprache in einem einer ersten Richtung
zugeordneten ersten Signal der Mikrofoneinrichtung,
- Ermitteln eines zweiten Merkmalwerts bezüglich Sprache in einem einer zweiten Richtung
zugeordneten zweiten Signal der Mikrofoneinrichtung,
- Gewinnen eines Steuerwerts aus den beiden Merkmalswerten und
- Steuern der Richtcharakteristik der Mikrofoneinrichtung anhand des Steuerwerts.
[0009] Darüber hinaus wird erfindungsgemäß bereitgestellt ein (binaurales) Hörsystem mit
- mindestens einer Hörvorrichtung, wobei
- die Hörvorrichtung eine Mikrofoneinrichtung mit einer Richtcharakteristik aufweist,
wobei
- die Mikrofoneinrichtung ausgebildet ist zum Ermitteln eines ersten Merkmalwerts bezüglich
Sprache in einem einer ersten Richtung zugeordneten ersten Signal der Mikrofoneinrichtung
und zum Ermitteln eines zweiten Merkmalwerts bezüglich Sprache in einem einer zweiten
Richtung zugeordneten zweiten Signal der Mikrofoneinrichtung,
- in der mindestens einen Hörvorrichtung eine Steuereinrichtung ausgebildet ist zum
Gewinnen eines Steuerwerts aus den beiden Merkmalswerten und zum Steuern der Richtcharakteristik
der Mikrofoneinrichtung anhand des Steuerwerts.
[0010] In vorteilhafter Weise werden also die Signale von zwei verschiedenen Richtungen
analysiert im Hinblick auf Sprachmerkmale, d. h. eine oder mehrere für Sprache charakteristische
Eigenschaften, analysiert. Diese Analyse führt zu Merkmalswerten, deren Differenz
oder andere Verknüpfung zur Steuerung der Richtcharakteristik des Hörsystems verwendet
werden kann. Somit dient also der Unterschied zwischen Werten, die für Sprache charakteristisch
sind, als zuverlässiges Entscheidungskriterium für die Ausbildung der Richtcharakteristik
eines Hörsystems.
[0011] Vorzugsweise ist die erste Richtung zur zweiten Richtung entgegengesetzt. Es werden
hinsichtlich der sprachcharakteristischen Eigenschaften also Signale aus entgegengesetzten
Richtungen analysiert. Dies hat den Vorteil, dass dadurch zwei Halbräume separat voneinander
analysiert werden können, und die Richtcharakteristik entsprechend ausgebildet werden
kann. Insbesondere ist es günstig, wenn die Hörvorrichtung bestimmungsgemäß in oder
an den beiden Ohren eines Nutzers getragen wird, und die erste Richtung bezüglich
des Nutzers nach links oder vorne weist. Dementsprechend weist dann die zweite Richtung
bezüglich des Nutzers nach rechts oder hinten.
[0012] Die Merkmalswerte können jeweils eine Wahrscheinlichkeit darstellen, mit der Sprache
im jeweiligen Signal der Mikrofoneinrichtung vorhanden ist. Darüber hinaus können
sie auch einfach eine Amplitude oder einen Pegel eines als Sprache qualifizierten
Signals darstellen.
[0013] Zum Gewinnen des Steuerwerts kann die Differenz der beiden Merkmalswerte auf das
Minimum der beiden Merkmalswerte bezogen werden. Der Bezug sollte insbesondere durch
Division der Differenz durch das Minimum der beiden Merkmalswerte hergestellt werden.
Dadurch ergibt sich ein reiner Zahlenwert, bei dem auch Signal-Rausch-Verhältnisse
berücksichtigt sind.
[0014] Der Steuerwert kann gemäß einer Ausführungsform mittels einer frei wählbaren Zuordnungsvorschrift
aus der auf das Minimum bezogenen Differenz gewonnen werden. Damit kann die Entscheidungsfindung
noch eindeutiger gestaltet werden. Beispielsweise kann auch eine Hysterese eingebaut
werden.
[0015] Vorteilhaft ist außerdem, wenn die Richtcharakteristik durch Überlagern eines Direktionalsignals
und eines Omnidirektionalsignals der Mikrofoneinrichtung gebildet wird, und dabei
das Direktionalsignal und das Omnidirektionalsignal mit Hilfe des Steuerwerts gewichtet
werden. Dadurch ist es möglich, dass die Mikrofoneinrichtung von einem Direktionalbetrieb
in einen Omnidirektionalbetrieb oder umgekehrt übergeblendet wird.
[0016] Speziell kann das Verfahren so realisiert sein, dass die Direktionalität der Richtcharakteristik
mit steigendem Steuerwert ausgehend von der Omnidirektionalität zunimmt. Das System
kann aber auch so ausgebildet sein, dass abhängig vom steigenden Steuerwert von einer
Richtung auf eine andere Richtung übergeblendet wird.
[0017] Besonders vorteilhaft ist, wenn eine Datenverbindung zwischen der mindestens einen
und einer weiteren Hörvorrichtung des Hörsystems in Abhängigkeit von der Richtcharakteristik
aktiviert und/oder deaktiviert wird. Hierdurch ist es möglich, dass, falls die automatische
Steuerung der Richtcharakteristik eine Omnidirektionaliät der Mikrofoneinrichtung
vorgibt, ein Datenaustausch zwischen den beiden Hörvorrichtungen unterbunden wird,
was zu erheblichen Energieeinsparungen führt.
[0018] Die vorliegende Erfindung wird anhand der beigefügten Zeichnungen näher erläutert,
in denen zeigen:
- FIG 1
- den prinzipiellen Aufbau eines Hörgeräts gemäß dem Stand der Technik;
- FIG 2
- ein Blockschaltdiagramm eines erfindungsgemäßen Ausführungsbeispiels und
- FIG 3
- eine beispielhafte Lookup-Tabelle für die Gewinnung eines Steuersignals.
[0019] Die nachfolgend näher geschilderten Ausführungsbeispiele stellen bevorzugte Ausführungsformen
der vorliegenden Erfindung dar.
[0020] Gemäß einer Ausführungsform ist ein Hörgerätesystem mit zwei Hörgeräten (erste Hörvorrichtung
und zweite Hörvorrichtung) vorgesehen. Zwischen beiden Hörgeräten besteht eine Datenverbindung,
sodass die Ausgangssignale beider Hörgeräte gemeinsam verarbeitbar sind. Insbesondere
lässt sich durch die datentechnisch miteinander verbundenen Hörgeräte eine Mikrofoneinrichtung
realisieren, deren Richtcharakteristik im gesamten Raum nahezu beliebig variierbar
ist, sofern die beiden Hörgeräte bestimmungsgemäß in oder an den Ohren des Hörgeräteträgers
getragen werden. Die Richtcharakteristik kann mehr oder weniger scharf auf eine Quelle
gerichtet werden. Man spricht von einem direktionalen "Beamformer" (Strahlformer),
dessen Intensität bzw. Strahlbreite variierbar ist. Im omnidirektionalen Betrieb wird
von allen Richtungen gleichmäßig Schall aufgenommen, während im Direktionalbetrieb
der Empfangsstrahl in eine bestimmte Richtung ausgerichtet ist. In dieser Vorzugsrichtung
hat die Mikrofoneinrichtung (hier das Richtmikrofon) eine höhere Empfindlichkeit,
während sie in anderen Richtungen mehr oder weniger stark gedämpft ist.
[0021] Um nun die Richtung und/oder die Breite der Empfangskeule einzustellen, werden zwei
verschiedene Ausgangssignale des Richtmikrofons hinsichtlich Sprachanteilen bzw. Sprachmerkmalen
untersucht. Diese Ausgangssignale des Richtmikrofons stammen von verschiedenen Betriebsmodi
des Richtmikrofons. So stammen sie beispielsweise von den beiden konkreten Modi, dass
die Empfangskeule zum einen nach links und zum anderen nach rechts ausgerichtet ist.
Alternativ können die Betriebsmodi auch dadurch definiert sein, dass die Richtkeulen
nach vorne oder hinten bezogen auf den Hörgeräteträger gerichtet sind. Es werden also
in einem Fall Sprachmerkmale in den Signalen von links und rechts und im anderen Fall
in den Signalen von vorne und hinten untersucht.
[0022] Anschließend wird ein Wert f berechnet, der angibt, wie groß die Differenz der Sprachmerkmale
zwischen beiden Signalen ist. Sprachmerkmale sind beispielsweise die 4 Hz-Modulation,
das so genannte Sprach-Onset (Pegelanstieg bei Sprachbeginn) oder ein auf Sprache
bezogenes Signal-Rausch-Verhältnis. Der Absolutwert der Differenz wird dann mit dem
Minimum der Merkmalswerte beider Sprachmerkmale normiert. Für den Wert f ergibt sich
damit folgende Formel:

wobei abs die Absolutwertfunktion, min die Minimumfunktion und m1 sowie m2 die Merkmalswerte
der Sprachmerkmale darstellen.
[0023] Der Wert f ist groß für große Differenzen zwischen beiden Merkmalswerten m1 und m2.
Ist beispielsweise m1 = 0,1 und m2 = 0,8, so ergibt sich f = 0,7/0,1 = 7. Dies ist
der Fall, wenn beispielsweise Rauschen von einer anderen Seite kommt als das gewünschte
Signal und wenn der Signal-Rausch-Abstand gering ist.
[0024] Ist das Signal-Rausch-Verhältnis hingegen gut, so wird die Differenz zwischen beiden
Merkmalswerten m1 und m2 klein sein. Das Minimum beider Werte wird hingegen verhältnismäßig
hoch sein. Dies führt zu einem geringen Wert f. Beispielsweise betragen die Merkmalswerte
m1 = 0,8 und m2 = 0,7. Daraus ergibt sich ein f = 0,1/0,7 = 0,14.
[0025] Ist hingegen das Signal-Rausch-Verhältnis schlecht, so wird das Minimum beider Merkmalswerte
den Wert f erhöhen. Dies ist beispielsweise der Fall, wenn m1 = 0,1 und m2 = 0,2 ist.
Es ergibt sich dann der Wert f = 0,1/0,1 = 1.
[0026] Wenn das Signal-Rausch-Verhältnis zu schlecht ist, wird das direktionale Mikrofon
keinen Nutzen bieten. Darüber hinaus ist es auch vorteilhaft, in den Omnidirektional-Betrieb
zu schalten, wenn das Signal-Rausch-Verhältnis gering und beispielsweise von beiden
Seiten starke Sprachsignale registriert werden. Der Omnidirektional-Betrieb führt
dann zu einer verbesserten Sprachwahrnehmung. In beiden Fällen ist der Wert f klein
und es sollte daraus ein Steuersignal für den Omnidirektional-Betrieb generiert werden.
[0027] Wenn andererseits, wie oben geschildert, lediglich auf einer Seite ein Sprecher vorhanden
ist, ist der Wert f hoch und es sollte der Direktional-Betrieb genutzt werden.
[0028] Mit einer Zuordnungsvorschrift kann der Wert f in einen Steuerwert w gewandelt werden.
Die Zuordnungsvorschrift kann eine analytische Funktion sein, die den Wert f auf den
Steuerwert w abbildet. Darüber hinaus kann die Zuordnungsvorschrift auch eine Wertetabelle
bzw. eine Lookup-Tabelle sein, mit der der Steuerwert w aus einem Wert f ermittelt
wird. Eine derartige Lookup-Tabelle ist in FIG 3 angedeutet.
[0029] Mit dem Steuersignal w lässt sich nun die Mikrofoneinrichtung bzw. ihre Richtcharakteristik
steuern. Dabei kann beispielsweise in den Omnidirektional-Betrieb oder den Direktional-Betrieb
geschaltet werden. Obwohl sich die vorhergehenden und auch die nachfolgenden Beispiele
immer darauf beziehen, dass zwischen einem Direktional-Betrieb und einem Omnidirektional-Betrieb
hin und her geschaltet wird, kann beispielsweise mithilfe des Steuerwerts auch eine
bestimmte Richtung der Richtcharakteristik eingestellt werden. So kann es Vorteile
bieten, bei niedrigen Werten f bzw. w den Strahlformer frontal nach vorne auszurichten,
sodass bei schlechten Verhältnissen immer die Vorne-Richtung verstärkt wird.
[0030] Die Steuerung der Richtcharakteristik kann auch dahingehend optimiert werden, dass
nicht zwischen zwei Zuständen hin- und hergeschaltet wird, sondern dass ein allmählicher
Übergang zwischen beiden Zuständen gemäß einer vorgegebenen Funktion erfolgt. Werden
beispielsweise durch die Mikrofoneinrichtung ein direktionales Signal und ein omnidirektionales
Signal erzeugt, so können beide Signale für ein Ausgangssignal S_out das omnidirektionale
Signal S_omni und das direktionale Signal S_dir miteinander gemischt werden. Das Mischen
erfolgt beispielsweise in Abhängigkeit des Steuerwerts w gemäß folgender Formel:

[0031] Dieser Algorithmus stellt sicher, dass das direktionale Mikrofon nur in eindeutigen
Situationen verwendet wird, wenn beispielsweise nur ein Sprecher in der aktuellen
Hörsituation vorhanden ist. Dies erleichtert das rasche Schalten in eindeutigen Situationen
gegenüber den bekannten Konzepten des langsamen Überblendens, um Schaltschwankungen
zu maskieren. In Situationen mit mehreren Sprechern bleibt das Hörgerät in einem Omnidirektional-Modus
und schaltet nicht ständig hin und her. Dies reduziert entsprechende Irritationen
beim Hörgeräteträger.
[0032] Bei Verwendung eines Beamformer mit binauraler Datenverbindung zwischen beiden Hörgeräten
ermöglicht es die Erfindung, dass die Audioübertragung zwischen den beiden Hörgeräten
nicht aktiviert bzw. deaktiviert wird, wenn sie in der jeweiligen Situation nicht
notwendig bzw. nicht vorteilhaft ist. Auf diese Weise kann deutlich Energie eingespart
werden. So kann beispielsweise auf einen binauralen Audiodatentransfer verzichtet
werden, wenn in beiden Hörgeräten Omnidirektional-Betrieb gewünscht bzw. eingestellt
wird.
[0033] Die obigen Ausführungsbeispiele beziehen sich auf binaurale Hörsysteme. Prinzipiell
kann die Steuerung der Richtcharakteristik einer Mikrofoneinrichtung aber auch in
einem monauralen Hörsystem in der geschilderten Weise erfolgen.
[0034] Anhand der FIG 2 und 3 wird nun ein konkretes Beispiel erläutert, wie der Steuerwert
w ermittelt werden kann. Zunächst werden die Sprachmerkmale m1 und m2 in den gemäß
FIG 2 realisierten Algorithmus eingegeben. Beide Merkmalswerte m1 und m2 werden einer
Subtrahiereinheit 10 und einer Minimumeinheit 11 zugeführt. Der Minimumeinheit 11
ist eine Begrenzereinheit 12 nachgeschaltet, um eine spätere Division durch 0 zu verhindern.
Eine Divisionseinrichtung 13 dividiert das Differenzsignal der Differenzeinheit 10
durch das Minimum der beiden Merkmalswerte m1 und m2, das ggf. von der Begrenzereinheit
12 begrenzt wurde. In einer nachgeschalteten Einheit 14 kann gewählt werden, ob von
dem Quotienten der Divisionseinheit 13 der Betrag gebildet wird oder nicht. Hierzu
wird der Quotient einerseits über eine Betragseinheit 15 einem Wechselschalter 16
und andererseits direkt dem Wechselschalter 16 zugeführt. Über eine Steuereinheit
17 wird der Wechselschalter 16 entsprechend angesteuert. Dem Wechselschalter 16 ist
eine Glättungseinheit 18 nachgeschaltet, mit der der Wert f geglättet wird, um ein
zu häufiges Umblenden zwischen verschiedenen Betriebsmodi der Mikrofoneinrichtung
zu vermeiden. Anschließend erfolgt eine Betragsbildung in einer Absolutwerteinheit
19. Gegebenenfalls kann daher auf die vorgeschaltete Einheit 14 verzichtet werden.
Bis hierher ist nun die Funktion zur Berechnung des Werts f realisiert.
[0035] Mithilfe einer Lookup-Tabelle 20 wird schließlich der Steuerwert w erzeugt. Die Lookup-Tabelle
20 stellt hierbei eine Zuordnungsvorschrift dar. Ein Beispiel hiervon ist in FIG 3
wiedergegeben. Im konkreten Beispiel handelt es sich um eine Funktion, entsprechend
der Werte f bis etwa 0,45 auf einen sehr kleinen Steuerwert w unter 0,1 transformiert
werden. Für Werte unter einem vorgegebenen Schwellwert kann auf eine Audiodatenverbindung
verzichtet werden. Die Mikrofoneinrichtung soll hier im Wesentlichen im Omnidirektional-Betrieb
eingesetzt werden. Erst ab Werten von f > 0,75 wird die Situation sicher als für den
Direktional-Betrieb günstig eingestuft, und diesen Werten f ein hoher Steuerwert nahe
1 zugeordnet. Für Werte f zwischen 0,45 und 0,75 übergibt sich ein Übergangsbereich,
der verhältnismäßig steil verläuft.
[0036] Mit den resultierenden Steuerwerten w können nun zwei Signale entsprechend der oben
angegebenen Formel gewichtet werden. Insbesondere können damit ein direktionales Signal
S_dir und ein omnidirektionales Signal S omni oder ein anderes Signal aus einer festgelegten
Richtung miteinander gemischt werden.
1. Verfahren zum Steuern einer Richtcharakteristik einer Mikrofoneinrichtung eines Hörsystems
mit mindestens einer Hörvorrichtung
gekennzeichnet durch
- Ermitteln eines ersten Merkmalwerts (m1) bezüglich Sprache in einem einer ersten
Richtung zugeordneten ersten Signal der Mikrofoneinrichtung,
- Ermitteln eines zweiten Merkmalwerts (m2) bezüglich Sprache in einem einer zweiten
Richtung zugeordneten zweiten Signal der Mikrofoneinrichtung,
- Gewinnen eines Steuerwerts (w) aus den beiden Merkmalswerten und
- Steuern der Richtcharakteristik der Mikrofoneinrichtung anhand des Steuerwerts.
2. Verfahren nach Anspruch 1, wobei die erste Richtung zur zweiten Richtung entgegengesetzt
ist.
3. Verfahren nach Anspruch 2, wobei die mindestens eine Hörvorrichtung bestimmungsgemäß
in oder an einem Ohr eines Nutzers getragen wird, und die erste Richtung bezüglich
des Benutzers nach links oder vorne weist.
4. Verfahren nach einem der vorhergehenden Ansprüche, wobei die Merkmalswerte (m1, m2)
jeweils eine Wahrscheinlichkeit darstellen, mit der Sprache im jeweiligen Signal der
Mikrofoneinrichtung vorhanden ist.
5. Verfahren nach einem der vorhergehenden Ansprüche, wobei zum Gewinnen des Steuerwerts
(w) die Differenz (10) der beiden Merkmalswerte auf das Minimum (11) der beiden Merkmalswerte
bezogen wird.
6. Verfahren nach Anspruch 5, wobei der Steuerwert mittels einer frei wählbaren Zuordnungsvorschrift
(20) aus der auf das Minimum bezogenen Differenz gewonnen wird.
7. Verfahren nach einem der vorhergehenden Ansprüche, wobei die Richtcharakteristik durch
Überlagern eines Direktionalsignals und eines Omnidirektionalsignals der Mikrofoneinrichtung
gebildet wird und dabei das Direktionalsignal und das Omnidirektionalsignal mit Hilfe
des Steuerwerts (w) gewichtet werden.
8. Verfahren nach einem der vorhergehenden Ansprüche, wobei ein Wert der Direktionalität
der Richtcharakteristik mit steigendem Steuerwert (w) ausgehend von der Omnidirektionalität
zunimmt.
9. Verfahren nach einem der vorhergehenden Ansprüche, wobei eine Datenverbindung zwischen
der mindestens einen und einer weiteren Hörvorrichtung des Hörsystems in Abhängigkeit
von dem Steuerwert (w) aktiviert und/oder deaktiviert wird.
10. Hörsystem mit
- mindestens einer Hörvorrichtung, wobei
- die Hörvorrichtung eine Mikrofoneinrichtung mit einer Richtcharakteristik aufweist,
dadurch gekennzeichnet, dass
- die Mikrofoneinrichtung ausgebildet ist zum Ermitteln eines ersten Merkmalwerts
(m1) bezüglich Sprache in einem einer ersten Richtung zugeordneten ersten Signal der
Mikrofoneinrichtung und zum Ermitteln eines zweiten Merkmalwerts (m2) bezüglich Sprache
in einem einer zweiten Richtung zugeordneten zweiten Signal der Mikrofoneinrichtung,
und
- in der mindestens einen Hörvorrichtung eine Steuereinrichtung ausgebildet ist zum
Gewinnen eines Steuerwerts (w) aus den beiden Merkmalswerten (m1, m2) und zum Steuern
der Richtcharakteristik der Mikrofoneinrichtung anhand des Steuerwerts.